Waldstetten - Schwäbische Post

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Waldstetten - Schwäbische Post
LOKALES
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Samstag, 15. August 2015
Chefredakteur Lars Reckermann Das Bild ist auf dem Kirchturm der Pfarrkirche St. Laurentius entstanden. Als die Kirche 1905 neu errichtet wurde, wurde das Dach des Kirchenschiffs in direkter Linie zum Rechwanderte durch Waldstetten.
berg ausgerichtet. Die Spitze weist direkt auf die Wallfahrtskirche auf dem Rechberg.
(Fotos: Lars Reckermann)
Willkommen im Ostalb-Allgäu
„Ich bin dann mal da“ in Waldstetten – Von Wäschgölten, geschlagenen Gmündern, alten Kellern und langen Tresen
Was für ein schönes Fleckchen Erde. Was für nette
Menschen. Was für eine
Landschaft. Willkommen in
Waldstetten – im Allgäu der
Ostalb.
LARS RECKERMANN
Waldstetten. Die Sommerserie
„Ich bin dann mal da“ führt uns
ins Herz der Drei-Kaiser-Berge.
Stimmt geographisch nicht so
ganz, beweist aber das Selbstbewusstsein und den Lokalpatriotismus der Waldstetter. 70 Mitwanderer werden schon einmal von
sanfter Keyboardmusik im Rathaus begrüßt. Bürgermeister Michael Rembold gibt gleich die
Marschrichtung vor, im übertragenen Sinne. „Liaber Lars Reckermann, Bürger, Gäste, Leser von
SchwäPo und GT / dass i’ Eich älle
in Waldstett’ begrüßa darf, isch
wunderschee, / Waldstett wird ob
seiner Lage au’ SchwäbischesOstalb-Allgäu g’nannt, / no’ mehr
send se als Waldstetter Wäschgölda bekannt, / zu ganz besondere
A’läss begrüßet wir Groß ond Kloi,
/ mit ‘ma herzhafta „Wäschgölt
Ahoi“. Damit ist klar. Die nächsten vier Stunden wird kein Trübsal geblasen.
Wichtiger Tipp: Sichern Sie sich
bei einem Besuch Waldstettens
der Gästeführer-Dienste gleich
zweier Bürgermeister. Rainer
Barth (Ex-Schultes) ist ein profunder Kenner jeder Ecke der Gemeinde. Rembold setzt aufs Sahnehäubchen die Kirsche und
glänzt mit Zusatzinfos.
Wir starten wie immer am Rathaus an der Hauptstraße. Das erste Ziel ist in Sichtweite, die Pfarrkiche St. Laurentius. Barth erweist
sich als Kirchenhistoriker.. Er
weist auf die Farbfenster mit den
Bildern des Guten Hirten und der
Kirchen- und Standespatrone hin
(rechts: St. Laurentius; links: St.
Patritius und St. Isidor). Die Geschichte dieses 1430 erbauten
Gotteshauses wird am besten am
Turm sichtbar, den Barth extra für
unsere Gruppe aufschließt. 38
Meter geht es in die Höhe. Mit dabei (und das muss hier ausnahmsweise erwähnt werden) ist
die ehemalige Lehrerin Anna Maria Kunz. Sie ist 94 Jahre (!) alt.
Wer die eiserne Wendeltreppe
erklommen hat, steht an historischem Gemäuer. An dieser ersten
Station (17 Meter Höhe) wurde
das einstige Spitzdach mit Steinen
aufgefüllt, damit der Turm erhöht
werden konnte. Denn von 1905
bis 1906 wurde die Kirche neu gebaut – bis auf den Turm eben. Der
blieb und wurde aufgestockt. Den
kleineren Steinen schließen sich
Backsteine an, dann, auf den letzten Stufen und den letzten Höhenmetern öffnet sich dem Besucher eine Aussicht, die getrost als
70 Interessierte wollen mehr über die Gemeinde Waldstetten erfahren.
Bürgermeister Michael Rembold steht an der Glocke im Turm der Profunder Gästeführer: Alt-Schul- Blick in den einstigen BrauereiPfarrkirche.
tes Rainer Barth.
keller.
