Gesamtausgabe als PDF - Schweizerische Ärztezeitung

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Gesamtausgabe als PDF - Schweizerische Ärztezeitung
Schweizerische Ärz tezeitung
Bollet tino dei medici svizzeri
13
30. 3. 2011
Bulletin des médecins suisses
Editorial
475
Snapshots aus Bundesbern
FMH
477
Der Rauchstopp-Wettbewerb unterstützt
die Tabakentwöhnung
Neue T V-Ar z tserie
50 4
Dr. House muss gehen, dafür kommt Dr. Moser
Begegnung mit Pierre -Yves Maillard
508
«Die therapeutische Freiheit ist sehr wichtig»
«Zu guter Let z t» von Erhard Taverna
Mann ist Mann
Editores Medicorum Helveticorum
Offizielles Organ der FMH und der FMH Services www.saez.ch
Organe officiel de la FMH et de FMH Services www.bullmed.ch
Bollettino ufficiale della FMH e del FMH Services
514
I N H A LT
FMH
Briefe / Mitteilungen
Editorial
475 Snapshots aus Bundesbern
Ignazio Cassis
482 Briefe an die SÄZ
Prävention
477 Der Rauchstopp-Wettbewerb unterstützt
die Tabakentwöhnung
Abhinay Agarwal
Forschungsresultate bestätigen es: Ein Rauchstopp lohnt
sich in jedem Lebensalter. Daher sollten Ärztinnen und
484 Facharztprüfung /
Mitteilungen
FMH Services
485 Seminare / Séminaires / Seminari 2011
FMH Services
Ärzte den Rauchstopp-Wettbewerb nutzen, um Raucher
zum Aufhören zu motivieren. Eine nationale «Rauchstopplinie» unterstützt sie dabei.
Zentralvorstand
478 Zentralvorstandssitzung
vom 27. Januar 2011
Beschlüsse zu folgenden Themen wurden gefasst:
Q-Monitoring für ambulante Medizin, Fähigkeitsausweis
487 Die richtige Diagnose kann über Leben
und Tod entscheiden
FMH Consulting Services
488 Berufliche Vorsorge BVG
FMH Insurance Services
489 Stellen und Praxen
Praxislabor, Medical Board, Patientenverfügung FMH/
SAMW und HWS-Schleudertrauma-Fragebogen.
479 Personalien
Organisationen der Ärzteschaft
KHM
480 Fähigkeitsausweis
Dosisintensives Röntgen KHM
Aloys von Graffenried, José Orellano,
Ueli Grüninger
Tribüne
Ethik
500 La place et le statut de l’éthique
aujourd’hui
Jean Martin
«Traité de bioéthique», so lautet der Titel des Werks,
das hier vorgestellt wird. Es umfasst 3 Bände mit
2100 Seiten, geschrieben von 120 Autoren aus vielen
Wissenschaftsbereichen. Jean Martin gelingt es, auf 4 Seiten
einen Überblick der wichtigsten Aspekte und Gedanken zu
geben.
Thema
504 Dr. House muss gehen, dafür kommt
Dr. Moser
EMH-Newsservice
Erstmals wurden Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zu
Arztserien im Fernsehen veröffentlicht – sie sind alarmierend: Patienten, die sich häufig Arztserien anschauen, sind
ängstlicher vor Operationen und unzufriedener mit der
Visite. Eine neue Arztserie auf SF 1 soll Abhilfe schaffen.
Das Fähigkeitsprogramm «Sachkunde für dosisintensives
Röntgen KHM» wurde 2011 revidiert, um den Vorgaben
der Strahlenschutzgesetzgebung und des Medizinalberufegesetzes Rechnung zu tragen. Der Beitrag informiert
über die wichtigsten Neuerungen und die Bedingungen für
den Erwerb des Fähigkeitsausweises.
507 Spectrum
I N H A LT
Horizonte
Zu guter Letzt
Begegnung mit …
508 «Die therapeutische Freiheit
ist sehr wichtig»
Daniel Lüthi
In diesem Monat sprach Daniel Lüthi mit Pierre-Yves
Maillard, Staatsrat und Gesundheitsdirektor des Kantons
Waadt, Präsident der GDK. Im Gespräch diagnostizierte
Maillard schwere Konstruktionsfehler des Gesundheitssystems. Es ging dabei um die Rolle des Staates, die Idee
des «Service public», um Monopole als Chance – und
auch um die eigene Gesundheit.
514 Mann ist Mann
Erhard Taverna
Streiflicht
511 Tims Handy
Peter Marko
Männer gelten als gesundheitlicher Sanierungsfall –
schlechte Spermien, Weichmacher und Pestizide im Urin,
Der Inhalt des Spielzeug-Arztkoffers seines Enkels liess
den ehemaligen Landarzt stutzen: Was soll ein
Mobiltelefon neben Spritzen und Verbandszeug?
Anlass zu einem Rückblick auf eine Zeit ohne
Alkoholprobleme und Raucherlunge. Doch der erste
Männergesundheitsbericht gibt Anlass zur Hoffnung! Das
starke Geschlecht ist sogar bei der Lebenserwartung auf
dem Weg der Besserung.
Natel, Navigationssystem und Google Earth.
Im Berggebiet wäre es hilfreich gewesen …
Anna
IMPRESSUM
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© 2011 by EMH Schweizerischer
Ärzteverlag AG, Basel. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, elektronische
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ISSN 0036-7486
ISSN 1424-4004 (Elektronische Ausg.)
Prävention und Gesundheitswesen:
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Psychiatrie und Psychotherapie:
Dr. G. Ebner
Radiologie: Prof. Dr. B. Marincek
Radioonkologie: Prof. Dr. D. M. Aebersold
Rechtsmedizin: Prof. T. Krompecher
Rheumatologie: Prof. Dr. M. Seitz
Thorax-, Herz- und Gefässchirurgie:
Prof. Dr. T. Carrel
Tropen- und Reisemedizin: PD Dr. C. Hatz
Urologie: PD Dr. T. Zellweger
FMH
Editorial
Snapshots aus Bundesbern
Das Parlament hätte die
Managed-Care-Vorlage schon
in der Wintersession 2010
verabschieden sollen. Aber
die Politik nimmt sich Zeit:
Es geht ja um eine wichtige
Innovation des Gesundheitssystems! Am 3. März 2011
hat der Nationalrat – entgegen der Meinung des Ständerates – auf die Unabhängigkeit der integrierten Versorgungsnetze von den Krankenkassen beharrt und auf
deren Verpflichtung, flächendeckend integrierte Versorgung
anzubieten. Eine dritte Differenz betrifft das Quantum der
Kostenbeteiligung inner- und ausserhalb der Netze (Prozent
und Höchstbetrag): 10–20% will der Nationalrat, 5–15 % der
Ständerat, und für 7,5–15 % spricht sich der Bundesrat aus.
Das sind die wichtigsten Differenzen. Andere zentrale
Eckwerte sind hingegen entschieden: die Verfeinerung des
Risikostrukturausgleichs, das Prinzip der finanziellen Anreize
(differenzierte Prämien und Kostenbeteiligung), die explizite
Qualität, die Budgetmitverantwortung sowie die freie
Vertragsbindung zwischen Versicherer und Ärztenetzen.
Managed Care: Nationalrat hält
an Unabhängigkeit der integrierten
Versorgungsnetze von den Kranken­
kassen fest.
Auch der erste Teil der 6. IV-Revision ist verabschiedet.
Die vierte, fünfte und sechste Revision sowie die Erhöhung
der Mehrwertsteuer zielen darauf, diese wichtige Sozialversicherung wieder ins Lot zu bringen und für die nächsten
Generationen fit zu machen. Der Schleudertrauma-Verband
wehrt sich aber gegen Leistungskürzungen und hat das
Referendum beschlossen: Er sucht jetzt Allianzen.
Weiter hat der wegleitende Entscheid vom 23. November
2010 (9C_334/2010) des Bundesgerichtes (BG) rege informelle Diskussionen ausgelöst. Neben der konkreten Fragestellung (Rückerstattung des Medikaments Myozyme® bei
Morbus Pompe) hat das BG zu grundsätzlichen Fragen des
Kosten-Nutzen-Verhältnisses von medizinischen Massnahmen, der Rationierung und der Grenzen der Finanzierbarkeit
Stellung genommen. Dies auch mit einer Anspielung auf
bisher auf politischer Ebene nicht festgelegte Kriterien für
die Beurteilung der Kosten-Nutzen-Beziehung. Deshalb
haben Nationalrätin Ruth Humbel eine Interpellation [1]
und ich ein Postulat [2] eingereicht. Damit soll die Diskussion
auf der politischen und gesellschaftlichen Ebene stattfinden.
Diskussionslos hat der Nationalrat ein Postulat seiner
Gesundheitskommission betreffend der Verschreibung von
Arzneimitteln durch Spitäler (siehe Geschäftsnummer
10.3669 auf www.parlament.ch, Cura Vista-Geschäftsdatenbank) überwiesen. Der Bundesrat wird somit beauftragt zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen Spitäler
verpflichtet werden können, beim Austritt der Patienten auf
die Verordnung von «Marken» zu verzichten und stattdessen ausschliesslich die Wirkstoffe inklusive Dosierung, gale-
Bundesgerichtsentscheid zu Kosten­
Nutzen­Verhältnis von medizinischen
Massnahmen regt Diskussionen an.
nische Form und Packungsgrösse zu verschreiben. Der Nationalrat hat weiter die vorgesehene Einführung des neuen
Abrechnungssystems SwissDRG ab 1. Januar 2012 stillschweigend bestätigt und aufgrund einer Motion seiner
Gesundheitskommission den Bundesrat beauftragt, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Ausund Weiterbildung von Ärzten sowie des gesamten Gesundheitspersonals sichergestellt und die Versorgungsqualität
nicht verschlechtert wird [3].
Drei Parteien, die CVP, die FDP und die SVP, haben in
den letzten Wochen zudem ihre Besorgnis betreffend der
Umsetzung der neuen Spitalfinanzierung ab 1. 1. 2012 in den
Kantonen zum Ausdruck gebracht. Statt einer Spitalsteuerung
auf Basis von Qualitäts- und Kostentransparenz praktizieren
einige Kantone Strukturerhaltung und missachten somit
den Willen des Gesetzgebers – so unser Fazit. Eine diesbezügliche Interpellation wurde eingereicht [4]. In der Sondersession (11. bis 14. April 2011) wird das Präventionsgesetz
beraten: Spannende Diskussionen sind zu erwarten! A suivre!
Dr. med. Ignazio Cassis
Vizepräsident der FMH und Nationalrat
Referenzen
1 11.3154: Bundesgerichtsurteil als Startschuss zur medizinischen Rationierung?
2 11.3218: Wie viel soll die Gesellschaft für ein Lebensjahr
zahlen?
3 10.3882 Versorgungsqualität mit DRG.
4 11.3032 Spitalfinanzierung. Verändert sich alles, damit sich
nichts verändert?
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13
Editores Medicorum Helveticorum
475
FMH
Prävention
Der Rauchstopp-Wettbewerb unterstützt
die Tabakentwöhnung
Erneut bestätigen Forschungsresultate, dass sich ein Rauchstopp in jedem Lebensalter lohnt. Der Rauchstopp-Wettbewerb zum Welttag ohne Tabak am 31. Mai ist
eine günstige Gelegenheit, Raucherinnen und Raucher zum Aufhören zu motivieren.
Abhinay Agarwal
Projektmanager
Rauchen beschleunigt auch den Rückgang der kognitiven Leistungsfähigkeit. Ein Forschungsteam der Universität Westaustralien untersuchte bei 332 älteren Personen die Wirkung des Rauchstopps auf die kognitive
Funktion. 24 Monate nach dem Rauchstopp entsprachen die kognitiven Fähigkeiten denen von Nie-Rauchenden [1].
«Vom Gesichtspunkt der Gesundheit aus ist besonders das Ergebnis wichtig, dass chronische Raucherinnen und Raucher nach dem Aufhören weniger Gehirnzellen verloren und bessere intellektuelle Fähigkeiten bewahrten als Personen, die weiter rauchten»,
erklärte Forschungsleiter Osvaldo Almeida.
Rauchpause einschalten
Beim Rauchstopp-Wettbewerb können alle Raucher
mitmachen, die vom 4. Juni bis zum 4. Juli 2011 rauchfrei bleiben. Eine Rauchpause von vier Wochen erhöht
die Chancen für einen endgültigen Ausstieg aus der
Nikotinabhängigkeit. Als Preise werden einmal 5000
und zehnmal 500 Franken verlost. Zudem offeriert
die Krankenversicherung Assura eine Ferienwoche für
zwei Personen.
Raucherinnen und Raucher können sich online
auf www.at-schweiz.ch oder schriftlich anmelden. Anmeldekarten können bei der Arbeitsgemeinschaft
Tabakprävention auf www.at-schweiz.ch oder unter
Nummer 031 599 10 20 kostenlos bestellt werden.
Korrespondenz:
Abhinay Agarwal
Arbeitsgemeinschaft
Tabakprävention
Haslerstrasse 30
CH-3008 Bern
Tel. 031 599 10 20
Fax 031 599 10 35
info@at-schweiz.ch
Repräsentative Umfrage
Das LINK Institut für Markt- und Sozialforschung in
Luzern und Hans Krebs, Kommunikations- und Publikumsforschung in Zürich, befragten im Januar 2010
einen repräsentativen Querschnitt von 505 Teilnehmenden des Wettbewerbs 2009 im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention.
– 64 Prozent hielten die einmonatige Rauchpause
durch. 33 Prozent waren sechs Monate nach Ende
des Wettbewerbs rauchfrei. Wer noch rauchte,
hatte seit Beginn des Wettbewerbs die Anzahl Zigaretten deutlich verkleinert.
– 62 Prozent der Befragten verwendeten ein oder
mehrere Hilfsmittel zur Tabakentwöhnung, am
häufigsten Medikamente: 25 Prozent nikotinhaltige Medikamente, 6 Prozent Vareniclin und 2 Pro-
zent Buproprion. Ebenso fanden Bücher, Broschüren und Informationsschriften grossen Zuspruch.
FMH als Partnerin
Partnerorganisationen für den Rauchstopp-Wettbewerb sind die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH, pharmaSuisse Schweizerischer
Apothekerverband, die Schweizerische ZahnärzteGesellschaft, der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner und Swiss Dental
Hygienists.
Der Rauchstopp-Wettbewerb ist eine Aktion des
Nationalen Rauchstopp-Programms zum Welttag
ohne Tabak von Ende Mai. Die Trägerschaft bilden
Krebsliga Schweiz, Schweizerische Herzstiftung und
Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz. Finanziell unterstützt wird der Wettbewerb vom Tabakpräventionsfonds. Zuständig für die Umsetzung der
Aktion in den Kantonen sind die kantonalen Krebsund Lungenligen, die Tabakpräventionsfachstellen sowie weitere Organisationen aus Prävention und Gesundheitsförderung.
Literatur
1 Osvaldo P. Almeida et al. 24-Month effect of smoking
cessation on cognitive function and brain structure
in later life. In: NeuroImage Article in Press
doi:10.1016/j.neuroimage.2011.01.063 www.
sciencedirect.com/science/journal/10538119
Rauchstopplinie 0848 000 181
Fehlt die Zeit für ausführliche Beratungsgespräche, können Raucher und Raucherinnen an
die nationale Rauchstopplinie verwiesen werden.
Die Beraterinnen und Berater sind speziell ausgebildet und kennen sich in den wissenschaftlich geprüften Aufhörmethoden bestens aus. Auf
Wunsch begleiten sie Raucherinnen und Raucher
beim Aufhören mit bis zu vier Rückrufen.
Für Deutsch, Französisch und Italienisch ist die
Rauchstopplinie 0848 000 181 montags bis freitags von 11 bis 19 Uhr erreichbar (8 Rappen pro
Minute ab Festnetz). Je eine eigene Nummer gibt
es für Albanisch, Portugiesisch, Serbisch/Kroatisch/Bosnisch, Spanisch und Türkisch. Alle Telefonnummern stehen auf der Anmeldekarte.
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477
FMH
Zentralvorstand
Aus dem Protokoll
Zentralvorstandssitzung
vom 27. Januar 2011
Q-Monitoring ambulante Medizin CH – Der Zentralvorstand (ZV) der FMH stimmt der Weiterführung des
Pilotprojektes «Q-Monitoring ambulante Medizin
CH» für 2011 und 2012 zu. Hauptziel des Projekts ist
das Sichtbarmachen der Bandbreite und Häufigkeit
der bereits heute durchgeführten Qualitätsaktivitäten
in der ambulant tätigen Ärzteschaft.
