Glaube+Heimat 27/2015

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Glaube+Heimat 27/2015
Erinnert
Auf uns können Sie bauen!
»Unverantwortliche
Sabotage«
Pfarrer Paul Gerhard Braune –
ein Beispiel für Zivilcourage Seite
3
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Ausstellung
Nr.
Aus dem Schatten
des Vaters
Die weltweit erste Schau zu
Lukas Cranach dem Jüngeren Gedenken: Vor 600 Jahren wurde Jan Hus hingerichtet
Von Christian Feldmann
E
s war der polnische Papst Johannes Paul II., der um Vergebung
bat: Bei einer Bußprozession
äußerte er am Aschermittwoch des
Jahres 2000 seine Scham über den Verdammungsspruch von Bischöfen und
Kardinälen, der für den tschechischen
Priester Jan Hus 1415 den Tod auf dem
Scheiterhaufen bedeutete.
Als Sohn armer Bauersleute wurde
Jan Hus um 1370 geboren. Bald nach
Beginn seines Philosophie- und Theologiestudiums an der Universität Prag
sah er den Dienst am Wort Gottes
nicht mehr als Möglichkeit, Karriere
zu machen, sondern als Herausforderung, dem Evangelium gemäß zu leben.
1402 hatte man den jungen Priester Hus
zum Prediger an der Betlehemkapelle
in der Prager Altstadt bestellt. Eine
überaus delikate Aufgabe, denn dort
wurde auf Tschechisch gepredigt, was
der herrschenden deutschsprachigen
Oberschicht ein Dorn im Auge war. Im
Hintergrund steht das nationale Erwachen im Land. Die Tschechen fühlten
sich benachteiligt, begegneten den reichen deutschen Kaufleuten und Stadtbürgern mit Misstrauen, begannen ihre
eigenen kulturellen Werte wieder zu
entdecken, forderten von den Behörden und der Kirche Gleichberechtigung
für die tschechische Sprache. Prediger
an der Betlehemkapelle zu sein, bedeutete eine Art Himmelfahrtskommando.
Hus geriet bald mit dem Prager Erzbischof aneinander. Der verbot ihm,
die Messe zu lesen und die Beichte
zu hören. Kirchliche und weltliche
Obrigkeit waren empfindlich, wenn
Spruchreif
Die Wahrheit
stirbt nicht
in den Flammen.
Jan Hus,
tschechischer Theologe
und Reformator
(1369–1415)
www.glaube-und-heimat.de
sich ein Verdacht auf Ketzerei erhob.
Zu labil waren die Machtverhältnisse
im Land: König Wenzel lag mit dem
Adel im Streit und wurde von seinem in
Deutschland regierenden Halbbruder
Sigmund gerade noch als Regent geduldet. In Rom rivalisierten zwei, später drei Päpste. Man konnte sich keine
Ketzer in Böhmen leisten!
Deshalb reagierte die kirchliche
Behörde wütend, als Hus schneidende
Kritik am Ablasshandel zu üben begann und den Papst von seinem Sockel
holte: Kein Papst könne als Stellvertreter Christi handeln, wenn er ihm nicht
in seiner Lebensweise nachfolge. Vom
Erzbischof gebannt, floh Jan Hus aufs
Land, versteckte sich bei befreundeten
Adeligen. Mittlerweile war der Ruf nach
einem Konzil immer lauter geworden,
das die Rivalität von drei Päpsten beenden sollte. Der deutsche König Sigmund ließ Hus einladen, als das Konzil
1414 in Konstanz eröffnet wurde.
Der Brief des Königs, der dem Reformdenker freies Geleit zusicherte,
war freilich nicht viel wert. Wenige
Wochen nach seiner Ankunft in Konstanz wurde Hus eingekerkert. Tagsüber
trug er Fußfesseln, nachts kettete man
ihn an die Wand. Nach einem halben
Jahr begann das Verfahren vor dem fast
vollzählig versammelten Konzil. Es war
eine Farce.
Man deckte Jan Hus mit einem
Trommelfeuer von Zitaten aus seinen
eigenen Schriften, aus Wyclifs Werken
und mit Zeugenaussagen, die von ihm
gehört haben wollten, ein. Und alles
das sollte er widerrufen. Hus wollte erklären, Hintergründe erläutern, Falsch­
informationen zurückweisen. Doch
seine Gegner schrien von allen Seiten
auf ihn ein. Als er verwirrt schwieg, triumphierten sie: Aha, er bekennt sich
schuldig! Seine Belege aus der Bibel
und den Kirchenvätern wollte kein
Mensch hören.
Verzweifelt appellierte der Todeskandidat an den dabeisitzenden König:
Er könne doch nicht etwas widerrufen,
was er niemals behauptet habe, und
er könne nur Irrtümer bekennen, die
13
5. Juli 2015
5. Sonntag
nach Trinitatis
1,10 Euro 12194
Kommentar
Der aufrechte
Ketzer
Jan Hus starb auf
dem Scheiterhaufen –
aus politischem Kalkül.
Der Prozess war eine Farce.
An dem streitbaren
Theologen scheiden sich
bis heute die Geister.
Seite
27
Lästige
Schulden
Von Dietlind Steinhöfel
A
Nach der Verurteilung als Ketzer wird Jan Hus das Priestergewand abgenommen
(oben) und der »aufsässige« Theologe zum Scheiterhaufen geführt.
Foto: Holzschnitt von 1483/akg-images
man ihm nachweise! »Ich will nicht
lügen im Angesicht Gottes«, rief er aus,
»noch gegen mein Gewissen und die
Wahrheit handeln.« Das war der eigentliche Streitpunkt in dem Machtspiel:
Die letzte Autorität über sein Gewissen
gestand der Priester Hus keinem Papst
und keiner Konzilskommission zu, sondern Gott allein. Am 6. Juli 1415 erklärte
das Konzil Jan Hus zum hartnäckigen
Ketzer, verfügte die Verbrennung seiner Bücher, nahm ihm sein Priesteramt
und ließ ihn zum Scheiterhaufen führen. Seine Asche streute man in den
Rhein. Der verbrannte Prediger aber
stieg zum Helden der böhmischen Nation auf.
Wird der als Ketzer verbrannte Priester am Ende noch zur Ehre der Altäre
befördert? Das denn doch nicht, wehrte
Kardinal Miloslav Vlk, von 1991 bis 2010
Erzbischof von Prag, der als erster offizieller Vertreter der katholischen Kirche an den Hus-Feiern teilnahm, ab,
mit der vornehmen Begründung: »Wir
können uns Hus durch eine Heiligsprechung nicht aneignen und den Kirchen
der Reformation damit stehlen.« Was
Vlk nicht sagte: Eine Heiligsprechung
scheint auch deshalb ziemlich unwahrscheinlich, weil Hus’ Botschaft noch
immer eine Provokation für die Kirche
darstellt. Nicht nur für die katholische.
(mehr auf Seite 14)
lle Welt schaut in diesen Tagen
nach Griechenland. Die meisten schütteln verwundert den Kopf,
wie eine Regierung so verantwortungslos handeln könne. Es ist nicht
Sache der Kirchenzeitung, Verhaltensnoten zu geben. Aber ein Blick
auf Schulden sei gestattet.
Die Älteren kennen noch den
Satz von Eltern und Großeltern,
dass man keine Schulden machen
soll. Heute werben die Banken geradezu damit, Schulden aufzunehmen.
Denn die Zinsen sind günstig. Es
geht hierbei aber nicht darum, den
Schwachen zu schützen, wie es im
2. Mosebuch zu lesen ist: »Wenn du
Geld verleihst an einen aus meinem
Volk, an einen Armen neben dir, so
sollst du an ihm nicht wie ein Wucherer handeln; du sollst keinerlei
Zinsen von ihm nehmen (2. Mose,
22,24). Sondern es geht ums Geschäft, um Profit. Und oft wird gar
nicht so genau hingeschaut, ob sich
der Schuldner nicht vielleicht übernimmt. Nicht nur Fachleute warnen
vor solchem unverantwortlichen Finanzgebaren.
Die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands fällt mit der 25-jährigen
Währungsunion in Deutschland
zusammen. Auch damals wurde
ein »Armer neben dir« – nämlich
Ostdeutschland, das die Folgen
der maroden DDR-Wirtschaft zu
tragen hatte – unterstützt. Es gab
große Einschnitte bei der Bevölkerung, die zu hoher Arbeitslosigkeit
und Unsicherheit führten. Es war
kein leichter Weg. Trotzdem war er
gepflastert mit der Solidarität von
»drüben«, auch wenn so mancher
das anders empfunden hat. Denn
Solidarität ist keine Einbahnstraße
und fordert auch von dem Empfangenden eine Leistung. Damit der
Kredit nicht im Sande versickert.
Insofern müssen sich Schuldengeber und -nehmer fragen, ob
die notwendigen Leistungen fürs
Schuldenabtragen realistisch sind.
Verantwortung haben dabei beide
Seiten, und das gilt im Privaten wie
unter Staaten. Deshalb ist der altmodische Rat der Eltern und Großeltern
durchaus auch heute zu bedenken.
Wort zur Woche
Die Unlogik Gottes und die Logik der Welt
Aus Gnade seid ihr selig geworden
durch Glauben, und das nicht aus euch:
Gottes Gabe ist es.
Als Ausgleich soll der Mensch an das Geschenk
glauben und die Gnade annehmen: Das ist sein
Teil, das er in eine Waagschale werfen muss. Soweit
könnte es sich noch um ein Handelsabkommen hanEpheser 2, Vers 8
deln. Nur folgt dann der Satz, der deutlich macht: Der
Glaube wie das Annehmen-Können kommen von
eben und Nehmen – kaum etwas prägt uns mehr Gott. Auch diese gegenüberliegende Waagschale füllt
als dieses Wortpaar, und genauso auch unsere ge- Gott. Das führt jede Handelsstrategie ad absurdum.
sellschaftlichen Debatten: in der Griechenland-Krise, Gerade weil der Mensch dabei gar nicht handelt – gar
bei TTIP oder bei Tarifverhandlungen von Kita, Post nichts tun kann. Doch, er kann etwas tun: staunen
und Bahn. Überall wird verhandelt und ausgehandelt, und loben. So kompliziert die Rechtfertigungslehre
wer wie viel gibt und was er dafür bekommt.
oft anmutet, für mich ist der Wochenspruch statt einer
Die Wörter mit G im Wochenspruch legen ein ganz diffizilen Erklärung ein hymnisch-dankbarer Gesang:
anderes Denken nahe: Gabe, Glaube, Gnade. Es geht »Aus Gnade seid ihr selig geworden!«
um Geschenke. Schenken durchbricht jede Logik des
Wir kennen ja die Grenzen der Logik von GeHandels und Verhandelns. Gott schenkt aus Gnade ben und Nehmen: Immer wenn es um Familie und
Seligkeit.
Freunde geht, berechnen wir das Maß der Liebe nicht,
G
sondern verschenken verschwenderisch. Genauso
üppig geht Gott mit seiner Liebe zu den Menschen
um. Und darum können wir doch noch etwas tun
neben staunen und loben: Als Christen sollen wir
diese Unlogik Gottes in die Gesellschaft tragen – in
all den Debatten, in denen es um Unterstützung
für jene geht, die nicht für sich selbst verhandeln
können – also bei Diskussionen
um Asyl, Armut, Inklusion oder
Umweltschutz. Die geschenkte
(und nicht verhandelbare)
Fülle von Gottes Gnade muss
unser Maßstab sein, wie wir
uns anderen zuwenden.
Erik Dremel,
Studienleiter am Studienhaus
der EKM in Halle
2 Aktuell
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Kurz notiert
Glaube und Politik
»Amazing
Grace«
Gestiegen: Angriffe
auf Flüchtlingsheime
Berlin (epd) – Im ersten Halbjahr
2015 haben die Behörden bereits
150 Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte gezählt. Damit steige die
Zahl der Gewalttaten im Umfeld von
Flüchtlingsunterkünften weiter an,
sagte Bundesinnenminister Thomas
de Maizière (CDU) bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts
für 2014 am Dienstag in Berlin. Im
vergangenen Jahr lag die Zahl der
Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte
demnach bei 170, 2013 noch bei 55.
De Maizière forderte, »klare Kante«
gegen solche Angriffe zu zeigen. Es
dürfe kein stilles Einverständnis mit
solchen Taten geben. »Jeder dieser Angriffe ist ein Angriff auf den
Rechtsstaat, auf jeden Bürger dieses
Landes«, sagte de Maizière.
Entschieden: Kirche
muss nicht zahlen
Detmold/Gütersloh (epd) – Eine
evangelische Kirchengemeinde
muss nach einem Gerichtsbeschluss
nicht für anerkannte Flüchtlinge
aus Syrien aufkommen, obwohl sie
sich zuvor für deren Unterhalt verpflichtet hatte. Nach der Entscheidung des Sozialgerichts Detmold
muss der Staat für das bedürftige
Ehepaar zahlen, auch wenn die
Kirchengemeinde Gütersloh zuvor
eine Zahlungsverpflichtung eingegangen sei. Da die Antragsteller als
Asylberechtigte anerkannt seien,
dürften ihnen staatliche Leistungen
nicht verweigert werden, heißt es
in dem in der vergangenen Woche
bekannt gegebenen Urteil. (Az: S 2
SO 102/15 ER) Das Gericht erklärte,
die Verpflichtungserklärung der
Kirche sei zwar die Voraussetzung
für das Aufenthaltsrecht der Syrer in Deutschland gewesen. Ab
dem Zeitpunkt eines anerkannten Asyls spiele das jedoch keine
Rolle mehr.
Historisch: Homo-Ehe
in USA nun erlaubt
Washington (epd) – In den USA
hat der Oberste Gerichtshof die
Homo-Ehe erlaubt. Die Ehe sei
ein Grundrecht, das schwulen und
lesbischen Paaren nicht verweigert
werden dürfe, urteilten die Richter
in der vergangenen Woche in Wa­
shington mit fünf zu vier Stimmen.
Gleichgeschlechtliche Paare dürfen
demnach künftig in allen US-Bundesstaaten heiraten. Dem historischen Urteil war ein jahrelanger
Rechtsstreit vorausgegangen. Justiz­
experten erwarten jedoch weitere
Auseinandersetzungen und Gerichtsverfahren bei der Umsetzung
des Urteils. In mehreren Bundesstaaten arbeiten Politiker an Gesetzen, um »religiöse Minderheiten«
zu schützen, die teils gegen die Homo-Ehe sind.
Sterbehilfe: Gegen
zu viele Verbote
Berlin (epd) – Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, hat
sich für ein Verbot der organisierten,
geschäftsmäßigen Sterbehilfe ausgesprochen. Weitere Verbote solle
es aber nicht geben, sagte Lilie bei
einer Buchvorstellung. Es müsse
Freiraum bleiben, damit Patienten,
Ärzte und Angehörige am Ende des
Lebens eigene Entscheidungen treffen und verantworten können. Lilie
sagte, die gegenwärtige Debatte sei
hilfreich und gut für eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung
mit Sterben und Tod. In erster Linie müsse es aber darum gehen, die
Versorgung am Ende des Lebens in
Krankenhäusern und Altenheimen
zu verbessern, wo die allermeisten
Menschen sterben.
Lilie, Ulrich (Hg.): Würde, Selbstbestimmung, Sorgekultur. Blinde Flecken in
der Sterbehilfedebatte, der hospiz verlag, 402 Seiten, ISBN 978-3-941251-91-5,
19,99 Euro.
Obamas aufrüttelnde
Rede von Charleston
U
In Stille – ohne Glanz und Glamour: Queen Elizabeth II. in Bergen-Belsen
Zum Abschluss ihrer Deutschlandreise hat Königin
Elizabeth II. erstmals ein früheres Konzentrationslager
besucht. Im niedersächsischen Bergen-Belsen traf die
britische Monarchin dabei auch auf Überlebende des
Lagers und Veteranen ihres Landes, die an der Befreiung von Bergen-Belsen vor 70 Jahren beteiligt waren.
Gemeinsam mit Prinz Philip legte die Queen einen
Kranz mit weißen Blumen nieder. Gedenkstättenleiter
Jens-Christian Wagner begleitete das Königspaar zu Fuß
über das Gelände des früheren Lagers, wo sie unter
anderem vor dem Grabstein für Anne Frank verharrten.
Foto: picture alliance
Gemeinsames Christusfest
Kirchen stellen ökumenische Planungen für 500. Reformationsjubiläum vor
E
vangelische Kirche und katholische Bischofskonferenz haben
sich geeinigt: Fünf »ökumenische
Impulse« soll das Programm für das
Reformationsjubiläum 2017 umfassen.
Am Montag wurden die Pläne in den
Räumen des Erzbischöflichen Hauses
in München vorgestellt. »Dass wir an
diesem Ort über das Reformationsjubiläum sprechen, ist Ausdruck für die
große Gemeinsamkeit, die zwischen
unseren Kirchen gewachsen ist«, sagte
der Ratsvorsitzende der Evangelischen
Kirche in Deutschland (EKD), der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. In evangelisch-katholischer Verbundenheit präsentierte
er gemeinsam mit dem Vorsitzenden
der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, dem Münchner Kardinal
Reinhard Marx, das von Spitzenvertretern zuvor förmlich verabschiedete
Programm.
Kardinal Marx sagte, in Deutschland
als Ursprungsland der Reformation
stünden die Kirchen »in der besonderen Verantwortung, die Einheit im
Glauben sichtbar werden zu lassen«.
Es gehe um das gemeinsame Bemühen,
die Stimme des Evangeliums zu verkünden und auch künftig dafür zu sorgen, dass »Jesus bekannt ist und bleibt«.
Die Deutsche Bischofskonferenz sei
darüber hinaus dankbar darüber, dass
seitens der EKD »neben der Freude
über den reformatorischen Aufbruch
auch Versagen und schuldhafte Entwicklung wahrgenommen werden«.
»Wer sich auch mit den dunklen Seiten der Reformation beschäftigt, zeigt
Stärke«, sagte Bedford-Strohm. Deshalb wollen beide Kirchen am 11. März
2017 in Berlin einen Versöhnungsgottesdienst mit Vergebungsbitte und Versöhnungsgeste feiern. Verabredet haben die beiden Kirchen darüber hinaus
eine ökumenische Pilgerfahrt nach Israel vom 16. bis 22. Oktober 2016 sowie
für den Herbst 2016 eine gemeinsame
Tagung zu der bis dahin abgeschlossenen Bibel-Revision. Geplant ist weiterhin eine ökumenische Beteiligung
an dem »Europäischen Stationenweg«,
bei dem 67 europäische Städte in 18
Ländern erkundet werden sollen.
Das Fest der Kreuzerhöhung am
14. September 2017 soll ebenfalls ökumenisch gefeiert werden. Nicht nur
die katholische und die evangelische
Kirche, auch orthodoxe und anglikanische seien hierzu eingeladen, erklärten die Bischöfe. Darüber hinaus soll
im Herbst 2017 eine Tagung von EKD,
Bischofskonferenz, Zentralkomitee
der deutschen Katholiken und dem
Deutschen Evangelischen Kirchentag
über die Zukunft von Christen in einer
zunehmend säkularen Gesellschaft
stattfinden. (epd)
Förderung auch ohne Beratungsschein
D
as Land Brandenburg muss die
Schwangerenberatungsstellen
der katholischen Caritas in Cottbus
und Strausberg finanzieren, auch
wenn diese keine zu einer Abtreibung
berechtigenden Beratungsscheine
ausstellen. Das urteilte das Leipziger
Bundesverwaltungsgericht. Die Bundesrichter bestätigten damit ein Urteil
des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, gegen das das Land
Revision eingelegt hatte. Es müsse auch
Die katholische Kirche stellt die Bein Brandenburg einen Mindeststan- ratungsscheine seit 1999 nicht mehr
dard für die weltanschauliche Vielfalt aus. Der für die Lausitz zuständige kavon Beratungsstellen geben, heißt es in tholische Bischof von Görlitz, Wolfgang
dem Urteil. Das Landesamt für Sozia- Ipolt, zeigt sich über das Urteil erfreut.
les und Versorgung hatte den katholi- »Ich bin als Bischof sehr dankbar, dass
schen Beratungsstellen die Förderung mit diesem Urteil auch die Arbeit unverweigert, weil es angeblich genügend serer Beratungsstellen gewürdigt wird,
andere Angebote gebe. Man bevorzuge obwohl wir den Beratungsschein nicht
dabei solche, die den Beratungsschein ausstellen«, sagte Ipolt dieser Zeitung.
ausstellen.
Benjamin Lassiwe
Namen und Nachrichten
Der frühere Ratsvorsitzende
der
Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD) und ehemalige hannoversche
Landesbischof Eduard Lohse ist tot. Er
starb am 23. Juni in
Göttingen im Alter
von 91 Jahren im Kreis seiner Familie,
wie die hannoversche Landeskirche
mitteilte. Der Theologieprofessor aus
Göttingen führte von 1979 bis 1985 den
Vorsitz im Rat der EKD und war damit
höchster Repräsentant des deutschen
Protestantismus. In seine Amtsperiode
fielen unter anderem die friedenspolitischen Debatten um den Nato-Nachrüstungsbeschluss.
Das brasilianische
Die evangelische
Model Andressa
Kirche erlebe »eine
Urach ist inzwiImplosion unerwarschen überzeugt,
teten Ausmaßes«,
dass Schönheitsso der Ehrenvorsitzende der Geistoperationen Sünde
lichen Gemeindesind. Die 27-Jährige
hatte sich binnen
Erneuerung (GGE),
fünf Jahren neun
Pfarrer Friedrich
Eingriffen unterzoAschoff in der Zeitgen. Im vorigen Jahr ließ sie sich ihr schrift »Geistesgegenwärtig«. Sie falle
Gesäß vergrößern, doch die Operation in sich zusammen – sowohl hinsichtbrachte sie an den Rand des Todes. Die lich der Mitgliederzahl als auch der
Füllstoffe begannen, ihr Muskelgewebe geistlichen Substanz. Nötig sei eine Erzu zersetzen. Sie erlebte nach eigenen neuerung des Glaubens: »Eine Kirche,
Angaben eine Nahtoderfahrung. Da- die nur noch von Event zu Event eilt,
bei habe Gott sie gefragt, warum sie um ihre Mitglieder um sich zu scharen
so etwas tue; er habe sie doch perfekt oder um Kirchenbänke zu füllen, wird
geschaffen. Daraufhin habe sie um Ver- im geistlichen und körperlichen Burnout enden.«
gebung gebeten.
S-Präsident Barack Obama hat
seine Kritiker. Gerade unter
Parteifreunden, die ihn in der Hoffnung auf »Wandel und Veränderung« gewählt haben und enttäuscht
sind, dass gar nicht so viel passiert
ist. Doch nun, Ende Juni, im siebten
Amtsjahr, hielt Obama eine seiner
bedeutendsten und definitiv seine
bewegendste Ansprache als Präsident: seine Trauerrede für den in
einer Kirche in Süd Carolina ermordeten afroamerikanischen Pastor
Clementa Pinckney und acht seiner
Gemeindemitglieder.
Der mutmaßliche Täter ist ein
weißer Mann. Die Polizei sprach von
einem Hassverbrechen und Terrorismus. Obama sprach von Gottes
Gnade. Für die 5 000 Trauergäste in
Charleston in Süd Carolina zitierte
der Präsident aus »Amazing Grace«,
dem Gospel-Lied, in dem ein Sünder
dankbar und fassungslos bekennt,
»Einst war ich verloren, aber nun bin
ich gefunden. Ich war blind, doch
nun sehe ich«. »Amazing Grace« ist
schwer zu übersetzen: am ehesten
mit »unfassbare Gnade«.
