1 Optimierte Gebäudetechnik senkt Betriebskosten

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1 Optimierte Gebäudetechnik senkt Betriebskosten
Der Beitrag ist in der Fachzeitschrift TGA-Fachplaner1 erschienen unter dem Titel:
Betriebskosten sind oft Einstellungssache.
Komplexe Energieberatung
Optimierte Gebäudetechnik senkt Betriebskosten
Von Dipl.-Ing. Thomas Eulert, TÜV SÜD Industrie Service
Effizienter Energieeinsatz wird zunehmend den ökonomischen Erfolg von Gebäuden bestimmen. Mit einer Komplexen Energieberatung konnte TÜV SÜD Industrie Service die Energiekosten eines Bürohochhauses in Warschau erheblich senken. Allein durch optimierte Einstellungen der Gebäudetechnik wurden sieben Prozent jährlich eingespart. Weitere 20 Prozent ließen
sich mit überschaubaren Investitionen in Komponenten für Raumlufttechnische Anlagen und
Beleuchtungssysteme erzielen.
Steigende Energiepreise, die Neufassung der Energieeinsparverordnung (EnEv) und die Einführung
der Energieausweise für Gebäude rücken den Energieverbrauch von Wohn- und Gewerbegebäuden
ins Zentrum der Aufmerksamkeit von Eigentümern, Betreibern und auch Fachplanern. Gebäude sollen
vor allem energieeffizient sein und die benötigten Energieträger und Medien immer rationeller nutzen.
Mit einer Komplexen Energieberatung lassen sich Optimierungspotenziale bei Energiebezug und
-einsatz erschließen und somit Energiekosten wirtschaftlich minimieren. Nicht immer müssen hierfür
Wände und Dächer aufwendig gedämmt werden. Oft reichen überschaubare Eingriffe in die vorhandene Gebäudetechnik aus.
Experten der TÜV SÜD Industrie Service GmbH erzielten bei dem Bürohochhaus WARTA Tower and
International Centre in Warschau erhebliche Einsparungen ohne Einschränkungen bei Funktion oder
Komfort und bereits ohne Investitionen. Allein durch verbesserte Einstellungen der Raumlufttechnischen (RLT) Anlagen ließ sich der jährliche Energieverbrauch um sieben Prozent senken. Zusätzliche
Investitionen in spezielle Motoren für die RLT-Anlagen und das Dimmen der Beleuchtungssysteme
amortisieren sich angesichts einer Ersparnis von jährlich 20 Prozent bereits nach eineinhalb Jahren.
Gezielte Vorgehensweise
Neben den Baukosten sind die Betriebskosten der zentrale Faktor für die Wirtschaftlichkeit eines
Gebäudes. Bei einem vollklimatisierten Gebäude können sich allein die Energiekosten in 50 Jahren
auf rund die Hälfte der ursprünglichen Investition summieren. Die energetische Bilanz und Leistung
der Gebäudetechnik werden zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor. Dadurch wächst das Interesse
an einer fachkundigen Energieberatung sowie an Software-Lösungen zur Energieberatung.
Mit einem interdisziplinären Team aus Anlagentechnik, Elektro- und Gebäudetechnik sowie Bauphysik
unterzieht die Komplexe Energieberatung von TÜV SÜD Industrie Service alle Gebäudebereiche einer
grundlegenden Analyse. Untersucht werden die Systeme der technischen Gebäudeausstattung eingeschlossen der Nutzung nach verschiedenen Gebäudebereichen.
Auf dem Software-Markt sind verschiedene Programme von unterschiedlichem Leistungsumfang
mit deren Hilfe Daten zur Energieberatung errechnet und dargestellt werden können. Hierbei werden
die Gebäude erfasst, teilweise unter Verwendung von Pauschalwerten für Gebäudedaten oder nach
Bauteilkatalogen. Die unmittelbare und unkomplizierte Anwendung kann insbesondere bei kleineren
Objekten wie Einfamilienhäusern hilfreich sein. Doch gerade bei größeren Objekten können vorhandene Potenziale zur Kostensenkung nur voll ausgeschöpft werden, wenn eine individuelle Komplexe
Energieberatung durch Experten erfolgt.
