III - Monatsblatt des CCA
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III - Monatsblatt des CCA
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Was sind die Beweggründe für „Bolivia por siempre“, also nicht mehr nach Deutschland zurück zu kehren? Wie viele deutsche Gewohnheiten stecken nach so vielen Jahren noch in einem drin und welche bolivianischen Costumbres hat man/frau unbemerkt poco a poco angenommen? So stellen wir Ihnen unter anderem Schwester M. Christine Gruber vor, welche im Jahr 1973 zum ersten Mal nach Bolivien kam und seit Jahrzehnten am Colegio Ave Maria wirkt. Aktuelle Berichte gibt es auch von der Deutsche Kulturgemeinschaft. So hat das CCA seit Juli erstmals eine Homepage und ein neues Logo. Berichtet wird auch von den letzten Veranstaltungen zum 100-jährigen Jubiläum und vom Deutschen Friedhof, der vom CCA betreut wird. Hier finden viele Deutsche, die für immer hier leben, ihre letzte Ruhe. Neuigkeiten gibt es auch aus dem Schulleben. So können Sie neben den regelmäßigen Infos ein ausführlichen Gespräch mit dem Leiter der Berufsschule lesen und von einem neuen Projekt in Coroico sowie etwas über den Schüleraustausch erfahren. Natürlich brauchen Sie auf die weiteren Rubriken, wie die Mitteilungen den beiden Kirchengemeinden und die Veranstaltungshinweise vom Goethe-Institut nicht zu verzichten. Auch gibt es wieder einen spannenden Reisebericht aus Bolivien, Lektüretipps und diverse Konzertkritiken in der Rubrik Kultur. Nachdem seit der letzten Ausgabe Andreas Motschmann zur Redaktion gehört, kommt nun Roberto Salgado hinzu und weitere werde folgen. Die neuen Mitarbeiter sind auch notwendig, um einen reibungslosen Wechsel für die Abgänge zu sorgen. So werden uns leider zum Jahresende die Redaktionsmitglieder Kathrin Schönlein und Frank Schwanbeck verlassen, um nach 6 Jahren mit ihrer Tochter nach Deutschland zurück zu kehren. Beide haben das Monatsblatt fünf lange Jahre maßgeblich mitgestaltet. Ebenso wird Claudia Walter die Redaktion nach der letzten Ausgabe dieses Jahres verlassen. Und noch etwas Besonderes: ein kleiner 4. Jubilar gesellt sich zu den 3 großen Jubiläumsinstitutionen! Unser Kulturheft „Monatsblatt“ wird 25. Wir wollen auf diese Jahre zurückschauen und einen Blick in die Zukunft wagen. Monatsblatt 3/2014 3 Bolivien ¿por siempre! Einleitung Wenn Sie Beiträge oder Ideen zu diesem Ereignis oder auch einen Lesebrief zur aktuellen Ausgaben haben, freuen wir uns! Die Redaktion Herausgeber: Deutsche Kulturgemeinschaft, Centro Cultural Alemán (CCA) Büro: Deutsche Schule La Paz – Colegio Alemán La Paz Zuständig: Lic. Miguel Angel Lazarte Tel.: 2671002 • Fax: 2711527 La Paz – BOLIVIEN Redaktion Andreas Motschmann E – Mail: a-motschmann@web.de Britt Langer E – Mail:langer.waldalgesheim@freenet.de Claudia Maennling E – Mail: cmaennling@gmail.com 271.07.97 Claudia Walter E – Mail: walter.nordwalde@t-online.de Dirk Hoffmann E – Mail: dirk.hoffmann@berlin.de Frank Schwanbeck 271.08.85 E – Mail: fs@alsvidr.de Kathrin Schönlein 271.08.85 E – Mail: ks@alsvidr.de M.Isabel Meurer E – Mail: misameu@gmail.com Reinhard Rössling E – Mail: rroessling@yahoo.com Roberto Salgado E – Mail: salgado_r@hotmail.com Teresa Torres-Heuchel 271.14.56 E – Mail: teresa@heubol.com Wolfgang Ohnes E – Mail: wmohnesver@gmail.com Übersetzungen: Antje Linnenberg E-mail: a.linnenberg@gmail.com Nº 3 / 25. Jahrgang 2014 Auflage: 500 Stück Artikel/Leserbriefe richten Sie bitte entweder an Redaktionsmitglieder oder Monatsblatt, Casilla 8718 – La Paz. Eingesandte Artikel sollten je nach Thema 500 bis maximal 1000 Wörter und ein bis vier Fotos haben. Die Redaktion behält sich vor, Artikel/Leserbriefe zu redigieren oder gekürzt zu veröffentlichen. Artikel/Leserbriefe geben nicht notwendiger-weise die Meinung der Redaktion wieder. Anzeigen bitte als hardcopy und softcopy an Reinhard Rössling senden. Bolivien ¿por siempre! 4 Monatsblatt 3/2014 Inhalt Liebe Leserinnen, liebe Leser,..................................................................................3 Titel Warum Bolivien.......................................................................................................7 Bolivien, eine Lebenserfahrung..............................................................................10 Kartoffeln statt Brot, Blau statt Grün.....................................................................13 Dieter März...........................................................................................................15 Schwester M. Christine Gruber.............................................................................17 CCA Gala-Abend – Rockkonzert – Frühlingsfest............................................................20 Die Deutschen Kulturgemeinschaft (CCA) hat eine Homepage ............................25 Deutscher Friedhof in La Paz..................................................................................26 