Kirchgänger kennen das Lied
als eine Geschichte von der persönlichen Errettung. Bei Obamas
Ansprache wurde »Amazing Grace«
mehr, ein Ausdruck der Hoffnung,
dass es auch eine kollektive, eine
gesellschaftliche Erlösung geben
kann für die Vereinigten Staaten.
Der Präsident sprach eine »religiöse
Sprache«, doch seine Botschaft war
auch politisch und gesellschaftlich.
Sie richtete sich gegen Zynismus,
Singender Präsident: Barack
Obama bei der Trauerfeier in
Charleston Foto: picture alliance
dass man doch nichts tun könne.
Obama sprach von den ungelösten
Problemen Rassismus und Schusswaffengewalt. Zu lange sei man
blind gewesen. Auf den Massenmord hin habe Gott den USA eine
neue Chance gegeben.
»Laut christlicher Tradition«,
sagte Obama, sei Gnade »unverdient, eine freie und gütige Gabe
Gottes«. Aus der entsetzlichen Tragödie in Süd Carolina heraus habe
Gott »Gnade geschenkt, und uns
erlaubt zu sehen, dass wir blind
gewesen sind«. Menschen hätten
eine neue Gelegenheit, ihr »bestes
Selbst zu finden«. Der Rassismus hat
seine Wurzeln in der Sklaverei, im
Verschleppen von Millionen Afrikanern. Deren erzwungene Arbeit ließ
die neuen Vereinigten Staaten von
Amerika groß und reich werden. Das
weiße Amerika tut sich schwer, diese
Schuld zu gestehen.
Der mutmaßliche Todesschütze
habe offenbar gehofft, er werde
mit seiner Bluttat Menschen weiter
entzweien, so Obama. Das sei nicht
eingetreten. Gott habe andere Pläne,
er arbeite auf wundersame Weise.
Nun müssten die US-Amerikaner
entscheiden, was sie aus ihrer neuen
Chance machen. »Amazing Grace«,
sagte Obama. Das Gospel-Lied
wurde zum Bekenntnis zur Hoffnung für Amerika. Die Nation und
die Menschen könnten sich zum
Besseren ändern, trotz aller Bürden
der Vergangenheit. Und dann fing
Präsident Obama an, »Amazing
Grace« zu singen. Tausende sangen
mit. Konrad Ege
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Im Blickpunkt 3
Erinnert: Der evangelische Pfarrer Paul Gerhard Braune machte vor 75 Jahren den NS-Massenmord an Behinderten öffentlich
Die Nationalsozialisten
ermordeten mindestens
200 000 behinderte Menschen.
Deckname der Geheimaktion:
T4. Die Kirchen kamen
den Verbrechen zwar früh
auf die Spur, schwiegen
aber lange. Dann deckte
Paul Gerhard Braune
das systematische Töten auf.
Von Dirk Baas
D
ie Aktion T4 war streng geheim.
Zunächst. Doch dann schickte
Pfarrer Paul Gerhard Braune
am 9. Juli 1940 seine »Denkschrift gegen die Krankenmorde« an die Reichskanzlei. Er machte das Euthanasieprogramm öffentlich. Die Folge: Braune
kam in »Schutzhaft«: Er habe »staatliche Maßnahmen in unverantwortlicher
Weise sabotiert«.
Die beiden christlichen Kirchen hatten innenpolitisch ganz überwiegend
ihren Frieden mit dem NS-Regime ge- Jedes bunte Kreuz erinnert an ein Opfer des Nationalsozialismus. Zwischen 1940 und 1941 wurden allein in der sächsischen Anstalt Sonnenstein bei Pirna 13 720
macht, äußerten sich auch lange nicht geistig behinderte und psychisch kranke Menschen und 1 031 Häftlinge aus Konzentrationslagern, darunter auch zahlreiche jüdische Bürger, vergast.
Foto: epd-bild/Rainer Oettel
zur Euthanasie. »Kein einziger kirchlicher Funktionsträger ist öffentlich
gegen den Massenmord aufgetreten.
Einzelne Predigten in Kirchen oder
Gemeindekreisen stellten keine Öffentlichkeit her«, urteilt der ehemalige
Professor für kirchliche Zeitgeschichte,
Jochen-Christoph Kaiser.
Persönlich konfrontiert wurde Evangelischen Inneren Mission, dem das Mordprogramm: »Wenn man den lig wirkungslos«, urteilt der Historiker
Nur wenige versuchten, das Braune mit der T4-Aktion im Mai 1940: Vorgänger der heutigen Diakonie, seine Grundsatz aufstellt und anwendet, Hans-Walter Schmuhl.
dem Mädchenheim »Gottesschutz« reichsweiten Kontakte. Schnell fand er dass man den ›unproduktiven‹ MitDennoch wurden die TötungseinSchweigen zu durchbrechen Aus
in Erkner, das zu seiner Einrichtung ge- heraus, dass ein systematisches Tö- menschen töten darf, dann wehe uns richtungen entweder geschlossen
allen, wenn wir alt und altersschwach oder umfunktioniert. Das Morden geWenige wagemutige Personen wie hörte, sollten 25 »schwachsinnige« Kin- tungsprogramm angelaufen war.
Braune versuchten dennoch, das der und »anfallkranke« junge Frauen
Nach eigenen Angaben entstand werden. (…) Dann ist keiner von uns schah fortan dezentral, dauerte aber
Schweigen zu durchbrechen. »Die abgeholt werden. Begründet wurde der seine Denkschrift auf Wunsch der seines Lebens mehr sicher.«
bis Kriegsende an. Nach Schätzungen
Krankenmordaktionen in ihrer kon- Transport mit militärischen Planungen. Reichskanzlei und des Justizministerifanden rund 200 000 Menschen den
kreten Durchführung blieben immer Ein grauer Bus wartete bereits vor dem ums. Auf die Übergabe der 12-seitigen
Tod.
Braune zeigte, was man
im Dunkel der offiziellen NS-Politik, Haus. Doch Braune und die leitende Schrift folgten zahlreiche diskrete GeLeRoy Walters, Professor für Philohätte wissen können
wenngleich manches durchsickerte, Diakonisse Elisabeth Schwarzkopf ga- spräche mit Parteigrößen, geführt in
sophie an der Georgetown University in
aber nur ›hinter vorgehaltener Hand‹ ben die Menschen nicht heraus.
der irrigen Annahme, »durch Appelle Ob die kirchlichen Proteste wirklich Washington D.C., sieht Braunes Hanweitergesagt wurde«, betont Kaiser.
Begonnen hatte das geheime Mor- an Moral und Vernunft der Staatsdie- zum offiziellen Stopp der Tötungen am deln als »beeindruckendes Beispiel für
Braune wurde am 16. Dezember den im Südwesten des Reiches. Nach- ner eine Beendigung der Euthanasie zu 24. August 1941 führten, ist in der For- Zivilcourage«. Seine Denkschrift »be1887 in Tornow im heutigen Polen in dem Adolf Hitler T4, benannt nach der erwirken«, schreibt Jan Cantow, Histo- schung umstritten. »Die zahlreichen legt, was ein entschlossener Gegner
eine lutherische Pfarrersfamilien hin- Anschrift der Planungszentrale an der riker und Archivar der Hoffnungstaler vertraulichen Eingaben kirchlicher der Aktion T4 mit der Unterstützung
Stiftung Lobetal.
Würdenträger an die nationalsozialis- zahlreicher Informationsquellen fünf
Braune benannte drei Tötungsan- tische Regierung zeugen zwar von per- Monate nach Beginn des Programms
stalten: Grafeneck, Brandenburg a. d. sönlicher Integrität, blieben aber völ- darüber hätte wissen können.« (epd)
Havel und Hartheim. Und er veröffentlichte die Namen, Adressen und
geschätzten Todeszeitpunkte von mehr
Hintergrund: Die NS-Geheimaktion T4
als 25 Patienten. Braune hatte zudem
Wann die Nationalsozialisten beschlossen, behinderte Menschen planmäßig zu
herausgefunden, dass 125 Patienten
ermorden, ist nicht mehr festzustellen. Doch Adolf Hitler, der T4 selbst anordaus drei Heimen in Gruppentranspornete, erhielt dazu einen persönlichen Impuls: das Gesuch einer sächsischen
ten weggebracht und verschwunden
Familie. Die bat ihn im Frühjahr 1939 darum, ihr behindertes Kind »einschläfern«
waren. Zwar konnte der Theologe die
Zahl der bereits Getöteten nicht exakt
lassen zu dürfen. Tatsächlich wurde das Kind laut Kirchenbuch der Gemeinde
benennen, kam aber zu dem Fazit: »Es
Pomßen südlich von Leipzig am 25. Juli 1939 getötet.
handelt sich hier also um ein bewusstes,
Leitende Mitarbeiter der Kanzlei des Führers und der Gesundheitsabteilung des
planmäßiges Vorgehen zur AusmerInnenministeriums realisierten zunächst die »Kindereuthanasie«, die mit einem
zung aller derer, die geisteskrank oder
geheimen Erlass des Innenministeriums am 18. August 1939 begann. Sämtliche
sonst gemeinschaftsunfähig sind.«
Kinder mit bestimmten »schweren, angeborenen Leiden« mussten an einen
»Reichsausschuss zur Erfassung von erb- und anlagebedingtem schweren
Das NS-Regime
Leiden« gemeldet werden – eine Tarnorganisation, die die Tötungen später
organisierte. Es entstanden über 30 Kinderfachabteilungen an Heil- und
schlug schnell zurück
Pflegeanstalten, in denen bis 1945 nach vorsichtigen Schätzungen bis zu 8 000
Das Regime schlug am 12. August 1940
Kinder und Jugendliche ermordet wurden.
zurück: Gestapo-Beamte durchsuchParallel dazu liefen die Vorbereitungen der Erwachseneuthanasie an. Dazu
ten Braunes Haus, beschlagnahmten
wurde
eine Sonderbehörde unter Reichsleiter Philipp Bouhler und dem Arzt
Akten und nahmen ihn mit. Inhaftiert
Karl
Brandt
geschaffen. Sitz der Behörde: Berlin, Tiergartenstraße 4 (T4). Von
wurde er im Gestapo-Gefängnis in
dort wurden die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so erweitert,
der Prinz-Albrecht-Straße, Zelle Nr. 6.
»dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster
Offiziell war jedoch nicht die DenkBegutachtung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden
schrift Grund seiner Verhaftung, sonkann«.
dern dessen bekannte Gegnerschaft zur
Neben weiteren Tarnorganisationen entstand auch die Gemeinnützige
Beispiel für Zivilcourage: Pfarrer Paul Gerhard Braune (1887–1954)
Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt
Kranken-Transport-Gesellschaft (Gekrat). Sie besorgte den Abtransport der
Foto: Hoffnungstaler Stiftung Lobetal
(NSV) und deren Bestreben, die DiakoBehinderten in die Tötungsanstalten in ihren berüchtigten grauen Bussen.
nie zu vereinnahmen.
eingeboren. Nach Theologiestudium Tiergartenstraße 4 in Berlin, angeordZwar wurde Braune hinter Gittern
Zunächst wurden Informationen über sämtliche Einrichtungen gesammelt, in
und Pfarrdienst übernahm der natio- net hatte, wurde das in Württemberg ordentlich behandelt, doch kam der
denen geisteskranke und behinderte Menschen lebten. Die Auflistung dieser
nalkonservative Preuße 1922 die Lei- gelegene und von der Samariterstiftung Theologe erst am 31. Oktober 1940 wieEinrichtungen war Voraussetzung, um ab Herbst 1939 Meldebögen zu vertung der Hoffnungstaler Anstalten in betriebene Heim Grafeneck beschlag- der frei. Zuvor musste er eine Erklärung
schicken, auf denen die betroffenen Personen erfasst und klassifiziert wurden.
Lobetal bei Berlin. Zuerst eine Wohn- nahmt. Es diente fortan wie fünf wei- unterzeichnen, »nichts mehr gegen
Bis zum Sommer 1940 erhielten nahezu 1 000 Heime Post aus Berlin.
stätte für obdachlose und arbeitslose tere Anstalten der Ermordung dorthin den Staat und die Partei« zu unternehNoch während die Meldebogenaktion lief, versuchten die Mitarbeiter der
Menschen, wandelte sich die Einrich- verlegter Kranker und Behinderter.
men. Braunes »Restvertrauen in ein
T4 Einrichtungen zu finden, in denen die eigentliche Ermordung erfolgen sollte.
Deren Angehörige wurden stets mit Fünkchen Rechtsstaatlichkeit war datung zu einem Schutzraum für geistig
Die Wahl fiel auf sechs Anstalten: Brandenburg, Grafeneck, Hartheim/b. Linz,
Behinderte und Anfallkranke. Braune, gleichlautenden Nachrichten über den hin. (…) Die Verhaftung macht deutlich,
Sonnenstein/Pirna, Bernburg/Saale und Hadamar.
anfangs durchaus offen für den neuen Tod ihrer Angehörigen informiert: Die dass das NS-Machtgefüge auch einen
Die von Gutachtern ausgewerteten Meldebögen bildeten die Grundlage, auf
Geist des NS-Systems, stand bis zu enthielten neben der fingierten Todes- solchen nicht in der Öffentlichkeit ausder die Heilanstalten und Heime aufgefordert wurden, ihre Bewohner zu
seinem Tod am 19. September 1954 an ursache den Hinweis, wegen Seuchen- getragenen schriftlichen Dissens nicht
verlegen. Die Bögen gingen an die Gemeinnützige Krankentransport GmbH,
deren Spitze.
gefahr hätte der Leichnam sogleich ein- hinnehmen wollte«, schreibt Cantow.
die die Transportlisten erstellte – dann rollten die grauen Busse.
Lobetal gehörte zu der wesentlich geäschert werden müssen.
Doch der Mantel des Schweigens
»Trotz
aller Versuche der Geheimhaltung war die Kenntnis über die durchgegrößeren Anstalt Bethel in Westfalen,
Von diesen merkwürdigen Vorgän- war da längst zerrissen: Am 3. August
führten ›Euthanasieverbrechen‹ weit verbreitet. Die Arbeit der Tötungsanstaldie von Friedrich von Bodelschwingh gen erhielt Braune durch Hinweise 1941 attackierte der streitbare kathoten konnte nicht unbemerkt bleiben. Die ständige Fahrt von besetzten Bussen
jun. geleitet wurde, einem weiteren ex- aus der Pfarrerschaft Kenntnis – und lische Bischof in Münster, Clemens
und der Rauch der Krematorien über den Anstalten sprachen für sich«, schreibt
ponierten Euthanasiegegner, wie auch ging den Dingen seit März 1940 auf August Graf von Galen (1878–1946), in
(epd)
der Historiker und Archivar Harald Jenner. der evangelische württembergische den Grund. Dabei nutzte er als Vize- einer Predigt in der Lambertikirche,
Landesbischof Theophil Wurm.
präsident des Zentralausschusses der die hektografiert im Reich kursierte,
»Unverantwortliche Sabotage«
4 Glaube und Alltag
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Predigttext
In Dienst
genommen
Und sie brachten die Boote
ans Land und verließen
alles und folgten ihm nach.
Lukas 5, Vers 11
ertrauen wagen?! – Der Fischzug des Petrus ist ein eindrücklicher Bericht. Der Fischer Simon
und seine Freunde leben ihr Leben:
nachts fischen, tags den Fang aufbereiten und verkaufen, Boote und
Netze reparieren. Schließlich ein
wenig ausruhen vor der nächsten
Ausfahrt mit hoffentlich gutem Fang,
denn davon hängt ihre Existenz ab.
Kein leichtes Leben. Wir kennen das
Dilemma. Ich tue alles, was in meinen Kräften steht und doch ist weit
und breit vom großen Erfolg kaum
etwas zu sehen. Dann ist es sehr hilfreich, wenn ich Ermutigung erfahre
und trotz allem einen weiteren Versuch wage. Jesus ermuntert die Fischer ein zweites Mal hinauszufahren, zur Unzeit, gegen die Regel und
einer bis dahin nicht praktizierten
Möglichkeit. Zunächst aber bricht
die Enttäuschung über die vergebliche Nachtschicht aus Simon heraus:
Wir haben geschuftet und kommen
mit leeren Netzen zurück. Das ist
nicht in Ordnung und gerecht gleich
gar nicht. Sind
das nicht des Öfteren auch unsere Gedanken?
Wir leiden an
den Misserfolgen
und vermögen
uns nicht mehr
an dem Wenigen
zu freuen, was
gelingt, aufbaut Werner Blum
und durchträgt.
Die Schluchten sind zu tief, die
Ebene zu lang und die Berge zu
hoch und alles zusammen macht
uns hilflos. Der Schwung des Lebens ist wie weggeblasen. Mit dem
Auftreten Jesu kommt Neues und
Ungewohntes ins Blickfeld gegen
alle bisherige Erfahrung. Die Frage
für Simon lautet: Kann ich dem Wort
Jesu glauben? Soll ich Vertrauen
wagen? In einem Lied heißt das so:
»Steig in das Boot, nimm die Netze,
fahr los! Du hast sein Wort. Deine
Skepsis ist groß. Zweifle nur nicht:
Du wirst schon sehn.« Im Text steckt
die Antwort auf die Frage: Was ist
Glaube? Vor allem ist es: Das Wort
Gottes ernst nehmen, sich darauf
einlassen und vertrauen, so wie wir
das von Abraham im 1. Buch Mose
lesen.
Mit Jesus und seinem Wort
kommt eine andere Wirklichkeit ins
alltägliche Leben. Die Untiefen der
Angst, Sorge und der Vergeblichkeit
verschwinden nicht gänzlich, sind
aber nicht mehr beherrschend. Und
das ist ein Wunder! Der Glaube an
Jesus, das Vertrauen auf ihn und sein
Wort, sind nicht ohne und nicht gegen die Vernunft, sondern höher als
sie. Nach dem nicht zu erwartenden Fischzug, erkennt Petrus den
Mann aus Nazareth als den Herrn,
der ihn und seine Freunde zu »Menschenfischern« beruft. Sie werden
als »Lebensretter« auf dem Meer des
Lebens in Dienst genommen, wie
jede und jeder von uns.
Werner Blum,
Superintendent i. R., Schmölln
Bibellese
Wochenlied: EG 245 oder 241
Leseordnung:
Sonntag, 5. 7.: Psalm 114
Montag, 6. 7.: Matthäus 4,18-22
Dienstag, 7. 7.: Mt 4,23-25
Mittwoch, 8. 7.: Mt 5,1-12
Donnerstag, 9. 7.: Mt 5,13-20
Freitag, 10. 7.: Mt 5,21-26
Samstag, 11. 7.: Mt 5,27-32
Predigttext: Lukas 5,1-11
Foto: vitaliymateha – Fotolia.com
V
Dem Ziel entgegen Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist. Philipper 3, Vers 13
Wider die abendländische Gottlosigkeit
Dietrich Bonhoeffers »Ethik« enthält erstaunlich moderne Einsichten über die Selbstanbetung des Menschen
E
in provozierender, selten zitierter Text Dietrich Bonhoeffers
findet sich in seiner »Ethik«
im Abschnitt »Erbe und Verfall«. Die
Überlegungen seiner »Ethik« hat der
Autor nicht abschließend für den Druck
bearbeitet. Es sind unabgeschlossene Fragmente, aber voller überraschender Einsichten, häufig auch voller Trost.
In »Erbe und Verfall« spricht Bonhoeffer weit ausholend und ärgerlich
für die Ohren vieler, damals und heute,
von der »abendländischen Gottlosigkeit«. Er schaut nicht auf einzelne Menschen, er schaut auf Jahrhunderte der
Menschheitsgeschichte. Und – er sieht
die Notwendigkeit einer großen Buße.
Einige Gedanken aus Bonhoeffers
Text. In der Neuzeit kommt es »zu dem
unvergleichlichen Aufstieg der Technik.
Dabei handelt es sich um etwas in der
Weltgeschichte prinzipiell Neues«, also
nicht einfach um Weiterentwicklung
guten Werkzeuggebrauchs. Von »Dämonie« ist zu sprechen. Etwas schleicht
sich in die Welt, wuchert in ihrem
Fleisch und Geist, eine neue Variante
des Bösen: Die »abendländische Gottlosigkeit« wächst sich ein, sie »ist selbst
Religion, und zwar Religion aus Feindschaft gegen Gott«. Sie türmt sich hemmungslos auch einen eigenen Gott auf:
»Ihr Gott ist der neue Mensch.« Was
tritt ein? Die totalitäre »Vergottung des
Menschen«. Der Mensch als solcher ist
dann Gott, ist der letzte Maßstab, Sinn
und Zweck von allem, der höchste Wert.
Der Mensch heiligt seinen eigenen Namen, Wichtigeres als ihn gibt es nicht
im Himmel und auf Erden.
Und entsprechend: Die Schöpfung,
in der die Geschöpfe ihr eigenes Recht
haben, wird zur »Umwelt«, nämlich
der des Menschen. Jeder Einzelne ist
»sein eigener Herr«, sein eigener Segen, sein eigener Fluch (»Wenn ich
nur mich habe, so frage ich nicht nach
Himmel und Erde!«). »Sinn« setzt jeder sich selbst; die Selbstbejahung
und Selbstliebe trägt alles; in Bezug
auf ethische Fragen gilt immer und
vielen Fällen schon, aber – um Gottes willen! – nicht im Letzten. Nein, es
kommt zuletzt auf Gott an. »Du sollst
nicht andere Götter haben neben mir!«
Jedes Mal – lässt man ihm seine Wucht
und Klarheit – ist das erste Gebot von
unglaublicher Härte. Auch du selbst
bist nicht der Gott deiner selbst. Du
gehörst dir nicht. Der Satz ist für moderne Ohren eine fundamentalistische
Unverschämtheit. Es kommt nicht zuletzt darauf an, dass du vor dir selbst
bestehen kannst. Auch »der Mensch«,
die Menschheit, eine Art »Weltregierung«, der große ethische Konsens …
ist nicht Gott. Der Teufel führt den
»Die Schöpfung,
modernen Menschen auf einen hoin der die Geschöpfe
hen Berg und sagt nur kurz: »Bete dich
ihr eigenes Recht haben, selbst an!«
Wenn derjenige, der Sünder ist und
wird zur ›Umwelt‹,
bleibt, im Kleinen und auch im Großen – wenn der Sünder »Mensch« sich
nämlich der
aber im Fortgang der Neuzeit zu seides Menschen«
ner verrückten Selbstanbetung schon
einmal langsam hingekniet hat, dann
überall und unbedingt: »Das muss folgen bald die großen Verwerfungen,
jeder selber wissen«; einschränkungs- die großen Ideologien, sie fressen Menlose »Selbstbestimmung« über Leben schenfleisch, der universale Terror, die
und Tod tritt an die Stelle des Gebotes totalen Kriege, die mörderischen WafGottes. Gott ist tot, und nun wollen wir, fen, die Vernichtungstechnologie.
dass der Übermensch lebe (Nietzsche);
Das ist Bonhoeffers Ruf zur Buße,
der sterbliche Mensch will neuerdings ein Wort von schneidender Schärfe:
Köpfe transplantieren, er giert nach Der Mensch der Neuzeit »vergottet«
selbst gemachter Unsterblichkeit; der sich. Er verhöhnt das erste Gebot. Ein
Sünder steigert sich auf zum absoluten ungeheurer Fundamentalismus, ein
Herrn der Welt.
Menschen-Fundamentalismus bereiEs kommt »immer«, sagen wir, »auf tet einen trügerischen Boden für das
den Menschen an«? Immer? In sehr menschliche Leben auf der Erde.
