Sorbonne (Paris IV) im akademischen Jahr 2009/1

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Sorbonne (Paris IV) im akademischen Jahr 2009/1
Erfahrungsbericht für den Erasmus- Studienaufenthalt an der Universität Paris- Sorbonne
(Paris IV) im akademischen Jahr 2009/10
I. Vorbereitung auf den Auslandsaufenthalt
Ist man als Bachelorstudent an der Sorbonne- Paris IV eingeschrieben, sollte man sich auf fast
ausschließlich schriftliche Teilleistungen und Prüfungen gefasst machen. Die
Abschlussklausuren bestehen aus Aufsätzen, in denen man sich mit einer allgemeinen
Fragestellung zu der gehörten Vorlesung auseinandersetzt. Dabei wird auch bei
Erasmusstudenten viel Wert auf ein gutes schriftliches Ausdrucksvermögen gelegt. Neben
Sprachkursen am Sprachlabor kann deshalb auch ein Kurs zur Textproduktion auf
Französisch am romanistischen Seminar nützlich sein. An der Sorbonne- Paris IV wird von
der UFR de Langue française im September ein einmonatiger kostenloser Intensivsprachkurs
angeboten. In meinem Fall wurde er erst sehr spät angekündigt, sodass ich nicht mehr
rechtzeitig anreisen konnte. Ich kann nur empfehlen ab dem 1. September in Paris zu sein.
Andere Sprachkurse mit gleicher Stundenzahl sind sehr teuer, reichen von 600 bis zu über
1000 Euro. Eine Einrichtung wie das Sprachlabor in Heidelberg gibt es an der SorbonneParis IV nicht. Auch bietet Paris IV den Studiengang „Französisch als Fremdsprache“ nicht
an. Die UFR de Langue française organisiert jedoch auch semesterbegleitende Sprachkurse
auf drei Niveaustufen (jeweils zwei Stunden pro Woche) an drei verschiedenen Orten
(Université Sorbonne- Paris IV: 1, rue Victor Cousin 75005 Paris, Centre universitaire
Clignancourt: 2, rue Francis de Croisset, 75018 Paris, Centre universitaire Malesherbes: 108,
boulevard Malesherbes, 75017 Paris). Die Zeiten und Räume für diese Sprachkurse werden in
der ersten Vorlesungswoche (oder später) an der UFR de Langue française (Université
Sorbonne- Paris IV: 1, rue Victor Cousin ,75005 Paris) ausgehängt. Um sich die Teilnahme an
dem Intensivsprachkurs bescheinigen zu lassen, wendet man sich an das Bureau du Tutorat in
demselben Gebäude. Für diese Sprachkurse gibt es keine Credit-Points.
Bei der Einschreibung muss eine im Ausland gültige Krankenversicherung bescheinigt
werden. Versicherte bei einer gesetzlichen Krankenkasse sollten sich also entweder eine
separate Auslandskrankenversicherung zulegen oder mit ihrer Versicherung abklären, ob
diese auch im Ausland gültig ist. Ein normaler Arztbesuch z.B. bei einer Erkältung,
Verstauchung etc. kostet ca. 22 Euro. Übernimmt die eigene Krankenkasse einen Teil der
Behandlungskosten im Ausland ist eine Zusatzversicherung nur dann zu empfehlen, wenn
man auch bei schweren Unfällen mit Operation und Krankenhausaufenthalt abgesichert sein
will.
Bezüglich einer Hausratsversicherung im Ausland ist es zu empfehlen, ein Konto bei der LCL
(Le Crédit Lyonnais) zu eröffnen, die eine solche für einen Euro anbietet.
Was das Wohnen in Paris betrifft so ist eine Bewerbung an der Cité Internationale
Universitaire de Paris trotz des großen Bewerbungsaufwandes (Motivationsschreiben auf
Französisch, Empfehlungsschreiben eines Dozenten, medizinisches Gutachten, etc.)