Aktuell Wir sind Weltmeister............................................................................................28 Ich war dabei - Fußball-WM in der brasilianischen Provinz....................................33 «Monatsblatt» – deutsche Plattform in Bolivien.....................................................36 In Bolivien gehen die Uhren anders.......................................................................39 Creando Puentes de Hermanamiento entre Bonn y La Paz.....................................41 Zum „6 de Agosto“ im Roten Rathaus in Berlin.....................................................44 Kultur Bolivia Festijazz 2014 Internacional – mit Jarry Singla und dem Trio “Eastern Flowers”....................................................................................................................46 “Reverdecer”– Balsam für die Seele.....................................................................49 Die „Wege des Herrn“ in den Straßen von Berlin...................................................51 Konzert und Gedenktafel in der “Cúpula de Adobe”...............................................53 Reise Auf Abwegen, mit Hund und Goldwäschern – auf der Suche nach dem Yunga Cruz.................................................................................55 Leute: Was bleibt? – Gedanken nach fast acht Jahren in Bolivien ...................................60 Personalwechsel an der Deutschen Schule La Paz................................................62 Schule: „Schüler der S4 überqueren den Atlantik“.............................................................64 Zwei Lehrerinnen aus Istanbul in La Paz................................................................65 Neuigkeiten von der Dualen Ausbildung................................................................68 Lehrreiches und Unterhaltsames DSD-Sprachcamp in Bolivien ............................72 Gespräch mit Jürgen Winkel, Leiter der Deutschen Berufsschule im Ausland.......74 Kulinarisches: Café Arco Iris........................................................................................................78 Organisationen Als Freiwilliger in Bolivien......................................................................................81 Ev. Kirchengemeinde Gemeindebote der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutscher Sprache in Bolivien....................................................................83 Unser neuer Pfarrer ist angekommen....................................................................85 Deutsches Zebra ein Jahr in Cobija/Pando.............................................................87 Danach ging´s zurück in unsere Wohnung............................................................89 Termine September – Dezember 2014 .................................................................91 Kontakt zur IELHA..................................................................................................92 Ev. Kirchengemeinde Mitteilungen der Katholischen Kirchengemeinde deutscher Sprache....................93 Veranstaltungen Kulturagenda des Goetheinstituts ........................................................................94 Titel Warum Bolivien Seit 22 Jahren lebe ich in Bolivien, mit zwei Unterbrechungen von 6 Monaten bzw. zwei Jahren, die ich in El Salvador – Mittelamerika – verbrachte. Seit 2003 bin ich Rentner und lebe in meinem Landhaus in Tarija. Im März 1992 kam ich mit Frau Laila und zwei Kindern Adrian und Lisa nach La Paz für eine deutsche Consultingfirma, die den Auftrag hatte, ein von der KFW finanziertes Projekt zur Unterstützung des Instituto Geografico Militar (IGM) durchzuführen. Meine Aufgaben als Langzeitexperte bestanden in einer Evaluierung des Bedarfs, der Beschaffung von Ausrüstung, der Ausbildung von Fachkräften an den neuen Instrumenten mit Hilfe von Kurzzeitexperten und Beratung. An die drei Jahre Projektlaufzeit schloss sich eine Nachbetreuung über zwei Jahre an, während der ich zusätzlich für die Firma neue Projekte akquirierte. In Bolivien hatte ich keinen Erfolg. Schliesslich gewann ich ein Projekt in El Salvador und zog dorthin, um es auszuführen. Nach der Hälfte der Projektlaufzeit ging jedoch die Firma in Deutschland bankrott. Zu meinem Glück konnte ich 1999 ohne Unterbrechung in das Team einer dänischen Consultingfirma in La Paz wechseln. Sie hatte einen Vertrag mit dem INRA zur Erstellung eines Landkatasters in den Yungas sowie in Gebieten von Santa Cruz und Beni gewonnen. Im Jahr 2001 erhielt diese Firma aufgrund meiner Kontakte den Zuschlag für ein Katasterprojekt in El Salvador, wo ich bis zu meinem 65. Lebensjahr 2003 als technischer Direktor tätig war. Weil ich noch mein Haus in Achumani besaß, kehrte ich, jetzt als Rentner dahin zurück mit der Absicht, dieses zu verkaufen und nach Brasilien, in die Heimat meiner Frau zu übersiedeln. Das Ausscheiden aus