100 Jahre U-Boote in deutschen Marinen

Transcription

100 Jahre U-Boote in deutschen Marinen
Zum Inhalt
Kleine Schriftenreihe
zur Militär- und Marinegeschichte
Stephan Huck (Hg.)
100 Jahre U-Boote
in deutschen Marinen
Ereignisse – Technik – Mentalitäten – Rezeption
O
R
Dr.
Die
ter
Ver
lag
Win
kler
P
E
S
E
L
E
B
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort zur Schriftenreihe .....................................................................................
Geleitwort ......................................................................................................................
Vorwort des Herausgebers ..........................................................................................
7
9
11
I. Ereignisse
FRANK NÄGLER
Vorstellungen zur U-Boot-Kriegführung vor dem Ersten Weltkrieg ....................
15
WERNER RAHN
Deutsche U-Boote im Ersten und Zweiten Weltkrieg: Einsätze, Erfahrungen und
Entwicklung neuer U-Boot-Typen .............................................................................
27
KLAUS MATTES
Entwicklung der Kleinst-Uboote der Kriegsmarine ................................................
69
TORSTEN DIEDRICH
Die mysteriöse U-Boot-Waffe der DDR .....................................................................
81
RAIMUND WALLNER
Die U-Bootkomponente der Bundesmarine/ Deutschen Marine. Ein
Zeitzeugen- und Erfahrungsbericht ...........................................................................
93
II. Technik
HEINRICH WALLE
Die Anwendung der Funktelegraphie beim Einsatz deutscher U-Boote im
Ersten Weltkrieg ...........................................................................................................
107
PETER HAUSCHILDT
Brennstoffzellen für Uboote der Klasse 212A ...........................................................
131
MICHAEL OZEGOWSKI
Sensoren, Waffen und Einsatzsysteme für Deutsche U-Boote Das neue U-BootSzenario .........................................................................................................................
141
III. Mentalitäten und Rezeption
HAJO NEUMANN
Die Rezeption des U-Boot-Krieges in der deutschen und angelsächsischen Literatur ................................................................................................................................
155
KATHRIN ORTH
Warum weiterkämpfen? Einsatzbereitschaft und Motivation der deutschen
U-Bootfahrer den letzten Kriegsmonaten 1944/45 ..................................................
167
LINDA MARIA KOLDAU
U-Boot-Filme und ihre Musik ....................................................................................
187
RENÉ SCHILLING
U-Boothelden in Deutschland von 1914 bis in die Gegenwart. Die Beispiele Otto
Weddigen und Günter Prien ......................................................................................
201
Autorenverzeichnis ......................................................................................................
211
Zurück zum Inhalt
Vorwort des Herausgebers
Ich fühlte – oder vielmehr glaubte es -, wie das Fahrzeug zum tiefsten Meeresgrund hinabsank. Es befiehl mich arge Beklemmung. Ich erblickte in diesem geheimnisvollen Asyl
eine ganze Welt unbekannter Tiere, zu welchem dieses Fahrzeug als gleichartig zu gehören schien, lebendig, sich bewegend, furchtbar wie sie ...!
So beschreibt Professor Arronax, Professor der Naturgeschichte am Museum zu Paris,
seine ersten Empfindungen an Bord von Kapitän Nemos NAUTILUS.
Mit seinem Roman 20.000 Meilen unter dem Meer hat der französische Dichter
Jules Verne vor nunmehr 139 Jahren, 18 Jahre vor dem ersten französischen U-Boot
und 36 Jahre vor der Indienststellung von U 1, zahlreiche Aspekte des modernen UBootkrieges, ihrer Geschichte und ihrer Faszination vorausgeahnt.
Beklemmend, faszinierend, geheimnisvoll – dieselben Gefühle, die Jules Verne
seinen Professor Arronax schildern lässt, empfinden die Besucher des Deutschen Marinemuseums zumeist beim Gang durch die dort ausgestellte U 10. Dass U-Boote bis
heute faszinieren, zeigen auch die eindrücklichen Teilnehmerzahlen des 9. Forums
Wilhelmshaven, das sich als gemeinsame Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft
für Schiffahrts- und Marinegeschichte und der Stiftung Deutsches Marinemuseum des
Themas »100 Jahre U-Boote in deutschen Marinen« annahm und dessen Beiträge hier nur
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen.
Wer sich wie die U-Boot-Fahrer und seit einiger Zeit -fahrerinnen den eingangs
von Jules Verne geschilderten Risiken tagaus/tagein aussetzt, kann nur ein Held sein
und so ist es nur folgerichtig, wenn Jules Verne auch den U-Boothelden bereits vor
dem ersten wirklichen U-Boot erfindet: »Dieser Mann« - beschreibt Arronax den Kapitän Nemo bei deren erster Begegnung - »stellte unstreitig einen bewundernswerten Typus
dar, wie ich ihn sonst nirgends getroffen habe.« Dass der U-Bootheld keineswegs fiktional
blieb, sondern als wirkungsmächtiges Konstrukt in beiden Weltkriegen im öffentlichen Diskurs präsent war, zeigt René Schilling in seinem Beitrag zu ausgewählten UBoothelden auf, in dem er auch auf den Konnex zwischen Heldenmythos und den enormen Verlusten der Waffengattung in beiden Kriegen eingeht. Denn so paradox es
klingt, diese hohen Gefallenenzahlen wirkten dem U-Bootmythos und dem Bild des
U-Boothelden nicht entgegen, sondern sind Teil von ihm. Mit der Erfindung des Bürgersoldaten in den Freiheitskriegen wurde der Opfertod des – vornehmlich jungen –
Mannes auf dem Feld der Ehre notwendiger Bestandteil eines wahren Heldenlebens.
Und gerade weil die U-Bootfahrer so gefährdet waren wie kaum andere, eigneten sie
sich für den Heldenkult wie kaum andere. Dabei durfte und darf kaum ein Soldat so
vorschriftswidrig auftreten, wie die U-Bootfahrer. Im Gegenteil, je bärtiger, dreckiger
und verschwitzter sie daher kommen, desto heldischer wirken sie: wenn dem ein oder
anderen Leser bei dieser Schilderung Jürgen Prochnow als der Alte und Herbert Grönemeyer als Leutnant Werner in Petersens »Das Boot« in den Sinn kommen, dann
nicht von ungefähr. Mit Sicherheit stellt dieser inzwischen mehr als 25 Jahre alte Film,
der nur einer von vielen U-Boot-Filmen ist, die wirkungsmächtigste Fortschreibung
des Bildes vom U-Boothelden in die Gegenwart dar, und so spielen er und seine literarische Vorlage eine gewichtige Rolle in den Beiträgen von Linda Koldau und Hajo
11
Neumann in diesem Band, die sich mit der Rezeption des U-Bootkrieges in Literatur
und Filmmusik auseinandersetzen. Abgerundet wird die Auseinandersetzung mit den
Menschen an Bord der U-Boote und ihrer Wirkung durch eine von Katrin Orth verfasste Analyse der Mentalitäten deutscher U-Bootfahrer des Zweiten Weltkrieges.
Untrennbar ist die Geschichte der U-Boote auch eine Geschichte der U-Boottechnik. Es bedurfte umfassender physikalischer Kenntnisse und technischen Knowhows, um die dem Menschen eignende Erdenbindung zu überwinden und Geräte zu
schaffen, mit denen er ohne Schaden in die für ihn feindliche und zugleich faszinierende Unterwasserwelt abtauchen konnte. Doch weniger die Entwicklung der Tauchtechnik, als vielmehr ausgewählte Aspekte militärischer Führungstechnik in der Vergangenheit am Beispiel der Rolle der Funkentelegraphie im Ersten Weltkrieg, der sich
Heinrich Walle annimmt, und der Gegenwart am Beispiel moderner Sonarsysteme,
mit denen sich Michael Ozegowski befasst, stehen im Fokus des zweiten Abschnittes.
Abgerundet wird der Abschnitt durch eine Darstellung der Entwicklung moderner
Brennstoffzellenantriebe, wie sie auf den Einheiten der Klasse 212 A zum Einsatz
kommen.
Einleitend aber steht die Auseinandersetzung mit der Rolle der U-Boote in den
Konzeptionen der deutschen Marinen und ihrer Wirkung in den Weltkriegen. Frank
Nägler geht auf ihre Bedeutung in den strategischen Überlegungen der Kaiserlichen
Marine vor dem Ersten Weltkrieg ein, während Werner Rahn es auf sich genommen
hat, eine vergleichende Betrachtung dieser (vermeintlich) ur-deutschen Waffen in beiden Weltkriegen vorzunehmen. Einen bedeutsamen Sonderfall nimmt Klaus Mattes
mit der Darstellung der Technik und Einsätze der zum Ende des Zweiten Weltkrieges
in der Kriegsmarine entwickelten Klein-U-Boote vom Typ SEEHUND in den Blick. Torsten Diedrich geht schließlich darauf ein, warum die Volksmarine der DDR nie eine eigene U-Bootwaffe besaß, während Raimund Wallner aus eigenem Erleben die Rolle
der westdeutschen U-Boote von den Anfängen bis zu den gegenwärtigen Einsätzen
betrachtet.
Stephan Huck
12
Zurück zum Inhalt
Vorstellungen zur U-Boot-Kriegführung vor
dem Ersten Weltkrieg
von
Frank Nägler
1. Das Unterseeboot – eine ‚deutsche’ Waffe? Der späte Rüstungsbeginn vor dem
Ersten Weltkrieg
Unsere politisch-soziale Sprache bildet sich in der Konfrontation mit der Gegenwart
und der damit einhergehenden Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Auch der
Begriff »U-Boat« kann hierfür als ein Beispiel dienen. Für ihn bietet die British Library
bei der Suche nach der Aufnahme in den Buchtitel 166 Treffer und für die Pluralform
noch einmal 78 Treffer an, wobei die Einträge von 1918 bis 2007 reichen. Auf den ersten Blick scheint dies zwar kaum mit dem einheimischen Begriff »Submarine« konkurrieren zu können. Lassen sich doch für den Singular beeindruckende 906 Eintragungen zählen. Darunter sind jedoch zahlreiche Treffer, in denen lediglich das Adjektiv gemeint ist und die demzufolge mit dem Unterseeboot nichts tun haben. Schon die
hier eindeutigere Pluralform »Submarines« nähert sich mit 286 Nachweisen merklich
den Größenordnungen für »U-Boat«. Wird dann noch die Suche zusätzlich mit dem
Begriff »Krieg« eingegrenzt, vermindert sich die Differenz bis zu einem Punkt, an dem
zwar noch von einem graduellen, nicht mehr aber von einem substantiellen Unterschied gesprochen werden kann: 89 Treffer für »Submarine War«, 63 für »U-Boat
War«1. Solch prominente Repräsentanz des aus der fremden Sprache entlehnten Begriffes sollte nun auch nicht erstaunen. Nach zwei Weltkriegen, in denen die U-BootBedrohung Großbritannien zu aufwendigen Abwehrmaßnahmen veranlasste, ist das
Unterseeboot, so scheint es, zu einer recht ‚deutschen’ Waffe geworden. So berechtigt
ein solcher Eindruck auch heute sein mag – nichts wäre irreführender, ihn auch auf
die Zeit der Kaiserlichen Marine vor dem Ersten Weltkrieg übertragen zu wollen.