Fähigkeitsausweis Praxislabor – Der ZV unterstützt
ein Obligatorium des Fähigkeitsausweises Praxislabor
(FAPL). Die Delegiertenversammlung der FMH soll
ebenfalls darüber entscheiden. Der neurevidierte
FAPL besteht künftig aus einem praktischen und
einem E-Learning-Teil. Die Rezertifizierung erfolgt
über die «Externe Qualitätskontrolle».
Patientenverfügung FMH/SAMW – Die FMH ist mit
der vorliegenden Überarbeitung der Patientenverfügung einverstanden und will sie gemeinsam mit der
SAMW in allen drei Landessprachen zur Verfügung
stellen.
HWS-Schleudertrauma-Fragebogen – Der Zentralvorstand vertritt gegenüber dem Schweizerischen Versicherungsverband und der Suva die Meinung, dass der
versicherungstechnische Teil des HWS-Schleudertrauma-Fragebogens ausschliesslich vom Patienten
ausgefüllt und unterschrieben werden soll.
Medical Board – Seit Anfang Jahr setzt sich die Trägerschaft des Medical Board aus der Gesundheitsdirektorenkonferenz, der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und der FMH
zusammen.
Plötzlich selbst betroffen.
Krisen treffen auch Ärztinnen
und Ärzte.
Lassen Sie sich helfen. Kontaktieren Sie ReMed.
24-Stunden-Hotline
0800 0 73633
0800 0 ReMed
help@swiss-remed.ch
www.swiss-remed.ch
Unterstützungsnetzwerk
für Ärztinnen und Ärzte
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478
FMH
Personalien
Todesfälle / Décès / Decessi
Robert Tobler (1920), † 8. 1. 2011,
Spécialiste en médecine générale,
1196 Gland
Praxiseröffnung /
Nouveaux cabinets médicaux /
Nuovi studi medici
GE
Roxana Fanita Sessa,
Spécialiste en psychiatrie et psychothérapie,
3, rue Ami-Lullin, 1207 Genève
VD
Thomas M. Chapuis,
Spécialiste en médecine interne,
4, rue des Vergers, 1462 Yvonand
ZH
Akiko Tania Krähenmann,
Fachärztin für Allgemeinmedizin,
Praxis Schlossberg, Schlossbergstrasse 3,
8408 Winterthur
Ärztegesellschaft des Kantons
Bern
Ärztlicher Bezirksverein Bern Regio
Zur Aufnahme als ordentliche Mitglieder
haben sich angemeldet:
Dr. med. Samuel Ernst, Facharzt für Innere
Medizin FMH, Bernstrasse 12, 3303 Jegenstorf
Dr. med. Alain Keller, Facharzt für Allgemeine
Medizin FMH, Münzgraben 6, 3011 Bern
Dr. med. Mehtap Tatan, Fachärztin für Allgemeinmedizin FMH, Brunnmattstrasse 63,
3007 Bern
Ärztegesellschaft des Kantons
Luzern
Zur Aufnahme in unsere Gesellschaft Sektion
Stadt hat sich angemeldet:
Dr. med. Dorothea Lang, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin FMH, Praxis ab
1.4.2011: Gerliswilerstrasse 53, 6020 Emmenbrücke
Einsprachen sind innert 20 Tagen zu richten an
das Sekretariat, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern,
Fax 041 410 80 60.
Zur Aufnahme als ordentliches Mitglied mit
leitender Funktion hat sich angemeldet:
PD Dr. med. Peter Wenaweser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie FMH, Stv. Leiter,
Invasive Kardiologie, Departement Herz und
Gefässe, Inselspital, 3010 Bern
Einsprachen gegen diese Vorhaben müssen
innerhalb 14 Tagen seit dieser Veröffentlichung schriftlich und begründet beim Präsidenten des Ärztlichen Bezirksvereins Bern
Regio eingereicht werden. Nach Ablauf der
Einsprachefrist entscheidet der Vorstand über
die Aufnahme des Gesuches und über die allfälligen Einsprachen.
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479
KHM
O R G A N I S AT I O N E N D E R Ä R Z T E S C H A F T
Informationen des Kollegiums für Hausarztmedizin (KHM) aus Anlass der Revision 2011
Fähigkeitsausweis
Dosisintensives Röntgen KHM
Aloys von Graffenried a,
José Orellano b,
Ueli Grüninger c
a Bisheriger Präsident der Kommission «Dosisintensives
Röntgen» KHM
b Nachfolger von Aloys von
Graffenried als Präsident der
Kommission
c Geschäftsführer Kollegium
für Hausarztmedizin KHM
Das seit dem 1. 1. 2001 bestehende Fähigkeitsprogramm
«Sachkunde für dosisintensives Röntgen KHM» (neu:
«Fähigkeitsausweis Dosisintensives Röntgen KHM»)
wurde revidiert, um den Vorgaben der Strahlenschutz­
gesetzgebung und des Medizinalberufegesetzes Rechnung
zu tragen. Die Revision wurde durch die Geschäftsleitung
des SIWF am 1. 1. 2011 in Kraft gesetzt. Dieser Artikel
gibt einen Überblick über Inhalt und Erwerb des Fähig­
keitsausweises und fasst die wichtigsten Neuerungen
zusammen. Detaillierte Informationen inkl. revidiertes
Programm und Anmeldungsformular können von der Web­
site des Kollegiums für Hausarztmedizin heruntergeladen
werden: www.kollegium.ch → Rubrik «Ausweise».
Fähigkeitsausweis: wozu und für wen?
Für die Durchführung von Röntgenaufnahmen des
Achsenskelettes, Beckens und Abdomens ist der Fähigkeitsausweis (FA) «Dosisintensives Röntgen KHM» notwendig. Das Fähigkeitsprogramm zum Erwerb dieses
FA richtet sich an alle Trägerinnen und Träger* der
Weiterbildungstitel für Allgemeine Innere Medizin
(inkl. die bisherigen Weiterbildungstitel Allgemeinmedizin und Innere Medizin), Pädiatrie, Neurologie,
Medizinische Onkologie sowie (neu) praktischer Arzt.
* Dieses Fähigkeitsprogramm
gilt in gleichem Mass für
Ärztinnen und Ärzte. Zur
besseren Lesbarkeit werden
im weiteren Text nur
männliche Personenbezeichnungen verwendet.
Korrespondenz:
Ueli Grüninger
Geschäftsführer KHM
Landhausweg 26
CH-3007 Bern
Tel. 031 370 06 71
Fax 031 370 06 79
ueli.grueninger@hin.ch
Was sind die Voraussetzungen?
1. Eidgenössischer Weiterbildungstitel (oder anerkannter ausländischer Titel mit Äquivalenzbestätigung) für Allgemeine Innere Medizin, Pädiatrie,
Neurologie, Medizinische Onkologie sowie praktischer Arzt;
2. Vom BAG anerkannte Ausbildung und erfolgreich
abgelegte Prüfung in Strahlenschutz und Röntgentechnik [1] (vgl. Art. 18 Abs. 2 StSV [2] und
Ziffer 2.1 des FA-Programms);
3. Absolvierte Weiterbildung gemäss Ziffer 3 bis 5
des Fähigkeitsprogramms «Dosisintensives Röntgen KHM» (siehe unten und www.kollegium.ch
Rubrik Ausweise).
und auch die Bilder von jeder 7. Untersuchung müssen einem Experten der Kommission «Dosisintensives
Röntgen KHM» zur Überprüfung und für ein Feedback
eingesandt werden (sogenannt formative Evaluation,
anstelle einer Schlussprüfung).
Hinweis: Wer seinen Facharzttitel vor dem
31. 12. 2002 erworben hat, profitiert von den Übergangsbestimmungen und erhält den Fähigkeitsausweis ohne praktische Untersuchungen (vgl. Abb. 1).
Die wichtigsten Änderungen
Neu richtet sich der Fähigkeitsausweis (FA) auch an
Träger des Weiterbildungstitels «Praktischer Arzt» und
wie bisher an jene mit Titel Allgemeinmedizin und
Innere Medizin (neu zusammengefasst unter Allgemeine Innere Medizin), Pädiatrie, Neurologie und
Medizinische Onkologie.
Ohne den vom BAG anerkannten Strahlenschutzkurs mit bestandener Abschlussprüfung und ohne Anmeldung beim Sekretariat des KHM kann ab 1. 4. 2011
mit den radiologischen Untersuchungen nicht begonnen werden. Das bewährte Lehrmittel «Dosisintensives Röntgen KHM» auf CD wird nach Begleichung
Abbildung 1
Vorgehen zum Erwerb des Fähigkeitsausweises Dosisinten­
sives Röntgen KHM.
Was beinhaltet die Weiterbildung?
Nach Einschreibung beim Sekretariat KHM führt
jeder Bewerber insgesamt 50 Untersuchungen von
HWS, BWS, LWS und Becken inkl. Abdomen durch,
unter Anleitung und Kontrolle eines Weiterbildners
(siehe Ziffer 5.2 des FA), mit dem die Indikationen,
Röntgeneinstellungen und Befunde besprochen und
festgehalten werden müssen. Alle 50 Befundblätter
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Editores Medicorum Helveticorum
480
O R G A N I S AT I O N E N D E R Ä R Z T E S C H A F T
KHM
der Gebühr für Evaluation und Ausweisverfahren zugesandt.
Neu formuliert wurden die Inhalte mit theoretischen und praktischen Kenntnissen sowie die entsprechenden Lernziele. Die 50 dosisintensiven Untersuchungen des Abdomens, Achsenskelettes und Becken
wurden flexibler definiert. Neu eingeführt ist das Führen
eines Logbuches (die Gesamtheit der 50 Befundblätter).
Auf den Befundblättern sind nun auch die vom
BAG seit 15. 8. 2008 eingeführten diagnostischen
Referenzwerte in der Radiologie (DRW) zu berechnen
und ins Befundblatt einzutragen (vgl. Kasten).
Neu eingeführt wurde schliesslich die formative
Evaluation, bei der Röntgenbilder und Befundblatt
von sieben der 50 Pflichtuntersuchungen (mit anonymisiertem Patientennamen) dem Experten der entsprechenden Fachgesellschaft zwingend für Überprüfung und Feedback zu übermitteln sind.
Informationen und Anmeldung
Über das Vorgehen für Anmeldung und den Gesamtablauf informieren die Abbildung 1 und die Website des
Kollegiums für Hausarztmedizin www.kollegium.ch,
Rubrik «Ausweise». Dort können auch der Integraltext des revidierten Fähigkeitsprogramms, Merkblätter, Anmeldeformular, Befundblätter (samt Beispiel)
und Gebührenordnung eingesehen und heruntergeladen werden.
Unser Dank bei der Realisierung dieser Revision
geht an die Kollegen bzw. Mitarbeiter des SIWF, des
VSAO, des BAG, der betroffenen Fachgesellschaften,
und des KHM, ohne deren aktive Mitarbeit diese vorliegende Revision kaum zustande gekommen wäre.
Adresse des Sekretariats: Geschäftsstelle KHM,
Landhausweg 26, 3007 Bern, Tel. 031 370 06 70, Fax
031 370 06 79, E-Mail: khm@hin.ch.
Literatur
1 Strahlenschutzkurse sind notwendig für jegliches
Betreiben einer Röntgenanlage. Sie werden in einem
neuen Lehrgang mit optionalem E-Learning
angeboten: www.radioprotection.ch
2 Einzelheiten zur Strahlenschutzverordnung (StSV)
finden sich unter www.admin.ch/ch/d/sr/814_501/
index.html
3 Merkblatt R-06-04 Diagnostische Referenzwerte
(DRW) in der Radiologie des Bundesamts für
Gesundheit, Abteilung Strahlenschutz.
www.bag.admin.ch/themen/strahlung/02883/
02885/02889/index.html?lang=de oder
www.str-rad.ch → Rechtliche Grundlagen →
Weisungen/Merkblätter → Röntgenanlagen → R-06-04
4 R-06-04 DRWCalc 4.0: Excel-Tool zur Ermittlung der
Oberflächendosis am Patienteneintritt (Download
als Excel-File von derselben Website wie Merkblatt
R-06-04 Diagnostische Referenzwerte).
5 Siehe DRW-Berechnung auf der Rückseite des
Befundblattes.
6 Auf derselben Seite (URL) auch Merkblatt R-06-04
Diagnostische Referenzwerte.
Diagnostische Referenzwerte (DRW)
Referenz: Dokument R-06-04md.pdf auf BAG-Website www.str-rad.ch [3].
Mit Datum vom 15.8.2008 wurden vom BAG dia­
gnostische Referenzwerte (DRW) in der Radiolo­
gie bekannt gegeben, die von der Webseite her­
untergeladen werden können.
Für den Patienten in der Röntgendiagnostik exis­
tieren keine Dosisgrenzwerte. Die Anwendung
der Grundsätze für die Rechtfertigung und die
Optimierung gewährleistet einen angemessenen
Schutz des Patienten. Seit 2008 verweist die
Schweizer Gesetzgebung explizit auf die sog. Dia­
gnostischen Referenzwerte (DRW). Es handelt
sich dabei um einen Untersuchungswert, der sich
auf eine leicht messbare Grösse bezieht. Im Fall
der Röntgenaufnahme ist die verwendete Grösse
die Oberflächendosis am Patienteneintritt (OD,
angegeben in mGy). Die DRW sollen die fachliche
Beurteilung vervollständigen und sind eine Me­
thode zur Einschätzung der applizierten Patien­
tendosis im Vergleich zu anderen radiologisch
tätigen Praxen und zu Röntgeninstituten.
In jedem Röntgenbetrieb sollte die Situation der
DRW periodisch überprüft werden. Zu diesem
Zweck wird empfohlen, für jede Einstellung eine
Schätzung der Oberflächendosis am Patienten­
eintritt (OD) durch eine Berechnung für einige
Patienten von mittlerer Dicke vorzunehmen. An
Hand eines einfachen Calculators [4] mit Eingabe
von Generatortyp, Röhrenspannung (kV), Strom­
Zeitprodukt (mAs) und Fokus­Oberflächendis­
tanz (m) kann die entsprechende Oberflächendo­
sis in mGy am Patienteneintritt ermittelt werden
[5]. Wichtig ist dabei die richtige Fokus­Film­Dis­
tanz, gemäss entsprechendem Abschnitt im Lehr­
mittel auf der CD. Eingabe erfolgt im Dezimalsys­
tem, das heisst mit Punkt und nicht Komma. Mit
abnehmender FFD wird der DRW grösser und
kann pathologisch werden. Die Werte können
zur Dokumentation oder für Vergleichszwecke
lokal gespeichert werden.
Diese berechneten OD sind mit der vorgegebe­
nen Tabelle des BAG zu vergleichen.
Auf dem Merkblatt der diagnostischen Referenzwerte (DRW) in der Radiologie [6] sind die Norm­
werte für Thorax, LWS, Becken und Schädel fest­
gehalten, die Sie mit Ihrer Anlage nicht über­
schreiten sollten. Das KHM empfiehlt monatlich
je eine Bestimmung dieses Wertes sowohl im Nie­
derdosen­ als auch im dosisintensiven Bereich.
Falls der Mittelwert der Oberflächendosis für
eine gegebene Einstellung bei Standardpatien­
ten regelmässig den entsprechenden DRW über­
steigt, so ist die Arbeitstechnik und/oder die
Röntgenanlage zu überprüfen mit dem Ziel, die
applizierte Dosis auf angemessene Art zu opti­
mieren.
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13
Editores Medicorum Helveticorum
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BRIEFE
redaktion.saez@emh.ch
Briefe an die SÄZ
SAGB / ASHM befürwortet
das DRG-Moratorium
Seit einiger Zeit beschäftigt sich die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft von Ärzten für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung
SAGB / ASHM in einer Arbeitsgruppe mit möglichen Auswirkungen der für den 1. 1. 2012
geplanten Einführung der DRG auf die medizinische Versorgung geistig und mehrfach
behinderter PatientInnen. Es handelt sich
hier ja um einen schwierig standardisierbaren
Bereich der Medizin, in dem viele verschiedene medizinische Fachdisziplinen tätig sind.