dem offiziellen Arbeitsleben wurde mir von der dänischen Firma etwas leichter gemacht, indem sie mich mehrmals auf Akquisitionsreisen und zur Ausarbeitung von Angeboten nach Zentralamerika schickte. So zog sich der Verkauf des Hauses noch zwei Jahre hin. 2004 auf einer Autofahrt mit meiner Frau nach Buenos Aires machten wir Halt bei Freunden in Tarija. Sie waren einige Jahre zuvor Monatsblatt 3/2014 7 Bolivien ¿por siempre! Titel aus La Paz dort hin gezogen, hatten sich eine Finca in der Nähe der Stadt gekauft, auf der sie Pferde und inzwischen auch Milchkühe hielten. Sie zeigten uns ein Grundstück neben ihrer Finca, das zum Verkauf stand, ca. 4 ha groß und am Stausee San Jacinto gelegen. Es gefiel uns sofort und die Überlegung, dass wir beiden Alten im ruhigen Tarija wohl eher angstfrei und unbesorgt leben können als in Brasilien, wo Gewaltverbrechen zum Alltag gehören, hat uns bewogen, das Grundstück zu kaufen und unser Haus drauf zu bauen. Seit 2007 wohnen wir hier. Blick von unserer Terrasse nach Osten: Sonnenaufgang an einem typischen Wintermorgen (vom 23.06.2012) Häufig werde ich gefragt, warum ich hier und nicht in Deutschland lebe. Ich antworte dann meistens: Deutschland ist schön aber es gibt dort zu viele Deutsche. Um nicht falsch verstanden zu werden, füge ich dann schnell hinzu: Deutschland hat etwa ein Drittel der territorialen Ausdehnung von Bolivien und ca. zehn mal so viele Einwohner. Es ist natürlich die Einwohnerdichte, die entscheidenden Einfluss auf die Lebensumstände hat. Sie schafft mehr Hektik und höhere Lebenshaltungskosten. Notgedrungen muss vieles strenger reglementiert werden. In anderen europäischen Ländern hält man jedoch die Deutschen für besonders ordnungsbesessen. Bei Besuchen meiner Kinder in Deutschland wurde ich öfter gerügt, weil ich irgend eine Regel übertreten hatte. Das schafft Unsicherheit. Daher geniesse ich die Freiheiten, die ich hier habe, z.B. beim Bau meines Hauses. Ich habe nach Osten einen weiten Blick über den Stausee und nach Westen zur Bergkette, die zum Naturschutzgebiet der Sama gehört. Keine Hauswand stört den Blick nach irgendeiner Seite. In der Nacht hört man nur ab und zu Hundegebell oder, zu gewissen Jahreszeiten das Zirpen der Grillen. Hier auf dem Land leben wir recht unbeschwert. Zwar fällt häufiger der Strom aus. Aber das ist dann keine Katastrophe. Zum Einen habe ich einen Benzingenerator, zum Andern sind wir nicht so sehr abhängig von der Elektrizität. In Deutschland wird in so einem Fall schnell das ganze öffentliche Leben lahmgelegt. Andererseits ärgere ich mich hier oft über die Nichteinhaltung von unsern gewohnten Verhaltensmustern, besonders die Unzuverlässigkeit bei Terminen und und anderen Absprachen oder die umständlichen Prozesse im Umgang mit den Behörden. Bolivien ¿por siempre! 8 Monatsblatt 3/2014 Titel Wir verbringen gern eine begrenzte Zeit in Deutschland oder einem anderen europäischen Land. Wir genießen dann das Leben in den Städten, die reichen Warenangebote in schön dekorierten Schaufenstern, den funktionierenden öffentlichen Verkehr, die kulturellen Angebote. Aber bei den Kontakten mit Freunden und Schulkameraden merken wir schnell, dass das nicht der Alltag ist. Wir haben immer den Eindruck, dass sie unter wesentlich größeren Zwängen leben als wir hier und sie scheinen mehr gestresst zu sein. Ich habe einmal erzählt, dass während eines Regensturms in unserem neuen Haus das Wasser durch die Fenster ins Zimmer kam. Da sagte mein Freund: “Da musst Du aber gleich den Architekten verklagen.” Deshalb muss man dort für alles mögliche eine Versicherung haben und jeder hat einen Arzt für dieses Leiden und einen andern für ein anderes. Mir scheint, wir leben hier gesünder. Im Großen und Ganzen komme ich mir hier doch privilegiert vor. Wenn ich trotzdem nicht ausschließen möchte, dass wir dieses Land in absehbarer Zeit verlassen und uns in Europa niederlassen, dann hat das mehr private Gründe. Zum Einen leben unsere Kinder dort und wir planen einmal jährlich eine Reise, um Kinder und Enkel zu sehen und die Reise ist jedes mal langwierig und teuer, auch ein Grund, weshalb die Kinder mit der Familie selten zu uns kommen. Zum Andern wird uns unser Haus und das Grundstück zu groß. Die Arbeit und Kosten für die Unterhaltung drücken immer mehr. Willkommene Alternative hätte die Einrichtung einer Seniorenkolonie sein können, wie wir sie beim deutschen Stammtisch hier in Tarija diskutiert haben (siehe meinem Aufsatz im Monatsblatt im letzten Jahr). Dafür steht mein Anwesen in der Diskussion und es wäre sicher ideal. Man könnte darauf 10 – 15 Bungalows errichten, in denen Seniorenpaare oder Einzelpersonen wohnen würden und unser Haus wäre das gesellschaftliche Zentrum. Die Arbeiten und Kosten würden sich auf mehrere Schultern verteilen und wir wären frei, einmal im Jahr eine längere Reise anzutreten, ohne uns um das Haus zu sorgen. So würden wir gerne hier