Schon ein flüchtiger Blick auf die Rüstungsdaten legt die Vermutung nahe, diesem Seekriegsmittel sei im Arsenal der Kaiserlichen Marine bis 1914 eine nur untergeordnete Bedeutung zugebilligt worden. Ob man das Einführungsjahr dieser Waffe betrachtet oder ob sich das Augenmerk auf die absoluten Zahlen der beschafften Boote
richtet – regelmäßig findet sich das Deutsche Reich unter den großen Seemächten lange Zeit auf letzten oder doch vorletzten Plätzen. Auch 1914 ist es noch nicht in der
Spitzengruppe anzutreffen. So beschäftigte sich die französische Marine bereits seit
den 1880er Jahren mit Tauch- bzw. Unterseebooten. 1888 war die GYMNOTE vom Stapel gelaufen, 1899 hatte ein wesentlich verbesserter Typ, die NARVAL, den Dienst aufgenommen. Ende des 19. Jahrhunderts erschienen die Probleme des sicheren, stabilen
Seeverhaltens (auch unter den Bedingungen des Torpedoschusses) soweit gelöst, dass
dem Torpedoangriff auf ein nahe gelegenes Überwasserziel große Erfolgsaussichten
15
eingeräumt wurden2. Derlei Aussichten waren für die Royal Navy, die über Jahrzehnte aufmerksam alle Versuche zu diesem Seekriegsmittel registriert hatte, Grund genug,
sich selbst der Beschaffung von Unterseebooten zuzuwenden. 1900 wurden die ersten
fünf HOLLAND-Boote in Auftrag gegeben. Zunächst nur als unvermeidliche Testhilfe
zur Klärung geeigneter U-Boot-Abwehrmaßnahmen gedacht, wurde die U-Bootwaffe
ab 1903/04 zielstrebig als eigener Arm der Royal Navy aufgebaut3. Als sich in der britischen Admiralität die Verwendungsmöglichkeiten des neuen Seekriegsmittels bereits
abzeichneten, begann die Kaiserliche Marine erst nennenswerte Gelder in die Erprobung und die schließliche Beschaffung zu investieren. Das mit den ab 1904 bereitgestellten Mitteln gebaute Erprobungsboot U 1 stand ab 1906 zur Verfügung. 1908 waren
dann die Versuche soweit abgeschlossen, dass eine spürbare Erhöhung der Haushaltsansätze für Unterseeboote gerechtfertigt erschien. In diesem Jahr listete der offiziöse
»Nauticus« für Frankreich 99 vorhandene, im Bau befindliche oder zumindest bewilligte Unterseeboote auf, für Großbritannien 70, für Russland 36, für die Vereinigten
Staaten 32, für Japan elf, Italien sieben und Österreich-Ungarn sechs entsprechende
Einheiten. In der Spalte des Deutschen Reiches findet sich dagegen lediglich ein
Strich, wobei der Text durchaus auf die Erprobung von U 1 eingeht4. Damit verschwieg das Jahrbuch zwar die absehbare Indienststellung des bereits deutlich vergrößerten Modells U 2, eine Berücksichtigung dieses und des begonnenen oder zumindest geplanten Baues von zehn weiteren Booten5 hätte der Kaiserlichen Marine
aber unter den Marinen der euro-atlantischen Großmächte noch nicht zu einer signifikanten Positionsverbesserung verholfen.
Im Unterschied zu den Torpedobooten, die von Anfang an als organischer Bestandteil der Schlachtflotte begriffen wurden, und die im Flottengesetz von 1898 bzw.
1900 mit den dortigen Personalbestimmungen eine vergleichsweise verlässliche Absicherung ihres Etats hatten6, fand die U-Bootwaffe erst mit der Novelle von 1912 die
Aufnahme in dieses Fundament der deutschen Seerüstung. Mit jährlich sechs zulaufenden Booten sollte bei einer jeweils auf zwölf Jahre begrenzten Verwendungsdauer
die U-Bootwaffe auf 72 Einheiten anwachsen7. Für den zwei Jahre später eingetretenen Kriegsfall war die Frist zu knapp, um auch nur in die Nähe des Aufbauzieles gelangen zu können. Der »Nauticus« von 1914 sah das Reich in der Reihe der Seemächte
hinsichtlich der Unterseeboote mit 28 als modern eingestuften Booten zwar nun schon
vor Österreich-Ungarn (sechs neuere Boote), Japan (15, darunter acht neuere), Italien
(20, darunter 19 neuere) und Russland, unter dessen 28 Einheiten sich lediglich 17 eines moderneren Typs befanden; demgegenüber aber lag es mehr oder minder deutlich
noch hinter den Vereinigten Staaten mit 38 (darunter 32 neueren) Booten, Frankreich
mit 55 (darunter 49 neueren) Einheiten und vor allem Großbritannien mit 77 (darunter
69) modernen Unterseebooten8.
Indessen muss die späte Berücksichtigung der U-Bootwaffe durch die Kaiserliche Marine nicht irritieren. Seit der »Dienstschrift Nr. IX« lief deren konzeptionelle
Entwicklung auf ein Schlachtflottenmodell zu, dessen Durchsetzung dann mit der Ernennung des Konteradmirals Alfred (v.) Tirpitz zum Staatssekretär des Reichsmarineamtes ab 1897 tatkräftig betrieben wurde. Im konstitutionellen preußisch-deutschen
Reich wurde diese Flottenkonzeption mit dem Flottengesetz von 1898 und dessen
16
Zurück zum Inhalt
Deutsche U-Boote
im Ersten und Zweiten Weltkrieg
Einsätze, Erfahrungen und Entwicklung neuer U-Boot-Typen
von
Werner Rahn
Einführung1
Vor dem Ersten Weltkrieg hatte sich das U-Boot zu einem wirksamen Seekriegsmittel
entwickelt, dessen Einsatzbereich zunächst in der Hafen- und Küstenverteidigung lag.
Bis 1914 erreichte es jedoch die Fähigkeit, offensiv bis in die Gewässer des Gegners
vorzustoßen. Das damalige U-Boot war im Grunde ein bewegliches Torpedoboot, das
aufgrund seiner robusten Antriebsanlage eine große Seeausdauer hatte und die Fähigkeit besaß, schnell von der Wasseroberfläche zu verschwinden und sich damit der
Erfassung durch einen Gegner zu entziehen. - Unter Wasser war das Boot mit seinem
Elektroantrieb relativ langsam und weitgehend stationär. Seine Kampfkraft zeigte sich
in der Fähigkeit, Schiffsziele überraschend mit Torpedos anzugreifen.
Für lange Zeit gab es keine Möglichkeit, getauchte U-Boote zu orten und zu bekämpfen, es sei denn, sie zeigten ihr Sehrohr oder ihren Turm. Über Wasser waren die
U-Boote gefährdet, da sie gerammt oder beschossen werden konnten. Ihre Sicherheit
hing davon ab, den Gegner zuerst zu entdecken und sich dann mit einem Tauchmanöver einem Beschuss zu entziehen2.
E
B
O
R
P
E
S
E
L
Abb. 1: Deutsche U-Boote vor 1914
(Sammlung DMM)
27
Erster Weltkrieg3
LE
SE
PR
O
BE
Bei Kriegsausbruch 1914 stand die Kaiserliche Marine unter dem Eindruck der großen
Überlegenheit des Gegners. Lediglich bei hochseefähigen U-Booten war Deutschland
mit 28 Booten der Royal Navy überlegen, die nur über 18 vergleichbare Einheiten und
weitere 40 kleinere Küsten-U-Boote verfügte4. – Angesichts dieser Lage setzte die
deutsche Marineführung zunächst ihre Hoffnung auf einen Kräfteausgleich, der
»durch eine bis an die britische Küste getragene rücksichtslose Minen- und U-Boots- Offensive« erzielt werden sollte. Danach war der Einsatz der Flotte in einer Schlacht »unter
günstigen Umständen« vorgesehen5.
Abb. 2: U-Boot Vorstoß August 1914
(Karte Nr. 9 aus dem Reihenwerk "Der Krieg zur See 1914-1918")
Bereits wenige Tage nach Kriegsausbruch ließ der Flottenchef, Admiral Friedrich
v. Ingenohl, zehn U-Boote in einem breiten Aufklärungsstreifen ohne Unterstützung
durch andere Streikräfte in einer sechstägigen Fernunternehmung bis zur Höhe der
Orkney Inseln (etwa 59° Nord) vorstoßen, um den Aufenthaltsort der Grand Fleet und
eine vermutete nördliche Blockadelinie zu erkunden. Die Boote sichteten keinen Gegner und kehrten bis auf zwei, die verschollen blieben, nach Helgoland zurück6. Am 5.
28
Zurück zum Inhalt
Entwicklung der Kleinst-Uboote der Kriegsmarine
von
Klaus Mattes
Ungeachtet weiterer Kleinkampfmittel, die im Auftrag der Kriegsmarine im Laufe des
Zweiten Weltkrieges entwickelt wurden, konzentriert sich der folgende Beitrag auf
den U-Bootstyp XXVII B5, später 127, mit der Deckbezeichnung SEEHUND. Es handelt sich hierbei um den einzigen U-Bootstyp, der als Amtsentwurf entworfen, gebaut
und im Rahmen des Kommandos der Kleinkampfverbände der Kriegsmarine (KdK
oder kurz K-Verband) in nennenswerten Zahlen noch vor Ende des Krieges Fronteinsatz gesehen hat. Die übrigen an der Front eingesetzten Marinekleinkampfmittel sollen der Vollständigkeit halber kursorisch erwähnt werden: Tauchfähige und nichttauchfähige Ein-Mann-Torpedoträger und bemannte Sprengboote.
Da es in der folgenden Betrachtung um U-Boote geht, und zwar besonders kleine Boote mit nur zwei Mann Besatzung, soll eingangs ein geschichtlicher Exkurs vorangestellt werden. Zumindest in Deutschland ist die Geschichte der kleinen U-Boote
wie sie für Marinekleinkampfverbände interessant sind, relativ kurz, obwohl beinahe
alle historisch belegbaren Versuche mit U-Booten und U-Boot-ähnlichen Tauchfahrzeugen eigentlich stets Klein-Ubooten galten. Für diese Betrachtung beginnt sie nach
dem Ersten Weltkrieg, als die Reichsmarine gelegentlich mit Vorschlägen und Entwürfen konfrontiert wurde, die aus den Erfahrungen und Einsätzen der italienischen Marine im Ersten Weltkrieg herrührten. Die Vorschläge, die allesamt insbesondere noch
nach 1938 vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges jedoch auf wenig oder kein Gehör
trafen, waren zum Teil recht umfangreich entwickelt, wie zum Beispiel die des Inhabers der gleichnamigen Firma in Lübeck, Dr. Heinrich Dräger1. Dieser legte 1940 und
auch schon vorher in verschiedenen Denkschriften nicht nur Entwürfe von torpedotragenden Klein-U-Booten vor, sondern machte auch Vorschläge zu ihrem Fahrantrieb:
So wurden Kreislauf-Dieselmotoren vorgeschlagen und beim Forschungsinstitut für
Kraftfahrtwesen und Fahrzeugmotoren (FKFS) der TH Stuttgart in Auftrag gegeben.
Darüber hinaus machte er sich Gedanken, wie diese für den Einsatz in großen Stückzahlen im Küstenvorfeld einzusetzenden U-Boote rationell herzustellen seien und
nahm damit auch den Serienbau in Sektionsbauweise vorweg. Schließlich sollten die
Boote nicht nur sektionsweise von und zwischen den Herstellerbetrieben per Bahn
transportiert werden, sondern auch (in Anlehnung an den UB 1 Typ der Kaiserlichen
Marine) an die jeweilig erforderlichen Einsatzbasen. Zu dieser Zeit hatten die Boote
noch eine Größe zwischen 70 und 120 Tonnen.
