KNB 109 M
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KNB 109 M Veranstaltungszeitraum Veranstaltungsort TeilnehmerInnen-Anzahl Spiel-Typ Genre Veranstalter Spiel-Designer 28.12.2012 – 01.01.2013 Burg Waldmannshausen ~ 60 PvP Alternative Realität – Gegenwart und Zeitreisende Erlebnis Reich e.V. David Hughes, Larson Kasper, Martina Ryssel, Teena Leipoldt I. Konzept Seit dem 21. Dezember 2012 verändert sich die Welt. Es kommt vermehrt zu Naturkatastrophen, Unfällen, gewalttätigen Konflikten und Gerüchten zur Folge „erwachen“ Menschen mit besonderen Befähigungen. Die Zahl ist relativ gering und niemand weiß etwas Genaues – vielleicht sind es auch einfach nur „Freaks“ oder „(Gewalt-) Verbrecher? Der Maya-Kalender meets Marvels „Superhelden“, „Painkiller Jane“, „Misfits“ und…..“Terminator“. I.1. Gescriptete Charaktere Jeder Spieler1 erhielt im Vorfeld einen ausgearbeiteten Charakter, der auch noch beeinflusst werden konnte, und der mit anderen Charakteren verknüpft war, um ein intensives Spiel zu ermöglichen. I.2. Historische Vorausschau Die Zukunft dieser Welt sah düster aus. Nach der Internierung von Befähigten und ihrem Aufstand würden sie die Oberhand gewinnen, und ein jahrelanger Bürgerkrieg entbrennen. Nach diesem Bürgerkrieg hatten die Befähigten – oder vielmehr andere, die sie kontrollierten – die Fäden in der Hand. Um diese düstere Zukunft zu verhindern oder zu beeinflussen, reisten einige Charaktere undercover in der Zeit zurück, zu dem Seminar, das sie als wichtigen Zeitknotenpunkt identifiziert hatten. II. Setting Die Charaktere erhielten ein Einladungsschreiben der Shrewsbury Foundation, das Sie dazu aufforderte zum Ende des Jahres an einem Selbstfindungsseminar teilzunehmen. Die Shrewsbury Foundation2 warb damit, sich bereits seit vielen Jahren mit der Förderung und Ausbildung von Menschen mit besonderen Befähigungen zu beschäftigen und in einem Auswahlseminar nun eine Selektion vorzunehmen um dann Kandidaten für die Ausbildung in der Akademie der Shrewsbury Foundation vorzuschlagen. Insgesamt wurden vier 1 Im Text wird ausschließlich die männliche Schreibweise verwendet um ein vereinfachtes Lesen zu ermöglichen – auch wenn dies beide (oder mehr) Geschlechter beinhaltet. Würde es eine spezifische Gruppe an Menschen meinen, deren gemeinsames Merkmal ihre Geschlechtlichkeit ist, würde dies gekennzeichnet werden ;-) 2 http://www.shrewsbury.de und https://www.facebook.com/ShrewsburyFoundation unterschiedliche Kategorien an Teilnehmenden angeschrieben: a) Menschen mit besonderen Befähigungen (BBMs), b) sogenannte Alphas, Menschen die zur Unterstützung der BBMs benötigt wurden, c) Dozenten und d) Sponsoren aus der freien Wirtschaft, Menschenrechtsorganisationen, Kirchliche Vertreter, Politiker, Bundeswehr etc. III. Pre-Game Ein essenzieller, wenn auch freiwilliger, Bestandteil des Spiels war das Pre-Game. Jeder Teilnehmer wurde gebeten, ein Facebook-Profil und eine eMail-Adresse für seinen Charakter anzulegen. Dazu kamen einige Teilnehmer, die selbstständig Homepages oder Blogs kreierten3. Mit in den Charakteren angelegten Verknüpfungen sowie mit den durch die SL und Helfer gesteuerten Angestellten der Stiftung konnten die Teilnehmer im Vorfeld schon ins Spiel einsteigen, ihre Verbindungen stärken und sich / ihre Charaktere kennen lernen. Eine Vielzahl an realen Menschen halfen das Konstrukt einer alternativen Realität durch Ihre „Stand-by“ Bereitschaft bereits im Vorfeld interaktiv zu bespielen. Zum Beispiel fungierte der Musiker Andy Cormann4 als Kontaktperson um einen Charakter ausfindig zu machen, der gelegentlich als Roadie arbeitet. Der Berliner Ethnologe Sebastian Manes Sprute5 stand in einem langen Skype-call der ersten – als vermisst geltenden - Zeitreisenden zur Seite um ihren Unfall aus wissenschaftlicher Perspektive aufzuarbeiten. Es wurden im Vorfeld verschiedene Fragebögen versendet, die den Teilnehmenden helfen sollten Besonderheiten und Charaktereigenschaften