bleiben. Aber noch haben wir kein ermunterndes Echo erhalten und aus der Stammtischrunde kommen nicht genügend Teilnehmer zusammen. Wilfried Seufert Monatsblatt 3/2014 9 Bolivien ¿por siempre! Titel Bolivien, eine Lebenserfahrung Nach dem Studium der Agrarwissenschaften (Fachrichtung Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus) in Kiel, einem Aufbaustudium für Projektmanagement in Berlin, einer vierjährigen Berufserfahrung als Mitarbeiter in einem GTZ-Projekt zur Regionalen Entwicklung in Zentralafrika, Praktiken in Banken, Verbänden und Ausbildungsveinrichtungen des Deutschen Genossenschaftswesens, kam ich im Oktober 1987 im Auftrag des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. (DGRV) nach Bolivien. Der Einsatzort war Cochabamba und die Partnerorganisation FENACRE, der nationale Verband der Spar- und Kreditgenossenschaften in Bolivien. Ziel des Projektes war der Aufbau von Ausbildungs-, Prüfungs- und Beratungsstrukturen des nationalen Verbandes für seine angeschlossenen Genossenschaften. Eine interessante Herausforderung, die in Zusammenarbeit mit einem Team von jungen und gut qualifizierten bolivianischen Mitarbeitern in Angriff genommen wurde. Ich erfuhr eine sehr freundliche Aufnahme in Bolivien und noch heute entstammen viele Freundschaften und Kontakte aus diesen ersten 4 Jahren. Nach 4 Jahren in Zentralafrika erschien mir das Leben in Cochabamba sehr viel kulturverwandter als möglicherweise anderen Europäern, denn obwohl ich das ganze Land bereiste, hatte ich zu dieser Zeit vor allem mit der städtischen Mittelstandsbevölkerung zu tun. Erst im Laufe der Zeit sollte ich feststellen, dass sehr indianisch bestimmte Kulturkreise auf dem Lande der europäischen Kultur ähnlich fern sind wie jene, die ich in Afrika kennenlernte. Schon in Deutschland wurde mir gesagt, dass ich in Bolivien sicherlich nicht ledig wieder wegkommen würde, und tatsächlich geriet ich mit Freuden sehr bald in die Fänge meiner heutigen Ehefrau, so dass wir schon in meinem ersten Jahr in Bolivien heirateten; fünf Kinder haben wir großgezogen. Die nächste berufliche Herausforderung führte mich, nun mit Familie, für knapp 3 Jahre nach Argentinien, zur Förderung des dortigen genossenschaftlichen Finanzwesens. Wie anders ist doch die argentinische Gesellschaft von der bolivianischen. Viele Bolivien ¿por siempre! 10 Monatsblatt 3/2014 Titel Argentinier betonen ihre europäischen Wurzeln und sind weitestgehend beratungsresistent, während in Bolivien europäischen Beratern eher allzu viel vertraut wurde. Nach Argentinien kam unsere „große“ Entscheidung: kein neues Land, entweder Deutschland oder Bolivien; diesen Zweikampf gewann Bolivien. Mir boten sich in Bolivien eine Vielzahl von Möglichkeiten, meiner Frau in Deutschland kaum welche. Mit einer langfristigen Perspektive in Bolivien änderte sich zunächst die berufliche Ausrichtung; weg vom festangestellten Mitarbeiter hin zum freiberuflichen Berater des Mikrofinanzwesens in Lateinamerika. Dies bedeutete viel Reisen, aber gleichzeitig auch die Freiheit, seine Ziele weitestgehend selbst zu bestimmen. Meine Kritik an der europäischen Entwicklungszusammenarbeit war insbesondere, dass ganz selten unternehmerisches Risiko eingegangen wurde, das sollte anders werden. So wurde zusammen mit einigen alten Bekannten die Spar- und Kreditgenossenschaft CACEF der Mitarbeiter des inzwischen bankrotten Verbandes FENACRE reaktiviert. Die erste Bestandsaufnahme ergab ein Kapital von 15.000 USD, wir mussten also ganz unten anfangen: die kleinste Spar- und Kreditgenossenschaft von Cochabamba. Die nächsten 20 Jahre waren insbesondere dem Aufbau und der Entwicklung der Spar- und Kreditgenossenschaft CACEF gewidmet. Viele Jahre war ich Vorstandsvorsitzender und geschäftsführender Direktor dieser Genossenschaft und erlebte hautnah den Umbau des bolivianischen Finanzsystems mit. Wir hatten Erfolg, heute verwaltet die Spar- und Kreditgenossenschaft CACEF fast 25 Mio. USD, hat 10.000 Mitglieder und ist derzeit die fünft grösste Spar- und Kreditgenossenschaft mit Sitz im Departamento Cochabamba. So entstand ein Beispiel, wie mit unternehmerischer Initiative mehr erreicht werden kann für die Entwicklung des Landes als durch manche internationale Förderung. Mein eigener Weg ging in den letzten Jahren weiter in diese Richtung: statt der internationalen Beratung von Mikrofinanzinstitutionen erhielt ich die Möglichkeit in der Finanzgruppe FORTALEZA als Direktor tätig zu werden. Auch hier machen wir Entwicklung; mit den verschiedensten Instrumenten und Produkten bedienen wir die Nachfrage der Klein- und Mittelunternehmen von Bolivien mit Finanz- und Versicherungsprodukten. Die Entwicklung von wettbewerbsfähigen Unternehmen in den verschiedensten Sektoren und Branchen ist mit Sicherheit einer der Grundsteine für eine dauerhafte Entwicklung in Bolivien. Monatsblatt 3/2014 11 Bolivien ¿por siempre! Titel Zu Beginn meines