69
Der Weg zum SEEHUND
Alle diese Vorschläge fanden in der Kriegsmarine kein Echo. Das Erfordernis solcher
U-Boote wurde nicht gesehen. Auch im Frühjahr 1942 noch nicht, als in dem nachmaligen Hauptamt für Kriegschiffbau (K-Amt) des OKM ein 100-Tonnen-Entwurf für ein
konventionelles U-Boot mit drei Torpedorohren entstand (Klein-U-Boot »K«)2. Zum
damaligen Zeitpunkt bereits war der Referent bei K I U (U-Boote-Schiffbau) MBR Otto
Grim zuständig für Klein-U-Bootfragen. Allerdings scheinen die in ihren Ergebnissen,
wie wir heute wissen, propagandistisch geschönten (Nicht-) Erfolge japanischer KleinU-Boote beim Überfall der kaiserlich Japanischen Marine auf Pearl Harbour im Dezember 1941 sowie später auf Okinawa und anderswo zumindest eine Rolle gespielt
haben, so dass ein gewisses Interesse geweckt wurde. Nach der Ablehnung des KleinU-Bootes »K« erging gleichwohl im Sommer 1942 ein erneuter Auftrag zum Entwurf
eines Klein-U-Bootes an das K-Amt, der aber zunächst nicht recht vorangetrieben
wurde3. Die intern im K-Amt dazu diskutierten Überlegungen sind mir im Einzelnen
nicht bekannt. Es scheint jedoch, dass eine Reihe von Ereignissen betreffend den Einsatz insbesondere italienischer Marinekleinkampfmittel (Alexandria, Gibraltar, Suda
Bay) mit teilweise spektakulären Erfolgen die Aufmerksamkeit der Kriegsmarineführung erregte. Zuletzt dürfte es die sich rapide verschlechternde Lage zur See (Zusammenbruch des U-Bootkrieges) und der erfolgreiche Angriff britischer Klein-UBoote vom Typ X-CRAFT auf das Schlachtschiff TIRPITZ im September 1943 gewesen
sein, der dieses so schwer beschädigte, dass es seine volle Gefechtsbereitschaft nie
wieder erlangt hat, durch den sich die Kriegsmarine gezwungen sah, sich des Themas
anzunehmen. Dann allerdings erfolgten gezielte Aufträge an das K-Amt, wobei natürlich auch die Ergebnisse der Untersuchungen der Wracks von X-CRAFT und eines anderen britischen Klein-Uboottyps (WELMAN-CRAFT) sowie in einer späteren Phase diejenigen des italienischen CBs einflossen. Auch angesichts der Gefahr einer Invasion
Zentraleuropas wuchs der Druck erheblich und führte zur Priorisierung des schnellen
Entwurfs eines Klein-U-Bootes, das, so eine der ersten Grundforderungen, zwei Mann
Besatzung haben sollte und wie X-CRAFT und WELMAN eine große Sprengladung an
ein stilliegendes Ziel an einem geschützten Ort bringen sollte. Die unmittelbar nächste
Forderung war, dass ein derartiges Boot auch einen Torpedo tragen sollte und von jeder offenen Küste (-Strand) aus einsetzbar sein sollte, wobei der Überraschungseffekt
zu nutzen sei4. Der ObdM selbst forcierte den Plan, indem er den Oberbefehlshaber
des Gruppenkommandos Nord, Adm., Schniewind beauftragte, eine Gliederung zu
schaffen, die den Einsatz von Marinekleinkampfmitteln, ausgehend von Kommandoeinheiten nach britischen (»Mountbatton Organisation«) und italienischen (»Decima
MAS«) Vorbildern, der Entwicklung geeigneter Waffen und Geräte sowie der wissenschaftlichen Erarbeitung von Einsatzgrundsätzen usw. ermöglichen sollte. Der damit
befasse VAdm Weichold sorgte dafür, dass hierzu im Herbst 1943 der damalige Konteradmiral Helmut Heye als Chef des Stabes kommandiert wurde. Ihm, dem späteren
Admiral der K-Verbände (AdK) gelang es, eine ganze Reihe von Vorstellungen zu
verwirklichen, die fast revolutionär und jedenfalls modern und ihrer Zeit weit voraus
waren. Auch Grundstrukturen einer späteren »Inneren Führung« gehörten bereits dazu. Vor allem aber eine nicht gekannte Entscheidungsfreiheit und die unmittelbare
70
Zurück zum Inhalt
Die mysteriöse U-Boot-Waffe der DDR
von
Torsten Diedrich
Die Monatsmitte des Juni 1953 war für die Angehörigen der Sonderdienststelle S 7 in
Rügen/Dwasiden aufregend. Oft wagten Offiziere und Mannschaften einen Blick auf
die Weiten der Ostsee. Sie spähten nach einem U-Boot-Turm oder aber nach Periskopen, die die Ankunft der erwarteten sowjetischen U-Boote aus Kronstadt angekündigt
hätten. Diese sollten den Grundstock für den Aufbau einer eigenen, ostdeutschen UBoot-Waffe bilden. Um wie viele Boote oder auch welchen Typs es sich handeln sollte,
wusste niemand.
Doch das Meer blieb ruhig.
Allerdings tobte auf dem Festland alsbald die Volksseele. Die Unzufriedenheit
mit der sich verschlechternden Lebenssituation im sozialistischen deutschen Staat, mit
fehlender Demokratie und Mitbestimmung aber auch mit der Aufrüstung hatte fast
eine Millionen Menschen auf die Straße getrieben. Am 17. Juni 1953 erhob sich das
Volk gegen die SED-Diktatur.
Die von der UdSSR versprochenen U-Boote sollten niemals den Rügen-Hafen
Saßnitz erreichen. Die Krise in der DDR, die im Volksaufstand gipfelte1 - hatte eine
völlig neue Lage geschaffen2. Das U-Boot-Projekt in der DDR war von Seiten Moskaus
verworfen worden. Die Legende der DDR-U-Boot-Waffe aber sollte sich noch lange
halten. Dem Mythos »U-Boot« war auch wegen der strengen Geheimhaltung alles Militärischen in der DDR nur schwer beizukommen.
Der Beitrag3 möchte kurz die Seepolizei/Volkspolizei-See der DDR vorstellen
und folgend die Hintergründe des Interesses vor allem der Sowjetunion am Aufbau
einer DDR-U-Boot-Waffe erläutern. Von Interesse sind die Fragen: Wann tauchte das
Vorhaben, in der Seepolizei U-Boote in Dienst zu stellen, zum ersten Mal auf? Welches
waren die politischen und militärischen Hintergründe für das Streben nach dieser
Waffe und warum scheiterte die U-Boot-Idee?
Bereits mit dem Auseinanderdriften der vier Besatzungszonen unter der Ägide
der Besatzer 1947/48 war die Sowjetunion an der Verfestigung der kommunistischen
Herrschaftsform, die sie nach Kriegsende in ihrer Besatzungszone etabliert hatte, interessiert. Dazu gehörte nach kommunistischem Machtverständnis auch die Erringung
der bewaffneten Macht, d.h. die Schaffung eines militärischen Instrumentes der Herrschenden in der SBZ. Mit dem Beginn der Berlinkrise fiel in Moskau im Sommer 1948
die Entscheidung, entgegen der alliierten Vereinbarungen kasernierte Bereitschaften
der Polizei und der Grenzpolizei zu je 10 000 Mann in der SBZ zu schaffen. Diese sollten in ihren Reihen schrittweise das Potential militärisch geschulter Offiziere und Unteroffiziere für eine künftige Armee in Ostdeutschland heranbilden. Mit der Gründung der DDR im Oktober 1949 wurde im neu geschaffenen Innenministerium eine
81
»Hauptabteilung für Ausbildung« (HVA) gebildet, die nunmehr die militärisch strukturierten Bereitschaften führte und hier den personellen und materiellen Kern für zukünftige Landstreitkräfte entwickelte.
Im Sommer 1950 wies Moskau dann den Aufbau auch von Marineeinheiten an.
Aus der Sonderabteilung im Stab der HVA, die sich seit Februar 1950 mit der Personalauswahl für den Aufbau von Marineformationen beschäftigt hatte, entstand am 15.
Juni die »Hauptverwaltung Seepolizei« (HVS). In der Aufbauphase der Marine bis 1952
wurden sowohl die Führungsstrukturen als auch mit der Schiffsstammabteilung Kühlungsborn, der Flottenbasis Wolgast und des Bergungs- und Rettungskommandos
Saßnitz erste fahrende Einheiten geschaffen. Die Seeoffiziersanstalt Stralsund, die Unteroffiziers- und Mannschaftsschule Parow, der Baulehrgang Wolgast sowie eine
Nachrichtenoffiziers- und eine Ingenieuroffiziers-Lehranstalt auf Rügen und in Rostock erfüllten die Aufgaben der Ausbildung von Offizieren, Unteroffizieren und
Mannschaften für die militärische Seefahrt.
Insbesondere der Saßnitzer Hafen wies eine günstige strategische Lage auf und
verfügte über gute Ansteuerungsmöglichkeiten und Wassertiefen. Der frühere Kriegshafen wurde schon ab 1945 durch sowjetische Flottenverbände genutzt. Jetzt sollte er
in der künftigen Militärplanung für operative Einsätze eine große Rolle spielen. Auch
der Hafen in Parow empfahl sich im Zusammenhang mit der in Stralsund gelegenen
Volkswerft Stralsund, in der Reparaturarbeiten und Neubauten für die Seepolizei erfolgten und dem Stralsunder Handelshafen als Stützpunkt der Seestreitkräfte. Allerdings waren die Hafenanlagen schwer ansteuerbar und durch den Gegner leicht abzusperren, so dass sich der Ausbau zu einem operativen Stützpunkt verbot.
Zum Jahreswechsel 1951/52 verfügte die Seepolizei über einen Personalbestand
von knapp 3 000 Mann, eine Räum- und eine Küstensicherungsdivision mit je sechs
Booten und insgesamt über zwei Schiffe und 19 Boote4.
Der eher gemächliche Aufbau der Seepolizei erfuhr im Jahr 1952 eine radikale
Beschleunigung. Die Westmächte hatten Stalins Note vom 10. März 1952 abgelehnt.
Moskaus Versuch, damit in die politische Offensive zu gelangen und die Einigung
westlicher Staaten zur Bildung einer »Europäische Verteidigungsgemeinschaft« mit der
angestrebten Integration der Bundesrepublik zu torpedieren, war damit gescheitert.
Jetzt setzte der sowjetische Diktator auf die Aufrüstung der DDR als »Bollwerk gegen
den Imperialismus«. Er beorderte Anfang April die SED-Führung nach Moskau und
diktierte die Schaffung einer 300 000 Mann Armee und einer Rüstungsindustrie. Auch
das Stichwort »Unterseeboote« fiel5. Damit war die politische Entscheidung zur schnellen militärischen Aufrüstung der DDR gefallen.
In diesem Kalkül sollte die ostdeutsche Marine eine bedeutende Rolle spielen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die UdSSR großes militärisches Interesse an der
Beherrschung der Meere gezeigt. Es entstand eine Marine, die dem Selbstverständnis
Moskaus als Weltmacht entsprach6. Den sowjetischen Schiffbaumöglichkeiten angepasst, ließ Stalin zunächst eine Flotte mit begrenzten Offensivmöglichkeiten mit
Schwerpunkt Kreuzer, Zerstörer und der U-Booten aufbauen. 1957 besaß die UdSSR
dreimal mehr U-Boote als die Vereinigten Staaten7. In den maritimen Sicherheitsinteressen der UdSSR spielte die Ostsee eine besondere Rolle. Zum einen führte über die
82
Zurück zum Inhalt
Die U-Bootkomponente
der Bundesmarine/Deutschen Marine
Ein Zeitzeugen- und Erfahrungsbericht
von
Raimund Wallner
»Mehr als U-Bootfahrer kann der Mensch nicht werden«. Mit diesen Worten eröffnete in
den 80er Jahren, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, ein Kapitänleutnant der UBootflottille seinen Vortrag bei der HiTaTa [Historisch-Taktische-Tagung der Flotte,
Anm. d. Hrsg.]. In den hinteren Reihen bekam der junge Kommandant die erwünschten Lacheffekte. In den vorderen Reihen der aktiven und pensionierten Admiralität,
erntete er mildes, verständnisvolles Lächeln, wussten die Altvorderen doch sehr genau um das robuste Selbstwertgefühl, das der U-Bootfahrer in Friedenszeiten braucht,
um mit der nachgeordneten Rolle zurecht zu kommen, die ihm die verschiedenen
deutschen Marinen traditionell zugewiesen haben.