Postkartenmotiv
beschrieben
werden darf. Besonders spannend ist der Blick über das Kirchendach. Wie Kimme und Korn
weist das Dach direkt auf den
Rechberg. Dort, direkt an den
Glocken, nutzt Barth die Möglichkeit für einen kleinen geschichtlichen Exkurs. Er weist auf die historische Fehde im Städtekrieg
zwischen Gmünd und Waldstetten hin und erinnert an ein
Die Adresse für Ihre
Hochzeit, Geburtstagsfeier,
Tagung und Urlaub.
Gmünder Zechgelage nach einem
Sieg, das die Waldstetter ausnutzten. Ortschronist Anton Buck formulierte daraufhin den Satz: „ ...
und die Waldstetter obsiegten
über die Gmünder.“
Die erste Stunde ist um, den
Zeitplan (zwei Stunden Wanderung) können wir vergessen.
Macht nichts, denn Barth und
Rembold sind jetzt in Fahrt. Es
geht über den Kirchberg und den
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Samstag, 15. August 2015
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Die Kirchturmspitze der Pfarrkirche St. Laurentius.
Blick in die Mühle und auf die alten Mahlsteine.
Blick auf die Mühle in Waldstetten. Sie wurde 1647 in Betrieb genommen. Heute ist sie ein historischer Verkaufsladen, der liebevoll eingerichtet ist. Rechts oben im Bild ist das Das Wäschgöltengässle führt zur
alte Backhaus (gelbes Gebäude) zu sehen.
(Fotos: Lars Reckermann) Hauptstraße.
kleinen Weg „Beim Schlößle“
Richtung alte Mühle. Zuerst aber
laufen wir auf den Mühlweiher zu,
in dem einst das Wasser gestaut
wurde. Wenn dann der Schieber
geöffnet wurde, trieb das Wasser
die Mühle an. Die Mühle aus dem
Jahr 1647 ist heute ein schnuckeliger Verkaufsladen. Es gibt dort
Mehle, Backschrote und Körner,
Öle, Pestos, Essig, Senf und Brotaufstriche, Nudeln, Gewürze und
Salze. Geöffnet ist die Mühle Mittwoch bis Freitag von 14 bis 18 Uhr
und am Samstag von 9 bis 14 Uhr.
Inhaber
Markus
Ripper
schmeißt sogar die Mühle an und
führt durch den technischen Bereich. Unter uns: So ein historisches Kleinod kenne ich nur aus
Freilichtmuseen. In Waldstetten
liegt es mitten in der Gemeinde –
klasse.
Wir verlassen die Mühle, halten
uns rechts auf der Straße „Beim
Schlößle“ und stoßen auf die
Gmünder Straße. Erneut gehen
wir rechts in südlicher Richtung
und stoßen auf den Lammplatz.
So nennen die älteren Waldstetter
diesen Platz, weil dort früher die
Brauerei Lamm ihren Sitz hatte.
Heute sind dort Restaurants und
ein wunderschöner Brunnen untergebracht.
Barth erläutert, dass früher der
Wirt des Lamms unter der Straße
hindurch in den Eiskeller gehen
konnte, um frisches Bier zu holen.
Auf der anderen Straßenseite deuten zwei weiße Flügeltüren auf
den Eingang in den Untergrund
hin. Zwar sind einige Bereiche des
einst 120 Meter langen Gewölbe-
kellers inzwischen zugemauert,
dennoch erhalten wir eine exklusive Führung durch den einstigen
Brauereikeller. Die Abkühlung tut
allen gut.
Es schlägt die Bürgermeisterstunde. Wir gehen über den
Lammplatz am Brunnen vorbei
und treffen rechter Hand auf einen neu angelegten Spielplatz.
