Rechtliche Grenzen der Spendenwerbung
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Rechtliche Grenzen der Spendenwerbung
StiftungsWelt 02-2012 72 service tipps und beratung für stiftungen zu management, recht und finanzen stiftungskommunikation Rechtliche Grenzen der Spendenwerbung Was Stiftungen nach Datenschutzrecht und Wettbewerbsrecht beachten müssen » » » Jeder Einzelne hat ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht, in Ruhe gelassen zu werden. Er darf sich gegen ein Eindringen anderer in seine Privatsphäre zur Wehr setzen. Als Verbraucher darf sich der potenzielle Spender insbesondere gegen jeden zur Wehr setzen, der ihn unzumutbar belästigt. Der potenzielle Spender darf ferner selbst darüber bestimmen, wie mit seinen personenbezogenen Daten umgegangen werden darf. Spendenwerber müssen dies beachten, wenn sie nicht mit dem Datenschutzrecht und dem Wettbewerbsrecht in Konflikt geraten wollen. Andernfalls drohen hohe Bußgelder und kostenpflichtige Abmahnungen durch dr. christian seyfert, ll.m. (usa) konkurrierende Stifist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urhebertungen. und Medienrecht. Als Spezialist für Datenschutzrecht ist er für die Kanzlei WINHELLER Rechtsanwälte am Standort Frankfurt a.M. tätig. Unternehmen sowie Vereine, Verbände, Stiftungen und andere gemeinnützige Organisationen aus dem In- und Ausland schätzen ihn als erfahrenen Berater. Er veröffentlicht regelmäßig Fachbeiträge. Kontakt c.seyfert@winheller.com www.winheller.com Datenschutzrechtliche Grenzen » » » Im Datenschutzrecht gilt der Grundsatz, dass jede Nutzung personenbezogener Daten verbo- ten ist, es sei denn, dass der von der Datennutzung Betroffene vorher schriftlich eingewilligt hat oder das Gesetz die Datennutzung ausnahmsweise erlaubt. Auch die Nutzung personenbezogener Daten zur Spendenwerbung fällt unter dieses grundsätzliche datenschutzrechtliche Verbot. Eine vorherige schriftliche Einwilligung des Betroffenen wird nur sehr schwer zu erlangen sein und dürfte allenfalls bei Altspendern in Betracht kommen. Dieses Problem hat der Gesetzgeber erkannt und im Jahr 2009 zugunsten von Spendenwerbern ein sogenanntes Listenprivileg in das Bundesdatenschutzgesetz aufgenommen: Sofern der Spendenwerber bestimmte Daten rechtmäßig erhoben und diese listenmäßig zusammengefasst hat, darf er diese zur Spendenwerbung nutzen. Privilegiert für die Spendenwerbung sind dabei ausschließlich folgende Daten: » Vorname und Nachname einer Person » Titel, akademischer Grad » Anschrift » Geburtsjahr (nicht: Geburtsdatum) » Berufs-, Branchen- oder Geschäftsbezeichnung (z.B. Archi- tekt, Rechtsanwalt, Einzelhandelskaufmann) sowie » die Zugehörigkeit der Person zu einer bestimmten Personengruppe (z.B. Mitglieder des Vereins X oder Kunden der Firma Y). Der Betroffene muss vom Spendenwerber ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass er künftigen Spendenwerbungen jederzeit widersprechen kann. Bei einem Widerspruch muss von künftigen Spendenwerbungen zwingend abgesehen werden. Andernfalls drohen hohe Bußgelder. Wettbewerbsrechtliche Grenzen » » » Zusätzlich zu den datenschutzrechtlichen Anforderungen muss der Spendenwerber auch die Anforderungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb beachten. Dies ist Stiftungen häufig nicht bekannt. Nach wettbewerbsrechtlichem Verständnis gelten Stiftungen als Unternehmen im Wettbewerb, wenn sie um Spendengelder miteinander in Konkurrenz treten. Die wettbewerblichen Anforderungen, die eine Stiftung beachten muss, sind dabei bedeutend weitreichender als die datenschutzrechtlichen Anforderungen. StiftungsWelt 02-2012 » » » service