Ziemlich genau 30 Jahre liegen zwischen dem 13. März 1975 und dem 19. Oktober
2005. Zum ersten Datum erfolgte die Doppelindienststellung von U 26 und U 30, der
letzten beiden Boote der Serienklasse U 206, zum zweiten Datum wurden nach 30 Jahren mit den Booten U 31 und U 32 der Klasse U 212A erstmals wieder neue Einheiten
in den Dienst der Marine genommen. Dies verdient nicht nur Erwähnung, weil es belegt, dass der Bau von U-Booten nicht erste Priorität in der Bundesmarine respektive
Deutschen Marine hatte und hat – sind doch in jenen 30 Jahren drei aufeinander folgende Klassen von Fregatten in Dienst gestellt worden. Ich erwähne dies auch, um
den Nachweis meiner Zeitzeugenschaft als aktiver Offizier in U-Boot-Verwendungen
zu führen. Dazu zähle ich auch den Schreibtisch, den ich als Referatsleiter für UBootrüstung derzeit im BMVg kommandiere. U-Boote hatten die Hauptlast des Seekrieges getragen, mit keinem anderen Seekriegsmittel wussten die Deutschen besser
umzugehen. Im »accord spécial« der Pariser Verträge vom Oktober 1954, in dem der
deutsche Verteidigungsbeitrag auch in seiner maritimen Komponente umrissen wurde, kamen U-Boote jedoch noch nicht vor. Dies änderte sich nach der Aufnahme in die
NATO im Mai 1955. Innerhalb der Westeuropäischen Union wurde der Bundesrepublik Deutschland eine Komponente von 12 Küsten-U-booten zugestanden, mit einer
Beschränkung von zunächst 350, später 450 Tonnen Typverdrängung. Schon ab 1956
wurden durch Hebung und Grundüberholung zweier Küstenboote Typ XXIII und
1957 eines selbstversenkten Hochseebootes Typ XXI für die junge Bundesmarine 3
Plattformen vorbereitet. Die Besatzungen konnten so noch von der Genialität der letzten Bootstypen des II.Weltkriegs profitieren und sich ohne die Verzögerung langwieriger Bauphasen mit der Technik und der Handhabung dieses Seekriegsmittels in der
Praxis vertraut machen. Im August 1957 stellte KptLt Ehrhardt U HAI und wenige
93
Wochen später KptLt Hass U HECHT in Dienst. Im September 1960 folgte WILHELM
BAUER vom Typ XXI als Erprobungsboot – auf Grund seiner Größe von über 2000
Tonnen getaucht – mit Sondergenehmigung der WEU. Vor dem Hintergrund der völlig veränderten strategischen Lage Westdeutschlands als Frontstaat der NATO konnte
das U-Boot nicht mehr Plattform zur Führung von ozeanischem Handelskrieg mit
Rudeltaktik sein. Im Falle eines Angriffs durch den Warschauer Pakt galt es jetzt für
die Bundesmarine u.a. dem Gegner die ungehinderte Nutzung der Ostsee als Rollbahn zur Unterstützung seiner Landfront zu verwehren und Landungsoperationen zu
verhindern. In Seegebieten eindeutiger gegnerischer Überlegenheit wie der mittleren
und östlichen Ostsee waren U-Boote das geeignete Mittel zur maritimen Vorneverteidigung. In der Nordsee und angrenzenden Seegebieten war es Auftrag der U-Boote,
durch Bekämpfung gegnerischer U-Boote und Überwasserstreitkräfte an der Gebietssicherung mitzuwirken. Im typischen Einsatzprofil des Kalten Krieges kam es darauf
an, den Vorteil der Unsichtbarkeit und Schwerortbarkeit des U-Bootes bis zum Waffeneinsatz und darüber hinaus zu erhalten und den Gegner zu überraschen.
In der Ostsee mit ihrer geringen Wassertiefe und begrenzten Ausdehnung stand
den Warschauer-Pakt Marinen die gesamte Südküste vom Finnischen Meerbusen bis
in die Lübecker Bucht zur Verfügung, U-Jagdverbände konnten innerhalb weniger
Stunden, fliegende U-Jagdmittel innerhalb von Minuten auftreten. Deutsche U-Boote
mussten deshalb für den Einsatz unter diesen Bedingungen besonderen Ansprüchen
genügen, wie sie für die meisten Marinen nicht in dem Maße galten: Nur kleine, kompakte und mit hoher Kampfkraft ausgestattete Plattformen kamen in Frage.
Professor Ulrich Gabler mit seinem Ingenieurkontor Lübeck (IKL) fand auf der
Basis des kleinen Küsten-U-Bootes vom Weltkriegstyp XXIII eine Antwort. Bereits am
20. März 1962 konnte U 1 der Klasse 201 in Dienst gestellt werden. Es war aus amagnetischem Stahl gebaut – eine Weltneuheit – womit der Minen- und Flugzeugbedrohung in den flachen Gewässern des Operationsgebietes wirksam begegnet werden
sollte.
Mit 395 Tonnen entsprachen die Boote U 1 bis U 3 der Klasse 201 allerdings
nicht mehr den Bedingungen der Pariser Verträge, weil nach neuer Festlegung der
Typverdrängungsregeln fester Ballast nicht mehr abgezogen werden durfte. Noch im
Oktober genehmigte die WEU den Deutschen eine Obergrenze von 450 Tonnen und
erlaubte gleichzeitig den Bau von 6 U-Booten mit bis zu je 1 000 Tonnen. Der Deutsche
Bundestag billigte dann 1965 der Marine eine Sollstärke von 30 U-Booten, 24 davon
für den Ostsee-Einsatz und 6 größere Boote für U-Jagdaufgaben in der Nordsee, wofür sich das 1 000-Tonnen-Kontingent der WEU würde nutzen lassen.
Dann kam die Stahlkrise! Ab Juni 1962 wurden bei den 3 Booten der Klasse 201
und später bei den in gleicher Bauweise realisierten 4 Booten der Klasse 205 – U 4 bis
U 8 – Korrosionserscheinungen nachgewiesen. Es handelte sich um »interkristalline
Spannungsriss-Korrosion«. Die Hoffnung auf Minimierung der magnetischen Signatur
mit dem Bau amagnetischer Bootsrümpfe schien zerstoben. Bei den ersten drei Booten
der Klasse 201 war dieses Phänomen so gravierend, dass sie schon bald außer Dienst
gestellt werden mussten. Aus Platzgründen kann hier auf die anschließenden SonderVerwendungen und Umbauten dieser Boote nicht eingegangen werden. Die Aufträge
94
Zurück zum Inhalt
Die Anwendung der Funktelegraphie beim
Einsatz deutscher U-Boote im Ersten Weltkrieg
von
Heinrich Walle
Die Entwicklung der Funkentelegraphie zu einem für die Zwecke unserer Marine
kriegsbrauchbaren Signal- und Befehlsmittel beginnt mit der Einführung der Hörempfänger im Winter 1906. Bis zum Jahre 1907 war die Funkentelegraphie in unserer Marine
ein Nachrichtenmittel, das wohl gelegentlich auch einmal funktionierte, auf dessen sicheres Arbeiten man sich aber nicht verlassen konnte.1
So begann ein am 12. März 1910 in der Aula der Marineakademie zu Kiel vor den Offizieren der Station Ostsee gehaltener Vortrag. Der Referent, Kapitänleutnant von
Voigt, berichtete unter der Themenstellung: »Die Verwendung des Funkspruchs für militärische Zwecke in der Marine« über die technische Entwicklung und die Anwendungsmöglichkeiten dieses neuen Fernmeldemittels. Er kam zu der Feststellung, dass die
Funkentelegraphie in den vergangenen vier Jahren zu einem vollwertigen Führungsund Signalmittel herangereift sei, mit dem Flottenverbände auf größere Entfernung
von Land aus einzusetzen und auch vom eingeschifften Verbandsführer in See sicher
zu führen seien.
Der Referent hatte damit die wichtigste Verwendungsmöglichkeit des neuen elektronischen Nachrichtenmittels angesprochen; er wies dann in seinen Ausführungen auch auf die ersten Versuche des gerichteten Empfanges von elektromagnetischen Ausstrahlungen hin, die seit 1907 (Prof. Artom) und 1908 (Prof. Braun und Kapitän Hoveland)2 zum Zwecke der eigenen Standortbestimmung bzw. der Ortung
fremder Sender unternommen wurden und seit 1915 in der Navigation bzw. Ortung
eigener und gegnerischer Fahrzeuge als Funkpeilverfahren zur Anwendung gelangten3.
Erstaunlicherweise wurden die Möglichkeiten, Funksprüche des Gegners abzuhören, und die Gefahren des Abhörens eigener Sendungen durch den Gegner in diesem Referat nur indirekt angesprochen. Kapitänleutnant von Voigt berichtete lediglich über die Möglichkeiten der Störung des gegnerischen Funkverkehrs und der
damit verbundenen Gefahren einer Blockierung der eigenen Fernmeldeeinrichtungen. Seine wichtigste Forderung war die Schaffung einer besonderen Laufbahn für
das funktelegraphische Personal, da er klar erkannte, dass die technischen Möglichkeiten der Funkentelegraphie (F. T.) nur von gut ausgebildetem Personal voll ausgeschöpft werden können. Als größte Probleme der F. T. nannte von Voigt die Schwierigkeiten der genauen Abstimmung der Sender und des Frequenzwechsels. Mangelnde Trennschärfe und Empfindlichkeit der Geräte sollten bis in die Jahre nach
107
dem Ersten Weltkrieg den Gebrauch der elektronischen Fernmeldemittel am stärksten
beeinträchtigen.
In den Darstellungen der Operationen deutscher Seestreitkräfte im Ersten
Weltkrieg wird die Bedeutung der F. T. als Nachrichten- und Führungsmittel
durchaus hervorgehoben. Jedoch ist eine eingehende Untersuchung von Entwicklung und Einsatz der Funktechnik im Ersten Weltkrieg immer noch ein Desiderat
der Forschung. Aus den Arbeiten über den U-Bootkrieg 1914-1918 lässt sich durchaus der Schluss ziehen, dass damals die Anwendung der Funktelegraphie zur Gewinnung von Informationen über den Gegner und ihre Verwertung zum Ansatz der
eigenen U-Boote von größerer Bedeutung war, als dies aus den bisher vorliegenden
Abhandlungen deutlich wird. Die fünf Bände über den Handelskrieg mit U-Booten
von Arno Spindler4 enthalten im Wesentlichen nur Angaben zur Tatsache, dass die
U-Boote Einsatzbefehle durch die Großfunkstation Nauen erhielten. Nur in den Bänden 4 und 5 erfolgt gelegentlich ein Hinweis auf den Funkverkehr zwischen einzelnen
Booten. Auch die Darstellung über die funktechnischen Einrichtungen deutscher
U-Boote im Weltkriege und deren Gebrauch in den Sammelbänden von Max
Schwarte5 aus den Jahren 1920 und 1927 enthalten ebenfalls nur relativ allgemein gehaltene Angaben. Dieser Umstand mag damit zusammenhängen, dass man damals
noch aus Geheimhaltungsgründen Einzelheiten verschweigen wollte. Autoren jüngerer Publikationen wie Heinz Bonatz6, Helmuth Giessler7 oder Fritz Trenkle8
standen die Akten noch nicht zur Verfügung oder die Beschreibung der Fernmeldemittel aus dem Ersten Weltkrieg war nur ein Randgebiet ihrer Themenstellung.
Lediglich Hubert Jeschke hat in seiner 1972 erschienenen U-Boot-Taktik9 den Gebrauch der Funktelegraphie als Führungsmittel für U-Boote im Ersten Weltkrieg
aus den Akten an Hand einiger Beispiele dargestellt, nachdem Bernd Stegemann
1968 in seinen Aufsätzen in der Marine-Rundschau10 einige Hinweise auf die ersten
Versuche in den Jahren 1917 und 1918 gegeben hatte, U-Boote von einer in See befindlichen Funkzentrale aus zu führen. In der englischen Literatur haben Robert M.
Grant11 und Patrick Beesly12 vornehmlich die Erfolge der britischen Funkaufklärung bei der Abhörung des Funkverkehrs deutscher U-Boote im Ersten Weltkrieg
und die dadurch ermöglichten Abwehrerfolge zur Darstellung gebracht. Neuerdings hat Alberto Santoni13 aufgrund der jetzt im Public Record Office in LondonKew zugänglichen britischen Akten den Einfluss der Funkaufklärung auf den Seekrieg 1914-1918 untersucht. Dabei kann der Eindruck entstehen, dass der Gebrauch
der Funktelegraphie auf deutscher Seite zu leichtfertig und ohne realistische Einschätzung der hierdurch für den Gegner erleichterten Bekämpfung der deutschen
U-Boote erfolgte.