lohnenswert. Die Zimmer sind von hoher Qualität, billig und unweit des kunsthistorischen
Instituts (Institut d’Art et Archéologie: 3, rue Michelet, 75006 Paris) gelegen. Die Bewerbung
erfolgt bei dem deutschen Haus. Alle Informationen hierzu sind auf folgender Internetseite zu
finden: http://www.maison-heinrich-heine.fr/fr/. Eine gut geeignete, zentral gelegene
Übergangsunterkunft ist das Foyer Naples (22, rue de Naples, 75008 Paris). Hier kann bereits
ab einem Mindestaufenthalt von 15 Tagen eine günstige Unterkunft in Einzel-, Zweibett-, und
Dreibettzimmern gefunden werden. Die Bewerbung erfolgt unkompliziert über ein kurzes
Formular auf folgender Internetseite: http://www.ucjf.net/fr/naples.htm. Aufgrund der vielen
strengen Regeln im Wohnheim ist es jedoch nicht längerfristig zu empfehlen. Bei der Suche
nach Wohngemeinschaften auf dem freien Wohnungsmarkt sollte man immer abklären, ob
man für das jeweilige Zimmer den staatlichen Wohngeldzuschuss (CAF) beantragen kann.
Zuletzt ist der Beurlaubungsantrag und eventuell der Antrag auf Auslandsbafög nicht zu
vergessen.
Zur inhaltlichen Vorbereitung auf das Studium eignet sich insbesondere das unter der
Direktion von Alain Mirot entstandene, 1996 erschienene Werk Histoire de l’art 1000 – 2000.
Es handelt sich dabei um eine allgemeine Kunstgeschichte, an der jedoch auch Professoren
der Sorbonne- Paris IV mitgewirkt haben. So kann man sich schon vorab mit den z.B.
anderslautenden italienischen Künstlernamen und dem französischen kunsthistorischen
Vokabular vertraut machen. Die Pariser Stadtarchitektur betreffend ist das 2005 erschienene
Werk Paris contemporain. Architecture et urbanisme de Haussmann à nos jours, une capitale
à l’ére des métropoles zu empfehlen. Sein Autor ist M. S. Texier, ebenfalls Professor an der
Sorbonne- Paris IV. Zudem ließe sich das folgende, 2007 erschienene Werk selbigen Autors
ergänzen: Paris. Grammaire de l’architecture. XXe- XXIe siècles. Die Pariser Kirchen werden
in folgendem Werk gut und übersichtlich behandelt: Aline Dumoulin et al.: Paris d’église en
église, 2008.
II Erfahrungen im Studium
Das Vorlesungsverzeichnis des kunsthistorischen Institutes ist auf folgender Internetseite zu
finden: http://www.paris-sorbonne.fr/fr/spip.php?rubrique1043 (hier auf Informations
Generales klicken). Als Erasmus Student im Bachelor- Studiengang hat man an der
Sorbonne- Paris IV das Recht alle angebotenen Kurse zu besuchen. Credit- Points können
jedoch nur für Kurse im 2. und 3. akademischen Jahr des Bachelorstudienganges erworben
werden. Um 6 Credit- Points zu erwerben, sind im 2. akademischen Jahr normalerweise eine
Vorlesung (cours magistral, zweistündig) und ein dazugehöriges Tutorium (travail dirigé, 2stündig) zu besuchen sowie die entsprechenden Zwischen- und Abschlussprüfungen zu
bestehen. Im 3. akademischen Jahr setzt sich ein mit 6 Credit- Points bewertetes Modul
mehrheitlich aus einer Hauptvorlesung (zweistündig) mit dazugehörigem Tutorium
(einstündig) und einer weiteren einstündigen Vorlesung (cours optionnel) zusammen. Oft
werden für ein Modul, wie es z.B. bei dem Modul Mondes Modernes im 4. Semester des
akademischen Jahres 2009/10 der Fall war, zwei verschiedene Hauptvorlesungen zur Wahl
gestellt: zum einen Histoire des arts de la Renaissance (La Renaissance en Europe au XVIe
siècle) mit entsprechendem Tutorium sowie Histoire des arts de l’occident moderne
(Introduction a l’art europeen du XVIIIe siècle) mit entsprechendem Tutorium. Müssen sich
dauerhaft eingeschriebene Studenten für eines der beiden Angebote entscheiden, können
Erasmusstudenten dieses Modul doppelt belegen, d.h. sich für beide Vorlesungen desselben
Moduls einschreiben und somit 12 Credit- Points erhalten. Seltener sind Module, die aus zwei
Vorlesungen ohne Tutorien zusammengesetzt sind.
