Hinz und Kunzt – Magazin

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Hinz und Kunzt – Magazin
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Nr.
200
Oktober 2009
1,70 Euro
(davon 90 Cent für den/die Verkäufer/in)
Die Jubiläumsausgabe
Menschen, Geschichten, Skandale, Visionen:
frisch und packend wie am ersten Tag
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DIE TÄUSCHUNG
OB BROT ODER MILCH – UNSERE LEBENSMITTEL VERKOMMEN
ZUR KÜNSTLICHEN MASSENWARE
GPM609_AZ_H_K 1
Artwork: Patríck Thomas [M] Jan Kornstaedt
Illustration: Christoph Niemann
Die neue Ausgabe jetzt am Bahnhofskiosk
www.greenpeace-magazin.de oder einfach anrufen 040/808 12 80-80.
Auch im günstigen Abo mit exklusiven Prämien.
22.09.2009 11:33:14 Uhr
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intern 3
Danke Hamburg!
Wir zeigen Ihnen, wer wir sind 4
Wir unterstützen Hinz&Kunzt. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. E.ON Hanse
Wir decken skandale auf
Kuhlmanns Keller
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Wie ein Vermieter sich an Hilfeempfängern und dem Staat bereichert
Titel: Stolz präsentiert
Angelika die erste
Hinz&Kunzt-Ausgabe.
Angelika finden Sie
auch auf Seite 59
Wir erzählen geschichte(n)
„Man hatte mich regelrecht ausgelöscht“ Hinz&Künztler Fred Hauschka über sein Leben in der DDR
foto: mauricio bustamante
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Meine drei Wiedervereinigungen
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Die deutsch-deutsche Geschichte des Selig-Drummers Stoppel Eggert
wir geben neuen ideen eine chance
Der Bürgermeister leiht sich Geld
In Quickborn helfen Bürger mit ihrem Ersparten der Stadt
aus der Misere
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Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns über gute nachrichten
Politik gegen den Hunger
Ein brasilianischer Minister wird für sein Engagament für die
Kinder seines Landes ausgezeichnet
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wir bekennen farbe
Keiner sieht hin!
Maria von Welser stellt Forderungen gegen Kinderarmut auf
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wir träumen von einer gerechten welt
Zahl des Monats
Wenn Reiche mehr Steuern zahlen würden
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wir halten uns an die fakten
Meldungen
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wir lieben hamburg
Das Gängeviertel lebt!
Künstler übernehmen die historischen Gebäude
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wir werden respektiert
Soziale Verantwortung übernehmen!
Im Gespräch mit Handelskammerpräses Frank Horch
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wir haben freunde
90 Jahre und kein bisschen leise
Unsere Spenderin Margarete Bäth
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wir mögen lob und ertragen kritik
Leserbriefe und Impressum
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wir mögen menschen
„Bloß nicht so’n Deprizeug“
Entertainer Frank Zander malt für Hinz&Kunzt
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wir lassen uns gerne inspirieren
Krimi schreiben im Duett
Exschauspielerin Ann-Monika Pleitgen hat ein Buch
mit ihrem Sohn Ilja Bohnet geschrieben
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wir sind mittendrin und überall dabei
20 Tipps für den Oktober
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Ihr Hinz&Kunzt-Team
Bleiben Sie uns treu!
Fotostrecke mit Verkäufern und Mitarbeitern
vor Ihnen liegt unsere 200. Ausgabe – und
sie ist so etwas wie unser Credo. Wir wollten
Ihnen einmal zeigen und erzählen, wer wir
sind und warum wir welche Artikel schreiben.
Deshalb lernen Sie auch auf 22 Seiten
viele Hinz&Künztler kennen – Verkäufer und
Teammitglieder, die alle ein Titelblatt der vergangenen Jahre präsentieren.
Und über jedem Artikel steht ein Satz,
der uns ausmacht – und neben dem Artikel
eine Mini-Erklärung, warum wir solche Geschichten wichtig finden.
104 von rund 400 Hinz&Kunzt-Verkäufern haben bei der Fotostrecke von Mauricio
Bustamante mitgemacht – und es wären sicher noch mehr geworden, wenn wir jeden Tag
einen Fotografen im Haus gehabt hätten.
Wir wollen Ihnen einmal Danke sagen: Danke für Ihr Interesse an uns und an
dem, was wir zu sagen haben. Und das schon
seit 16 Jahren.
Und wir sind auch stolz: 200 Ausgaben –
das bedeutet auch Dutzende von Schicksalen,
über die wir berichtet haben. Geschichten von
Prominenten und Jedermanns. Artikel, in denen wir uns über Missstände aufgeregt haben
wie bei „Kuhlmanns Keller“: Da bereichert
sich ein Vermieter auf Kosten von Hartz-IVEmpfängern und auf Kosten des Staates. Wie
er das macht und was wer dagegen tun könnte,
lesen Sie auf den Seiten 16 bis 19.
Uns liegt viel daran, bei aller Kritik konstruktiv zu sein und Lösungsvorschläge zu
machen. Vielleicht ist das der Grund, warum
wir zwar immer wieder anecken, aber auch
immer wieder Unterstützung erhalten – wie
von Handelskammer-Präses Frank Horch,
der Schirmherr unserer Aktion „Kurzzeitpaten
für Hinz&Kunzt“ ist (Seite 40).
Viel Spaß mit der 200. Ausgabe!
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4 W i r si n d H i nz & k ü nz t l e r
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Danke
Hamburg!
Liebe Freunde, liebe Leser, liebe Hamburger, Sie halten unsere 200. Ausgabe
in der Hand. Zum Jubiläum wollen wir Ihnen auf 64 Seiten zeigen, wofür wir
stehen und was alles in uns steckt. Und 104 Hinz&Künztler, etwa ein Viertel
unserer Verkäufer, und Projektmitarbeiter stellen sich mit Heften aus 16
Jahren vor. Von Mauricio Bustamante (Fotos) und Beatrice Blank (Text)
Mitarbeit bei Fotostrecke und Interviews: Nico Vincent, jan köster, Nicolas Schollmeyer, Christiane Heinemann, Fabian Zühlsdorff, Andreas Pröpping
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„Denn wenn man sich bewegt,
kriegt man hier alles geregelt.“
Horst Stegh (51), mit H&K Nr. 133, bei Hinz&Kunzt seit November 2008,
verkauft in Altona, wohnt in Wilhelmsburg
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6 W i r w is se n, wo w i r H i l f e f i n de n
Frank Dind (50), mit H&K Nr. 134,
bei Hinz&Kunzt seit ca. einem Jahr,
verkauft: Roter Hahn, Berne, wohnt
in einer Kirchenkate
Golem (42), mit H&K Nr. 140, bei
H&K seit zweieinhalb Jahren, verkauft
vor Budnikowsky, Große Bergstraße,
hat ein Zimmer
Tadeusz Ciesla (58), mit H&K Nr. 182, seit acht
Jahren dabei, verkauft auf der Horner Landstraße,
wohnt in einer Wohnung
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Erich Heeder (56), mit H&K Nr. 1, bei
Hinz&Kunzt seit 15 Jahren, verkauft
in Lohbrügge und Bergedorf, hat eine
Wohnung in Kirchsteinbek
Olaf Göttinger (38), mit H&K Nr. 177, seit acht Monaten dabei, verkauft vor Schuh Elsner, Mönckebergstraße, wohnt im Männerwohnheim in Stellingen
Gabriele Ölschläger (49), mit Nr. 2,
bei H&K seit 2007, verkauft an der
U-Bahn-Station Mundsburg, wohnt
im betreuten Wohnen
Rafael Szwarc (35), mit H&K Nr. 191, seit achteinhalb Jahren bei Hinz&Kunzt, verkauft in Klein
Flottbek, schläft draußen
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Halina Champagna (53), mit H&K Nr. 3, bei
Hinz&Kunzt seit acht Jahren, verkauft beim Hanseviertel in der Innenstadt, wohnt in Barmbek
Thomas Gniech (41), mit Nr. 153, bei
Hinz&Kunzt seit März 1998, verkauft
am Alstertor, macht Platte
Monika Szyndler (34), mit H&K Nr. 181, bei Hinz&Kunzt seit fünf
Jahren, verkauft in Eppendorf, wohnt in einer eigenen Wohnung
Holger Riedel (46), mit Nr. 155, seit
sechs Monaten dabei, verkauft bei
Hagenbecks Tierpark, hat ein Zimmer
Joachim Lechner (28), mit Nr. 38, seit
fünf Monaten dabei, verkauft in der
Mönckebergstraße, wohnt bei Kollegen
Horst Seidel (44), mit Nr. 163, seit
zehn Jahren dabei, Plätze: Blankenese,
Harburg, wohnt in Jenfeld
Thomas Karkowski (30), mit Nr. 161,
seit acht Jahren dabei, Platz: Karstadt
Sport, hat eine Wohnung
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8 W i r t u n wa s gege n A r m u t
„Danke Hamburg!
Weil du eine schöne Stadt bist.“
Zenon Martyniak (56), mit H&K Nr. 162, bei Hinz&Kunzt seit zwölf Jahren,
verkauft in Hoisbüttel, schläft draußen
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Ulli (54), mit H&K Nr. 20, bei Hinz&Kunzt seit
fünf Jahren, verkauft in Blankenese und wohnt jetzt
in einer Wohngemeinschaft
Joachim Bahr (52), mit H&K Nr. 30, bei Hinz&Kunzt seit Mai 2009, verkauft in der Innenstadt, wohnt in einer
Unterkunft, Sportallee
Christian Haase (46), mit H&K Nr. 194, bei
Hinz&Kunzt seit 5. Januar 1994, verkauft am
Herold-Center Norderstedt, wohnt in Langenhorn
Sascha Kellner (20), mit H&K Nr. 180,
bei H&K seit vier Monaten, verkauft
vor Sportscheck, Mönckebergstraße,
wohnt im Wohnheim Mattkamp
Andrej Fidala (50), mit H&K Nr. 188, seit zwölf
Jahren bei Hinz&Kunzt, verkauft auf der Berner
Chaussee, lebt auf Platte
Sandra Dietrich (20), mit H&K Nr.
189, bei Hinz&Kunzt seit zweieinhalb
Jahren, verkauft am Alsterhaus, wohnt
im Wohnheim Mattkamp
Nadine Baldeck (19), mit H&K Nr. 14,
bei Hinz&Kunzt seit sieben Monaten,
verkauft vor Karstadt Sport, wohnt bei
einem Freund
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10 W i r h a be n et wa s z u bi et e n
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Dirk Dusin (30), mit H&K Nr. 112,
bei Hinz&Kunzt seit sieben Jahren
und acht Monaten, verkauft vor dem
Alsterhaus, wohnt in Hamm
Holger Regehr (69), mit der H&K Nr.
154, bei Hinz&Kunzt seit vier Jahren.
Sein Verkaufsplatz ist in Duvenstedt,
und er hat eine Wohnung
Fritz Krenz (51), mit H&K Nr. 164,
bei Hinz&Kunzt seit acht Jahren,
verkauft am Winterhuder Markt, hat
eine eigene Wohnung in Barmbek
Detlef Vollmer (37), mit H&K Nr. 69,
verkauft bei Hinz&Kunzt seit acht
Jahren, Platz: Sachsentor, wohnt in
einem Zimmer
Wolf-Rüdiger Höfs (55), mit H&K Nr.
59, bei Hinz&Kunzt seit Dezember
2005, verkauft an der U-Bahn-Station
Dehnhaide, hat eine eigene Wohnung
Stefan Glatz (44), mit H&K Nr. 131,
bei Hinz&Kunzt seit 1994, verkauft
am Toom-Markt Winterhude, wohnt
in einer Wohnung in Dulsberg
Mattias Reese (42), mit H&K Nr. 185,
bei Hinz&Kunzt seit Oktober 2003,
verkauft vor Budnikowsky, Große
Bergstraße, wohnt in Langenhorn
Rashpal Singh (37), mit H&K Nr. 91,
bei Hinz&Kunzt seit fünfeinhalb Jahren, verkauft in Winsen/Luhe, wohnt
im Wohnheim in Billstedt
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„Danke Hamburg! Weil ich aufgehört
habe zu trinken, um beim Verkauf einen
besseren Eindruck zu machen.“
Axel Hammer (66), mit H&K Nr. 121, bei Hinz&Kunzt seit 21. April 1998, verkauft an der U-Bahn-Station
Hamburger Straße, wohnt in eigener Wohnung in der Innenstadt
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12 W i r m ac h e n M u t
Klaus Lenuweit (61), mit H&K Nr.
195, bei Hinz&Kunzt von Anfang an,
verkauft an der Lüneburger Straße,
Harburg, wohnt in eigener Wohnung
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Werner Kepper (55), mit H&K Nr.
174, bei Hinz&Kunzt seit November
2006, verkauft an der Horner Rennbahn, wohnt in Billstedt
Monica Kramath (30), mit H&K Nr. 192, bei Hinz&Kunzt seit
acht Monaten, verkauft am Winterhuder Einkaufszentrum, wohnt
im Ex-Winternotprogramm in der Sportallee
Edward Michalski (57), mit H&K Nr. 104, bei Hinz&Kunzt seit
drei Jahren, verkauft vor Karstadt, Osterstraße, macht Platte
Dietmar Hinrichs (51), mit Nr. 197,
seit elfeinhalb Jahren dabei, Platz:
EKZ Bornheide, Notunterkunft
Herbert Bartz(61), mit H&K Nr. 159,
seit Januar 1997 dabei, verkauft am
Altonaer Bahnhof, wohnt in Altona
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Jens Wittke (44), mit H&K Nr. 113,
bei Hinz&Kunzt seit zwei Monaten,
verkauft in der Karl-Schneider-Passage, wohnt in einem Wohnheim
Günter Naujock (58), mit H&K Nr.
198, bei Hinz&Kunzt seit Oktober
2005, verkauft vor Aldi, Danner Allee,
wohnt in Horn
Uli Franke (55), mit H&K Nr. 125, bei Hinz&Kunzt
seit sechs Jahren, verkauft vor der Stadtbäckerei am
Gänsemarkt, wohnt in Wedel
Günter Poyer (49), mit H&K Nr. 141,
bei Hinz&Kunzt seit Juli 2007, verkauft vor Lidl an der Hammer Kirche,
wohnt in Jesteburg
Axel Schmidt (38), mit H&K Nr. 178, seit zwei Jahren bei Hinz&Kunzt, verkauft in Bergedorf vor Aldi,
wohnt in einer WG in Eimsbüttel
Thomas Merkel (42), mit H&K Nr.
184, bei Hinz&Kunzt seit April 2001,
verkauft meistens bei der Petri-Kirche,
schläft draußen
Christian Nordte (26), mit H&K Nr. 129, bei
Hinz&Kunzt seit sechseinhalb Jahren, verkauft in
der Steinstraße, wohnt im Wohnheim Bornmoor
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14 W i r Si n d e i n St ück H e i m at
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Torsten Meiners (45), mit H&K Nr. 183, seit drei
Jahren dabei, verkauft in Alsterdorf und beim Ernst
Deutsch Theater, schläft in der Garage eines leer
stehenden Hauses
Klaus-Dieter Kragzien (65), mit H&K Nr. 179,
verkauft schon seit Oktober 1994 Hinz&Kunzt,
sein Verkaufsplatz ist in Glinde. Er hat eine eigene
Wohnung in Bergedorf
Dieter Langner (65), mit H&K Nr. 116, bei
Hinz&Kunzt seit 1998, verkauft Erdkampsweg/
Hummelsbütteler Landstraße, wohnt in der Hummelsbütteler Landstraße
Danuta (54), mit H&K Nr. 4, bei Hinz&Kunzt seit
zehn Jahren, verkauft vor Edeka in Hasselbrook und
hat eine Wohnung in Horn
Günter Szybalski (52), mit H&K Nr. 57, seit Februar
2003 bei Hinz&Kunzt, verkauft am Einkaufszentrum Wedel und wohnt auf St. Pauli
Daniela (37), mit der H&K Nr. 143; sie ist seit 1999
bei Hinz&Kunzt, sie verkauft in der Innenstadt und
macht Platte
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„Danke Hamburg! Für die Freundlichkeit und Großzügigkeit und jede
Zeitung, die mir abgekauft wird.“
Klaus (43), mit H&K Nr. 108, bei Hinz&Kunzt seit Sommer 2003, verkauft vor Karstadt,
Mönckebergstraße, wohnt bei Bekannten
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16 W i r deck e n sk a n da l e au f
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Fotos: Mauricio Bustamante
Viola Schürmann, Anna
Seiffe (rechts) und die
zwölfjährige Elena vor
dem Haus in Eilbek. Sie
waren froh, endlich eine
Wohnung in Hamburg
zu haben – doch dann
kamen Schimmel und
Nässe durch. Rechts:
Feuchtigkeitsschäden in
Elenas Kinderzimmer
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w i r deck e n sk a n da l e au f 17
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Schwarze Sporen in allen Ecken. Links: Heizkörper im Schlafzimmer, rechts: Die Flecken hinter der Tür sieht man wenigstens nicht, wenn sie offen steht
Kuhlmanns Keller
Ein Hamburger Vermieter vergibt gerne Wohnungen an Hartz-IVEmpfänger. Die gehen selten gegen zu hohe Mieten und Mängel vor
Drei Zimmer, 70 Quadratmeter, mitten in Eilbek: Das
klingt gut! Aber dann entdecken Viola Schürmann und
Anna Seiffe: Das Souterrain ist eine Zumutung, voller
Schimmel, deutlich kleiner als im Mietvertrag versprochen und somit viel zu teuer. Der Gipfel: Die Räume sind
als Wohnung gar nicht zugelassen. Die beiden sind nicht
die Einzigen, die sich vom Vermieter allerhand gefallen
lassen sollen.
Von Anfang an schlafen Viola Schürmann und Anna
Seiffe schlecht in ihrer neuen Wohnung. „Irgendwie waren
unsere Matratzen ganz kalt, gleichzeitig haben wir aber
geschwitzt“, sagt Anna Seiffe. Schließlich sehen die beiden,
dass die Matratzen bräunliche Flecken haben und sich
feucht anfühlen – genau wie die Wände, durch die sich
auch noch Risse ziehen. Besonders erschrocken sind die
Frauen, als sie zum Schulbeginn den Ranzen von Anna
Seiffes Tochter Elena unter ihrem Bett hervorholen – er ist
total verschimmelt.
In einer Einrichtung für obdachlose Frauen hatten die
Freundinnen von einem Vermieter namens Kuhlmann
gehört. Der vergebe Wohnungen bevorzugt an Hartz-IVEmpfänger. Viola Schürmann und Anna Seiffe, schon monatelang auf Wohnungssuche, fahren Mitte Juni ins Büro
der Kuhlmann Grundstücks GmbH, und tatsächlich: Es
klappt. Anfang Juli ziehen die beiden mit der zwölfjährigen
Elena im Roßberg in Eilbek ein. Die Wohnung liegt zwar im
Kellergeschoss, sieht aber ganz ordentlich aus, die Wände
sind frisch gestrichen.
Nur ein paar Ausbesserungen nehmen die Frauen vor,
spachteln Löcher zu, verlegen PVC-Boden. Sie freuen sich
über ihr neues Zuhause – bis der Schimmel sichtbar wird.
Sie zeigen die Schäden beim Vermieter an. „Der Hausmeister kam und hat über die feuchten Stellen gestrichen“, sagt
die 35-jährige Viola Schürmann. „Aber das hat nichts
genützt.“ Der Schimmel ist schnell wieder sichtbar. Die
Feuchtigkeit bleibt. Die drei halten es schließlich nicht mehr
aus und fliehen regelrecht. Sie nehmen nur das Nötigste mit, kommen vorläufig bei einem Bekannten unter. „Wir
hatten Angst um unsere Gesundheit, besonders um Lenas“,
sagt Viola Schürmann.
Sie suchen Hilfe bei Mieter helfen Mietern. Vermieter
Thorsten Kuhlmann schickt bald einen Brief: Die Schimmelflecken seien beseitigt worden. Außerdem habe man
festgestellt, dass das betreffende Zimmer „total voll gestellt“
war. Kein Wunder: Viola Schürmann und Anna Seiffe
zogen mit Möbeln ein, die sie in drei Zimmern auf „ca.
70 Quadratmetern“ (Mietvertrag) unterbringen wollten.
Schon beim Einzug wunderten sie sich, dass ihre Habseligkeiten kaum in die Wohnung passten. Eine Nachmessung
ergibt: Die Fläche beträgt lediglich 56,2 Quadratmeter –
20 Prozent weniger. Zudem hat das Kinderzimmer von
Elena gerade einmal 7,6 Quadratmeter und gilt damit als
halbes Zimmer. Die 520 Euro Kaltmiete: offenkundig viel
zu hoch.
Ver m ieter Ku h l ma n n räu mt au f Nach f rage von
Hinz&Kunzt ein, dass die Fläche der Wohnung nicht mit
der Angabe im Mietvertrag übereinstimmt und bringt eine
dritte Zahl ins Spiel: „Nach nochmaliger Durchsicht des
Kaufvertrages und der Verwaltungsunterlagen/Grundbuchunterlagen ergaben sich drei Zimmer und 63 Quadratmeter.“ Damit wäre die Wohnung „nur“ zehn Prozent
kleiner als im Mietvertrag angegeben. Bemerkenswert:
Unsere Verkäufer
gehen in der Redaktion ein und aus und
stoßen uns oft auf
die brisantesten
Geschichten.
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18 w i r dec k e n sk a n da l e au f
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Katzen würden auch weglaufen. Der Eingang zu den als Souterrain-Wohnung vermieteten Kellerräumen
Falsche Angaben im Mietvertrag, feuchte Wände. Das ist
im Roßberg kein Einzelfall. Eine Wohnung in einem der
oberen Geschosse: Blanker Estrich in der Küche, feuchter Putz bröckelt von den Wänden, die Abflussrohre sind
verstopft. Die Heizung funktioniert entweder gar nicht
oder heizt innerhalb von Minuten so auf, dass man sich
an den Heizkörpern verbrennt. Die Bewohnerin ist eine
junge Frau – und will aus Angst vor einem Rausschmiss
ihren Namen nicht in der Zeitung lesen. Denn: Sie ist hoch
verschuldet, hat so gut wie keine Chance, eine neue Wohnung zu finden.