Im Folgenden sollen die Möglichkeiten der Anwendung elektronischer Fernmeldemittel beim Einsatz deutscher U-Boote im Ersten Weltkrieg skizziert werden.
Dabei sind folgende Problemkreise zu betrachten: Gewinnung von Informationen über den Gegner durch Abhören seines Funkverkehrs, Führung der U-Boote in See über
Funk und die Anwendung elektromagnetischer Ausstrahlungen zur Standortbestimmung, d. h. Bestimmung eigener und Gegnerstandorte durch Funkpeilung. Alle drei
Problemkreise sind vor dem Hintergrund des damaligen technischen Entwicklungs-
108
Zurück zum Inhalt
Brennstoffzellen für Uboote der Klasse 212A
von
Peter Hauschildt
Einleitung
Das Prinzip der Brennstoffzelle (BZ) wurde bereits 1839 von Sir William Grove erkannt. Da diese Entdeckung jedoch nahezu zeitgleich mit der Entwicklung der Verbrennungskraftmaschine stattfand, konnte sich die Brennstoffzelle zunächst in der
Anwendung nicht durchsetzen, ihre Weiterentwicklung verlief nur langsam.
In den 60er Jahren des letzen Jahrhunderts erfuhr die Brennstoffzelle jedoch eine regelrechte Renaissance durch die Anwendung in der Raumfahrt. Seitdem rückt
die Brennstoffzelle stetig weiter in den Mittelpunkt des Interesses. Inzwischen haben
zahlreiche Automobilhersteller Prototypen mit Brennstoffzellen-Antrieb entwickelt.
Außerdem wird der stationäre Einsatz von Brennstoffzelle als BHKW oder als Ersatz
für die Hausheizung in Demonstrationsanlagen seit einigen Jahren erfolgreich getestet.
Auch aus dem Marineschiffbau ist die Brennstoffzelle inzwischen nicht mehr
wegzudenken. Das bekannteste Beispiel der jüngsten Zeit ist sicherlich die Anwendung in U-Booten, auf die im Folgenden näher eingegangen wird. Aber auch der Einsatz in militärischen und zivilen Überwasserschiffen ist denkbar.
Brennstoffzellen für U-Boote
Konventionelle, also nicht nuklear getriebene, U-Boote verfügen über ein dieselelektrisches Antriebssystem. Der Brennstoff, hier also Dieselkraftstoff, wird mittels eines Dieselgenerators in elektrische Energie umgewandelt, die in der Batterie zwischengespeichert werden kann und sowohl für die Bordnetzversorgung als auch zum
Antrieb des U-Bootes genutzt wird. Während der Unterwasserfahrt geschieht die Energieversorgung ausschließlich über die Batterie. Um die Batterie nach einigen Tagen
jedoch aufladen zu können, muss das Boot auf Sehrohrtiefe gehen, da den Dieselgeneratoren mittels eines Schnorchels Verbrennungsluft zugeführt werden muss. Die Gefahr, entdeckt zu werden, ist in dieser Situation aufgrund der Radar- und IR-Signatur
des Schnorchels und der Abgase sowie des erhöhten Lärmpegels durch den Dieselmotor recht hoch.
In den vergangenen Jahren wurden daher verschiedene Antriebssysteme entwickelt, die außenluftunabhängig betrieben werden können. Die HDW hat sich in enger
Kooperation mit der Deutschen Marine für ein außenluftunabhängiges Antriebssystem (air-independent propulsion = AIP) basierend auf Brennstoffzellen entschieden.
An Bord sind Wasserstoff und Sauerstoff gespeichert, mit denen die Brennstoffzellen
betrieben werden. Die auf diesem Wege erzeugte elektrische Energie kann wahlweise
131
in der Batterie gespeichert werden oder aber direkt für die Bordnetzversorgung und
den Antrieb genutzt werden. Das Einsatzprofil sieht vor, dass der diesel-elektrische
Antriebsstrang für kurzzeitige, hohe Geschwindigkeiten und längere Transitstrecken
bei niedriger Bedrohung genutzt wird. Das Brennstoffzellen-System ist dagegen für
Schleichfahrten mit einer längeren Einsatzzeit ausgelegt.
E
B
O
R
P
SE
LE
Abb. 1: Funktionsprinzip eines außenluftunabhängigen U-Bootsantriebs
(HDW)
Die Unterwasserausdauer dieses Hybridsystems ist im Vergleich zum diesel-elektrischen System von einigen Tagen auf mehrere Wochen verlängert. Somit erweitert
sich auch der Unterwasserfahrbereich um ein Vielfaches gegenüber dem reinen Batteriebetrieb, insbesondere bei geringen Geschwindigkeiten.
Durch den vergrößerten Unterwasserfahrbereich ist eine Entdeckung des UBootes durch einen Gegner nach vorheriger Aufspürung auch deutlich schwieriger.
Während ein konventionelles U-Boot nach wenigen Tagen zum Laden der Batterien
schnorcheln muss, kann ein AIP-U-Boot mehrere Wochen getaucht bleiben und so das
hohe Risiko, während des Schnorchelns durch erhöhte Signaturen geortet zu werden,
vermeiden.
E
B
RO
P
E
S
E
L
Abb. 2: Vergrößerter Fahrbereich durch außenluftunabhängigen Antrieb
(HDW)
132
Zurück zum Inhalt
Sensoren, Waffen und Einsatzsysteme für
Deutsche U-Boote
Das neue U-Boot-Szenario
von
Michael Ozegowski
Stellt man sich die Frage, welche Eigenschaft U-Boote von anderen Kampfschiffen unterscheidet, so ist die erste Antwort, dass sie im getauchten Zustand unsichtbar sind.
Und genau diese Eigenschaft prädestiniert U-Boote bis heute für Aufgaben, die von
anderen Einheiten nicht oder nur unter erheblichen Einschränkungen erledigt werden
können. Hierzu gehören die verdeckte Aufklärung, die Möglichkeit, unerkannt Seegebiete über lange Zeiträume zu überwachen, aber auch die Fähigkeit, nahezu ohne
Vorwarnzeit Effektoren einsetzen zu können. Unter dem Einfluss der sich ändernden
politischen Bedingungen konzentrieren sich viele Länder der internationalen Gemeinschaft heute auf Krisen- und Anti-Terroreinsätze. Daher kommt den zuerst genannten
Möglichkeiten von U-Booten eine immer größere Bedeutung zu.
Für den U-Boot-Einsatz haben sich im Laufe der letzten 100 Jahre zwei grundlegende Prinzipien herausgebildet. Einerseits kommen Ausfahrgeräte zum Einsatz,
die es einem U-Boot ermöglichen, Sensoren oberhalb der Wasserlinie einzusetzen.
Trotz der optimierten Größe und Form moderner Antennen birgt der Einsatz dieser
Geräte immer die Gefahr einer Ortung durch gegnerische Kräfte. Aus diesem Grund
kommt bis heute der Entwicklung von Schallortungsgeräten, den Sonaren, eine herausragende Bedeutung zu. Sie ermöglichen es als einziges technisches Mittel den UBooten, im getauchten Zustand Informationen zu gewinnen und sicher zu operieren.
Darüber hinaus müssen heute in einem Führungssystem auch wichtige Daten anderer
Informationsquellen für den Aufbau der Lagedarstellung genutzt und über moderne
Kommunikationsmittel weiteren Einheiten verfügbar gemacht werden.
U-Boot-Combatsysteme der heutigen Generation müssen daher extrem hohen
Ansprüchen genügen. Darüber hinaus muss ihre Systemarchitektur flexibel genug
sein, um dem sich über die Lebenszeit eines U-Boots ändernden Nutzungsverhalten
der Marinen Rechnung zu tragen und neue Systeme und Updates unter vertretbarem
ökonomischem Aufwand zu implementieren.
Als eine von wenigen Firmen weltweit ist ATLAS ELEKTRONIK in der Lage,
alle Komponenten eines modernen U-Boot-Combatsystems zu liefern bzw. zu integrieren, einschließlich der Torpedos und Torpedoabwehrmaßnahmen. Mit anderen
Worten: ATLAS ELEKTRONIK kann die gesamte Funktionskette vom Sensor bis zum
Effektor (Shooter) aus einer Hand liefern.
141
E
B
O
R
P
E
S
E
L
Abb. 1: ATLAS Sensor-to-Shooter-Konzept
(Atlas Elektronik)
Geschichte der Produktentwicklung bei ATLAS
Die Geschichte von ATLAS ELEKTRONIK ist eng verbunden mit der Geschichte der
deutschen U-Boote, insbesondere mit der Sonartechnologie. Viele Patente auf dem
Gebiet der Unterwasserschalltechnik, die zurückreichen bis in die 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts, legen dafür ein beredtes Zeugnis ab.
Während des Zweiten Weltkrieges und später dann bis in die 60er Jahre hinein
wurden für U-Boote immer ausgefeiltere Hydrophonanordnungen und Richtungsbildner entwickelt, welche sich unter dem Begriff der Gruppenhorchanlagen zusammenfassen lassen. Sie stellten zu Ihrer Zeit herausragende Sonargeräte dar.
Mit dem Einzug der Digitaltechnik wurde um 1974 herum ein völlig neues Kapitel der Entwicklung von Sonaranlagen eröffnet, denn zum ersten Mal wurde es
möglich, mehrere Sonarfunktionen in einem Gerät zu integrieren. Es entstand die
»Compact Sonaranlage für U-Boote« (CSU 3 - Siehe Abbildung 3). Diese Anlage wurde
von ATLAS fast 50 Mal verkauft – aber nicht an die Deutsche Marine, sondern nur an
Exportkunden. Man kann sicher sagen, dass die CSU 3 wesentlich zum Erfolg der UBoote vom Typ 209 beigetragen hat.
Die Bedeutung der CSU 3 für die moderne Sonarentwicklung erschließt sich
erst, wenn man sich vor Augen führt, dass sie die Grundlage bildete für die Arbeiten,
die in den 80er Jahren zur Entwicklung einer DBQS 21D führte. Die DBQS 21D leistet
nicht nur auf den U 206A Booten der Deutschen Marine hervorragende Dienste. Ohne
mit der CSU 3 die Grundlagen für den Einsatz der damals revolutionären Digitaltechnik bei ATLAS ELEKTRONIK geschaffen zu haben, wäre die Entwicklung, die letztendlich zur SLW 83 führte, nicht möglich gewesen. Die vollständigen Abhängigkeiten
zwischen Exportsystemen und den Anlagen für die Deutsche Marine, die sich in den
letzten 25 Jahren ergeben haben, erschließt sich über die Darstellung der Entwicklung
der Systeme für U-Boote bei ATLAS ELEKTRONIK.
142
Zurück zum Inhalt
Die Rezeption des U-Boot-Krieges in der
deutschen und angelsächsischen Literatur
von
Hajo Neumann
Wenn die deutsche U-Boot-Waffe heute noch eine geradezu mystische Aura umgibt,
so ist dies vor allem Film und Literatur zu verdanken1. Der Historiker Jürgen
Schlemm hat im Jahr 2000 in einer Bibliographie weit über 700 Monographien, Romane, Aufsätze und Sammelbände über den U-Boot-Krieg im Zweiten Weltkrieg allein in
deutscher Sprache zusammengetragen2. Die Zahl wächst stetig. Bedenkt man, dass
auch im angelsächsischen Sprachraum das Interesse an der deutschen U-Boot-Waffe
immens ist, wird das Feld schnell unüberschaubar. Der kanadische Marinehistoriker
Michael L. Hadley sieht hier eine eigene literarische Tradition3. Der bei weitem überwiegende Teil dieser Tradition stützt sich dabei auf Romane, Memoiren und populärwissenschaftliche Werke, die zum Teil seit Jahrzehnten in hoher Auflage immer wieder verbreitet werden. Als Autoren treten Journalisten, ehemalige Offiziere und ehemalige Kriegsberichterstatter auf. Letztere sind auf dem deutschen Buchmarkt besonders auflagenstark. Erkenntnisse der wissenschaftlichen Forschung spielen in ihren
Werken meist keine Rolle4. Dies ist bereits einer der Gründe, warum der deutsche UBoot-Krieg nach wie vor verzerrt wahrgenommen und wiedergegeben wird. Da es
nicht um historische Fakten, sondern um die Rezeption von Mythen geht, bezieht sich
der nachfolgende Beitrag vor allem auf die Populärliteratur. Es soll dabei exemplarisch und ohne Anspruch auf Vollständigkeit untersucht werden, welcher Art die Mythen sind, ob und wie sie sich verändert haben und ob sie sich neben der deutschen
auch in der angelsächsischen Literatur wieder finden.