Das Vorlesungsverzeichnis verzeichnet alle Kurse für das gesamte akademische Jahr. D.h.,
dass im Wintersemester nur Kurse aus dem 3. und 5. Semester, im Sommersemester nur
Kurse aus dem 4. und 6. Semester belegt werden können. Dies bedeutet auch, dass bereits vor
dem ersten Treffen mit der Erasmuskoordinatorin Mme. Gerard-Powell die Kurswahl für
beide Semester bereits feststehen muss. Die Einschreibung erfolgt folglich sofort für das
gesamte akademische Jahr. Dazu wendet man sich im Anschluss an das Gespräch mit der
französischen Erasmuskoordinatorin an die Zuständigen für die Inscriptions pédagogiques,
um sich in die jeweiligen Kurslisten namentlich eintragen zu lassen. Ganz wichtig: Passbild
nicht vergessen. Eine Änderung der Kurswahl ist nach Ende des ersten Semesters für das
folgende zweite Semester möglich. Zu diesem Zeitpunkt sollte man sich das
Vorlesungsverzeichnis im Internet noch einmal durchlesen, da es zu inhaltlichen
Umgestaltungen der Vorlesungen im zweiten Semester kommen kann. Während eines
Semesters ist es schwieriger einen Kurs zu wechseln, da in den Tutorien die Referate in der
ersten Stunde verteilt werden und somit gleich alle Referatstermine belegt sein können.
Unproblematisch ist es dagegen einen Kurs streichen zu lassen.
Die drei bis fünfstündigen Abschlussprüfungen der Vorlesungen bestehen - wie bereits gesagt
- aus einer allgemeinen Fragestellung zum Thema des Kurses, die durch einen schriftlichen
Aufsatz (dissertation) zu beantworten ist. Es wird generell nie nach speziellen Kunstwerken
oder konkreten Künstlern gefragt. Die Prüfungsaufgabe der von mir belegten Vorlesung Les
avantgardes historiques. 1905- 1945 lautete das Verhältnis der Künstler der ersten Hälfte des
20. Jahrhunderts zu den politischen Geschehnissen ihrer Zeit aufzuzeigen. Bei der
Bearbeitung der Aufgabenstellung wird besonders viel Wert auf veranschaulichende Beispiele
gelegt. Bei jedem Beispiel ist der Name des Künstlers, der Name des Kunstwerkes und das
Entstehungsjahr anzugeben. Daher ist es wichtig gleich zu Beginn der Vorlesung, die
Angaben aller vorgestellten Kunstwerke mitzulernen. Zudem wird in der Abschlussklausur
auch erwartet, dass andere, in der Vorlesung nicht behandelte Beispiele genannt und in
Beziehung gesetzt werden. Die dissertation unterliegt einer strengen Gliederung in Einleitung
(introduction), Hauptteil (développement) und Schluss (conclusion). In der Einleitung werden
allgemeine historische und kunsthistorische Zusammenhänge erörtert, um ausgehend davon
die gegebene Fragestellung weiterzuentwickeln und zu diskutieren oder aus einer gegebenen
Aufgabenstellung eine Fragestellung zu entwickeln. Als Abschluss der Einleitung wird die
inhaltliche Vorgehensweise des anschließenden Hauptteils kurz vorgestellt. Der Hauptteil
besteht generell aus drei thematischen Teilen (viele Dozenten akzeptieren jedoch auch zwei
oder vier Teile). Jeder thematische Teil umfasst wiederum drei Teilaspekte (zwei oder vier
Teilaspekte möglich), die jeweils mit ein bis zwei Beispielen verdeutlicht werden. Ein
thematischer Teil könnte sich z.B. mit künstlerischen Konzepten befassen, die sich gezielt
gegen die vorherrschenden politischen Verhältnisse richten. Ein erster Teilaspekt hierzu
könnte sich der Entwicklung einer abstrakten, deutlich als international und völkervereinigend
verstandenen Kunst durch Hans Arp und Sophie Taeuber im Kreise der Dadaisten in Zürich
vor dem Hintergrund des ersten Weltkrieges widmen. Beispiel: Hans Arp, Elementare
Konstruktion "Nach den Gesetzen des Zufalls", 1916. Im Schlussteil werden die Ergebnisse
kurz zusammengefasst. Zudem soll an dieser Stelle die Bedeutung des Dargestellten für
künftige Künstlergenerationen deutlich gemacht werden.
In den Tutorien wird zur Vorbereitung auf die Vorlesungsprüfung eine verknappte
zweistündige dissertation geschrieben, plan detaillé genannt. Dabei wird die Einleitung
ausformuliert, der Hauptteil jedoch nur in Überschriften und Stichpunkten behandelt und der
Schlussteil wiederum ausformuliert.