Allerdings ist in jeder dieser durch eine bei
der FMH akkreditierten Fachgesellschaft vertretenen Disziplinen die Zahl der behinderten PatientInnen jeweils nur sehr gering. So
ist absehbar, dass die Belange der Behindertenmedizin im DRG-Prozess, der v. a. durch
Anträge dieser Fachgesellschaften bei SwissDRG (bezüglich neuer DRG) bzw. BfS (bezüglich Prozeduren) gestaltet wird, zu kurz kommen. Bislang gelang es uns nicht, die FMH
oder auch politische Kreise für diese Problematik zu sensibilisieren. Auch wenn von den
DRG positive Impulse für das Gesundheitsund Spitalwesen ausgehen dürften, empfiehlt
der Vorstand deshalb den SAGB-Mitgliedern,
das DRG-Moratorium (www.drg-moratorium.
ch) zu unterstützen. Es handelt sich um ein
Aktionsbündnis mit gegenwärtig 3150 Unterzeichnenden aus dem Medizinalbereich, das
aus verschiedenen Gründen einen Aufschub
bzw. eine verlangsamte und gestaffelte Einführung der DRG zum Ziel hat. Als ein Grund
für das Moratorium werden «schwierig standardisierbare Bereiche wie die Pädiatrie, seltene Krankheiten und die Behandlung von
polymorbiden Patientinnen» genannt. Aus
Sicht der Behindertenmedizin wird mit den
DRG eine erschwerte postinterventionelle
Betreubarkeit der PatientInnen im Akutbereich wie auch in der Rehabilitation erwartet.
Vorstand SAGB: Dr. med. Felix Brem, Präsident
Dr. de Haller kann nicht als
FMH-Präsident zurücktreten, wir müssen
ihm helfen, den Hut zu nehmen
Liebe Kolleginnen und Kollegen
FMH-Präsident de Haller und die Verbandsdelegierten müssen nach Hause geschickt werden, weil sich diese kleine Oligarchie unserer
Standesorganisation bemächtigt hat und die
FMH für private, einseitige, politische und
z. T. unwürdige Ziele benützt. Vor allem aber,
weil sie die Interessen der Ärzteschaft nicht
wahrnimmt, sogar sie aktiv desavouiert.
Es sei an die massive Kampagne von Kollege
de Haller und Co. für die «Waffeninitiative»
erinnert, obwohl die Basis dagegen war. Tausende von Kollegen und Kolleginnen haben
gegen diese Initiative Stellung genommen,
Hunderte Leserbriefe dagegen geschrieben.
Sogar selbstfinanzierte Inserate von mutigen
Ärzten dagegen sind publiziert worden. Nur
Dr. de Haller und die kleine FMH-Oligarchie
waren dafür. Der FMH-Präsident ist obendrein an Fernsehen und Radio so aufgetreten,
als stehe die ganze FMH hinter ihm.
Bei dieser Initiative ging es nicht darum, Suizide zu verhindern, sondern das Milizsystem
in der Schweiz abzuschaffen. Und das hat mit
Medizin nichts zu tun. Dr. de Haller benützte
schon wieder die FMH für die politische Kampagne seiner Partei. Gegen diesen Vorwurf
«rechtfertigte» sich der Präsident immer wieder mit dem gleichen Spruch: Es sei ein demokratischer Entscheid der Delegiertenversammlung gewesen. Aber es ist merkwürdig oder
sogar suspekt, dass die Delegierten immer so
stimmen, wie die Partei des Präsidenten will.
Das war so bei der Abstimmung über die
staatliche Drogenabgabe (2008), so auch bei
der «Waffeninitiative».
Nochmals, ehrlich gesagt ging es dem Vorstand der FMH bei der Waffeninitiative nicht
um Mitmenschlichkeit oder Suizidprävention. Es war auch lächerlich, die «Waffeninitiative der GSoA» als Suizidprävention zu
präsentieren. Um die Suizidrate wirkungsvoll
zu verringern, muss man in erster Linie an
der Prävention seriös, sachlich, nicht politisch ideologisch arbeiten. Ebenso bei der
Drogenprävention. Denn je mehr Drogen
vorhanden sind, desto mehr Drogensüchtige,
desto mehr Elend und Suizide. Aber Dr. de
Haller und seine Delegierten sind zwar gegen
das Gewehr im Schrank, aber für die Drogen in
der Hand der Jugend. Und damit auch für
den Suizid auf Raten. Gewehr nein, Droge ja! –
Das darf doch nicht die Präventionsauffassung eines FMH-Präsidenten sein! Das ist
ein deutlicher Missbrauch des Präventionsbegriffs. Und ein Verrat am Eid des Hippokrates.
Es ist an der Zeit, dass die FMH sich einerseits
wieder den gesundheitspolitischen Themen
widmet, anderseits wirklich die Interessen der
Ärzteschaft vertritt. Und das kann unter der
Präsidentschaft de Hallers nicht mehr möglich sein. Der FMH-Präsident und seine Entourage haben bereits so viel Schaden angerichtet, dass nur dessen Amtsenthebung noch
retten kann, was noch zu retten ist. Da der
Präsident und seine Gesinnungskollegen nicht
vorhaben, ihren Stuhl freiwillig zu räumen,
müssen wir sie halt wegschicken. Also brechen
wir auf und nehmen das Ruder selbst an: die
Hand.
Ich schlage folgendes vor: Wir, die Basis, organisieren eine ausserordentliche Generalversammlung der FMH mit dem Traktandum:
Adieu Dr. de Haller und Co. Wahl eines
neuen Präsidenten und neuer Delegierter.
Wer macht mit? Wir schaffen es!
Dr. med. Angelo Cannova, Zürich
Mit gleichen Ellen messen
Offener Brief an Meier [1],
Marugg [2, 3] und andere
Mit grossem Befremden und Ärger nehme ich
zur Kenntnis, was sich derzeit einige Kollegen
in der SÄZ erlauben. Ungeniert wird der Rücktritt des FMH-Präsidenten gefordert, nur pauschal, weil er Kandidat der «falschen» Partei
sei und eine Ideologie vertrete, hinter der
viele FMH-Mitglieder nicht stehen.
Ich möchte diese Kollegen daran erinnern,
dass die FMH kein politischer Verein ist und
schon gar nicht ein Appendix einer FDP oder
SVP. Ebenfalls erinnere ich daran, dass der
Vize-Präsident Ignazio Cassis nicht nur FDPNR ist, sondern auch klar mitgeteilt hat, dass
er im Zweifelsfall immer die Meinung seiner
Partei und nicht die der FMH vertreten werde
[4]. Wo blieb da der Protest gegen Cassis,
Gutzwiller usw., die ebenfalls politisch tätig
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BRIEFE
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sind, aber offenbar in der «richtigen» Partei?
Ist es wirklich so einfach, dass nur «richtig»
ist, was diesen Ärzten – früher einmal Kollegen – nahesteht?
Ich jedenfalls bin nicht bereit, einen rechtsbürgerlichen FDP-SVP-Verein zu unterstützen. Auch wenn ich weder Mitglied der SP,
nicht einmal deren ausschliessliche Sympathisantin bin, habe ich bisher akzeptiert, dass
in der FMH verschiedene politische Strömungen existieren und gelebt werden. Und dies
ist auch gut so. Falls einzelne Ärzte lautstark
und egozentrisch der Meinung sind, die FMH
sei ein rechtsbürgerlicher Verein und nicht
mehr eine Standesorganisation für alle Ärzte,
dann muss ich mir überlegen, ob ich mit meinen hohen Beiträgen eine solche FMH noch
unterstützen will. Oder ist es evtl. besser, auszutreten und einen sozial-liberalen Gegenverein, der sich auch für die existentiellen,
psychosozialen usw. Anliegen der Patienten
einsetzt, zu gründen?
Es ist einfach unglaublich, wie gewisse Ärzte
alles daran setzen, die Ärzteschaft in egozentrischer Weise zu spalten. Es ist mehr als peinlich, wenn politische Grabenkämpfe von
FMH-Führungsvertretern bereits in der Tagespresse ausgetragen werden. Möchte zum
Schluss noch darauf hinweisen, dass gerade
Grundversorger, welche die Sorgen der Patienten an der Basis tagtäglich erleben, häufig
politisch Herrn de Haller sehr nahe stehen.
Für die Zukunft der FMH (die es hoffentlich
auch gibt) sehe ich nur zwei Lösungen: Entweder wir akzeptieren wie bis anhin, dass es
in der FMH, wie in der Bevölkerung auch,
verschiedene politische Strömungen gibt,
oder wir spalten die FMH in je eine politisch
links- und eine rechtsstehende Teil-Ärztevereinigung. Da kann jeder selber überlegen, was
ihm wichtig ist.
Dr. med. Denise Krebs, FMH Arbeitsmedizin
und Psychosomatik SAPPM, Dietlikon
1
Meier-Gibbons F. Offener Brief an den
Präsidenten der FMH: Jetzt reicht’s!
Schweiz Ärztezeitung. 2011;92(9):315.
2
Marugg S. Offener Brief: Rücktrittsforderung
an den Präsidenten der FMH.
Schweiz Ärztezeitung. 2011;92(4):115.
3
Marugg S. Duplik zur Rücktrittsaufforderung.
Schweiz Ärztezeitung. 2011;92(12):448.
4
Tages-Anzeiger. De Haller wird in der
Ärzteschaft wegen SP-Kandidatur angegriffen
(22. 2. 2011).
– subordination de toutes nos prises de décisions thérapeutiques à la lumière de la génétique (pharmacogénétique par exemple)
ou de la médecine translationnelle (biomarqueurs par exemple).
L’actualité de l’Evidence-based Medicine
J’ai lu avec un intérêt certain l’article de Steurer J [1] et les commentaires de Martin J [2].
Ces deux articles soulignent l’importance actuelle de l’Evidence-based Medicine (EBM),
de ses limites (reconnues ou non), de ses difficultés (en particulier dans son application
quotidienne) et de ses défis majeurs à venir.
Cette importance de l’EBM est certainement
aiguisée par un environnement de politique
de santé instable, mouvant (SwissDRG, libre
passage inter-cantonale) et parfois précaire
(financement), ce qui tend à faire exacerber
les qualités de l’EBM (par ses partisans) ou ses
limites et défauts (par ses détracteurs). J’aimerai ici apporter le point de vue d’un praticien
pratiquant et enseignant l’EBM de façon quotidienne.
Certains détracteurs de l’EBM lui reprochent
de ne plus prendre en compte la complexité
du patient ni ses particularités (physio(patho)
logiques, socioéconomiques, culturelles). Ceci
n’est pas juste, ou ne devrait pas l’être. Dans
sa définition première [3, 4] l’EBM a pour but
d’augmenter la qualité et l’efficience des
soins, en conjuguant l’expertise du clinicien
(compétence, jugement, expérience, compassion), les données cliniques externes (études cliniques, méta-analyses), et les données particulières du patient (droits, préférences,
croyances). Ce principe est, me semble-t-il,
souvent oublié par les détracteurs de l’EBM
(et parfois par les partisans de l’EBM!).
Il faut également ici reconnaitre les limites et
parfois même les excès de l’EBM, qui expliquent une certaine méfiance de la part du
praticien:
– une hétérogénéité exagérée des études incluses dans les méta-analyses, rendant parfois leurs conclusions douteuses;
– l’élaboration et surtout l’application inconsidérée et irréfléchie de guidelines (régionales, nationales);
– les difficultés méthodologiques de recherche de littérature [5];
– et surtout les difficultés d’implémentation
dans le monde «réel» (changement de catégorie de patients, manque de temps/
d’intérêt de la part des médecins [6]).
On oppose à l’EBM une médecine plus personnalisée (personalized medicine). J’en veux
pour témoin un nombre croissant de publications [7] ou de congrès [8]. Une médecine
personnalisée à l’excès comprendra tout autant de danger qu’une application inconsidérée de l’EBM et sera tout aussi incomplète que
l’application aveugle de l’EBM:
– réduction du patient uniquement à son patrimoine génétique;
Comme souvent, la réponse se trouve au
centre. Il faut appliquer l’EBM de façon
réfléchie, en fonction de chaque patient, de
chaque situation. L’EBM n’est pas un but en
soi, mais un outil, à utiliser de la façon la plus
idoine possible, avec beaucoup d’enthousiasme toujours, avec parcimonie parfois,
avec courage quelques fois. En considérant le
patient de façon globale, non seulement dans
sa maladie mais également en fonction de ses
particularités physio(patho)logiques, culturelles, socio-économiques, religieuses et autres,
il n’y a aucun risque que l’EBM néglige
l’aspect individuel de la personne. Une application réfléchie et pondérée de l’EBM permettra probablement, au contraire, une médecine plus économique et efficiente pour la
collectivité (EBM, épidémiologie), et plus individualisée pour chaque patient (médecine
«personnalisée»), en évitant ainsi que l’instrument de travail ne devienne carcan. C’est
ainsi que l’EBM réunira à nouveau et sans
difficulté ses partisans et opposants dans les
années à venir, je l’espère [9, 10].
Dr François Cachat, Vevey
Vous trouverez la littérature sur Internet sous
www.bullmed.ch → Archives → 2011 → 13
Grundversorger und Gatekeeper sind
nicht immer dasselbe – ein Vorschlag
zur Güte
Im Zusammenhang mit der Integrierten Versorgung ist immer wieder in z. T. verwirrlicher
Weise von «Gatekeeper» und «Grundversorger» und deren Rollen in den entstehenden
Integrierten Versorgungsnetzen die Rede.
Noch ist einiges nicht wirklich klar, allgemeines Unbehagen wächst.
Ängste bei gewissen Facharztgruppen vor
Unterbeschäftigung wechseln ab mit Bedenken der GrundversorgerInnen, einem noch
grösseren Patientenansturm als bisher entgegenzusteuern.
Diese verschiedenartigen Ängste mögen v. a.
daher rühren, dass die beiden Begriffe Gatekeeper und Grundversorger allzu oft kurzerhand gleichgesetzt werden, was weder einer
standespolitischen Diskussion förderlich und
erst recht nicht patientenzentriert ist.
Ich möchte daher in aller Form dazu anregen,
fortan die Begriffe wesentlich sorgfältiger zu
verwenden, was durchaus von politischer
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13
Editores Medicorum Helveticorum
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BRIEFE / MIttEIlungEn
redaktion.saez@emh.ch
Bedeutung sein kann. Es wird sich dann mit
Bestimmtheit herausstellen, dass bei chronischer Schizophrenie, schwerer Persönlichkeitsstörung, juveniler Polyarthritis, kompliziert verlaufender Epilepsie oder MS, Mukoviszidose, Colitis ulcerosa und vielen anderen
chronischen Leiden der jeweils zuständige
Facharzt sinnvollerweise als Gatekeeper wirkt,
hingegen nicht unbedingt auch als Grundversorger, jedenfalls dann nicht, wenn der betreffende Facharzt keine ausreichenden allgemeinmedizinischen Fähigkeiten und Infrastrukturen (mehr) hat.
Ist aber der Facharzt Mitglied eines funktionierenden Integrierten Netzwerks zusammen
mit tüchtigen Grundversorgern, steht einer
entsprechend patientenzentrierten Arbeitsteilung nichts mehr im Wege: Der verantwortungsvolle Facharzt-Gatekeeper wird sobald
nötig die bestgeeignete Grundversorgerin des
Netzwerks einschalten.
Es wäre dann nur noch an den Krankenversicherern und den sie vertretenden Parlamentariern, diesen häufig auftretenden Fall politisch in Gesetz oder Verordnung ausdrücklich
zu regeln. Tatbeweis für diese Einsicht wäre
anschliessend die Bereitschaft der Krankenversicherer, auch mit Fachärzten Netzwerkverträge als Gatekeeper abzuschliessen.
Dies würde ein Stück dringend benötigte
Klarheit und Praxisnähe schaffen. Es läge im
Interesse sowohl der PatientInnen wie auch
der GrundversorgerInnen wie auch etlicher
Facharztgruppen.
Dr. med. Peter Baumgartner, Burgdorf
Mitteilungen
Facharztprüfung
Krebsliga Schweiz
Facharztprüfung zur Erlangung des
Facharzttitels für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie
Chirurgisches Basisexamen (1. Teil)
Ort:
Bern
Datum:
erster Samstag des Monats
November 2011
Anmeldefrist: 31. August 2011
EBOPRAS-Examen (MC-Prüfung; Teil 2a)
Ort:
Datum:
Brüssel (Belgien) – Crowne
Plaza Europa Hotel
10. September 2011
Anmeldefrist: 30. Juni 2011
EBOPRAS-Examen (mündlich; Teil 2b)
Ort:
Mykonos (GR) und
Marseille (FR)
Datum:
2. Juni 2011 (Mykonos)
5. November 2011 (Marseille)
Anmeldefrist: 19. März 2011 (Mykonos)
10. September 2011 (Marseille)
Achtung: Teil 3 der Facharztprüfung (Operation) wurde seit 1. Januar 2009 aufgehoben!