Konkret ist zu prüfen, ob die Spendenwerbung für den potenziellen Spender im Einzelfall eine unzumutbare Belästigung bedeutet. » Das Wettbewerbsrecht sieht die Spendenwerbung mittels eines Telefonanrufs stets als unzumutbare Belästigung an, es sei denn, der Angerufene hat vorher seine Einwilligung dazu erteilt. Die Beweislast dafür hat die Stiftung. » Die Spendenwerbung per EMail, Fax, SMS, MMS oder automatischer Anrufmaschine ist ebenfalls generell verboten, es sei denn, es liegt eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten in die konkrete Werbemaßnahme vor. Eine Spendenwerbung per Briefpost oder durch Einwurf eines Schreibens in den Briefkasten des potenziellen Spenders ist hingegen grundsätzlich erlaubt, es sei denn, der potenzielle Spender hat vorher seinen entgegenstehenden Willen erkennbar zum Ausdruck gebracht. 73 Ein am Briefkasten angebrachter Hinweis „Bitte keine Werbung einwerfen!“ ist der Stiftung bei Übersendung der Werbung per Briefpost nicht erkennbar. Erkennbar ist der Stiftung dieser Hinweis jedoch dann, wenn sie die Spendenwerbung über ihre eigenen Mitarbeiter in die Briefkästen potenzieller Spender einwerfen lässt. Eine Wurfsendung darf in diesem Fall nicht erfolgen. Empfehlungen » » » Stiftungen befinden sich dann auf der sicheren Seite, wenn sie nur solche Daten potenzieller Spender sammeln, die über das datenschutzrechtliche Listenprivileg gedeckt sind. Diese Daten können dabei aus allgemein zugänglichen Quellen erhoben werden, z.B. Telefonbüchern oder dem Internet. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht dürfen diese Daten aber praktisch nur durch Übersendung der Spendenwerbung per Briefpost oder im Wege der Wurfsendung durch Einwurf in den Briefkasten genutzt werden. Auch dies ist allerdings stets nur zulässig, sofern kein entgegenstehender Wille des potenziellen Spenders erkennbar ist. Spendenwerber haben es in Deutschland also nicht leicht. Das Recht des Einzelnen, in Ruhe gelassen zu werden, hat in Deutschland einen übergeordneten Stellenwert. Spendenwerbung durch individuelle Kaltkontaktaufnahme bleibt praktisch auf Briefpost und Wurfsendungen beschränkt. Der Wille des Einzelnen hat stets Vorrang. Im Übrigen können Stiftungen Spender weitgehend nur durch öffentliche Werbung in geeigneten Medien für sich gewinnen – und selbstverständlich auch durch positives gemeinnütziges Handeln in der Öffentlichkeit. « « « Datenschutzrechtliche Anforderungen Wettbewerbsrechtliche Anforderungen Vorherige schriftliche Einwilligung des potenziellen Spenders oder Nutzung folgender listenmäßig zusammengefasster Daten des potenziellen Spenders: » Vorname und Nachname, » Titel, akademischer Grad, » Anschrift, Geburtsjahr (nicht: Geburtsdatum), » Berufs-, Branchen- oder Geschäftsbezeichnung sowie die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe » Liegt eine „unzumutbare Belästigung“ des potenziellen Spenders vor? » Spendenwerbung durch Telefonanrufe: Verboten, es sei denn, vorherige Einwilligung des potenziellen Spenders vorhanden » Spendenwerbung per E-Mail, Fax, SMS, MMS oder automatischer Anrufmaschine: Verboten, es sei denn, vorherige ausdrückliche Einwilligung des potenziellen Spenders in die konkrete Werbemaßnahme vorhanden » Spendenwerbung per adressierter Briefpost: Erlaubt, es sei denn, entgegenstehender Wille des potenziellen Spenders erkennbar. Briefkastenschild „Keine Werbung“ ist für Stiftung nicht erkennbar. » Spendenwerbung per Wurfsendung in Briefkasten durch Stiftungsmitarbeiter: Erlaubt, es sei denn, entgegenstehender Wille des potenziellen Spenders erkennbar. Briefkastenschild „Keine Werbung!“ ist für Stiftung erkennbar.