Vom Segen und vom Segnen (4. Mose 6,22-27)

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Vom Segen und vom Segnen (4. Mose 6,22-27)
Evang.-methodistische Kirche – Alterszentrum Wesley-Haus Basel
Predigt am 17. Januar 2015 von Pfarrer Josua Buchmüller
Vom Segen und vom Segnen
(4. Mose 6,22-27)
Der HERR redete mit Mose und sprach: Rede mit Aaron und seinen Söhnen und
sprich: So sollt ihr zu den Israeliten sprechen, wenn ihr sie segnet: Der HERR
segne dich und behüte dich. Der HERR lasse sein Angesicht über dir leuchten und
sei dir gnädig. Der HERR erhebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
Wenn sie so meinen Namen auf die Israeliten legen, will ich selbst sie segnen.
Das sind Segensworte, die allen Gottesdienstbesuchern als der „aaronitische Segen“ vertraut
sind. Es ist die göttliche Instruktion an Aaron, den
Hohenpriester, und an seine Nachfolger im Priesteramt. Was sagen uns diese alten Worte heute?
Was geschieht, wenn uns der Segen Gottes zugesprochen wird oder wir ihn andern zusprechen?
Wir denken in vier Schritten darüber nach.
 Der Segen kommt aus einer Quelle
 Der Segen liegt in einem Namen
 Der Segen fliesst durch unsere Worte
 Der Segen macht das Leben reich
Der Segen kommt aus einer Quelle
Der Segen hat seinen Ursprung immer bei Gott.
Nicht wir können über den Segen verfügen, nur
Gott kann ihn schenken. Wir können einander
Segen wünschen, ihn von Gott erbitten, einander
den Segen Gottes zusprechen. Das tun viele von
uns zum Jahreswechsel oder zum Geburtstag. Ich
verschicke keinen Geburtstagsgruss ohne einen
Segenswunsch. Das ist mehr als nur eine fromme
Gewohnheit. Ich tue es aus der Überzeugung,
dass Gott gute Gedanken und Absichten für den
Menschen hat, dem ich schreibe. Und das ist viel
wichtiger und wirksamer als alles Gute, das ich
einem andern Menschen wünschen kann.
Gott will segnen. Die Instruktion, die Moses
in Gottes Auftrag an Aaron und seine Söhne weitergibt, schliesst mit dem göttlichen Versprechen:
Wenn sie so meinen Namen auf die Israeliten
legen, will ich selbst sie segnen.
Mit meinem Segenswunsch mache ich mir
selber bewusst: Gott liebt den Menschen, dem ich
schreibe oder Gutes wünsche. Wenn schon ich es
gut mit ihm oder ihr meine, wieviel mehr Gott!
Mein Segenswunsch möchte das auch dem Andern bewusst machen, damit er oder sie in der
konkreten Situation damit rechnet. – Als Mensch
kann ich nur Durchgangsstation für den Segen
sein. Die Quelle des Segens ist Gott allein.
Der Segen liegt in einem Namen
Der dreifache Zuspruch des Segens beginnt dreimal mit „der HERR“. Im hebräischen Grundtext
steht da der heilige Gottesname JAHWE. Juden
sprechen ihn nie aus, sondern lesen stattdessen
„Adonai“, d.h. Herr. Gott nannte diesen Namen,
als er aus dem brennenden Dornbusch mit Moses
sprach. Moses sollte das Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten befreien. Er wollte wissen, was
er sagen solle, wenn er gefragt werde, wer denn
der Gott sei, der ihn beauftragt habe. Da nannte
Gott ihm diesen Namen JAHWE; man kann ihn
auf Deutsch wiedergeben als „Ich bin, der ich bin“
oder „Ich werde sein, der ich sein werde“ oder
auch einfach „Ich werde da sein“. Also eine Zusage, dass Gott selber rettend und helfend mit
seinem Volk unterwegs sein werde.
Mit dem Segenswort im Namen von JAHWE
wird diese Zusage bestätigt und erneuert. Wir
Menschen könnten im Leben noch so viel Glück
haben, Gutes erleben und erfolgreich sein – wenn
Gott nicht mit uns wäre, so würde uns das alles
nicht zum Segen. Wir wissen, wie leicht uns Menschen Glück und Erfolg zum Verhängnis werden
können – dann nämlich, wenn wir dadurch selbstsicher und stolz werden und meinen, Gott nicht
nötig zu haben. Wir mögen Glück oder Unglück
erleben, reich oder arm sein – gesegnet sind wir,
wenn der Name Gottes über uns genannt wird
und unser Leben ihm gehört.
Das Neue Testament bestätigt: „Es ist in
keinem andern Namen das Heil, es ist auch kein
anderer Name unter dem Himmel den Menschen
gegeben, durch den wir gerettet werden sollen“
(Apg 4,12). Dieser eine Name ist im Neuen Testament der Name Jesu. Durch ihn ist Gott als der
Retter in die Welt gekommen für alle Menschen.
Durch Jesus ist Gott mit uns. Dass er unser Herr
ist, dass wir ihm gehören, dass der Jesus-Name,
der in der Taufe über uns genannt worden ist,
tatsächlich zum Markenzeichen unseres Lebens
wird, das macht uns zu Menschen des Segens.
Der Segen liegt in seinem Namen.