Mit dem Text »Erbe und Verfall« hat
Dietrich Bonhoeffer uns etwas zu sagen,
was sonst kaum jemand aussprechen
mag. Die Würde des Menschen – sie
wird zertreten, wenn der Mensch vergottet wird. Mit »Humanismus« hat
»Der Mensch der Neuzeit
›vergottet‹ sich«
solche Sakralisierung des Menschen
nichts zu tun. An Melanchthon schreibt
Luther wunderbar: »Wir sollen Menschen und nicht Gott sein, das ist die
Summa, es wird doch nicht anders.
Oder ewige Unruhe und Herzeleid ist
unser Lohn.«
Ist eine große Buße notwendig?
Die große Buße der Bürger von Ninive
(Jona 3)? Kann man darüber – als Buße
ausdrücklich für heute – Näheres sagen? Ja, das kann man. Wie? Sagen wir
Näheres über Jesus Christus! Der ernsthafte Glaube an ihn ist die Erfüllung
des ersten Gebots, durch ihn wird die
Selbstanbetung weggefegt. Die Frage,
»wer Christus heute für uns eigentlich
ist«, stellt Bonhoeffer im Gefängnis
1944 – es ist seine Lebensfrage. In der
Antwort genau auf diese Frage liegen
auch heute Unaufhaltsamkeit, Trost
und Trotz. Sagen wir Näheres über Jesus Christus! Michael Trowitzsch
Der Autor war bis 2010 an der Jenaer Universität Professor für Systematische Theologie
Vornamen der Bibel
Rut – eine Parabel für Treue, Freundschaft und Liebe
Viele Vornamen stammen aus der Bi- zu schließen. Der Name hat eine sebel. Ruth zum Beispiel. Sie gilt als Ur- mitische Wurzel und bedeutet so viel
großmutter König Davids (Buch Rut wie »bewässert werden« oder »erquickt
4,18-22, Matthäus 1,5).
werden«. Doch in der Tradition steht
der Name für Freundschaft. Das Buch
ass ich als Kind immer an »Rute« Rut in der Bibel ist eine Parabel über
dachte bei dem Namen Rut und Treue, Freundschaft und Liebe, über
er mir gänzlich unsympathisch war, den Schutz der Witwen, Fremden und
ist heute vergessen. Später erfuhr ich Armen.
auch, dass meine Mutter mit zweitem
Die Moabiterin Rut, verwitwete
Namen so heißt. Das brachte mich ihm Schwiegertochter der Naomi, kehrt
ein wenig näher. Heute kommt Rut eher mit ihrer Schwiegermutter zurück in
selten vor. Vielleicht geht es jungen deren Heimatland nach Bethlehem.
Müttern ähnlich wie mir als Kind. Aber »Wohin du gehst, gehe ich, dein Volk
es lohnt sich, mit Rut Bekanntschaft ist mein Volk und dein Gott ist mein
D
Gott«, sagt sie zu ihr. Ein Wagnis. Denn
Rut ist Ausländerin, eine Witwe ohne
Rechte. Aber sie nimmt ihr Schicksal in
die Hand, geht in den Feldern Ähren lesen. Dabei lernt sie den wohlhabenden
Boas, einen Verwandten von Naomi,
kennen und lieben und er heiratet sie.
Natürlich hilft weibliche Schläue dabei,
denn Rut betont auf Anraten Naomis
in schönen Kleidern ihre weiblichen
Reize. Aber nicht unkeusch auf dem
Feld, sondern nachts, als sie sich heimlich zu ihm legt. Sie übertritt alle Regeln,
doch Boas belohnt ihren Mut. So wird
Rut die Urgroßmutter von König Da-
vid, der auch Regeln übertrat, obwohl
sie keine Israelitin war und für ihr Ziel,
wie kritische Ausleger meinen, fast an
die Grenzen der Prostitution ging. Nur
durch Neuheirat konnte sie als Witwe
ihren verloren gegangenen Status zurückerobern. Beinahe eine Rosamunde-Pilcher-Geschichte.
Ruts feierliche Erklärung »Wohin
du gehst …«, ist heute ein beliebter
Trauspruch. Manche Schwiegertochter
würde sich wundern, wüsste sie, dass
dieser Satz nicht dem Ehemann, sondern der Schwiegermutter gilt.
Sibylle Sterzik
Kirche in Mitteldeutschland 5
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Nachruf
Kurz & knapp
Journalistenpreis
geht nach Thüringen
Einer,
der aneckte
Hamburg (epd) – Der ökumenische
Hamburger Verein »Andere Zeiten«
vergibt seinen diesjährigen Journalistenpreis an vier Redakteure der
»Thüringischen Landeszeitung«.
Sieben Wochen lang hätten Lioba
Knipping, Julia Stadter, Jördis Bachmann und Thomas Stridde in einem
»Fastentagebuch« zwischen Aschermittwoch und Ostern über ihren
Selbstversuch zum Thema »Fasten:
Gewinn durch Verzicht« berichtet.
Der mit 4 000 Euro dotierte Preis
soll am 17. September in Hamburg
überreicht werden.
Der Verein »Andere Zeiten«
schreibt den Preis jährlich aus. Er
würdigt Journalisten, die sich in
besonderer Weise mit Themen des
Kirchenjahres befassen.
Hans-Jochen Tschiche
verstorben
S
ein Leben lang mischte er sich
ein, eckte an und nahm kein
Blatt vor den Mund. So kannten ihn
seine Weggefährten, seine Kirche
und die politischen Freunde und
Gegner. Der Theologe und Politiker Hans-Jochen Tschiche starb am
25. Juni nach schwerer Krankheit im
Alter von 85 Jahren.
Als »großen Demokraten« würdigte die SPD-Fraktionsvorsitzende,
Katrin Budde, den Ehrenvorsitzenden der Grünen in Sachsen-Anhalt.
Zu seinem Vermächtnis gehöre
sein Einsatz gegen Rassismus und
Rechtsextremismus als Gründer des
Vereins »Miteinander«; er war über
15 Jahre Vorstandsvorsitzender dieses ersten Beratungs- und Bildungsvereins gegen Rassismus.
Der 1929 in Kossa (Nordsachsen)
geborene Hans-Jochen Tschiche
nahm 1948 ein Theologiestudium in
West-Berlin auf. Doch bald wollte er
»Neulehrer« werden und unterbrach
sein Studium für ein Jahr. Politische
Gründe waren es, die ihn sein Theologiestudium wieder aufnehmen
ließen. Ordiniert wurde Tschiche
1958 und war zunächst als Hilfsprediger tätig. 1960 wurde er Pfarrer in
Meßdorf im Kirchenkreis Stendal. Er
protestierte 1968 gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings und
engagierte sich in den 1980er Jahren
in der Friedensbewegung der DDR.
In der Evangelischen Akademie
Sachsen-Anhalt übernahm er 1975
die Studienleitung und wurde drei
Jahre später zum Leiter der Einrichtung berufen.
Hans-Jochen Tschiche starb im Alter
von 85 Jahren.
Foto: Bündnis 90/Die Grünen
Tschiche gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Neuen Forums und vertrat dieses am runden
Tisch in Magdeburg, kam 1990 in
die erste frei gewählte Volkskammer und war bis Ende jenes Jahres Mitglied des Bundestages. Anschließend war der gebürtige Sachse
Fraktionschef der Grünen im neu
gegründeten Magdeburger Landtag.
Er gilt als einer der Architekten
des »Magdeburger Modells«: Von
1994 bis 1998 ließ sich die rot-grüne
Minderheitsregierung Sachsen-Anhalts von Reinhard Höppner (SPD)
durch die damalige Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS)
tolerieren.
Die Landesvorsitzende der Grünen, Cornelia Lüddemann, bezeichnet Tschiche als jemanden der »immer über den Tellerrand geblickt
und sich für seine Meinungen und
Überzeugungen eingesetzt« hat,
»ohne Rücksicht auf die eigene Person« und er habe auch Konflikte mit
der eigenen Partei nicht gescheut.
Das brachte ihm den Respekt auch
seiner politischen Gegner ein.
Hans-Jochen Tschiche erhielt für
sein Engagement das Bundesverdienstkreuz sowie den Nationalpreis
der deutschen Nationalstiftung.
(mkz)
Fröhliche Christen zum Thüringentag in Pößneck
Fröhlich und bunt präsentierten sich die Christen auf
dem Thüringentag am vergangenen Wochenende in
Pößneck (Kirchenkreis Schleiz). Im »Ökumenischen
Kirchendorf« an der Stadtkirche lockten das Bibelmobil,
Caritas und Diakonie, die Christoffel-Blindenmission,
Landeskirchliche Gemeinschaft und andere mit ihren
Angeboten und Informationen. Am Festumzug beteiligten sich die Gemeindeleitung, Superintendent Ralf-Peter Fuchs und die in Pößneck neu gegründete Escola
Popular, unterstützt von der Escola Popular in Weimar
mit Hans-Jürgen Neumann. Auch unsere Kirchenzeitung fehlte nicht im »Kirchendorf«.
Foto: Willi Wild
Tschernobyl ist allgegenwärtig
Die Katastrophe ist bei uns fast vergessen, aber bis heute leiden die Menschen
E
in trauriges Jubiläum wirft seine
Schatten voraus. Am 26. April 2016
jährt sich die Tschernobyl-Katastrophe
zum 30. Mal. Dann wird das Ereignis
für einige Wochen ins Gedächtnis
zurückgerufen und von den Medien
aufgegriffen werden. Ansonsten spricht
kaum noch jemand über den atomaren Super-GAU in der ehemaligen Sowjetunion. Wie viele Todesfälle es bis
heute gegeben hat, vermag niemand
genau zu sagen. Die Zahlen sind widersprüchlich und werden bewusst
heruntergespielt. Nur die Menschen
vor Ort wissen, wie die Realität aussieht. Noch immer ist Tschernobyl in
der ukrainisch-weißrussischen Grenzregion allgegenwärtig. Täglich sterben
Menschen an den Spätfolgen, darunter
viele Kinder.
In Deutschland unterstützen Hilfsorganisationen die Betroffenen. Auch
im Kirchenkreis Altenburger Land existiert eine Initiative zur »Belarus-Hilfe«.
Durch Spenden und unter Trägerschaft des evangelischen Magdalenenstifts wird jedes Jahr ein 14-tägiger
Erholungsurlaub für 20 schwerkranke
Kinder aus dem Großraum Minsk ermöglicht. Die weißrussischen Gäste
werden von der Organisation »Pol der
Hoffnung« nach Krankheitsgrad ausgewählt. Sie leiden an Leukämie, Schilddrüsenkrebs oder Augenkrankheiten.
Gabriele Kirmse aus Prehlitz bei
Zeitz hat die Privatinitiative vor 15
Jahren ins Leben gerufen. Aufopferungsvoll kümmert sich die 67-Jährige
evangelische Christin um die Mädchen
und Jungen, die ihr jedes Mal ans Herz
wachsen. »Zum Abschied fließen viele
Tränen, und ich brauche Monate, um
alles zu verarbeiten. Schließlich verbirgt sich hinter jedem Kind ein Einzelschicksal. Man sieht ihnen nicht an, wie
krank sie sind. Doch der Schein trügt.
Niemand weiß, wie lange sie noch leben. Der Tod kommt oft plötzlich, weil
die Strahlung von innen den Körper
zerstört«, berichtet Kirmse. Durch den
Aufenthalt in sauberer Luft, mit gesundem Essen und vielfältigen Aktivitäten
bessere sich zwar der Allgemeinzustand und das Immunsystem werde
gestärkt. Eine Heilung sei jedoch nicht
möglich. Während des Urlaubs werden
freundschaftliche Bande geknüpft, die
oft plötzlich auseinandergerissen werden. Nicht nur viele der Kinder, auch
»Kurz nach der Rückkehr
in die Heimat erreichte
uns die Nachricht von
seinem Tod«
einige Lehrerinnen, die gleichzeitig als
Dolmetscherinnen arbeiteten, leben
nicht mehr. Einmal verstarb ein Kind
während des Erholungsurlaubs. »Das
war hart«, so Gabriele Kirmse. Nie vergessen wird sie den 18-jährigen Jungen,
dem mit einer Ballonfahrt ein Traum
erfüllt wurde. »Kurz nach der Rückkehr
in die Heimat erreichte uns die Nachricht von seinem Tod. Er hatte nur noch
ein Bein, als er zu uns kam. Als ihm
dann das zweite auch noch amputiert
werden musste, hat er das nicht überlebt«, sagt sie und ringt um Fassung.
In vielen Fällen erfahre man gar nicht,
wenn jemand gestorben ist, denn oft
handele es sich um Waisenkinder ohne
Angehörige.
Viele der jungen Gäste kommen
aus der Region Homel, die besonders
schwer von der Reaktorkatastrophe betroffen ist. Oder aus dem 2 000-Einwohner-Ort Petrischki, wo sich ein enger
Kontakt zur Schule entwickelt hat. Gabriele Kirmse kennt die Situation. Mit
ihrem Ehemann und weiteren Helfern
hat sie sich ein Bild von Weißrussland
gemacht. Inzwischen war sie fünfmal
im Großraum Minsk, kaum 200 Kilometer von Tschernobyl entfernt. Die
1 600 Kilometer lange Fahrt mit dem
Auto ist jedes Mal eine große Strapaze,
welche die Familie auf sich nimmt,
ohne Zwischenübernachtung. »Wir
wollen so schnell und sicher wie möglich ans Ziel kommen. Jedes Mal haben
wir Hilfsgüter dabei, die an der Grenze
genau unter die Lupe genommen werden. Die Wartezeit und die Abfertigung
dauern bis zu einem halben Tag, und
Korruption ist an der Tagesordnung.
Wir müssen hohe Zollgebühren zahlen,
die nicht gerechtfertigt sind.« Eine Infrastruktur gebe es auf dem Lande nicht,
keine befestigten Straßen und in den
kleineren Ortschaften Tage ohne Strom.
Umso liebevoller und gastfreundlicher
seien die Menschen, bei denen die Helfer herzlich aufgenommen werden.
Noch immer sind Luft und Boden
strahlenbelastet. Die Einheimischen
leben fast ausschließlich von der Landwirtschaft. Sie nehmen die Radioaktivität täglich mit der Nahrung auf. »Das
alles wird von der Politik heruntergespielt und vertuscht. Wir wissen aus
erster Hand, wie die Realität aussieht
und dass es noch Hunderte Jahre dauern wird, bis die Radioaktivität in einen
unbedenklichen Zustand gesunken ist«,
nennt Gabriele Kirmse die Tatsachen.
Ilka Jost
Bild: Fröhlich winken die Kinder
in die Kamera. Ihre Krankheit sieht
man ihnen nicht an. In der Mitte der
letzten Reihe: Gabriele Kirmse
Foto: Ilka Jost
Kompromiss
bei freien Schulen
Erfurt (epd) – Das monatelange
Tauziehen hat ein Ende: Nach zähen Verhandlungen einigt sich RotRot-Grün in Erfurt zur staatlichen
Finanzhilfe für die freien Schulen
in Thüringen. Buchstäblich im letzten Moment vor der Sommerpause
verständigte sich Rot-Rot-Grün auf
eine Steigerung der Landesgelder
von 133,9 Millionen Euro 2014 auf
146,3 Millionen Euro in diesem Jahr.
Über diese Steigerung um 9,3 Prozent hinaus erhalten die Träger ab
1. Februar 2017 und danach jährlich
ab 1. August 2018 pro Jahr 1,9 Prozent mehr Geld. Grundlage ist ein
Festbetragsmodell, das von einem
im Gesetz definierten Betrag pro
Schüler ausgeht.
Oberkirchenrat Christhard Wagner vom Evangelischen Büro in
Erfurt sagte, die Hartnäckigkeit der
Grünen in den Verhandlungen habe
sich ausgezahlt. »Auch wenn nicht
alle Erwartungen erfüllt sind, können wir zufrieden sein.« Das Ergebnis biete den Privatschulen gewisse
Planungssicherheit.
Keine Verschlechterung
für freie Schulen
Magdeburg (epd) – Privatschulen
in Sachsen-Anhalt drohen nach
einem Vorschlag aus dem Kultusministerium neue Hindernisse. Einer geplanten Neuregelung zufolge
müsste die Errichtung einer freien
Grundschule künftig schon neun
Monate vor Schuljahresbeginn beantragt werden, bislang waren es
sieben Monate, berichtet die »Magdeburger Volksstimme«. Zudem soll
ein Gesuch bereits als gescheitert
gelten, wenn die Antragsunterlagen
nicht vollständig sind. Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) reagierte verwundert. Der Ressortchef
kenne den Entwurf gar nicht, sagt
ein Sprecher. Die Neuregelungen
seien im Interesse der Verwaltung,
aber nicht im Interesse der Ministeriumsleitung. Sollte es »unpraktikable Regelungen« geben, würden
diese einkassiert. Es werde »definitiv
keine Verschlechterung für Schulen in freier Trägerschaft geben«,
hieß es.
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Liebe Leserinnen und Leser,
seit 1850 sind wir als diakonische Stiftung in Mitteldeutschland aktiv. Wir sind ständig bedacht, auf der Grundlage des
christlichen Menschenbildes das Leben hilfebedürftiger Menschen zu verbessern.
In unserm neuen Freundesbrief berichten wir über einen jungen Mann, dessen Leben Sie berühren wird.
Schreiben Sie uns, wenn auch Sie unseren Freundesbrief erhalten wollen.
Evangelische Stiftung Neinstedt
Öffentlichkeitsarbeit Fundraising
Lindenstraße 2
06502 Thale OT Neinstedt
Telefon 03947/99292 oder 99141
www.neinstedt.de · kontakt@neinstedt.de
6 Kirche vor Ort
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Aus dem Süden
Musik, Gebet und
Stadtführung
Nordhausen (mkz) – Die ökumenische Vorbereitungsrunde lädt am
Sonnabend, 4. Juli, zur 11. Nacht der
Kirchen in Nordhausens Innenstadt
ein. Sie beginnt mit einer Stadtführung um 17.30 Uhr, Treffpunkt am
Dom. Mit der Geschichte von Esther
aus der Bibel, gespielt von Kindern
(Blasii, 18 Uhr), oder dem Puppentheater »Wilhelm Tell« (Frauenberg­
kirche, 21 Uhr), klassischer Musik
oder Jugendgottesdienst (Altendorfer Kirche, 18.30 Uhr) und Kirchenkino (Frauenbergkirche, 22.30 Uhr)
sowie Musik in der Adventgemeinde
(19.30 Uhr) oder einer Klavierzeitreise … wird für jeden Geschmack
etwas geboten. Zum Abschluss wird
um Mitternacht in die Jugendkirche
zum Taizé-Gebet eingeladen.
8
www.ev-kirchenkreis-suedharz.de
Theaterstück
zum Schuljahresende
Kaltenwestheim (mkz) – Der Schuljahresabschlussgottesdienst hat seit
vielen Jahren Tradition im Kirchspiel Kaltenwestheim (Kirchenkreis
Bad Salzungen-Dermbach). Am
kommenden Donnerstag wird zu
diesem Anlass ein biblisches Theaterstück mit den Christenlehrekindern aufgeführt.
Laurentius-Kirche
9. Juli, 19 Uhr
Kaltenwestheim,
Abendgottesdienste
im Sommer
Bad Salzungen (mkz) – Die sechste
Reihe der Abendgottesdienste
des Kirchenkreises Bad Salzungen-Dermbach steht in diesem Jahr
unter dem Thema »Was Bilder uns
erzählen«. Jeweils um 18 Uhr wird
an den Sommersonntagabenden zu
diesen besonderen Gottesdiensten
und anschließenden Gesprächen
eingeladen. In diesem Jahr stellen
Bildmotive aus den Dorfkirchen die
Anregungen für die Predigtreihe.
Termine und Orte: 12. Juli in Empfertshausen, 26. Juli in Unterbreizbach,
9. August in Roßdorf, 16. August in
Sünna und 23. August in Frankenheim
Laufen fürs
Jesus-Projekt
Erfurt (mkz) – Am Sonnabend startet der sechste Sponsorenlauf am
Roten Berg in Erfurt. »Beweg was« ist
das Motto der Auftaktveranstaltung
zum Sommerfest des Jesus-Projekts,
das seit elf Jahren mit Kindern- und
Jugendlichen im Plattenbaugebiet
arbeitet. Vom Erlös des Laufes wird
die Arbeit des Vereins finanziert: Ferienprogramme, Streetwork, Kreativ-Werkstatt und vieles mehr. Wer
mitlaufen will, melde sich über die
Homepage an!
4. Juli, Registrierung ab 9.30 Uhr
www.jesus-projekt-erfurt.de
8
Harmonic Brass
in Berka/Werra
Berka/Werra (mkz) – Bei der Ankündigung des Konzerts von Harmonic Brass in Berka/Werra (Nr.
26) wurde der Namenszusatz des
Ortes »Werra« vergessen, sodass
es Verwechslungen geben könnte.
Harmonic Brass aus München spielt
am Freitag, 19.30 Uhr, in der Kirche.
Die Kaiserpfalz und Kirchenburg
bildet das Zentrum von Rohr.
Pfarrer Armin Pöhlmann im Kirchenmuseum, in dem das Modell der einstigen
Pfalzkaplle zu sehen ist. Fotos: Thomas Schäfer
Unter der Kirche befindet sich die fast
1 200 Jahre alte Krypta.
Eine Kaiserin kämpft um ihr Kind
Henneberger Land: Im Juli feiern Rohr und die Michaelskirche das 1 200-jährige Jubiläum
U
rkunden tragen ein Datum
und Mauern sind greifbar – im
kleinen Rohr im Henneberger
Land hat man beides und kann damit
eine 1 200-jährige Geschichte belegen.
Grund genug, dies mit einem Festprogramm vom 10. bis 19. Juli zu begehen.
»Wir wollen ein Jubiläum feiern,
das die Erinnerung mit der Gegenwart
verbindet und Fragen an die Zukunft
stellt«, sagt Pfarrer Armin Pöhlmann
und betont, dass es ein echtes Kirchenjubiläum sei. »Wir haben nicht
nur Urkunde und Gebäude aus der
Gründungszeit, sondern auch eine
christliche Gemeinde, die sich mit
Fug und Recht zurückdatieren kann
auf das Jahr 815.« Bischof Wolfger von
Würzburg und Abt Ratger von Fulda
verhandelten über die Gründung eines
Benediktinerklosters und dokumentieren dies in einer Urkunde vom 27. März
815. Ein weiteres Schriftstück bezeugt
zehn Jahre später eine Kirche in Rohr.
Danach diente sie Königen und Kaisern als Pfalzkapelle. Ein markantes
Datum in der Pfalzgeschichte ist der
29. Juni 984: Der Reichstag wird nach
Rohr einberufen. Alle Großen des Reiches kommen, es geht wie immer um
die Macht. Otto II. war am 7. Dezember
983 in Rom gestorben. Drei Wochen
später war sein dreijähriger Sohn Otto
III. in Aachen zum König geweiht und Ziel. Geschichtsinteressierte wissen,
in die Obhut seines Onkels, Heinrich dass hier in ottonischer Zeit ein Kapidem Zänker, übergeben worden. Die- tel Weltgeschichte geschrieben wurde.