Berufslebens hatte ich sicherlich eine andere Vision von Entwicklung als heute. Damals war die Angelrute das Symbol der Entwicklung: Hilfe zur Selbsthilfe, was sicherlich nicht falsch ist. Heute geht es um die Überzeugung, das die Projekterstellung und -beurteilung realitätsnah und umsetzbar sein sollte, damit sowohl die Erwartungen der Kunden als auch die der Investoren erfüllt werden. Dieser, nennen wir es unternehmerische Ansatz, ist auf der politischen Bühne von Bolivien leider in den letzten Jahren zu Gunsten eines staatsinterventionistischen Kurses (in den 70er Jahren nannte man es Staatsmonopolkapitalismus) in den Hintergrund getreten. Auch auf internationaler Ebene geht es heute viel um Sozialhilfe zur Armutsbekämpfung. Ich bin da etwas anderer Meinung; ich habe eine kleine Landwirtschaft, auf der ich am Wochenende als Kleinbauer tätig bin. Nur wenn ich mehr ernte als ich säe, dann geht es voran. Es kann nur immer das verteilt werden, was vorher erwirtschaftet wurde, ohne damit die notwendigen Anreize für eine Fortsetzung der Produktion zu zerstören (man soll die Kuh, die man noch melken kann, nicht schlachten). Ich wünsche mir für Bolivien, dass unternehmerische Initiative als wichtiger Baustein der Entwicklung weiterhin anerkannt wird, und dass sich genügend Unternehmer finden, um die nationale Produktion voranzubringen. Der Staat möge darauf achten, dass alle Beteiligten (Kunden, Mitarbeiter und Investoren) den ihnen zustehenden Anteil bekommen. Kai Rehfeldt Bolivien ¿por siempre! 12 Monatsblatt 3/2014 Titel Kartoffeln statt Brot, Blau statt Grün Ich bin 1987 nach Bolivien gekommen. Ich hatte in Deutschland meinen bolivianischen Mann kennengelernt und geheiratet. Als er sein Studium abschloss und ich die Möglichkeit bekam, das „praktische Jahr“ des Medizinstudiums in Bolivien zu absolvieren, siedelten wir um. Zunächst als Versuch und Probe, aber dann wurde schnell klar, dass es für mich leichter war, eine sinnvolle Arbeit in Bolivien zu finden als in Deutschland. Damals war die Arbeitslosigkeit unter jungen Ärzten in Deutschland sehr hoch, viele wanderten aus oder zogen von Kiel in den Schwarzwald, um eine Stelle anzutreten. Außerdem wäre es auch für meinen Mann schwieriger gewesen, in Deutschland eine Stelle zu finden. Über die Jahre sind für ihn auch seine Wurzeln wichtiger geworden: das Land, die Erde, die Dorfgemeinschaft, die Kartoffeln. Für mich als recht internationales Stadtkind war es wichtig, herauszufinden, dass ich eigentlich überall leben könnte, solange ich meine Familie und ein Klavier um mich herum habe. Bolivien ist ein wunderbares Land für Einwanderer. Ich kann mich soweit integrieren, wie ich will, bin aber zu nichts gezwungen. Ich bin fachlich in meinen beruflichen Kreisen anerkannt. Was ich vermisse: das Brot, das Grün und die Haus- und Kirchenmusik. Aber dafür habe ich mehr und bessere Kartoffeln, den stahlblauen Himmel und das immer changierende Blau des Titikakasees und einige interessante und unabhängige Kulturschaffende. Ich singe in einem Chor, wo ich bei deutschen Texten brillieren kann, aber auch bolivianische Folklore mitsingen darf. Im Heimatdorf meines Mannes mache ich chuño (nicht sehr gut, aber ich versuche es wenigstens) und bin als tía, madrina und hermana akzeptiert. Ich kann bei aller Integration dazu stehen, dass ich eben „alemana“ bin. Ich muss nicht den Hanswurst aus mir machen und mich als Cholita anziehen, die ich ja nicht bin, aber wenn ich es mag, kann ich es tun und alle würden es so lustig finden wie ich auch. Komischerweise fühle ich es nicht mehr, dass ich als „Ausländerin“ gesehen werde, höchstens mal im Taxi, wenn mich jemand fragt, wie lange ich denn schon hier sei und dann weiterfragt, wie es mir denn im 2. Weltkrieg gegangen sei. Im Gegensatz dazu fühle ich mich in Deutschland immer fremder, wenn ich z.B. Monatsblatt 3/2014 13 Bolivien ¿por siempre! Titel nicht weiß, wie und wo man in der jeweiligen Stadt den Nahverkehr bezahlen soll oder durch die Produktflut in den Kaufhäusern nicht durchblicke. Auch genieße ich eine gewisse Freiheit gegenüber den Konsummoden in Deutschland, egal ob es sich um Kaffeemaschinen, intellektuellen Konsum oder Essensprodukte wie Gerste oder Quinua handelt, die mal für ein paar Jahre „en vogue“ werden. Mit relativ weniger Geld kann man hier ganz gut leben, und man organisiert sich um vieles herum, was vielleicht fehlt an Ressourcen oder Strukturen. Ich habe das Gefühl, dass ich mich hier besser auf das Wesentliche im Leben konzentrieren kann. Auch an unseren Kindern, die hier aufgewachsen sind und jetzt in Deutschland und der Schweiz studieren, merke ich, dass sie einfach gute Überlebenskünstler geworden sind. Caroline Sölle de Hilari Bolivien ¿por siempre! 