Die Memoiren- und Propagandakompanie-Literatur, bis heute präsent auf dem
deutschen Buchmarkt, hat ihren Ursprung bereits im Zweiten Weltkrieg. Schon damals wurde die deutsche Bevölkerung mit Erzählungen der U-Boot-Asse und der
Propagandakompanien versorgt. Sie knüpften an die Literatur der Zwischenkriegszeit
an, die bereits ihren Teil dazu beigetragen hatte, das U-Boot zur mystischen Waffe
werden zu lassen. Heroische Taten der kaiserlichen U-Boot-Männer waren in den 20er
und 30er Jahren immer und immer wieder beschworen worden5. Das hatte ein Klima
geschaffen, welches nach der Revolution von 1918 wieder maritimen Geist zuließ.
Nicht ganz zufällig ragte das U-Boot in seiner propagandistischen Bedeutung nun
über die Dickschiffe hinaus: Die kaiserlichen U-Boote hatten 1918 nicht die rote Flagge
gehisst und sie hatten auch nicht nutzlos in Kiel und Wilhelmshaven gelegen6.
Das bekannteste U-Boot-Buch aus dem Zweiten Weltkrieg ist sicherlich »Mein
Weg nach Scapa Flow« von Günter Prien. Prien wurde durch sein Eindringen in die
Bucht von Scapa Flow und die Versenkung des Schlachtschiffes ROYAL OAK berühmt.
Er schrieb im Sommer 1940 seine Memoiren. Die Erzählstruktur des Bändchens ist geradezu prototypisch für U-Boot-Memoiren und wurde auch bei späteren Nachkriegs155
veröffentlichungen, etwa von Wilhelm Schulz, Erich Topp und Teddy Suhren beibehalten. Es berichtet ausführlich von seiner Jugend und Ausbildung, der eigentliche UBoot-Krieg macht kaum ein Drittel des Buches aus. Prien schildert im Bordalltag auf
Handels- und Schulschiffen eine Welt, die von schlechter Verpflegung, arroganten
Vorgesetzten und den Naturgewalten dominiert wird. Zur Machtergreifung äußert er
sich nur in Andeutungen, das nationalsozialistische Menschenbild fließt allenfalls in
kleinen Bemerkungen in den Text ein. Dennoch passen seine Ausführungen hervorragend zu den Anforderungen der Propaganda. Denn Prien beschreibt eine Welt, in der
man sich nicht durch Geburt, sondern nur durch harte Arbeit den Respekt seiner Umgebung verdient: Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, früh in die NSDAP eingetreten, am Arbeitsdienst teilgenommen, wurde er schließlich als erster deutscher UBoot-Fahrer mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet. Er konnte als Vorbild für einen großen Teil der deutschen Bevölkerung stehen. U-Boot-Männer werden in »Mein Weg
nach Scapa Flow« als raue, aber herzliche Gesellen geschildert, die im Seekrieg fair
kämpfen und sich mitfühlend dem Kriegsgegner gegenüber zeigen. Schiffbrüchige
werden stets mit äußerstem Respekt behandelt. Politisch geben sie sich uninteressiert7.
»Mein Weg nach Scapa Flow« hatte mehrere Auflagen und wurde noch während des
Krieges auch in italienischer Übersetzung vermarktet. Bemerkenswerterweise wurde
es 1957 in Großbritannien unter dem Titel »I sank the Royal Oak« wieder aufgelegt. Hier
hatte es ein Vorwort erhalten, in welchem der Übersetzer sein Publikum vor dem propagandistischen Charakter des Buches warnte8.
Da nach dem Krieg wesentliche Archivbestände von den Siegermächten beschlagnahmt und unter Verschluss gehalten worden waren, bestimmten weltweit immer noch Mythen das Bild vom U-Boot-Krieg. Bereits in den 50er Jahren wurde eine
Fülle von Romanen und Erzählungen von der Schlacht im Atlantik veröffentlicht. Die
Nachkriegsliteratur griff dabei auch im angelsächsischen Sprachraum oft die bekannten Stereotypen der deutschen Propaganda-Romane auf. 1954 veröffentlichte Winston
Churchill seine Memoiren aus dem Zweiten Weltkrieg. Nicht nur dass er die deutschen U-Boot-Männer für ihren Mut lobte, er ließ auch ihre Leistungen gewaltig erscheinen: »Das einzige, was mich während des Krieges wirklich beängstigte, war die Bedrohung durch die U-Boote«9 schrieb er dort nieder. Auch britische und amerikanische
Admiräle waren in ihren Büchern der 50er und 60er Jahre voll des Lobes für die deutsche U-Boot-Waffe. Autoren wie Jochen Brennecke, Fritz Otto Busch, Franz Kurowski
bzw. sein Alter Ego Karl Alman zitierten solche Äußerungen nur zu gerne10. Zwei
Umstände sorgten wohl für diese undifferenzierte, nach heutigen Erkenntnissen auch
falsche Darstellung. Zum einen hatte der Kalte Krieg dafür gesorgt, dass Deutschland
rasch wieder ein souveräner Staat wurde und bereits 1955 der NATO beitrat. Man
wollte die Bundesmarine mit ihren vielen kriegsgedienten Offizieren wohl nicht diffamieren, zumal es bereits vor der Wiederbewaffnung freiwillige Zusammenarbeit der
ehemaligen Kriegsgegner gegeben hatte. Ich erinnere an das Naval Historical Team in
Bremerhaven, die LSU B [Labour Service Unit, Minenräumdienst in Bremerhaven] oder die Schnellbooteinsätze des späteren Admirals der Bundesmarine Klose11. Außerdem floss deutsches Know-How, namentlich von den U-Boot-Typen XXI, XXIII und
dem sog. Walter-U-Boot in die Baupläne der Royal Navy, der U.S. Navy und der französischen Marine ein12. Zum anderen eignete sich von allen deutschen Teilstreitkräften gerade die Marine dazu, nach dem Krieg immer noch als Vorbild für soldatische
156
Zurück zum Inhalt
Warum weiterkämpfen?
Einsatzbereitschaft und Motivation
der deutschen U-Bootfahrer in den letzten
Kriegsmonaten 1944/45
von
Kathrin Orth
In der Beschäftigung mit der deutschen U-Bootwaffe spielte ihr Einsatz während des
Zweiten Weltkrieges stets eine besondere Rolle. Aspekte der sozialen Herkunft, Erinnerungen und Motivationen der U-Bootfahrer haben in der Forschung und im öffentlichen Interesse in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Dies gilt umso mehr
für das Kriegsende 1945 und die letzten Kriegsmonate. Häufig gestellte Fragen zielen
auf die Gründe und Motivationen der U-Bootfahrer ab: Warum kämpften sie trotz erheblicher Verluste bis zum Kriegsende weiter und zeigten keine spürbaren Auflösungserscheinungen? War es die Angst vor der angedrohten Todesstrafe für Deserteure? Oder war es tiefe nationalsozialistische Überzeugung? Derartige Fragen nach subjektiven Eindrücken und Einstellungen sind nur begrenzt aus den klassischen Quellen
der verschiedenen Marinebehörden zu ermitteln. Für diesen Forschungskomplex bieten persönliche Primärzeugnisse, wie Briefe, Tagebücher und Erinnerungen sowie
Zeitzeugengespräche einen unermesslichen Informationsfundus. Wie die klassischen
Akten sind sie natürlich einer Quellenkritik zu unterziehen und im Kontext bereits
bekannter und gesicherter Fakten zu beurteilen.
Im Folgenden dienen eine Reihe von Gegenfragen dazu, sich einer Erklärung
für die Einsatzbereitschaft und Motivation der U-Bootfahrer in den letzten Kriegsmonaten zu nähern. Diese sprechen zum einen die Möglichkeiten an, die einem Soldaten
zur Verfügung standen, um in Opposition zum Regime zu treten oder diesem zu entfliehen. Zum anderen wird in einer Darstellung der Lebens- und Einsatzbedingungen
der U-Bootfahrer die Wahrscheinlichkeit von Regimekritik und Oppositionsverhalten
diskutiert. Dabei findet die nationalsozialistische Ideologie genauso Beachtung, wie
die soldatische Pflichterfüllung und das Sich-Ergeben in die Situation.
Im Frühjahr und Sommer 1943 zeigte sich die zunehmende technische und strategische Überlegenheit des Gegners. Die Versenkungsziffern stagnierten und fielen ab, die
Verluste an U-Booten stiegen horrend. Allein im »Schwarzen Mai« gingen im Atlantik
38 U-Boote teilweise mit der gesamten Besatzung verloren. Unter den U-Bootfahrern
machten sich Zweifel am Sinn des U-Booteinsatzes und am Ausgang des Krieges breit.
Gleichzeitig nahmen in der Heimat die Häufigkeit und Heftigkeit der alliierten Bombenangriffe, insbesondere auf die Großstädte, zu1. Sowohl in Berlin als auch in London bemerkte man eine deutliche Verschlechterung in Stimmung und Kampfmoral
167
der U-Bootfahrer. In den Verhörprotokollen der Alliierten ist von einer deutlich steigenden Bereitschaft der Kriegsgefangenen zu lesen, sich vom NS-Regime und der UBootwaffe loszusagen und dem Gegner technische und allgemeine Informationen zu
liefern2. Aus der französischen Resistance in Nantes und Marseilles kamen im Juli
und September 1943 Berichte von wiederholten regimekritischen Äusserungen von
Offiziere und Mannschaften sowie von der schwindenden Bereitschaft, mit dem UBoot auszulaufen. Französische Arbeiter in den Werkstätten der deutschen UBootstützpunkte wurden aufgefordert, langsam zu arbeiten3. Im Ergebnis dieser Entwicklung stieg die Zahl der Kriegsgerichtsverfahren wegen Desertion und Wehrkraftzersetzung.
Was tat die U-Bootführung, um diese Krise der Kampfmoral beizulegen? Im
Gegensatz zur Torpedokrise 1940 gab es 1943/44 keine offizielle Untersuchung4. Doch
auch wenn Karl Dönitz, Befehlshaber der U-Boote und Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, die Krise nicht offiziell eingestand, reagierte er darauf. Er verwies auf die
Entwicklung neuer Bootstypen, besuchte persönlich die Ausbildungsflottillen in der
Ostsee. Zur Sicherung der Disziplin und Motivation flossen Erkenntnisse aus dem
Vortrag des KKpt Wolfgang Lüth über die Menschenführung an Bord eines U-Bootes –
die er auf einer Befehlshabertagung der Kriegsmarine im Dezember 1943 gehalten hatte – in die Ausbildung ein5. Die Zahl der Auszeichnungen stieg, während man auf
Abweichungen schneller und mit härteren Strafen reagierte6. Auf technischem Gebiet
war die Einführung des Schnorchels von entscheidender Bedeutung für das Selbstvertrauen und das Sicherheitsgefühl der U-Bootfahrer. Zwar ging der entsprechende
Umbau der Boote nur langsam vonstatten, doch wurden die psychologischen Vorteile
schnell offenbar. In der Abschlussbetrachtung des Kriegstagebuches von U 1199 vom
Dezember 1944 heißt es: »Boot wurde nie erfasst und wir fühlten uns auf Grund absolut sicher. 50 Tage ununterbrochen unter Wasser. Habe mit Schnorchelboot das Gefühl unbedingter
Überlegenheit. ... Stimmung Besatzung gut und überzeugt, dass U-Bootwaffe wieder Gegner
überlegen.«7 Nachdem sich die Besatzungen an die Technik und die neue Unterwasserfahrweise gewöhnt hatten, zeigte sich eine deutliche Verbesserung der Kampfmoral.