European Course in Plastic Surgery
Ort:
Marseille (FR)
Datum:
2.–4. November 2011
Anmeldefrist: 15. Oktober 2011
Weitere Informationen finden Sie auf der
Website des SIWF unter www.siwf.ch → Weiterbildung AssistenzärztInnen → Facharztprüfungen
Kathrin Kramis-Aebischer neue Geschäftsführerin
Dr. phil. Kathrin Kramis-Aebischer übernimmt per 1. September 2011 die Geschäftsführung der Krebsliga Schweiz mit Sitz in Bern.
Die promovierte Psychologin und Psychotherapeutin tritt die Nachfolge von Marcelle
Heller an, die die Krebsliga in den vergangenen zwei Jahren interimistisch geleitet hat.
Recht
Rappaz-Entscheid zum Fehlurteil
des Jahres gekürt
Die Jury der Juristenzeitung «plädoyer», bestehend aus den Proff. Regina Aebi-Müller,
Brigitte Tag und Thomas Gächter, hat den
Bundesgerichtsentscheid zur Zwangsernährung von Bernard Rappaz zum Fehlurteil des
Jahres 2010 gekürt [1]. «plädoyer» berichtet:
«Ein im Ergebnis haarsträubendes Urteil gab
es 2010 nicht.» Doch «als besonders stossend
stach die Begründung des Bundesgerichts
im Urteil über die Zwangsernährung von
Bernard Rappaz hervor, weshalb der Entscheid 6B_599/2010 vom 26. August 2010
zum ‹Fehlurteil 2010› gekürt wurde mit dem
ausdrücklichen Vermerk: Ergebnis gut, Begründung schlecht.»
Die Jurymitglieder argumentierten, dass
urteilsfähige Menschen auch im Strafvollzug
ein Selbstbestimmungsrecht haben. «Dass
zudem das Standesrecht der Ärzte, das sich
für die Neutralität der Ärzte beim Hungerstreik ausspreche, im Ergebnis für unbeachtlich erklärt wird, sei schon sehr speziell.»
Auch im Strafvollzug habe man nicht die
Pflicht, jemanden gegen seinen Willen am
Leben zu halten. Die Jury war mit dem Ergebnis – kein Unterbruch des Strafvollzugs – einverstanden. Doch die Urteilsbegründung
hätte sich gemäss Prof. Regina Aebi «nicht auf
die Möglichkeit einer Zwangsernährung stützen sollen. Sie hätte Rappaz einfach das Recht
zugestehen müssen, sterben zu dürfen.»
(Zusammenfassung: Hanspeter Kuhn)
1
Stöckli C. Fehlurteil 2010: Entscheid zur
Zwangsernährung. Plädoyer. 2011;(1):82.
KPP
Für parlamentarische Initiative Joder
Eine von Nationalrat Rudolf Joder (SVP)
lancierte Parlamentarische lnitiative will
erreichen, dass die Leistungen der Gesundheits- und Krankenpflege in einen eigenverantwortlichen und einen mitverantwortlichen Bereich aufgeteilt werden.Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner sollen künftig
in pfIegespezifischen Belangen eigenständig –
ohne ärztliche Anordnung – und damit kosteneffektiver handeln können.
Die Konferenz Pflegedirektorinnen und Pflegedirektoren Psychiatrischer Institutionen
der Schweiz (KPP) unterstützt die Initiative
von Nationalrat Rudolph Joder. Eine Anpassung des KVG, welche die unabhängigen
Leistungen der Gesundheits- und Krankenpflege von Pflegefachpersonen definiert, ist
nach Auffassung der KPP längst überfällig.
Mit der Initiative werde eine Differenzierung
von eigenständigen Zuständigkeitsbereichen
und mitverantwortlichen Bereichen Wirklichkeit.
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13
Editores Medicorum Helveticorum
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FMH SERVICES
Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation
R e d a k t i o n e l l e Ve r a n t w o r t u n g : F M H S E R V I C E S
Seminare / Séminaires / Seminari 2011
Praxiseröffnung/-übernahme
Finanz- und Steuerplanung
Themen
Juristische Aspekte (Praxisbewilligung, Zulassung zur
Sozialversicherung, Vertragswesen), Gesellschaftsformen / Ehe- und Erbrecht (Trennung Privat- vom
Geschäftsvermögen, Ehegüterstand, Erbschaftsplanung), Praxiseinrichtung (Inneneinrichtung, Kostenberechnung), Praxisadministration (Leistungserfassungs- und Abrechnungssysteme), Unternehmensbewertung einer Arztpraxis (Berechnung und
Beurteilung des Unternehmenswertes), Finanzierung
der Arztpraxis (Businessplan, Kredite, Absicherungsmöglichkeiten), Versicherungen/Vorsorge/Vermögen (Personen- und Sachversicherungen, Vorsorgeplanung).
Themen
Finanzplanung (Businessplan, Buchhalterische Massnahmen vor Praxiseröffnung/-übernahme, Standardkontenplan für Ärzte, System der doppelten Buchhaltung, EDV-unterstützte Buchführungslösung), Steuern
(Steueraspekte bei Eintritt in die Selbständigkeit, Steuerfallen und Steuerrisiken, optimierte Steuerplanung).
Sponsoren
Die Kosten werden durch diverse Sponsoren (siehe
www.fmhservices.ch) gedeckt.
Sponsoren
Die Kosten werden durch diverse Sponsoren (siehe
www.fmhservices.ch) gedeckt.
Daten
K11
Donnerstag, 7. April 2011
13.30–18.00 Uhr
FMT
Zürich
K12
Donnerstag, 15. September 2011
13.30–18.00 Uhr
Schmiedstube
Bern
Praxiscomputerworkshop
Daten
K02
Donnerstag, 14. April 2011
16.00–20.30 Uhr
Hotel
Walhalla
St. Gallen
K03
Donnerstag, 9. Juni 2011
9.00–16.30 Uhr
Schmiedstube
Bern
Praxisübergabe
Themen
Juristische Aspekte (Praxisübergabevertrag, allg. Vertragswesen, Übergabe der Krankengeschichten),
Unternehmensbewertung einer Arztpraxis (Berechnung Inventarwert und Goodwill als Verhandlungsbasis), Versicherungen/Vorsorge/Vermögen (Übergabe/Auflösung von Versicherungsverträgen, Pensions- und Finanzplanung), Steuern (Steueraspekte
bei der Praxisübergabe, Optimierung der steuerlichen
Auswirkungen, Liquidations- und Grundstückgewinnsteuer, Bestimmung des optimalen Übergabezeitpunktes).
Sponsoren
Die Kosten werden durch diverse Sponsoren (siehe
www.fmhservices.ch) gedeckt.
Daten
K07
Donnerstag, 28. April 2011
16.00–20.30 Uhr
Hotel
Walhalla
St. Gallen
K08
Donnerstag, 16. Juni 2011
13.30–18.00 Uhr
Schmiedstube
Bern
Inhalt
Die Workshopteilnehmer/innen erhalten im 1. Teil
eine Einführung in die Anforderungen an ein Praxisinformationssystem. Anhand einer modernen vernetzten Praxisinfrastruktur werden die Beurteilungskriterien für eine praxis- und zukunftstaugliche Softwarelösung dargestellt. Checklisten sollen die schnelle
Orientierung unterstützen und bei der Beurteilung
und Wahl des Produkts konkrete Hilfe bieten. In Zusammenarbeit mit der Kommission Informatics –
eHealth der Hausärzte Schweiz werden die zentralen
Elemente der elektronischen Krankengeschichte aufgezeigt. Ein Erfahrungsbericht eines EDV-Anwenders
(Arzt) rundet den 1. Teil ab. Der 2. Teil umfasst die Präsentation von sechs Praxisadministrationssoftwarelösungen (Leistungserfassung, elektronisches Abrechnen
unter Einbezug der TrustCenter, Agendaführung, Statistiken, Laborgeräteeinbindung, elektronische Krankengeschichte, Finanzbuchhaltungslösungen usw.).
Ziel
Die Teilnehmer/innen erhalten einen Anforderungskatalog, welcher ihnen erlaubt, ihre Vorstellungen für ein
modernes Praxisinformationssystem besser zu formulieren und diese dem Softwarehersteller zu dessen Vorbereitung zu kommunizieren. Zudem erhalten sie einen
ersten Überblick über führende Softwarelösungen.
Daten
K14
Donnerstag, 30. Juni 2011
9.30–16.30 Uhr
BEA Bern
Expo Bern
K15
Donnerstag, 24. November 2011
9.30–16.30 Uhr
Stadttheater
Olten
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FMH SERVICES
Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation
R e d a k t i o n e l l e Ve r a n t w o r t u n g : F M H S E R V I C E S
Tarifwerk TARMED – Einführungskurs
Themen
Fakten (Gesetzliche und vertragliche Grundlagen),
Struktur (Tarifbrowser, Grundstruktur des Tarifwerkes, Regelhierarchie, Leistungsblöcke, Leistungsgruppen), Generelle Interpretationen (Wichtigste generelle Interpretationen), Parameter einer Tarifposition
(Alle Parameter einer Tarifposition), Tarifpositionen
aus dem Kapitel 00 Grundleistungen (Diverse Tarifpositionen aus dem Kapitel 00 Grundleistungen),
Praxislabor und Präsenzdiagnostik (Neue Analyseliste), Organisationen und Informationsquellen
(www.tarmedsuisse.ch usw.).
Kosten
200 CHF (inkl. Kursunterlagen).
Daten
K61
Dienstag, 24. Mai 2011
14.00–17.15 Uhr
Hotel Arte
Olten
K62
Dienstag, 20. September 2011
14.00–17.15 Uhr
Hotel Arte
Olten
Ouverture et reprise d’un cabinet médical
Contenu
Business plan (préparation du plan de financement et
crédit d’exploitation, financement par la banque),
Aménagement (implantation, projet et concept
d’aménagement, choix du mobilier, budget), Estimation d’un cabinet (inventaire et goodwill), Administration d’un cabinet médical (dans le cabinet, par la
banque), Assurances (toutes les assurances à l’intérieur et autour du cabinet), Passage du statut de salarié à celui d’indépendant et fiscalité.
Annullierungsbedingungen /
Conditions d’annulation /
Condizioni d’annullamento
Bei Abmeldungen oder
Fernbleiben werden folgende
Unkostenbeiträge erhoben:
Un montant est perçu pour
une absence ou une annulation. Il est de:
Un importo verrà rimborsato
in caso di assenza o
annullamento. Esso sarà di:
– 50 CHF pro Person ab
14 Tage vor Seminarbeginn /
par personne dans les
15 jours avant le début du
séminaire / per persona
entro i 15 giorni prima
dell’inizio del seminario;
– 100 CHF pro Person ab
7 Tage vor Seminarbeginn
oder Fernbleiben / par
personne dans les 7 jours
avant le début du
séminaire / per persona
entro i 7 giorni prima
dell’inizio del seminario.
Sponsors
Les coûts sont pris en charge par divers sponsors (voir
www.fmhservices.ch).
Dates
K21
Jeudi, 26 mai 2011
13.30–18.00 h
Ramada Park
Hôtel Genève
K22
Jeudi, 1 septembre 2011
17.00–21.30 h
World Trade
Center Lausanne
Remise d’un cabinet médical
Dates
K24
Jeudi, 5 mai 2011
17.00–21.30 h
World Trade
Center Lausanne
K25
Jeudi, 17 novembre 2011
17.00–21.30 h
Ramada Park
Hôtel Genève
Apertura e rilevamento di uno studio medico
Contenuto
Business plan (preparazione del piano di finanziamento e del credito d’esercizio, prestito bancario),
Pianificazione (insediamento, progetto e pianificazione, scelta del mobilio, budget), Valutazione di uno
studio medico (inventario e goodwill), Amministrazione di uno studio medico (interna allo studio, rapporti con la banca), Assicurazioni (tutte le assicurazioni necessarie interne ed esterne allo studio), Passaggio dallo stato di dipendente a quello di
indipendente, fiscalità.
Sponsor
Diversi sponsor si fanno carico delle spese (si rimanda
al sito www.fmhservices.ch).
Date
K51
Giovedì, 12 maggio 2011
dalle 14.00 alle 18.00
FMH Fiduciaria
Services Chiasso
K52
Mercoledì, 28 settembre 2011 FMH Fiduciaria
dalle 14.00 alle 18.00
Services Chiasso
Anmeldung und Auskunft /
Inscription et information /
Iscrizioni e informazioni
www.fmhservices.ch oder FMH Consulting Services,
Cornelia Steinmann, Burghöhe 1, 6208 Oberkirch,
Tel. 041 925 00 77, Fax 041 921 05 86.
Hinweis / Remarques / Osservazioni
Bei sämtlichen Seminaren, bei denen die Kosten teilweise oder gänzlich von Seminarsponsoren gedeckt
werden, werden die Teilnehmeradressen den jeweiligen Sponsoren zur Verfügung gestellt.
Les adresses des participants aux séminaires dont les
coûts sont couverts en partie ou totalement par des
sponsors sont communiquées aux sponsors concernés.
Gli indirizzi dei partecipanti ai seminari, i cui costi
sono coperti in parte o completamente da degli sponsor, vengono comunicati agli sponsor interessati.
Contenu
Aspects juridiques (autour du contrat de remise/reprise), Estimation d’inventaire et goodwill d’un cabinet, Assurances (prévoyance, assurances à l’intérieur
et autour du cabinet), Conséquences fiscales d’une
remise.
Sponsors
Les coûts sont pris en charge par divers sponsors (voir
www.fmhservices.ch).
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13
486
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"
TRIBÜNE
Ethik
Réflexions à la lecture d’un nouveau traité français de bioéthique
La place et le statut de l’éthique aujourd’hui
Jean Martin
jean.martin@saez.ch
Le groupe hospitalier Assistance Publique-Hôpitaux
de Paris (AP-HP, une des plus grandes entreprises hospitalières publiques dans le monde) a mis sur pied en
1995 un Espace éthique, animé avec dynamisme
par Emmanuel Hirsch, qui est aussi professeur
d’éthique médicale à la Faculté de médecine ParisSud 11. L’Espace éthique vient de publier un «Traité de
bioéthique» [1], somme substantielle. Trois tomes avec
des contributions de 170 auteurs – personnalités
médicales, scientifiques, philosophiques, juridiques –,
pour un total de 2100 pages. Titres des tomes: I) Fondements, principes, repères; II) Soigner la personne,
évolutions, innovations thérapeutiques; III) Handicaps, vulnérabilités, situations extrêmes. Trois livres
agréables à consulter, maniables, qui constituent une
riche source d’informations et réflexions sur l’éventail de ce à quoi la bioéthique s’intéresse aujourd’hui.
Ceci en présentant des positions diversifiées, tout en
étant marquées par les «écoles» françaises dans les domaines considérés. Je les ai parcourus avec beaucoup
d’intérêt. Il ne saurait ici être question de faire une recension rendant justice à l’ensemble. Ci-dessous extraits et commentaires sur des sujets qui ont particulièrement retenu mon attention. (pour plus, voir le
site web de l’Espace éthique ou celui des Editions
érès).
L’éthique, mode ou nécessité? A-t-elle
vocation de subversion?
Tiré de l’introduction au tome II par Alain Cordier [2],
ancien directeur général de l’AP-HP et membre du
Comité consultatif national français d’éthique (CCNE):
«Le risque existe de constater que le mot ‹éthique›
devient parfois un luxe venant légitimer d’autres
considérants moins glorieux, voire relève d’enjeux de
pouvoir et de reconnaissance sociale. L’audace ne
serait-elle pas alors de chercher à percevoir l’éthique
comme subversion, de même que la maladie est une
rupture qui dérange l’ordre établi? L’audace ne seraitelle pas d’entendre dans l’éthique comme une interpellation du mode même de penser et d’agir, du pouvoir et du savoir? Et si le questionnement éthique
engageait, en réalité, un autrement de l’exercice
médical et soignant?»