Zudem wird in den Tutorien im Laufe des Semesters ein Referat (exposé) gehalten. Auch
wenn das Referat sich strukturell an der dissertation orientiert, steht hier ein konkretes
Kunstwerk im Zentrum der Betrachtung. Nach einer kurzen Einleitung, die sich auf keinen
Fall um die Vita des Künstlers drehen darf, sondern das zu besprechende Kunstwerk kurz in
die Schaffensperiode des Künstlers sowie kunst- und zeitgeschichtlich einordnen soll, folgt
die Bildbeschreibung. Aus der Bildbeschreibung ergeben sich Interpretationsansätze, die wie
in einer dissertation in thematischen Abschnitten, hier jedoch nicht zwangsweise nochmals in
einzelne Teilaspekte gegliedert, behandelt werden. Einige Dozenten bestehen darauf, dass die
Vorgehensweise im Hauptteil vorab kurz vorgestellt wird (und auch die Power-PointPräsentation einen Ablaufplan zeigt) andere Dozenten halten dies bei Referaten für unnötig.
Da an der Sorbonne- Paris IV auf methodische Details sehr viel Wert gelegt wird, sollte man
besonders gut aufpassen, wenn der jeweilige Dozent seine Erwartungen bezüglich der
Referate vorstellt. Letztendlich folgt wie bei der dissertation der Schlussteil. Bei einem
Referat wird anschließend (bei M. Poirier zu Beginn des Referats) die verwendete Literatur
kurz vorgestellt. Die letzte Power-Point- Folie sollte folglich ein Literaturverzeichnis
enthalten. Jede Literaturangabe wird kurz kommentiert (Warum war mir gerade dieses Buch
von Nutzen?). Monographien werden folgendermaßen zitiert: Roque Georges, Qu’est-ce que
l’art abstrait?, Paris, Gallimard, coll. « folio essais », 2003. Ausstellungkataloge
folgendermaßen: Figures du moderne. L‘Expressionisme en Allemagne. Dresde, Munich,
Berlin, 1905- 1914, Paris, Musée d’art moderne de la ville de Paris, 1992.
Interessant ist, dass der Referent nach Abschluss seines Vortrages einer ausführlichen Kritik
den Inhalt und die Präsentationsweise betreffend unterzogen wird. Im Nachhinein finde ich es
verwunderlich, dass eine Referatskritik in Heidelberg eher die Ausnahme als die Regel
darstellt, da ich diese als sehr anregend empfunden habe. Das Referat wird anschließend
benotet.
Darüber hinaus werden Bildbestimmungsklausuren geschrieben oder Essays aufgegeben, zu
deren Bearbeitung drei Wochen zur Verfügung stehen.
Das französische Universitätssystem im Bachelorstudiengang ist darauf ausgerichtet, jedem
Studenten alle Kunstepochen - von der Antike bis zur Gegenwart sowie über die europäischen
Grenzen hinausreichend - lückenlos beizubringen. Ein System, das gewiss Vorteile wie
Nachteile mit sich bringt. Ein für mich ausschlaggebender Vorteil ist das äußert umfangreiche
und vielseitige Kursangebot.
Am germanistischen Institut (Centre universitaire Malesherbes) können von
Bachelorstudenten auch in Masterkursen Credit-Points erworben werden. Dazu ist rechtzeitig
vor Vorlesungsbeginn ein Termin mit der Erasmuskoordinatorin Mme Mourey (MarieTherese.Mourey@paris-sorbonne.fr) zu vereinbaren. Das Vorlesungsverzeichnis ist auf
folgender Internetseite zu finden: http://www.paris-sorbonne.fr/fr/spip.php?rubrique1046
(Unter der Kategorie etudes, cursus et diplômes auf Master LLCE klicken, dann z.B. auf
Master d’Allemand-Lettres klicken, anschließend herunterscrollen bis zu dem Link Brochure
de Master d’allemand). Hat man sich seine Kurswahl bei Mme Mourey schriftlich bestätigen
lassen, muss man sich anschließend wie üblich an die Zuständigen für die inscriptions
pédagogiques wenden, um sich definitiv für den Kurs einzuschreiben.