Diese blieb bis zum Kriegsende stabil.
Warum entwickelt sich in der Zeit vom Frühjahr 1944 bis Frühjahr 1945 – als die militärische Lage immer aussichtsloser wurde – keine weitere Krise?
Im Gegenzug lässt sich natürlich fragen, was die U-Bootfahrer hätten tun können, um ihre Unzufriedenheit auszudrücken oder sich vollkommen zu verweigern?
Der offensichtlichste Schritt wäre die Fahnenflucht. Da man von einem U-Boot auf See
nicht entfliehen konnte, musste dies während des Aufenthaltes im Stützpunkt bzw. an
Land geschehen. In Deutschland hätte dies einen gesicherten Fluchtort, Zivilkleidung
und Helfer erfordert. Würde die eigene Familie, die eigene Freundin helfen? Konnte
man den Nachbarn vertrauen? Im Ausland hing ein geplanter Fluchtversuch von der
spezifischen Situation im besetzten Land ab, dem Vertrauen in die Kontaktleute, den
Landeskenntnissen. Wehrmachtssoldaten desertierten in Frankreich und Norwegen
und gingen in den Untergrund8. Im Falle der Entdeckung musste der Fahnenflüchtige
mit der Todesstrafe rechnen. Es lag im Ermessen des Richters, in minderschweren Fälle auf »lebenslanges oder zeitiges Zuchthaus« zu erkennen9. Obwohl das Militärstrafge168
Zurück zum Inhalt
U-Boot-Filme und ihre Musik
von
Linda Maria Koldau
Michael Salewski – mit Dank
Im Zweiten Weltkrieg gaben viele junge U-Boot-Fahrer an, sie seien zur U-Boot-Waffe
gegangen, weil sie den Film »Morgenrot« gesehen hatten. Dieser U-Boot-Film, von den
Nationalsozialisten unterstützt, war 1933 in die deutschen Kinos gekommen. In der
ersten Hälfte der 1980er-Jahre verzeichnete die Bundesmarine dann einen deutlichen
Anstieg in den Meldungen zu den U-Boot-Einheiten – die jungen Soldaten hatten »Das
Boot« gesehen und sich von der Verfilmung des berühmten Romans mitreißen lassen1.
Freilich hatte die »Propagandawirkung« von »Das Boot« nur begrenzte Wirkung: Heute beklagen deutsche U-Boot-Offiziere den Nachwuchsmangel im Bereich
U-Boote. Dennoch lässt es sich nicht leugnen, dass der Film seit dem frühen 20. Jahrhundert das einflussreichste Medium in der Verbreitung des U-Boot-Mythos gewesen
ist – und bis heute weiterwirkt, man denke an die Beliebtheit von Filmen wie »The
Hunt for Red October«, »Crimson Tide« oder »K19 – The Widowmaker«. Tatsächlich lassen
sich rund 150 Kinofilme identifizieren, die das Faszinierende dieser »heimtückischen«
Waffe thematisieren – und damit gleichzeitig entscheidende historische Konstellationen im 20. Jahrhundert2.
1910, in der Frühzeit des Stummfilms, gelangte erstmals eines der kuriosen Unterseeboote – in Deutschland erst kurz zuvor als waffentauglich in Dienst gestellt – auf
die Leinwand: »Lieutenant Rose and the Stolen Submarine«, ein englischer Stummfilm,
der zur beliebten Serie der Lieutenant Rose-Filme gehörte und – wie auch andere Filme dieser Serie – die englische Invasionsangst in den Jahrzehnten vor dem Ersten
Weltkrieg auf Zelluloid bannte. Vier Jahre später, im Jahr des Kriegsausbruchs, wurde
dieser Film von den Evans-Brüdern parodiert: »Lieutenant Pimple and the Stolen Submarine«, wiederum Teil einer Serie, in der die Komödianten Joe und Fred Evans seriöse
Erfolgsfilme ihrer Zeit aufs Korn nahmen. Das urige Metallungeheuer in diesem kurzen Stummfilm vermittelt einen Eindruck, wie alte U-Boot-Modelle in der kollektiven
Vorstellung überlebten und die Phantasie der Filmemacher anregten – zu einer Zeit,
da die U-Boote der Royal Navy und der Kaiserlichen Marine unmittelbar vor ihren
ersten erfolgreichen Kriegseinsätzen standen (vgl. Abb. 1).3
Ein Überblick über die Entwicklung des Genres U-Boot-Film würde diesen Beitrag sprengen4. Ob es sich hier um ein eigenes Genre handelt, oder ob die U-BootFilme ein Subgenre des Kriegsfilms sind, lässt sich diskutieren. Allein die große Zahl
der U-Boot-Filme, vor allem aber auch die Vielfalt der Themen, die keineswegs immer
mit kriegerischen Handlungen verbunden sind, sondern auch Bereiche der Fantasy
sowie des Horrorfilms abdecken, rechtfertigt es durchaus, von einem eigenen Genre
zu sprechen – zumal im Zentrum des U-Boot-Filmes nicht primär der Spannungsfak187
tor Krieg steht, sondern vielmehr die Faszination der dritten Dimension und die damit verbundene Herausforderung, sich in einer lebensfeindlichen Umwelt zu behaupten.
L
O
R
P
E
S
E
E
B
Abb. 1: Das U-Boot-Design im Jahr 1914.
U 9, ein Boot der Kaiserlichen Marine (Photographie aus dem Jahr 1914).
(Sammlung DMM)
Tatsächlich bietet das U-Boot den idealen Stoff für Roman und Film. Eine Gemeinschaft junger Männer wird in einer Grenzsituation dargestellt: Kampfesbegeisterung,
Kameradschaft, Heldentum, Angst, Verfolgung, Tod – das sind zentrale Motive dieses
Genres, die gezielt eingesetzt werden, um beim Publikum starke Emotionen hervorzurufen. Nicht einmal die ansonsten fast unverzichtbare Liebesthematik ist unbedingt
notwendig, um das Publikum zu fesseln – der Kampf ums Überleben setzt genügend
Emotionen frei, um den Stoff, »aus dem die Träume sind«, einmal in die zweite Reihe
zu verbannen5. Die Männer sind blutjung, und das macht sie attraktiv: unschuldig in
den Krieg gejagt, ahnungslos – und hilflos. Soldaten auf dem Lande können sich immer noch ducken, wegkriechen, ihr vereinzeltes Leben retten – die U-Boot-Fahrer sind
zusammengeschmiedet zu einer Schicksalsgemeinschaft, sie gehen gemeinsam unter.
Und sie sind isoliert, abgeschnitten von Heimat und Familie, in einen Kampf geworfen, der alles übersteigt. David gegen Goliath, wie Michael Salewski es in seiner Studie zur Rezeption von Buchheims Roman »Das Boot« beschreibt:
Der Bericht über den U-Boot-Krieg der Jahre 1943 bis 1945 ist ein Bericht aus dem Reich
der Toten. Sie waren jung: 22, 21 Jahre die Kommandanten, die ‚Alten‘, 20, 19 die Wachoffiziere. Ihre Lebenserwartung betrug wenige Monate, statistisch waren sie binnen Jahresfrist alle tot. Wenn die Boote La Rochelle oder Brest, La Pallice oder Bordeaux verließen, verdichteten sich Krieg und Geschichte zum raum- und zeitlosen Kampf ums Überleben, der fast immer verlorenging. Nicht mehr das ‚Großdeutsche Reich’ kämpfte gegen
188
Zurück zum Inhalt
U-Boothelden in Deutschland von 1914 bis in
die Gegenwart. Die Beispiele Otto Weddigen
und Günter Prien
von
René Schilling
In seinem Buch »Heldenprüfung« versuchte der angesehene Publizist Jürgen Busche im
Jahre 2004 Soldaten des Ersten Weltkriegs wieder als Helden in das deutsche Geschichtsbild zu integrieren. Busches unredliches Bemühen, die militärische Heldenverehrung wieder zu beleben, wurde von der sachkundigen Kritik zu Recht zurück
gewiesen. Zustimmen aber kann man Jürgen Busche in seinem Urteil über den Kapitänleutnant Otto Weddigen, der am 22. September 1914 die drei Panzerkreuzer HMS
ABOUKIR, HOGUE und CRESSY torpedierte und dadurch zu dem deutschen U-Boothelden des Ersten Weltkriegs avancierte. Für Busche war Weddigen kein Held:
Mit drei Torpedos nahm Weddigen etwa 1600 Mann das Leben, innerhalb kürzester Frist.
Sein unmittelbares Tun stand in keinem bis dahin vorstellbaren Verhältnis zu den Folgen
seiner Tat. Für solches Mißverhältnis gibt es in der Kriegsgeschichte seither noch weitaus
drastischere Beispiele. Seither ist es nicht nur verpönt, von den unmittelbaren Auslösern
solcher Katastrophen in militärischem Auftrag als von Helden zu reden, es tut auch keiner mehr. Gleichgültig, ob sie nun mit ihrem Einsatz auch für ihre Person das äußerste
Risiko eingehen: das Unglück, das ihnen geschehen kann, auch ihr Tod, steht in keinem
Verhältnis zu dem Unglück, daß sie über andere bringen. Sie sind Teil einer gewaltigen
Maschinerie, immer noch unverzichtbarer Teil, aber mehr nicht. Von Weddigen und von
dem Piloten, der eine Atombombe ins Ziel bringt, wird eine gewisse Beherrschung der da1
zu entwickelten Technik verlangt, mehr nicht. Für einen Helden ist das zu wenig .
Busches Kritik kann auf die Taten der U-Bootfahrer insgesamt übertragen werden, also auch auf Günter Prien, den U-Boothelden des Zweiten Weltkriegs. Prien drang am
14. Oktober 1939 mit U 47 in den englischen Kriegshafen Scapa Flow ein und torpedierte das Schlachtschiff HMS ROYAL OAK. Rund 800 englische Seeleute fielen dem
nächtlichen Angriff zum Opfer. Die Torpedierung großer Überwasserschiffe durch ein
vergleichsweise kleines U-Boot und die damit verbundene große Zahl an Opfern sorgt
immer wieder für Entsetzen. Es besteht ein eklatantes Missverhältnis zwischen dem
Handeln des so genannten »Helden« und dem Unglück, das anderen dadurch widerfährt. Dies ist im Übrigen ein typisches Merkmal der Heroisierung. Sie fokussiert sich
auf den Einzelnen, hebt einen Teil des Ganzen heraus und blendet notwendigerweise
die Vielen, also die Masse aus. Damit einher geht die Marginalisierung der Opfer sowohl auf der eigenen wie auf der gegnerischen Seite. Auch dies ist typisch, denn die
zu Vorbildern stilisierten Helden sollen zur Nachahmung aufrufen. Ihre »großen« Taten sollen den Blick auf die Opfer verdecken. Die Stilisierung der U-Bootführer als »U201
Bootasse«, die scheinbar im Alleingang gegen übermächtige Gegner agierten, war ein
Mittel, um der Waffe im Zuge der Kriegspropaganda heroischen Glanz zu verleihen.
Wie notwendig dies war, zeigt die Zahl der Opfer allein unter den deutschen UBootfahrern während des Zweiten Weltkriegs. Rund 30 000 von 40 000 U-Bootfahrern
der Kriegsmarine starben.
Zum Begriff des »Helden« muss zunächst grundsätzlich angemerkt werden: Der
»Held« als populäres Massenphänomen ist eine Konstruktion. Gruppen, genauer Verehrergemeinden identifizieren die erwählte Heldenfigur mit den Werten, die aus ihrer
Sicht eine Gesellschaft positiv auszeichnen. Die Ziele und Eigenschaften des »Helden«
sollen übernommen und nachgeahmt werden. Auf diese Weise avancieren »Helden«
2
zu Vorbildern . Die Vorstellung davon, was einen positiven »Helden« auszeichnet,
hängt von der historischen Veränderung gesellschaftlicher Wertvorstellungen ab.
Deshalb sind »Helden« umstritten, denn die Werte, die die einen loben, erscheinen anderen höchst fragwürdig.