Il convient de récuser «l’accusation d’obscurantisme, qu’une démarche scientiste oppose parfois au
souci de réflexion éthique (…) En venir à l’éthique
n’est ni nostalgie, ni vœux pieux, ni idéologie. Mais
reconnaissons la sage prudence de l’opinion commune lorsqu’elle ressent intuitivement que l’abondance des connaissances provoque parfois l’abon-
dance des problèmes.» Il s’agit d’avoir l’audace, dit-il,
de découvrir que le malade met au jour quelque
chose qui est autre que l’ontologie, que le seul souci
de persévérer à être.
«Lorsque mes pas m’ont conduit à être directeur
général de l’Assistance publique-Hôpitaux de Paris,
j’ai inlassablement répété que l’hôpital est lieu d’humanité, parce que l’homme couché y oblige l’homme
debout (l’homme debout est l’obligé de l’autre couché).On a là une visée fondatrice, reconnaissant que
la faiblesse s’impose à la force.»
A propos des problèmes d’allocation des ressources au sein du système de santé en respectant des
impératifs de justice et proportionnalité, problématique centrale et constante aujourd’hui: «Comparaison alors épouvantablement difficile mais sans évitement possible, que cette comparaison des malades,
‹comparaison des incomparables›. Lequel des patients
passe avant tous les autres? Voilà pourquoi la gestion
du système de santé relève pleinement de l’exigence
éthique. Mieux dépenser ne se justifie que pour
d’abord mieux soigner.»
«Si l’on entend dans le mot ‹amour› la relation
au malade et dans le mot ‹justice› la relation aux
malades, alors on entrevoit avec Levinas que ‹la charité est impossible sans la justice, et que la justice se
déforme sans la charité›.»
Dans son chapitre [3], la médecin et anthropologue A-.M. Begué-Simon, tout en rappelant les positions de Hannah Arendt, Georges Canguilhem et
Michel Foucault, fait écho à l’idée de l’éthique comme
activité dérangeante: «Bref, le lieu de l’éthique est
celui de la discussion et du débat avec la diversité des
convictions qui se confrontent – et non d’emblée
dans le consensus. Le lieu de l’éthique est celui de
l’interrogation, de la dissidence.»
L’homme dans son milieu
NB: Quand je dis ici milieu – ou environnement –, je
ne pense pas seulement à l’allemand Umwelt, mais
bien à Mitwelt (le monde avec lequel, au sein duquel,
nous vivons).
Pour Alain Grimfeld, pédiatre, actuel président du
Comité consultatif national français d’éthique [4],
l’engagement doit se situer en fonction de trois éléments principaux:
– La situation de l’espèce humaine dans l’ensemble
du vivant;
– la signification temporelle de ce qu’on appelle
«l’échelle humaine» (et la prise de conscience de
notre finitude);
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Editores Medicorum Helveticorum
500
TRIBÜNE
Ethik
aucun cas une remise en question des progrès, mais
plutôt l’incitation forte à une évaluation pérenne des
effets de ces pratiques.»
En aucun cas une remise en question? Là, le
notable médical et public qu’est le Prof. Grimfeld se
protège de critiques qui pourront surgir – et pourraient dire qu’il donne indûment dans la «deep ecology». Mais il a raison de réfléchir aux conséquences
à plus long terme des merveilles bio-médico-techniques qui fleurissent rapidement. J’ai dit ailleurs ma
préoccupation en voyant comment nous nous habituons (je m’habitue) vite à des idées qui, dix ans plus
tôt, suscitaient des réserves voire la réprobation [5]. Je
souffre de la difficulté de tenir des positions, d’éviter
de glisser de proche en proche vers le anything goes
(tout et n’importe quoi est admissible). Ajoutez à cela
l’élégance intellectuelle de certains bioéthiciens qui
au plan international expliquent comment sont raisonnables voire attrayantes les positions hyper-objectivantes et techniciennes (souvent rationnelles, mais
sont-elles raisonnables?), qui font bon marché de
principes juridiques – ou moraux – établis jusqu’ici.
Les données acquises par
les neurosciences posent de
nouveaux engagements
éthiques.
–
le débat à instituer sur ces deux sujets, de manière
pérenne.
«Au cours des millénaires (depuis Homo sapiens), le
magnifique outil qu’est la réflexion a conféré à l’espèce humaine sa situation particulière. Elle lui a permis de s’adapter à son environnement naturel, souvent hostile. Après ce stade de défense, la réflexion a
conduit à considérer différemment notre milieu.
L’homme augmenté – Transhumanisme
Grimfeld évoque «l’accroissement des performances
et de la durée de vie d’êtres humains, pour en faire des
‹hommes augmentés›. Il est prévisible que les enfants
nés au début du XXIe siècle, dans les pays comme les
nôtres, deviendront pour moitié d’entre eux des centenaires. Est-il souhaitable qu’une application des
progrès de la science soit d’allonger constamment la
«L’audace ne serait-elle pas alors de chercher à percevoir l’éthique
comme subversion, de même que la maladie est une rupture
qui dérange l’ordre établi?»
Jean-Jacques Rousseau invitait à respecter la nature
bienfaitrice (…). Avec Voltaire, le progrès, de plus en
plus technique, est apparu comme la composante
indispensable de la préservation de l’espèce humaine.
Cependant, suivant Amartya Sen et Joseph Stiglitz,
prix Nobel d’économie, cette notion de progrès, souvent confondue avec le développement économique
et financier, demande à être reconsidérée (…) Nombreux maintenant sont les faits scientifiques démontrant que cette conception du splendide isolement de
l’espèce humaine est fausse.»
Plus loin, prise de position politiquement peu
correcte, délicate: «Pour pallier certaines causes de
stérilité ou d’anomalies, des techniques d’assistance
médicale à la procréation ont été mises à disposition.
Cela étant, n’introduisons-nous pas un ‹biais›, comme
une dérive, aussi par rapport aux autres espèces
vivantes, au nom d’une bienfaisance vis-à-vis de
notre propre espèce? Ce questionnement n’est en
durée de vie moyenne? Sommes-nous capables de
contrôler en temps réel le rapport optimal entre
jeunes et vieux, pour le maintien d’une société harmonieuse?»
«Certains courants de pensée seraient favorables à
quitter notre branche ontologique actuelle – celle qui
porte l’espèce humaine – pour concevoir une nouvelle espèce de ‹transhumains› (…) Dans le domaine
des sciences de la vie tout ce qui est réalisable ne doit
pas être pour autant autorisable.»
A propos de neurosciences
Elles sont l’un des champs les plus stimulants de la
biologie, réflexion et débat à leur sujet ont un caractère d’urgence. Grimfeld encore: «Parallèlement, les
mécanismes biologiques supportant l’intelligence
et le comportement ont continué à fasciner. Les
données acquises posent de nouveaux engagements
éthiques, notamment par la différenciation qu’elles
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13
Editores Medicorum Helveticorum
501
TRIBÜNE
Ethik
pourraient induire entre les individus et par des applications potentiellement intrusives.»
La contribution du traité de bioéthique discuté ici
sur ce thème spécifique est le fait d’Hervé Chneiweiss
[6], directeur du laboratoire «Plasticité gliale» à l’université Paris Descartes. «Il résulte (des travaux récents)
une nouvelle conception de certains de nos mécanismes de pensée comme de nos processus de décision, ainsi qu’une capacité jusqu’alors inconnue
d’agir sur certains comportements sociaux.» Question
fondamentale: «Quel est le statut des résultats obtenus en neurosciences? Pouvons-nous considérer qu’il
ne s’agit que de connaissances, encore très embryonnaires, et qu’en cela elles ont essentiellement un
caractère descriptif, utiles aux biologistes, parfois
utiles aux médecins, mais sans conséquence au-delà?
(…) Ayant comme objet d’étude cet organe qui permet notre relation au monde, autant notre perception du monde extérieur que notre capacité d’agir,
l’analyse du fonctionnement du cerveau peut bouleverser notre conception de l’individu en mettant en
évidence les mécanismes neurophysiologiques par
lesquels l’homme est un agent moral, adopte ou non
un comportement éthique.»
Dans le meilleur des cas, dit-il, ces informations
peuvent conduire à de meilleurs programmes d’éducation des enfants, aider à la récupération de fonctions altérées. Inversement, elles peuvent conduire à
des tentatives de contrôle du comportement, inciter
à certaines consommations par une publicité plus
efficace, stigmatiser et exclure certains «déviants» ou
malades considérés comme incurables. A l’interface
de deux domaines où les choses vont vite: «Les avancées dans le domaine des nanotechnologies permettent d’envisager des prothèses neurales, au risque de
nous transformer en une nouvelle espèce hybride,
mi-homme mi-machine» (rappelons qu’on parle de
cyborgs – cyber-organismes).
Distinguo à retenir: «Il y a une éthique de la neurobiologie, qui considère la spécificité du questionnement éthique face aux connaissances acquises. Il y a
une neurobiologie de l’éthique qui mettrait en évidence les mécanismes cérébraux qui conduisent aux
comportements éthiques.»
Neuroéthique, amélioration de l’homme et
de ses comportements?
Chneiweiss: «Le premier chapitre éthique en neurosciences, c’est analyser les conséquences de la
constante recherche d’amélioration des performances
dans des domaines variés (humeur, mémoire, sommeil, appétit, sexualité), tous aujourd’hui accessibles
grâce à une gamme de psychotropes. Notons que parler d’amélioration d’un comportement, c’est accepter
implicitement qu’il existe une normalité, avec son
versant négatif – sa dégradation – et un versant positif – amélioration, intensification. C’est également
reconnaître le caractère social de cette norme et donc
Trois tomes avec des contributions de 170 auteurs – personnalités médicales, scientifiques, philosophiques, juridiques –,
pour un total de 2100 pages.
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13
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502
TRIBÜNE
Ethik
discuter du choix sociétal dans les applications des
neurosciences.» Beau programme.
La question éthique évidente posée par l’usage de
ces méthodes (psychotropes mais aussi – dans l’histoire médicale – la psychochirurgie, la cure d’insuline, l’électrochoc) est de savoir sur quels préjugés
sociaux et au profit de qui se fait le traitement.
Il s’agit d’évaluer «les répercussions sociétales des
avancées des neurosciences, de connaissances permettant d’observer et peut-être de prédire certains
comportements. (Ce qui) remet en question des
conceptions fondamentales de la personne, comme
la notion d’intention ou de volonté personnelle, et
peut modifier l’approche légale de la responsabilité
individuelle*. Il est essentiel que nous nous interrogions sur les conséquences sociales possibles.» [7]
processus évolutif dont nous avons hérité un équilibre fonctionnel? Par morale?». Comme le suggère
«Le Meilleur des Mondes» de Aldous Huxley, la prise
généralisée d’améliorateurs de la performance deviendrait une contrainte sociale.
En général, ce Traité de bioéthique confirme qu’il
y a chez nos voisins et collègues français une volonté
de réflexion critique, de prise de recul par rapport aux
enthousiasmes scientistes plus fréquents dans les
pays anglo-saxons. Ces réserves peuvent donner l’impression de conservatisme, d’attachement à des
doctrines en voie d’être dépassées, de crainte de briser
des tabous. Certains de ces «tabous» méritent probablement d’être réexaminés, d’autres d’être fermement défendus. Dans tous les cas, il convient de donner attention à des positions insistant sur l’impor-
«Certains de ces ‹tabous› méritent probablement d’être réexaminés,
d’autres d’être fermement défendus.»
* J’ai entendu en mai 2010 à
Paris un (brillant) spécialiste
des neurosciences. A l’issue
de sa conférence, un auditeur
demande ce qu’il pense du
libre-arbitre. Réponse: «Je ne
suis pas très à l’aise avec cette
question… je ne vois pas
comment le libre-arbitre peut
exister.»
A l’occasion de ses quarante ans d’existence, le
Hastings Center, institution de bioéthique américaine,
a présenté, notamment, l’évolution des idées et des
pratiques (médicales, sociales) en rapport avec les
comportements atypiques/indésirables [8]. Chneiweiss à cet égard: «La limite est floue entre le normal
et le pathologique. Ce qui conduit à poser la question
de la capacité de nos sociétés à définir et/ou à tolérer
un quelconque trouble de l’humeur. Faut-il systématiquement traiter ces troubles? Quand faut-il traiter?
Qui décide de traiter, et comment? (…) Ou bien, finalement, ne faudrait-il pas rendre la consommation de
Prozac permanente et obligatoire pour tous?» (au
nom du «right to pursue happiness» de la Déclaration
d’indépendance des Etats-Unis?).
This is the question: «Qui, honnêtement, ne souhaiterait pas être toujours de bonne humeur, avoir un
corps d’athlète, une mémoire d’éléphant, et pouvoir
consacrer sans fatigue sa nuit à des agapes sexuelles?
Quelle sont les objections éthiques à une médication
qui demain permettrait tout cela sans danger? Pourquoi ne pas succomber aux délices du libéralisme
consumériste? Par prudence devant les dangers de
l’usage au long cours? Par considération pour le lent
tance de grands principes philosophiques et relatifs
aux droits de l’être humain, sur la retenue et sur la
«sagesse pratique».
Références
1 Hirsch E. (dir. publ.) Traité de bioéthique (3 tomes).
Toulouse: Editions érès; 2010.
2 Cordier A. La vocation médicale de l’homme,
in-quiétude éthique et professions de santé. Dans:
Hirsch E. op. cit. tome II. p. 13–35.
3 Begué-Simon AM. Anthropologie, médecine et
éthique. In: Hirsch E. op. cit. tome II. p.62–73.
4 Grimfeld A. Pour un engagement éthique permanent. In: Hirsch E. op.cit. tome II. p. 457–463.
5 Martin J. Quo Vadis, éthique en biomédecine?
Revue médicale suisse. 2007;3:1973–4.
6 Chneiweiss H. Neurosciences et neuroéthique. In:
Hirsch E. op.cit. tome II. p. 493–506.
7 Martin J. Responsabilité individuelle et neurosciences. Bull Méd Suisses. 2009;90(10):402.
8 Martin J. Quarante ans de bioéthique – des éclairages
du Hastings Center.
Revue médicale suisse 2009:5:1952–3.
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13
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TRIBÜNE
Thema
Der neue Fernseh-Arzt Dr. Moser (3. v. r.) und sein sympathisches Team sollen das angekratzte Arzt-Image verbessern.
Arztserien im Schweizer Fernsehen
Dr. House muss gehen, dafür kommt Dr. Moser
EMH-Newsservice
«Defibrillator!» – «Hilfe! Wir verlieren ihn!» – «Das
blutende Aneurysma sofort in OP 8!» Viele Arztserien
im Fernsehen kennen nur schicksalhafte Verläufe,
keine langweilige Routine. Da der Normalfall nicht
auftritt, bewegt sich der Fernsehdoktor nahezu ausschliesslich zwischen dramatisch verlaufenden Notfällen und lebensbedrohlichen Komplikationen.
Nichtsdestotrotz begegnen wir in diesen Serien
Ärzten, die kompetent, verständnisvoll und einfühlsam nicht nur medizinische, sondern auch private Probleme lösen und allgemeine Lebenshilfe leisten. Es erscheint selbstverständlich, dass sich der Chefarzt Zeit
für eine Tasse Kaffee mit seinen nicht privat versicherten Patienten nimmt.
sehen durchgeführt, und deren Ergebnisse sind alarmierend. Eine Studie der Fachhochschule Fulda an stationären Patienten eines Akutkrankenhauses konnte
2003 aufzeigen, dass der regelmässige Konsum von
Krankenhausserien unrealistische Erwartungen weckt
und somit die Unzufriedenheit von Patienten mit der
ärztlichen und pflegerischen Betreuung fördert [1].
In einer weiteren deutschen Studie wurden Patienten vor der Durchführung eines elektiven chirurgischen Eingriffs zu ihren Fernsehgewohnheiten und
ihrer Angst vor der Operation befragt. Die Ergebnisse
waren eindeutig: Patienten, die sich häufig Arztserien
anschauen, sind ängstlicher vor Operationen und unzufriedener mit der Visite [2].
© Kristin Dos Santos
In den letzten Jahren wurden systematische Untersuchungen
zum Einfluss von Arztserien im Fernsehen durchgeführt, und deren
Ergebnisse sind alarmierend.
Aus die Maus, Dr. House –
ab Oktober wird der
Schweizer Arzt Dr. Moser
den verzerrten Darstellungen
des medizinischen Alltags
ein Ende machen.