Ihr Nachbar René D. (Name geändert) hat ebenfalls
Angst, seine Unterkunft zu verlieren. Laut Mietvertrag lebt
er in einer 40-Quadratmeter-Wohnung. Tatsächlich haben
der Wohnraum und die in Nischen untergebrachte Kochund Duschmöglichkeit zusammen mit dem WC eine Fläche
von 21,11 Quadratmetern – kaum mehr als die Hälfte. Er
habe jemanden von der Verwaltung darauf aufmerksam
gemacht, dass im Mietvertrag wohl ein Fehler unterlaufen
sein muss, erzählt der Hartz-IV-Empfänger. „Als Antwort
habe ich zu hören gekriegt, das könne mir doch egal sein,
das würde doch ohnehin das Amt bezahlen.“ Kaltmiete für
das Zimmer ohne Küche und Vollbad: 300 Euro – das sind
14,21 Euro pro Quadratmeter.
Wir können nur einige der mehr als 100 Wohnungen im
Haus ausmessen und fotografieren. Klar ist: Viele Mieter
des Hauses sind wütend – und hilflos. Eingetretene Wohnungstüren, Risse an der Außenwand, Feuchtigkeit und
Schimmel – sie wohnen hier nicht gerne. Aber wo sollen sie
stattdessen hin? Die meisten sind auf Unterstützung vom
Staat angewiesen. Bei dem problematischen Hamburger
Wohnungsmarkt haben sie besondere Schwierigkeiten,
überhaupt eine Wohnung zu finden. Sie trauen sich nicht,
Mängel anzuzeigen oder gegen den Vermieter wegen falscher Quadratmeterangaben im Vertrag vorzugehen.
Wie viele Wohnungen die Kuhlmann Grundstücks
GmbH an Hilfeempfänger vermietet, bleibt offen. Die
Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II (Arge) kann
die Frage nicht beantworten, Kuhlmann will es nicht.
Stattdessen schreibt er, „als eine der sehr wenigen Hausverwaltungen“ vermiete er „seit über zehn Jahren auch an
Sozialhilfe-/Hartz-IV-Empfänger“. Und: „Wir wollten und
wollen unser soziales Engagement in Hamburg nicht über
Gebühr öffentlich machen, aber auch ungern am Pranger
stehen, wenn Mieter mal nicht zufrieden sind.“
Ob die Behörden der Abzocke des Steuerzahlers Einhalt
gebieten? Das Bezirksamt Wandsbek hat Vermieter Kuhlmann aufgefordert, zur „unzulässigen Nutzung eines Kellerraums“ bis zum 2. Oktober Stellung zu nehmen. Wenn
er den Keller weiterhin unberechtigt als Wohnung vermietet, „ist das eine Ordnungswidrigkeit und kann zu einem
Zwangsgeld führen“, so Sprecherin Christiane Kuhrt.
Fotos: mauricio bustamante
Erst diesen Sommer urteilte der Bundesgerichtshof: Mieter müssen sich Abweichungen gefallen lassen, die zehn
Prozent nicht überschreiten.
Am 1. September erfährt die Beraterin von Mieter helfen Mietern auf Nachfrage Erstaunliches: Die Wohnung,
die die Frauen gemietet haben, ist in Wirklichkeit nicht
mehr als ein Keller. Denn Wohnungen müssen, so das Bauamt Wandsbek, „ausreichend belüftet und mit Tageslicht
belichtet werden“.
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KUHRT KOMMUNIKATION
Webseiten-Tester gesucht
Sie sind weiblich, zwischen 30 – 45
Jahren alt und surfen gelegentlich im
Internet.
Der Test dauert ca. 30 – 40 Minuten
und findet online statt. Sie können ihn
auf Ihrem eigenen Rechner zuhause
durchführen.
Der Skandal hinter
dem Skandal
Ein Kommentar
Senden Sie uns bei Interesse eine E-Mail
mit Ihren Kontaktdaten und Alter an
Nils Kuhrt unter: onlinetest@kuhrt.de
Wir zahlen Ihnen € 20,- für Ihre Teilnahme.
von Beatrice Blank
Elenas Schulranzen ist total verschimmelt
Die Arge erklärte auf Nachfrage, sie könne nichts machen:
Zwar zahlt die Behörde Monat für Monat überteuerte Mieten für Hartz-IV-Empfänger. Doch sei das Amt „nicht Vertragspartner gegenüber dem Vermieter“ und habe deshalb
„keine rechtliche Handhabe“, so Sprecher Horst Weise.
Mieter helfen Mietern will Kuhlmann Kosten in Rechnung stellen – für die Umzüge von Viola Schürmann und
Anna Seiffe und Schäden an ihren Habseligkeiten. Zahlt
er nicht, sollen die Forderungen vor Gericht durchgesetzt
werden. Das kann allerdings Jahre dauern.
Sie haben sich gewehrt. Dafür zahlen Viola Schürmann
und Anna Seiffe einen hohen Preis. Derzeit wohnen sie
mit der zwölfjährigen Elena in einer Notunterkunft. Ein
Dach über dem Kopf, aber keine Lösung, schon gar nicht
für das Mädchen. Die Nerven der Frauen liegen blank. Statt
einer Drei-Zimmer-Wohnung haben sie nun ein Drei-BettZimmer. „Das ist nicht schön – aber immer noch besser als
Kuhlmanns Keller.“
beatrice blank
Mitarbeit: ulrich jonas, fabian zühlsdorff
Die mitgliedschaft in einem mieterverein ist für
Hartz-IV-Empfänger in Hamburg kostenlos. Die Arge bezahlt die
Mitgliedschaft. Wie’s geht, erfahren Hilfeempfänger bei ihrem
Sachbearbeiter. Marielle Eifler, Sprecherin des Mietervereins, zu
Hamburg zu Schimmel und Quadratmeterlügen: „Es lohnt sich,
dagegen vorzugehen. Enorme Rückzahlungen sind möglich.“ Die
gingen aufs Konto der Arge, falls diese die Miete bezahlt.
Hier werden nicht nur Viola Schürmann, Anna Seiffe und ihre Nachbarn
abgezockt. Die Zeche zahlt wie so oft
der Steuerzahler. Denn offenkundig
überweist die Arge für manchen Mieter
am Roßberg Monat für Monat zu viele
Euro für zu wenig Quadratmeter.
Da kostet ein schimmeliges Kellerloch mehr pro Quadratmeter als ein
Neubau-Loft in Eppendorf – und bei
der Behörde zucken sie nur mit den
Schultern: Man habe keine Handhabe
gegen den Vermieter.
Erzählt ein Denunziant der Behörde,
ein Hilfeempfänger verdiene heimlich
ein paar Euro hinzu, schickt das Amt
postwendend seine Schnüffler los, um
den vermeintlichen oder tatsächlichen
Missbrauch zu bekämpfen. Wann aber
klingeln Mitarbeiter der Arge bei den
Mietern der Kuhlmann Grundstücks
GmbH und bieten ihnen die Unterstützung des Amtes an? Wann prüft
die Behörde, in wie vielen Fällen
der Steuerzahler Wuchermieten
bezahlt? Wann klärt sie Betroffene darüber auf, dass zu viel gezahlte Miete
mithilfe eines Mietervereins kostenlos
eingeklagt werden kann? Dass feuchte
Wände und Schimmel kein Naturgesetz sind, sondern Missstände, die
ein Vermieter sofort und dauerhaft
abzustellen hat?
Der Fall Kuhlmann zeigt, wie
angespannt der Hamburger Wohnungsmarkt ist. Hartz-IV-Empfänger
müssen offenbar froh sein, überhaupt
eine Bleibe zu haben – und sei es nur
ein feuchter Keller.
Ein Vermieter macht, was er will, und
die Arge macht nichts: Das ist der
Skandal hinter dem Skandal.
XNiP: R9FE
Schnell schalten
Kleinanzeigen:
040/28 40 94-0
anzeigen@hinzundkunzt.de
Die
Großuhrwerkstatt
Bent Borwitzky
Uhrmachermeister
Telefon: 040/298 34 274
www.grossuhrwerkstatt.de
Verkauf und Reparatur
von mechanischen Tisch-,
Wand- und Standuhren
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Foto: mauricio bustamante
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Wir unterstützen Hinz&Kunzt. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. E.ON Hanse
„Eines Tages
springe ich über die Mauer“
Es war der Hammer: Nach Monaten des friedlichen Protestes der
DDR-Bürger fiel am 9. November 1989 die Berliner Mauer. Menschen
aus Ost- und Westdeutschland, die sich nie zuvor gesehen hatten,
lagen sich in den Armen, beseelt von einem überwältigenden Gefühl:
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit — Gerechtigkeit! Zum Tag der
Deutschen Einheit am 3. Oktober erzählen zwei Bürger ihre ganz
persönliche Geschichte zur Wiedervereinigung: Stephan „Stoppel“
Eggert von der Band Selig und Hinz&Künztler Fred Hauschka
Fred Hauschka sagte seine Meinung. Erst durfte er deshalb in der DDR keine Ausbildung machen, dann landete er im Knast
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„Man hatte mich
regelrecht ausgelöscht“
Er ist ja doch noch ein ordentlicher sozialistischer Bürger
geworden. Er geht einer geregelten Arbeit nach, zeigt sich
zuverlässig und fleißig, übererfüllt die an ihn gerichteten
Leistungsnormen sogar, damit es weiter aufwärtsgeht mit
dem Arbeiter- und Bauern-Staat. Nur besucht er leider
noch immer diese Bibelstunden – Fred Hauschka wird
dieses „Zeugnis“ erst nach dem Fall der Mauer lesen. Er
findet es in seiner Stasi-Akte, notiert kurz vor seiner Flucht
in die Bundesrepublik.
Fred Hauschka wird 1965 im Städtchen Lübbenau im
Land Brandenburg geboren und wächst hier auf. „Meine
Kindheit war ganz schön“, sagt er. Seine Eltern sind mit
dem Leben in der DDR im Großen und Ganzen zufrie-
den: „Wir waren zu Hause eine kinderreiche Familie,
meine Eltern hatten Arbeit, für uns Kinder wurde gesorgt.
Kindergarten war umsonst, Schulspeisung und Schulbücher. Eintritt im Schwimmbad, im Kino, alles war für uns
frei“, erinnert er sich.
Alles ändert sich, als er 14 wird und beginnt, sich politisch zu interessieren. Schnell liegt er mit den Lehrern,
der Schule, dann der Staatssicherheit über Kreuz. Er will
nicht akzeptieren, dass es einigen wenigen gut geht, während die anderen hart malochen müssen. Dass nur einige
ausgewählte Funktionäre in den Westen reisen dürfen.
Er will erst recht nicht hinnehmen, dass man nicht offen
seine Meinung sagen darf und dass Andersdenkende wie
Foto: mauricio bustamante
Hinz&Künztler Fred Hauschka versuchte dreimal, aus der DDR
abzuhauen. Kurz bevor die Mauer fiel, gelang ihm die Flucht vor
einem System, das ihm seine Zukunftschancen auch im goldenen
Westen gründlich vermasselt hat
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er polizeilich überwacht werden. Auch weigert er sich, der
Freien Deutschen Jugend (FDJ) beizutreten, der Jugendorganisation der SED. Er wolle nicht in die HJ, erklärt er dem
Mitarbeiter der Staatssicherheit, zu dem er vorgeladen wird.
Als der ihn zusammenbrüllt, ist Fred Hauschka um eine
Antwort nicht verlegen: „Wieso, das ist doch die HoneckerJugend, abgekürzt HJ, oder?“
Immer wieder gerät er mit der Staatsmacht aneinander;
ständig wird er vorgeladen. Er darf nicht nach Ostberlin
fahren, nur weil er mal gesagt hat: „Eines Tages springe ich
über die Mauer.“ Als ihn bei einer Befragung im Zimmer
seines Schuldirektors ein Stasi-Beamter schlägt, sagt der
Direktor nur: „Also, ich hab nichts gesehen.“ Seine Klassenkameraden sagen: „Du hast ja recht, aber was sollen wir
machen?“ Unterstützung findet er nur bei der örtlichen
Kirchengemeinde, wo sich einige wenige Oppositionelle
unter dem Schutz des Glaubens versammeln. Dann zieht
der Staat die Schlinge zu: „Per Gerichtsbeschluss wurde
mir mitgeteilt, dass ich als nicht würdig angesehen wurde,
in einem sozialistischen Land eine sozialistische Lehrausbildung zu erhalten.“ Damit ist klar: Fred Hauschka wird
nach Abschluss der Hauptschule nie eine Lehre machen
können. Auch eine weitere Schullaufbahn, erst recht das
Abitur, wird ihm verweigert werden.
Bald plant er, die DDR zu verlassen: „Nicht über die innerdeutsche Grenze wollte ich, so lebensmüde war ich nun
auch nicht.“ Er will es in der Tschechoslowakei versuchen.
Dort gibt es einen kleinen Zipfel, wo die ostdeutsche, die
westdeutsche und die tschechische Grenze aufeinandertreffen. Er wird 18 Jahre alt, es muss ihm nur gelingen, in die
Tschechoslowakei einzureisen. Doch schon auf dem Weg
dorthin wird er festgenommen. „Verrat“, sagt er knapp.
Heute weiß er, dass sein jüngerer Bruder sich verplappert
hat: „Er wollte sich für drei Jahre bei der Armee verpflichten. Er wollte anschließend studieren und ein angenehmes
Leben führen“, erzählt Fred Hauschka. Doch bei einem
Bruder, der offen gegen den Staat argumentiert, wird er
erst mal vorgeladen – und ausgequetscht, auf die väterliche
Tour: Was denn der Fred so mache und noch mehr, was er
vorhabe, wollen sie wissen. Fred Hauschka kennt das, wenn
sie abwechselnd auf einen einschreien und dann wieder
ganz verständnisvoll fragen, was einen bedrückt – und
man für einen kurzen Moment geneigt ist zu glauben, der
da vor einem steht, meint es vielleicht doch ausnahmsweise
gut. Fred Hauschka macht seinem Bruder heute keinen
Vorwurf. Wegen versuchter Republikflucht wird er damals
zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt.
Als er rauskommt, hat er mit seinem Land endgültig gebrochen. Für dieses System will er nicht arbeiten.
Unterstützung erhält er von der Kirche, die seine Miete
übernimmt und ihn mit Lebensmitteln versorgt. Sein
Ausreiseantrag wird ohne Begründung abgelehnt. Er kann
nicht darauf hoffen, dass ihn die Bundesrepublik freikauft:
„Ich war nicht prominent, ich hatte keinen Beruf, ich hatte
nicht studiert – für den Westen war ich uninteressant.“
Er plant seinen nächsten Fluchtversuch, wieder über die
tschechische Grenze.
Diesmal ist er nicht allein: Mit ihm unterwegs ist ein
guter Bekannter. Die Flucht endet tragisch: Sie werden
kurz vor der Grenze gestellt. Auf seinen Mitflüchtling wird
geschossen: „Er ist nicht gleich gestorben. Sie haben ihn
verbluten lassen; sie haben ihm ärztliche Hilfe verweigert.“
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Fred Hauschka schluckt und senkt den Blick. Es fällt ihm
nicht leicht, darüber zu reden.
Zynischer- und paradoxerweise verschafft ihm das
eine vergleichsweise geringe Haftstrafe: „Sie wollten, dass
ich die Klappe halte; dass ich nicht erzähle, was da passiert
ist.“ Nach tagelangen Verhören geht er für ein Jahr ins
Gefängnis. Zuletzt sitzt er in Leipzig ein, wo er auf dem
Schlachthof arbeiten muss. Andere Gefangene nehmen
ihn zur Seite: Wenn er wieder draußen sei, solle er sich
zurückhalten. Er solle arbeiten gehen und nicht mehr mit
dem Kopf durch die Wand rennen. Er solle ein braver Junge
sein. Sonst habe er keine Chance.
Fred Hauschka hält sich dran. Nach der Entlassung
wird er Beifahrer bei einer Wäscherei: „Politisch habe ich
die Füße stillgehalten.“ Er wird im Sommer 1988 für sein
gutes Arbeiten ausgezeichnet, darf zur Belohnung an einer
Reise seines Betriebes nach Prag teilnehmen. Sein Chef und
sein Abteilungsleiter bürgen für ihn. Als er mit seinem Chef
in den Zug steigt, sagt der: „Ich weiß ganz genau, was du
vorhast.“ Fred Hauschka antwortet: „Der erste Halt nach
der Grenze ist mein Halt. Und Tschüss!“
Diesmal klappt es. „Wenn sie mich ein drittes Mal erwischt hätten, ich wäre für fünf bis sieben Jahre eingefahren.“
Als der Zug ohne ihn in Prag ankommt, steht da schon
die Staatssicherheit. Sein nun ehemaliger Chef wird zu
vier Jahren Haft verurteilt; sein nun ebenfalls ehemaliger
Abteilungsleiter zu zwei Jahren. Wegen Beihilfe zur Republikflucht.
Fred Hauschka kommt in Bayern in ein Auffanglager,
betritt das erste Mal in seinem Leben einen westlichen
Supermarkt: „So volle Regale hatte ich in meinem Leben
noch nie gesehen.“ Am Anfang lesen ihm die Behörden
jeden Wunsch von den Lippen ab: „Ich wurde behandelt
wie Gott in Frankreich.“ Doch das kann nur kurz darüber
hinwegtäuschen, dass seine Startbedingungen im Westen
schlecht sind: Er hat keinen Schulabschluss, er kann keine
Ausbildung vorweisen. Er ist schon 31 Jahre alt, da will
ihm das Arbeitsamt eine Lehre vermitteln und finanzieren.
Nur kann er keine Zeugnisse vorzeigen. Seine Wohnung
in Lübbenau hat man damals noch am Abend nach seiner
Flucht versiegelt und dann leer geräumt. Als er bei seiner
ehemaligen Schule nach Kopien seiner Zeugnisse fragt,
sagt man ihm: „Sie sind hier nie zur Schule gegangen.“ Fred
Hauschka holt tief Luft und sagt: „Man hatte mich regelrecht ausgelöscht.“ Es wird nichts mit der Lehre.
Heute wohnt Fred Hauschka in einer Kirchenkate. Er
hat einen Job, bezuschusst von der Arbeitsagentur, begrenzt
auf zwei Jahre zwar, aber immerhin. Er geht noch mal die
Stationen seines Lebens durch: „Wenn ich gewusst hätte,
dass nur ein Jahr nach meiner Flucht die Mauer fällt, ich
hätte gewartet“, sagt er.
Doch da gibt es noch etwas anderes, was ihn beschäftigt,
und dafür geht es zurück zum 12. August 1961 in Berlin:
Der Mann, der sein Vater werden wird, arbeitet damals wie
viele DDR-Bürger in Westberlin, im Wedding. Auch seine
zukünftige Mutter ist im Westteil der Stadt. Als die beiden
abends zusammen zurück nach Ostberlin fahren, sehen sie
an der Grenze die Vorbereitungen zur Grenzschließung,
die noch in der Nacht erfolgen soll. Sie kehren nicht um,
sie fahren weiter, fahren nach Hause. „Wenn sie doch nur
dageblieben wären!“, sagt Fred Hauschka. Wer weiß, wie
sein Leben verlaufen wäre.
Frank Keil
Wenn jemand aus der
Bahn geworfen wird,
hat das oft etwas mit
seiner Geschichte zu
tun. Dafür wollen wir
Verständnis wecken.
XNiP: 3KPA
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Meine drei Wiedervereinigungen
Für den Drummer der Band „Selig“ fiel nicht nur 1989 die Mauer: Seine
Eltern überwanden 1974 die deutsch-deutsche Grenze, und seine Band
spielt auch wieder zusammen
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Foto: martin kath
Ein Mann, drei Wiedervereinigungen: Zum Jubiläumsjahr kann Selig-Drummer Stephan „Stoppel“ Eggert einiges beisteuern: Seine Eltern wurden 13 Jahre lang durch
die Mauer getrennt, fünf Jahre durften die Verwandten
sie nicht im Westen besuchen. Und seine Band Selig hat in
diesem Frühjahr nach zehn Jahren Funkstille wieder zusammengefunden und ein furioses Comeback hingelegt.
„Als die Mauer gefallen war, fuhr ich im Auto von meinem
Übungsraum zurück nach Hause und sah die ganzen Trabis
in einer langen Schlange auf der Autobahn nach Hamburg
stehen“, erinnert sich Stephan Eggert. „Manche haben sich
über die Staus geärgert, aber ich habe mich total gefreut.
Ein Teil meiner Verwandtschaft saß auch in einem dieser
Autos auf dem Weg zu meinen Eltern nach Ahrensburg.“
Dabei liegt die erste und wichtigste familiäre Wiedervereinigung schon einige Jahre zurück. Doch der Reihe
nach …
1961: Stoppel Eggerts Vater (damals war er natürlich
noch nicht sein Vater) studiert Tiermedizin in Hannover,
die Mutter arbeitet als Friseurin in einem kleinen Ort im
Osten. Nach Abschluss des Studiums wollen sie zusammenziehen und eine Familie gründen. Der 13. August 1961
macht ihre Pläne zunichte. Auf einmal sind beide gefangen
auf unterschiedlichen Seiten der über Nacht gewachsenen
innerdeutschen Grenze.