Auch wenn kein Schild auf eine verser wollte die Situation für eigene Ansprüche nutzen. In Rohr wird nun die lässlich geöffnete Kirche verweist: Die
Rückgabe des Kindes an seine Mutter, Michaeliskirche ist normalerweise zwiKaiserin Theophanu, und dessen Groß- schen 9 und 19 Uhr zu besuchen. Dafür
mutter, Kaiserin Adelheid, gefordert. sorgt Reinhard Müller, wenn er seine
Erst eine partielle Sonnenfinsternis um Morgen- und Abendrunde durchs Dorf
die Mittagszeit soll bei Heinrich dem macht. Und seine Frau Marion betreut
Zänker ein Umdenken bewirkt haben. das kleine 2003 eingerichtete KirchenSuperlative sind meist kurzlebig, museum in der alten Schule gleich geaber »trotz der baulichen Veränderun- genüber. Hier ist zudem das Gemeindegen ist die Michaeliskirche von Rohr büro; es gibt heimatkundliche Schriften
mit der Krypta der einzige Monumen- und in Marion Müller eine sachkundige
talbau im östlichen Deutschland, der Kirchenführerin.
weitgehend aus karolingischer Zeit
Auf die Ära der Kaiserpfalz folgte die
stammt. Damit besitzt der kleine Ort einer Raubritterburg, da man von hier
eine architekturgeschichtliche Kostbar- aus die nahe Handelsstraße kontrollieren konnte. Das missfiel
dem Bischof von Würz»Alle Großen des Reiches kommen, burg,
und er zerstörte die
es geht wie immer um die Macht« Pfalz. Die Rohrer machten die Anlage später zu
keit von nationaler und internationaler ihrer Kirchenburg. Ab dem 16. JahrGeltung«, heißt es in einem Faltblatt der hundert wurde die Kirche dem Zeitgeevangelischen Kirchengemeinde Rohr, schmack entsprechend zu einer prächdas die Besucher über die Geschichte tig ausgemalten Dorfkirche mit mehr
des Gotteshauses informiert.
als 500 Sitzplätzen umgestaltet. Baulich
Viele Touristen kommen nach Rohr. unverändert blieb die Krypta, da ihr
An der Autobahn 71 wird auf die uralte Zugang mit dem Abriss der QuerhäuKrypta hingewiesen, und für Busunter- ser verschüttet wurde. Erst seit 1962 ist
nehmen ist es ein gern angefahrenes sie wieder zugänglich. Von den knapp
1 000 Einwohnern gehört rund die
Hälfte zur evangelischen Kirchengemeinde. Die Kirche teile das Schicksal
des Dorfes, sei präsent und verankert.
Als Beispiel nennt Pfarrer Pöhlmann
die Sanierung des Bronzegeläuts vor einigen Jahren. Rund 22 000 Euro kamen
hierfür an Spenden zusammen.
Zur Vorbereitung des Jubiläums
wurde der Projektverein »Rohr 2015«
gegründet, in dem auch Pfarrer Armin
Pöhlmann mitarbeitet und dessen Vorsitz Bürgermeister Siegmar Kleffel innehat. Für die älteren Einwohner ist es
nun die dritte Festzeit, denn auch 1965
und 1990 wurden die Jubiläen gebührend begangen. Das aktuelle Programm
soll Bewährtes aufgreifen und neue Akzente setzen. Besondere Höhepunkte
werden sicher die Aufführungen des
Historienspiels »Theophanu – die Kaiserin in Rohr« im Kirchhof sein, extra
geschrieben von Axel Weiß und mit
Pfarrer Pöhlmann als Kanzler Willigis.
»Zum Glück eine positive Rolle, denn
ich unterstütze Theophanu.«
Uta Schäfer
Aufführungen »Theophanu« im Kirchhof
16. und 17. Juli, 18 Uhr; 18. Juli, 15 Uhr; Mittelaltermarkt: vom 10. bis 12. Juli; Festgottesdienst: 19. Juli, 10 Uhr; am Nachmittag:
Festumzug
Kirchenkreis Jena
Ausstellung
Patenschaft für Orgelpfeifen
Verfolgung
der Täufer
Die Schuke-Orgel in St. Michael erklingt am 5. Juli wieder
D
er Abendgottesdienst an diesem
Sonntag in der Stadtkirche St. Michael in Jena wird aus dem Rahmen
fallen. »Es ist mit einer vollen Kirche zu
rechnen«, davon ist Stadtkirchenkantor
Martin Meier überzeugt: Nach gründlicher Sanierung und spieltechnischer
Modernisierung wird die Schuke-Orgel mit ihren drei Manualen und
51 Registern wieder erklingen. Dieses
schöne Ereignis markiert zugleich den
Abschluss der Innenraumsanierung
des Gotteshauses. Die umfangreichen
Erneuerungen waren mit einem neuen
Fußboden, einer neuen Heizung sowie der Erneuerung der Elektro- und
Lautsprecheranlage verbunden; zudem wurde der Kircheninnenraum
frisch ausgemalt. Obwohl die Orgel
zum Schutz gegen Staub und Feuchte
eingehaust war, haben die Arbeiten an
der Stadtkirche nachhaltige Spuren
hinterlassen. Hinzu kommt der Materialverschleiß, da seit dem Bau der Orgel
im Jahr 1962 nicht grundhaft saniert
werden konnte.
»Es war uns bewusst, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht«, so
Kirchenmusikdirektor Martin Meier.
Seit Jahren wird ideenreich an der Finanzierung der Vorhaben gearbeitet.
Gewichtige Beiträge leistet dabei der
Orgelverein St. Michael Jena mit seiner
Aktion der Orgelpfeifen-Patenschaften:
In den letzten Jahren konnten auf die-
sem Wege 45 000 Euro eingenommen
werden. Bei den Patenschaften können
Interessierte Orgelpfeifen finanzieren:
für »wenig Geld« kleine Pfeifen oder
große Prospektpfeifen für stattliche
Summen. Durch Mitgliedsbeiträge,
Spenden und Erlöse aus Benefizkonzerten wurden weitere 25 000 Euro
erwirtschaftet. Die Kantorei steuerte
40 000 Euro aus eigenen Spenden und
aus den Kollekten bei, die über Jahre
nach Orgelmusiken und Oratorienaufführungen gesammelt wurden. Mit
jeweils 20 000 Euro unterstützen der
Jenaer Kirchbauverein sowie die Landeskirche das Vorhaben.
»Die benötigten 150 000 Euro wurden somit zum übergroßen Teil aus
Spenden aufgebracht«, darauf ist der
Vorsitzende des Orgelvereins, Jörg Vogel, zu Recht stolz. »Wir hätten gern
noch einige Erweiterungen gehabt, besonders um Orgelmusik der Romantik
authentisch darbieten zu können, denn
die Schuke-Orgel ist eine neobarocke
Orgel. Dies war aber nicht möglich: Die
Orgel steht ebenso wie die Stadtkirche
unter Denkmalschutz. Die Denkmalpflege und die Orgelsachverständigen
unserer Landeskirche wollten nicht,
dass es Eingriffe in die Substanz des Instruments gibt«, erklärte Martin Meier.
Eine Neuerung ist die elektronische Setzeranlage, sodass künftig kein
Registrant mehr benötigt wird. Denn
Ein dunkles Kapitel
der Reformation
V
Johannes Adler und Fabian Zocher
(v. l.), Mitarbeiter der Orgelbau-Firma
Eule Bautzen, bei der Feinarbeit
Foto: Traugott Keßler
Klangkombinationen können vorher
programmiert werden. Seit Januar laufen die Sanierungsarbeiten, die nun mit
der ausgleichenden Nachintonation
ihren Abschluss fanden. Ausgeführt
wurden sie von Mitarbeitern der Firma
Hermann Eule Orgelbau aus Bautzen.
Traugott Keßler
Gottesdienst in der Stadtkirche am 5. Juli,
18 Uhr, Festkonzert mit Werken deutscher
und französischer Komponisten, gespielt
von KMD Martin Meier, 19.30 Uhr, und ab
20.45 Uhr »Kleiner Orgelschmaus«
or zwei Jahren erinnerten der
Freistaat Thüringen und die
mitteldeutsche Landeskirche (EKM)
an die Verfolgung und Hinrichtung der Täufer. Damals wurde am
Informationszentrum Spiritueller
Tourismus in Reinhardsbrunn eine
Gedenk-Stele und in der Blasii-Kirche Zella-Mehlis ein Gedenkstein
aufgestellt.
Am 7. Juli (15 Uhr) wird nun in
Reinhardsbrunn eine Ausstellung
über dieses dunkle Kapitel der Reformationszeit eröffnet, die unter
anderem an die sechs Täufer erinnert, die in Thüringen am 18. Januar
1530 in Reinhardsbrunn hingerichtet
worden waren. Die Präsentation will
Fakten, Gründe und Hintergründe
dieses Geschehens aufzeigen. Das
soll in einen »Weg der Toleranz«
münden, der von Reinhardsbrunn
ausgeht. Er führt über die Blasii-Kirche in Friedrichroda, den Roten
Weg zum Possenröder Kreuz über
den Rennsteig bis zum Stein 16 bei
Oberhof, weiter zur Zellaer Loibe
und zum Mönchsweg bis nach
Zella-Mehlis. Von dort über den
Hallenberger Steig zur Hallenburg
in Steinbach-Hallenberg. (mkz)
8
www.taeuferausstellung.de
Kirche vor Ort 7
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Und der Abwasch per Hand …
Gewürdigt
Er prägte das
Musikleben
Halle: Professor Helmut
Gleim wird 80 Jahre alt
D
er Kirchenkreis Halle-Saalkreis,
die Evangelische Hochschule
für Kirchenmusik und die Hallesche Kantorei gratulieren Professor
Helmut Gleim zum 80. Geburtstag.
Der langjährige Direktor der Evangelischen Kirchenmusikschule und
Gründungsrektor der Evangelischen
Hochschule für Kirchenmusik Halle
wird am 3. Juli 80 Jahre alt. Er prägte
die Ausbildung von Kirchenmusikern in der Evangelischen Kirche
der Kirchenprovinz Sachsen über
Jahrzehnte. Zudem begründete
er die Hallesche Kantorei mit und
leitetet sie 40 Jahre lang. Superintendent Hans-Jürgen Kant würdigt
den Jubilar: »Helmut Gleim war als
langjähriger Kantor und Organist an
der Moritz- sowie der Marktkirche
besonders für die Orgelkonzerte in
der Stadt Halle verantwortlich. Er
ist unzähligen Konzertbesuchern
in bleibender Erinnerung.«
Glückwünsche zum Geburtstag kommen auch von den beiden
Nachfolgern. Der Rektor der Kirchenmusikhochschule, Wolfgang
Kupke, und Maik Gruchenberg als
Leiter der Halleschen Kantorei würdigen Gleims herausragende Arbeit
so: »Sein Lebensinhalt, die Begleitung und Ausbildung werdender
Kirchenmusiker an der Hochschule
und die singende Verkündigung des
überkonfessionellen und übergemeindlichen Oratorienchores fortleben zu lassen, ist uns Freude und
Ehre zugleich.«
Konzerte mit dem Hochschulchor und der Halleschen Kantorei
gehörten jahrzehntelang zum Musikleben in der Saalestadt. Auch
unter
erschwerten
Bedingungen in
DDR-Zeiten
führte Helmut Gleim
große chorsinfonische
Werke in
der Marktkirche auf.
Im Ruhestand trat
er solistisch Professor Helmut
bei Orgel- Gleim
Foto: Archiv
konzerten
und -einweihungen in Erscheinung.
Von seinem interpretatorischen
Wirken liegen zahlreiche CD- und
Rundfunkeinspielungen vor. Seine
herausragenden Verdienste fanden
durch die Verleihung des internationalen Händelpreises der Stadt Halle
und des Bundesverdienstkreuzes
am Bande ihre Anerkennung.
Helmut Gleim wurde in Lüdenscheid geboren und wuchs im thüringischen Mühlhausen auf. Nach
dem Abitur studierte er von 1953 bis
1957 an der Kirchenmusikschule in
Halle. Seine Lehrer waren unter anderem Professor Heinz Wunderlich
im Fach Orgel, Professor Horst Förster im Fach Dirigieren und der damalige Leiter der Schule, Eberhard
Wenzel. Nach dem Examen wurde
Helmut Gleim Kantor in Schönebeck und ab 1959 an der Moritzkirche in Halle. Von dort wechselte er
1970 zusammen mit der Gemeinde
an die Marktkirche, weil die Moritzkirche der katholischen Kirche
übergeben wurde.
Als Dozent wirkte Helmut Gleim
an der Kirchenmusikschule Halle
seit 1960. Ihre Leitung übernahm er
1978. Höhepunkt in der Arbeit der
1926 gegründeten Ausbildungsstätte
und ihres Leiters war der 28. Juni
1993. Da bekam die älteste deutsche Kirchenmusikschule endlich
ihre Anerkennung als Hochschule.
Kirchenmusikdirektor Gleim wurde
ihr Rektor und bekam den Professorentitel verliehen.
(mkz)
Für Tangermünder Konfirmanden führt der Weg zum Glauben über die Insel
K
onfirmation bedeutet Festmachen
im Glauben. Diesen Satz hat Pfarrer Jürgen Weinert in seinem Leben bereits unzählige Male gesagt. Fast immer
hat er zu diesem Zeitpunkt junge Menschen vor sich, Mädchen und Jungen
zwischen 13 und 14 Jahren, die seinen
Konfirmandenunterricht besuchen.
Nun könnte Pfarrer Weinert es bei diesem Unterricht und der abschließenden Konfirmation belassen. Doch wer
Teil der Kirchengemeinde St. Stephan
in Tangermünde (Kirchenkreis Stendal) werden möchte, den erwartet
ein umfangreiches Programm. Dazu
gehört neben der Konfirmandenprüfung die Konfirmandenfahrt – Pflicht
für jeden.
So beständig wie dieses Programm
ist auch der Ort, an dem die jungen
Menschen aus der Elbestadt ihre Konfizeit verbringen. »Seit mehr als 20
Jahren fahre ich nach Hiddensee«, sagt
Jürgen Weinert. Im Rüstzeitheim der
autofreien Insel hat die Gruppe Platz,
Zeit und Ruhe, sich dem Thema zu
widmen und ein kleines Stück weiterzukommen auf dem Weg in ein selbstständiges Leben. In diesem Jahr waren
sechs Mädchen und zwei Jungen kurz
vor Ostern mit Pfarrer Weinert auf dem
Weg nach Hiddensee. Per Lautsprecher
an ihre Smartphones gebunden, erleben sie die Autofahrt in ihrer eigenen
Welt. Wichtig für sie: »Haben wir auf der
Insel Empfang?« Für die Konfizeit ist Die Tangermünder Konfirmandinnen und Konfirmanden sammelten auch
das völlig nebensächlich, für die Stim- Strandgut, das symbolisch für ihren Glauben stehen könnte. Foto: Anke Hoffmeister
mung der jungen Menschen jedoch
absolut wichtig.
ausforderung. Und dann gibt es die Ge- findet einen Stein mit glatter BruchFlorian und Lucas, Louraine, Jasmin, sprächsrunden mit Pfarrer Weinert. Am stelle. »Doch der größte Teil ist rau, wie
Hannah, Henriette, Lena und Johanna ersten Abend berichtet er über seine für viele Menschen oft auch das Leben.
eigene Konfirmation, Erinnerungen an Der Glaube kann helfen, positiv zu dendas Jahr 1961. Und er kritisiert: »Die ken«, sagt er. Jasmin zeigt eine Muschel.
»Doch der größte Teil
Konfirmation verkommt immer mehr »Muscheln können Perlen entwickeln.
des Steines ist rau, wie
zu einem bürgerlichen Fress- und Ich möchte im Glauben reifen wie die
Schenkfest.« Von den jungen Men- Perle in der Muschel.«
für viele Menschen oft
Mitte Mai erleben die acht nach beschen möchte er wissen, wie sie sich
auch das Leben«
die Konfirmation wünschen. »Nicht standener Konfirmandenprüfung ihre
so langweilig, nicht so streng«, sollte eigene Konfirmation. Festlich gekleikennen sich aus Schule und Konfir- sie sein, sagen Hannah und Henriette. det feiern sie in St. Stephan das erste
mandenunterricht. Finden müssen sie Jasmin möchte mit daran beteiligt wer- Abendmahl ihres Lebens, bekommen
sich deshalb nicht, eher zurechtfinden den, Hannah gern singen.
einen Bibelspruch mit auf den Weg,
mit der Situation, nicht zu Hause zu
Während einer Strandwanderung den sie sich selbst auswählen durften.
sein. Tisch decken, beim Kochen hel- haben sie alle einen Auftrag. Sie sollen Jetzt steht ihnen die Möglichkeit offen,
fen, abwaschen per Hand – für einige Dinge sammeln, die symbolisch für in der Jungen Gemeinde aktiv zu werist vor allem Letzteres eine echte Her- den Glauben stehen können. Florian den.
Anke Hoffmeister
Kirchenkreis Halberstadt
Vom Glauben, der Liebe und einer Bläser-Familie
Der Bläserchor Thale feiert sein 50-jähriges Bestehen
W
enn sich an Freitagabenden das
Gemeindehaus St. Andreas in
Thale zu einem »Klingenden Haus«
verwandelt, dann treffen sich dort 15
Menschen zwischen 14 und 65 Jahren
zur gemeinsamen Probe. Es ist auch
ein Familientreffen: Zwei Paare mit
jeweils zwei Kindern, Vater und Sohn,
ein Ehepaar und nur die beiden Ältesten kommen als »Solisten«, dazu die
musikalische Leiterin. Im normalen
Leben sind sie Schüler, Maurer, Auszubildende, bei der Telekom, im medizinischen Bereich tätig oder im Ruhestand. Die gemeinsame Liebe zur
Musik verbindet sie ebenso wie der
christliche Glaube, und der Chor hat
eine inzwischen lange Geschichte. Der
aus Oschersleben zugezogene Heinz
Ehrhardt entschloss sich 1961, einen
Posaunenchor zu gründen. Er begann
mit zwei ganz alten Instrumenten (fehlende Schrauben wurden einfach durch
Streichhölzer ersetzt) und mit zwei interessierten Jugendlichen. Wenig später
kam Doris dazu, mit der er inzwischen
seit 51 Jahren verheiratet ist. Dass heute
vier Bläserinnen und Bläser den Familiennamen Ehrhardt tragen, ist kein
Zufall: Es sind der Sohn, die Schwiegertochter und zwei Enkelsöhne.
1965 war der Chor endlich blasfähig. Einer der Damaligen ist noch heute
aktiv dabei. Im Laufe der Jahrzehnte
Der Posaunenchor vor der Andreaskirche
Foto: Karin Voigt
waren es ungefähr 80, die mitmachten
und einige Jahre dabeiblieben, rund 60
von ihnen hat Heinz Ehrhardt ausgebildet. Mal übernahmen hauptamtliche
Kantoren den Chor, mal gab es Hilfe
vom Posaunenwerk der Landeskirche,
mal dirigierte der Gründer selbst. Seit
zehn Jahren gibt Kantorin Christine
Bick den Takt vor, Stefan Ehrhardt
(Sohn des Gründers) nimmt die organisatorische Leitung wahr.
Dazu gehört nicht nur die Koordination der Einsätze, sondern die
Pflege der Gemeinschaft spielt eine
erhebliche Rolle: Familienfreizeiten,
Teilnahme an übergemeindlichen
Bläsertreffen, Weiterbildungen und
vieles andere mehr. Irgendwie fühlen
sich alle als eine Bläser-Familie, viele
sind freundschaftlich und durch Patenschaften miteinander verbunden.
Das 50-jährige Bestehen soll am 11.
und 12. Juli gefeiert werden – mit den
Aktiven, Ehemaligen und hoffentlich
vielen Gästen. So erklingt am 11. Juli
(17.30 Uhr) auf der Bühne »Kaffeeloch«
im Friedenspark Thale das Konzert
»Querblechein – eine musikalische
Zeitreise«. Die Serenade gestaltet der
Bläserchor Thale nebst Gästen aus. Am
Sonntag wird zum Festgottesdienst in
die Petrikirche eingeladen (11 Uhr). Das
Motto, das der Chor einst zum 35-jährigen Bestehen gewählt hatte, gilt weiter:
»Für das Vergangene – Dank! Für das
Kommende – Ja!« (Dag Hammarskjöld,
schwedischer Friedensnobelpreisträger). Ursula Meckel
Aus dem Norden
Armenien-Gottesdienst
und Prozession
Halle (mkz) – In Erinnerung an den
Völkermord am armenischen Volk
vor 100 Jahren wird am 12. Juli zum
ökumenischen Gottesdienst in die
Marktkirche eingeladen (15 Uhr).
Anschließend führt eine Prozession
zum Kreuzstein vor dem Landgericht. Dieser Stein erinnert seit
Mai an die 1,5 Millionen Armenier,
Aramäer, Assyrer und Pontos-Griechen, die von 1915 bis 1922 im Osmanischen Reich getötet wurden. Zum
Gottesdienst lädt die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in
Sachsen-Anhalt in Zusammenarbeit
mit der Armenisch-Apostolischen
Gemeinde Sachsen-Anhalt ein. Neben Beteiligten aus der armenischen
Gemeinde und anderen ACK-Kirchen werden die Pröpste Christoph
Hackbeil (Stendal-Magdeburg) und
Johann Schneider (Halle-Wittenberg) mitwirken.
Benefizkonzert für
die Bahnhofsmission
Halberstadt (mkz) – Der Liedermacher Clemens Bittlinger gibt am
10. Juli (20 Uhr) ein Benefizkonzert
für die Arbeit der Bahnhofsmission.
Mit seinem Programm »Unerhört«
tritt er im Kreuzgang des Domes
auf. Es ist das erste Open-Air-Konzert nach der Wende an diesem Ort
und das erste Mal, dass das »Unerhört«-Programm in Ostdeutschland
erklingt. Ein Teil des Erlöses vom
Verkauf der 400 Karten bekommt die
2009 gegründete Bahnhofsmission.
Hier leisten 20 Frauen und Männer
ehrenamtliche Arbeit – 2014 insgesamt 2 500 Stunden.
Im Zeichen der
Katharina von Bora
Torgau (mkz) – In Torgau wird am
4. und 5. Juli an Katharina von Bora,
die Ehefrau Martin Luthers, erinnert.
Auf dem Programm des Katharina-Tages stehen Konzerte, Lesungen
und Vorträge. Am 4. Juli (19 Uhr) gibt
es beispielsweise in der Schlosskirche eine musikalische Lutherlesung
mit Stephan Krawczyk unter dem
Titel »Erdverbunden, luftvermählt«.
Im Rathaus wird an diesem Tag der
Katharina-von-Bora-Preis verliehen
(14 Uhr). Am 5. Juli predigt Propst
Johann Schneider im Festgottesdienst in der Stadtkirche (10 Uhr).
Im Anschluss an den Gottesdienst
wird die Tafel »Reformationsstadt
Europas« enthüllt.
Der jährliche Katharina-Tag
wurde zur Reformationsdekade ins
Leben gerufen. Er steht unter der
Schirmherrschaft von Landesbischöfin Ilse Junkermann. Torgau war
die erste Station der Katharina von
Bora (1499–1552) nach ihrer Flucht
1523 aus dem Kloster Nimbschen.
In Torgau starb sie und liegt in der
Stadtkirche begraben.
8
www.katharinatag.de
Sommertheater um
»Das Jahr Null«
Magdeburg (mkz) – Unter dem Titel »Das Jahr Null« erzählt die »Compagnie Magdeburg 09« die Geschichte von Weihnachten als heiteres Sommertheater mit Musik und
Gesang. Premiere ist am 13. Juli im
Garten der Möllenvogtei (20.30 Uhr).
Antworten auf die Geheimnisse des
Festes geben Maria und Josef, Engel
Gabriel, König Herodes, Reformatoren, Päpste, Vertreter von DFB und
Coca Cola und andere.
Zu sehen bis 1. August, täglich, außer
sonntags, 20.30 Uhr. Am 1. August als
Nachtvorstellung auch 23 Uhr.