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Bestandsaufnahme und Entscheidungsgrundlage
Zu Beginn der Komplexen Energieberatung sichten die Experten von TÜV SÜD Industrie Service für
eine erste Bestandsaufnahme u.a. technische Dokumentationen, Baupläne, Verbrauchsabrechnungen
und Lieferverträge. Es folgen eine sorgfältige Begehungen von Gebäude und Anlagen mit ergänzenden Messungen sowie Konsultationen des technischen Personals. Als Ergebnis der Analyse erhält der
Auftraggeber einen detaillierten Ist-Zustand von Anlagenkonfiguration und Gebäude. Kenngrößen zum
Energieverbrauch werden berechnet und anhand gültiger Standards überprüft. So werden besondere
Energieverbraucher genauso zielsicher identifiziert wie Bereiche mit signifikanten Abweichungen vom
Leistungsstandard.
Auf Basis der ausgewerteten Unterlagen und Messungen sowie der Ergebnisse aus Betriebsbegehung und Konsultationen werden Vorschläge für Maßnahmen erarbeitet – stets in enger Abstimmung
mit dem Auftraggeber. Erzielbare Einsparungen werden berechnet, organisatorische Maßnahmen
herausgearbeitet und investive Maßnahmen auf ihre Wirtschaftlichkeit hin geprüft. Anschließend erarbeitet das Team ein individuelles Praxiskonzept zur Energieeinsparung und zur effizienteren Nutzung
von Strom, Gas und anderen Energieträgern bis hin zur Implementierung eines Energiemanagementsystems. Ein professionelles Projekt- und Genehmigungsmanagement erleichtert die Umsetzung.
Das erreichte Einsparpotenzial wird ggf. durch Abnahme- und Gewährleistungsmessungen verifiziert.
Fallbeispiel WARTA-Tower
Mit 22 Stockwerken auf 88 Metern Gesamthöhe zählt das Hochhaus zu den repräsentativsten Gebäuden Warschaus. Turm und Eingangshalle verfügen über Glasfassaden, der Sockelbereich ist als
Kombination aus Glas- und Natursteinfassade ausgeführt. Im Inneren arbeiten RLT-Anlagen zur Klimatisierung der Büros, der Eingangshalle sowie der angeschlossenen Tiefgarage. Alle Zuluftanlagen
sind als Zentralgeräte konzipiert, die Abluft wird zentral und dezentral entsorgt. Die Einzelraumklimatisierung erfolgt durch Ventilatorkonvektoren/Fan-Coil-Units (FCU), beim Heizen, Kühlen und Befeuchten wird zum Teil Wärmerückgewinnung betrieben. Zuluftemperatur und -feuchte werden über ein
Zeitprogramm gesteuert, bei der Abluft erfolgt eine Temperaturüberwachung im Raum oder über die
Zeit. Auslegungsparameter der Abluftanlage sind Abluftraten sowie Raumlufttemperaturen. Die Gebäudeklimatisierung erfolgt nach einem Zonenprinzip, wobei alle Bereiche gleich konditionierte Zuluft
erhalten, die dann lokal über FCU nacherhitzt oder -gekühlt wird. Jede FCU kann unabhängig von der
Gebäudeleittechnik eingestellt werden. Mangels Verriegelung der FCU untereinander sowie gegen die
Zuluftanlagen sind gleichzeitiges Kühlen und Heizen in einem Bereich möglich.
Die Wasserversorgung erfolgt zentral für alle Zapfstellen mit drei Druckstufen im Gebäude, die verwendeten Armaturen haben keine Durchflussbegrenzer. Auch die Spülmengen in den Toiletten sind
reichlich bemessen. Elektrizität kommt über vier Transformatorenstationen mit je zwei Trafos 1000
kVA, das Tarifsystem unterscheidet drei Tageszeitzonen sowie Sommer und Winter. Als Hauptverbraucher wurden bei der Untersuchung des Ist-Zustands identifiziert: die Lüftung (Motoren, Befeuchtung), die Kälteerzeugung (Kompressoren, Rückkühlung), die Klimatisierung (Verteilung von Kälte
und Wärme, FCU), sowie Beleuchtung, Küche und Beheizung der Garageneinfahrt.
Gebäudetechnik exakt einstellen
Das höchste Einsparpotenzial ermöglichten die veränderten Einstellungen der RLT-Anlagen. Zunächst
wurden die Laufzeiten der Anlagen mit der tatsächlichen Raumnutzung synchronisiert und dadurch
tendenziell reduziert. Die Einstellung von Zulufttemperatur und -feuchtigkeit berücksichtigt jetzt den
inneren und äußeren Feuchte- bzw. Wärmelasteneintrag und die zulässigen Grenzwerte. Diese völlig
kostenneutralen Maßnahmen reduzierten den Stromverbrauch bereits um sieben Prozent. Besondere
Einsparungen von 50 bis zu 75 Prozent folgten aus der Anpassung der Garagenlüftung an die Zeiten,
in denen tatsächlich ein erhöhter Schadstoffeintrag zu messen war – also die Kernzeiten der Garagennutzung. Während die Anpassung der Zulufttemperatur nur einen relativ geringen Energieanteil
einsparen konnte, brachte die Senkung der Zuluftfeuchte um 15 Prozent deutlich mehr. Durch Anpassung an den Normwert und Berücksichtigung der inneren Feuchte konnte die Verdampferleistung um