Sie können sich nur selten sehen, aber ihre Liebe hält
das aus. Tochter Kerstin wird geboren, später Sohn Stephan. Mit jedem Jahr der Trennung wird die Sehnsucht
nach dem Zusammenleben größer. Die Mutter stellt einen
Ausreiseantrag. 1969 wird er genehmigt. „Wir verbrachten
Weihnachten 1969 zwischen gepackten Kisten, und meine
Mutter schrieb lange Listen. Jeder Löffel, den wir mitnehmen wollten, musste genau aufgeführt werden“, sagt
Stoppel Eggert. Eine der vielen banalen kleinen Schikanen
der ehemaligen DDR. Aber die Vorfreude auf das Zusammenleben kann nach acht Jahren der Trennung davon nicht
getrübt werden.
Am zweiten Weihnachtstag des Jahres steht Vater Eggert mit einen Strauß Blumen auf dem Lübecker Bahnhof
und wartet auf seine Familie. Aber niemand steigt aus dem
Zug. Er weiß nicht, was passiert ist. „Telefonieren konnten
meine Eltern auch nicht, wir hatten kein Telefon. Wenig
später bekam mein Vater ein Telegramm, in dem stand:
,Ihre Frau legt keinen Wert mehr auf eine Ausreise.‘“ Natürlich eine gemeine Lüge: In Wirklichkeit durfte sie nicht
ausreisen. Von diesem Schock kann sich die Familie nur
schwer erholen.
Weiterhin besteht das Familienleben aus gelegentlichen
Telefonaten, wöchentlichen Briefen und Päckchen und den
staatlich erlaubten 30 Besuchstagen. So oft es geht, treffen
sich die vier in Berlin. „Mein Vater kam morgens um 6 Uhr
per Tagesvisum nach Ostberlin und ging abends wieder
zum Schlafen in den Westen.“ Über den bekannten Anwalt
Wolfgang Vogel stellt die Mutter schließlich einen zweiten
Ausreiseantrag, der 1974 genehmigt wird. Dieses Mal geht
alles gut. Nach 13 Jahren der Trennung beginnt in Ahrensburg ein neues, gemeinsames Leben für die Familie.
Aber Oma, Mutter, Cousinen und Tanten sind im
Osten geblieben. Und entgegen der ursprünglichen Zusage
der Behörden der ehemaligen DDR, wird bis 1979 keine
Besuchserlaubnis erteilt. Familie Eggert ist für fünf Jahre
von ihrer Verwandtschaft abgeschnitten.
Die politischen Veränderungen der Wendezeit versetzen
darum alle in den Ausnahmezustand. „Im Herbst 1989
waren wir alle fassungslos. Wir saßen tagelang wie paralysiert vor dem Fernseher. Dann folgte ein monatelanger
Besuchsreigen von unseren Verwandten aus dem Osten.“
Inzwischen sind die Besuche selten geworden, aber das Leben im geteilten Deutschland hat dennoch niemand in der
Familie Eggert vergessen.
Geschichten finden
wir am spannendsten,
wenn sie ganz nah
am Menschen er­zählt
werden. Das versuchen wir!
Weniger dramatisch, aber persönlich und musikalisch
bedeutungsvoll ist die Reunion der Rockband Selig in
diesem Jahr. Deren Erfolgsgeschichte begann Anfang der
90er-Jahre. Fünf junge Männer aus dem Osten Hamburgs
trafen sich zu einer Session im Übungsraum. Alle hatten
schon viel Erfahrung in anderen Bands gesammelt, doch
diese Kombination war einmalig. „Schon die erste Probe
war gleich eine spirituelle Erfahrung“, erinnert sich Stoppel
Eggert. Selig nimmt ein Album auf und spielt in kleinen
Clubs – wie unzählige andere Bands auch. „Aber wir waren
zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Dank VIVA und MTV
wurden wir schnell bekannt. Die wollten deutsche Musik,
und die gab es damals so gut wie gar nicht“, erklärt der
Schlagzeuger bescheiden.
Vor allem gab es keine deutsche Musik, die so jung,
wild und zornig war. Es folgte ein rasanter Aufstieg mit
weiteren Alben, endlosen Tourneen und einem plötzlichen
Ende auf dem Höhepunkt der Karriere. „Wir waren über
Jahre rund um die Uhr zusammen, es war zu viel und zu
intensiv. Zwischen einigen gab es Streit, andere hatten sich
gar nichts mehr zu sagen.“ Sänger Jan Plewka stieg aus
und verschwand für ein Jahr nach Schweden. Damit war
die Band geplatzt und der Groll untereinander zum Teil
gewaltig. Alle fünf Musiker bastelten aber weiter an ihrer
musikalischen Karriere. Stoppel Eggert stieg als Schlagzeuger bei James Last ein, Jan Plewka trat als Rio Reiser auf,
zusammen bildeten sie die Gruppe „TempEau“.
Genauso überraschend wie Plewka die Band verlässt,
nimmt er den Faden wieder auf. Zehn Jahre nach der Trennung ruft er beim Gitarristen Christian Neander an und
bittet um ein Treffen aller Selig-Mitglieder. Es folgen diverse Aussprachen und „ein dreiviertel Jahr Geplänkel und
E-Mails.“ Schließlich waren alle bereit zu einem Treffen im
Übungsraum: Und da ist es wieder, das Selig-Feeling. „Es
war toll, wir fingen auch sofort an, Lieder zu schreiben.“
Das neue Album „Und Endlich Unendlich“ erscheint im
Frühjahr 2009 und auch bei den Konzerten groovt es wie
früher. „Nur beim ersten Auftritt war ich geschockt“, gesteht Stoppel Eggert. „ Früher standen da junge Mädchen
vor der Bühne, jetzt alte Männer.“ Aber älter seien sie ja
auch geworden, räumt er ein. So unrecht scheint es ihm gar
nicht zu sein, denn „offener und toleranter“ seien sie ja auch
geworden im Laufe der Jahre.
Vor Kurzem hat das Goethe-Institut in Mexiko angefragt, ob die Band nicht anlässlich der Wiedervereinigung
eine Südamerika-Tour spielen möchten. Ob die deutsche
oder die der Gruppe gemeint war, bleibt offen. Aber Stoppel
Eggert hat in jedem Fall eine Menge dazu zu sagen.
Sybille Arendt
Selig live
Am 4. und 5. Oktober spielt Selig um 20 Uhr im Docks
am Spielbudenplatz. Tickets: 30,65 Euro
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Banker Peter Jaster: „Erst mal jemanden fragen, der sich auskennt“
Kein bisschen abgehoben: Quickborn feiert sein traditionelles Eulenfest
Im Grünen und doch nah der Großstadt: Nach Hamburg sind’s 20 Kilometer
Sanierte Innenstadt und viele Geschäfte: Hier leben Gutverdiener
Hamburg-Pendler auf dem Heimweg: Quickborn gilt als Schlafstadt
Das Wappen symbolisiert den Namen Quickborns: „Schnell sprudelnde Quelle“
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Bearbeitete den Bürgerkredit unbürokratisch: Stadtkämmerin Meike Wölfel
Cornelia Dommel: „Man interessiert sich mehr für das, was in der Stadt passiert“
Der Bürgermeister
leiht sich Geld
Ein ungewöhnliches Sparprogramm: Wie Quickborner Bürger ihrer
Gemeinde aus der Finanzmisere helfen
Fotos: Mauricio Bustamanmte
Man sollte die Temperatur im Freibad um drei Grad senken, schlug ein Bürger vor. Man könnte die Hausdächer
für Solaranlagen verpachten, sagten andere. Und das
Sportstadion an die Vereine abgeben. Mehr Gebühren
für die Volkshochschule nehmen. Keine Weihnachtsbeleuchtung mehr aufhängen. Bei Kulturveranstaltungen
sparen. „Wir könnten der Stadt auch Geld leihen“, rief
plötzlich eine Frau. Was für eine Schnapsidee, dachte
Bürgermeister Thomas Köppl. Wenige Tage später hatte
die Stadt Quickborn vier Millionen Euro neu auf dem
Konto.
„Damit hätten wir nie gerechnet“, sagt Köppl und nippt
am Kaffee, er wirkt stolz auf seine Bürger und auch auf
sich selbst, den unerwarteten Bürgerkredit wertet er als
Zeichen des Vertrauens. Seit 1999 ist der CDU-Mann
Rathauschef in Quickborn. Bisher waren die Kassen der
20.000-Einwohner-Stadt im Nordwesten von Hamburg gut
gefüllt, man trug fleißig Schulden ab und investierte etliche
Millionen, um familienfreundlich zu sein für Pendler und
um attraktiv zu werden als Standort für große Unternehmen. Beides klappte gut.
Doch die fetten Jahre sind vorbei. Wie alle Kommunen spürt auch Quickborn die Wirtschaftskrise: In den
kommenden Jahren werden der Stadt 1,8 Millionen Euro
jährlich in der Kasse fehlen, die Verschuldung könnte
bis 2012 auf 41 Millionen Euro wachsen. Sparen, sparen,
sparen, lautet nun Köppls neuer Kurs. „Aber dabei will
ich die Bürger mit ins Boot holen.“ Und das gehe nur über
offene Diskussionen.
Anfang Juli lud der Bürgermeister zu einer Bürgerstunde ein. Thema des Abends: die miese Haushaltslage. Etwa
500 Quickborner kamen. Köppl erklärte die Lage, bat um
Vorschläge, wo man den Rotstift ansetzen müsse und um
Ideen, wie die Stadt wieder flüssig werden könne. „Will der
jetzt, dass wir ihm Geld leihen?“, murmelte irgendwann
jemand hinter ihr, erzählt Cornelia Dommel, es sollte wohl
nur ein Witz sein. Aber genau das ist es, dachte sich die
Wirtschaftsinformatikerin, stand auf und sprach die Idee
aus. „Warum sollte eine Kommune bei ihren Bürgern keine
Schulden machen können?“
Kaum war der Vorschlag auf dem Tisch, meldeten sich im
Rathaus die ersten Bürger: Was würde die Stadt an Zinsen
zahlen? Köppl und sein Team überlegten nicht lange: Für
den notwendigen Bankkredit müsste die Stadt etwa 4,5
Prozent Zinsen zahlen, einem Anleger würde Tagesgeld
momentan etwa zwei Prozent einbringen. „Also haben wir
gesagt, wir treffen uns in der Mitte“, sagt Köppl. Mindestens 5000 Euro sollte ein Bürgerdarlehen betragen, ein Jahr
Gemeinsinn ist out.
Denkt man oft. Deshalb beeindruckt es
uns, wenn Menschen
an einem Strang ziehen – und sich trauen,
für das Dorf oder die
Stadt ungewöhnliche
Wege zu gehen.
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Hans-Ulrich Plaschke: „Eine ungewöhnliche und gute Idee“
Bürgermeister Thomas Köppl: „Die Bürger mit ins Boot holen“
„In unserer Stadt wurde viel neu gebaut“, sagt der Schriftsteller Peter Jäger
„Man verzettelt sich nur“, kritisiert Fleischermeister Jens Konarski
Laufzeit, dann zahlt die Stadt das Geld mit drei Prozent
Zinsen zurück. Kämmerin Wölfel setzte einen Serienbrief
auf und entwarf den Vertrag, eine DIN-A4-Seite nur, vom
Bürgermeister bereits unterschrieben.
„Das ging alles ganz schnell und unbürokratisch“, sagt
Hans-Ulrich Plaschke. Genau 5000 Euro hat er der Stadt
gepumpt, seine Frau überwies die gleiche Summe. „Von
mir aus hätte es auch ein oder zwei Prozent geben können,
völlig egal“, sagt Plaschke. „Es war eine ungewöhnliche
und gute Idee, um der Stadt aus der Klemme zu helfen.“
Für mehr als 20 Millionen Euro lässt Quickborn derzeit
die Schulen sanieren oder gleich neu errichten; das Projekt gilt als größtes Bauprogramm in der Geschichte der
Stadt. In nur einem Jahr sollen die Schüler schon in neuen
Räumen sitzen – Rekordzeit für eine Kommune. „Es gibt
viele Baumaßnahmen, also muss das Rathaus auch flüssig
sein, begründen viele Bürger ihren Kredit an die Stadt“,
erzählt Schriftsteller Peter Jäger.
Insgesamt 800 Interessierte meldeten sich, 80 überwiesen. Man hätte noch viel mehr einnehmen können, erzählt
Kämmerin Wölfel, doch das hätte den zulässigen Kreditrahmen gesprengt. Der gute Zinssatz lockte auch Anleger
aus dem Umland: Ein Geldgeber, der nicht in Quickborn
lebt, legte sogar eine Million Euro an. Schade findet das
Cornelia Dommel, selbst mit 5000 Euro dabei. Schließlich
sei es ursprünglich darum gegangen, dass die Bürger sich
für ihre Stadt einsetzen. „Da ist unsere Verwaltung wohl
von den Ereignissen überrollt worden.“
Ja, gibt der Bürgermeister zu, eigentlich habe man sich
auf die ungewöhnliche Aktion besser vorbereiten wollen.
Mit ihrer kreativen Art, an Geld zu kommen, sind die
Quickborner schließlich nicht allein. Langen im Landkreis
Cuxhaven überlegt, eine „Statt-Aktie“ herauszugeben und
über eine stadteigene Aktiengesellschaft zu vermarkten.
Auch Celle will mit einer sogenannten Kommunalanleihe
zehn Millionen Euro in die leere Kasse bekommen. Wertpapiere mit festen Zinsen über eine Bank an die eigenen
Bürger und an lokale Unternehmen auszugeben, ist auch
Thema in Ahrensburg im Landkreis Storman. Doch ob sie
mit einer Bank zusammenarbeiten oder wie in Quickborn
Fotos: Mauricio Bustamanmte
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Neue Öffnungszeiten
die Geschäfte alleine abwickeln, alle Städte argumentieren
gleich: Geld vom Bürger zu leihen spart Zinsen.
Stimmt aber nicht, kontern Finanzfachleute. Was sich
zunächst vielleicht schlau anhöre, sei eine unsichere Sache.
Schließlich müsse eine Kommunalverwaltung Zinsprognosen abgeben, und das falle sogar Banken schwer. Man
muss einen guten Marktüberblick haben und die Zinssätze
immer wieder anpassen, warnt der Bund der Steuerzahler Schleswig-Holstein: „Wie will ein Rathaus so etwas
leisten?“ Fleischermeister Jens Konarski sieht es ähnlich.
„Da verzettelt man sich doch nur“, sagt er und putzt seinen
Marktstand vor dem Quickborner Rathaus sauber für die
Heimfahrt.
Einige Hundert Kilometer entfernt überlegen in Bonn
Mitarbeiter der staatlichen Bankenaufsicht BaFin, ob
die Stadtverwaltung Quickborn mit ihrer Kreditaktion
Gewinn machen will. Und der Bundesverband Deutscher
Volks- und Raiffeisenbanken sieht bereits die Quickborner
Unternehmen leiden, da den Banken am Ort nun das Geld
für Kredite fehle. Lächerlich, findet Bürgermeister Köppl,
er wolle doch nicht ins Kreditgeschäft einsteigen. „Bei
der Größenordnung hier, das ist Klöterkram, da ist weder
der Kreditplatz Deutschland in Gefahr, noch steht jetzt
der Zusammenbruch der nächsten Bank bevor.“ Würde
die Verwaltung denn ein zweites Mal Kredit bei den Bürgern aufnehmen? „Mal schauen“, sagt Köppl. „Vorstellen
kann ich es mir.“
In den diversen Bankfilialen an der frisch sanierten
Quickborner Einkaufsmeile Bahnhofstraße ist man jetzt
schon verschnupft. „Wenn ich Geld brauche, dann frage
ich doch erst mal jemanden, der sich damit auskennt“,
sagt Peter Jaster, Prokurist bei der VR Bank Pinneberg.
Außerdem hätte die Stadt an einen günstigeren Kredit
kommen können. Kämmerin Wölfel und die örtliche Presse
dagegen berichten, dass die Banken im Juli mehr als drei
Prozent Zinsen verlangten. Runtergegangen seien sie erst,
als die Bürger ruck, zuck ein paar Millionen an die Stadt
überwiesen hatten.
Bürgermeister Köppl betont jetzt immer wieder, dass
es ihm bei der Aktion vor allem um das Einbeziehen der
Bürger in die Politik gegangen sei. „Natürlich hätten wir
irgendwo einen Kredit aufnehmen können, die Zinsen sind
nicht der Punkt.“ Die Quickborner aber hätten freiwillig
gegeben, warum also hätte die Verwaltung das Engagement
der Bürger ablehnen sollen? „Wenn man Geld anlegt, dann
interessiert man sich auch mehr für das, was in der Stadt
passiert“, sagt Cornelia Dommel. Dass sie die Banken nun
umspielt haben, halten viele Quickborner für einen netten
Nebeneffekt. „Es ist richtig, dass die Banken was vor den
Bug kriegen, die haben schließlich genug verbockt“, sagt
Hans-Ulrich Plaschke. Jetzt hoffe er auf „weitere kreative
Finanzierungsideen“ aus dem Rathaus.
Es waren nur vier Millionen Euro. Peanuts für Banker.
Klöterkram für Bürgermeister Köppl. Aber es war ein Signal: Es geht auch ohne euch.
Daniela Schröder
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Als Bürgermeister von Belo Horizonte brachte Patrus Ananias ein Gesetz auf den Weg, das die Kindersterblichkeitsrate mehr als halbierte
Politik gegen den Hunger
Geht nicht, gibt’s
nicht! Überall auf
der Welt haben
Menschen gute
Ideen. Wenn wir
davon erfahren,
stehen sie bei uns
im Heft.
In einer großen Halle sitzen Menschen an langen Tischen
und essen. Sie löffeln ihre Mahlzeit von großen grauen
Tabletts, viele von ihnen sind ärmlich gekleidet. Die große
Halle ist ein „Restaurante popular“, eine staatlich subventionierte Kantine in der brasilianischen Millionenstadt Belo
Horizonte. Hier gibt es gesundes und nahrhaftes Essen für
einen brasilianischen Real, etwa vierzig Cent.
Mittendrin sitzt ein Mann mit silberner Brille und
schickem Hemd. Es ist Patrus Ananias, ehemaliger Bürgermeister von Belo Horizonte und seit 2004 Brasiliens
Minister für soziale Entwicklung und die Bekämpfung des
Hungers. „Das wichtigste Menschenrecht ist das Recht auf
Leben“, sagt er der jungen Frau, die ihm gegenübersitzt. Das
Problem sei nur, dass in der Praxis vor allem das Recht auf
Eigentum geschützt werde. „Ich träume von einer Welt“,
sagt der 57-Jährige, „in der alle materiellen, technischen
und menschlichen Ressourcen in den Dienst des Lebens
gestellt werden. Dafür müssen wir Ausgrenzung und Ungerechtigkeit beenden.“
Der Minister am Tisch mit den Armen – eine Szene aus
dem Dokumentarfilm „Eine Stadt besiegt den Hunger“, den
zwei niederländische Dokumentarfilmer Anfang September
in Belo Horizonte im Auftrag des „World Future Council“
(Weltzukunftsrat) gedreht haben. Die internationale Organisation mit Sitz in Hamburg zeichnet am 1. Oktober ein
Gesetzesprogramm aus, mit dem die brasilianische Stadt
erfolgreich gegen den Hunger ankämpft. Patrus Ananias,
der das Programm initiiert hat, wird den Preis stellvertretend in Empfang nehmen. Holger Güssefeld, Hamburger
Unternehmer und Projektleiter beim Weltzukunftsrat, war
mit der Filmcrew in Belo Horizonte. Er ist noch voller Eindrücke von der Reise. „Belo Horizonte besteht zum großen
Teil aus Hochhäusern, das Leben auf der Straße gleicht dem
in südeuropäischen Großstädten“, sagt der 67-Jährige, „aber
direkt daneben fangen die Armenviertel an, die Favelas.
Das ist eine andere Welt, das Leben dort ist hart.“
Mit seinem Kamerateam war Güssefeld auf der Suche nach den positiven Auswirkungen, die durch die
Gesetzesinitiative gegen den Hunger in Belo Horizonte
erreicht wurden. Als Patrus Ananias 1993 Bürgermeister
der Stadt wurde, erzählt Güssefeld, habe dieser sich sofort
mit Gruppen und Organisationen aus der Zivilgesellschaft
zusammengesetzt und das Menschenrecht auf Nahrung ins
Zentrum seiner Politik gestellt.
Die Erfolge können sich sehen lassen: In zehn Jahren
ist die Kindersterblichkeit um 60 Prozent gesunken, und
die Zahl von Kleinkindern, die wegen Unterernährung
behandelt werden müssen, sogar um 75 Prozent. „In allen
Schulen bekommen die Kinder jetzt drei Mahlzeiten am
Tag“, berichtet Güssefeld, „und im Unterricht lernen sie viel
über die Bedeutung von gesunder Ernährung.“
Besonders wichtig für die Armen in Belo Horizonte
sind auch die verschiedenen Orte, die durch Ananias’ Politik geschaffen wurden.
Da sind zum einen die subventionierten Restaurants,
aber auch die Märkte, die „ABastaCer“ heißen, ABCMärkte. Wer so einen Markt betreiben will, muss Grundnahrungsmittel zu garantierten Niedrigpreisen anbieten.
Der Verlust wird durch die hohe Kundenzahl ausgeglichen,
weil die Märkte an zentralen Plätzen liegen. Ähnlich funktionieren die kleinen Stände, an denen Kleinbauern aus der
Region ihre Produkte direkt verkaufen können. Die Preise
sind niedrig, denn die Bauern behalten den Gewinn, den
sonst die Zwischenhändler eingesteckt haben.
Fotos: World Future Council
Zum ersten Mal ehrt der Weltzukunftsrat vorbildliche Gesetzesprojekte. Den „Future Policy Award“ erhält das Programm gegen den
Hunger in der brasilianischen Stadt Belo Horizonte. Übergeben wird
der Preis an Minister Patrus Ananias, der das Programm initiierte
031
31
W i r bek e n n e n Fa r be 31
w w w. h i n z u n d k u n z t. d e
Neben der besseren Versorgung mit Nahrung haben die
Projekte große soziale Auswirkungen. „In den geförderten
Restaurants essen auch Angestellte oder Anwohner“, erklärt Holger Güssefeld, „die Armen werden so weniger
ausgegrenzt.“ Ananias, der mittlerweile als Minister in der
Hauptstadt Brasília arbeitet, ist deshalb in Belo Horizonte
sehr beliebt. Er sei ein großartiger Mann, sagt Güssefeld
anerkennend.