Bis 1945 war die Kritik am militärischen Heldentum die Ausnahme, die Heroisierung militärischer Akteure und ihrer Taten hingegen die Regel. Die Heroisierung
Priens und insbesondere Otto Weddigens, die beide mit ihren U-Booten während des
Ersten bzw. Zweiten Weltkriegs untergingen, fußte dabei auf ein seit mehr als hundert
Jahren präsentes Deutungsmuster – das Deutungsmuster vom Opferhelden. Gemeint
ist damit der Soldat, der verehrt wird, weil er den »Heldentod« für das »Vaterland«
starb. Populär wurde dieses Deutungsmuster in Deutschland seit 1813. Im Zuge der
Befreiungskriege gegen Napoleon wurde mit den Heeresreformen die allgemeine
Wehrpflicht eingeführt. Jetzt musste der Bürger nicht nur Steuern zahlen, sondern
auch für das Vaterland sterben. Dieser Opferbereitschaft des Bürgers musste der
preußische Staat symbolisch Tribut zollen. Nun konnte auch der gemeine Soldat zum
»Helden« werden. Diese Bezeichnung war zuvor in der Regel für Fürsten und Generäle reserviert. Signifikant für diesen tief greifenden Wandel, der die Aufwertung des
gemeinen Soldaten bedeutete und den kriegerischen Totenkult langfristig demokratisierte, war die Einführung des Eisernen Kreuzes. Diese Kriegsauszeichnung konnte
jeder Soldat erhalten, ungeachtet seines militärischen oder zivilen Ranges3.
Noch ein Wort zum Begriff des Deutungsmusters. Ein »Deutungsmuster«, so
Georg Bollenbeck, »leitet Wahrnehmungen, interpretiert Erfahrenes und motiviert Verhalten. Das Deutungsmuster beinhaltet von außen angeeignete, vorgefertigte Relevanzstrukturen,
die man nicht auswählt, sondern eher übernimmt«. Es »verfestigt sich kollektiv, und ist ein
Typus vorangegangener Erfahrung, dient als Bestimmungsrelation zur gegenwärtigen Zeit
und kann mit seinen programmatischen Überschüssen auf zukünftige Möglichkeiten verweisen.«4 Ein Deutungsmuster kann, dies möchte ich betonen, da es sich um ein kollektiv
geteiltes Phänomen handelt, nicht von einer einzelnen Institution gelenkt bzw. gesteuert werden. Es sind verschiedene Akteure an seiner Verbreitung beteiligt: Einzelne Autoren, öffentliche Institutionen, Vereine, Tageszeitungen nehmen Einfluss und versuchen es für ihre Interessen zu instrumentalisieren. Alle sind in diesen Prozess eingebunden. Ein Deutungsmuster hat zugleich seine eigene Geschichte, Rezeptionslinien,
die es prägen, die in Vergessenheit geraten können, aber auch wieder aufgenommen
werden können. Ein Deutungsmuster ist überdies keineswegs homogen, sondern
202
Zurück zum Inhalt
Autorenverzeichnis
Torsten Diedrich, Dr. phil., 1956 geboren in Berlin, absolvierte von 1979-1984 ein Studium für Wirtschaft und Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 19841990 wiss. Assistent/Oberassistent am Militärgeschichtlichen Institut der DDR Potsdam. 1989 Promotion zum Thema "Militärpolitik der SED 1949–1955". Seit 1991 wiss.
Mitarbeiter am Militärgeschichtlichen Forschungsamt Potsdam. Seit 2008 Beauftragter
für das Museumswesen. Mitgliedschaften: Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft (des
Verbundes) Militärhistorischer Museen und Sammlungen. Deutscher Museumsbund.
Peter Hauschild, Dipl.-Ing., absolvierte eine Lehre als Industriemechaniker, bevor er
von 1992 bis 1998 Schiffsmaschinenbau an der Technischen Universität HamburgHarburg studierte. 1998 trat er als Sachbearbeiter in das Ingenieurkontor Lübeck ein.
2002 folgte die Ernennung zum Gruppenleiter Forschung und Entwicklung Marineschiffbau bei der HDW. Seit 2004 ist Hauschild Abteilungsleiter Forschung und Entwicklung, Entwurf, Projekte Deutsche Marine bei ThyssenKrupp Marine Systems AG,
Howaldtswerke-Deutsche Werft GmbH (HDW).
Linda Maria Koldau, Prof. Dr., hat den Lehrstuhl für Musik- und Kulturwissenschaft an
der Universität Aarhus inne. Promotion 2000 an der Universität Bonn, Habilitation
2005 an der Universität Frankfurt am Main, 2007 ebd. zur Außerplanmäßigen Professorin ernannt. 2006–2008 Lehrstuhlvertretung und Institutsleitung an der Universität
Frankfurt. Forschungsgebiete: Claudio Monteverdi; Historische Frauenforschung
Spätmittelalter/Frühe Neuzeit; Musik in Frauenklöstern; Oratorium im 19. Jahrhundert; Musik und Nationalismus; Filmmusik und Sound Design; U-Boote.
Klaus Mattes, geboren 1940 in Marburg an der Lahn. 1960 Abitur, danach 2-jähriger
freiwilliger Wehrdienst Luftwaffen-Flugabwehr; Studium der Feinwerktechnik in
Frankfurt am Main; 1967 Eintritt in die Bundeszollverwaltung, Ausbildung zum gehobenen Dienst, Graduierung zum Diplomfinanzwirt; Zollfahndungsdienst, zuletzt
abgeordnet zum Auswärtigen Amt und Dienst als Zollattaché an der Deutschen Botschaft in den Niederlanden; 2005 Versetzung in den Ruhestand; Ehrenamtliche Tätigkeiten in verschiedenen Organisationen wie DGzRS, Deutscher Marinebund, Verband
Deutscher Ubootfahrer, Technikmuseum Uboot Wilhelm Bauer, Deutsches Marinemuseum, Vorsitzender der Gemeinschaft ehemaliger Seehundfahrer der Kriegsmarine.
Frank Nägler, Dr. phil., Fregattenkapitän, trat 1971 in die Bundeswehr ein. Zwischen
1979 und 1985 Studium der Geschichtswissenschaften und des Völkerrechts an der
Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität mit abschließendem Magister-Examen.
Promotion 1991. Von 1986-1992 Hörsaal-Leiter und Lehrstabsoffizier an der Marineschule Mürwik. Von 1993-1995 Dozent im Bereich Militärgeschichte an der Führungsakademie der Bundeswehr. Seit 1995 Historiker-Stabsoffizier am Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam. Dort von 1995-2008 Forschungsbereich III: Militärgeschichte der Bundesrepublik im Bündnis. Seit 2004 Fachleiter Marine. Mitglied im
Wissenschaftlichen Beirat des Deutschen Schiffahrtsmuseums, Bremerhaven; Mitglied
im Kuratorium des Deutschen Schiffahrtsmuseums, Bremerhaven. Seit Mai 2008 For211
schungsbereich I, Leiter des Projekts "Professionalisierung des Militärs – gesellschaftliche Ausdifferenzierung – Gestaltveränderungen des bewaffneten Konfliktes". Darüber hinaus seit WS 2008/09 Lehrbeauftragter an der Universität Potsdam im Studiengang "Military Studies".
Hajo Neumann, Dr. phil, studierte Geschichte und Amerikanistik in Hamburg. Sein
Studium schloss er 2004 mit einer Arbeit über U-Boot-Literatur ab. Promotion 2008
mit einer Arbeit über den Einsatz von Kernenergie in der deutschen Handelsschiffahrt. Seit 2007 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Marinemuseum
und lebt in Sande bei Wilhelmshaven.
Kathrin Orth, M.A., studierte Geschichte und Politikwissenschaft an der HumboldtUniversität zu Berlin und dem King's College London sowie Projektarbeiten für das
Deutsche Technikmuseum Berlin. Von 2006 - 2009 wissenschaftliche Mitarbeiterin im
Internationalen Maritimen Museum Hamburg, seit 2010 Museumspädagogin und
wissenschaftliche Referentin im Historischen Museum Bremerhaven. Forschungsthemen und Publikationen: Disziplinverstöße und Bestrafungen in der Royal Navy 17931815, Spithead-Meuterei 1797, Vizeadmiral Sir John Orde 1751-1824, Einsatzbereitschaft der deutschen U-Bootfahrer Ende des Zweiten Weltkriegs, Zeitzeugenbefragungen, Mentalitäts- und Sozialgeschichte der deutschen U- und S-Bootfahrer im
Zweiten Weltkrieg.
Michael Ozegowski, Jahrgang 1965, wurde in Wolgast geboren. Nach dem Militärdienst
studierte er Physik an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald und schloss das
Studium 1993 als Diplom-Physiker ab. In der Zeit von 1994 bis 1998 arbeitete er als
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bremer Institut für angewandte Strahltechnik (BIAS) auf den Gebieten Laser- und Plasmaphysik. Seit 1999 ist Michael Ozegowski bei
ATLAS ELEKTRONIK in Bremen tätig. Er begann zunächst als Vertriebsingenieur im
Bereich U-Bootsysteme und arbeitete später als Teamleiter im Produktsupport. Im Jahr
2009 übernahm er die Leitung des Produktmanagements für U-Boot-Sonare und Systeme.
Werner Rahn, Dr. phil., Kapitän zur See a.D., Jahrgang 1939, letzte Dienststellung bis
1997: Amtschef des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes [MGFA], Potsdam. 1974
Promotion an der Universität Hamburg bei Prof. Dr. Günter Moltmann mit einer Untersuchung über "Reichsmarine und Landesverteidigung 1919-1928" (München 1976).
1980-1997 MGFA, Mitarbeit am Reihenwerk "Das Deutsche Reich und der Zweite
Weltkrieg", Band 6: "Der globale Krieg" (Stuttgart 1990) und Bd. 10/1: "Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945: Die militärische Niederwerfung der Wehrmacht" (2008). Herausgeber (zusammen mit Gerhard Schreiber) der Faksimile-Edition
des Kriegstagebuches der Seekriegsleitung 1939-1945, Teil A, 68 Bände, Herford, Bonn
1988-97. Weitere Aufsätze zur Militär- und Marinegeschichte.
René Schilling, Dr. phil, studierte Geschichte und Literaturwissenschaft in München,
Berlin und Bielefeld. Magister Artium 1993. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld von 1993 bis 1997, Promotion von 1997 bis 2000 mit einer Arbeit über Deutungsmuster heroischer Männlich212
keit in Deutschland von 1813 bis 1945. Lebt und arbeitet als wissenschaftlicher Referent und Publizist in Berlin.
Heinrich Walle, Dr. phil., Fregattenkapitän a.D., Jahrgang 1941. Eintritt in die Marine
1963, vom Dienst freigestellt für ein Studium der Geschichtswissenschaften von 1973
bis 1979. Promotion zum Dr. phil. 1979. Von 1980 bis Ende 1994 Historiker Stabsoffizier im MGFA. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte des Widerstandes, der
Marine- und Technikgeschichte. Von 1995 bis 2002 Studium der Katholischen Theologie in Bonn. Seit 2003 Lehrbeauftragter für Geschichte und ihre Methodik an der Abteilung des Historischen Instituts der Universität zu Köln, Abteilung für Didaktik und
Geschichte der Europäischen Integration.
Raimund Wallner, Kapitän zur See, ist Angehöriger der Crew X/68. Nach der allgemeinen Offizierausbildung entschied er sich für die Ubootwaffe. Ein erster Laufbahnhöhepunkt war 1977 Kommandant des Unterseebootes U30. Es folgte ein Informatikstudium an der U.S. Naval Postgraduate School. Neben Verwendungen in der Datenverarbeitung konnte er 1984 erneut U-Bootkommandant von U20 und 1993 Kommandeur des 3. U-Bootgeschwaders werden. Marineadjutant beim Generalinspekteur der
Bundeswehr und Verteidigungsattaché in Tokyo waren weitere Stationen, bevor er ab
2004 das Referat für U-Boot-, Minenabwehr- und Unterwassersysteme in der Hauptabteilung Rüstung des Bundesministeriums der Verteidigung übernahm.
213