48 Prozent reduziert werden.
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In vielen Gebäudeteilen war die maximale Belegungszahl nicht erreicht, die Zuluftvolumenströme jedoch darauf dimensioniert. Weil die Zuluftgeräte weder ausgetauscht, noch durch zusätzliche Anlagen
ergänzt werden sollten, zeigten die Experten von TÜV SÜD Industrie Service hier vier Lösungsmöglichkeiten auf: eine Drallregelung, Änderungen der Riementriebe, Drehzahlregelung über Frequenzumformung oder polumschaltbare Motoren. Unter Berücksichtigung des Kosten/Nutzen-Verhältnisses
wurde die letzte Möglichkeit empfohlen. Eine Halbierung des geförderten Zuluftvolumenstroms würde
die nötige elektrische Antriebsenergie um rund 85 Prozent reduzieren, die benötigte Wärme bzw.
Kälte um 46 bis 53 Prozent und die Befeuchtungsleistung zwischen 47 und 67 Prozent. Investitionskosten: rund 160.000 EUR.
Schließlich wurde im RLT-Regelungssystem die Abluftwärme zusätzlich erfasst, um die Anlagen
entsprechend der Raumtemperatur optimal steuern zu können. Die FCU wurden in der Gebäudeleittechnik so verriegelt, dass sie nicht mehr gegeneinander arbeiten und im Winter bzw. Sommer nicht
auf niedrigere bzw. höhere Temperaturen als die Zuluft der Zentralanlage eingestellt werden können.
Durch Verriegelung der FCU konnte der gesamte Strom- und Wärmeverbrauch für Heizung und
Klimatisierung um zehn Prozent gesenkt werden.
Wasserversorgung und Klimatechnik
Neben der Begrenzung der FCU-Regelungsbreite wurde vor allem auf Nutzersensibilisierung gesetzt.
Das technische Personal wurde zu regelmäßigen Kontrollen des FCU-Betriebszustands unter Beachtung der aktuellen Situation der Zentralanlage angehalten. Die Raumnutzer wurden über energieeffizientes Heizen und Kühlen beraten und eine verbrauchs- und nutzerbezogene Abrechnung eingeführt.
Eine Umstellung der Warmwasserversorgung auf dezentrale Durchlauferwärmer hätte jährliche Einsparungen von nur knapp 11.000 EUR bei Investitionen von gut 230.000 EUR erzeugt und rechnet
sich daher nur auf sehr lange Sicht. Durch Optimierung des Warmwassersystems, speziell durch Reduzierung der Betriebszeiten der Zirkulation konnten kleinere Einsparungen ohne zusätzliche Investitionen erreicht werden. Auch war die Senkung des Wasserverbrauchs durch Reduzierung der Spülmengen der Toiletten ohne besondere Aufwendungen möglich. Der Einbau von Durchflussbegrenzern
an den Armaturen erforderte weniger als 20.000 EUR – alle drei Maßnahmen zusammen senken die
jährlichen Wasserkosten um über 3.300 EUR.
Betriebskosten an Tarifstruktur anpassen
Mit der stufenweisen Einführung eines Energiemanagement-Systems erreichte das Experten-Team
eine exakte Dokumentation des Leistungsbezugs und sorgte für eine langfristige Speicherung der
Messwerte. Sie ist die Basis, um langfristige Trends ermitteln und dann darauf reagieren zu können.
Auch werden so eine Signalisierung bei Überschreitung vorgegebener Grenzwerte möglich und dadurch auch frühzeitiges Gegensteuern.
Durch bessere Beachtung der Tarifstruktur wurden Betriebszeiten von Anlagen zu Zeiten teurer
Stromtarife eingeschränkt bzw. verlagert, soweit das betriebstechnisch möglich war. Eine Reduzierung
der Anzahl der Transformatoren konnte Leerlaufverluste minimieren – bei geringem Aufwand. Die
Beleuchtungssysteme boten verschiedene Einsparmöglichkeiten, insbesondere durch den Einsatz
schwächerer Leuchtmittel sowie das Dimmen der Büro- und Flurbeleuchtung. So wurde in den Fluren
die Leistung der Lampen um 20 Prozent und in den Büros um fünf bis zehn Prozent gesenkt, ohne
Komforteinschränkungen für die Nutzer. Auch angepasste Zeiten für die Beleuchtung der Tiefgarage
und der Fassade trugen zu den insgesamt über 26.000 EUR jährlicher Einsparungen bei.