Die Entwicklung in Belo Horizonte hat politische
Auswirkungen auf ganz Brasilien: Belo Horizonte gilt landesweit als Vorbild, seit 2006 ist das Grundrecht auf ausreichende Nahrung sogar in der brasilianischen Verfassung
verankert. Diesen Modellcharakter will der Weltzukunftsrat stärken. „Wir brauchen solche Vorbilder“, erklärt Maja
Göpel, die für den Weltzukunftsrat die Suche nach dem
besten politischen Projekt gegen den Hunger organisiert
hat, „denn aus der Politik heißt es oft, dass solche Projekte
nicht umsetzbar sind.“
Aus fünf nominierten Initiativen auf Kuba, in Italien,
Äthiopien und Indien hat sich letztlich Belo Horizonte
durchgesetzt, gerade weil die Gesetze von dort auf andere
Länder übertragen werden könnten. „Im Grunde gibt es auf
der ganzen Welt genug Nahrungmittel“, sagt Göpel, „die
Frage ist eben nur, wie sie besser verteilt werden können.“
HANNING VOIGTS
Der „World Future Council“ (Welt­zukunftsrat)
wurde 2007 auf Initiative des Deutsch-Schweden Jakob von Uexküll gegründet, der auch den Alternativen Nobelpreis ins Leben
gerufen hat. Das Ziel der Organisation ist, weltweit Einfluss auf
Parlamentarier zu nehmen, damit diese eine ökologische, demokratische, nachhaltige und an den Menschen orientierte Politik
betreiben. Dem Rat gehören 50 Persönlichkeiten aus Politik,
Geschäftswelt, Wissenschaft und Kultur von allen Kontinenten an.
Der Sitz der Organisation, die sich über Spenden und Gelder der
Stadt Hamburg finanziert, befindet sich in der Nähe der Speicherstadt. Am 1. Oktober wird im Hamburger Rathaus der erste „Future Policy Award“ verliehen, der vorbildliche Gesetzesinitiativen
auszeichnet und sie weltweit als Vorbilder bekannt machen soll.
Der Dokumentarfilm „Eine Stadt besiegt den Hunger“ wurde von
den Dokumentarfilmern Jan van den Berg und Geert van Schoot
gedreht und ist im Internet zu sehen: www.worldfuturecouncil.org/
future-policy-award-film.html
XNiP: RGY7
Foto: martin kath
Wir sind nicht politikverdrossen. Und wir freuen uns, wenn
sich Menschen kompetent engagieren und mit ihrem Namen
dafür einstehen.
Keiner sieht hin!
Respekt, Maria von Welser! Sie hat ganz
konkrete Forderungen im Einsatz gegen
Kinderarmut
„Leben im Teufelskreis“: Unter diesem Titel hat Maria von
Welser, Fernsehjournalistin und stellvertretende Vorsitzende von Unicef, ein Buch über Kinderarmut in Deutschland
geschrieben. Sie zeigt auf, dass Armut kein Teufelskreis sein
muss, und schließt mit sehr konkreten Forderungen, die
wir (in Auszügen) dokumentieren:
„Kostenlose Kindertagesstätten und Ganztagsschulen
mit Frühstück und Mittagessen. Dort Hausaufgabenbetreuung und individuelle Nachhilfe.
Schulfonds für benachteiligte Kinder zur Unterstützung beim Kauf von Lernmaterialien und zur Finanzierung
von Ausflügen.
Kindercards oder Sozialtickets für alle benachteiligten
Kinder zur kostenlosen Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, Sport-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen.
Kindergrundsicherung, die sich am wirklichen Bedarf
des Kindes/der Kinder orientiert (für Ernährung, Kleidung,
Bildung, Freizeit, Kultur und Sport).
Einführung von Mindestlöhnen, damit mehr Menschen von ihrer Arbeit leben können. Die Hauptursachen
für Armut sind niedrige Löhne sowie Arbeitslosigkeit.
Stünden die Kinderrechte im Grundgesetz, wären sie
ab sofort einklagbar.“
Maria von Welser: „Leben im Teufelskreis. Kinderarmut in
Deutschland – und keiner sieht hin“, Gütersloher Verlagshaus 200,
XNiP: E4CP
17,95 Euro
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illustration: angela Giorgi
32 W i r t r äu m e n von e i n e r ge r ech t e n w e lt
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w w w. h i n z u n d k u n z t. d e
Zahl des Monats
Wenn Wohlhabende mehr
Steuern zahlen würden
Bis zu
21 Milliarden Euro
zusätzlich könnte der Staat pro Jahr einnehmen,
wenn die Vermögensteuer wieder erhoben würde. Das
hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung
ausgerechnet. Die Forscher gingen von einem Freibetrag
von 500.000 Euro und einem Steuersatz von einem
Prozent aus.
Zuletzt wurde hierzulande 1996 Vermögensteuer
gezahlt. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht die
Erhebung in der damaligen Form für verfassungswidrig
erklärt. Begründung: Immobilien würden gegenüber
anderem Vermögen bevorzugt.
Statt die Regeln der Besteuerung zu ändern, entschied
sich die damalige Bundesregierung, die Erhebung der
Vermögensteuer auszusetzen. Dieser Beschluss ist bis
heute gültig.
In vielen europäischen Staaten müssen Wohlhabende
ujo
Vermögensteuer zahlen.
Mehr Infos über die Studie unter www.diw.de
XNiP: TG4X
Schlechte Nachrichten
sind für uns Herausforderungen. Wir berichten darüber, damit
sich etwas ändert.
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3 4 W i r h a lt e n u ns a n di e Fa k t e n
h i n z & k u n z t 2 0 0 / o k t ob e r 2 0 0 9
Meldungen
Einkommen von Gering- und Durchschnittsverdienern werden in Deutschland mit Steuern
und Sozialabgaben belastet wie in kaum einem
anderen Industrieland. Das gelte für Singles
wie auch für Paare und Familien mit zwei
Erwerbstätigen, so eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD). Besonders Alleinerziehende mit geringem Einkommen müssten
außergewöhnlich hohe Abgaben zahlen. Andere Staaten würden diesen hingegen umfangreiche Hilfen gewähren. ujo
OECD II: Mehr Geld in
Bildung stecken!
Deutschland muss mehr Geld in Bildung stecken: Das hat die OECD bei der Vorlage des
weltweiten Bildungsberichts 2009 gefordert.
Trotz Verbesserungen liege Deutschland
international weiter zurück. So erwerben in
anderen Industrieländern deutlich mehr junge
Menschen einen Hochschulabschluss. Ebenso
beteiligen sich anderswo mehr Ältere an qualifizierter Weiterbildung. Vergleichsweise viel
investiert Deutschland in Bildung für Kinder –
aber mit mäßigem Erfolg (siehe unten). ujo
OECD III: Armutszeugnis für
deutsche Familienpolitik
In Deutschland gibt es mehr Kinderarmut als
in vielen anderen Ländern. Das ist das Ergebnis
einer OECD-Studie. Deutschland gebe zwar für
den Nachwuchs zwischen zehn und 20 Prozent
mehr Geld aus für Bildung, Dienstleistungen
und Geldtransfers als die OECD-Staaten im
Schnitt. Dennoch lebe fast jedes sechste Kind
in relativer Armut, im OECD-Schnitt hingegen nur jedes achte. Die besten Werte erzielen
skandinavische Länder: In Dänemark lebt nur
jedes 37. Kind in relativer Armut.
ujo
Mehr Infos im Internet unter www.oecd.org
Obdachlosenhilfe verbessern!
Neue Mindestlöhne
Die Wohlfahrtsverbände haben die Stadt aufgefordert, das Hilfeangebot für Obdachlose
zu verbessern. Zwar sei der Rückgang der
Obdachlosenzahl positiv zu bewerten (siehe
H&K Nr. 199), doch stagniere die Gesamtzahl
wohnungsloser Menschen in Hamburg „gegen
den Bundestrend auf einem hohen Niveau bei
knapp 4000 Personen“, so die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege.
Laut Studie lebten im März 1029 Menschen auf Hamburgs Straßen – 20 Prozent weniger als 2002. Jenseits dieser Zahl dokumentiert die neue Erhebung besorgniserregende
Entwicklungen, bilanzieren die Verbände. Sie
fordern mehr kleinere, dezentrale Unterkünfte
mit Einzelzimmern, mehr bezahlbaren Wohnraum für Wohnungslose und Geringverdiener
und zusätzliche Beratungsangebote.
„Die vorliegenden Zahlen dürfen nicht
dazu führen, die Aktivitäten in der Bekämpfung der Straßenobdachlosigkeit zu reduzieren“, so Peter Laschinski vom Caritasverband.
„Besonders erschreckend ist das hohe Maß an
Langzeitobdachlosigkeit. Hier müssen neue
Angebote für pflegebedürftige und kranke Obdachlose auf den Weg gebracht werden“, sagte
Dirk Hauer vom Diakonischen Werk. Monika
Schmolke von der Arbeiterwohlfahrt forderte
„einen erneuten Anschub des sozialen Wohnungsbaus in Hamburg“.
ujo
Arbeitgeber und Gewerkschaf ten haben
den Weg für Mindestlöhne in zwei weiteren
Branchen frei gemacht: den Großwäschereien
(35.000 Beschäftigte) und den Bergbauspezialdiensten (2500 Beschäftigte). In zwei anderen
Wirtschaftszweigen, dem Wach- und Sicherheitsgewerbe (177.000 Beschäftigte) und der
Weiterbildung (23.000 Beschäftigte), konnten
sie sich nicht einigen. Für die Abfallwirtschaft
vertagten sie die Entscheidung. Das ergaben
Beratungen im Tarifausschuss beim Bundesarbeitsministerium. SPD und Gewerkschaften
forderten erneut die Einführung eines Mindestlohns per Gesetz. ujo
Leben in der Schattenwelt
Zehntausende Wohnungen in Hamburg
werden in den kommenden Jahren wärmegedämmt – für Mieterschützer nicht nur Grund
zur Freude: „Erfahrunsgemäß stehen Energiekosten-Ersparnis und Nettomieten-Erhöhung
nach der Sanierung in keinem Verhältnis.
Menschen mit geringem Einkommen trifft das
hart, sie werden regelrecht rausmodernisiert.
Zurzeit bearbeiten wir viele solcher Fälle“, so
Marielle Eifler vom Mieterverein zu Hamburg.
Wie der neue Heizspiegel des Mietervereins
zeigt, ist derzeit nur jedes zehnte Mehrfamilienhaus wärmegedämmt.
ujo
In Hamburg leben deutlich weniger Menschen
ohne gültige Aufenthaltspapiere als bisher angenommen. Ihre Zahl lag 2007 zwischen 6000
und 22.000, so Berechnungen im Auftrag des
Diakonischen Werkes. Bislang gingen Flüchtlingshelfer von bis zu 100.000 Menschen aus.
Landespastorin Annegrethe Stoltenberg
forderte, auch Menschen ohne Papiere einen
Zugang zur Gesundheitsversorgung zu ermöglichen und sie vor ausbeuterischen Arbeitsbedingungen zu schützen. Zudem müssten die
Kinder zur Schule gehen können.
ujo
Hartz IV: Sanktionen stoppen
Ein Ende der Sanktionen gegen Empfänger von
Sozialleistungen fordert die Bundesarbeitsgemeinschaft Prekäre Lebenslagen. 789.000
Menschen waren 2008 von Strafmaßnahmen
der Hartz-IV-Behörden betroffen, so der Dachverband von Erwerbslosen- und Sozialhilfe­
initiativen. „Fast die Hälfte der Widersprüche
und 65 Prozent der Klagen gegen Leistungskürzungen waren erfolgreich.“ ujo
Infos: www.sanktionsmoratorium.de
Mieterverein warnt
Infos unter www.mieterverein-hamburg.de
illustrationen: angela giorgi
OECD I: Geringverdiener
zahlen drauf
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Insolvenzverfahren für arme Länder?
Ein Insolvenzverfahren für arme Staaten fordert das Bündnis „Erlassjahr.de“. Mehrere Entwicklungsländer seien von
akuter Zahlungsunfähigkeit bedroht. „Ein internationales
Insolvenzverfahren würde verhindern, dass, wie schon in
den Achtzigerjahren, der Schuldendienst auf Kosten von
Bildung und Basisgesundheitsversorgung der Armen geht“,
so ein Sprecher. Dafür müsse sich die Bundesregierung stärker einsetzen, so die Initiative, deren Forderung sich bislang
mehr als 17.000 Menschen angeschlossen haben.
ujo
Mehr Infos unter www.erlassjahr.de
Zehn Jahre Kirchenkaten in Blankenese
Die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Blankenese
hat im September den zehnten Geburtstag ihrer Kirchenkaten gefeiert. Seit 1999 hätten die beiden Ein-Mann-Holzhäuser 17 Wohnungslosen ein Zuhause auf Zeit geboten.
„Etliche Bewohner fanden in dieser Zeit eine neue Arbeit,
eine eigene Wohnung und damit einen Platz in der Gesellschaft“, so der Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein.
Im Raum Hamburg gibt es heute 23 Katen. Sie stehen auf
dem Gelände von Kirchengemeinden, deren Mitglieder die
Wohnungslosen ehrenamtlich betreuen und etwa bei der
Suche nach einer Wohnung oder Arbeit unterstützen. ujo
Jetzt spenden
Hamburger Nebenschauplätze
Der etwas andere Stadtrundgang
Nächster Termin: 18. Oktober 2009
Spendenkonto: 1280/167873
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Ein-Euro-Jobber als Gartenbauamt?
Rattenfänger
Opferanoden
harte Hüte
Die Linksfraktion Hamburg-Nord hat dem Bezirk vorgeworfen, Ein-Euro-Jobber illegal einzusetzen. Anlass: Langzeitarbeitslose hatten im Auftrag des Bezirksamts Herkulesstauden (Riesen-Bärenklau) entfernt. Diese Pflanze kann
bei Menschen bei Berührung zu schmerzhaften Quaddeln
oder sogar schwer heilenden Verbrennungserscheinungen
führen. Deshalb, so Die Linke, könne ihre Beseitigung
„nicht zusätzlich sein, da die Gefahrenabwehr Kern- und
Pflichtaufgabe staatlichen Handelns ist“. Offenbar übernehmen Ein-Euro-Jobber im Bezirk Nord zunehmend
Aufgaben des Gartenbauamtes, so Die Linke: „Wir stellen
fest, dass die Zahl der eigenen Mitarbeiter im Gartenbau in
den letzten Jahren um 22 Prozent gesunken ist. Hier sind
ordentlich bezahlte und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze durch Zwangsarbeiter ersetzt worden.“
ujo
Objekte, Installationen und Materialbilder
Ausstellung vom
19. September bis 22. November 2009
in Uetersen, Heidgrabener Straße
Ausgaben für Sozialhilfe steigen
Regale
Betten tische
Die staatlichen Ausgaben für Sozialhilfeleistungen sind
2008 erneut gestiegen – laut Statistischem Bundesamt um
4,9 Prozent. In den Vorjahren waren es jeweils vier Prozent
gewesen. Grund für den Anstieg ist unter anderem die
steigende Zahl der Hilfeempfänger. Netto wurden 2008
insgesamt 19,8 Milliarden Euro ausgezahlt.
ujo
schRänke
shOJi
Telefonseelsorge sucht neue Mitarbeiter
Die Telefonseelsorge sucht neue ehrenamtliche Mitarbeiter.
Interessenten sollten offen, lebenserfahren und lernfreudig
sein, so das Diakonische Werk. Infos: Tel. 30 62 03 58. ujo
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Installation aus gelbem Absperrband: Kunst vor alten Tapeten und bröckelndem Putz, mit Blick auf die Bürogebäude am Valentinskamp
Das Gängeviertel lebt!
Sie sind alt und heruntergekommen, trotzdem sind
sie ein Kleinod: zwölf Häuser zwischen Valentinskamp
und Caffamacherreihe. Um sie vor dem Teilabriss zu
bewahren und mehr Räume für Künstler zu fordern,
hatte die Initiative „Komm in die Gänge!“ das historische Stück Gängeviertel besetzt und ein alternatives
Kulturzentrum errichtet. Inwischen dürfen die Kreativen
bis auf weiteres die Erdgeschosse der Häuser offiziell
nutzen. Denn der finanziell angeschlagene Investor hat
die Kaufsumme bislang nicht überwiesen. Nun ist die
Stadt wieder am Zug.
Wer das Gängeviertel betritt, hat nicht mehr das Gefühl, in
der Innenstadt zu sein.
In unmittelbarer Nähe von Laeiszhalle und Gänsemarkt liegt ein kleines Stück altes Hamburg, mit Backsteinhäusern und engen Hinterhöfen. Der viele Bauschutt,
die löchrigen Wände und die zerbrochenen Fens­ter zeigen
sofort, dass hier dringend saniert werden muss. Und tatsächlich wird im Gängeviertel derzeit viel gehämmert und
gewerkelt. Die Initiative „Komm in die Gänge!“ arbeitet
hier seit dem 22. August in Eigenregie an einem „Kultur-,
Kunst- und Sozialzentrum“.
Fotos: mauricio bustamante
Hat der Senat seine Chance genutzt? Wenn Sie diese Zeilen lesen,
könnten die historischen Häuser wieder der Stadt gehören
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37
W i r l i e be n H a m bu rg 37
w w w. h i n z u n d k u n z t. d e
Vorsicht, zerbrechlich: Diese Bausteine aus Ton füllen einen Raum in der alten Tischlerei
Mehr als 200 Künstler haben unter der Schirmherrschaft
des prominenten Hamburger Malers Daniel Richter die
zwölf Häuser besetzt und sofort damit begonnen, Ateliers
und Ausstellungsräume einzurichten.
Bilder wurden in alte Kinderzimmer gehängt, Installationen auf taubenkotverdreckte Holzböden gestellt, Graffiti
auf die bröckelnden Wände gesprüht. Am ersten Wochenende zählte die Initiative bereits mehr als 3000 Besucher,
in Windeseile entstand eine improvisierte Infrastruktur
mit Büro, Suppenküche und Bar. Wer das Gästebuch liest,
bekommt einen Eindruck von dem spontanen Zuspruch
vieler Hamburger: „Tolle Aktion“ ist dort zu lesen. „Bitte
haltet durch“ und „Wunderbar, seit zehn Tagen lebt das
Gängeviertel wieder“.
Die Initiative will auf die prekäre Lage vieler Künstler
in Hamburg aufmerksam machen, richtet sich aber auch
gegen den geplanten Umbau des Gängeviertels. Die Stadt
hatte die Häuser 2002 meistbietend verkauft, der Käufer
musste aber Insolvenz anmelden und holte den niederländischen Investor Hanzevast ins Boot. Der will einige der
Häuser ganz abreißen, einige sanieren und einige entker-
nen, sodass nur die Fassaden stehen bleiben würden. Moderne Wohn- und Bürogebäude sollen entstehen. Die Baugenehmigung wurde Anfang vergangenen Monats erteilt.
Die Initiative schätzt, dass dadurch bis zu 80 Prozent der
historischen Bausubstanz zerstört und die Einzigartigkeit
des Gängeviertels vernichtet werden würden.
Die Situation ist zurzeit besonders brisant, weil Hanzevast wegen der weltweiten Wirtschaftskrise offenbar
mit Finanzierungsproblemen kämpft. Das Bauvorhaben
könnte scheitern: Bis zum 18. September hätte der Investor
die zweite Rate des Kaufpreises an die Stadt überweisen müssen. Der Investor hat jetzt noch eine Frist bis
16. Oktober. Zahlt er dann nicht, hat die Stadt ihrerseits
das Recht, vom Vertrag zurückzutreten und wieder die
Verantwortung für das historische Häuserensemble zu
übernehmen. Ob die Stadt dazu bereit wäre, war zu Redaktionsschluss noch unklar.
Die Hamburger Politik hat auf die Initiative erstaunlich
positiv reagiert. Direkt nach der Besetzung gaben sich Vertreter aller Parteien die Klinke in die Hand. Vorerst bekam
Hamburg ist alles:
die Speicherstadt,
der Kiez, die City,
der Osdorfer Born,
das Rathaus, Santa
Fu – und noch vieles
mehr. Jede kleine
Ecke, und sei sie noch
so dreckig, erzählt
eine Geschichte. Wir
schreiben sie auf.
38
38
38 w i r l i e be n h a m bu rg
Künstlerin Rita Kohel schätzt den kreativen Austausch im Gängeviertel
die Initiative die Erlaubnis, die Erdgeschosse der Gebäude
zu nutzen, die Kulturbehörde will andere Räume für Ateliers suchen. In einer aktuellen Stunde in der Bürgerschaft
lobten Abgeordnete der Opposition die Initiative.
Dass Anfang September auch Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) und Kultursenatorin Karin von
Welck (parteilos) das Projekt gutgeheißen hatten, könnte
der politischen Situation vor der Bundestagswahl geschuldet gewesen sein, aber auch dem strategischen Vorgehen
der Besetzer. In Verhandlungen zeigen diese sich kompromissbereit. So stimmten sie zu, aus Sicherheitsgründen nur noch
die Erdgeschosse der besetzten Häuser zu nutzen. Außerdem
kosten die Sympathiebekundungen nichts, solange Hanzevast wegen Geldnöten nicht mit dem Bau beginnen kann.