Diese Mischung aus Arztroman, Heimat- und Katastrophenfilm hat zwangsläufig Auswirkungen auf das
Berufsbild in der Öffentlichkeit und die Arzt-PatientenBeziehung. Entsprechende Erfahrungen – aus Sicht der
Ärzteschaft in erster Linie schlechte – reichen 25 Jahre
zurück. Als in den 1980er Jahren «Die Schwarzwaldklinik» im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde,
sah sich die FMH zum ersten Mal zu einer Klarstellung genötigt; es war nicht hinnehmbar, dass Schweizer Patienten scharenweise ins Glottertal pilgerten,
um sich bei Professor Brinkmann in Behandlung zu
begeben. Ausserdem sollen sich nicht wenige Schweizer Ärzte dort beworben haben.
Erstmals wissenschaftliche Studien
zu Arztserien
Doch erst in den letzten Jahren wurden systematische
Untersuchungen zum Einfluss von Arztserien im Fern-
Und gemäss einer im letzten Jahr veröffentlichten
Untersuchung der University of Rhode Island in Kingston halten sich Studenten, die viele Sendungen mit
medizinischen Inhalten sehen, für gesundheitlich besonders gefährdet [3].
Nicht nur die verzerrte Darstellung des medizinischen Alltags, sondern auch die schleichende Änderung des Arztbildes in den Medien schürt die Angst vor
Krankheiten und medizinischen Eingriffen. Der charismatische Halbgott in Weiss mit Föhnfrisur musste teilweise dem überlasteten und frustrierten Medizintechnokraten weichen. Ein Beispiel für neue Arztbilder ist
der arrogante, miesepetrige, tablettenabhängige Zyniker und Misanthrop Dr. House, der Patienten nur als
störend empfindet und von dem sich daher niemand
freiwillig behandeln lässt.
Die Ambivalenz der vermittelten Arztbilder im
Fernsehen trägt mit dazu bei, dass das Ansehen unse-
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13
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504
TRIBÜNE
Thema
res Berufsstandes weiter sinkt [4]. Ein falsches Arztbild wird aber auch durch den permanenten Kaffeekonsum der Fernsehärzte erzeugt, sei es unter Kollegen im Arztzimmer oder zusammen mit Patienten.
Der Karriereschritt vom einfachen Kinderarzt Dr. Doug
Ross zum Chef der Nespresso-Abteilung entspricht
nicht der üblichen Arztlaufbahn. Die Realität ist eine
andere: Ärzte finden oftmals nicht einmal Zeit, die
Toilette aufzusuchen, geschweige denn ständig etwas
zu trinken, und weisen eine schlechtere Flüssigkeitsbilanz als die von ihnen betreuten Patienten auf – so
eine vor kurzem im British Medical Journal veröffentlichte Studie [5].
Patienten, die sich häufig Arztserien anschauen,
sind ängstlicher vor Operationen und unzufriedener
mit der Visite.
Neben überzogenen Patientenerwartungen und
-ängsten sowie der Entmythologisierung des Arztes
sind die teilweise falschen, mitunter sogar gefährlichen Behandlungsmethoden der Fernsehärzte ein
dritter Anlass zur Beunruhigung. Forscher von der Dalhousie University in Halifax haben über 300 Folgen
verschiedener TV-Serien ausgewertet und vergangenes
Jahr exemplarisch zeigen können, dass etwa die Hälfte
der dargestellten epileptischen Anfälle unangemessen behandelt wurde [6]. Nicht einmal in einem Drittel der Fälle wurde leitliniengerecht gehandelt. Problematisch ist dabei, dass Laien, deren erste Hilfe im
In welchem Schweizer Spital die neue Arzt-Serie gedreht wird, bleibt vorerst geheim.
Notfall durchaus gefragt sein kann, ihr medizinisches
Halbwissen aus einer Fernsehserie bezogen haben.
Nicht nur die Schweizer Neurologen sind empört
und besorgt; der Unwillen von Schweizer Ärztinnen
und Ärzten über die gefährliche und einen ganzen
Berufsstand diskriminierende Fernsehkost zieht sich
durch alle Fachgesellschaften. Für die fatalen Auswirkungen von Arztserien gibt es heute ausreichende Evidenz – und somit stichhaltige Argumente für die FMH,
um erneut aktiv zu werden und einen Vorstoss gegen
die laufenden Arztserien im Fernsehen zu unternehmen. Als erste Massnahme wurde den Fachgesellschaften bereits letztes Jahr nahegelegt, keine FortbildungsCredits mehr für DVDs mit Staffeln von Emergency
Room und Grey’s Anatomy zu vergeben (bisher war
das gegen Vorlage einer entsprechenden Kaufquittung
die gängige Praxis).
Einen Durchbruch konnte die FMH nun in Verhandlungen mit den führenden Kabelnetzgesellschaften Cablecom und Swisscom erzielen, wobei Bundesrätin Doris Leuthard eine nicht unwesentliche Rolle
als Vermittlerin gespielt hat: Einige Arztserien werden
in der Schweiz ab dem 1. April 2011 nicht mehr ausgestrahlt, was konkret heisst, dass Dr. House zu Hause
sowie die Tür zum Emergency Room für immer verschlossen bleibt und wir uns in aller Freundschaft von
Dr. Heilmann und der Sachsenklinik verabschieden
dürfen. Mit dem Alternativvorschlag der Schweizer
Kabelnetzbetreiber, die freien Sendeplätze mit alten
Folgen von Samuel Stutz’ Gesundheit Sprechstunde zu
füllen, war die FMH allerdings nicht einverstanden –
stattdessen hat der FMH-Zentralvorstand beschlossen,
beim Schweizer Fernsehen SF eine eigene Produktion
für eine Schweizer Arztserie in Auftrag zu geben. Diese
wird ab Oktober zur besten Sendezeit, das heisst Samstagabend um 20.15 Uhr ausgestrahlt werden. Der
vielversprechende Name der Serie lautet: «Dr. Beat
Moser – der Arzt, der die Schweiz von innen kennt» –
nicht zuletzt deswegen, weil Dr. Moser ein begnadeter
Operateur und Endoskopiker sein soll. Zunächst sind
36 Folgen vorgesehen; acht davon sind bereits abgedreht und haben einen festen Sendetermin (siehe
Kasten).
FMH-Initiative gegen das angekratzte
Arzt-Image
Mit der Serie soll das angekratzte Arzt-Image in
der Schweizer Öffentlichkeit aufpoliert werden und
der Mythos vom allmächtigen und selbstlosen Helfer
wieder auferstehen. Dr. Moser ist ein Sympathieträger, den Frauen wie Männer aller Altersklassen lieben
und der somit imstande ist, das erodierte Vertrauen in
Schweizer Ärztinnen und Ärzte wieder herzustellen.
Und vor allem: Dr. Moser trinkt Beuteltee und verabscheut Kaffee, um mit diesem Klischee ein für alle Mal
aufzuräumen.
Im Gegensatz zum Strickmuster der Schwarzwaldklinik gibt es keine Doktorspiele in einer heilen
Welt, im Gegenteil: Problemfelder wie lange Arbeits-
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505
TRIBÜNE
Thema
Literatur
1 Witzel K, Hipp T, Kaminski C. Arztbild in
den Medien. Dr. Stefan Frank hätte sich mehr Zeit
genommen … Deutsches Ärzteblatt. 2003;100(45):
A2933–4.
2 Witzel K, Kaminski C, Struve G, Koch HJ. Einfluss
des Fernsehkonsums auf die Angst vor einer
Operation. NeuroGeriatrie. 2008;5(2):57–61.
Dr. Moser trinkt Beuteltee
und verabscheut Kaffee,
um mit diesem Klischee ein
für alle Mal aufzuräumen.
3 Pressemitteilung der University of Rhode Island vom
30. September 2010. URI professor warns: TV viewing
likely to make you fear sickness. www.uri.edu/news/
releases/?id=5513
zeiten, knappe Ressourcen, Ärztemangel, sinkende
Einnahmen, DRG und Klinikschliessungen werden
offen thematisiert. Ausserdem soll die Serie ein Instrument zur Aufklärung des breiten Publikums sein
und dem Laien Grundkenntnisse in korrekten ErsteHilfe-Massnahmen vermitteln.
Hintergrund der ersten 36 Folgen bilden die 36 beliebtesten Erkrankungen der Schweizer – damit kommt
die FMH auch gesamtgesellschaftlichen Ansprüchen
nach und fördert die Persönlichkeitsbildung in der Bevölkerung. Schliesslich unterscheiden wir uns oft nur
durch unsere Krankheiten voneinander.
Dass wie bei «Tag und Nacht», dem ersten Versuch einer Schweizer Arztserienproduktion, vorzeitig
die Lichter ausgehen könnten, halten sowohl das SF
als auch die FMH für unwahrscheinlich. Für hohe Einschaltquoten sollten allein schon die Darsteller (richtige Ärzte und Krankenschwestern und keine medizinische Laien-Spieltruppe) und die grandiosen Landschaftsaufnahmen sorgen.
Der Anspruch ist hoch – und Gutes hat seinen
Preis. Das hat auch die FMH erfahren müssen, denn
die Produktionskosten der Serie überschreiten bei
weitem das vorgesehene Budget. So bleibt ein kleiner
Wermutstropfen für die Schweizer Ärzteschaft: Die
FMH-Mitgliedsbeiträge werden im nächsten Jahr deutlich ansteigen. Aber was ist schon Geld gegenüber der
Aussicht, für unsere Patienten ein zweiter Dr. Moser
zu sein.
4 Krüger-Brand HE. Ärzteimage im Fernsehen.
Abschied vom «Halbgott in Weiss».
Deutsches Ärzteblatt 2003;100(45):A2928–31.
5 Solomon AW, Kirwan CJ, Alexander NDE et al. Urine
output on an intensive care unit: case-control study.
BMJ 2010;341:c6761 – doi:10.1136/bmj.c6761
6 News from the AAN Annual Meeting. First aid
management of seizures in TV medical dramas:
fusing fact with fiction. Neurology Today;
18 March 2010.
Dr. Beat Moser – der Arzt,
der die Schweiz von innen kennt
Die ersten 8 Folgen in diesem Jahr:*
1. Oktober
Schlucken, nicht kauen!
8. Oktober
Wenn ein Schnitt daneben
geht …
15. Oktober
Blumen gehören nicht
ins Krankenzimmer
22. Oktober
Da kann man nichts machen!
29. Oktober
Einatmen, ausatmen und
nicht mehr atmen
5. November
Doppelt genäht hält besser
12. November
Wie geht es uns denn heute?
19. November
Der Simulant von Zimmer 13
* SF 1, jeweils am Samstag von 20.15 Uhr–22.00 Uhr
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506
TRIBÜNE
Spectrum
En un coup d’œil:
matériel et projets
scolaires sur l’alimentation
Etes-vous à la recherche de matériel
didactique ou d’idées pour développer dans votre école un projet
consacré à l’alimentation? Les inventaires de matériel et de projets
que la Société suisse de nutrition
(SSN) a réalisés et établis pour chacune des trois régions linguistiques
de la Suisse ont été entièrement
actualisés et vous donnent un bref
Erste Schweizer Patientenbefragung zu Plazebo
Sowohl Patienten als auch Ärzte sind der Ansicht,
dass der Glaube an die Wirksamkeit einer Therapie
körperliche Beschwerden heilen hilft. Entsprechend aufgeschlossen sind sie gegenüber PlazeboTherapien. Zu diesem Resultat gelangt die Patientenbefragung der Ethikerin Margrit Fässler von der
Universität Zürich. Erschienen ist sie in der aktuellen Ausgabe des British Journal of General Practice.
Ein ebenfalls aufschlussreiches Studienergebnis:
72 Prozent der Patienten möchten unbedingt
informiert werden, wenn ihr Arzt oder ihre Ärztin
ein Medikament einzusetzen plant, dem eine
unspezifische Wirkungsweise zugeschrieben wird.
Die Ärzteschaft hingegen geht im Mittel davon
aus, dass lediglich 33 Prozent der Patienten diesen
Wunsch nach Information haben.
(Universität Zürich)
Nouvelle brochure pour les parents migrants
aperçu de ce qui est disponible
actuellement. Vous y trouverez un
grand nombre de matériels didactiques, de jeux et de moyens pédagogiques auxiliaires ainsi que des
projets concernant l’alimentation,
classés par catégories d’âge, du jardin d’enfants à l’école professionnelle. Vous trouverez les inventaires
complétés et mis à jour sur www.
sge-ssn.ch à la rubrique «Info écoles
→ Matériel didactique».
(SSN)
Wer verdient den MS-Preis?
Kennen Sie in Ihrem Umfeld eine
Person oder eine Gruppe, die sich
ganz besonders für Multiple Sklerose
(MS) einsetzt? Dann nominieren Sie
doch diese Person oder Gruppe für
den MS-Preis 2011. Seit 2000 verleiht die MS-Gesellschaft jährlich den
Schweizerischen MS-Preis. Zu den
Preisträgern zählen MS-betroffene
Personen, die durch ihre Art und
Weise, wie sie mit MS leben, anderen
Betroffenen und nicht Betroffenen
Mut machen. Auszeichnungswürdig
sind auch besondere Leistungen im
Interesse von MS-Betroffenen und
ihren Angehörigen. Honoriert werden können zudem herausragende
Beiträge zur generellen Entwicklung
der MS-Arbeit in der Schweiz.
(Schweizerische MS-Gesellschaft)
Patienten und auch Ärzte sind einer Therapie mit
Plazebos gegenüber aufgeschlossen.
La brochure contient des informations pratiques pour
chaque âge de l’enfant.
Chaque année, environ 20 000 enfants naissent en
Suisse de parents étrangers. En raison de leur connaissance insuffisante de la langue, certains de ces
parents ne sont pas assez informés de l’offre de prévention, de conseil et d’encouragement précoce disponible pour leurs enfants. C’est pourquoi Pro Juventute a lancé le guide pratique «Pro Juventute –
Notre enfant» destiné aux parents d’enfants de 0 à
6 ans de langue étrangère. Il contient des informations pratiques pour chaque âge de l’enfant sur des
thèmes comme les soins, l’alimentation, la santé
ou le développement, ainsi que des conseils sur
l’éducation et la formation. Pendant son année de
lancement, Pro Juventute met le guide gratuitement à la disposition des services spécialisés.
Il est également disponible sous www.projuven
tute.ch
(Pro Juventute)
Wenn die Kindheit mit dem Tod endet
Die Schweiz ist ein Entwicklungsland, wenn es um
Sterbebegleitung bei Kindern und Jugendlichen
geht. Das Psychologische Institut der Universität
Zürich und das Kinderspital Zürich haben untersucht, welche Bedürfnisse die Eltern todkranker
Kinder haben. Wie zufrieden Eltern mit der palliativen Betreuung sind, hängt laut der Onkologin
Eva Bergsträsser im Wesentlichen vom Krankheitsverlauf ab. Bei einer Krebsdiagnose werden meist
sofort medizinische Massnahmen eingeleitet, und
die Eltern sind von Beginn an von Fachpersonen
umgeben. Anders bei Kindern, die an einer langsam fortschreitenden Krankheit leiden, die nicht
unmittelbar im Spital behandelt werden kann.
Hier fühlen sich Eltern gemäss Studie oft allein ge-
lassen. Werden sie hingegen von der Kinder-Spitex
zu Hause begleitet, geht es ihnen häufig besser.
(Universität Zürich)
Eltern von todkranken Kindern sehnen sich nach
Unterstützung und Ansprechpartnern.
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HORIZONTE
Begegnung mit …
… Pierre-Yves Maillard, Staatsrat und Gesundheitsdirektor des Kantons Waadt,
Präsident der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK
«Die therapeutische Freiheit ist sehr wichtig»
Daniel Lüthi
Text und Bilder
danielluethi@gmx.ch
Vollblutpolitiker sprechen wohl am liebsten über Politik. Bei Pierre-Yves Maillard ist es die Gesundheitspolitik. Wagen wir trotzdem den Versuch, beim Persönlichen zu beginnen. Die Herkunft zum Beispiel könnte
als Hintergrund einer bemerkenswerten politischen
Karriere eine Rolle spielen. Vollblutpolitiker Maillard
wehrt sich nicht; am grossen Besprechungstisch im
geräumigen Büro lehnt er sich genüsslich zurück und
denkt mit spürbarer Wertschätzung an seine Wurzeln:
«Mein Grossvater väterlicherseits war Maurer, der
Grossvater mütterlicherseits Landwirt. Und weil ich
handwerklich unbegabt war, schickte mich meine
Mutter auf den Bauernhof ihrer Eltern jeweils in die
Ferien.» Dort lernte der spätere Herr Staatsrat nicht
nur Traktor fahren, sondern offenbar auch arbeiten.