14 Monatsblatt 3/2014 Titel Dieter März Im Büro sitzen wir an einem Freitagabend fast 2 Stunden zusammen. Reden über sein Leben und Wirken in den letzten 46 Jahren in Bolivien, aber auch von seinen deutschen Wurzeln und seiner Kindheit. Die Zeit verging im Fluge, denn Dieter März ist ein wunderbarer Erzähler und ein lebendiges Geschichtsbuch zugleich. Dabei konnte ich den Kenner der Wirtschaft und Politik in Bolivien auch auf einer anderen Weise erleben. Vielen ist er bekannt, denn seit 43 Jahren engagiert es sich in verschiedenen Aufgabenbereichen im Direktorium der Deutschen Kulturgemeinschaft. Ebenso begleitete er ab 1973 viele Jahre als Vorsitzender der Deutschen Schulgemeinschaft die Entwicklung der Deutschen Schule in La Paz. Doch bei diesem Gespräch standen andere Themen im Mittelpunkt. So erlebte ich einen jung gebliebenem 73 jährigen an seinem Schreibtisch, der von seiner Liebe zur bolivianischen Landschaft schwärmte. Der sich früher für den Schutz der Vikuñas einsetzte und dabei tatkräftig mithalf und sich jetzt bei seinen Ausflügen in der Hochebene über die wachsende Anzahl von Vikuñas und Lamas freuen kann. Zwischendurch zeigte er mir als begeisterter Hobbyfotograf wunderbare Fotos von entlegenen Gletschern und Bergseen, wo kaum sich einer mit dem Auto hinwagt. Sprach von seiner Achtung bei den Begegnungen mit der Bevölkerung auf dem Lande. Aufgewachsen ist er in den letzten vier Kriegsjahren in der Nähe von Erfurt in Thüringen und zog bald mit seine Eltern nach Hamburg. Doch nach seiner Bankkaufmann-Ausbildung trieb ihm die Abenteuerlust zwei Mal nach Afrika. Erst dann kam das lange Abenteuer Bolivien. Doch davon erzählt er nun selbst beim Beantworten der folgenenden Fragen: Aus welchem Grund sind Sie ursprünglich nach Bolivien gekommen? Dieter März (DM): Ein Freund, der in Chile arbeitete, hatte mich motiviert, nach Südamerika zu kommen. Hier bekam ich ein Angebot, in einer Transportfirma in La Paz zu Monatsblatt 3/2014 15 Bolivien ¿por siempre! Titel arbeiten. So fuhr ich mit dem Triebwagen von Arica nach La Paz und kam dort am 1.März 1968 an. Was hat Sie bewegt in Bolivien zu bleiben? DM: Zum einem war ein Grund, dass ich hier sehr schnell mein spätere Frau Ute, die an der Deutschen Schule als Lehrerin tätig war, kennenlernte. Des Weiteren hat mir von Anfang an die Landschaft sehr gefallen und wir waren mit unserem VW-Bus sehr viel unterwegs. Auch war meine Arbeitsstelle und die berufliche Weiterentwicklung hier reizvoller als in Deutschland. Gibt es Schlüsselerlebnisse? DM: Doch es gibt ein Schlüsselerlebnis - meine erste Fahrt in die Yungas. Ich war von der Landschaft tief beeindruckt. Damals war noch kein Tourismusverkehr und auf der alten „Todesstraße“ kam einem kaum ein Auto entgegen. Wenn es fünf waren, dann sprach man schon von Hochverkehr. Warum wollen Sie nicht mehr zurück nach Deutschland? DM: Sicher habe ich vor, langfristig weiterhin hier mit meiner Frau zu bleiben, aber ich will es nicht ausschließen, dass wir doch noch im hohen Alter nach Deutschland zurückkehren könnten. Der Kontakt nach Deutschland ist gut und ich fliege in der Regel einmal im Jahr dorthin. Trotzdem reizt mich im Moment nicht ein dauerhaftes Leben in Deutschland. Dort wäre ich jetzt Rentner und hier kann ich mich morgens um 7 Uhr ins Büro setzten. Wenn ich mal Lust habe, so gönne ich mir ab und zu auch mal eine Auszeitunter der Woche und am Wochenende genieße ich das Leben in unserem Häuschen außerhalb von La Paz. Dieses Leben könnten wir uns finanziell in Deutschland nicht leisten. Was gefällt Ihnen in Bolivien besser als in Deutschland? DM: Hier schätze ich die Möglichkeit, in Gegenden zu fahren, die von der Zivilisation noch nicht oder kaum berührt sind. Vikuñas, Lamas und alte Inkastraßen, aber ebenso die herrlichen Gebirgslandschaften. Dies alles würde ich sicher in Deutschland vermissen. Andreas Motschmann Bolivien ¿por siempre! 16 Monatsblatt 3/2014 Titel Schwester M. Christine Gruber Jeden morgen sitzt Schwester Christine um 5.30 Uhr am Computer, um ihre Post per E-Mails anzusehen, denn um 6 Uhr ruft das tägliche Gebet mit den Mit-Schwestern und danach gehen sie um 7 Uhr zur Hl. Messe. Anschließend gibt es das gemeinsame Frühstück und um 8 Uhr hat sie der Schulalltag. In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen die Priorin und Schulleiterin des Colegio Ave María in La Paz vor. Schwester M. Christine Gruber prägt seit vielen Jahrzehnten die größte Schule in Bolivien und in diesem Jahr hat sie als Direktorin die Verantwortung für 3.875 SchülerInnen, 160 einheimische Lehrerinnen und Lehrer und 50 Landarbeiter, Verwaltungs- und Hilfskräfte. 