Markus Schreiber (SPD), Amtsleiter des Bezirks
Mitte, ist seit Jahren an den Planungen ums Gängeviertel
beteiligt. „Der Grundfehler war wohl, die Häuser 2002 an
den Höchstbietenden zu verkaufen und nicht an den Investor mit dem besten Konzept“, sagt er, „dieses Stück altes
Hamburg muss erhalten bleiben, und jetzt kommt es darauf
an, ob die Stadt dafür den politischen Willen aufbringt.“
Schreiber hofft, dass die Häuser wieder an die Stadt fallen
und dann auf ihre Kosten saniert werden.
In der „Klimpabar“ in der Caffamacherreihe 43–49
hockt derweil Sebastian Kubersky und klebt Pappkartons
zusammen. Der 28-jährige Künstler ist Teil des Künstlerkollektivs „niedervolthoudini“. „Wir gestalten die Bar
als Ausstellungs- und Experimentierraum“, sagt er. Aus
den Pappkartons baut Kubersky mit Folien und Lampen
die Beleuchtung für die Bar. Ihm geht es im Gängeviertel
vor allem darum, mitten in der Stadt einen bezahlbaren
Ort zu schaffen, an dem neue Ideen die Aufmerksamkeit
der Öffentlichkeit erreichen können. „Die Idee, dass wir
in Hamburg so einen Ort brauchen, gab es schon lange“,
sagt er, „und jetzt zeigt sich: Es braucht nichts als so einen
Raum, um kreative Energie freizusetzen.“
René Gabriel, einer der Sprecher der Initiative, erklärt
die Dynamik der Besetzung dadurch, dass man zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen sei. „Im Grunde ist unser Projekt aus zwei Nöten heraus geboren“, sagt der 34-jährige Stadtplaner, „zum einen ist dies die letzte Chance, das
Gängeviertel zu erhalten, und zum anderen musste mal auf
die prekäre Situation von Kreativen in Hamburg aufmerksam gemacht werden.“ An den Wänden hängen historische
Aufnahmen des Gängeviertels. „Die historischen Gängeviertel haben über Jahrzehnte die Stadtstruktur Hamburgs
Fotos: Mauricio bustamante
Sebastian Kubersky hat mit Lampen die improvisierte „Klimpabar“ gestaltet
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Spezial-Reparatur und Farb-Restaurationen an Leder,
Kunstleder, Plastik, Velours & anderen Stoffen
geprägt“, sagt Gabriel, „aber die Gebäude wurden immer
wieder neuen Bauvorhaben geopfert.“ Den Investoren gehe
es nicht um den Erhalt alter Häuser, sondern um möglichst
hohen Profit.
Um die zum Teil denkmalgeschützten Gebäude im
Gängeviertel zu retten, müssten die Verantwortlichen in
der Politik umdenken: „Wir müssen weg von einer Mentalität, die gewachsene Strukturen vernachlässigt und immer
nur nach der ökonomischen Verwertung fragt.“ Genauso
kritisch sieht die Initiative die aktuelle Kulturpolitik in
Hamburg. „Es gibt eine massive Disneyfizierung“, sagt
Gabriel, „Massenevents, Kommerz und Musicals werden
gefördert, aber diskursive Kunst wird vernachlässigt.“
Weil Ateliers für Künstler oft zu teuer sind und viele
Kreative die Stadt verlassen müssen, fand die Idee einer
Besetzung in Windeseile Anhänger. „Alle spüren denselben
Druck“, sagt Gabriel, „so ist eine Dynamik entstanden, die
vorher nicht abzusehen war.“
Trotz der Gemeinsamkeiten ist die Initiative intern oft
uneinig. Viele zählen sich zur politischen Linken, betonen
ihre Nähe zu den Protesten gegen das geplante BernhardNocht-Quartier oder die Umstrukturierungen und Mieterhöhungen auf St. Pauli. Andere wollen einfach einen zentral
gelegenen Ort für ihre Kunst.
Im Gängeviertel führt Rita Kohel Passanten durch die
Ausstellungsräume. Für die Künstlerin sind die alten Häuser vor allem ein Ort zum Experimentieren. „Wir haben
hier eine Art Spielplatz“, sagt die 31-Jährige, „hier können
wir uns vernetzen, austauschen, gegenseitig bereichern.“
Wichtig findet sie weniger das Ergebnis, sondern den Prozess eines gemeinsamen Projekts, das verschiedene Menschen zusammenbringt. „Die derzeitige Stadt- und Kulturpolitik hilft nicht der Kunst, sie ist elitär“, kritisiert sie.
Anthony Zornig kann ihr da nur beipflichten. Im alten
Kutscherhaus hat der 34-Jährige mit seinen Bildern einen
ganzen Raum gestaltet. Das Zimmer ist dicht behängt
mit Bildern, Skizzen und Farbstudien. „Wir schaffen hier
einen alternativen Campus, wie es ihn sonst nur an Kunst­
akademien gibt“, gerät der Künstler beinahe ins Schwärmen, „wir gehen von Zimmer zu Zimmer, es riecht nach
Arbeit und Farbe, wir inspirieren uns gegenseitig.“
Jetzt schon ist das Projekt Gängeviertel ein Erfolg. Was
langfristig aus den besetzten Häusern wird, hängt vom Senat und von Hanzevast ab. Eins hat die Initiative in jedem
Fall geschafft: Nach Jahren des Stillstands steht das Gängeviertel wieder im Zentrum des öffentlichen Interesses.
HANNING VOIGTS
Als „Gängeviertel“ bezeichnet man die alten ArbeiterWohnquartiere in der Nähe des Hafens. Wegen schlechter
hygienischer Bedingungen und neuer stadtplanerischer Vorhaben
wurden sie seit den 1880er-Jahren nach und nach abgerissen, zuerst
auf dem Gebiet der heutigen Speicherstadt. Durch die Bombardierung im Zweiten Weltkrieg und zahlreiche Bauprojekte in den
60er-Jahren sind heute nur noch wenige der Häuser erhalten.
Die Häuser Ecke Caffamacherreihe/Valentinskamp sind täglich ab
14 Uhr geöffnet. Programm: www.gaengeviertel.info
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h i n z & k u n z t 2 0 0 / O k t ob e r 2 0 0 9
Hinz&Kunzt: Herr Horch, Sie sind Schirmherr der Aktion
„Kurzzeitpatenschaft für Hinz&Kunzt“. Warum?
Frank Horch: Ich sehe die Handelskammer gerade in dieser Zeit, in der häufig von einer Spaltung der Gesellschaft
gesprochen wird, in einer besonderen Verantwortung –
wirtschaftlich, kulturell und sozial. Ich möchte Hamburger
Unternehmen dazu ermuntern, sich für soziale Projekte
dieser Art zu engagieren.
H&K: Unternehmer und Banker sind in der Kritik wie nie
zuvor. Gibt es so etwas wie Ethik in der Wirtschaft?
Horch: Ein gewisses ethisches und vertrauensvolles Verhalten ist neben allen Regelwerken und Verträgen eine wichtige
Größe in der Wirtschaft. Ich will mich nicht heiliger darstellen als ich bin, aber in dieser Hinsicht habe ich immer
versucht, mich ganz vorn anzustellen. Das hilft übrigens
auch bei den schwierigsten Verhandlungen. Ich glaube, dass
die Wege aus der Krise in einem entscheidenden Maße auf
diesen Tugenden mit aufgebaut werden müssen.
H&K: Gibt es da eine Haupttugend?
Horch: Bescheidenheit und „maßvolles Vorgehen“ treffen
es am besten. Die Auswüchse dieser Krise zeigen, dass die
stärksten Ausschläge da sind, wo über die Maßen gehandelt
wurde, auch in den Erwartungshaltungen. Aber eins ist
klar: Ohne Renditen funktioniert auch eine soziale Marktwirtschaft nicht.
H&K: Gibt es ein Maß für eine anständige Rendite?
Wenn mal eine Zeit da ist, in der man mit HulaHoop-Reifen viel Geld verdienen kann, dann ist es nicht
unrechtmäßig, dieses Geschäft mitzunehmen. Die entscheidende Sache ist immer, für jedes Unternehmen, ob für
Hinz&Kunzt, die Handelskammer, eine AG oder ein Privatunternehmen, dass die Rendite nachhaltig eingesetzt wird
für das Unternehmen und die Mitarbeiter. Da kann für den
Betreiber etwas abfallen, und da kann auch mal etwas mehr
abfallen. Aber wichtig ist, dass die Sicherung, die Rückstellung, die Entwicklung, die Investition im Mittelpunkt
stehen. Das ist wie in der Natur: Wer am meisten vorgesorgt
hat für schwierige Zeiten, der überlebt jetzt auch.
Horch:
Handelskammer-Präses Frank Horch unterstützt
uns: Er will Hamburger Unternehmen ermuntern,
Kurzzeitpaten für Hinz&Kunzt zu werden
Politiker und Kaufleute sind oft nicht unserer Meinung,
aber wir gehen fair miteinander um. Und viele unterstützen uns – trotzdem. Dafür bedanken wir uns!
H&K: Ist Erfolg an eine Form von Dreistigkeit gekoppelt?
Wenn man jemanden wie Klaus Ackermann sieht …
Horch: Erfolg kann natürlich auch das Wesen verändern
und vielleicht auch manchmal den Charakter. Aber Herr
Ackermann ist eigentlich völlig unbedeutend in der Gesamtschau, was Managerverhalten ausmacht. Es gibt Menschen, die überfallen eine Bank, aber damit sind wir ja nicht
alle Bankräuber. 95 Prozent oder mehr sind vernünftige
Manager. Und Herr Ackermann tut ja nichts Unrechtes.
Aber ich würde mich an seiner Stelle schon fragen: Kann
ich mir ein bestimmtes Verhalten erlauben? Es gibt einen
Satz: Was das Gesetz noch erlaubt, verbietet der Anstand.
Und ich glaube, langfristig wird man für eine bestimmte
Bescheidenheit belohnt.
Foto: Mauricio Bustamante
Soziale
Verantwortung
übernehmen!
H&K: Wie passt es dazu, dass Manager auch dann einen
Bonus bekommen, wenn sie nichts Besonderes zuwege bringen oder sogar einen Schaden anrichten?
Horch: Wer außergewöhnliche Geschäfte gemacht hat, der
hat auch einen Bonus verdient. Aber wenn sich bestimmte
Geschäfte nur als Luftblasen oder wenig nachhaltig herausstellen, und man dann noch einen Bonus dafür kassiert,
dann ist das mit Sicherheit nicht anständig.
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41
st e l l e n m a r k t 41
w w w. h i n z u n d k u n z t. d e
H&K: Wie war das in Ihrem Leben?
Horch: Ich bin 20 Jahre bei Phoenix gewesen, auch in
schwierigen Zeiten, und ich glaube, von den 10.000 Leuten,
die da beschäftigt waren, würde ein sehr großer Teil sagen:
„Das war anständig, was der da gemacht hat.“ Das gibt mir
ein ungemein gutes Gefühl, das trägt mich in dieser Zeit,
und das motiviert mich auch, ein Ehrenamt auszuüben.
H&K: Führt man in Krisenzeiten anders als in guten Zeiten?
Horch: Nein. Ich hab immer gesagt, der Mensch ist das
Wichtigste in einer Firma. Das ist ein arbeitsintensiver Weg,
wenn Sie Gespräche suchen, wenn Sie sich der Auseinandersetzung stellen, in Betriebsversammlungen, mit schwierigen Konzepten, wo wir erklären müssen, warum wir jetzt
eine Firma schließen oder verlagern. Ich habe immer die
Wahrheit gesagt: So ist die Situation, der wir jetzt ins Auge
schauen müssen. Da ist man nicht jedermanns Freund,
aber glaubwürdig und authentisch. Ich glaube, das ist der
höchste Führungsanspruch, den man haben muss.
H&K: Wie sieht es mit den Hamburger Arbeitsplätzen aus?
Ich mache mich immer für Hamburg als Standort
stark. Aber Globalisierung bedeutet, dass wir neue Wege
einschlagen, andere Anforderungen erfüllen müssen.
Deshalb muss für Firmenwechsel und Flexibilisierung der
Arbeitsmärkte ein anderes Verständnis aufgebracht werden.
Natürlich steht Qualifikation da an erster Stelle, aber auch
die Bereitschaft, sich flexibel dem Arbeitsmarkt zu stellen.
Ich behaupte mal: Wer sich bewegt und sich nicht nur auf
die Region Hamburg bezieht, wird auch mit 52 Jahren wieder neue Chancen bekommen.
Horch:
H&K: Sie mussten in Ihrer Laufbahn ja auch schon Mitarbeiter entlassen …
Horch: Das ist das Schwierigste … Das Schönste im Managerleben ist, Aufträge zu bekommen. Einstellen macht
auch noch Spaß. Das Schwierigste für einen Manager ist,
Leute zu entlassen. Wenn das mit Schließungen verbunden
ist oder mit Betriebsverlagerungen, dann macht einen das
krank.Interview: Birgit Müller
Infos zur H&K-Kurzpatenschaft
Welche Hamburger Firmen haben schon mitgemacht?
Das waren die Hamburger Sparkasse, J.J. Darboven, HSV,
Budnikowsky, Feinkost Kröger und Beiersdorff.
Wie sieht so eine Patenschaft genau aus?
Jede Kooperation ist anders: Beim HSV wurden spezielle
Aktionen im Stadion vor 56.000 Zuschauern veranstaltet,
mit Beiersdorf konzipierten wir einen Social Day für Auszubildende. Die Haspa wählte den Verkäufer des Monats,
mit Feinkost Kröger lief eine Leergut-Aktion.
Was kostet so eine Kooperation?
Auch das wird auf den Einzelfall zugeschnitten. Berichtet
wird jeden Monat neu in der jeweiligen Hinz&KunztAusgabe, gut 60.000 Leser werden dabei erreicht.
Sind Sie interessiert? Dann wenden Sie sich an unseren
Geschäftsführer Dr. Jens Ade unter Telefon 32 10 84 03 oder per
E-Mail unter jens.ade@hinzundkunzt.de
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90 Jahre und kein
bisschen leise
Mit Rat, Tat und Geld: Margarete Bäth
unterstützt Obdachlose in Hamburg.
Seit Jahren spendet sie regelmäßig
auch an uns
Sie gehen mit uns durch dick und dünn.
Ob großer Sponsor oder kleiner Spender: Sie
halten Hinz&Kunzt am Leben. Vielen Dank!
h i n z & k u n z t 2 0 0 / o k t ob e r 2 0 0 9
Da sitzt sie nun, mit ihren 90 Jahren, die man ihr überhaupt nicht
ansieht. Margarete Bäth ist extra bei Hinz&Kunzt vorbeigekommen,
um eine Geldspende abzugeben. Sie scheut eben keine Mühe, wenn es
darum geht, Obdachlose zu unterstützen. Seit 15 Jahren macht sie das
nun schon. Damals wurden im Pfarrgarten ihrer Gemeinde, der Auferstehungskirche in Barmbek Nord, drei Container aufgestellt, in die
Obdachlose einzogen, um heil über den Winter zu kommen. „Wir haben
damals eine kleine Gruppe gebildet, wir wollten uns den Leuten nicht
aufdrängen, aber wir wollten uns auch um sie kümmern.“ Also trifft
sich Margarete Bäth, zusammen mit anderen, einmal in der Woche mit
den Obdachlosen im Gemeindesaal. Sie bringen mal etwas zu essen mit,
mal spielen sie zusammen und kommen immer mehr miteinander ins
Gespräch: „Da habe ich viele Schicksale erfahren und weiß seitdem, dass
das nicht immer Leute sind, die Schuld daran haben, in welche Misere
sie gekommen sind.“
Eine Begegnung hat sich ihr besonders eingeprägt: Ein junger
Mann, der Weihnachten nicht nach Hause fährt, sondern allein in seinem Container zurückbleibt. „Ich bin Heiligabend rübergegangen, ich
wollt’ ihn ja nicht ausfragen, das gehört sich ja nicht, aber er hat mir
dann erzählt, dass er nicht zu seinen Eltern fährt, weil die nicht wussten,
dass er obdachlos war, und er hatte Angst, dass das bei seinem Besuch
rauskommen könnte.“ Margarete Bäth macht eine kurze Pause: „Das
geht einem ganz schön unter die Haut, wenn man selbst ein schönes
Zuhause hat, und alles ist in Ordnung.“
Dabei ist es ihr eine Herzensangelegenheit, sich zu engagieren und
einzumischen. Nur so im Schnelldurchlauf: Sie ist mit dabei, als das
Beschäftigungsprojekt „Rathauspassage“ entsteht, wo sie bis heute gerne
essen geht. Sie ist lange Mitglied der Synode der Nordelbischen Kirche,
und im Bürgerverein in ihrem Lieblingsstadtteil Barmbek ist sie bis heute als Beisitzerin tätig. Auch Hinz&Kunzt kennt sie von Anfang an, hilft
und spendet. Und kann sich dabei auf die Unterstützung ihrer Familie
verlassen: Als sie unlängst ihren 90. Geburtstag feierte, bat sie um Spenden für Hinz&Kunzt. 725 Euro kamen zusammen, die sie heute persönlich vorbeibringt. „Wir sind in unserer Familie alle so gestrickt, dass wir
uns für andere interessieren. Für mich ist das selbstverständlich.“
„In einem langen Leben erlebt man manches“, sagt sie nachdenklich. Sie wird 1919 in Lübeck geboren, da ist der Erste Weltkrieg zwar
vorbei, aber die Folgen sind überall zu merken. Sie wächst in der Weimarer Republik auf, erlebt das Erstarken der Nazis, die Jahre des Nationalsozialismus und den Krieg, dessen Auswirkungen bis heute spürbar
sind: „Mein Bruder hat gerade noch mitbekommen, dass seine Frau
Zwillinge bekommen hat; dann ist er irgendwo verschollen, wir wissen
nicht, wo er abgeblieben ist.“ Sie erlebt, wie die Kinder ohne ihren Vater
aufwachsen: „Deshalb bin ich auch eine ganz strikte Kriegsgegnerin geworden“, sagt sie, die von ihren Nichten immer wieder befragt wird, wie
es denn damals war, und die dann immer zu ihr sagen: „Mensch Omi,
schreib das doch mal alles auf.“ Damit hat sie jetzt angefangen: „Es sind
ja nur noch wenige da, die von diesen Zeiten erzählen können, die das
am eigenen Leib erlebt haben.“
1958 zieht sie von Lübeck nach Hamburg. Wohnt heute einfach
gerne in Barmbek, in einer kleinen, stillen Straße, inmitten von jungen
Familien mit Kindern, genießt ihren Garten. „In ein Altenheim – was
soll ich denn da jetzt schon?“, fragt sie. „Ach, nee: Ich könnte nicht den
ganzen Tag da rumsitzen, und ich müsste da dauernd basteln, nee, das
wär’ nichts für mich“, setzt sie lachend fort. Und sie erzählt lieber von
ihrem Enkel, der gerade viel zu Demos geht: „Das muss man in dem
Alter machen, sonst ist man nicht jung gewesen! Und wenn es ihm nicht
mehr gefällt, na, dann macht er eben etwas anderes.“ Und sie nimmt
ihre Handtasche, klappt sie auf und sagt: „So, nun hab ich viel zu viel
erzählt, und nun lass mich mal das Geld loswerden.“
Frank Keil
Foto: mauricio bustamante
4 2 W i r h a be n F r eu n de
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HK 200
Ja ,
ich werde Mitglied
im Hinz&KunztFreundeskreis.
Damit unterstütze ich das Straßenmagazin
und die soziale Arbeit von Hinz&Kunzt.
Ich unterstütze den
Freundeskreis mit:
60 Euro
100 Euro
Euro
Datum, Unterschrift:
Eppendorf und Heinz – ein starkes Team: Unter diesem Motto beteiligten sich Geschäfts­
leute der Eppendorfer Landstraße an einem Verkaufstag mit Hinz&Künztler Heinz Haselau.
Mit dabei waren (von links): Christina Fischer vom Reisebüro Schraut, Ines Sauerbier von
Budnikowsky, Gabriele Koch (Hinz&Kunzt-Spendenmarketing), D. Orrego von Budnikowsky,
Hinz&Kunzt-Vertriebsleiter Frank Belchhaus, Bernd Ebeling vom Schlüsselzentrum Ebeling,
Hinz&Kunzt-Verkäufer Heinz Haseleu, Björn Köpke von Optik Köpke, Hinz&KunztGeschäftsführer Jens Ade und Ulrike Möller von Vom Fass
Ich möchte in Zukunft die
Freundeskreis-Infobriefe erhalten
Ich möchte eine Bestätigung für
meine Jahresspende erhalten
(Sie wird im Februar des Folgejahres zugeschickt.)
Meine Adresse:
Name, Vorname:
Ehrliche Anteilnahme
Straße, Nr.:
Es war rührend: Nach dem Tod von Fred Kötteritzsch (wir berichteten in H&K Nr.
195) zeigten die Mitarbeiter des Marktkaufs in Buxtehude nochmals eindrücklich,
wie sehr ihnen der Hinz&Künztler ans Herz gewachsen war. Am Infoschalter des
Supermarktes verkauften sie weiterhin seine Zeitungen, und sie sammelten Spenden
zugunsten von Freds Beerdigung und Hinz&Kunzt. 430,75 Euro kamen so zusammen. Wir danken allen Marktkauf-Mitarbeitern und -Kunden für ihre ehrliche
Anteilnahme.
PLZ, Ort:
Telefon/ Fax:
E-Mail:
Beruf:
Geburtsjahr:
Flohmarkt in Buxtehude
Einzugsermächtigung:
Stöbern, schauen, kaufen: Auch in diesem Jahr findet in der Tiefgarage des Marktkaufs in Buxtehude (Bahnhofstraße 47) wieder ein großer Flohmarkt statt. Am
Sonntag, 11. Oktober, sind die Stände von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Bis zu seinem Tod war Hinz&Künztler Fred Kötteritzsch Mitorganisator des Flohmarktes. Jetzt managt Helma Struckmann von der Buxtehuder Tafel das Ereignis
allein. Das Standgeld wird weiterhin brüderlich zwischen Hinz&Kunzt und der Tafel
geteilt. Vielen Dank dafür!