8 www.cmd-09.de
8 Kultur vor Ort
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Notiert
Forschung
Bach und
Menantes
Eine vergangene,
idyllische Welt
Schmalkalden (mkz) – »Die ehemals schönsten Gärten Schmalkaldens« ist der Titel einer Neuerscheinung, die in einer Lesung mit
dem Autor Paul Krieger am 4. Juli
in der Stadt- und Kreisbibliothek
»Heinrich Heine« in Schmalkalden
vorgestellt wird. Im Jahr der 3. Thüringer Landesgartenschau entführt
das Buch in eine vergangene, idyllische Welt: die der Bürgergärten,
blühenden Innenhöfe und landwirtschaftlich genutzten Stadtscheunen.
Während in der alten Fachwerk- und
Reformationsstadt Landschaften
umgestaltet und verlassene Orte
neu belebt werden, wird in der reich
bebilderten Publikation die Erinnerung an längst verwucherte, planierte oder bebaute Gärten durch
seltene historische Fotografien zum
Leben erweckt.
4. Juli, 11 Uhr, Am Kirchhof 4
www.thuringi-verlag.de
8
Musiksommer und
Gemäldeausstellung
Gera (mkz) – In der Innenstadtkirche St. Trinitatis in Gera werden
im Sommer jeden Dienstag, 17 Uhr,
30-minütige Konzerte angeboten.
Bei freiem Eintritt ermöglichen sie
älteren Menschen oder Leuten mit
wenig Einkommen einen Konzertbesuch.
Die Leipziger Künstler Claudia
und Ralf Königsberg gewähren hier
außerdem Einblicke in ihr aktuelles Schaffen. Die Gemälde handeln
»von der Beschäftigung mit dem Wesen von Materie, den Darstellungsmöglichkeiten von Zeit und den
grundlegenden Strukturen, die sich
in Kunst und Natur manifestieren«.
Musiksommer in St. Trinitatis: jeden
Dienstag, 17 Uhr; Ausstellung (bis Ende
August): Montag bis Freitag, 10 bis 17 Uhr
»Achava Festspiele«
mit Schulstiftung
Erfurt (mkz) – Die Evangelische
Schulstiftung in Mitteldeutschland
ist Partner der »Achava Festspiele
Thüringen« vom 27. August bis
6. September in Erfurt. Mit Führungen und einem Projekttag sollen
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene eingeladen werden, sich
an dem neuen jüdisch-interreligiösen Festival zu beteiligen. Dazu gibt
es am 3. September einen Projekttag
»Auf Abrahams Spuren«, an dem die
Schüler in Synagoge, Moschee und
Kirche zu Gast sind (ab Klassenstufe acht).
Stätten des jüdischen Erbes in
Erfurt stehen im Mittelpunkt des
zweiten Angebots am 4. und 5. September, wobei die Teilnehmenden
die Alte Synagoge, das jüdische Ritualbad (Mikwe) und das »Jüdische
Quartier« entlang des Gera-Bogens
um die Krämerbrücke kennenlernen können (ab Klassenstufe 4).
Das hebräische Wort Achava bedeutet Brüderlichkeit und steht in
einer modernen weltoffenen Gesellschaft für Verständigung, Toleranz
und gegenseitigen Respekt.
Anmeldung unter E-Mail <achava@
schulstiftung-ekm.de>
8 www.achava-festpiele.de
Kindersingwoche Rüdersdorf mit »Gerempel im Tempel«
Was für ein Ärger! Ein Mann vertreibt Händler, die ihrer
Arbeit nachgehen. Der Knackpunkt: Sie betreiben ihre
Geschäfte im Vorhof des Tempels zu Jerusalem. Und der
Mann – Jesus – duldet kein Geschacher im Hause des
Herrn. Diese spannende Bibelgeschichte hat Kantorin
Ina Köllner mit Kindern der Kindersingwoche in
Rüdersdorf (Kirchenkreis Eisenberg) in einem Singspiel
aufgeführt. 33 Kinderchor- und Christenlehrekinder aus
der Region Kahla, Orlamünde und Unterbodnitz
verbrachten ein Probenwochenende in Rüdersdorf, um
es einzustudieren. Mitreißende Lieder und tiefsinnige
Texte erzählen im Stück von Klaus Müller »Gerempel im
Tempel«, wie Jesus nicht zulässt, dass das Gotteshaus
zum Marktplatz wird.
Am 6. September soll das Singspiel in Kahla aufgeführt
werden. Foto: Ina Köllner
Schatz ans Tageslicht geholt
Museum auf dem Münzenberg in Quedlinburg erinnert an einstige Klosterkirche
T
eile der freigelegten ehemaligen
Klosterkirche St. Marien sind jetzt
in einem Museum auf dem Münzenberg in Quedlinburg zu besichtigen.
Damit wurde ein wichtiger Baustein der
Kulturgeschichte Quedlinburgs wieder
ins Stadtbild gefügt. Initiator des Museums ist Professor Siegfried Behrens,
der emeritierte Chefarzt des Klinikums
Lemgo (Nordrhein-Westfalen).
Auf dem Münzenberg, heute ein
Stadtteil von Quedlinburg, wurde
986 ein Benediktinerinnenkloster gegründet. Fachleute schwärmen immer
wieder von ihm und der Klosterkirche
St. Marien, die zu den bedeutsamsten
Zeugnissen aus ottonischer Zeit gehört. Ende der 1530er Jahre aufgegeben,
verfielen die Gebäude. Später siedelten hier Handwerker, fahrende Leute,
Musiker und Arme. Fachwerkhäuser
überbauten die Ruinen der Klosteranlage. »Als wir hier anfingen, standen
in den Kellern auf klerikalem Boden
Fahrräder, Einweggläser und alte Möbel«, blickt Siegfried Behrens zurück,
der seit fünf Jahren Ehrenbürger von
Quedlinburg und seit 2008 Träger des
Romanikpreises des Landes SachsenAnhalt ist.
Angefangen hat die Erfolgsgeschichte des jetzt fertiggestellten Marien-Museums 1994. Der promovierte
Mediziner erinnert sich an die Reaktionen, als er vor 21 Jahren im Stadtrat
seine Ideen vorstellte. »Da gab es ein
kontroverses Stimmungsbild.« Als 1994
das ZDF aus »Quedlinburg, der kranken Stadt am Harz« berichtete, machte
sich der Arzt auf, an der Heilung mitzuwirken. Die Diagnose war schnell
gestellt, die Therapie schlug an.
Wolfgang Illert, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, bescheinigt dem Mäzen: »Sie haben einen
Schatz wieder ans Tageslicht gebracht.«
Durch Sanierung, Ankauf und Tauschgeschäfte habe er die einzelnen Teile
der ehemaligen Klosterkirche wieder
zusammengefügt. Dabei finden sich
die meisten Teile der freigelegten Klosterkirche St. Marien eher unter der Erde.
Immerhin zwölf Grundstücke unterschiedlichster Eigentumsverhältnisse
mussten dafür zusammengefügt werden.
In einem Rundgang durch das
Museum sind etwa der Westbau, der
Vorraum zur ehemaligen Nonnenempore, der Innenhof, die Ostkrypta, das
Untergeschoss des Südturms und eine
Grablege zu besichtigen, in der sich
zwei sogenannte Kopfnischengräber
befinden. Hier gibt es bedeutsame
Zeugnisse des Totenkultes des 10. und
11. Jahrhunderts. 2014 besuchten bereits
16 853 Gäste die unterirdische Kirche
St. Marien auf dem Münzenberg. Die
Betreuung des Museums übernahm ein
Verein, »der sich autark finanziert«, so
Behrens. Es mache im besten Sinne
»Spaß, nun durch die heiligen Hallen
zu wandeln«.
Nicht nur, weil das auf dem Münzenberg Geschehene einmalig scheint,
sondern auch, weil das Frühmittelalter modern präsentiert wird.
Uwe Kraus
Professor Siegfried Behrens (rechts) erläuterte zur Eröffnung am 18. Juni die
Ausstellung. Foto: Sabine Bahß, Stadt Quedlinburg
Attraktion
Liebe auf den ersten Lupenblick
S
elten finden sich zwei so gegensätzliche Ausstellungsstücke der Superlative so nahe beieinander wie auf der
Leuchtenburg bei Jena. Hier steht die
größte Porzellanvase der kleinsten
Porzellankanne der Welt direkt gegenüber. Während die exakt acht Meter
hohe Vase den Besucher schon beim
Betreten des Raumes unübersehbar
begrüßt und in ihren Bann zieht, ist
die kleinste Porzellankanne der Welt
mit bloßem Auge kaum zu erkennen.
Erst beim Blick durch eine in die Wand
eingelassene Lupe offenbart sich das
Wunder: eine Kanne im Millimeterbereich, die exakt vier mal drei mal drei
Millimeter groß ist.
Diese Spezialanfertigung bringt
nicht nur ihre Betrachter zum Staunen, sondern ist auch eine technische
Innovation. Ein Wassertropfen würde
aufgrund seiner Oberflächenspannung niemals in die Kanne kommen,
sondern sie wunderbar umschließen.
»Mit diesem Gefäß können wir hier Navone und die Thüringer Porzellantatsächlich eine Weltsensation zeigen«, künstlerin Kati Zorn.
Auf der Leuchtenburg wird seit 2014
sagt Sven-Erik Hitzer, Stiftungsvorstand und Ideengeber der Porzellan- zu einer spannenden Erlebnisreise
welten.
durch die Geschichte des Porzellans
Eine weitere Attraktion wird es bis eingeladen – von seinen Anfängen im
zum Sommer 2016 geben: Die Um- alten China über die Entdeckung der
gestaltung der alten Burgkapelle des Rezeptur in Europa bis hin zum Einzug
einstigen Leuchtenburger Zuchthauses in das Alltagsleben. (mkz)
(1724–1871) in eine weiße Kirche aus
Porzellan. Die Umsetzung übernehTäglich 9 bis 19 Uhr geöffnet
men die Mailänder Designerin Paola
8 www.leuchtenburg.de
Auf der internationalen wissenschaftlichen Tagung »Gesammelt
und ans Licht gestellt«, zu der Mitte
Juni in den Pfarrhof Wandersleben
(Kirchenkreis Gotha) vom Menantes-Freundeskreis eingeladen wurde,
präsentierte Universitätsdirektor
Professor Konrad Klek (Erlangen)
neue Erkenntnisse über die Zusammenarbeit Johann Sebastian Bachs
mit dem 1680 in Wandersleben geborenen Dichter Christian Friedrich
Hunold (»Menantes«). Im Rahmen
eines Konzertes erläuterte er, dass
das weltliche Schaffen Bachs als Kapellmeister am Köthener Fürstenhof auch Auswirkungen auf seine
musikalische Produktivität als Thomaskantor in Leipzig gehabt habe.
In Köthen versorgte ihn der Dichter
mit mindestens sieben Kantatentexten.
Basierend auf den Forschungen
von Philipp Spitta und Friedrich
Smend habe sich gezeigt, dass Bach
zahlreiche Kompositionen, die für
die Geburtstage des Fürsten Leopold von Köthen und andere Anlässe am Hofe entstanden waren, in
Leipzig wieder verwendete und mit
geistlichen Texten versah. Erstaunlich hierbei sei die Tatsache, dass
der Thomaskantor den ursprünglich
höfisch-galanten Musikstil in Leipzig bei den Kantatenaufführungen
zu hohen kirchlichen Festtagen
beibehielt.
Konrad Klek konnte nachweisen,
dass die Arie »Bewundert, o Menschen, dies große Geheimnis« der
geistlichen Kantate »Nun kommt
der Heiden Heiland« (BWV 62) aus
der Kantate »An das Hochfürstliche
Haus zu Anhalt Cöthen beym Eintritt des 1720 Jahres« des Dichters
Menantes stammt. (mkz)
8
www.menantes-wandersleben.de
Impressum
ISSN 2199-9392
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Kirche in Anhalt 9
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Blickkontakt mit der Gottesmutter
Dessau-Roßlau: Ausstellung will die Stilentwicklung der Cranachs und ihrer Werkstatt verdeutlichen
M
aria heißt die Besucher im Johannbau willkommen. Den
Jesusknaben im Arm, umgeben von der heiligen Katharina, der
heiligen Barbara und anbetenden Engelchen, flankiert vom heiligen Bartholomäus mit Friedrich dem Weisen links
und dem heiligen Jakobus mit Johann
dem Beständigen rechts, sieht sie den
Betrachter direkt an. Das ist ein Novum
im 16. Jahrhundert, in dem anständige
Frauen noch züchtig den Blick senken
mussten. Lucas Cranach der Ältere, der
1507 bis 1509 den berühmten Dessauer
Fürstenaltar malte, wollte dem Betrachter eine Begegnung auf Augenhöhe mit
der Himmelskönigin ermöglichen. Und
das wirkt – bis heute!
Der dreiflügelige Altar aus der Anhaltischen Gemäldegalerie hat für die
Zeit der Ausstellung »Cranach in Anhalt. Vom alten zum neuen Glauben«
seinen Platz im Johannbau gefunden
– dem erhaltenen Teil des Dessauer
Residenzschlosses aus der Renaissance. Hier gingen auch die Cranachs
ein und aus, die zwar keine Hofmaler
waren, aber immer wieder Aufträge
für die anhaltischen Fürsten ausführten. Im ersten Raum mit königsblauen
Wänden stehen die Bilder des älteren Blick in die gotische Marienkirche während der festlichen Eröffnung der Schau »Cranach in Anhalt«, unter anderem mit
Fotos: Lutz Sebastian
Cranach und die Verehrung Marias dem Chor »Vox humana« aus Leipzig. Die 1945 zerstörte Kirche barg einst zahlreiche Cranach-Werke. und der Heiligen im Mittelpunkt – Teil
des Bildprogramms am Vorabend der der Cranachs und ihrer Werkstatt ver- Reformationsjahrhundert. Nach dem zu sehen, die einst in der MarienkirReformation. Der anhaltische Beitrag deutlichen: von der Heiligenanbetung Übertritt des lutherischen Anhalts zum che hingen: eine »Kreuzigung« von
zum Cranach-Jubiläumsjahr, parallel und dem Reliquienkult hin zur aus- Calvinismus wurde das Altarbild »Gna- Cranach dem Älteren aus vorreformazur Landesausstellung in Wittenberg schließlich auf die Bibel ausgerich- denstuhl« mit den Porträts der Fürs- torischer Zeit, das Bild »Christus am
(siehe Seite 13), will die Stilentwicklung teten Frömmigkeitspraxis. So folgen ten Joachim und Wolfgang von Anhalt Ölberg« von Cranach dem Jüngeren
denn auf die Verherrlichung Mariens beschnitten und übermalt. Als Anhalt aus dem Jahr 1561 und das Dessauer
im zweiten, blutrot getünchten Raum 1853 auf dem Weg zur Union war, nahm Abendmahl von 1565. Es zeigt Jesus im
auf Tafelbildern und Holzschnitten sich der Hofmaler Heinrich Beck des Kreise von Reformatoren und sieben
drastische Abbildungen dessen, was Bildes an. Da er die Übermalung nicht anhaltischen Fürsten. Auf der Empore
Sünder im Jenseits erwartet. Im nächs- entfernen konnte, fügte er Altar, leeres informiert eine kleine Wanderausten, hellen Kabinett zeigt sich der Wan- Kreuz, Abendmahlsgerät und die Bibel stellung über Cranach-Kirchen in der
del in der Formensprache weg von der mit den Einsetzungsworten hinzu. Das Region, unter anderem Sankt Petri in
Abbildung geschundener Leiber, die an Bild stammt aus der Zerbster Bartho- Wörlitz, Sankt Bartholomäi in Zerbst,
das Mitleid der Betrachter appellier- lomäikirche und kam in den 1950er Sankt Nicolai in Coswig und die Patten, hin zur »blutarmen« Darstellung Jahren ins Depot des Landesdenkma- ronatskirche in Klieken in Anhalt sowie
eines einsamen Christus am Kreuz. Der lamtes. Für die Cranach-Ausstellung weitere in der mitteldeutschen Kirche.
Ausstellungskurator Nobert Michaels wurde es restauriert. Später soll es in In der Stille der Kirche ist Zeit, das Gefolgt einer kunsthistorischen These, der die Kirche nach Zerbst zurückkehren. sehene zu reflektieren – und Besuche
zufolge der vermeintliche Verfall der
in weiteren Kirchen und Museen zu
planen. Denn die Wege zu Cranach
Qualität Cranachscher Kunst mit einer
Einladung,
absichtlichen Dämpfung des künstlerisind lohnend, und dies nicht nur im
die Region zu entdecken
schen Ausdrucks zu begründen sei. Ein
Jubiläumsjahr. Angela Stoye
im Johannbau ausgestelltes Gemälde Auf die Besucher auf Cranachs Spuren
Lucas Cranachs des Jüngeren von 1566 warten in Dessau zwei weitere Orte: die
Zur Ausstellung ist ein Katalog erscheinen:
»Cranach in Anhalt. Vom alten zum neuen
wirft ein Schlaglicht auf die konfessio- Marien- und die Johanniskirche. In der
nelle Entwicklung Anhalts nach dem gotischen Marienkirche, der einstigen
Glauben«. Herausgeber. Norbert Michels.
Schlosskirche, wird mit modernen MitImhof-Verlag, Petersberg 2015. 304 Seiten.
Arme Seelen im Fegefeuer, darüber
teln an die frühere Ausstattung erinnert,
ISBN 978-3-7319-0227-0. Verkaufspreis:
ein Engel als Retter und Maria. Die
die in großen Teilen beim Bombenan29,95 Euro
Altartafel von Lucas Cranach dem
Die Cranachausstellung in Dessau-Roßlau
griff im März 1945 unterging. Auch 53
ist bis 1. November geöffnet, dienstags bis
Älteren um 1515/20 stammt aus der
Emporenbilder Cranachs des Jüngeren
sonntags, 10 bis 17 Uhr.
Nikolaikirche in Jüterbog. Die meisten gingen dabei verloren.
Gesichter sind irgendwann zerkratzt
In der Johanniskirche schließlich
8 www.cranach2015.de
worden.
www.landeskirche-anhalts.de
sind heute drei Cranach-Tafelbilder
Vorgestellt
Kraft finden, um aus der Isolation zu kommen
Köthen: Mit Hilfe einer Tagesstätte können seelisch behinderte Erwachsene zur Normalität zurückkehren
P
sychsich Kranke lernen in der Tagesstätte für seelisch behinderte
Erwachsene im Lutzestift Köthen wieder ein wenig Normalität. Schätzungsweise fast sieben Prozent der Deutschen leiden unter einer psychischen
Erkrankung. Die Folgen sind häufig
Unverständnis bei den Mitmenschen,
Isolation und Schwierigkeiten im
ganz normalen Alltag. Die Tagesstätte
im Lutzestift hilft den Kranken dabei,
ihren Alltag wieder zu strukturieren.
»Ohne Hilfe sind unsere Klienten oft
nicht in der Lage, ihren Alltag zu bewältigen«, sagt Susanne Walofsky, die
Leiterin der Tagesstätte.
Vor zwei Jahren, im Juni 2013, hat
die Einrichtung der gemeinnützigen
Kanzler von Pfau GmbH die Räume im
Lutzestift bezogen. Bis zu 15 Klienten
kann das dreiköpfige Team um Susanne Walofsky hier betreuen. Knapp zwei
Drittel der Plätze sind derzeit besetzt.
Montag bis Freitag zwischen 8 und
14 Uhr besuchen neun Menschen im
Alter zwischen 40 und 60 Jahren die
Einrichtung. Als teilstationäre Einrich-
tung schließt die Tagesstätte die Lücke
zwischen stationärem Klinikaufenthalt
und dem Arztbesuch. Wer aus der Klinik kommt, hat zunächst einmal keine
Tagesstruktur und die dringend benötigten Facharzttermine sind wegen des
zu geringen Angebotes an Fachärzten
Mangelware. Die Tagesstätte hilft, den
»Drehtüreffekt« zu vermeiden, der sich
ohne feste Tagesstruktur schnell einstellen könnte.
Der Tag beginnt mit einem gemeinsamen Frühstück. »Geschirrspüler ausräumen, Tisch decken, Kaffee und Tee
In der Alltagsbegleitung üben die
Mitarbeiter mit den Klienten ganz
alltägliche, lebenspraktische Tätigkeiten ein. Beispielsweise ein Kochrezept aussuchen, die Zutaten einkaufen, kochen und anschließend
die Küche aufräumen. Das klingt
für die meisten Menschen einfach
und selbstverständlich. Wer seelisch
behindert ist, stößt bei solchen vermeintlich leichten Aufgaben schnell
an die Grenzen. Die Gäste der Tagesstätte schaffen oft nur wenig aus
eigenem Antrieb, erklärt Susanne
Walofsky. »Wir müssen sehr viel animieren, motivieren und häufig auch
»Wir müssen sehr viel
Angebote vorgeben. Wichtig ist aber
animieren, motivieren
auch, dass unsere Klienten ihren eiund Angebote vorgeben« genen Kopf behalten.« Manchmal reichen die sechs Stunden zwischen 8 und
kochen«, erzählt Gabi. Seit über einem 14 Uhr nicht für die Begleitung aus.
Jahr verbringt die Frau von Mitte 50 die Immer dann, wenn die HaushaltsfühZeit in der Tagesstätte in Köthen. Nach rung zwar in der Tagesstätte funktiodem Frühstück beginnen die in drei niert, es in der eigenen Häuslichkeit
Bereiche aufgegliederten Therapiean- aber schwer fällt, dann wünscht sich
gebote: Ergotherapie, psychosoziale Susanne Walofsky auch ein Angebot
Begleitung und Begleitung im Alltag. am Nachmittag.
Wer die Tagesstätte besucht, ist mindestens zeitweise erwerbsunfähig und
bekommt deshalb Grundsicherung
oder eine Rente. Das Ziel müsse es aber
sein, sagt Susanne Walofsky, »die Klienten so gut zu fördern, dass sie wieder
»Ich bin aufgeschlossener
geworden und
gehe auf Menschen zu«
erwerbstätig sein können«. Das könne
zwar Jahre dauern, wäre aber auf jeden
Fall ein Erfolgserlebnis.
Ohne die Besuche in der Tagesstätte
würde ihr zu Hause die Decke auf den
Kopf fallen, vermutet Gabi. Ihre Erfolgserlebnisse? »Ich bin aufgeschlossener geworden und gehe auf Menschen zu.« Das habe sie früher nicht
gemacht. Dann ergänzt die gelernte
Textilverkäuferin: »Ich habe das Backen
für mich neu erfunden und wieder mit
dem Stricken begonnen. Und Sudoku,
das habe ich hier auch gelernt.«
Thorsten Keßler
Notiert
Hochseilgarten
wieder in der Kirche
Zerbst (mkz) – Bei einem spektakulären Projekt können Kinder,
Jugendliche und Erwachsene die
Kirche St. Trinitatis wieder auf ungewohnte Weise erkunden: Dort ist,
wie im vergangenen Jahr, bis 9. Juli
ein Hochseilgarten aufgebaut. Er
lädt unter dem Titel »Getragen wagen« zu ungewohnten Einblicken in
das große klassizistische Gotteshaus
ein. »Zugleich sollen die Menschen,
die zu uns kommen, Gemeinschaft
erleben, Vertrauen lernen und Verantwortung übernehmen«, sagt
Silvia Schmidt vom Kinder- und Jugendpfarramt Anhalts. Mitklettern
können nach Voranmeldung Schulklassen, Kinder- und Jugendgruppen, Vereine und andere Gruppen.