Rembold erläutert, dass an dieser
Stelle, direkt am Waldstetter Bach,
ein Mehrgenerationenpark gebaut werden soll. Der Gemeinderat hat bereits zugestimmt. Kleinkinder, Teenager, Erwachsene
und Senioren sollen sich dort
wohlfühlen. Dafür wird der Grünbereich umgestaltet und der Bach
mehr in den Mittelpunkt des Areals gerückt. „Wir können uns auch
sehr gut vorstellen, dass es direkt
am Bach einen Wanderweg und
Sitzmöglichkeiten gibt“, sagt
Rembold. Nebenbei: An dieser
Stelle bietet sich ein prima Fotomotiv mit der Pfarrkirche an.
Wir überqueren den Bach und
gehen auf dem Wäschgöltengässle
Richtung Hauptstraße. Kurzer
Hinweis zum Wort „Wäschgölten“. Mir war dieses Wort gänzlich
unbekannt, erst als mir jemand
„Waschzuber“ zuruft, kann ich es
einordnen. Wäschgölten steht in
Waldstetten aber vor allem für
Heiterkeit. Es weist auf den umtriebigen Fastnachtsverein hin,
der von dieser Stelle aus mit einem
dreifach Ahoi herzlich gegrüßt ist.
Wir sind jetzt wieder am Ausgangspunkt am Rathaus. Wir lassen die Amtsstube links liegen und
bewegen uns Richtung Kreisver-
kehr. Rechts neben dem Nahund-Gut-Markt
verläuft
ein
schmaler Weg. Er führt auf den alten Friedhof, eine schattige Parkanlage. Dort steht das Mahnmal
der Marinekameradschaft. Moment mal: Marinekameradschaft?
Waldstetten? Wenn dort jemals etwas geschwommen ist, „dann
Waschzuber bei Hochwasser“, wie
mich Rainer Barth aufklärt. Das
Mahnmal ist erneut so ein Waldstetter Unikum. Eng verbunden
mit dem Ehrenmal ist der inzwischen verstorbene Jupp Deininger. Er hatte den einstigen Bauernhof „Heckenhof“ Ende der 50-er
Das Ehrenmal der Marinekameradschaft auf dem alten Friedhof.
Jahre erworben und dort eine Vesperstube eröffnet. Die Waldstetter
nannten es „Seemannsheim“. In
diesem Stammlokal der Marinekameradschaft wurde auch beschlossen, eine Gedenkstätte zu
errichten. Seit 2012 steht der hohe
Mast als Denkmal für alle auf der
See Gebliebenen nun an dieser
Stelle.
Wir sind längst über der Zeit.
Doch eines, nein zwei Dinge hat
Rembold noch auf seiner Tourkarte. Das wäre die Seniorenwohnanlage am Rechbach. „Wir
holen unsere älteren Bürger in die
Innenstadt“, sagt Rembold. Die
Anlage besteht aus einer betreuten Seniorenwohnanlage, dem
Pflegeheim St. Johannes mit Tagespflege und der Josef-LeichtBegegnungsstätte.
Es geht östlich den Rechbachweg entlang direkt auf die Hauptstraße zu. Zwischen einem Getränkemarkt und der Gaststätte
„Rose ‘n Stoi“ lotst uns Rembold
noch an den Stoffelbach. Dort Mehrere Wassertreppen sind in den Stoffelbach eingebaut worden.
schlängelt sich nun über mehrere Aktuell führt er wenig Wasser.
Wassertreppen und in ein kräftiges Steinbett gelegt der Bach in
Richtung Gemeindezentrum.
Staatlich anerkannter Erholungsort
Die Tour endet in der Gaststätte
Rose ‘n Stoi. Der kleine Biergarten
liegt direkt am Stoffelbach. In der
Gastwirtschaft werden für mich
Erinnerungen ans Ruhrgebiet
wach. Ein langer Tresen zieht sich
durch den Schankraum. Wie gesagt: Was für ein schönes Fleckchen, dieses Waldstetten.
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