Ich erteile eine Ermächtigung zum
Bankeinzug meiner Jahresspende
Ich zahle:
halbjährlich
jährlich
Konto-Nr.:
BLZ:
Bankinstitut:
Unterschrift:
Foto: Susanne Katzenberg
Dankeschön
Wir danken allen, die im September an uns gespendet haben, sowie allen Mitgliedern im
Freundeskreis von Hinz&Kunzt für die Unterstützung unserer Arbeit!
Dankeschön ebenfalls an: E.ON Hanse, Myllykoski, IPHH, Hamburger Kunsthalle, Firma
Ströer Außenwerbung GmbH, Hamburger Tafel, Firma Dole Germany, Axel Ruepp Rätselservice, Agentur K2 Werk, Agentur Mindworks
Die neuen im Freundeskreis
Bitte als Fax unter: 040/30 39 96 38 oder
Coupon ausschneiden und an:
Hinz & Kunzt-Freundeskreis
Altstädter Twiete 1-5
20095 Hamburg
Benjamin Büsing, Ulrich Kausch, Janet Niemeyer
Wir versichern, dass Ihre Angaben nur für interne Zwecke
bei Hinz&Kunzt verwendet werden. Ihre Mitgliedschaft im
Freundeskreis ist jederzeit kündbar.
XNiP: KX7A
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4 4 w i r mö ge n lob u n d e rt r age n k r i t i k
h i n z & k u n z t 2 0 0 / o k t ob e r 2 0 0 9
Impressum
Redaktion und Verlag
Hinz&Kunzt gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH
Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg
Tel. 321 08-311, Fax 30 39 96 38
Anzeigenleitung: Tel. 321 08-401
E-Mail: info@hinzundkunzt.de
www.hinzundkunzt.de
Herausgeberin
Landespastorin Annegrethe Stoltenberg,
Diakonisches Werk Hamburg
Externer Beirat
Mathias Bach (Kaufmann)
Rüdiger Knott (ehemals NDR 90,3-Programmchef)
Olaf Köhnke (Medienagentur ringdrei)
Thomas Magold (BMW-Niederlassungsleiter i.R.)
Karin Schmalriede (Lawaetz-Stiftung)
Dr. Bernd-Georg Spies (Russell Reynolds)
Horst Stendel (Polizeikommissariatsleiter i.R.)
Alexander Unverzagt (Medienanwalt)
Oliver Wurm (Medienberater)
Geschäftsführung Dr. Jens Ade
Redaktion Birgit Müller (v.i.S.d.P.),
Mitarbeit Annette Woywode (C.v.D.), Beatrice Blank
(Volontärin), Ulrich Jonas, Sybille Arendt, Misha Leuschen,
Uta Sternsdorff, Kerstin Weber-Rajab
Fotoredaktion Mauricio Bustamante
Redaktionsassistenz Nico Fester, Jan Köster
Artdirektion Martin Kath
Grafik Martin Kath, Markus Wustmann
Öffentlichkeitsarbeit Isabel Schwartau, Friederike
Steiffert
Anzeigenleitung Isabel Schwartau
Anzeigenvertretung Christoph Wahring,
Wahring & Company, Tel. 284 09 40, info@wahring.de
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2008
Vertrieb Frank Belchhaus (Leitung), Sigi Pachan, Jörg Wettstädt, Jürgen Jobsen, Tim Meyer, Frank Nawatzki, Silvia Zahn
Zivildienstleistende Fabian Zühlsdorff, Felix Bunke
Spendenmarketing Gabriele Koch
Spendenverwaltung Ute Schwarz
Sozialarbeit Stephan Karrenbauer
Produktion Martin Kath
Druck A. Beig Druckerei und Verlag,
Damm 9-15, 25421 Pinneberg
Verarbeitung Delle und Söhne, Buchbinderei
und Papierverarbeitungsgesellschaft mbH
Spendenkonto Hinz&Kunzt
Konto 1280 167 873, BLZ 200 505 50
bei der Hamburger Sparkasse
Die Hinz&Kunzt gGmbH mit Sitz in Hamburg ist durch den
aktuellen Freistellungsbescheid des Finanzamts Hamburg-Nord,
Steuernummer 17/414/00797, vom 15.08.2008 für das Jahr 2006,
nach §5 Abs.1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes von der
Körperschaftssteuer befreit. Geldspenden sind steuerlich nach
§10 EStG abzugsfähig. Wir bestätigen, dass wir Spenden nur
für die Arbeit von Hinz&Kunzt einsetzen. Adressen werden nur
intern verwendet und nicht an Dritte weitergegeben.
Hinz&Kunzt ist ein unabhängiges soziales Projekt, das obdachlosen und ehemals obdachlosen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe
bietet. Das Magazin wird von Journalisten geschrieben,
Wohnungslose verkaufen es auf der Straße. Sozialarbeiter
unterstützen die Verkäufer. Das Projekt versteht sich als Lobby
für Sozialschwache.
was unsere leser meinen
„Es ist gut zu wissen, dass Annett
jemandem wichtig war“
Dank an Frau Jöhrendt
„Das fühlt sich nicht gut an“
H&K 199, „Meine Tochter war nicht schlecht“
H&K-Blog, „Kein guter Gutschein“
Ich möchte Frau Jöhrendt für ihr Gespräch
mit Hinz&Kunzt danken. Ihre Tochter Annett
war meine Stammverkäuferin in der Neustadt
und ihr Tod hat mich sehr entsetzt. Es ist gut
zu wissen, dass sie jemanden hatte, dem sie
wichtig war.
barabara jeszenszky
Als Hinz&Künztler Uli seinen Geldbeutel verlor,
half die Arge mit Lebensmittelgutscheinen. Doch die
einzulösen, war gar nicht so einfach (nachzulesen
unter http://blog.hinzundkunzt.de)
Frau Jöhrendt war meine Schülerin und auch
nach der Schulentlassung 1957 haben wir bis
heute Kontakt gehalten, auf Klassentreffen,
Besuchen und telefonisch. So wusste ich auch
vom Leben und Tod ihrer Tochter. Ich war
auch auf Annetts Beerdigung. Frau Jöhrendt
hat Übermenschliches versucht, um ihrer
Tochter zu helfen. Wirklich wie eine Löwenmutter. ute breitkreuz
Wer selbst einmal mit einem Lebensmittelgutschein in einem Supermarkt stand, kann
nachfühlen, warum sich das nicht gut anfühlt.
Aber auch, wer das nicht selbst erlebt hat, wird
nach dieser Geschichte verstehen, dass so ein
Gutschein nicht immer ein guter Gutschein ist.
sven augustin, www.slidetone.net
Leserbriefe geben die Meinung des Verfassers wieder,
nicht die der Redaktion. Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen.
Wir trauern um
Wir trauern um
Manfred Zülsdorff
Jürgen Rautenberg
17. Juni 1956 – 23. September 2009
30. Januar 1964 – September 2009
Manfred verkaufte Hinz&Kunzt seit 1996.
Mit den Magazinen war er überall auf
dem Kiez unterwegs.
Jürgen kam 1998 zu uns. Er verkaufte seit
mehreren Jahren nicht mehr Hinz&Kunzt, weil er
eine Arbeit als Gebäudereiniger gefunden hatte.
Das Team und die Verkäufer von Hinz&Kunzt
Das Team und die Verkäufer von Hinz&Kunzt
Wir trauern um
Wir trauern um
Bernd Ramm
Jens Kruse
26. August 1953 – Juni 2009
25. Juli 1940 – 6. September 2009
Er kam im September 1998 zu uns und hatte
seinen Stammplatz an der Horner Rennbahn.
Jens starb nach zwei Schlaganfällen im Krankenhaus. Er war 15 Jahre bei uns und hat zuletzt auf
dem Wochenmarkt in Klein Flottbek verkauft.
Das Team und die Verkäufer von Hinz&Kunzt
Das Team und die Verkäufer von Hinz&Kunzt
Gesellschafter
Jetzt spenden
durchschnittliche monatliche Druckauflage
im 3. Quartal 2009: 66.700 Exemplare
Spendenkonto 1280/167873 Haspa BLZ 200 505 50
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Tipps und Termine für den oktober
Original mit Herz
Foto: Pablo Castagnola
Der Berliner Entertainer Frank Zander
malt zugunsten von Hinz&Kunzt
Duett: Mutter und Sohn
schreiben Krimi S. 48
Rückblick: Jan Josef Liefers
Kindheit in der DDR S. 51
Begegnung: Obdachlose
lesen für Kinder S. 53
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4 6 W i r mö ge n M e nsch e n
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„Bloß nicht so’n Deprizeug“
Frank Zander malt zugunsten von Hinz&Kunzt. Sigrun Matthiesen
(Text) und Pablo Castagnola (Fotos) haben ihn in Berlin besucht
Glamour und Glitter
interessieren uns
nicht. Der Mensch
steht bei uns immer
im Mittelpunkt. Mit
all seinen Ecken und
Kanten, Aufs und Abs.
Wer Frank Zander ist, muss man zum Glück niemandem
erklären. Denn das wäre gar nicht so einfach: „Susi“, den
anzüglichen Skandalsong, der auf dem Index landete, hat
er gemacht, aber auch den harmlosen Kinderhit „Lied der
Schlümpfe“, den skurrilen 70er-Jahre-Song „Der Ur-UrEnkel von Frankenstein“ oder den 90er-Jahre-Hit „Hier
kommt Kurt“. Der Sänger, Verkleidungskünstler, Showmoderator, Kinder-Liebling, Bundesverdienstkreuz-Träger war
in jeder bunten Fernsehshow zu Gast, serviert den Berliner
Obdachlosen zu jedem Weihnachtsfest ein Gänseessen –
und malen kann er auch noch. „Entertainer“ nennt man
solche Multitalente gerne. Frank Zander selbst sagt: „Ich
bin ein großes Kind, das nur tut, was ihm Spaß macht.“
Und das ist eben eine ganze Menge, wie man sehr schön
an der Wohnung sehen kann, die Frank Zander mit seiner
Frau Evy seit über 30 Jahren bewohnt. Eigentlich eine ganz
normale Berliner Mietswohnung im nicht so schicken Teil
von Charlottenburg, vierter Stock, ohne Fahrstuhl. Die
Wände hängen voll mit Familienfotos, Bildern von Auftritten, dummen Sprüchen, Modelleisenbahnen, Handpuppen
– ein Kinderparadies und der Albtraum jeder „SchönerWohnen“-Redakteurin.
Weil es so nicht weitergehen konnte und sie ja auch noch
Platz brauchten für die Gitarren, das Studio und das Büro,
das Evy mit einer Sekretärin managt, haben sie die Nachbarwohnung dazugemietet. Und dann den Dachboden, wo
Frank Zander sich eine kleine Bühne gebaut hat und den
Verstärker auch mal so richtig laut aufdrehen kann, „denn
wenn ich ’ne Idee für einen neuen Song oder ein Video
habe, dann muss ich das ausprobieren, so abstrakt funktioniert das bei mir nicht“. Dahinter, im anderen Teil des
Dachbodens, der im Sommer heiß und im Winter eiskalt
ist, wird nun gemalt. Auf einer Werkbank steht ein Lötkolben, weil er natürlich seine Musikanlagen selbst reparieren kann, und im Regal stapeln sich Kartons, ordentlich
beschriftet mit „Schrauben“, „Werkzeug“, „Türklinken“,
„Farben“. „Ach ja, das hab ich mal angefangen“, sagt der
Hausherr achselzuckend, „denn wir beide können uns einfach von nichts trennen. Unser Lebenstraum ist wirklich
Aufräumen!“ Dabei guckt der 67-Jährige wie ein Teenager,
der wegen seines unordentlichen Zimmers gerügt wird.
Damals, als er wirklich noch ein Teenager war, in
Berlin-Neukölln, haben seine Eltern dafür gesorgt, dass er
nicht nur tut, was ihm Spaß macht, sondern was Ordent-
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w i r mö ge n m e nsc h e n 47
w w w. h i n z u n d k u n z t. d e
liches lernt, nämlich Grafiker. Dabei habe er gelernt mit
Farben umzugehen, mit Bildaufteilung und Perspektive.
„Und nach der Lehre hab ich noch ein paar Jahre davon
gelebt.“ Für Kaufhäuser malte er, was die Kundschaft sich
gerne an die Wand hängen wollte. „,Mann mit Goldhelm‘
oder ,Sonnenblumen‘, da gab es pro Bild 40 Mark, das war
viel Geld“, erinnert er sich, „und abends sind wir dann mit
der Band ,The Gloomy-Moon-Singers‘ durch die Clubs getingelt.“ Vor ein paar Jahren habe ihn dann jemand an diese
Zeit erinnert, „da wollt ich mal sehen, ob ich’s noch kann.“
Und wie er kann: Hamburger Hafenansichten mit
hochwassergefährdetem Auto auf dem Fischmarkt in leicht
melancholischem Expressionismus, eine kraftstrotzende
nächtliche Ansicht des Potsdamer Platzes, eine hingetupfte
Binnenalster mit Dampfer, aber auch reduzierte Panoramen
seiner Wahlheimat Ibiza oder abstrakte Form- und Farbspiele. „Aquarelle oder so fein Ziseliertes, das wäre nicht
mein Ding“, sagt Zander mit seiner unverkennbaren Stimme, die längst nicht so rau klingt wie beim Singen. „Acryl
und Öl, schön kräftig aufgetragen mit dem Spachtel, das
macht mir Spaß, bloß nicht so’n Deprizeug.“ Gestern Nacht
hat er wieder bis drei Uhr gemalt, obwohl er eigentlich nur
kurz das Atelier für den Fotografen vorbereiten wollte: „Das
ist bei mir immer so, es fängt als spinnerte Idee an, dann
geh ich total darin auf, und am Ende verselbstständigt es
sich.“ Die Leute würden ihm immer empfehlen, in seinem
Alter doch mal weniger zu machen, „und ich würd’ ja auch
gerne weise werden, aber es klappt einfach nicht.“
Geld und Verträge und so ein Zeug, das sei überhaupt
nicht seine Welt, sagt er. „Zum Glück kümmert sich da
mein Sohn drum, der sagt dann auch manchmal: ,Vadder,
ich glaub, wir sollten mal wieder ein bisschen Geld verdienen!‘“ Dann spinnt Frank Zander ein bisschen rum,
probiert was aus. Ein Lied, einen Sketch, ein Bild. Und eh
er sich versieht, macht ihm das wieder so viel Spaß, dass er
völlig darin aufgeht. Kein Wunder, dass er so jung aussieht.
Und kein Wunder, dass die Obdachlosen, die er jedes Jahr
zum Weihnachtsessen einlädt, ihn ins Herz geschlossen
haben. Denn da absolviert eben nicht ein Promi aus PRGründen eine Charity-Veranstaltung, sondern bei dieser
Aktion steht Frank Zander voll und ganz dahinter.
Vor 15 Jahren war die Idee nach dem Vorbild von Bruce
Springsteen entstanden und sollte eigentlich zur CD-Präsentation benutzt werden. „Aber das hat mir Sodbrennen
gemacht“, sagt Frank Zander trocken. Also wurden die
Obdachlosen einfach so zum Essen eingeladen, am Anfang
knapp 300, inzwischen 2700. Weil ja nicht jeden Tag Weihnachten ist, lässt er sich auch zwischendurch was einfallen:
verteilt zusammen mit Bundespräsident Horst Köhler übrig
gebliebene Suppe vom Fest der Demokratie am Bahnhof
Zoo, lädt gemeinsam mit Hertha BSC Obdachlose ins
Fußballstadion ein. Sich in die Schicksale seiner Gäste
hineinzuversetzen fällt ihm leicht, denn wie schnell einem
das Leben entgleiten kann, wenn es niemanden gibt, der
auf einen aufpasst, das muss man ihm nicht lange erklären.
Das ganze Jahr über quatscht er Leute an, überredet andere
Künstler, beim Weihnachtsessen gratis aufzutreten, und
überzeugt Unternehmer und Politiker, die Aktion finanziell zu unterstützen. Evy und Sohn Marcus kümmern sich
um die Logistik. Am Abend selbst schleppt dann die ganze
Familie zusammen mit Promis aus Sport, Kultur und Politik Gänsebraten an die langen Tische im größten Hotel
Europas. Natürlich steht Frank Zander auch selbst auf der
Bühne, gibt Autogramme, hört sich Lebensgeschichten an,
Kreatives Chaos: Auf dem Dachboden malt Frank Zander seine Bilder
umarmt seine Gäste. Die Dankbarkeit, die man da spüre,
sei einfach überwältigend, sagt er, und dann noch: „Darauf
sind wir wirklich stolz. So ein bisschen Musik machen und
rumalbern, dafür wird man nicht zum Berliner des Jahres
gewählt, aber etwas für die Obdachlosen tun, das ist was
Richtiges!“
Sigrun Matthiesen
Weitere Infos unter www.obdachlosenfest.de
und www.frank-zander.de
Frank Zander: Ausstellung und
versteigerung eines seiner Werke
ObdacHHamburg – ein Projekt, das Hamburger soziale Einrichtungen der Obdachlosenhilfe unterstützt – zeigt Werke von Frank
Zander, und zwar vom 26. Oktober bis zum 8. November in der
Europa Passage (zwischen Ballindamm und Mönckebergstraße,
geöffnet 10–20 Uhr).
Die Hamburg-Bilder hat das Allround-Talent eigens zu diesem
Zweck gemalt. Eines der Bilder wird zugunsten von Hinz&Kunzt
und der Hamburger Tafel versteigert. Vom 1. Oktober an hängt
dieses Werk in der Walentowski Galerie im 2. Stock der Passage.
Jeder kann mitbieten. Interessierte erhalten in der Galerie ein Teilnahmeformular. Anschließend kann auf der Homepage
www.obdach-hamburg.de der aktuelle Bieterstand verfolgt werden.
Das Anfangsgebot beträgt 2500 Euro.
Koch-Event
Parallel zur Ausstellung sind täglich von 11.30 bis 14.30 Uhr KochEvents geplant. Unter dem Motto „Gutes Essen für zwei gute Zwecke“ reichen Hamburger Spitzenköche ein einfaches Gericht. Mit
dabei: Cornelia Poletto, Rainer Sass, das Team der Bullerei und
andere. Wann Sie welchen Koch erleben können, erfahren Sie unter
www.obdach-hamburg.de. Der Erlös aus dem Verkauf kommt
wiederum Hinz&Kunzt und der Hamburger Tafel zugute.
XNiP: YEG7
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4 8 W i r l a s se n u ns ge r n e i nspi r i e r e n
h i n z & k u n z t 2 0 0 / o k t ob e r 2 0 0 9
Krimi schreiben
im Duett
Ann-Monika Pleitgen und Ilja Bohnet haben
gemeinsam ein Buch geschrieben. Jetzt lesen
die Ex-Schauspielerin und ihr Sohn aus dem
spannenden Hamburg-Krimi
Einmal zupft sie ihn liebevoll am Ohr. Dann
wieder pickt er ihr eine Fluse von der Schulter – und wenn sie sich ins Wort fallen, dann
ist das überhaupt nicht tragisch, es fällt kaum
auf. Ann-Monika Pleitgen und Ilja Bohnet
sind Mutter und Sohn. Und sie sind frisch gebackene Krimiautoren; gemeinsam – als Duo.
Bei Ann-Monika Pleitgen ist die Leidenschaft
für das geschriebene Wort erklärlich: Die
ehemalige Schauspielerin unterstützt ihren
Mann, den Schauspieler Ulrich Pleitgen, bei
dessen Textarbeit und managt ihn. Ihr Sohn
dagegen hat einen anderen Weg eingeschlagen,
auch wenn er als Kind in Kinderserien auftrat
und am Theater: Er arbeitet als Kernphysiker
bei DESY. Doch nun schauen sie gemeinsam
auf ihr Buch: „Freitags isst man Fisch“. Ein
Hamburg-Krimi.
Es ist ein Krimi, der ebenso fesselt wie gute
Laune macht. Und das liegt vor allem an der
Heldin des Buches: Nikola Rührmann heißt
sie, ist knapp 20 Jahre alt und studiert Physik.
Sie lädt uns ein in den Sommer des Jahres
1989: Das Leben ist aufregend, chaotisch und
bunt. Es wird viel gefeiert, es wird ausdauernd
demonstriert. Ob es gelingt, die besetzten
Häuser in der Hafenstraße vor dem Abriss zu
bewahren? Nikola aber hat gerade ein anderes,
ein geradezu handfestes Problem: Sie hat sich
in Julia verguckt. Auf einer Party, von einer
Sekunde auf die andere. Julia wiederum hat
ihre eigenen Sorgen: Vor ein paar Tagen ist ihr
Freund Kai nachts bei einem Autounfall ums
Leben gekommen. Vielleicht sollte Nikola mal
nachforschen, was da passiert ist. Nicht, weil
sie denkt, Kai sei tatsächlich absichtlich getötet
worden. Sondern um Julia nahe und näher zu
kommen. Wenn sie wüsste!
Ach ja, die Liebe. Die beiden seufzen und
schauen vor sich hin. Was hat es mit der Liebe
auf sich? „Die Liebe ist ursächlich für das, was
uns treibt“, sagt Ilja Bohnet betont sachlich.
„Die Liebe ist für mich das Allerwichtigste“,
schwärmt dagegen seine Mutter mit heller
Stimme, sie hebt die Hände und schlingt sie
ineinander. „Nikola glaubt noch an den Blitz,
der einschlägt und einen umhaut“, erzählt
sie und findet das gar nicht verwunderlich:
„Das haben wir doch alle erlebt, dass ein
Mensch kommt und uns verzaubert, weil er
einfach nur schön ist.“ Sie macht eine Pause:
„Meistens hält das nicht lange. Ein paar Nächte?“ Großes Gelächter!