Wirtschaftlicher Mehrwert
Auf Basis der genauen Untersuchungen und Messungen konnte das Experten-Team von TÜV SÜD
Industrie Service Maßnahmen zur energetischen Optimierung des Bürogebäudes ableiten. Auch ließ
sich die Höhe der Einsparungen und Kosten im Vorfeld berechnen, womit die Wirtschaftlichkeit der
Maßnahmen quantifiziert wird. Der Gebäudeeigentümer kann so auf Basis konkreter Zahlen stets
sachlich fundierte Entscheidungen treffen, für oder gegen eine geplante Maßnahme. Beim Warta-
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Tower ermittelte das Experten-Team z.B., dass ein Austausch der Glasfassade zwar die Jahresenergiekosten um acht Prozent senken würde – jedoch zu unvertretbar hohen Investitionskosten.
Durch die Anpassungen der RLT-Anlagen ließen sich die Gesamtenergiekosten um sieben Prozent
senken – ohne Investitionskosten. Gesamteinsparungen von 20 Prozent ermöglichten die Optimierung
der Systeme für Klimatechnik, Wasserversorgung und Beleuchtung sowie der Einsatz von insgesamt
rund 185.000 Euro für neue Motoren sowie das Dimmen der Beleuchtung. Die Investitionen amortisieren sich in nur 18 Monaten.
Autor:
Dipl.-Ing. Thomas Eulert, Abteilungsleiter bei TÜV SÜD Industrie Service
Kontakt:
TÜV SÜD Industrie Service GmbH
Drescherhäuser 5d
01159 Dresden
Tel: 0351 4202-313
E-Mail: betrsichv@tuev-sued.de
www.tuev-sued.de
Infokasten 1:
Der Warta-Tower
Hauptmieter des WARTA Towers ist Polens zweitgrößte Versicherungsgesellschaft, die auch
gleichzeitig Eigentümer des Gebäudes ist. Das zwischen 1998 und 2000 erbaute Bürohochhaus
hat 22 Stockwerke auf 88 Metern Gesamthöhe. Turm und Eingangshalle sind mit einer Glasfassade
ausgestattet, während weitere Gebäudeteile mit Glas-/Natursteinfassade ausgeführt sind.
Elektrizität bezieht der WARTA Tower über vier Transformatoren-Stationen mit je zwei Trafos à
1.000 kVA. Die Klimatisierung des Gebäudes erfolgt über ein Zonenprinzip. Innerhalb dieser Zonen
kann über Ventilatorkonvektoren/Fan-Coil-Units (FCU) individuell nachgeregelt werden. Die Warmwasserversorgung erfolgt zentral mit permanenter Zirkulation. Zu- und Abluftanlagen sind Zentralgeräte mit einstufigem Konstantvolumenstrom, der über Zeitprogramme geregelt wird. Im Bereich
der RLT-Anlagen werden teilweise Systeme zur Wärmerückgewinnung eingesetzt.
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Infokasten 2:
Die komplexe Betrachtung von Energiebezug und Energieeinsatz erschließt Potenziale
zur Kostensenkung. TÜV SÜD bietet Unterstützung bei Analyse und Umsetzung.
Phase 1
Entscheidungsfindung
Systematische Analyse des energetischen Ist-Zustandes anhand von Unterlagen,
Konsultationen und Vor-Ort-Begehungen
Durchführung ergänzender Messungen zur Verbesserung der Bewertungsgrundlagen
und Schließen von Lücken in der Energiebilanz
Darstellung der Optimierungspotenziale, Erarbeitung von Varianten zur Erschließung
unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit
Auswahl optimaler Varianten zur Umsetzung unter Berücksichtigung betrieblicher
Prioritäten
Phase 2
Realisierung
Projekt- und Genehmigungsmanagement für die Umsetzung der optimalen Varianten
Ermittlung des erreichten Einsparpotenzials, ggf. durch Abnahme- und
Gewährleistungsmessungen, Implementierung eines Energiemanagementsystems
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Alfons W. Gentner Verlag GmbH & Co. KG, Betriebskosten sind oft Einstellungssache, TGAFachplaner – Das Magazin für die Technische Gebäudeausrüstung 7/2007, Seite 50
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