Die Bibliothek am kunsthistorischen Institut in der rue Michelet ist unzureichend bestückt. Da
es sich um eine reine Präsenzbibliothek handelt (es ist auch keine Ausleihe über das
Wochenende möglich) sind zudem immer diejenigen Bücher, die in den Lektürelisten der
Kurse aufgelistet sind, bereits in Benutzung. Die Öffnungszeiten kommen diesen
unglücklichen Umständen keinesfalls entgegen: Montag bis Freitag von 9.00 bis 19.30 Uhr.
Zudem ist nur ein geringer Teil des Bestandes im Freihandbereich verfügbar; der Rest
befindet sich im Depot, auf das nur Bibliothekare Zugriff haben. So muss man umständlich
Zettel ausfüllen und bei viel Andrang bis zu einer halben Stunde auf ein Buch warten, dass
sich, im schlimmsten Fall, auf den ersten Blick als unbrauchbar herausstellt. Ausleihen darf
man sich aus einer kleinen Auswahl von speziell markierten Werken (Markierung mit lila
Streifen) nur zwei Exemplare über zwei Wochen. Überschreitet man die Abgabefrist, wird ein
Ausleiheverbot verhängt. Verlängerungen des Ausleihezeitraums sind nicht möglich, im
Gegenteil muss das ausgeliehene Buch nach zwei Wochen einen Tag in der Bibliothek
bleiben, um von derselben Person wieder ausgeliehen werden zu können.
Was macht man also am Wochenende? Eine Arbeitsmöglichkeit bietet die Bibliothek des
Centre Pompidou, die unter der Woche (außer dienstags) von 12.00 bis 22.00 Uhr und am
Wochenende von 11.00 bis 22.00 Uhr geöffnet ist. Diese Präsenzbibliothek ist für jedermann
zugänglich, es werden keine Bibliotheksausweise ausgestellt. Dementsprechend lang ist die
Schlange vor der Bibliothek. Die Wartezeiten erstrecken sich teilweise, gerade am
Wochenende, auf bis zu drei Stunden. Die kunsthistorische Abteilung kann nur als erster
Einblick in die Materie dienen, ist aufgrund der Anordnung der Werke nach Künstlern jedoch
nützlich.
Ausgezeichnet bestellt ist die Präsenzbibliothek des INHA (Institut national d’histoire de l’art,
2, rue Vivienne, 75002 Paris). Hier sollte man sich gleich zu Beginn seines Aufenthaltes ein
Ausweis (Passfoto nicht vergessen) erstellen lassen. Die Öffnungszeiten sind jedoch auch
nicht gerade berauschend: Montag bis Freitag von 10.00 bis 18.00 Uhr sowie samstags von
09.00 bis 17.00 Uhr.
Einen besonderen architektonischen Reiz bietet die Präsenzbibliothek Ste. Geneviève (10,
place du Panthéon, 75005 Paris). Die 1842- 50 von Henri Labrouste gebaute Bibliothek
inszeniert im Inneren das tragende Eisengerüst durch unverblendete, ornamental verzierte
Gusseisenträger.
Will man sich letztendlich doch einige Werke über einen längeren Zeitraum ausleihen, sollte
man den Versuch nicht unterlassen, auf die öffentlichen Bibliotheken von Paris zuzugreifen.
Auf der Internetseite www.bibliotheques.paris.fr kann die Verfügbarkeit eines Buches in allen
öffentlichen Bibliotheken in Paris, in denen eine Ausleihe möglich ist (Bibliothèques
municipales de prêt), überprüft werden. Oft hat man Glück, und das Buch ist in einer der
Bibliotheken vorhanden. Der Ausweis ist kostenlos und für alle öffentlichen Bibliotheken in
Paris gültig (Passfoto und Personalausweis nicht vergessen). Die auf Kunst spezialisierte
öffentliche Bibliothek Forney (Hôtel de Sens, 1, rue du Figuier, 75004 Paris) war
enttäuschend: eine überwiegend schlecht ausgestattete Präsenzbibliothek (hier muss zudem
ein eigener Bibliotheksausweis ausgestellt werden).
Ein sehr nützliches Werkzeug zur Literatursuche ist der Internetkatalog SUDOC
(http://www.sudoc.abes.fr/). Dieser Katalog findet das gesuchte Werk in den Datenbanken
aller universitären und öffentlichen Präsenzbibliotheken in ganz Frankreich.