»Der Kirchenraum, die gemeinsam zu bewältigenden Herausforderungen an Hochseilelementen
und der Austausch über Erlebtes
ermöglichen den Teilnehmerinnen
und Teilnehmern ganz neue Erfahrungen. Die Kirche soll dabei aber
keine Sporthalle werden«, betont
Silvia Schmidt. »Eher ist das Gerüst ein Raum im Raum, in dem wir
durch das Klettern und erlebnispädagogische Aktionen neue Zugänge
zum Kirchenraum finden.«
Jahresfest
im Heinrichshaus
Großpaschleben (mkz) – Unter dem
Motto »HAUPTsache Mensch« lädt
das Heinrichshaus am 4. Juli zum
162. Jahresfest ein. Es wird mit dem
Festgottesdienst im Garten eröffnet
(11 Uhr). Danach gibt es Angebote
zum Mitmachen und ein Bühnenprogramm (14 Uhr), bei dem die Bewohnerinnen und Bewohner, Mädchen und Jungen aus dem Köthener
Kinder- und Jugendheim »Arche«
sowie der Posaunenchor »Köthener
Blech« mitwirken.
Die Witwe des letzten Köthener
Herzogs Heinrich, Herzogin Auguste, gründete 1853 in Großpaschleben ein »Knabenrettungshaus«.
Es konnte damals 30 Jungen aufnehmen. Heute leben dort Frauen
und Männer, die wegen ihrer Behinderungen auf umfassende Hilfe
angewiesen sind. Es bietet Platz in
21 Einzel- und 14 Doppelzimmern.
Sängerknaben
in der Pauluskirche
Dessau-Roßlau (mkz) – Vokalmusik
aus mehreren Jahrhunderten steht
auf dem Konzertreiseprogramm der
Thüringer Sängerknaben. Das traditionsreiche Ensemble, dessen Sänger alle aus Saalfeld und Umgebung
kommen, wird am 11. Juli in der Pauluskirche Station machen (19 Uhr).
Kantor Andreas Marquardt, der einst
in dem Knabenchor seine erste musikalische Ausbildung genoss und
die Sängerknaben seit drei Jahren
leitet, hat für das Konzert Werke aus
Renaissance und Barock ebenso ins
Programm genommen wie Motetten
der Romantik. Dazu kommen zwei
Orgelwerke, die Malte Klevenow
(Leipzig) spielen wird. Bei ihrem Besuch in Dessau werden die Sänger in
zur Kirchengemeinde gehörenden
Gastfamilien übernachten.
Wanderausstellung
zum Wasser
Köthen (mkz) – »Wasser – ein faszinierendes Element« heißt die Fotoausstellung, die am 6. Juli in der
Jakobskirche eröffnet wird (17 Uhr).
Sie zeigt bis 29. Juli die 15 schönsten Bilder eines Online-Fotowettbewerbes der MIDEWA Wasserversorgungsgesellschaft. Seit vergangenem Herbst sind die Bilder bereits
auf Wanderschaft und waren unter
anderem in Querfurt, Merseburg
und zuletzt in Schönebeck zu sehen.
570 Fotofreunde aus ganz Deutschland hatten sich mit ihren Einsendungen am Wettbewerb beteiligt.
8
www.fotowettbewerb-wasser.de
10 Tipps und Termine
Erfurt. Reglerkirche, 10 Uhr: Bibeltag
der Innenstadtgemeinden; Augustinerkloster, 17 Uhr: Blockflötenconsort
Tibiae Saxoniae, und Juliane Burger,
Cembalo
Gotha. St. Michael, 10 Uhr: Swing- und
Jazz-Gottesdienst; Friedrichskirche, 17
Uhr: Dreamcatcher-Gottesdienst; Augustin, 17 Uhr: Verabschiedung von
Kantor Johannes Janeck
Großbodungen. St.-Petri-Kirche, 16.30
Uhr: Kinder-Kirchen-Musical »Das lebendige Buch«, regionaler Familientag
Großmehlra. St.-Vitus-Kirche, 17 Uhr:
Musical »Johannes, der Täufer«
Kornhochheim. St.-Nikolaus-Kirche,
16 Uhr: Orgelsommer – Ivan Koval, Akkordeon; KMD Gottfried Preller, Orgel
Tambach-Dietharz. Diakonisches Zentrum Spittergrund, 14 Uhr: Sommerfest
Stendal-Magdeburg
Sonnabend, 4. Juli
Beuster. Nikolauskirche, 17 Uhr: »Lob
Gottes in der Musik des Früh- und Spätbarock«. Ensemble »Voce con Tromba«
Biederitz. Pfarrgarten, 17 Uhr: »Blech
am Fluss« mit Bläserquintett
Drübeck. Klosterkirche, 16 Uhr: »Liebe.
Abschied.Hoffnung« – Abend mit Oliver
Brenn, Gitarre, und Elias Wolf, Gesang
Halberstadt. Dom, 12 Uhr: Ton am
Dom – Kurze Konzerte und offene Türen. Claus-Erhard Heinrich, Orgel; 14
Uhr: Violoncello und Orgel; 16 Uhr:
Querflöte und Orgel; 18 Uhr: Turmblasen und großes Geläut
Magdeburg. Kulturzentrum »Festung
Mark«, 17 Uhr: »Steh’ auf und geh« –
Kunstgottesdienst »andernorts« mit
Gabriele und Andreas Herbst, Theologen, einem Orthopäden, der Theaterballettschule, der Gruppe »Foyal«
Stendal. Marienkirche, 11 Uhr: Or
gelandacht mit Johannes Schymalla,
anschließend Turmführung
Tangermünde. Stephanskirche, 16.30
Uhr: 30 Minuten Orgelmusik mit Koos
van de Linde (Neustadt/Weinstraße)
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Montag, 6. Juli
Donndorf. Kloster, 19.30 Uhr: »Afrikanische Kultur am Beispiel von Tansania« mit Tilman Krause. Der Pfarrer war
zwölf Jahre Tansania-Referent beim
Leipziger Missionswerk.
Elisabeth-Musical an drei Tagen in Weißenfels zu sehen
1231), die noch heute als Heilige verehrt wird. Das
Sonntag, 5. Juli
Die Thüringer Landgräfin Elisabeth kümmerte sich
Musical aus der Feder von Dennis Martin und Peter
hingebungsvoll um arme und kranke Menschen. Das
Cröchern. Festplatz, 14 Uhr: »Gott erScholz wurde 2007 im Landestheater Eisenach uraufgeFoto zeigt eine Szene aus dem Musical »Elisabeth, die
schafft die Welt« – Kindersingprojekt
führt. Im Stück übernehmen Wolfram von Eschenbach
Legende einer Heiligen«, das am 10. und 11. Juli (19 Uhr)
von Gottfried Keding zum Regionalfest
und Walther von der Vogelweide die Rolle der Erzähler.
und am 12. Juli (15 Uhr) im Kulturhaus in Weißenfels
Drübeck. Klosterkirche, 18 Uhr: Der
Sie setzen sich in einem Sängerstreit damit auseinander,
aufgeführt wird. Es erzählt die Geschichte einer
Schauspieler Markus Weiß liest Texte
außergewöhnlichen Frau, dargeboten von 130 Laiendar- wie die Geschichte Elisabeths überliefert werden sollte.
von Hanns Dieter Hüsch. Musik: Roger
Während Walther als glorifzierend-verklärender Erzähler
stellern des Vereins »music-art-weissenfels«. Dafür
Döring, Saxofon/Klarinette
bekam der Verein, der im November 2015 sein zehnjähri- die Legende in den Mittelpunkt rückt, ist Wolfram
Halberstadt. Dom, 10 Uhr: Ton am
historisch-kritisch auf der Suche nach der wahren
ges Bestehen feiern kann, den Award »Bestes LaienDom – Kurze Konzerte und offene TüGeschichte.
Musical Deutschland 2014« verliehen.
ren. Auftakt mit Gottesdienst. 12 Uhr:
Tickets können bestellt werden unter Telefon (0 34 43)
»Elisabeth – Die Legende einer Heiligen« erzählt die
Fagott-Trio FFC; 14 Uhr: Dudelsack und
Lebensgeschichte der Elisabeth von Thüringen (1207 bis 30 57 11 oder www.eventim.de. Orgel; 17 Uhr: Dresdner Kreuzchor
Foto: Veranstalter
Magdeburg. Kirche Diesdorf, 17 Uhr:
»Singe, Seele, Gott zum Preise« – Bekannte geistliche Duette und Arien
Quedlinburg. Stiftskirche, 17 Uhr: Kon- Torgau. Schlosskirche, 16 Uhr: Kam- Peter und Paul, 21 Uhr: Ökumenische Bad Klosterlausnitz. Klosterkirche,
merkonzert »La Cattarina« mit der Orgelnacht (2. Teil) mit Stefan Nusser 18.30 Uhr: Posaunenmusik und Orgel
zert des Thomanerchores
und Matthias Pfund
Stendal. Domgarten, 18 Uhr: Serenade Chursächsischen Capelle
Jena. Stadtkirche, 20 Uhr: Orgelkonzert
Zeitz. Michaeliskirche, 19.30 Uhr: Konmit Prof. Karl Maureen
Donnerstag, 9. Juli
zert für E-Gitarre und Orgel mit Florian
Krölpa bei Pößneck. St. Peter und Paul,
Magdeburg. Universitätskirche St. Schumann und Norbert Arendt
19.30 Uhr: Mirjam Schröder, Harfe, und
Petri, 20.30 Uhr: Europäische ChorJuan de la Rubia, Orgel
Gera-Weimar
nacht. Werke von Mawby und Pärt. Grit Dienstag, 7. Juli
Donnerstag, 9. Juli
Wagner, Sopran, Biederitzer Kantorei, Sietzsch. Kirche, 19 Uhr: Rühlmann-Or- Sonnabend, 4. Juli
Christopher Lichtenstein, Orgel/Kla- gel-Festival mit Kantor Matthias Müller Buttstädt. Michaeliskirche, 4. und 5. 7.: Altenburg. Brüderkirche, 12 Uhr: Orvier, Musiksommerfestspielorchester
Offene Kirche zum Pferdemarkt, Musik gelmusik. Gabriele u. Hilmar Gertschen
Freitag, 10. Juli
jeweils zur vollen Stunde
Rastenberg. Coudray-Kirche, 19 Uhr:
Freitag, 10. Juli
Holleben. Pfarrhaus, 19 Uhr: »Orgel Denstedt. Kirche, 19.30 Uhr: »Klang- Andreas Conrad, Orgel; Christine LeiAken. Nikolaikirche, 19 Uhr: Musika- trifft Kontraste« mit Christopher Wis- Farben« – Improvisationen und Simul- pold, Oboe, und Alexander John, Fagott
tan-Malerei mit Michael von Hintzen- Taubach. St. Ursula, 19 Uhr: KulturZeit
lisch-literarische Entdeckungsreise niewski
mit Taubacher Chören und Posaunen
entlang der »Straße der Romanik« mit Naumburg. St. Wenzel, 19.30 Uhr: stern, Orgel, und Gert Weber, Malerei
dem Rossini-Quartett (Magdeburg)
MDR-Musiksommer mit dem Dresdner Eisenberg. Stadtkirche, 19 Uhr: »Petite Zeulenroda.
Dreieinigkeitskirche,
19.30 Uhr: Konzert der Musikschule
Halberstadt. Dom (Kreuzgarten), 20 Kreuzchor. David Franke, Orgel
Messe Solennelle« von Rossini
Uhr: Benefizkonzert für die Bahnhofs- Wittenberg. Stadtkirche, 18 Uhr: Orgel- Jena. ESG, 17 Uhr: Kunstgottesdienst »Fritz Sporn«
mission mit Clemens Bittlinger
musik zum Wochenschluss
am Denkmal mit Sibylle Mania, Prof.
Magdeburg. Ambrosiuskirche, 19.30
Martin Neubert und Musikern; Stadt- Freitag, 10. Juli
Uhr: Chormusik mit drei Chören:
kirche, 17 Uhr: Festliche Bläsermusik Gera. St. Johannis, 20 Uhr: Martin
Montain Top Choral (Nigeria), Danish
mit dem Posaunenchor Jena
Hesse spielt Viernes 1. Orgelsymphonie.
National Church Choir und Neuer MagPosterstein. Burg, 15 Uhr: »Kirche und Jena-Kunitz. Martins-Kirche, 19 Uhr:
Anhalt
deburger Kammerchor
Burg Posterstein« – Vortrag
Musikalische Vesper mit dem MadriWernigerode. Johanniskirche, 21 Uhr: Sonnabend, 4. Juli
galkreis der Jenaer Philharmonie
Nacht der Lichter – Taizéandacht mit Dessau-Roßlau. Petruskirche, 17 Uhr: Sonntag, 5. Juli
Texten von Jugendlichen zum Altar
Konzert des Lutherchores
Bad Sulza. St.-Mauritius-Kirche, 16
Hecklingen. Basilika, 18 Uhr: Kam- Uhr: Sommermusical. Kinderchor und
merchor »CantART« (Halle)
Projekt »Blechtrichter«
Eisenach-Erfurt
Ettersburg. Schlosskirche, 16 Uhr: OrSonntag, 5. Juli
gelkonzert mit Hans Christian Martin
Sonnabend, 4. Juli
Halle-Wittenberg
Gröna. Saalebrücke, 14.30 Uhr: Brü- Frauenprießnitz. Klosterkirche, 17 Uhr: Bad Frankenhausen. Unterkirche,
Sonnabend, 4. Juli
ckengottesdienst
Orgelkonzert mit Dr. Hartmut Haupt
19.30 Uhr: Konzert mit »amarcord«
Eisleben. Andreaskirche, 19.30 Uhr: Riesdorf. Kirche, 17 Uhr: Konzert nach Jena. Lutherhaus, 10 Uhr: Ehrenamtli- Eisenach. Markt, 18 Uhr, und GeorgenMusik von Gabrieli, Strauss, Guilmant der Orgelsanierung mit Nick Gerngroß che entwickeln ein Stück zum Markus­ und Nikolaikirche, jeweils von 18.30 bis
und anderen. Leipziger Blechbläserso- Schortewitz. »Kleinfolgenreich«, 10 evangelium
22.30 Uhr: Kinderkulturnacht
listen und Thomas Ennenbach, Orgel
Uhr: Open Air-Gottesdienst
Jena-Kunitz. Martins-Kirche, 17 Uhr: Emleben. An der »Alten Eiche«, 17 Uhr:
Naumburg. Dom, 13 Uhr: Sonderfüh- Wörlitz. Petrikirche, 15 Uhr: Orgelkon- Musikalische Vesper mit Schülern der Gottesdienst mit Posaunenchor
Musik- und Kunstschule
rung in Domstiftsarchiv und -biblio- zert mit Christopher Lichtenstein
Erfurt. Lukaskirche, 16 Uhr: Sommerthek; Dom, 15 bis 18 Uhr: Abriebwerk- Wolfen-Steinfurth. Festbühne, 10 Uhr: Kraftsdorf. Kirche, 17 Uhr: Kinder- und fest. Chor des Kirchspiels Erfurt-Südost
statt mit dem Künstler Reinhard Lamp Gottesdienst zu »80 Jahre Steinfurth«
Mädchenchor Goethe-Gymnasium/ Gerstungen. Katharinenkirche, 17.45
Wittenberg. Schlosskirche, 15 Uhr:
Rutheneum
Uhr: Orgel-Wandelkonzert mit Wieland
»Musik um 3« mit dem Gospelchor der Mittwoch, 8. Juli
Legefeld. Trinitatiskirche, 17 Uhr. »Mu- Meinhold
Schlosskirche
Dessau-Roßlau. Anhaltische Diakonis- sikalische Reise« mit Circulus Virtuosus Gotha. Augustinerkirche, 18 Uhr: Ensenanstalt (Laurentiushalle), 19.30 Uhr: Magdala. St. Johannis, 17 Uhr: Konzert semble »Collage – forum für frühe muSonntag, 5. Juli
Abendmusik des Kammerorchesters mit Ronny Vogel, Orgel, und Sebastian sik berlin«
Eilenburg. St. Nikolai, 16 Uhr: Musical St. Laurentius. Werke von Eisler, Beet- Nentwich, Saxofon
Großrettbach. St.-Gotthard-Kirche, 14
»Israel in Ägypten« von Thomas Riegler. hoven und anderen. Florian Zerbaum, Pößneck. Stadtkirche, 19 Uhr: Orgel- Uhr: Gottesdienst, Gemeindefest und
Konzert mit Duo Marwinski (Erfurt)
Rinckart-Singschule, Tanzkinder der Posaune
frühling mit Maurice Clerc (Dijon)
Zerbst. St. Bartholomäi, 19 Uhr: »FrauMusikschule, Solisten
Untersuhl. Rundkirche, 17 Uhr: OrMerseburg. Dom, 18 Uhr: Konzert der entorfriedhof und St. Bartholomäi als Montag, 6. Juli
gel-Wandelkonzert (s. Gerstungen)
Landesregierung. Werke von Bach und Grablege« – Vortrag und Friedhofsbe- Ziegenrück. St.-Bartholomäus-Kirche, Vieselbach. Heilig-Kreuz-Kirche, 19.30
Brahms. Staatskapelle Halle und Mi- such mit Frelle Friedrich
19.30 Uhr: Orgelvesper mit Friedemann Uhr: Konzert mit Claudia Schwarze,
chael Schönheit, Orgel
Fischer
Cello, und Andrea Malzahn, Orgel
Petersberg. Stiftskirche, 14 Uhr: »Ich Donnerstag, 9. Juli
Volkenroda. Klosterhof, 8 bis 12 Uhr:
möchte, dass einer mit mir geht – mit Dessau-Roßlau. St. Johannis, 18 Uhr: Dienstag, 7. Juli
Tier- und Bauernmarkt
Abraham und Sara unterwegs« – Kir- Blockflötenkonzert der Musikschule Altenburg. Brüderkirche, 19 Uhr:
chentag für den Pfarrbereich Nord-Ost. Dessau, Klasse Wolf-Jürgen und An- »Keine Angst vor dem Islam« – Ein Sonntag, 5. Juli
Gottesdienst zu Beginn; 15 bis 18 Uhr: negret Gander
Imam berichtet
Dippach. Kirche, 14 Uhr: VerabschieMittwoch, 8. Juli
Vortrag »Pilgern auf dem Jakobsweg«,
dung von Pfarrerehepaar Lorenz
Kinderprogramm; 18 Uhr: Abendgebet Freitag, 10. Juli
Apolda. Lutherkirche, 19.30 Uhr: Katrin Eisenach. Georgenkirche, 16 Uhr: Mitmit der Klostergemeinschaft
Dessau-Roßlau. kath. Pfarrkirche St. Schröder, Flöte, und Mike Nych, Orgel teldeutsche Barockcompagney
Dienstag, 7. Juli
Gotha. Margarethenkirche, 20 Uhr:
Thüringer Orgelsommer – Dresdner
Kreuzchor und Juan de la Rubia, Orgel
Mittwoch, 8. Juli
Erfurt. Predigerkirche, 20 Uhr: Orgelkonzert mit Samuel Kummer
Mühlhausen. Divi Blasii, 19.30 Uhr:
Konzert des Dresdener Kreuzchores
Donnerstag, 9. Juli
Waltershausen. Kirche, 19.30 Uhr: Orgelkonzert. Léon Berben (Amsterdam)
Freitag, 10. Juli
Erfurt. Collegium maius, 19.30 Uhr:
Theater »Faust für Einsteiger«
Friemar. Kirche, 18 Uhr: Theater-Aufführung und Sommerfest
Grabsleben. St.-Magdalena-Kirche, 19
Uhr: Harmoniumweihe. Roland Hartmann, Bariton; Gottfried Preller, Orgel
Meiningen-Suhl
Sonnabend, 4. Juli
Arnstadt. Bachkirche, 19.30 Uhr: Eröffnungskonzert der Thüringer Bachwochen mit Juan de la Rubia (Barcelona),
Orgel, und Männerensemble Nobiles
Bad Salzungen. Kapelle St. Wendel, 19
Uhr: Reinhard Glende, Cembalo
Meiningen. Stadtkirche, 12 Uhr: OrgelPunkt12
Neuhaus-Schierschnitz. Dreifaltigkeitskirche, 17 Uhr: Kirchen- und Posaunenchöre und Instrumentalisten
aus der Region musizieren.
Suhl. Familienzentrum »Die Insel«, 10
Uhr: Stadtteilsommerfest; Hauptkirche,
18 Uhr: Start des Wandelkonzerts mit
Philipp Christ; Kreuzkirche, 19.15 Uhr:
Orgelkonzert mit Lionel Avot (Paris)
Witzleben. Kirche St. Magdalenen, 17
Uhr: Orgelkonzert mit Beate Friedrich
Sonntag, 5. Juli
Arnstadt. Bachkirche, 10 Uhr: Kantatengottesdienst zum 350. Geburtstag
von Nicolaus Bruhns
Heldburg. Liebfrauenkirche, 14 Uhr:
Gottesdienst mit Kirchenchor und Robert Chilian, danach Gemeindefest
Oberlind. Aegidienkirche, 17 Uhr: Kirchen- und Posaunenchöre sowie Instrumentalisten der Region
Poppenhausen. Kirche, 9 Uhr: Andacht
zum Traktorentreffen
Riechheim. Kirche, 16 Uhr: Sommermusik mit jungen Instrumentalisten
aus Kirchengemeinden
Suhl. Familienzentrum »Die Insel«,
10 Uhr: Festgottesdienst
Mittwoch, 8. Juli
Saalfeld. Johanneskirche, 20 Uhr:
Geistliche Chormusik. Mädelchor Saalfeld und Klaus-Peter Marquardt, Orgel
Donnerstag, 9. Juli
Dornheim bei Arnstadt. St.-Bartholomäus-Kirche, 20 Uhr: Juan de la Rubia, Orgel, und Mirjam Schröder, Harfe
Freitag, 10. Juli
Helmershausen. Ev. Kirche, 19.30 Uhr:
Orgelkonzert mit Rob Nederlof
Suhl. Kreuzkirche, 12 Uhr: Orgel
Punkt 12
Forum 11
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Nachgefragt
Poststreik
Es hakt
beim »Brot
am Haken«
Angebot eines
elektronischen Services
Liebe Leserinnen und Leser,
durch den Poststreik kann es zu
starken Verzögerungen bei der Zustellung kommen, die wir nicht beeinflussen können. Bitte haben Sie
Geduld, »Glaube + Heimat« kommt
noch. Auf unserer Internetseite stellen wir Ihnen als speziellen Service
während des Poststeiks die elektronische Version der betroffenen Ausgaben zur Verfügung. Sie finden sie
direkt auf der Startseite unter dem
Menüpunkt »Poststreik«.
Gemeinsam hoffen wir sehr, dass
der Poststreik bald beendet sein
wird. Barbara Harnisch,
Geschäftsführung Wartburg
Verlag Weimar
Mit »Brot am Haken« können
Spender Bedürftige direkt unterstützen. Sie bezahlen beim Bäcker
ein Brot für jemanden, der sich gutes Bäckerbrot nicht leisten kann.
Dietlind Steinhöfel sprach mit
Kristóf Bálint, Superintendent des
Kirchenkreises Bad Frankenhausen-Sondershausen.
Wie haben die Spender reagiert?
Bálint: Zunächst gab es gute Reaktionen von Menschen, die gern wissen wollten, wohin ihre Spende geht.
Ich habe öfter gehört, dass ungern
gespendet wird, wenn befürchtet
werden muss, das Geld kommt zum
Beispiel in Afrika nicht bei den Hungernden an, sondern verschwindet
in dunklen Kanälen. Insofern animiert ein transparentes System eher
zum Spenden. Durch diese Transparenz kommt aber auch zutage, wenn
sich jemand unberechtigterweise
bedient. Nun ist zu hören: »Ich bezahle doch nicht den Geiz anderer
Leute.« Ich finde es fatal, dass die
»Geiz-ist-geil-Mentalität« so in unserer Gesellschaft Einzug gehalten
hat. Und ich kann die Reaktion von
Spendern verstehen, mache aber
Mut, die Sache
weiter zu unterstützen.