Und bei den Arbeitern – so auch beim Vater, der zuerst
in einer Garage und dann als Schulhausabwart tätig
war – kristallisierten sich für Pierre-Yves Maillard auch
die Leitlinien seines späteren politischen Wirkens
heraus: «Ja, meine sozialen Wurzeln sind die Basis für
mein Engagement.» Womit wir bereits beim Lieblingsthema dieses Vollblutpolitikers angelangt sind.
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508
HORIZONTE
Begegnung mit …
Monopole als Chance
«Die Idee des ‹Service public› ist für mich zentral,
sie relativiert die Gesetze der Marktwirtschaft», sagt
Maillard, und es wird bald einmal klar, dass jetzt ein
längerer grundsatzpolitischer Diskurs folgen könnte,
wie ihn der 43-Jährige wohl schon sehr oft geführt
hat. Was meint er konkret? «Nehmen wir zum Beispiel
die Post, die Grundbedürfnisse der Bevölkerung abdeckt. Sie ist auch dort wichtig, wo sie nicht rentiert.»
Oder der Elektrizitätsmarkt, wo sich das Schweizer
Volk 2002 in einer Abstimmung gegen mehr Wettbewerb aussprach, was Maillard als «sozialdemokratische Erfolgsgeschichte» bezeichnet. Oder die SBB:
«Wir haben wahrscheinlich die besten Eisenbahnen
der Welt», schreibt er euphorisch in seinem Buch, in
dem es eigentlich um die heilungsbedürftigen Krankenkassen geht [1].
Pierre-Yves Maillard
Pierre-Yves Maillard wurde 1968 in Lausanne
geboren. Sein Studium schloss er als Sekundar-
«Ja, meine sozialen Wurzeln sind
die Basis für mein Engagement.»
lehrer ab und unterrichtete dann Französisch,
Geschichte und Geografie. Früh schon wurde er
politisch aktiv: Mit 20 trat er der sozialdemokratischen Partei bei, mit 22 bereits wurde er
Die verbindende Hauptaussage für alle erwähnten
Themenbereiche ist die: Demokratisch kontrollierte
Monopole können einer sozialen Ökonomie dienen,
reine Marktwirtschaft und Neoliberalismus schaden
ihr meistens. Bezogen auf die Gesundheitspolitik in
diesem Land, heisst dies für Staatsrat Maillard: «Die
Rolle des Staates bei der Planung und Regulierung
muss gestärkt werden. Denn viele in diesem Markt
haben auch im Sinn, möglichst viel Geld zu verdienen
und möglichst viele Dividenden auszuzahlen.» Bezogen auf die Krankenkassen, die sich gegenseitig konkurrenzieren, bedeutet dies laut Maillard, dass der Rentabilitäts- den Solidaritätsgedanken verdrängt, und
eine gewinnorientierte Risiko-Selektion eine asoziale
Zweiklassenmedizin herbeiführt. Vehement verficht er
deshalb weiterhin das Projekt «Einheitskrankenkasse»,
das im Parlament und beim Volk bisher keine Mehrheit fand.
Aber Maillard ist ein Kämpfer, den Gegenwind
eher beflügelt als lähmt. Eine welsche Zeitschrift betitelte ihn deshalb einmal als «Bulldozer». Er nimmt’s
gelassen: «Ich bin halt keine Windfahne, die ihre Position dauernd wechselt. Das hat übrigens dazu geführt,
dass ich bereits im Alter von 30 Jahren als ‹archaisch›
bezeichnet wurde …»
1 Maillard PY. Soigner
l’assurance maladie!
Lausanne: Editions
Favre; 2010.
«Fehler im System»
Zurück zur Schweizer Gesundheitspolitik: «Das heutige System hat schwerwiegende Konstruktionsfehler»,
sagt Maillard. Die Frage nach einem konkreten Beispiel
beantwortet er mit einem Blick zurück auf die Jahre
2000 bis 2004, als er Regionalsekretär der Gewerkschaft SMUV für die Kantone Freiburg und Waadt war:
«Wir betrieben damals eine kleine Krankenkasse. Sie
Mitglied des Lausanner Stadtparlaments. 1999
bis 2004 war er Nationalrat, 2004 bis 2008 Vizepräsident der SP Schweiz. 2004 wurde Maillard
in die siebenköpfige Waadtländer Kantonsregierung gewählt. Er siegte damals gegen den SVPVertreter Martin Chevallaz und ist als Staatsrat
seither Vorsteher des Gesundheits- und Sozialdepartementes.
Pierre-Yves Maillard ist verheiratet und Vater
von zwei Kindern (zwei- und dreieinhalbjährig). Er lebt mit seiner Familie in Renens
bei Lausanne.
hatte einen Deckungsgrad von 100 Prozent und die
tiefsten Prämien im Grossraum Lausanne. Eine sehr,
sehr gute Situation also für alle Seiten. Wir verdoppelten die Mitgliederzahl, die Reserve halbierte sich
gleichzeitig, was immer noch komfortabel war. Jetzt
beantragten wir beim zuständigen Bundesamt eine
Prämienerhöhung von 5 Prozent. Alle anderen würden ihre Prämien um 10 Prozent erhöhen, lautete die
Antwort, bei uns reiche dies nicht, weil wir sonst
immer noch die billigsten seien – 17 Prozent mehr
müssten wir verlangen. Unglaublich, oder? So sind
viele kleine Kassen dann eben verschwunden.»
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509
HORIZONTE
Begegnung mit …
Übrigens: Beinahe hätte bereits seine Ausbildung
Maillard in den Themenbereich Gesundheit geführt.
«Ich habe mir damals überlegt, Medizin zu studieren»,
erzählt er. Er habe sich dann dagegen entschieden,
weil das Studium zu lange gedauert hätte: «Ich wollte
möglichst schnell meine Eltern entlasten und finanziell unabhängig werden.»
«Das heutige System hat schwerwiegende Konstruktionsfehler.»
Marktwirtschaft bei Medizinern?
Und woran denkt er heute, wenn er an die Medizin
und die Mediziner denkt? «Ein absolut faszinierender
und sinnvoller Beruf», schwärmt er, sieht sofort aber
auch wieder Gefahren: «Heute noch verfügen die Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz über die Grundlagen,
damit sie sich in erster Linie am Wohl ihrer Patientinnen und Patienten orientieren können. Neue Modelle
könnten dazu führen, dass kommerzielle Überlegungen wichtiger werden.»
Konkreter: «In einer Situation, wo 10 Prozent der
Patienten 70 Prozent der Kosten generieren, und sich
die Krankenkassen gleichzeitig konkurrenzieren, also
sogenannt schlechte Risiken möglichst vermeiden
wollen, ist ein durch die Kassen verwaltetes ManagedCare-System ein gefährliches, weil unsoziales Modell.»
Einmal mehr also die klare Ablehnung von Wirtschaftsliberalismus in einem Bereich, wo es um Grundbedürfnisse der Bevölkerung geht. Beinahe erstaunlich deshalb, dass mit Blick auf die Mediziner doch
noch ein liberaler Gedanke zu einer Schlüsselaussage
wird: «Die therapeutische Freiheit ist sehr wichtig.»
Gleichzeitig, betont Maillard, müsse bei Bedarf
für alle Patientinnen und Patienten der Zugang zu
allen notwendigen medizinischen Leistungen gewährleistet sein: «Wenn ich mir keinen Ferrari für
150 000 Franken leisten kann, lebe ich trotzdem gut.
Wenn ich für den gleichen Betrag eine Krebstherapie
brauche, muss ich sie bekommen können.» Und zwar
unabhängig von den persönlichen finanziellen Verhältnissen: «Es ist einfach nicht richtig, dass der eine
2 Prozent seines Einkommens für Krankenkassen-Prämien bezahlt, und der andere für die gleichen Leistungen 20 Prozent.»
Maillard – jetzt ganz Vertreter einer kantonalen
Regierung – plädiert für eine möglichst starke Len-
kung des Gesundheitssystems durch die Kantone, im
stationären wie im ambulanten Bereich der Spitäler.
In seinem Kanton Waadt jedenfalls habe sich dies bewährt: «2003 waren hier die Kosten noch 20 Prozent
höher als im schweizerischen Durchschnitt, jetzt nur
noch 10 Prozent. Spitex, Altersheime und der stationäre Sektor der Spitäler lagen damals kostenmässig
8 Prozent über dem Durchschnitt, heutzutage 5 Prozent darunter.»
Eine andere Zahl aus seinem Bereich hingegen
gibt Maillard zu denken: «Warum werden in der Waadt
durchschnittlich rund 20 Prozent mehr Medikamente
konsumiert als beispielsweise in Zürich? Und dies erst
noch ohne Selbstdispensation in den Arztpraxen und
obschon die Leute bei uns den Arzt weniger oft aufsuchen als in Deutschschweizer Kantonen?» Schulterzucken diesmal – und der Hinweis, dass er zum
Thema eine Studie in Auftrag gegeben habe.
«Die Rolle des Staates bei der
Planung und Regulierung muss
gestärkt werden.»
Die Gesundheit des Gesundheitsdirektors
Noch einmal der Versuch, vom übergeordneten Politischen zum naheliegenden Persönlichen zu kommen.
Maillard wirkt müde. Deshalb die Frage an den Gesundheitsdirektor: «Und wie regulieren Sie Ihre persönliche Gesundheit?» Wiederum ist keine Absicht
auszumachen, dass der Herr Staatsrat ausweichen oder
verdrängen möchte. «Ich hatte das Glück, in jungen
Jahren bereits mit ganzer Kraft Politik machen zu
können. Heute ist das für mich aufwendiger. Mit
zwei kleinen Kindern ist die Familie halt nicht bloss
Erholung. Und so ist es zur Zeit wahrscheinlich schon
so, dass ich mehr Energie verbrauche, als ich sollte.
Aber ich bin ja noch jung.» Will heissen: Energie
tanken steht nicht im Vordergrund. Zum Jassen beispielsweise reicht’s nicht mehr. Ab und zu Musik
hören liegt noch drin: «Mein Lieblingsmusiker ist
Bruce Springsteen.»
Und was sind die nächsten Pläne dieses Mannes,
der in jungen Jahren beruflich bereits so viel erreicht
hat? Die Antwort deutet darauf hin, dass dies keine
Frage ist, die Pierre-Yves Maillard momentan selber
beschäftigt. Er zuckt die Schultern und sagt, ganz und
gar untypisch unspezifisch: «Mal sehen.»
Die nächste «Begegnung mit …»
Am Ende jeden Monats stellt die Schweizerische Ärztezeitung eine Persönlichkeit vor, die sich im
Gesundheitswesen engagiert. Im April schildert Daniel Lüthi seine Begegnung mit Dominic Huser: Assistenzarzt Chirurgie am Luzerner Kantonsspital in Sursee und wahrscheinlich jüngster Arzt in der
Schweiz.
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Horizonte
Streiflicht
erinnerungen an eine zeit ohne navigationssystem, Google earth und Mobiltelefon
tims Handy
Peter Marko
Nach mehr als zehn Jahren in der Forschung begann
ich mit meiner klinischen Ausbildung. Ich wollte
mich mit dem in vielerlei Hinsicht genauen Gegenteil zur Forschung beschäftigen: der Allgemein- oder
noch lieber Familienmedizin. Eine Praxis auf dem
Land schien mir dazu geeigneter zu sein als eine in
einer Stadt. Es gab damals, Anfang der Siebzigerjahre
des vorigen Jahrhunderts, keine Vorgaben hierfür,
keine Curricula, keine besondere Ausbildung. Generationen von Ärzten erwarben wichtige Kenntnisse
und Fähigkeiten auf diesem Gebiet durch Vertretungen. Nicht lange nachdem ich in einer chirurgischen
Abteilung eines Landspitals zu arbeiten begonnen
hatte, wollte ich meine Sommerferien zu solch einer
Vertretung benützen. Ich fand eine Vertretung in
einem Dorf am Vierwaldstättersee. Der Kollege wollte
sich mit einem Monat Ferien in Skandinavien von
der Überarbeitung und den Strapazen seiner überlaufenen Praxis erholen. Als ich mich vorstellte, zeigte er
mir «kursorisch» das Dorf und sagte, dass oberhalb
am Hang noch vereinzelte Bergbauern wohnten, die
aber in der Regel gesund seien, und wenn nicht, so
schmücke eine Wand in einem Zimmer seines
geräumigen Hauses eine grosse Luftaufnahme der Gegend, auf der alle Häuser gut zu erkennen seien – ein
Vorgänger des Google Earth. Die Arztgehilfin wisse,
wer wo wohne. Er liess mir den Schlüssel vom älteren
der zwei Praxisautos da und erklärte, was ich tun
solle, wenn es seine Altersmucken bekäme. Es schien,
dass er mehr meinen Fähigkeiten vertraute, mit Menschen umzugehen als mit Maschinen.
eine Praxis auf dem Land schien
mir für Allgemein- oder Familienmedizin geeigneter zu sein.
Korrespondenz:
Dr. med. Peter Marko
Bruggwaldstrasse 39e
CH-9009 St. Gallen
p.marko@bluewin.ch
Eigentlich war es unverantwortlich und frech von
mir, aber der Kollege fand keinen Besseren, Erfahreneren für die harte Knochenarbeit. Seine Ferienpause
diente auch den Patienten, da er sie nachher wieder
frisch und fröhlich behandeln konnte, begründete
und entschuldigte ich es mir. Und ich wollte so schnell
und so viel lernen wie nur möglich.
Der Notfalldienst war in der Gegend zwar schon
damals organisiert, aber wegen der niedrigen Ärztedichte konnte die Entfernung zu einem Patienten über
fünfzig Kilometer betragen, und daher, mehr wegen
der Patienten als der Kollegen, verpflichtete ich mich,
für «unsere» Patienten dauernd in Bereitschaft zu sein.
Die zwei Arztgehilfinnen konnten sich dafür abwechseln. Kurz nach dem Mittagessen am ersten Samstag,
ich weilte dort erst zwei Tage, rief eine Bäuerin an,
die eben dort oben an dem Hang wohnte, dass sie
unerträgliche Kopfschmerzen habe. Wir begaben uns
in den Raum mit dem grossen Bild, und die Arztgehilfin zeigte mir, wohin und wie ich fahren sollte. Ich
studierte die Krankengeschichte und erfuhr, dass die
Bäuerin nicht so wie versprochen gesund wie eine
Rübe sei, sondern unter anderem ab und zu unter
Migräneanfällen leide – und noch wichtiger –, was Herr
Doktor in solchen Fällen erfolgreich tat. Die Massnahmen, die ich bei dem störrischen Auto ergreifen
sollte, waren dagegen nicht ganz einfach, und ich
nahm an, bei einem solch dringenden Notfall würde
ich sie schneller beheben, wenn mir mein zehnjähriger Sohn dabei hilft. Wir fuhren los und bald sollten
wir am Ziel sein. Weit und breit war kein Haus zu
sehen. So fuhren wir weiter bergaufwärts, bogen wie
befohlen bei der nächsten Gelegenheit nach links und
sahen zwei-, dreihundert Meter unten das Haus, das
wir vom Bild schon kannten. Aber es war kein Zugang
von der Strasse dazu zu erkennen. So fuhren wir wieder nach unten, bogen bei der nächsten Möglichkeit
nach rechts – und sahen das besagte Haus zwei-, dreihundert Meter oberhalb von uns. Diesen Vorgang wiederholten wir noch zweimal, worauf wir verzweifelt
beschlossen, zu unserer Basis zurückzukehren.
Die Arztgehilfin bestätigte, dass wir richtig gefahren waren, aber, da sie selbst nie dort gewesen war,
wusste sie nicht, wo der Haken sein könnte, hatte
aber die erlösende Idee, dort anzurufen und darum zu
bitten, dass uns jemand auf der Strasse erwarten solle.