Auf folgender Internetseite kann nach Anmeldung das Begleitmaterial der Kurse abgerufen
werden: http://www.paris-sorbonne.fr/portail/ (Auf Cours en ligne klicken)
III. Erfahrungen außerhalb des Studiums
Bleibt man für ein Jahr in Paris lohnt sich die studentische Jahreskarte zur Benutzung der
Metro. Die nötigen Formulare hierzu bekommt man an jeder Metrostation. Zuallererst sollte
man sich gleich nach seiner Ankunft um ein Bankkonto kümmern, da jedes weitere Vorgehen,
wie etwa der Kauf der Metrojahreskarte ohne eine französische Bankverbindung nicht
möglich ist. Auch zur Beantragung des französischen Mietgeldzuschusses bei der CAF
(https://www.caf.fr/wps/portal/) benötigt man ein französisches Bankkonto.
Höhepunkt meines Parisaufenthalts war die von der archäologischen Abteilung des
kunsthistorischen Instituts organisierte Italienreise nach Rom, Paestum, Messina, Taormina,
Syrakus, Agrigento, Selinunte, Segeste, Monreale, Palermo, Naples und Pompei während der
Osterferien. Neun Tage Marathon. Nach den ersten sieben Tagen machten sich bereits erste
gravierende Ermüdungserscheinungen aufgrund der täglichen Kilometermärsche bergauf,
bergab, von Tempel zu Amphitheater bemerkbar. Das Programm sah zur Regeneration gerade
einmal acht Stunden Schlaf vor. Die Reise war tatsächlich bis auf die letzte Sekunde
durchorganisiert, auch wurden einige Male zwei Städte an einem Tag besichtigt. Mein erster
Einblick in die Archäologie war somit ein ganz lebendiger. Auf dieser Reise hatte ich auch
die Gelegenheit viele meiner französischen Kommilitonen kennenzulernen. Die Reisegruppe
setzte sich aus Studenten der verschiedensten Fächer zusammen, darunter waren vor allem
Kunstgeschichtler, Archäologen, Studenten der alten Sprachen und der alten Geschichte
sowie Studenten des Italienischen. Es ist also demnach nur zu empfehlen sich stets nach
Studienfahrten umzuhören und die Augen offen zu halten.
Mit französischem Lesestoff kann man sich am billigsten bei Gibert Jeune an dem Place St.
Michel ausstatten. Unweit von hier befindet sich auch der englische Antiquitätenhändler
Shakespeare & Company. Ein Besuch lohnt sich nicht nur aufgrund der billig zu erstehenden
englischen Bücher aus zweiter Hand, sondern vor allem aufgrund der gemütlichen
Sitzgelegenheiten in wunderbarer Atmosphäre, die gerade zur Winterzeit zu genussvoller
Lektüre einladen.
Die besten Falafel im Brot bekommt man bei Pitzman in der rue de Pavée im jüdischen
Stadtviertel Marais. Sehr empfehlenswert auch aufgrund des Preises - fünf Euro sind für
Pariser Verhältnisse ein Schnäppchen. Es bietet sich an, von hier aus durch dieses alte Pariser
Stadtviertel bis zum Centre Pompidou zu spazieren.
Besonders begeistert haben mich die Pariser Bauwerke aus Stahl und Beton. Darunter zähle
ich folgende Kirchen: die 1901-02 von Jules Astruc erbaute Kirche Notre-Dame-du-Travail
(59, rue Vercingétorix, 75014 Paris), die 1897-1904 von Anatole de Baudot erbaute Kirche
Saint-Jean-de-Montmartre (19, rue des Abbesses, 75018 Paris), die 1928-35 von Paul
Tournon erbaute Kirche Saint-Esprit (186, avenue Daumesnil, 75012 Paris), die 1926- 1930
von Charles-Henri Besnard erbaute Kirche Saint-Christophe de Javel (4 rue Saint-Christophe,
75015 Paris) sowie die sich in Le Raincy befindende Kirche Notre-Dame-de-la-Consolation
(3, avenue de la Résistance, 93340 Le Raincy), die 1922-23 von Auguste und Gustave Perret
erbaut wurde. Trotz weitergedachter Gotik oder Hagia- Sophia Rezeption, diese Kirchen
brechen aufgrund der hier eingesetzten, neuen Materialen auf unerwartete Weise mit unseren
althergebrachten Sehgewohnheiten und Vorstellungen von Kirchenräumen.
In der Hoffnung, dass meine Erfahrungen und Eindrücke Euch den Studienbeginn erleichtern
können, wünsche ich Euch einen spannenden und anregenden Studienaufenthalt in Paris.
Inna Krieger