Kann man immer merken, ob
jemand bedürftig ist?
Bálint:
Nein,
natürlich nicht.
Eine Frau, die
Superintendent ALG II bezieht,
Kristóf Bálint
sagte mir, dass
sie sehr auf ihr
Äußeres achtet, damit nicht jeder
sieht, dass sie zu den Bedürftigen
gehört. Jetzt traue sie sich aber nicht
mehr, ein »Brot am Haken« beim
Bäcker zu holen, damit sie nicht als
Betrügerin dasteht. Gerade deshalb
sollten ja die Verkäuferinnen ohne
nachzufragen das Brot herausgeben.
Eine verzwickte Geschichte. Was
werden Sie tun?
Bálint: Wir wollen »Brot am Haken«
nicht aufgeben, aber das Verfahren
modifizieren. Weiterhin können
Spender ein Brot für einen Bedürftigen bezahlen. Aber die erworbenen Gutscheine bleiben nicht in der
Bäckerei hängen, sondern werden
an die »Tafel« weitergereicht. Die
Mitarbeiter dort haben ausreichend
Erfahrung, um Betrug zu bemerken.
Zudem ist es auch für ein sparsames
emeritiertes Lehrerehepaar eine
größere Hürde, zur Tafel zu gehen.
Wir hoffen sehr, dass sich weiter
Spender beteiligen und dass jene
den Mut finden, sich die Marken bei
der »Tafel« zu holen, die darauf angewiesen sind. Für sie ist es gedacht.
8
www.glaube-und-heimat.de
> Poststreik
Brief
Karikatur: Nel/Ioan Cozacu
Besser ist »Auf Wiedersehen!«
Mehrere Stimmen äußerten sich zum Hauptartikel in Nummer 26, Seite 1
Weniger Austritte
als vor 25 Jahren
Reißerisch kommt die Titelseite von
»Glaube + Heimat« daher. Aber es ist
schlecht recherchiert. Diese Zahlen –
so betrüblich sie sind – sind im größeren Zusammenhang zu betrachten: Seit
Anfang der 1990er Jahre sind die Kirchenaustritte stetig und geradezu massiv zurückgegangen! Selbst der Anstieg
der letzten Jahre erreicht, Gott sei Dank,
gerade mal die Hälfte jener Jahre. Also
bitte: Keine falsche Panikmache! Menschen treten aus der Kirche aus, wenn
ihnen Glauben und kirchliches Leben
nichts mehr bedeuten. Schlechte Kommunikation und schlechte Arbeit sind
dann Anlässe, aber nie die Ursache.
Gute Arbeit gehört auf allen Gebieten
kirchlichen Handelns also unbedingt
dazu. Das gilt auch für eine Kirchenzeitung! Wesentlich mehr muss beunruhigen, wie viele Eltern ihre Kinder nicht
mehr taufen lassen. Genau hier sind
also Basisarbeit und Kommunikation
gefragt. Thomas Begrich, Hannover
Eigene Klarheit
kann helfen
Hier werden gleich einige, wie ich
denke, wesentliche Punkte angesprochen.
Da ist die »versäumte Öffentlichkeitsarbeit« im Blick auf das, was den
Menschen zum Thema Kapitalertragssteuer auf ihrem Kontoauszug ins Haus
kam. Was darauf stand, war nicht falsch,
war aber so formuliert, dass es von vielen Christen falsch aufgefasst wurde.
Die Kirche hat reagiert, aber nicht so
öffentlichkeitswirksam, wie es notwendig gewesen wäre.
Dann die Frage der wirtschaftlichen
Absicherung im Beruf des Pfarrers. Ja,
auch junge Theologen möchten Sicherheit. Es gibt nun einmal die Landeskirche und ihre Möglichkeiten. Auch
Theologen leben nicht im Wolkenkuckucksheim oder bereits im Paradies,
sodass sie auf Sicherheit verzichten
können, schon gar nicht, wenn sie vielleicht eine Familie haben.
Zuletzt die Frage, ob denn da, wo
evangelisch draufsteht, auch Evangelium drin ist. Klare, biblisch fundierte
Aussagen sind notwendig. So zu reden
von Jesus, von der Liebe Gottes, von
Sünde und Vergebung, so zu reden,
dass die Menschen es begreifen, ist
notwendiger denn je.
Wenn wir gutmenschliche, verschwurbelte Allgemeinplätze dem Gehege der Zähne entfliehen lassen, wird
das niemandem Kraft geben. Wir sind
kein Verein für ethische Lebensführung
oder für esoterische Weltverbesserung.
Wir haben nichts zu predigen, als den
gekreuzigten und auferstandenen
Christus, manchen ein Ärgernis, anderen eine Torheit.
Aber vielleicht kann uns hier eigene Klarheit helfen, auch den Menschen, die Suchende sind, ein Stück
Hoffnung und eventuell sogar ein Fundament für ihr Leben zu geben.
Gert Flessing
über »glaube-und-heimat.de«
Statistiken sollten
nicht entmutigen
Natürlich soll sich die Kirche von den
sinkenden Zahlen der »Statistik über
die Äußerungen des kirchlichen Lebens« nicht entmutigen lassen. Aber sie
sollte denen, die sie verlassen, weder
»TscHüß« noch »Tschüss« hinterherrufen, sondern »Auf Wiedersehen!«
Franz Georg Friemel, Erfurt
In eigener Sache
Leserbriefe sind uns immer willkommen.
Allerdings geben sie die Meinung des
Absenders wieder, nicht unbedingt die
der Redaktion. Je kürzer die Briefe sind,
desto größer ist die Chance eines
ungekürzten Abdrucks.
<leserbriefe@glaube-und-heimat.de>
Einmalig und
zwiespältig
Zum Titelbild Nr. 23 äußert sich
dieser Leser:
Das Titelbild fordert mich zu
einer Äußerung heraus. Auf dem
Stirnband des Kindes steht »Ich bin
einmalig«. Das weckt nicht nur in
mir recht zwiespältige Gefühle. Es
ist mir die Aussage des Stirnbandes
des Kindes zu positivistisch. Das
Leben spielt aber doch sehr anders.
Wird das den Kindern auch gesagt?
Muss Kirche sich anpassen an gewisse zeitgeistige Strömungen? Auf
jeden Fall muss sie wahrhaftig sein.
Darauf möchte ich mit den folgenden Gedanken hinweisen:
»Ich bin einmalig«, steht auf dem
Band deiner Stirn. Wer hat dir das
angeheftet? Einmalig: ganz besonders, auserlesen, ein Vorzug, wertvoll, unersetzbar. Einmalig: einsam
inmitten der anderen Einmaligen,
einzig, ohne die anderen, allein. Hat
man dir das auch gesagt? Wird man
dir das auch sagen?
Einmalig: unvertretbar, begabt
mit einmaligen Gaben, dich gibt es
nicht noch einmal. Einmalig: verantwortlich für dich selbst, eine einmalige Aufgabe zu erfüllen. Hat man dir
das auch gesagt? Wird man dir das
auch sagen?
»Ich bin einmalig« – inmitten der
anderen Einmaligen, wo du doch
so gern mit anderen zusammen
wärst! Und wie wirst du Gemeinschaft finden mit ihnen? Hat man
dir das auch gesagt? Wird man dir
das auch sagen?
Wolfgang Bürger, Neinstedt
Gemeinde konkret
Engagiert im Ehrenamt – und wenn dabei Schaden entsteht …
Versicherungsschutz ist in der Kirche gut geregelt
H
err P. (63) befindet sich im Vorruhestand. Als Mitglied des Gemeindekirchenrates fühlt er sich dem Erhalt
seiner Dorfkirche besonders verpflichtet. Der gelernte Maurer übernimmt
dabei gern praktische Arbeiten, um
Schäden schnell zu beseitigen. Genießt
er dabei als Ehrenamtlicher auch Versicherungsschutz?
In der Evangelischen Kirche in
Mitteldeutschland (EKM) ist dies klar
geregelt, da bei aller Sorgfalt nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei der
Wahrnehmung von Aufgaben in einer
Kirchengemeinde Schäden entstehen
können. Aus diesem Grund wurden
über den Ecclesia Versicherungsdienst
Sammelversicherungsverträge mit verschiedenen Versicherern abgeschlossen. Diese bieten nicht nur den hauptoder nebenamtlich angestellten Mitarbeitern Versicherungsschutz, sondern
beziehen auch die unentgeltlich und
ehrenamtlich tätigen Personen ein. Damit sind auch verschiedene Risiken, die
im Zusammenhang mit dem Ehrenamt
stehen, versichert (ausgenommen sind
Schäden aus vorsätzlichem Handeln).
In der Landeskirche engagieren sich
etwa 75 000 Ehrenamtliche in den unterschiedlichsten Arbeitsfeldern. Damit die Freude daran erhalten bleibt
und andere zum Mitmachen angesteckt werden, bietet der Gemeindedienst der EKM vielfältige Unterstützung an. Eine wichtige Arbeitshilfe ist
dabei das ergänzungsfähige Ringbuch
»Arbeitshilfe Ehrenamt«, in dem auch
Angaben zum Versicherungsschutz zu
finden sind. Hier wird erläutert: »Die
Schadenbearbeitung erfolgt durch die
Ecclesia. Schadenanzeigen sind daher
in der Regel über das zuständige Kreiskirchenamt dorthin zu melden – nicht
an das Landeskirchenamt. Formulare
und weitere Informationen können direkt unter www.ecclesia.de abgerufen
werden.«
Während die Sachversicherungen
(Gebäude und Inventar) insbesondere
das Eigentum der kirchlichen Körperschaften schützen, ist für Ehrenamtli-
Foto: Gina Sanders – fotolia.com
Herr Superintendent Bálint, seit
gut einem Jahr gibt es in Bad Frankenhausen »Brot am Haken«. Wie
sind Ihre Erfahrungen?
Bálint: Die Aktion ist gut angelaufen
und Menschen, die Hartz IV beziehen, haben sich Brot abgeholt. Doch
relativ bald beobachteten Leute in
der Warteschlange, dass jemand
»Brot am Haken« verlangte, der
nicht nach Bedürftigkeit aussah: ein
junger Mann im Nadelstreifenanzug
mit Luxusauto; ein Lehrerehepaar
im Ruhestand, das bestimmt eine
auskömmliche Pension bezieht.
Weil wir zuvor mit unserer Partnerin, der Bäckerei Hengstermann,
ausgemacht hatten, dass die Verkäuferinnen nicht entscheiden sollen,
ob jemand bedürftig ist oder nicht,
wurde jedem das gespendete Brot
ausgereicht. Die Krönung war, dass
jemand zehn »Brote am Haken« vorbestellen wollte.
che die Haftpflicht-Versicherung von
besonderer Bedeutung. Im Rahmen
eines Haftpflicht-Sammelversicherungsvertrages besteht in der EKM
Versicherungsschutz für das persönliche gesetzliche Haftpflichtrisiko aus
der dienstlichen Tätigkeit aller haupt-,
neben- und ehrenamtlich Mitarbeitenden einschließlich der Freiwilligendienstleistenden, der Praktikanten und
Ein-Euro-Beschäftigten.
Im Blick auf die Unfallversicherung
heißt es in der »Arbeitshilfe Ehrenamt«:
»Der Sammelversicherungsvertrag der
EKM greift hier nur in Ausnahmefällen
(subsidiär). Ehrenamtliche sind kraft
Gesetzes gegen Unfälle, die sie bei der
Ausübung kirchlicher Tätigkeit erleiden,
bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft versichert. Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Unfallverhütung, die Rehabilitation und
die finanzielle Sicherung der Verletzten
oder seiner Hinterbliebenen.«
Im Rahmen einer Dienstreise-Fahrzeug-Versicherung besteht Versicherungsschutz für Schäden an privateigenen Fahrzeugen der haupt-, nebenund ehrenamtlichen Mitarbeiter, die
während »einer angeordneten Dienstfahrt« für die jeweilige Einrichtung
entstehen.
Einzelheiten zu den Versicherungen
sind in den »Informationen zum Versicherungsschutz« der EKM (Versicherungsmerkblatt) zu finden.
Michael von Hintzenstern
8
www.ehrenamt-ekm.de
12 Service und Familie
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Buchtipp
Gratulation
Kinderbibel
in Deutsch
und Oromisch
Goldene Hochzeit: Dieter Goldhan
und Helga geb. Domaß, Weida (5. 6.);
Hans-Jürgen Krauße und Petra geb.
Schröder, Dörnfeld a. d. H. (19. 6.);
Günter Scheffel und Karin geb. Keller, Körner (22. 6.); Wilhelm Matthies
und Margret geb. Dührkop, Kloster
Neuendorf (25. 6.); Fritz Knape und
Annelore geb. Henschel; Klaus Reinhardt und Christine geb. Methfessel,
Apolda (alle 26. 6.); Heiner Büttner
und Ursula geb. Augst, Rückersdorf/
Gemeinde
Uhlstädt-Kirchhasel
(27. 6.); Hans-Peter Penschuck und
Edda geb. Stier, Münchenbernsdorf
(30. 6.); Hartmut Lümpert und Erika
geb. Sauermilch, Oberweid (2. 7.).
Diamantene Hochzeit: Edmund
Dominke und Jutta geb. Busch,
Weißbach; Wolfgang Seidel und
Margarete geb. Fancke, Jena; Fritz
Wagner und Felicitas geb. Reich,
Arnstadt (alle 25. 6.); Hellmut Kley
und Ursula geb. Blaurock, Eisenach;
Herbert Meyer und Iris geb. Vogler,
Körner (alle 2. 7.).
Eiserne Hochzeit: Hans Flechsig
und Margarete geb. Gümpel, Zeulenroda-Triebes (24. 6.); Hans Schwietza
und Asta geb. Beck, Ülleben (27. 6.).
Weiterhin gratulieren wir zum
90. Geburtstag: Julia Biehl, Gers­
tungen; Lina Lückert, Bad Salzungen (beide 24. 6.); Ursula Mende,
Weimar (29. 6.); Gertraude Müller,
Ronneburg (1. 7.); zum 91. Geburtstag: Günter Frech, Weimar (21. 6.);
Irene Rusetzky, Bad Salzungen
(23. 6.); Else Kohlert, Weimar (24. 6.);
Waltraut Steinmetz, Kromdorf (1. 7.);
zum 92. Geburtstag: Gisela Putze,
Weimar; Sigrid Vollandt, Weimar
(beide 20. 6.); zum 93. Geburtstag:
Anna Rudolph, Bad Salzungen
(23. 6.); zum 94. Geburtstag: Ewald
Weyh, Bad Salzungen (23. 6.); Wolfgang Meyer, Oberweimar (26. 6.);
zum 98. Geburtstag: Rosa Schmidt,
Weimar (3. 7.).
Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland dankt Herrn Ernst
Krämer für den 55 Jahre mit großer
Treue versehenen Organistendienst
in der Kirchengemeinde Fischbach
und Umgebung am 21. Juni 2015.
H
ört und seht! Dhaga’aa akkasumas argaa!« ist der Titel eines
Kinderbuches mit Bibelgeschichten in Oromisch und Deutsch. Das
Besondere an dem Buch: Illustriert
wurden die Texte von Kindern in
Deutschland und Äthiopien.
Jeweils auf der linken Seite des Buches ist ein Bibeltext in Oromisch
wiedergegeben, daneben, auf der
rechten Seite, findet sich der deutsche Text. Oromisch ist neben Englisch eine Sprache, die in der Western-Wollega-Bethel-Synode im
Bundesland Oromia gesprochen
wird. Den Text in Oromisch illus­
trierten Schüler einer Grundschule
in Dembi Dolo, im Hochland Äthiopiens gelegen, 650 Kilometer
entfernt von Addis Abeba. Zu dem
deutschen
Text zeichneten Kindern aus
Anhalt die
Bilder.
14 Geschichten
aus dem
Neuen
Testament, darunter Zacharias
und Elisabet, die Geburt Jesu, die
Hochzeit in Kana, der barmherzige
Samariter und der verlorene Sohn
wurden aufgenommen. Anliegen
der Kinderbibel ist es, neben der
Bibel, auch Glauben und Leben in
der jeweils anderen Kirche nahezubringen und den ökumenischen
Horizont zu weiten. Das Buch
enthält eine Landkarte, Fotos und
kurze Texte in leicht verständlicher
Sprache über das Leben als Christ
in beiden Ländern.
Die Kinderbibel ist ein gemeinsames Projekt der Evangelischen
Landeskirche Anhalts und der
Western-Wollega-Bethel-Synode
der Mekane-Yesus-Kirche. Beide
Kirchen verbindet seit 2005 eine
Partnerschaft. (mkz)
Monatsrätsel für Juli
Liebe Leserinnen und Leser, bitte senden Sie die Lösung unseres Monatsrätsels für Juli bis 13. Juli (Poststempel) an die
Redaktion »Glaube + Heimat«, Postfach 26 41, 99407 Weimar, oder per E-Mail an <raetsel@glaube-und-heimat.de>.
Zu gewinnen sind Bücher. Ihre G+H-Redaktion
Einladung
Eröffnung der Kreativscheune
Ökumenische Bildungs- und Begegnungsstätte Mauritiushaus in Niederndodeleben
A
m 3. Juli wird die Kreativscheune der
Ökumenischen Bildungs- und Begegnungsstätte Mauritiushaus in Niederndodeleben (Kirchenkreis Haldensleben-Wolmirstedt) eingeweiht. Wo vor
einem Jahr noch eine abbruchreife
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die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, das Leaderprogramm
der Europäischen Union und den Kirchenkreis.
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Die Kinderbibel ist zu bestellen bei:
Anhaltische Bibelgesellschaft, Johannesstraße 12, 06844 Dessau-Roßlau,
Telefon (03 40) 21 67 72 14, Fax (03 40)
21 67 72 11; E-Mail <bibel@kircheanhalt.
de>
17 Uhr wird zu einer Festandacht in und Instrumentenbauer Siriki und
die benachbarte Kirche St. Peter und seinen afrikanischen Instrumenten:
Paul eingeladen. Musikalisch gestaltet Kora, Balafon und Djembe. Das Mauwird sie von einer Magdeburger Trom- ritiushaus in Niederndodeleben ist eine
melgruppe.
ökumenische Bildungsstätte mit Seminar- und Übernachtungsbetrieb. Zum
Komplex gehören neben der neuen
Festandacht und Konzert
Kreativscheune das Haupthaus, eine
Anschließend können die drei neuen umgebaute Seminarscheune sowie ein
Gästezimmer und der Tagungsraum großzügiges Außengelände mit Garten
auf dem Kirchhof besichtigt werden. und Lehmbackofen. (mkz)
19 Uhr gibt es ein Konzert mit dem aus
Burkina Faso stammenden Musiker
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Kultur 13
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Kirche im TV
• Sonntag, 5. Juli
9 Uhr, ZDF: »sonntags«
9.10 Uhr, MDR: Glaubwürdig. Faustin Ngounou wurde 1987 zum Medizinstudium in die DDR geschickt
und leitet heute die größte Augenklinik Kameruns
9.15 Uhr, MDR: »Gewissensbisse –
Frau Heinrich und die sieben Todsünden. Todsünde Zorn«
9.30 Uhr, ZDF: Ev. Gottesdienst aus
der Stadtkirche in Karlsruhe
• Dienstag, 7. Juli
23 Uhr, ZDF: 37 Grad. »Im Bannkreis
der Erwählten – Sektenaussteiger
und ihre Erfahrungen«
• Donnerstag, 9. Juli
22.35 Uhr, MDR: »Gewissensbisse
– Frau Heinrich und die sieben Todsünden. Todsünde Habgier«
• Sonnabend, 11. Juli
18 Uhr, RBB: »Halt in Jamlitz – ein
Bahnhof für Straßenkinder«
18.45 Uhr, MDR: Glaubwürdig.
Franz Lermer ist heute erfolgreicher
Geschäftsmann und Visionär.
23.35 Uhr, ARD: Das Wort zum
Sonntag – Lissy Eichert, Berlin
(kath.)
Kirche im Radio
• Sonntag, 5. Juli
6.15 Uhr, MDR Figaro: Einführung
und Kantate »Wer nur den lieben
Gott lässt walten« von Johann Sebastian Bach
7.05 Uhr, D-Radio Kultur: FeierTag.
»Die listige Witwe. Judit, eine große
Frau der Bibel« – Hans-Peter Weigel,
Nürnberg (kath.)
7.45 Uhr (So.), Radio SAW: BibelFibel für Kinder
7.45 und 9.45 Uhr, MDR info: Aus
Religion und Gesellschaft
8 bis 9 Uhr, Radio SAW: Kirchliche
Sendung
8.35 Uhr, DLF: Am Sonntagmorgen. »Pilgern vor der Haustür – Der
Seele Raum geben« – Antje Borchers,
Lemgo (ev.)
10 Uhr, MDR Figaro: Ev. Gottesdienst aus der Stadtkirche St.
Andreas Rudolstadt
10 Uhr, MDR 1 Radio Sachsen:
Live-Übertragung – Festgottesdienst vom Sorbisch Evangelischen
Kirchentag aus Hochkirch in sorbischer Sprache
10.05 Uhr, DLF: Kath. Gottesdienst
aus der Filialkirche St. Johannes der
Täufer in Kefferhausen
14.05 Uhr, D-Radio Kultur: Reli­
gionen
22 Uhr, MDR Figaro: Orgel-Magazin.
»Jenseits der Zeit« – Der Internationale Orgelsommer Naumburg 2015
• Mittwoch, 8. Juli
20.10 Uhr, DLF: Studiozeit. Aus Religion und Gesellschaft
• Sonnabend, 11. Juli
17.05 Uhr, MDR Figaro: Magazin für
Sinn- und Glaubensfragen
• Täglich
4.58 Uhr, Radio SAW: Kirche aktuell.
Montag bis Freitag
5.45 und 8.50 Uhr (Mo. bis Fr.),
8.50 Uhr (Sa.), 7.45 Uhr (So.), MDR
1 Radio Sachsen: Wort zum Tag.
5. 7. – Christine Rösch, Radebeul
(ev.); 6. bis 11. 7. – Christoph Seele,
Dresden (ev.)
5.50 und 9.50 Uhr (Mo. bis Fr.),
6.50 und 8.50 Uhr (Sa. und So.),
MDR 1 Radio Sachsen-Anhalt: Angedacht – Katja Albrecht, Merseburg
(ev.)
6.45 und 7.45 Uhr (Sa.), 6 bis 10 Uhr
(So.), 89.0 RTL – Funkhaus Halle:
»Was glaubst Du? Evangelisch for
you.«
6.05 Uhr, MDR Figaro: Wort zum
Tag – Ulrike Greim, Weimar (ev.)
6.20 und 9.20 Uhr, MDR Thüringen:
Augenblick mal – Ulrike Greim, Weimar (ev.)
ca. 6.20 Uhr, D-Radio Kultur: Wort
zum Tage (Mo. bis Sa.) – Olav Metz,
Groß Zicker (ev.)
6.35 Uhr, DLF: Morgenandacht (Mo.
bis Sa.) – Joachim Göbel, Paderborn
(kath.)
22.57 Uhr, MDR Thüringen: Gedanken zur Nacht (Mo. bis Fr.) – Angela
Fuhrmann, Gotha (ev.)
Aus dem Schatten des Vaters
In Wittenberg öffnete die weltweit erste Schau zu Lucas Cranach dem Jüngeren
E
rnst schauen die braunen Augen
des Knaben in die Ferne. Die
dunklen Haare sind sorgfältig
gekämmt, Wangen und Lippen rosig.