2014 ist auch ein besonderes Jahr, denn seit genau 50 Jahren besteht die einmalige Institution. Angefangen vom Kindergarten, über Primaria und Sekundaria kommen noch das Internat mit fast 100 Kindern und das Tagesheim mit 150 SchülerInnen hinzu. Ein besonderes Verdienst dieser Einrichtung ist es, dass bevorzugt Kinder aufgenommen werden, die sonst keine Möglichkeit hätten, eine Schule zu besuchen: Kinder aus den Urwaldgegenden im Tiefland, aus ärmeren Schichten und aus verschiedenen Gründen verwaiste Kinder. Für die “Madre”, wie sie von allen genannt wird, begann der Leben und Wirken in Bolivien mit einem 3 monatigen Praktikum im Jahre 1973. Ein Jahr vorher wurde die Einrichtung, eine kleine Indioschule mit Kinderheim am Rande von La Paz, im November 1972 von 3 Zisterzienserinnen aus der Abtei Seligenthal in Landshut in Bayern übernommen. Damals waren in kleinen schmutzigen Hütten gerade mal 40 Kinder untergebracht. Dort sammelte sie als Lehrerin für Sport und Kath. Religion ihre ersten Eindrücke. Diese waren so stark, dass sich die Münchnerin entschloss, eine Nonne zu werden. Allerdings knüpfte sie ihre Einkleidung als Klosterschwester an eine Bitte, in der Zukunft in Bolivien zu wirken und dies wurde ihr auch gewährt. So unterrichtete die leidenschaftliche Pädagogin über Jahrzehnte bis 2006 in der Schule neben Sport und Kath. Religion auch das Fach: Deutsch als Fremdsprache (DaF). Danach musste sie sich der neuen Herausforderung stellen, um die Schulleitung und als Priorin dem unabhängigen Priorat vor zu stehen. Monatsblatt 3/2014 17 Bolivien ¿por siempre! Titel Seit acht Jahren prägen nun zahllose Gespräche mit Schülern und Eltern, die Büroarbeit, Konferenzen und viele Termine und Telefonate von 8 - 12 Uhr und am Nachmittag von 14 - 18.30 Uhr den Berufsalltag. Außerdem hat sie nur ein kurzes Wochenende, denn am Samstag ist sie ebenso bis 12.30 Uhr in der Schule anzutreffen. Dafür ist sie jede Woche am Mittwoch und Donnerstag in Achocalla. Dort betreiben die Schwestern einen landwirtschaftlichen Betrieb, um die Versorgung des Internats mit gesunden Lebensmitteln zu gewährleisten. Neben der Gartenarbeit muss sie sich einen Tag der Schreibtischarbeit widmen. Aber der „Tapetenwechsel“ hat für sie doch eine gewisse erholsame Wirkung. Auch wenn die fast 68-jährige inzwischen die neuen Kommunikationsmittel, wie Internet und E-Mails schätzt und täglich nutzt, so hat sie es erfolgreich geschafft, sich nicht von einem Handy abhängig zu machen und ist somit nicht ständig erreichbar. Bei meinem Besuch lernte ich die Priorin kennen und schätzen. Trotz ihres dicht gefüllten Alltags, nahm sie sich ungewöhnlich viele Stunden Zeit, um mir die Einrichtung zu zeigen. Beim gemeinsamen Mittagessen mit den Mit-Schwestern und Praktikanten wurde, wie in einer großen Familie, gelassen über alles gesprochen. Eine schöne Geste, dass die jungen Leute, welche hier ihr Freiwilliges Soziales Jahr ableisten, jeden Dienstag und Freitag zum gemeinsamen Mittagessen eingeladen werden. Nach dem Essen hatten wir Zeit, uns in Ruhe über ihr Wirken und über Visionen zu unterhalten. Neben den vorher beschriebenen Aufgaben korrigiert sie Schulbücher, welche das Colegio eigens entwickelt, um die Kosten für die Schüler zu senken. Außerdem bietet sie Aufsatz-Seminare für Lehrer an. Ebenso ist sie immer wieder auf die Suche nach geeigneten Deutschlehrern. Hier melden sich zum Glück immer wieder Ex-Schüler. Insgesamt tragen viele ehemalige Schüler, die jetzt als Lehrer an der Schule tätig sind, bei solch einem riesigen Team durch ihre Identifizierung mit dem Colegio, zu einem sehr guten Betriebsklima bei. Sie stellte im Gespräch heraus, dass ihr ein besonderes Anliegen ist, die beiden Fremdsprachen in Deutsch und Englisch zu verbessern. Ebenso das Angebot eines technischen Abiturs. Zurzeit werden die Schüler am Nachmittag in den Werkstätten Bolivien ¿por siempre! 18 Monatsblatt 3/2014 Titel in sechs Berufszweigen eingeführt. Denn nur mit einer guten Ausbildung haben die jungen Menschen Zukunftschancen. Sehr froh ist sie, dass vor allem in Bayern viele Einrichtungen und Schulen das Wirken in La Paz finanziell unterstützen. So gehört das Olympia-Morata-Gymnasium in Schweinfurt seit 23 Jahren zu den eifrigsten Unterstützern des Colegio Ave Maria. Hier hatte Sr. Christine vor 43 Jahren ihr Referendariat absolviert. Darüber hinaus gehen auch immer wieder SchülerInnen als Freiwillige nach La Paz. So kommt neben der finanziellen Hilfe auch eine personelle Unterstützung hinzu. Beim Festakt zur 50-Jahrfeier bekam Schwester Christine eine besondere und ehrenvolle Würdigung für ihr Jahrzehnte langes Wirken. Ihr wurde vom deutschen Botschafter das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland überreicht. Bis zu ihrem 70. Lebensjahr will sie sich noch diesen vielfältigen Aufgaben stellen, um dann diese in jüngere Hände abzugeben. Aber auch danach wird sie weiterhin hier in Bolivien ihr Wirkungsfeld haben. Schwester M. Christine Gruber wünscht die Monatsblatt-Redaktion weiterhin viel Schaffenskraft, Gesundheit und Gottes Segen in ihrem Wirken. Andreas Motschmann Monatsblatt 3/2014 19 Bolivien ¿por siempre! CCA Die Deutsche Kulturgemeinschaft (CCA) feiert 100 Jahre Gala-Abend – Rockkonzert – Frühlingsfest Zu einem 100-jährigen Jubiläum gehören auch Feste. Und das wird vom CCA in diesem Jahr auch gebührend