ihres Spielcharakters schärfer herauszuarbeiten. Die Kombination von Themen verfolgte vor allem zwei Ziele: einerseits sollte es den Spielern ein Leitfaden sein um sich intensiv mit dem darzustellenden Charakter auseinander zu setzen, andererseits wurden so sehr detaillierte Informationen zusammen getragen, die als Akte den Dozierenden als Spielelement half die Leistungen und Probleme der BBMs und Alphas auf verschiedenen Ebenen zu erörtern. IV.Plot Ein Großteil des Plots war bereits in den Charakteren angelegt oder wurde durch sie gesteuert. Konflikte, die zwischen den BBMs und ihren Alphas angelegt waren, sowie geheime Missionen beschäftigten die Teilnehmer über einen großen Zeitraum. Dazu kam Unterricht, ebenfalls durch Spieler vorbereitet, der tagsüber statt fand und sehr gut angenommen wurde. Daneben wurden mehrere Plotstränge gespielt, politische Intrigen, eine Rettungsmission, die Zeitreise ein Bombenplot, der sich wie von selbst zum Hauptplot stilisierte. Mit der 3 Siehe hierzu: http://go2shrewsbury.wordpress.com/ oder http://www.margovoland.eu/ http://acakut.de/ 5 http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/fmi/forschung/kultglobe1900/members/2008-2011/sebastiansprute.html 4 Entschärfung dieser Bombe, was der Änderung der dystopischen Zukunft gleich kam, endete das LARP. V. Besonderheiten Das Spiel begann mit der Anreise, die schon intime stattfand. Alle Regeln sowie die übliche SL-Ansprache wurden im Vorfeld über einen Video-Kalender vermittelt, so dass nur noch wenige Outtime-Dinge zu klären waren, und die Spieler sofort ins Geschehen einsteigen konnten. Schon in der Warteschleife zum Check-In wurde so intensiv gespielt. Während des gesamten Spiels konnte auch mit der Außenwelt Kontakt aufgenommen werden. Sowohl durch Handy und eMail, was von der Spielleitung beantwortet wurde, als auch durch „tote Briefkästen“, durch die Geheimdienstler und Zeitreisende mit ihren Kontakten kommunizierten. Als Spielmechanik wurden Codewörter eingesetzt. Zum einen um Superkräfte darzustellen (siehe Video), und zum anderen um zu vermitteln, wann ein Thema nicht hinterfragt werden sollte – dann delegierte man es an „Felix Heimrath“, einen fiktiven Stiftungsmitarbeiter. Da es ein sehr intensives Spiel war, wurde ein „Out-Room“ angeboten, ein Raum, in dem Tee und Süßigkeiten, ein Bett und natürlich vor allem jemand zum reden zu finden war. Wer sich eine Auszeit vom anstrengenden Spiel nehmen wollte, fand hier seine Pause. VI.Fazit Das Spiel war als sehr freies Spiel konzipiert, in dem in den Spielercharakteren fast alles angelegt war. Dieses Konzept wurde von den Spielern in sehr hohem Maße angenommen, so dass sich innerhalb der Spielwelt Dinge entwickelten, die weit über das geplante hinaus gingen. Debatten über Menschen/Mutantenrechte, die Aufstellung einer Verhaltenscharta, moralische Diskussionen und die Planung eines deutschlandweiten weiteren Vorgehen zur Unterstützung der neu erwachten Befähigten waren hier faszinierende Beispiele dafür, wie sehr die Spieler in die Welt eintauchten und sich über ihre eigene Situation hinaus Gedanken machten. Die Entwicklung der Charaktere zu verfolgen, sei es über ihre Taten, ihre Nachrichten nach außen oder Gespräche, war faszinierend und bestätigt das Spielkonzept. Die Intensität des Geschehens war es aber auch, die die Grenzen einer konstruierten LARPWelt aufzeigt. Aufgrund fehlender Datenschutzerklärungen und für eine reale Welt spärliche Informationen über die veranstaltende Stiftung, wurde sie anfangs zum Hauptplot und Gegner stilisiert, was die Spielleitung in eine starke – weil unerwartete – Stresssituation brachte. Was bei einem Fantasy-Setting problemlos von Spielern übersehen wird, war hier ein Thema, mit dem man sich ernsthaft auseinander setzen musste. Das Spiel war ein großer Erfolg. Bei einem ähnlichen Konzept sollte man sich jedoch bewusst sein, dass es auch ein enormer Arbeitsaufwand und (emotionale) Stressbelastung ist.