Die Kleidung ist mit wenigen Strichen
angedeutet. Das gezeichnete Porträt
des etwa zehnjährigen Fürstensohnes
ist eines von insgesamt 13. Aus dem
Musée des Beaux-arts in Reims sind
die Blätter nach Wittenberg gekommen
und in der Ausstellung »Lucas Cranach
der Jüngere – Entdeckung eines Meisters« im Augusteum zu sehen.
Die Dargestellten wirken so lebensecht, als würden sie gleich hinter
dem Schutzglas, das sie umgibt, hervortreten. Die um 1540 beziehungsweise
1545/50 datierten Zeichnungen zeigen
Angehörige fürstlicher Familien. Die
Cranach-Werkstatt verfügte über das
Bildnis-Monopol und konnte jederzeit
auf Bestellung die gewünschten Porträts liefern. Einige Zeichnungen hat
Cranach der Jüngere handschriftlich
bezeichnet. Bei den anderen weist die
technische Umsetzung darauf hin, dass
sie von seiner Hand stammen. Und
schließlich sind nach den Zeichnungen
drei Gemälde entstanden, die allesamt
als Arbeiten von Lucas Cranach dem
Jüngeren anerkannt sind.
Eintritt in
die Werkstatt des Vaters
In der Schau im Rang einer Landesausstellung (Kuratorin: Katja Schneider)
stehen zum ersten Mal überhaupt Werk
und Leben von Lucas Cranach dem
Jüngeren im Mittelpunkt. Anlass ist der
500. Geburtstag des Künstlers, der über
Jahrhunderte im Schatten seines Vaters,
Lucas Cranach des Älteren (1472-1553),
stand. Auf knapp 850 Quadratmetern
Fläche präsentiert die Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt 120
Werke Cranachs des Jüngeren, die aus
Museen und Sammlungen in Deutschland und dem Ausland zusammengetragen wurden. Sie lenkt den Blick auf
eine Persönlichkeit, deren malerisches
Können dem des älteren Cranach kaum
nachstand. Als etwa Zwölfjähriger trat
er in die Werkstatt des Vaters, die dieser
zwischen 1504 und 1520 in Wittenberg
zu einer erfolgreichen Bildmanufaktur
aufgebaut hatte. Der Sohn führte diese
ab 1550 in unverminderter Qualität fort.
In der Folgezeit entwickelte er sie zu
einer der größten und erfolgreichsten Kunstwerkstätten in Europa, aus
der nicht nur Gemälde hervorgingen,
sondern auch Raumdekorationen
oder die Ausstattung höfischer Feste
und Turniere. Der jüngere Cranach
war zwar von Beginn seiner Laufbahn
an in den Werkstattbetrieb eingebunden, doch gelang es ihm, sich in dem
vorgegebenen Rahmen individuell zu
entfalten. Zu sehen ist dies nicht nur
an den (Fürsten-)Porträts, sondern
an so eindrucksvollen Gemälden wie
»Auferstehung Christi mit Stifterfamilie (Epitaph für Leonhard Badehorn)«
von 1554 oder »Christus als Überwinder
von Tod und Teufel« von 1542. Zeitgenossen schätzen den »jungen Herrn
Cranach« als Künstler wie als Ratsherrn, Geschäftsmann und frommen
Christen hoch.
Die »Auferstehung Christi mit Stifterfamilie« ist auf dem Epitaph für Leonhard
Badehorn abgebildet. Das Cranachgemälde gehört zum Bestand des Museums
der bildenden Künste Leipzig. Fotos: Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt
es den Namen Augusteum. Als die Universitäten Halle und Wittenberg 1817
vereinigt wurden, nutzte das Evangelische Predigerseminar die frei gewordenen Räume bis zum Auszug wegen
des Beginns der Gebäuderestaurierung.
An der östlichen Hofmauer entstand
ein neues Eingangsgebäude mit Kasse,
Garderobe, Museumsshop und Toiletten, das zudem den barrierefreien Zugang zum Augusteum ermöglicht.
Einblick in
das Leben der Familie
Ein weiterer Ausstellungsort ist die
Stadtkirche Sankt Marien, die nicht
nur zahlreiche Originalgemälde von
Lucas Cranach dem Jüngeren beherbergt. Sie bezeugt zudem das Leben
des Malers vom Anfang bis Ende: Hier
wurde er getauft und getraut und hörte
die Reformatoren predigen. Hier befinden sich sein Grab und das Grabmal. Am bekannten Reformationsaltar
der Kirche arbeitete er zusammen mit
seinem Vater. Im Geburtshaus Lucas
Cranachs des Jüngeren am Markt zeigt
die Cranach-Stiftung die Ausstellung
»Cranachs Welt«. Sie gibt Einblick in
das Leben der Familie und den künstlerischen Schaffensprozess.
Nach jahrelanger Vorarbeit hat sich
die Lutherstadt Wittenberg für vier Monate in »CranachCity« verwandelt. Dieses Ereignis sollte sich keiner entgehen
lassen! Angela Stoye
Zur Ausstellung ist der Katalog »Cranach
der Jüngere – Entdeckung eines Meisters« erschienen. Herausgeber: Roland
Enke, Katja Schneider, Jutta Strehle. Hirmer-Verlag München 2015. 432 Seiten.
ISBN: 978-3-7774-2349-4. Verkaufspreis im
Museumsshop: 29,95 Euro, im Buchhandel
39,90 Euro.
Die Ausstellung im Augusteum kann bis
1. November montags bis sonntags, 9 bis
18 Uhr, besichtigt werden. Die Stadtkirche
St. Marien ist montags bis sonnabends, 10
bis 18 Uhr, sonntags, 12 bis 18 Uhr geöffnet;
das Cranach-Haus am Markt montags bis
sonntags 10 bis 18 Uhr.
8 www.cranach2015.de
Künstler, Ratsherr,
frommer Christ
Doch nachdem die Cranach-Werkstatt
nach seinem Tod 1586 gegen Ende des
16. Jahrhunderts aufgegeben wurde,
gerieten beide Maler in Vergessenheit.
Später wurden die Werke nur dem älteren Cranach zugeschrieben. Erst im
letzten Viertel des 20. Jahrhunderts
gelang es der kunsthistorischen Forschung, die Bilder dem Vater oder dem
Sohn oder beiden gemeinsam oder der
Werkstatt zuzuordnen und negative Urteile zu revidieren.
Nicht nur die Kunstwerke, auch die
Ausstellungsorte verdienen Aufmerk- Das Motiv »Herkules bei Omphale« nach einer Geschichte aus Ovids Metamorsamkeit. Auf dem Gelände des Augus- phosen ist ein erfolgreiches Serienmotiv aus der Cranach-Werkstatt. Dieses Bild
tinerklosters wurde 1586 ein Gebäude stammt aus dem Jahr 1535 und zeigt auch das Wappen Albrechts von Brandenfür die Wittenberger Universität fertig- burg, der es wohl in Auftrag gab. Aufbewahrt wird es im Statens Museum for
gestellt. Nach seinem Bauherren, dem Kunst in Kopenhagen. Ob es der ältere oder der jüngere Cranach malte, ist
sächsischen Kurfürsten August, bekam nicht eindeutig.
Reformation
Stadtführung
durch Torgau
Torgau war das politische Zentrum
der Reformation und ist heute die
wichtigste Lutherstätte in Sachsen.
Die Stadt beeindruckt durch ihre
Renaissancearchitektur von internationalem Rang. Während der entscheidenden Jahre der Reformation
war Torgau Hauptresidenz der ernestinischen Kurfürsten Friedrich
der Weise, Johann der Beständige
und Johann Friedrich der Großmütige. Sie unterstützen Martin
Luther und gewährten ihm politischen Rückhalt. Ein Spruch lautet
deshalb: »Wittenberg ist die Mutter,
Torgau die Amme der Reformation«.
Wichtige politische und kirchliche
Entscheidungen wurden in Torgau
getroffen.
In der Reihe »Orte der Reformation« lädt eine 80-seitige Broschüre
zu einem Stadtrundgang durch und
einer Spurensuche in Torgau ein. Zu
entdecken gibt es in der Stadt Denkmale von besonderem Rang. Mehr
als 500 Gebäude der Spätgotik, der
Renaissance und des Barocks sowie
des Klassizismus und Jugendstils
prägen das historische Stadtbild.
Ein Kapitel beleuchtet die mehr
als tausendjährige Geschichte der
Stadt. Die Torgauer Schlosskirche ist
der erste evangelische Kirchenbau.
1544 wurde sie von Martin Luther
eingeweiht. Weitere reformationsgeschichtlich bedeutende Kirchen
sind unter anderem die Stadtkirche
St. Marien und die Nikolaikirche. An
die Schattenseiten reformatorischer
Ereignisse erinnert die ehemalige
Franziskanerklosterkirche,die 1997
nach umfangreichen Sanierungen
in die Aula des hiesigen Johann-Walter-Gymnasiums
umgewandelt
wurde. »Salomo
hat nirgends einen so schönen
Tempel gebaut,
als Torgau hat«,
ist ein Beitrag
überschrieben,
der sich Luthers
besonderer Beziehung zu den Torgauer Kirchen
widmet. Ein weiteres Kapitel gibt
Auskunft, was Luthers Frau Katharina von Bora mit der Stadt verband.
In der Stadtkirche St. Marien fand
sie ihre letzte Ruhestätte. (mkz)
Stadtverwaltung Torgau (Hrsg.): Orte
der Reformation. Torgau, Evangelische
Verlagsanstalt, 80 S., ISBN 978-3-37403875-6, 9,90 Euro
Bezug über den Buchhandel oder
den Bestellservice Ihrer Kirchen­
zeitung: Telefon (0 36 43) 24 61 61
»Reformationsstadt
Europas«: Torgau
Torgau (epd) – Das sächsische
Torgau darf sich mit dem Titel »Reformationsstadt Europas« schmücken. Wie die Stadtverwaltung
mitteilte, wurde ihr der Name von
der Gemeinschaft Evangelischer
Kirchen in Europa verliehen. Die
feierliche Enthüllung einer Ehrentafel am Torgauer Rathaus ist zum
Katharina-Tag am 4. Juli geplant. An
diesem Tag soll zudem der Katharina-von-Bora-Preis für herausragendes gemeinnütziges Engagement
verliehen werden.
Der Titel ehre »die historische
Schlüsselstellung der einstigen kursächsischen Residenzstadt Torgau
und die von hier ausgegangenen politischen und kulturellen Impulse für
die Reformationsbewegung«, hieß
es weiter. Mit der Vergabe würden
zudem die Aktivitäten der Stadt zum
500. Reformationsjubiläum 2017
gewürdigt. Eine zweite Tafel zum
Ehrentitel soll am 5. Juli an der Marienkirche enthüllt werden. Bislang
tragen 33 Städte in acht Ländern den
Titel »Reformationsstadt Europas«.
Noch bis zum 31. Oktober ist die
erste Nationale Sonderausstellung
»Luther und die Fürsten« in Torgau
zu sehen.
Eine Welt
Nr. 27 vom 5. Juli 2015
5. Sonntag nach Trinitatis
Prag: Wo ein Kelch statt Kreuz über dem Altar hängt – auf den Spuren des böhmischen Reformators Jan Hus
Aus aller Welt
Der Böhme Jan Hus hat
grundlegende Reformen
der Kirche angestoßen –
100 Jahre vor Luther. In Prag
sind die Spuren seines
Lebens und Denkens noch
heute allenthalben präsent.
Flüchtlinge:
Neuer Höchststand
Von Kilian Kirchgeßner
E
in goldener Kelch prangt hinter
dem Altar an der Wand, und Pfarrer Frank Leßmann-Pfeifer weiß
schon, welche Frage ihm die Besucher
gleich stellen werden. »Ja, hier hängt
der Kelch statt des Kreuzes«, erklärt
er, »weil das Kreuz für die Tschechen
ein zutiefst katholisches Symbol ist. In
evangelischen Kirchen findet man nur
den Kelch.«
Leßmann-Pfeifer und seine Frau
sind Pfarrer der deutschsprachigen Gemeinde in Prag, die ihre Gottesdienste
in einer der bedeutendsten Kirchen der
Stadt feiert: St. Martin in der Mauer, ein
kleines Gebäude aus dem 13. Jahrhundert. Der Pfarrer hat sich zum Experten für die böhmische Reformation
entwickelt, deren Vorkämpfer Jan Hus Nationalheiliger: Das Jan-Hus-Denkmal auf dem Altstädter Ring in Prag, dahinter die Teyn-Kirche mit ihrem markanten
Foto: epd-bild/Kirchgeßner
(um 1369–1415) war. Vor 600 Jahren, am Doppelturm
6. Juli 1415, wurde er in Konstanz als
Ketzer verbrannt.
Fast jede Kirche in Prag, viele Häuser
und Paläste sind eng mit der reformatorischen Epoche verbunden. Sie begann um das Jahr 1400 und prägt nach
langem, oft blutigen Hin und Her von
Reformation und Gegenreformation teilt«, erzählt Leßmann-Pfeifer der Be- hat sie begierig aufgenommen«, sagt auch die böhmische Königin Sophie.
suchergruppe. Das heißt: in Brot und Jan Lasek, Professor an der Karls-Uni- In der Bethlehemskapelle schuf Hus
das Land bis heute.
»Hier wurde 1414 erstmals das Wein. »Im Laufe des Mittelalters wa- versität. »Hus wäre ohne Wycliff nicht das Fundament dafür, dass sich die
Abendmahl in beiderlei Gestalt ausge- ren die Elemente Brot und Wein immer zu einer solchen geistigen Reife gelangt. Reformation zu einer regelrechten Beheiliger geworden, sodass irgendwann Aber Wycliff wäre ohne Hus nicht so wegung auswuchs.
der Wein nur noch für den Priester re- berühmt geworden – wenn auch erst
serviert war«, erklärt der Pfarrer.
nach seinem Tode.«
Zum Bruch kam es
Sie haben die geistigen Wurzeln
wegen
des Ablasshandels
der Reformation getragen – rund 100
Demokratie in der Kirche:
Jahre vor Martin Luther. Dass die neuen Zunächst aber spitzte sich der Konflikt
Brot und Wein für alle
Gedanken ihre Sprengkraft entwickeln innerhalb der Kirche zu – und damit
Für Jan Hus und seine Nachfolger aber konnten, dafür war eine eigentlich auch der Ton in Prag. Zum endgültiwar die Austeilung des Weins für alle kleine Beförderung verantwortlich: gen Bruch zwischen Hus, der Kirche
Gläubigen ein wichtiges Symbol: »Es 1402 wurde Jan Hus Prediger der Pra- und der weltlichen Macht kam es 1412:
stand für die Demokratisierung der ger Bethlehemskapelle. Dort konnte er »Der Papst brauchte Geld für einen
Kirche.« Daraus machten sie eine der seine Gedanken und seine Kritik vor Krieg, also ließ er Ablässe verkaufen«,
Kernforderungen ihrer Bewegung, die dem breiten Volk äußern, auf Tsche- sagt Hus-Forscher Jan Lasek. »Der
später in den »vier Prager Artikeln« zu- chisch.
böhmische König hat das erlaubt, weil
sammengefasst wurden. Neben dem
er Prozente vom Erlös bekommen hat.«
Laienkelch waren das: Die Messe sollte
Selbst die Königin saß unter Jan Hus ist dagegen öffentlich aufgein der Landessprache gehalten wertreten – und wurde endgültig aus Prag
den Zuhörern von Hus
verbannt. 1414 reiste er nach Konstanz
den, nicht in Latein; die Kirche sollte
sich der Armut verpflichten und keine Die Kapelle ist ein riesiger Bau mit ho- zum Konzil. Obwohl ihm freies Geleit
weltliche Herrschaft ausüben, und die hen Fenstern. Einen Altar gibt es nicht, zugesichert worden war, wurde er verweltliche Gerichtsbarkeit sollte auch denn hier wurden keine Gottesdienste haftet und schließlich verbrannt.
gefeiert; es ging einzig und allein um
für Priester gelten.
In den folgenden Hussitenkriegen
Der Aufstieg von Jan Hus begann die Predigten. Die hielt Hus von einer begehrten seine Anhänger ab 1419 geeinige hundert Meter entfernt von Holzkanzel aus, und gleich angrenzend gen ihre Gegner auf. »Hus verkörpert
der Martinskirche. Dort, an der Prager befindet sich die Kammer, in der er in der tschechischen Geschichte den
Karls-Universität, lehrte er seit 1401. Es lebte – allerdings alles als Replik. Die Streit für Wahrheit und moralische
war eine aufgewühlte Zeit: In Oxford ursprüngliche Kapelle gibt es nicht Glaubwürdigkeit«, würdigen ihn die
verfasste der Theologe John Wycliff mehr, erst vor etwa 60 Jahren hat man Veranstalter der Prager JubiläumsfeierSchriften, in denen er die Bibel als ein- sie wieder aufgebaut, um Hus zu ehren. lichkeiten. Jan Hus gilt den Tschechen
zigen Maßstab für die Christen bezeichSchnell sprachen sich das red- als Held – auch heute noch, 600 Jahre
(epd)
nete – eine empfindliche Einschrän- nerische Talent von Jan Hus und die nach seinem Tod. Der Kelch über dem Altar: Blick in die
kung für die Macht der Kirchen.
Schärfe seiner Argumente herum.
Kirche St. Martin in der Mauer
»Diese Gedanken schwappten na- Schon bald drängten sich bis zu 3 000
8 www.hus-fest.eu/de
www.evprag.cz
Foto: Wikimedia/Ben Skála/CC BY-SA 3.0
türlich auch nach Prag, und Jan Hus Zuhörer unter der Kanzel, unter ihnen
Gedanken mit Sprengkraft
Genf (epd) – Die Zahl der Flüchtlinge weltweit hat einen neuen
Höchststand erreicht. Rund 59,5
Millionen Menschen waren weltweit
Ende 2014 auf der Flucht, wie das
Flüchtlingshilfswerk der Vereinten
Nationen (UNHCR) in Genf mitteilte.
Nie zuvor war eine höhere Zahl an
Flüchtlingen erfasst worden.
Wegen bewaffneter Konflikte
stieg die Zahl der Flüchtlinge im vergangenen Jahr stärker an als jemals
zuvor: Um 8,3 Millionen Menschen.
Ende 2013 waren noch 51,2 Millionen Flüchtlinge registriert gewesen.
Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, nannte als
Grund die Konflikte und Kriege
wie in Syrien, im Südsudan und in
der Ukraine. Nach seiner Prognose
könnte sich die globale Flüchtlingskrise sogar noch verschlimmern.
Im Jahr 2014 sind dem Bericht
zufolge jeden Tag im Durchschnitt
42 500 Menschen vor Gewalt und
Unterdrückung geflohen. Innerhalb
von vier Jahren hat sich diese Zahl
somit vervierfacht. Der frühere portugiesische Premierminister Guterres beklagte, dass viele Politiker und
Warlords, die für die Kriege verantwortlich seien, straffrei ausgingen.
Zudem sei die internationale Gemeinschaft völlig unfähig, die Konflikte zu beenden. Guterres forderte
von der Staatengemeinschaft mehr
Hilfen für Flüchtlinge. Das UNHCR
und andere humanitäre Organisationen kämpften massiv mit Geldnot.
Aufgelesen
Blickwechsel von Jens Mattern
Das sonst so papsttreue Polen hadert mit dem »Öko-Papst«
A
ls »antipolnisch, ökologisch, links«
wurde die Papst-Enzyklika vom
sonst so liberalen polnischen Nachrichtensender TVN24 seinen Zuschauern vorgestellt. »Laudato Si – Über die
Sorge für das gemeinsame Haus«, das
erste päpstliche Lehrschreiben, dass
sich dem Thema Umwelt widmet, hat
im Kohle-Land Polen wenig Fans.
In der 200 Seiten starken Schrift,
wirft Papst Franziskus den Ländern
mit einer vornehmlichen Kohlenutzung vor, sie würden die Umwelt zerstören. Kohle solle durch erneuerbare
Energien ersetzt werden. Für Polen ein
Dilemma – dort gehören über 90 Prozent der Bevölkerung der römisch-katholischen Kirche an, in kaum einem
Land hat der Klerus so viel Einfluss.
Die Einführung der Homo-Ehe wie im
ebenfalls katholischen Irland wäre hier
nicht denkbar. Auf der anderen Seite
rauchen an der Weichsel viele Schlote,
gestreift in den Nationalfarben weißrot: Über 90 Prozent des Strombedarfs
wird durch Kohle erzeugt.
Polen hat sich darum stets als Gegner von CO2-Schutzbestimmungen
der EU in Stellung gebracht. Mit der
päpstlichen Mahnung wird dies nun
schwieriger. »Sollte die Zerstörung der
Umwelt eine Sünde sein, so müssen
die Gläubigen darüber nachdenken«,
so Krzysztof Kilian, der ehemalige Chef
des staatlichen Energieversorgers PGE,
vorsichtig zu den Medien.
Ansonsten will man sich aus der
polnischen Energie-Branche zu den
Umwelt-Tipps des Heiligen Stuhls
lieber nicht äußern. Die Vertreter der
Kohle-Industrie, sowohl die Kombinate als auch die stets streikbereiten
Bergarbeiter, haben großen Einfluss
auf die Politik. Premierministerin Ewa
Kopacz, die sonst am Image als energisch-durchgreifende Powerfrau baut,
knickte Anfang des Jahres nach Streiks
und Demonstrationsankündigungen
in Warschau vor den Arbeitern ein und
erfüllte das Gros ihrer Forderungen.
Ungelegen kommt derzeit ein solcher Vorstoß aus dem Vatikan auch der
nationalkonservativen Partei »Recht
und Gerechtigkeit« (PiS). Für die kommenden Parlamentswahlen im Herbst
steht sie in Umfragen an erster Stelle.
Kommt sie in Regierungsverantwortung, wird sie sich noch weniger nach
EU-Vorgaben richten, was die Nutzung
des fossilen Brennstoffs angeht.
Die polnischen Bischöfe sind dagegen grundsätzlich mehr mit Themen wie dem weltlichen Einfluss auf
die Gläubigen befasst als mit Umwelt
und Klima. Aber die bislang in Polen
schwach aufgestellten Umweltver-
bände können sich nun auf einen starken Verbündeten im Vatikan berufen.
Zudem beruft sich Papst Franziskus zu
Beginn seiner Enzyklika mehrfach auf
die Lehrschriften des in Polen verehrten Johannes Paul II, in diesen dieser
zur Bewahrung der Schöpfung aufrief: Bereits zum Weltfriedenstag 1990
sprach der polnische Papst von einer
»Umweltkrise«.
Jens Mattern
berichtet für
unsere Zeitung
aus Polen.
Mit drei Jahren
bereits im Internet
Düsseldorf (epd) – Viele Kleinkinder
nutzen einer Untersuchung zufolge
das Internet, noch bevor sie schreiben und lesen können. Wie die in
Düsseldorf erscheinende »Rheinische Post« berichtete, sind zwölf
Prozent der dreijährigen Jungen und
neun Prozent der Mädchen online.
Die Zeitung beruft sich auf eine
noch unveröffentlichte Studie des
Deutschen Instituts für Vertrauen
und Sicherheit im Internet. Während ältere Kinder das Internet auch
nutzen, um über Suchmaschinen zu
recherchieren, schauen Dreijährige
vor allem Videos, spielen oder hören Kinderlieder auf Portalen wie
Youtube. Zwei Drittel der Kinder, die
online sind, benutzen der Studie zufolge das Internet selbstständig und
ohne Hilfe ihrer Eltern. Jedes dritte
Kind gab dem Bericht zufolge in der
Befragung an, sich gut im Netz auszukennen.