Der Segen fliesst durch unsere Worte
In der Anweisung, die Moses von Gott bekommt
und an Aaron und seine Söhne weitergeben soll,
häufen sich die Worte des Sprechens in auffälliger
Weise: Der HERR redete mit Mose und sprach:
Rede mit Aaron und seinen Söhnen und sprich:
So sollt ihr zu den Israeliten sprechen, wenn ihr
sie segnet... Reden, sprechen – ein wahrer Redefluss von oben nach unten, von Gott zu Moses,
von Moses zu Aaron und seinen Söhnen, von
ihnen zu den Israeliten. Der Segen Gottes fliesst
durch menschliche Worte, wird in ihnen konkret
und persönlich, so dass der einzelne Mensch versteht: So segnet mich Gott. So geht er mit mir
auf meinem Weg: über „grüne Auen“ und durch
das „finstere Tal“ (Psalm 23). Er geht mit mir
über den Berg, vor dem ich stehe. Er ist mit mir
auf mühsamen Umwegen und bewahrt mich in
Wüstenzeiten des Lebens. Immer und überall darf
ich mit seinem Segen rechnen.
Wenn wir einander den Segen Gottes in eine
konkrete Situation hinein zusprechen, sind das
nicht nur gute Worte ohne Wirkung. Segensworte, die aus der Quelle von Gottes Wort kommen, bringen den Segen Gottes dahin, wo er
wohltut und nötig ist.
Im Hochland der südamerikanischen Anden,
auf einer Reise durch Bolivien und Peru, haben
meine Frau und ich vor Jahren die kunstvollen
Bewässerungsanlagen der Inka bestaunt. Sie
funktionieren zum Teil noch heute. Auf schmalen
Terrassen, an steilen Berghängen 4000 m über
Meer, können Kulturen gedeihen – dort, wo das
Wasser den Segen der Fruchtbarkeit hinbringt.
So können Worte, die wir einander im Namen
Gottes zusprechen, Kanäle des Segens sein. Der
Segen fliesst durch unsere Worte und hilft, dass
das Leben auch an schwierigen Orten möglich
bleibt oder ein steiniger Acker fruchtbar wird.
Der Segen macht das Leben reich
Der Reichtum liegt in drei kostbaren Gaben, die
uns in diesen Segensworten konkret zugesprochen werden, und zwar per DU: Du wirst behütet.
Du gehst im Licht. Du bist im Frieden.
(1) Du wirst behütet
Der Herr segne dich und behüte dich!
Manche unter uns erinnern sich vielleicht daran,
wie die Mutter oder ein anderer Mensch uns jeweils mit einem „Bhüet di Gott!“ verabschiedet
hat. Also nicht nur mit einem „Auf Wiedersehen“
oder „Mach’s gut!“ oder einem dummen Spruch
wie „Hals- und Beinbruch!“, sondern eben mit
dem Wunsch: „Bhüet di Gott!“ Auch das kann
man gewohnheitsmässig und gedankenlos sagen,
aber es ist doch heute eher selten geworden und
darum etwas Besonderes.
Wie gut ist es doch, wenn Mütter und Väter
das zu ihren Kindern sagen können – und die
Töchter und Söhne zu ihren alt gewordenen
Müttern und Vätern. Wie gut, wenn wir das
einander als Weggefährten und -gefährtinnen
sagen können, wenn es im Leben immer wieder
Abschied zu nehmen gilt: vorläufigen Abschied,
aber wer weiss für wie lang; oder endgültigen
Abschied, wie es im Älterwerden immer öfter der
Fall ist. Es gibt Wege, auf denen wir einander
nicht mehr begleiten können. Aber wieviel leichter
ist das Loslassen, wenn wir einander mit einem
„Bhüet di Gott!“ jener Hand anbefehlen dürfen,
aus der uns nichts und niemand reissen kann.
(2) Du gehst im Licht
Der HERR lasse sein Angesicht über dir leuchten
und sei dir gnädig!
Was für ein Segen, wenn wir unsern Weg unter
Gottes freundlichen Augen gehen dürfen. Was für
eine Befreiung, wenn mir jemand sagt oder ich
einem andern sagen darf: Du darfst auch die
Wege, die hinter dir liegen, in Gottes Licht neu
sehen. Du musst nichts verdrängen, du musst
dich nicht an unguten Erinnerungen wundreiben,
du musst dich nicht fürchten vor den Schatten
der Vergangenheit. Du musst dich auch nicht
fürchten, wenn du nach vorne blickst: nicht vor
finsteren Wolken am Horizont deines Lebens,
auch nicht vor dem letzten finsteren Tal. Gott
verliert dich nicht aus den Augen. Er lässt sein
freundliches Angesicht über dir leuchten und ist
dir gnädig. Du gehst im Licht.
(3) Du bist im Frieden
Der HERR erhebe sein Angesicht über dich und
gebe dir Frieden!
Das ist der Friede, von dem Paulus sagt, dass er
alle menschliche Vernunft übersteigt. „Shalom“
heisst es im Hebräischen. Shalom bedeutet HeilSein an Leib und Seele. Da ist nichts Halbes
mehr, sondern alles ist ganz. Nichts Gebrochenes
mehr, sondern alles ist heil. Nichts Ungutes mehr,
sondern alles ist gut, weil Gott da ist. Wo Gott ist,
da wird alles gut. Da ist Friede, da ist Shalom.
Diesem Frieden dürfen wir uns öffnen, weil
er uns zugesprochen wird: Der HERR gebe dir
Frieden! Diesen Frieden dürfen wir auch einander
zusprechen: Der HERR gebe dir Frieden! Wir
dürfen einander den Shalom von Gott mit dem
aaronitischen Segen zusprechen. Wir können uns
auch die Worte von Paulus aus dem Philipperbrief
(4,7) zu eigen machen und einander den Frieden
wünschen, der höher ist als alle menschliche Vernunft: „Der Friede Gottes, der alle menschliche
Vernunft übersteigt, bewahre eure Herzen und
eure Gedanken in Christus Jesus.“
Du wirst behütet. Du gehst im Licht. Du bist
im Frieden. Der Segen Gottes macht dein Leben
reich.