Wie war das denn, so eine Nacht zu beschreiben, als Mutter und Sohn? Die beiden
werden sofort wieder ernst. Ann-Monika Pleitgen beginnt: „Die Liebesnacht mit allem Drum
Foto: mauricio bustamante
Literatur, Kunst, Kultur und Musik – Hamburg
ist reich an kreativen Menschen. Ob berühmt
oder Geheimtipp: Sie alle kommen bei uns vor.
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KarsTen JahnKe KonzerTDIreKTIon Gmbh
und Dran musste natürlich irgendwann kommen und ich sagte zu Ilja: ‚Schreib ganz
unbefangen‘, und er: ‚Ach, ich genier’ mich ein bisschen‘, und ich wieder: ‚Nein,
schreib ganz unbefangen, ich schreib auch ganz unbefangen.‘“ – „Dann haben wir
beide unabhängig von einander die Liebesnacht geschrieben und sind ganz sachlich
damit umgegangen“, übernimmt Ilja Bohnet.
Damit sind sie beim Grundsätzlichen: „Wenn man zusammen ein Buch schreibt,
muss man in der Lage sein, die Kritik des anderen zuzulassen“, sagt Ann-Monika
Pleitgen. „Es tut einem immer ein bisschen weh, wenn der andere etwas durchstreicht, was man selber gelungen findet“, gesteht ihr Sohn. „Aber es gibt ein entscheidendes Argument, es so zu tun: Hinterher ist das, was auf dem Papier steht,
immer besser als das, was da vorher stand.“
Obwohl – es sei schon richtige Knochenarbeit gewesen. Immerhin, die beiden
sind es gewohnt, dort zu arbeiten, wo sie gerade sind: im Job, zu Hause, unterwegs,
in der Bahn, auf der Parkbank. „Wunderbar, diese kleinen Laptops, die man einfach
ans Telefon stöpselt – und ein paar Sekunden später hat der andere die Korrekturen
oder ein neues Kapitel, und wenn er auf der anderen Seite der Welt ist“, sagt AnnMonika Pleitgen. „Was muss das früher kompliziert gewesen sein, wo es nur die
Briefpost gab.“
Noch etwas gefällt an ihrem ersten Krimi: Hamburg spielt eine wichtige Rolle.
Kreuz und quer rennt Nikola durch die Stadt auf der Suche nach dem Mörder – und
natürlich auf der Jagd nach Julia.
Es geht nach Ottensen, in den Hafen, auf die Veddel. Es geht des Nachts durch
Uhlenhorst, St. Georg und Harburg. Und doch hat das Buch bei aller Spannung und
allem Tempo etwas sehr Leichtes und überhaupt nichts Angestrengtes. „Was gar
nicht geht, ist, einen Krimi wie einen Stadtführer oder gar einen Stadtplan zu schreiben“, sagt Ilja Bohnet. Dennoch, alle Straßenverläufe, alle Details stimmen. Da gebe
es durchaus ein Vorbild, räumt er ein: die Krimis des Franzosen Léo Malet, dessen
Romane jedes Mal in einem anderen Pariser Arrondissement spielen.
Und ihm ist beim Schreiben wieder die Zeit in Erinnerung gekommen, als er
sein erstes Auto bekam: „Ich hatte damals einfach Lust, viel Auto zu fahren und war
oft nachts unterwegs, weil da ja kaum Verkehr ist. Ich habe alle Ecken der Stadt abgefahren, auch Straßen wie ‚Am Stadtrand‘.“ So lernt er, der in Berlin geboren ist und
aufgrund des Berufs seines Ziehvaters Ulrich Pleitgen schon in vielen Städten gelebt
hat, Hamburg noch einmal anders kennen; stößt besonders auf die sozialen Gegensätze, wenn sich plötzlich hinter schneeweißen Villen fade Wohnblöcke erheben oder
wenn mitten in einem Gewerbegebiet ein Altbau mit Jugendstilfassade überlebt hat.
„Armut und Reichtum treffen in Hamburg schon sehr hart aufeinander“, sagt er.
Auch davon erzählt der Krimi.
Und dann die Zeit: 1989. Im Schanzenviertel wohnen noch recht normale Leute,
in der Großen Bergstraße kann man noch bequem einkaufen, und Wilhelmsburg
ist ein anderer Planet. Nichts ist von Krise oder Klimakatastrophe zu spüren. Es ist
die Zeit, in der Ilja Bohnet in etwa so alt war wie Nikola und ihre Freunde: „Ehrlich
gesagt verbindet mich mit dieser Zeit eine Art Hassliebe: Einerseits war wahnsinnig
viel los, waren es wilde, bewegte Jahre. Und andererseits war die Szene, in der ich
mich bewegte, sehr eng; gab es sehr dogmatische Vorstellungen, was man gut und
was man schlecht zu finden hatte.“ Seine Mutter kennt solche Aufbruchsjahre auch:
„Nur waren es bei mir die Sechziger- und die Siebzigerjahre.“ Also fiel es ihr nicht
schwer, sich in Nikola und deren Freunde und Freundinnen hineinzuversetzen, die
einerseits studieren und jobben und wissen, dass das bunte Kneipenleben nicht ewig
so weitergeht, und die doch genau so leben.
Längst sitzen sie an ihrem zweiten Buch, haben schon Ideen für das dritte. Wenn
Nikola älter geworden ist, wenn sie … „Wir dürfen doch noch nichts verraten!“, ruft
Ann-Monika Pleitgen laut und alles ist wieder vergessen. Und die beiden knuffen
sich und freuen sich, dass am Ende alles geklappt hat und nun ihr Buch frisch gedruckt vor ihnen liegt.
Frank Keil
„Freitags isst man Fisch“ von Ann-Monika Pleitgen und Ilja Bohnet, Ariadne-Krimi,
ISBN: 978-3-86754-177-0, 250 Seiten, 11 Euro
Lesung: Am Freitag, 9. Oktober, lesen die Autoren im Centro Sociale, Sternstraße 2
(U-Bahnhof Feldstraße), aus ihrem Buch. Beginn: 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei.
Wir verlosen fünfmal den Krimi „Freitags isst man Fisch“. Einfach anrufen
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10 Tipps vom 1. bis 15. Oktober
Location-tipp
kino
Kino
kinder
lesung
Bildend
Sommerlich
Rückblickend
Schöpferisch
Pubertierend
Lesen und lernen am
Hühnerposten
Was Chefcineast André
Schmidt empfiehlt
Der große Unbekannte
des deutschen Kinos
Kinder werden
zu Künstlern
Ein Mosaik über eine
Jugend in den 70ern
Von außen sieht das
Gebäude am Hühnerposten ein wenig aus wie
eine Burg. Doch wo im
17. Jahrhundert Soldaten
wachten und bis 1997
3000 Post-Mitarbeiter
Briefe sortierten, wird
heute gelesen, gelernt
und gekuschelt. Denn im
Inneren des denkmalgeschützten Baus residiert
im Erdgeschoss, auf 770
Quadratmetern, die Kinderbibliothek (Kibi) der
Hamburger Bücherhallen.
Ausstattung und Konzept
gehen neue Wege: Außer
den üblichen Regalen gibt
es hier nämlich drei Häuser-im-Haus, in die sich
Kinder zurückziehen oder
in denen sie Veranstaltungen besuchen können.
Im „Goldfischbecken“
wird noch viel gekuschelt:
Hier finden „Gedichte
für Wichte“ statt und
andere Programme für
Kinder unter drei Jahren.
Im „Traumhaus“ wird
„ge-snoezelt“: Unter Snoezelen (niederländisch)
versteht man den Aufenthalt in einem gemütlichen
Raum, in dem man,
bequem liegend oder sitzend, umgeben von leisen
Klängen und Melodien,
Lichteffekte betrachten
kann. Aber die Kibi bietet
noch mehr: Hier kann
man auch kostenlos Sprachen lernen. Vom Lernen,
Kuscheln und Lesen
konnten die Post-Kollegen
und Wachposten früher
nur träumen.
Wenn diese Zeilen
gedruckt werden, liegen
Weihnachtsmänner bei
Lidl und Kinder schreiben Wunschzettel. Das
war also der Sommer.
Ich fand den gar nicht
schlecht. Wer braucht
schon nonstop Licht wie
in den Nordländern?
Nur die Dunkelheit
bringt Vorfreude auf den
nächsten Tag. Wer das
nicht versteht, feiert den
24-Stunden-Tag: Mittsommernacht in Lettland.
In guter alter RobertAltman-Manier reiht Regisseur Alexander Hahn
fünf Geschichten an-, neben- und ineinander. Das
hat den Vorteil, dass man
auch mal Popcorn kaufen
gehen kann und doch
nicht viel verpasst. Zum
Beispiel eine russische
Nymphomanin und ihren
schüchternen japanischen
Freund. Zwei Fischköppe
auf der Suche nach Aalen.
Zwei Feuerwehrmänner
aus Liverpool. Einen
Amerikaner auf der Suche
nach Verwandschaft und,
und, und … Episodenfilm
nennt der Cineast das:
mehrere nett verdauliche
kleine Geschichten, die
nach und nach zusammenwachsen. Der längste
Tag des Jahres und die
dazugehörige Riesenparty in Lettland sind die
perfekte Kulisse. Und so
ist Midsummer Mad­ness
ein zwar seichter, aber
ungemein unterhaltsamer
Film, der vor allem eins
schafft: das Gefühl des
Sommers einzufangen.
Durchhalten – noch neun
Monate …
Mit einer eigenen Reihe
würdigt das MetropolisKino Roland Klick.
Der legendäre deutsche
Regisseur hatte seine beste
Zeit in den 60er- und
70er-Jahren. Zunächst als
Wunderkind des neuen
deutschen Kinos gefeiert,
bekam er bald Gegenwind
von der deutschen Kritik,
Anfassen erwünscht: Der
international renommierte Künstler Olafur
Eliasson gestaltet in der
Kunsthalle einen Erlebnisraum für Familien.
Mit dem „Hamburger
Kinderzimmer“ bekommen Kinder und Eltern
einen Erlebnis- und
Spielort, an dem sie Kunst
Müssen denn alle männlichen Autoren ihre Kindheit und Jugend literarisch
verarbeiten? Sven Regener
hat es getan, Heinz Strunk
ebenso, und jetzt hat auch
der Hamburger Autor
Gerhard Henschel seinen
„Jugendroman“ vorgelegt. Einen guten, wenn
man Dieter Hildebrandt
Hühnerposten 1, Mo 14–19
Uhr, Di–Fr 11–19 Uhr, Sa
11–16 Uhr, Programm unter
www.buecherhallen.de
ab Mo, 12.10.
weil seine Filme zu „amerikanisch“ und actionlastig waren. Klick drehte
u.a. mit Eva Mattes,
Michael Degen und einem
völlig zugekoksten Dennis
Hopper. Angebote aus
Hollywood lehnte der
Künstler immer ab. Heute
lebt Klick in Irland und
arbeitet unter einem Pseudonym für das Fernsehen.
Aber zum ersten Abend
der Retrospektive kommt
er nach Hamburg.
metropolis kino
Steindamm 52–54, Fr, 9.10.,
„Supermarkt“, 19.15 Uhr,
„Zwei“, 21.15 Uhr, 6 Euro
nicht konsumieren, sondern selbst schöpferisch
aktiv werden können.
Im Zentrum des Raumes
steht ein großer Tisch mit
vielfarbigen Stäbchen unterschiedlicher Größe und
achteckigen Verbindungskugeln. Daraus können
immer neue, fantasievolle
Schöpfungen entstehen.
„Finger weg“ hört man
hier garantiert nicht.
hamburger
kunsthalle
Hamburger Kinderzimmer,
Glockengießerwall, Mo–Fr,
15–17.30 Uhr, Sa + So, 12–16
Uhr, 8,50/5 Euro, Kinder frei
Glauben schenken darf,
der nach der Lektüre des
Vorgängers „Kindheitsroman“ seufzte: „O Gott,
das müsste jetzt ewig so
weitergehen.“ Nun geht
es weiter mit den Höhenflügen und Tiefschlägen
des nunmehr Heranwachsenden Martin Schlosser.
Auch der Moderator lohnt
einen Besuch im Literaturhaus: Journalist Willi
Winkler kann unterhaltsam und klug Fragen
stellen.
Literaturhaus
Schwanenwik 38, Do,
1.10., 20 Uhr, 8/4 Euro
Fotos: mauricio bustamante
Kinderbibliothek Kibi
Location-Tipp: In der Kibi sind Kitagruppen, Schulklassen und Kinder mit ihren Eltern
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Lesung
ausstellung
ausstellung
bühne
Prägend
Inspirierend
Fragend
Multikulturell International
Jan Josef Liefers
schaut zurück
Hamburg im Spiegel
der Kunst
Arbeitslose schaffen
Kunstwerke
Tänzerischer Dialog
mit der Kampfkunst
Hochkarätige
Gastspiele
Einen Rückblick in die
Kindheit wagt auch
Schauspieler Jan Josef Liefers. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des
NDR-Kulturjournals liest
er aus seinem Romanerstling „Soundtrack
meiner Kindheit“. Darin
erzählt Liefers, welche
Songs ihn früher geprägt
Hamburg war seit Ende
des 19. Jahrhunderts ein
beliebtes Ziel für Künstler.
Besonders in den beiden
ersten Jahrzehnten des
20. Jahrhunderts kamen
Maler aus ganz Europa
in die Hansestadt, um
sich inspirieren zu lassen:
darunter Pierre Bonnard,
Max Liebermann, Lovis
Eine Ein-Euro-Jobberin
malt Bilder, statt Toiletten
zu putzen, ein Arbeitsloser gestaltet Skulpturen
aus Schrott und psychisch Kranke kreieren
Geschmackskunstwerke.
Machen diese Erwerbslosen Kunst? Oder arbeiten
sie? Das Projekt „Kunst
Werk Wilhelmsburg“ hat
Mit 32 Jahren ist Sidi
Larbi Cherkaoui einer der
gefeiertsten Choreografen
des zeitgenössischen
Tanzes. Zur Spielzeiteröffnung zeigt Kampnagel
die neueste Arbeit des
belgisch-marokkanischen
Künstlers. Zusammen mit
17 Mönchen des Shaolin
Tempels aus der Provinz
Vorhang auf für Hamburgs erstes Theaterfestival: Fünf hochkarätige
internationale Produktionen sind im Oktober zu
sehen. Das Maxim-GorkiTheater aus Berlin zeigt
Goethes „Die Leiden des
jungen Werthers“, das
Burgtheater Wien Shakespeares „Sturm“ und von
bühne
herzlich willkommen. Mit einem spannenden Schmöker in den gemütlichen Leseecken vergeht die Zeit wie im Flug
haben und gibt einen sehr
persönlichen Einblick in
sein Leben in der DDR.
Stark beeinflusst hat ihn
u.a. die gefeierte Ost-Band
Silly, deren Sängerin nun
Liefers’ Ehefrau Anna
Loos ist. Auch sie wuchs
in der DDR auf. Julia
Westlake moderiert den
musikalisch-literarischen
Dialog der beiden Eheleute. Vielleicht kommt
es ja auch zum Duett?
Schließlich hat Liefers
auch eine eigene Band.
Uebel & Gefährlich
Feldstraße 66, Mi, 7.10.,
20 Uhr, 7 Euro
Corinth, Emil Nolde, Karl
Schmidt-Rottluff und
Erich Heckel. Mit rund
80 Gemälden, außerdem
Arbeiten auf Papier und
Fotos von Andreas Feininger, Herbert List und
Albert Renger-Patzsch
wird erstmals das Spektrum ausgebreitet, das
Hamburg den Künstlern
der frühen Moderne an
Motiven zu bieten hatte.
hamburger kunsthalle
Glockengießerwall, 9.10.–
14.2., Di–So, 10–18 Uhr,
Do, 10–21 Uhr, 8,50/5 Euro,
Kinder frei
sich gegründet, um diesen
Fragen nachzugehen.
Hier arbeiten Künstler,
Arbeitslose und soziale
Träger gemeinsam an
der kulturellen Neuerfindung des Arbeitsbegriffs.
Die dabei entstandenen
Werke und das Projekt
werden jetzt erstmals der
Öffentlichkeit vorgestellt.
Anschließend gehen die
Exponate auf Wanderschaft durch Hamburg.
honigfabrik
Café Pause, Industriestraße
125, 10.10.–5.11., Mo, 8–14
Uhr, Di–Do, 8–24 Uhr, Sa
und So, 9–19 Uhr, Eintritt frei
Henan, dem Ursprungsort
des Shaolin-Kung-Fu, hat
der Choreograf ein Stück
entwickelt, das Elemente
der Kampfkunst, der
Meditation und des
Tanzes verbindet. Die
aus beweglichen Holzelementen bestehende Bühne
hat Turner-Preisträger
Antony Gormley entworfen, die Musik lieferte
der polnische Komponist
Szymon Brzóska. „Sutra“
hat bereits weltweit das
Publikum begeistert.
kampnagel
Jarrestraße 20, 30.9.–3.10.,
20 Uhr, 40,85/25,45 Euro
Kleists „Amphitryon“, das
Berliner Ensemble von
Kleists „Der zerbrochne
Krug“ und das Deutsche
Theater Berlin Bernhards
„Ritter, Dene, Voss“.
Eine einmalige Gelegenheit, Schauspielgrößen
wie Ulrich Matthes, Ilse
Ritter und Klaus Maria
Brandauer in außergewöhnlichen und teils prämierten Inszenierungen
hier zu erleben.
Hamburger
Theaterfestival
12.–28.10., 63/12,50 Euro,
Infos unter www.hamburgertheaterfestival.de
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10 Tipps vom 16. bis 31. Oktober
ausstellung
musik
film
film
Geheimnisvoll Seemännisch
Wild
Feierlich
Intensiv
Der Mann mit
der Maske
Musik, Malteser und
Matrosengeschichten
Besuch von Planet
Paprika
20 Jahre lesbischschwule Filmtage
Einblicke in die Seele
von Metallica
Wer sich hinter dem Pseudonym Alex Diamond
verbirgt, ist ein Geheimnis. Der Maler möchte
sich dem Kunstmarkt entziehen und nur sein Werk
sprechen lassen. Seine
Bilder sind schwer einzuordnen: Comic-Elemente,
Malerei und Fotografie
mischen sich zu surrealis-
Dirk Langer, alias Nagelritz, tritt seit 1996 als singender und musizierender
Seemann auf. Die Weisheit in Flaschen hat er von
seinem Freund Hinnerk,
die Liedtexte von Joachim
Ringelnatz, die Musik
schreibt er selbst. Und er
spielt auch Schifferklavier
und andere Instrumente
Shantel, geboren als
Stefan Hantel in Frankfurt, schafft es seit Jahren,
mit seiner Mischung aus
Balkanbeat und elektronischen Sounds die
Menschen in den Clubs
Europas zur Raserei zu
bringen. Seine Musik war
auch im Film „Borat“ zu
hören und in Fatih Akins
Alles begann vor 20 Jahren mit dem Wunsch, realistischere Bilder von Lesben und Schwulen auf die
Leinwände zu zaubern.
Aus einem Uni-Seminar
ist mittlerweile eines der
größten europäischen
Festivals dieser Art geworden. In diesem Jahr stehen
ein Rückblick auf die
Der vielfach ausgezeichnete Dokumentarfilm
„Some Kind of Monster“
über Metallica ist mehr
als ein übliches Bandporträt: Er ist ein tiefgründiger und schonungsloser
Blick hinter die Kulissen
der erfolgreichsten HeavyMetal-Band aller Zeiten.
Mit fast voyeuristischer
musik
tischen Arbeiten. In seiner
aktuellen Ausstellung
setzt sich Alex Diamond
mit Fragen um die eigene
Identität auseinander,
mit Eigen- und Fremdwahrnehmung und mit
sozialen Rollen. In den 40
Exponaten taucht er auch
auf, aber in wechselnden
Körpern und das Gesicht
verdeckt von einer Maske,
die sein Markenzeichen
wurde.
Heliumcowboy
Artspace
Hachmannplatz 2, 17.10.–
13.11., Di–Fr, 12–19 Uhr,
Eintritt frei
– gleichzeitig! Nebenbei
werden die Zuschauer
aufgeklärt über Schmugglertricks, Seebestattung,
Seuchenverordnung und
was es bedeutet, eine
Mannschaft zu sein. Die
sympathisch-aufschneiderischen Geschichten
erfreuen auch jede Landratte. Der Kleinkünstler
hat mit seiner originellen
Bühnenfigur Nagelritz
übrigens 2005 verdient
den Hamburger Comedypokal gewonnen.
Goldbekhaus
Moorfurthweg 9, Sa 17.10.,
20 Uhr, 15/11 Euro
„Gegen die Wand“. Nun
präsentiert der Musiker
sein neues Album „Planet
Paprika“ in Hamburg.
Und er kommt nicht
allein, sondern zum Glück
mit seinem fulminanten
Bucovina Club Orkestar. Vor allem die Bläser
heizen dem Publikum
ordentlich ein. Seine
Liebe zur osteuropäischen
Musik entdeckte Shantel übrigens durch seine
Großeltern: Sie stammen
aus der Bukowina.
grünspan
Große Freiheit 58, Mo,
19.10., 19 Uhr, 17 Euro
besten Kurzfilme und eine
Monika-Treut-Retrospektive auf dem Programm.
Im Länderschwerpunkt
zeigen die Filmtage
Dokumentationen über
lesbisch-schwules Leben
in und sogar aus der DDR.
Erstmals vergibt eine Jury
in diesem Jahr einen mit
5000 Euro dotierten Filmpreis. Auch das Publikum
darf abstimmen: Es prämiert den besten Kurzfilm
mit der „Ursula“.
lesbisch-schwule
filmtage
20.–25.10, Programm unter
www.lsf-hamburg.de
Intensität zeigt er die Auseinandersetzungen und
Konflikte unter den Musikern, den schmerzlichen
Ausstieg des jahrelangen
Bassisten Jason Newsted,
die Entziehungskur und
Rehabilitation von Sänger
James Hetfield sowie den
Beinahe-Zerfall der Band.