Wir fuhren erneut los, und in der Tat, auf der Strasse
wartete ein Mädchen im Alter meines Sohnes, das uns
den fast parallel zur Strasse versteckt abbiegenden
schmalen Feldweg zeigte. Wir sind ihm sicherheitshalber zu Fuss gefolgt. Ich entschuldigte mich bei der
Patientin, dass wir so spät kämen, und verabreichte
ihr die angegebene Spritze. Erleichtert und doch auch
stolz kehrten wir von meinem ersten ärztlichen Besuch nach Hause zurück. Ich lernte dabei etwas Wichtiges, Nützliches für meine Zukunft – im Zweifel soll
bei neuen Besuchen, wenn möglich, jemand auf
mich draussen auf der Strasse warten.
Entsprechend meinen oben beschriebenen Wünschen hatte ich die erste Praxis in Zweisimmen im
Berner Oberland. Daneben war ich Belegarzt und
während meiner Wochenenddienste vertrat ich den
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Horizonte
Streiflicht
medizinischen Chefarzt bei dessen Abwesenheit im
Spital. Heute unvorstellbar. Das Gebiet erstreckte sich
über gut fünfundzwanzig Kilometer. Viele Patienten
wohnten in weit voneinander liegenden Häusern,
hatten zum grossen Teil kein eigenes Auto, so dass Besuche unser tägliches Brot waren. Manche Patienten
überschritten nie die Grenze des Tales, und so war für
sie natürlich und selbstverständlich, dass jeder wissen
sollte, wo sie lebten. Sie betrachteten auch den Weg
Schnee getrampelter Pfad weiterführte. Da es so gut
klappte, war ich guter Dinge. Nach fünfhundert
Metern fand ich keine Abbiegung nach rechts, erst
weiter, nach mehr als einem Kilometer, sah ich rechts
ein Bauernhaus mit einem grossen Stall. Meine Schuhe
hatte ich weder für den Weg noch für die Entfernung
gewählt und ich begann, Feuchtigkeit zu spüren. Ich
war froh, dass ich nicht zu den Häusern weiter oben
musste, wo ich Lichter sah. Als ich das Haus erreichte,
Dann solle ich den Wagen abstellen und ungefähr fünfhundert Meter
weiter zu Fuss gehen, dann rechts abbiegen.
aus der Sicht ihres Standpunktes, und wenn sie sagten,
ich solle nach links abbiegen, war es von mir aus nach
rechts. Auch die Entfernung schätzten sie nicht sehr
zuverlässig. An einem späten Winternachmittag rief
eine junge Mutter an, ihr kleiner Sohn sei nicht in
Ordnung, habe Fieber, weine und greife sich oft an ein
Ohr. Sie könne mit ihm nicht in die Praxis kommen,
ob ich sie ausnahmsweise nicht besuchen könnte. Ich
fragte, wie ich sie finde. Ich solle die Strasse fahren, so
weit ich könne. Dann solle ich den Wagen dort abstellen und ungefähr fünfhundert Meter weiter zu Fuss
gehen, dann rechts abbiegen. Zufällig war der nächste
Patient erst nach sechs Uhr bestellt, so dass ich ihr
sagte, sie habe Glück, ich führe gleich los.
Ich packte im Rucksack ein, was ich für eine Mittelohrentzündung eines kleinen Kindes für nötig
hielt. Ich kam zu der Stelle, wo ich den Wagen verlassen musste, da nur ein schmaler, von Menschen im
Hier also wohnt die Patientin – doch wie kommt man mit dem Auto dorthin?
fragte ich den Bauern im beleuchteten Stall, ob ich
da richtig sei. Er zeigte auf die Häuser oben am Hang
und sagte, dort müsse ich nach rechts in den Wald abbiegen und dann noch drei-, vierhundert Meter weiter. Es stimmte. Als ich in das «gelobte» Haus eintrat,
untersuchte ich in Ruhe nicht nur den Knaben, sondern auch dessen Schwester, die inzwischen ähnliche
Beschwerden hatte. Ob Bakterien oder «nur» Viren
die Verursacher waren, bemühte ich mich, in Anbetracht der Umstände, nicht zu entscheiden, und ohne
Zweifel und Gewissensbisse hinterliess ich für beide
ein Antibiotikum, Ohrentropfen und Zäpfli gegen
Schmerzen. Endlich konnte ich meine Frau anrufen
und sagen, sie solle den Patienten nach Hause schicken, es dauere mindestens noch eine Stunde, bis ich
nach Hause käme. Sie habe es schon längst getan,
antwortete sie mir, rücksichtsvoll, ohne sich nach
Gründen für meine Verspätung zu erkundigen. Als ich
mich verabschiedete, fragte ich die Mutter ruhig, ob
sie wirklich meine, es seien zu ihnen nur fünfhundert
Meter. Sie fragte überrascht und überzeugend ehrlich
zurück: «Stimmt es nicht?» Schon ein paar Jahre später wurden solche Besuche einfacher – man holte mich
mit dem Motorschlitten ab.
Wie man sieht, die Besuche waren ein Stück harter Arbeit, auch als ich die Gegend und die Patienten
besser kannte. Einmal am Sonntagnachmittag wurde
ich zu einer Frau gerufen. Sie wohnte nicht weit von
der Praxis, und so nahm ich meinen Koffer und ging
zu Fuss dorthin. Unten im Geschäft fand ich ihren
Mann, der etwas ordnete und richtete. Ich fragte
ihn, wo ich seine Frau finden könne, und er erklärte
mir ruhig, ohne etwas zu fragen, in welchem Zimmer
im ersten Stock sie sei. Dort lag in ihrem Bett, wegen
Fieber und Müdigkeit vom Schlaf übermannt, eine
schwerkranke Frau – dachte ich. Ich weckte sie sanft.
Sie reagierte sehr überrascht, als ob sie einen Spuk
und nicht den Dienstarzt vor sich hätte. Nicht nur
um ihre vom Fieber bedingte Verwirrung zu prüfen,
sondern auch, um die Situation zu klären, fragte ich
sicherheitshalber, ob sie Frau P. sei. Sie sagte ja. Sie sei
doch krank, wollte ich sie überzeugen. Nein, antwor-
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Horizonte
Streiflicht
tete sie. Ich sei doch zu ihr gerufen worden. Vielleicht
sollte ich zu ihrer Schwägerin, die aber anderswo
wohne, erklärte sie mir. So war es auch. Das ist die
Berner Natur: Wenn ich zu seiner Frau will, ist es
meine Angelegenheit, in die er sich als Ehemann nicht
einmischen möchte. Ich lernte davon wieder etwas
Wichtiges.
An manchen Wochenenden, zum Beispiel während der Grippesaison, musste ich mehr als dreissig
Mal ausrücken und daneben noch die Patienten in
der Praxis und im Spital betreuen. Jeden Besuch, tagsüber oder nachts, musste ich meiner Frau melden, damit sie mich erreichen konnte, falls sich etwas änderte:
Ich musste sie in einem vierzig Kilometer entfernten
Geschäft abholen. Das alles ging noch, aber der Empfang war in unserem Grenzgebiet zu Deutschland
nicht überall gewährleistet. Swisscom wollte nicht,
dass man auch nach und von Deutschland mit demselben Tarif wie in der Schweiz telefonieren konnte.
Als ich zu einem Unfall in eine Fabrik musste, legte ich
das Gerät neben mir ab und versorgte den Patienten.
Überrascht war ich, als die Sekretärin in Eile kam und
mir von meiner Frau etwas Dringendes, Wichtiges ausrichten liess. Sie konnte mich mit dem tragbaren Telefon nicht erreichen. Die Telefonfirma anerkannte mein
Problem und war noch so anständig, dass ich die fast
«Jeden Besuch, tagsüber oder nachts, musste ich meiner Frau melden,
damit sie mich erreichen konnte, falls sich etwas änderte.»
Entweder musste ich kurzfristig woanders als geplant
hinfahren oder sogar dort, wo ich gerade war, überhaupt nicht erst anfangen, sondern stattdessen zu
einem noch dringenderen Fall, manchmal ins Spital
oder in die Praxis, fahren. Nicht selten hatte ich eine
Liste von bis zu zehn Besuchen, die entsprechend der
Landkarte in mühsamer «Denkarbeit» zusammengestellt und geordnet worden waren und die dann komplett über den Haufen geworfen wurde. Jetzt, wenn
überhaupt noch nötig, organisieren es verschiedene
Computerprogramme.
Ende der Achtzigerjahre, inzwischen sind wir nach
Romanshorn an den Bodensee gezügelt, kamen die
ersten tragbaren Telefone. Mit den Erfahrungen aus
Zweisimmen dachte ich doch, ich müsse diese neue
Errungenschaft haben, sie werde uns das Leben noch
zusätzlich erleichtern; obwohl hier eigentlich nicht
mehr so schwierige Aufgaben auf mich warteten, da
das Gebiet flach und kleiner war – ich brauchte Patienten ins Spital nur zu überweisen und nicht dort zu betreuen, hatte weniger Patienten, und das mit besseren
Transportmöglichkeiten, dachte ich.
Das tragbare Telefon war eine ziemlich grosse und
schwere Kiste, viel schwerer als mein Notfallkoffer.
tausend Franken, die ich bereits für das Gerät bezahlt
hatte, zurückerhielt. Ich blieb aber skeptisch gegen
weitere Verbesserungen dieser Geräte und benützte
erst Jahre später ein Mobiltelefon, als ich nach Aufgabe
der eigenen Praxis einen Kollegen vertrat. Bei allen
Vorteilen gefiel mir nicht, dass ich während der Fahrten und bei Besuchen von nicht selten unnötigen, sogar sinnlosen Anrufen gestört wurde. Früher filtrierte
meine Frau diese, und ich konnte ruhiger arbeiten.
Die neue, junge Generation der Ärzte mit Handys,
GPS, iPhones, iPods, iPads und wie alle diese Geräte
heissen mögen, hat es in dieser Hinsicht einfacher,
bequemer, leichter. Ich glaube, sie verzichtet gerne
auf die Unsicherheiten, Überraschungen, Spannungen und Abenteuer, die wir bei unserer Arbeit hatten.
Das alles und noch mehr kam mir in den Sinn, als
Tim, mein zweieinhalbjähriger Enkel, einen kleinen
Spielarztkoffer bekam. Nebst Stethoskop, Spritze, Verband, Fiebermesser, Reflexhammer und Otoskop lag
dort wie selbstverständlich eine ziemlich grosse Attrappe eines, wie wir eben erfuhren, enorm wichtigen
Gerätes – eines Handys! Wie schnell sich der Inhalt,
die Ausrüstung von Ärztekoffern doch ändert. Und
die Zeiten.
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13
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ZU GUTER LETZT
Mann ist Mann
Der Männergesundheitsbericht zeigt es:
Der Vorsprung der Frauen
bei der Lebenserwartung
nimmt ab.
1 Bardehle D, Stiehler M
(Hrsg.). Erster Deutscher
Männergesundheitsbericht. München:
Zuckschwerdt. 2010;
erhard.taverna@saez.ch
Das waren noch Zeiten, als Männer Drachen bezwangen oder auf der Titanic die Rettungsboote den
Frauen und Kindern überliessen. Das Bild der Helden
und Ritter hat sich in der Dienstleistungsgesellschaft
gründlich gewandelt. Das Mannsein ist in jedem
Alter manifest schwieriger geworden. Das bisher
starke Geschlecht leidet an Orientierungskrisen,
schluckt Ritalin, mutiert zum jugendlichen Schläger,
wählt später rechtspolitische Parteien, kämpft um
das elterliche Sorgerecht und flüchtet in ein Väterhaus, wenn Femokratinnen und Linke wieder einmal
zuschlagen. Dieser Eindruck entsteht, wenn man den
täglichen Medienberichten glauben will.
Schlechte Spermien, Weichmacher und Pestizide
im Urin oder Wodkaleichen in der ehemaligen
Sowjetunion; um die virile Gesundheit steht es
schlecht. Die unterschiedliche Lebenserwartung der
Geschlechter ist seit Jahrzehnten ein Forschungsthema. «Eine Krankheit namens Mann» titelte vor
Jahren der Spiegel, der Mann, ein «beratungsresistenter Gesundheitsidiot» und ein «gesundheitlicher
Sanierungsfall», unterstreichen andere Autoren.
Lange erwartet, spricht «Der erste Deutsche Gesundheitsbericht» aus dem Jahr 2010 endlich Klartext [1].
Experten unterschiedlicher Lebensbereiche erörtern
darin die Defizite der männerspezifischen Gesundheit und deren Förderung. Den 198-seitigen Pilotbericht ermöglicht haben die «Stiftung Männergesundheit» und die «Deutsche Gesellschaft für
Mann und Gesundheit», unterstützt von der «Deutschen Krankenversicherung DKV». Zur Debatte stehen die unterschiedliche Arbeitsteilung und das
traditionelle Leitbild von Männlichkeit. Soldatische
Tugenden als Orientierungsmuster erfolgreicher
Männer seien nicht mehr gefragt, und das historisch
geprägte Schädigungsverhalten erfordere noch viel
Erziehung. Frauen leben in Deutschland 5,3 Jahre
länger; eine höhere Lebenserwartung erreichen sie
nur noch in Norwegen, den Niederlanden, in Italien,
Frankreich, Schweden, der Schweiz, Spanien und
dem Vereinigten Königreich.
Als erste Massnahme empfehlen Fachleute die
Senkung der vorzeitigen Sterblichkeit, verursacht
durch Lungenkrebs, ischämische Herzkrankheiten,
Hypertonie, Krankheiten der Leber, Depressionen,
Gewalt, Unfälle und Suizide. Für jede Altersgruppe
werden Risiken und Probleme statistisch erfasst und
kommentiert. Die Klosterforschung hat mittlerweile
belegt, dass bei sehr ähnlichen Lebensbedingungen,
Mönche und Nonnen eine fast gleiche Lebenserwar-
tung haben. Der genetische Vorteil der Frauen macht
aber nur ein Jahr an erhöhter Lebenserwartung
aus, der grössere Unterschied wird auf kulturelle
und soziale Ursachen zurückgeführt. Zum Beispiel
auf Bedingungen am Arbeitsplatz, die ökonomisch
forcierte Individualisierung, die Zwänge der Globalisierung, Arbeitslosigkeit, Migrationshintergründe
und die Geschlechterblindheit der Medizin. «Nicht
nur durch die Entwicklung der PDE-5-Inhibitoren,
sondern mehr noch durch die Gesundheitsstatistiken
fiel auf, dass auch Männer spezifische Probleme
haben, die Beachtung verdienen.» Männer seien
mit ihren Problemen zu wenig im Blick, es fehle an
validen Daten, an Forschung und an präventiven
und kurativen Angeboten. «Eine spezifisch auf Männer bezogene Gesundheitsforschung und Praxis ist
im Vergleich zu den Aktivitäten auf Frauenseite in
der Schweiz nach wie vor die Ausnahme», stellte die
schweizerische Gesundheitsstiftung RADIX schon
2005 fest. Es sei aber wichtig die gesundheitlichen
Interessen von Männern und Frauen nicht gegeneinander auszuspielen. Die Vielfalt gelebter Männlichkeit und Weiblichkeit müsse im Alltag die gleichen
Chancen haben.
Das Bundesamt für Statistik hat die Sterblichkeit
der Geburtsjahrgänge 1900 bis 2008 analysiert und
daraus ein mathematisches Modell bis zum Jahr 2030
entwickelt. Alle drei Jahre hat die durchschnittliche
Lebensdauer um ein Jahr zugenommen. Die Frauen
sind Rekordhalterinnen, doch ihr Vorsprung zeigt im
Laufe der Generationen eine abnehmende Tendenz.
Die Männer holen ihren Rückstand allmählich auf, so
dass ihr Gewinn an Lebensjahren seit über vierzig
Geburtsjahrgängen jenen der Frauen übersteigt.
«Vive la difference», vielleicht ist sie auch hier nicht
so gross, wie es ein lukrativer, kosmetischer und pharmazeutisch-medizinischer Markt suggeriert. Mann ist
Mann, besonders hierzulande, wo das Gewehr im
Besenschrank die wacklige Identität des wehrhaften
Familienvaters kräftigt. Allen männerbündlerischen
Protestbewegungen und antifeministischen Demonstrationen zum Trotz: Das Patriarchat sitzt nach wie
vor fest im Sattel. Der gesellschaftliche Wandel ist
eine Tatsache, er verläuft aber viel komplexer, als es
Gesundheitsberichte von Männern und Frauen zu
erfassen vermögen. Dennoch ist ihre Wirkung nicht
zu unterschätzen, besonders wenn Ärzte und Ärztinnen sie ernst nehmen.
Erhard Taverna
Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13
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