Der Film dringt tief in die
Psyche der Band ein und
präsentiert die verletzliche
Seite eines Geschäfts,
das sonst von wütendem
Testosteron lebt.
lichtmess-kino
Gaußstraße 25, Do, 22.10.,
20 Uhr, 6 Euro
Fotos: mauricio bustamante
Location-Tipp: Mehr als 500.000 Bücher, Zeitschriften, Spiele und CDs können kleine Kulturfans in der Kinderbibliothek für zu Hause leihen
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Vortrag
lesung
kinder
kinder
Festival
Aufklärend
Exotisch
Poetisch
Mutig
Archaisch
Wissenswertes über
Rabenvögel
Auf Alexander von
Humboldts Spuren
Eine traumhafte Reise
für ganz Kleine
Kinder begegnen
Obdachlosigkeit
Tradition trifft
Moderne
Raben haben keine Lobby.
Nicht genug, dass in der
Mythologie die gefiederten Ratgeber des germanischen Gottes Wotan
zu Totenvögeln wurden,
ihr Name muss auch heute
noch für Schimpfwörter
herhalten und sie werden
von Jägern geschossen.
Dabei sind Kolkraben
Alexander von Humboldt
(1769–1859), Naturforscher und Geograf,
bereiste fünf Jahre lang
Südamerika. Die 2775
Kilometer lange Reise
war voller Abenteuer,
Gefahren und Entbehrungen, erbrachte aber
bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse.
Eltern, die mit Kindern
unter drei Jahren ins Theater gehen möchten, haben es schwer: Nur wenige
Künstler spielen für die
Allerkleinsten. Laurent
Dupont ist einer von ihnen. Der Sänger, Tänzer,
Schauspieler und Regisseur hat sich intensiv mit
der Welt der Kleinen und
„Früher war der Mann
auch einmal ein Kind,
das ist ja logisch. Jeder
war einmal ein Kind.“ So
beginnt das Buch „Ein
mittelschönes Leben“
von Jutta Bauer und
Kirsten Boie. Die Autorin schildert einfühlsam
und nachvollziehbar, wie
das Leben eines Mannes
Schritt für Schritt auf die
Straße führt. Seine Frau
verlässt ihn und nimmt
die beiden Kinder Luca
und Leonie mit. Er wird
arbeitslos, zieht für einen
Job in eine andere Stadt
und wird bald wieder
arbeitslos. „Dieses Mal
hat sich das Unglück
gleich wie ein Unglück
angefühlt.“ Er verwahrlost. „In seiner Wohnung
hat es nicht sehr schön
ausgesehen. Nicht mal
mehr mittelschön.“ Boie
schafft es, ohne Pathos,
durch eine klare Sprache,
die typische Geschichte
eines gescheiterten Lebens
in eine lebendige, kindgerechte Geschichte zu
gießen. Jutta Bauer hat
die schönen und auch die
mittelschönen Momente
des namenlosen Helden in
reduzierte Bilder gefasst.
Im Anschluss an die
Lesung stellen sich zwei
Hinz&Kunzt-Verkäufer
den Fragen der Kinder.
Auch wer leichtere Themen bevorzugt, kommt
bei Dutzenden von Lesungen beim zweitägigen
Festival „Seiteneinsteiger“
auf seine Kosten.
Künstler aus der ganzen
Welt haben in Hamburg
eine neue Heimat gefunden. Einmal im Jahr stellen diese Musiker, Tänzer,
Autoren und Schauspieler
ihre aktuellen Produktionen im Rahmen des
„Eigenarten“-Festivals vor.
Die Programme, darunter
zahlreiche Premieren,
spielen kabarettistisch mit
kulturellen Klischees und
lässig mit musikalischen
Traditionen. Den Auftakt
macht „Neue Erde“, ein
Gemeinschaftsprojekt
der Tänzerin Elisabeth
Ladrón de Guevara und
der Fotografin Birgit
Sventa-Scholz. Sie greifen
eine uralte Tradition der
indianischen Kultur der
Selknam aus Patagonien
in Südchile auf, den Körper mit weißer, schwarzer
oder roter Farbe zu bemalen, um individuelle Stimmungen auszudrücken.
Außerdem waren die
Verzierungen ritueller Bestandteil bei Zeremonien.
Die beiden Künstlerinnen
bringen die bemalten
Körper nach Hamburg.
Vor der urbanen Kulisse
tanzt die Selknamfrau. Im
Kontrast zu dieser modernen Umgebung zeigt
sich die archaische Kraft
der Weiblichkeit. Weitere
Highlights des Festivals:
Bach Tunes und Free
Tango mit dem Flutterband Trio, Live-Fotografie
und türkisches Schattentheater.
Die besten Geschichten werden aber am liebsten gleich in der Kibi verschlungen
und ihre Verwandten –
die Raben-, Nebel- und
Saatkrähen, Dohlen,
Elstern und Eichelhäher
– so schlau, dass sie es
mitunter sogar mit der
Intelligenz von Primaten
aufnehmen können. Der
Ornithologe Professor Dr.
Josef H. Reichholf räumt
im Auftrag der Deutschen
Wildtier-Stiftung mit den
vielen Vorurteilen gegenüber den Rabenvögeln auf.
Patriotische
Gesellschaft
Trostbrücke 4, Do, 22.10.,
18.30 Uhr, 5 Euro, Anmeldung unter 733 39 18 80
Sein Bericht über die
Expedition gehört zu den
faszinierendsten klassischen Reiseberichten
und ist durch die genaue
Beschreibung der Klimaveränderungen und
der Folgen des Raubbaus
an der Natur auch heute
noch aktuell. Schauspieler
Harald Maack („Notruf
Hafenkante“) liest Ausschnitte daraus. Das Trio
„Rote Cardinäle“ spielt
dazu jazzige südamerikanische Rhythmen.
Cap san diego
Überseebrücke, Mi, 28.10.,
20 Uhr, 15/12 Euro
ihren Spielen beschäftigt,
um Aufführungen für
sie entwickeln zu können. Sein Stück „Plis et
Sons“ ist eine sinnliche
Reise in eine Welt aus
Papier. Gemeinsam mit
Kollegin Marie Fraschina
faltet er Vögel und Feen
und schafft durch das
Rascheln des Papiers und
zarte elektronische Klänge
eine Atmosphäre voller
Poesie.
Thalia in der
Gaussstrasse
Gaußstraße 190, Fr, 23.10.,
16 Uhr, Sa, 24.10.+ So, 25.10.,
11.30 + 16 Uhr, 8/3 Euro
Literaturhaus
Schwanenwik 38, Fr, 30.10.,
10.30 Uhr, 3 Euro, gesamtes
Programm unter www.
seiteneinsteiger-hamburg.de
Medienhaus ottensen
Friedensallee 14–16, Fr,
30.10., 19 Uhr, „Neue Erde“,
Eintritt frei, weitere Veranstaltungen noch bis 8.11. unter
www.festival-eigenarten.de
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„Danke Hamburg! Weil hier keiner
hungern muss und weil es hier mehr
Brücken als in Venedig gibt.“
Sonja Peters (36), mit H&K Nr. 190, bei Hinz&Kunzt seit Februar 2008,
verkauft in der Innenstadt, wohnt in einer Notunterkunft in Harburg
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Bleiben Sie uns treu!
Jetzt wissen Sie, was alles in uns steckt: Viele Menschen und ihre Geschichten, ein paar Skandale und
viel Lebenslust. Denn auch nach 200 Ausgaben schauen wir nach vorn. Gemeinsam mit Ihnen. Wenn
Sie wollen. Sie wollen doch?!?! Bis zum nächsten Mal. In Hamburg sagt man Tschüss! Fotos und Texte
sind von Mauricio Bustamante und Beatrice Blank
Gerrit Keitel (34),
mit H&K Nr. 150, bei
Hinz&Kunzt seit April
2004, verkauft am Winterhuder Forum, wohnt
in Poppenbüttel
Achim Döring (46),
mit H&K Nr. 71, bei
Hinz&Kunzt seit März
2001, verkauft am Alsterhaus, wohnt in Notunterkunft in Harburg
Torsten Langermann (46), mit H&K Nr. 103, bei
Hinz&Kunzt seit Mai 1995, verkauft in Itzehoe,
wohnt in Elmshorn
Detlef Jeschke (51),
mit H&K Nr. 75, bei
Hinz&Kunzt seit mehr
als sechs Jahren, verkauft
bei Ikea Moorfleeet,
wohnt in Billstedt
Vera Pakulat (46),
mit H&K Nr. 72, bei
Hinz&Kunzt seit November 2005, verkauft in
Winterhude und wohnt
in Barmbek
Maria Senas (50), mit H&K Nr. 157, bei H&K seit
fünf Jahren, verkauft in den Colonnaden, Großer
Burstah und Hanseviertel, hat eine Wohnung
Uwe Tröger (42), mit
H&K Nr. 152, bei H&K
seit zwei Jahren, verkauft bei Ikea Moorfleet,
wohnt in einem Zimmer
auf St. Pauli
Klaus Breyer (54), mit
H&K Nr. 62, seit Januar
2004 bei Hinz&Kunzt,
verkauft bei Famila in
Ahrensburg und wohnt
in Winterhude
Thomas Silar (52), mit H&K Nr. 110, seit November
1998 bei Hinz&Kunzt. Er verkauft im Hauptbahnhof und wohnt in der Innenstadt
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Andreas van der Linde (47), mit H&K Nr. 51, bei Hinz&Kunzt seit sechs Jahren,
verkauft am Berliner Tor, macht Platte
Andreas Kurowski (53), mit H&K Nr. 82, bei Hinz&Kunzt seit anderthalb Jahren, verkauft am Zirkusweg, macht Platte
Chris Möller (43), mit H&K Nr. 25,
bei Hinz&Kunzt seit drei Monaten,
verkauft auf St. Pauli, wohnt im
Bodelschwingh-Haus
Hans Dieter Rokittenski (52), mit
H&K Nr. 156, bei Hinz&Kunzt seit
drei Jahren, hat keinen festen Verkaufsplatz, macht Platte
Frank Bialuschewski (39), mit H&K
Nr. 123, bei Hinz&Kunzt seit zehn
Jahren, verkauft an der Kellinghusenstraße, wohnt im Wohnheim
Christiane Schulz (43), mit H&K Nr.
111, bei Hinz&Kunzt seit viereinhalb
Jahren, verkauft an der Schleusenbrücke, sie macht Platte
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Ingrid (72), bei H&K
seit sechs Jahren, verkauft vor der Staatsoper,
wohnt in Wandsbek
Manfred Möckl (62), bei
H&K seit fast 16 Jahren,
verkauft in Ahrensburg,
hat eine Wohnung
Andreas Lindemann
(48), bei H&Kseit 2007,
verkauft in der City,
wohnt im Rauhen Haus
Marius Zajaz (23), bei
H&K seit drei Monaten,
verkauft in der Innenstadt, macht Platte
Uwe Dierks (66), bei
H&K seit Beginn, verkauft Rathauspassage,
wohnt in Marienthal
Joerg Sievers (45), bei
H&K seit dreieinhalb
Jahren, verkauft in der
Schanze, hat 1 Zimmer
Alexander Berger (50),
bei H&K seit 2006,
verkauft in NorderstedtMitte, macht Platte
Stanislaw Bogacki (30),
bei H&K seit einem
Jahr, verkauft Eppendorfer Baum, macht Platte
Bernhard Schmidt (52),
bei H&K seit 15 Jahren,
verkauft in der City, hat
ein Zimmer bei f&w
Alvydas Tarvydas (42),
bei H&K seit einem
Jahr, verkauft am Alten
Teichweg, hat 1 Zimmer
Witold Opilka (53), bei
H&K seit sechs Jahren,
verkauft in Meckelfeld,
hat ein Zimmer
Cleopatra Höhne (61),
bei H&K seit 2003, verkauft in Övelgönne, lebt
auf dem Campingplatz
Peter Stanke (56), bei
H&K seit 1995, verkauft
an der Schleusenbrücke,
lebt in Notunterkunft
Pavel Benes (33), bei
H&K seit vier Jahren,
verkauft auf der Eiffestraße, lebt im Zelt
Andree Banach (53), bei
H&K seit 2005, verkauft
am Alsterdorfer Markt,
wohnt in Barmbek
Maximiliam Turek (61),
bei H&K seit 12 Jahren,
verkauft NiendorfMarkt, hat ein Zimmer
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16.08.2005
11:55 Uhr
Seite 1
Hinz&Kunzt gelesen?
Und jetzt? Ah, das Magazin kommt ins Altpapier. Prima. Vielen Dank. Wir machen
etwas daraus: Zeitungsdruckpapier z. B.,
zu hundert Prozent aus Altpapier. Für Ihre
nächste Lektüre.
www.myllykoski.com
Paper is our Passion.
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Fred Jaschner (45), mit H&K Nr.
100, bei Hinz&Kunzt seit Juni 2001,
verkauft in Ahrensburg, ist H&KStadtführer, macht Platte
Ryszard Kowalczyk (60), mit H&K Nr.
66, bei Hinz&Kunzt seit 2001, er
verkauft in Steilshoop, hat keinen
festen Wohnsitz
Heinrich Bismor (56), mit H&K Nr. 78, bei Hinz&Kunzt seit 1999,
verkauft auf der Langenhorner Chaussee, wohnt in einem Zimmer
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Wolfgang Degen (42), mit H&K Nr.
84, bei Hinz&Kunzt seit 2006, er
verkauft bei Lidl in Schnelsen und
macht Platte
Dieter Sehring (56), mit H&K Nr. 124,
bei Hinz&Kunzt seit 2003, verkauft
in Prisdorf bei Marktkauf. Er hat eine
eigene Wohnung
Jan Sjoerds (63), mit H&K Nr. 64, bei Hinz&Kunzt seit 2004,
verkauft in Altona, wohnt in einer Notunterkunft
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Matthias Sell (50), mit H&K Nr. 187, bei
Hinz&Kunzt seit Mai 1998, verkauft an der
U-Bahn-Station Ritterstraße, hat eine Wohnung
Jörg Wirtz (49), mit H&K Nr. 76,
bei Hinz&Kunzt seit 2001,
verkauft in Eidelstedt, hat eine
eigene Wohnung
Rolf Lohse (46), mit H&K Nr. 12, bei Hinz&Kunzt
seit Juli 1995, verkauft am Jungfernstieg, hat eine
eigene Wohnung
Heiko Wagner (42), mit H&K Nr. 165,
bei Hinz&Kunzt seit 1995, verkauft
bei Marktkauf in Wilhelmsburg, wohnt
in Finkenwerder
Veronica Meyer (42), mit Lucky und H&K Nr. 132,
bei Hinz&Kunzt seit zwei Jahren, verkauft bei Aldi,
Bramstedt, hat eine Wohnung
Angelika (22), mit H&K Nr. 196,
bei Hinz&Kunzt seit Januar 2009,
verkauft in der Innenstadt, wohnt in
einer Unterkunft in Billstedt
Tarlok Pawar-Singh (41), mit H&K
Nr. 34, bei Hinz&Kunzt seit zwei
Jahren, verkauft am Hornwall, hat
eine Wohnung
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Jose Katzke (44), mit H&K Nr. 173,
seit drei Monaten bei Hinz&Kunzt,
verkauft an der U-Bahn-Station
Feldstraße, macht Platte
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Peter (53), mit H&K Nr. 61, bei
Hinz&Kunzt seit 13 Jahren, verkauft
in der City Nord, schläft in einer
Notunterkunft
Angela Engelhardt (41), mit H&K Nr. 23, bei Hinz&Kunzt seit April 2009,
verkauft vor Aldi, Hufnerstraße, wohnt bei ihrem Freund
Ryszard Sobiech (52), mit H&K Nr. 73,
bei Hinz&Kunzt seit Dezember 2008,
verkauft an der Elbgaustraße, wohnt
bei einem Kollegen
Gerhard Stube (49), mit H&K Nr.
97, bei Hinz&Kunzt seit viereinhalb
Jahren, verkauft im Winterhuder Weg,
wohnt im Pflegeheim
Wolfgang Hoffmann (56), mit H&K
Nr. 142, bei H&K seit sechs Jahren,
verkauft am Hauptbahnhof, wohnt auf
der Reeperbahn
Peter Alfred Müller (54), mit H&K Nr.
92, bei Hinz&Kunzt seit 13 Jahren,
verkauft bei Aldi, Hellbrookstraße, hat
eine Wohnung
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Siggi Pachan (53),
mit H&K Nr.5,
arbeitet seit 1994 im
Vertrieb von H&K
Jörg Wettstädt (54), mit
H&K Nr. 109, arbeitet
seit August 2001 im
Vertrieb von H&K
Silvia Zahn (50), mit
H&K Nr. 171, arbeitet
seit Februar 2007 im
Vertrieb von H&K
Frank Nawatzki, genannt Spinne, mit H&K
Nr. 93, seit 2003 dabei,
managt den Kaffeetresen
Jens Jiske (47), mit
H&K Nr. 95, ist bei
Hinz&Kunzt seit 2007
der Hausmeister
Jan Köster (24), mit
H&K Nr. 115, arbeitet
seit 2007 als Redaktionsassistent bei H&K
Frank Belchhaus (45),
mit H&K Nr. 89, bei
Hinz&Kunzt seit 1998,
leitet den Vertrieb
Ute Schwarz (63), mit
H&K Nr. 158, ist seit
1999 Herrin über die
Kasse bei Hinz&Kunzt
Stephan Karrenbauer
(47), mit H&K Nr. 96,
seit 1995 Hinz&KunztSozialarbeiter
Isabel Schwartau
(40), mit H&K Nr. 9,
Öffentlichkeitsarbeit bei
Hinz&Kunzt seit 2008
Jens Ade (58), mit H&K
Nr. 52, Dr. und seit fünf
Jahren Hinz&KunztGeschäftsführer
Tim Meyer (28), mit
H&K Nr. 130, arbeitet
seit 2003 im Vertrieb
von Hinz&Kunzt
Friederike Steiffert (46),
mit H&K Nr. 70, seit
1999 Hinz&Kunzt-Öffentlichkeitsarbeiterin
Fabian Zühlsdorff (21),
mit H&K Nr. 193, Zivi
bei Hinz&Kunzt seit
August 2009
Gabriele Koch (48), mit
H&K Nr. 172, macht
seit 1999 das Spendenmarketing
Felix Bunke (19), mit
H&K 135, Zivi bei
Hinz&Kunzt seit
August 2009
Annette Woywode (42),
mit H&K Nr. 11, seit
1996 in der Redaktion
von Hinz&Kunzt
Birgit Müller (53),
mit H&K Nr. 138,
Chefredakteurin, bei
Hinz&Kunzt seit 1993
Ulrich Jonas (42), mit
H&K Nr. 117, arbeitet
bei Hinz&Kunzt in der
Redaktion seit 1995
Nico Fester (39), mit
H&K Nr. 67, Redaktionsassistentin bei
Hinz&Kunzt seit 1998
Beatrice Blank (26),
mit H&K Nr. 90,
Hinz&Kunzt-Volontärin
seit Juni 2008
Jürgen Jobsen (53), mit
H&K Nr. 68, seit 1998
Vertriebsmitarbeiter bei
Hinz&Kunzt
Mauricio Bustamante
(42), mit H&K Nr. 160,
seit 1999 H&K-Fotograf
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„Tschüss und auf Wiedersehen auf
Hamburgs Straßen!“
Harald-Heinz Schmitz (54), mit H&K Nr. 151, bei Hinz&Kunzt seit elf Jahren,
verkauft beim EKZ Farmsen, wohnt in Hamm
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Kunzt-Kollektion
„Stadtlicht Hamburg“
Kerzenlicht mit Silhouette der Hansestadt.
Dreiteiliges Set zum Zusammenstecken, mit Metallkontur,
Sockel und Papierschirm, von dekoop, www.dekoop.de
17,50 Euro
„Große Freiheit“
Schlüsselanhänger aus Filz, exklusiv für H&K, von dekoop
9,90 Euro
„Foftein“
Proviantdose aus Weißblech für Pausenbrote, Snacks,
Liebesbriefe und andere Schätze, handgefertigt in Österreich,
17,5 x 14,5 x 6 cm
11,90 Euro
„Ein mittelschönes Leben“
Kinderbuch über Obdachlosigkeit von
Kirsten Boie und Jutta Bauer
4,80 Euro
(zzgl. 2,50 Euro für Porto und Verpackung im Inland
beim Versand EINES Buches)
„KunztStücke“
CD mit 15 Duetten aus Hamburg. Mit Ruben Cossani &
Regy Clasen, Anna Depenbusch & Aino Löwenmark
(Fjarill), Michy Reincke & Stefan Gwildis u.a. Herausgegeben von edelkultur, www.edelkultur.de
12 Euro
(zzgl. 2,50 Euro für Porto und Verpackung im Inland
beim Versand EINER CD)
„Macht auch wach!“
Hinz&Kunzt-Kaffeemischung aus edlen Bohnen,
gemahlen und ungemahlen, 250g-Beutel
4,95 Euro
oder Hinz&Kunzt-Espresso, italienische Mischung aus
4,95 Euro
edlen Bohnen, gemahlen, 250g-Beutel
Exklusiv von der Kaffeerösterei Burg für Hinz&Kunzt
BESTELLEN SIE HIER:
Hinz&Kunzt gGmbH, Altstädter Twiete 1-5,
20095 Hamburg, Tel. 040/32 10 83 11, Fax: 040/30 39 96 38,
Internet: www.hinzundkunzt.de, E-Mail: shop@hinzundkunzt.de
Zuzüglich 5 Euro pauschal für Porto und Verpackung im Inland.
Schweiz und europäisches Ausland auf Anfrage.
auer
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Kirsten Boi
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