gefeiert. Begonnen hat die Festreihe mit dem Gala-Abend am 31. Juli im Hotel Europa. Die ganze CCA-Mitgliedergemeinschaft war eingeladen und hinzu kamen weitere geladene Gäste. Unter ihnen waren auch der Oberbürgermeister von La Paz, der Vertreter der Abgeordnetenkammer und der Deutsche Botschafter. Neben Grußworten und Geschenken gab es auch Ehrungen. Zunächst wurden viele für ihre 25-jährige Mitgliedschaft geehrt. Nach dem Festessen standen die Mitglieder im Mittelpunkt, welche über 40 und 50 Jahre der Kulturgemeinschaft treu geblieben sind und sich in vielen Jahrzehnten für ihr Engagement Verdienste erworben hatten. Nach so vielen Reden und Ehrungen durften alle die Lust hatten, bei Live-Musik das Tanzbein schwingen. Und so klang ein sehr gelungener und stimmungsvoller Abend aus. Acht Tage später ging es in der Deutschen Schule in Achumani weiter. Dass die Deutsche Kulturgemeinschaft auch nach 100 Jahre jung geblieben ist, zeigte ein Rockkonzert. So kamen am Freitag, den 08. August junge und junggebliebene Leute in die Turnhalle. Zu fetzigen Klängen von Christian Krauss, ATAJO und Makurka konnten sich alle austoben. Besonders ATAJA konnte die leider wenigen Besucher mitreißen und vor der Bühne wurde um Mitternacht heftig getanzt. Keine Verschnaufpause gönnten sich die Verantwortlichen der Kulturgemeinschaft, denn am nächsten Tag ging es am gleichen Ort um 12 Uhr weiter. Ein Frühlingsfest für die ganze Familie. Bolivien ¿por siempre! 20 Monatsblatt 3/2014 CCA Dabei waren sicher die Oktoberkrainer aus Blumenau/Brasilien eine besondere Attraktion! Das kommt nicht alle Jahre vor, dass so eine Gruppe nach Bolivien kommt. Sie spielte auf einem offenen Lastwagen schmissige Volksmusik und sorgte so in San Miguel und Achumani für Aufsehen. Dann ging es in der Turnhalle weiter. Vorsitzender „Bazi“, Friedrich-Klaus Ohnes, begrüßte die Gäste und eröffnete das Fest mit einem bayrischen: „O zapft is“ und wünschte allen frohe Stunden. Aber auch andere Gruppen, wie Antología, die Big Band des Colegio Alemán und das Ballet des Colegio Ave María sorgten für eine tolle Stimmung. Hier war besonders das vielseitige Programm des Balletts ein Augenschmaus. Zum Schluss tanzten alle gemeinsam mit den Akteuren vor der Bühne. Wer am Samstag keine Zeit hatte, so war das kein Problem. Denn für eine Fortsetzung war am Sonntag gesorgt. Hier stand die Oktoberkrainer Musi im Mittelpunkt und in der letzten Stunde blieb keiner mehr auf seinem Sitzplatz und es tanzten alle – jung und alt. Sie ist eine der bekanntesten Bands des Oktoberfestes Blumenau, im Süden Brasiliens, eines der größten Oktoberfeste außerhalb Deutschlands. Neben einem ansehnlichen Repertoire traditioneller Klänge sowie moderner Musik aus Deutschland spielte die Band auch brasilianische Musik. Ebenso sorgte die Big Band des Colegio Alemán für Abwechslung. Natürlich war für Essen und Trinken bestens gesorgt! Bei dem Besuch der beiden bikulturellen Veranstaltungen für Jung und Alt kam zweifellos jeder auf seine Kosten. Außerdem bot sich die einzigartige Gelegenheit, die deutsche Kultur näher kennenzulernen. Die beiden musikalischen Events am Samstag und Sonntag stießen leider auf keinen allzu großen Besucherandrang. Monatsblatt 3/2014 21 Bolivien ¿por siempre! CCA Alle drei Tage waren bestens organisiert. Hier gilt Dr. Reinhard Rössling, Mitglied des CCA-Direktoriums ein besonderes Dankeschön. Denn er war und ist für die Planung und Durchführung aller Veranstaltungen hauptverantwortlich. Dabei gilt auch ein herzliches Dankeschön den Sponsoren (Grupo La Papelera, Reineke Fuchs, Erdirger, Corimex, Heubol für Schwarzkopf & Henkel, Inti, Intercom, Andean Office für Office, Embol für Coca Cola, Nueva Tel für Viva) für die finanzielle Unterstützung. Aber damit nicht genug. Im September und Oktober hatte und hat die Deutsche Kulturgemeinschaft noch weitere Highlights für Sie bereit. Und das nicht nur in La Paz! So spielte im September in La Paz, Santa Cruz und Cochabamba bei einem Jazz-Konzert die Gruppe “Eastern Flowers” mit Jarry Singla. Darüber können wir aber erst im nächsten Monatsblatt berichten. Weiter geht es am Mittwoch, 01.10. 2014 und Donnerstag, 02.10.2014 mit einem Klassischen Konzert in der Sinfónica von La Paz. Hier wirken die Sinfónica Boliviana, der Coro Sinfónico und die Pianistin Miao Huang aus Deutschland mit. Andreas Motschmann Fotos: Gala-Abend: Andreas Motschmann Rockkonzert: Chris Winkler Frühlingsfest: Familie Arroyo-Wilker Bolivien ¿por siempre! 22 Monatsblatt 3/2014 CCA Die Deutschen Kulturgemeinschaft (CCA) hat eine Homepage Genau hundert Jahr jung ist die Deutsche Kulturgemeinschaft. Ein Grund genug, die Arbeit im 21. Jahrhundert neben Prospekten, Flyern und Artikeln im Monatsblatt auch auf einer Homepage und auf Facebook vorzustellen. Seit Juli können Sie sich nun zusätzlich auf der neuen Homepage und auf Facebook über die Aktivitäten der Deutschen Kulturgemeinschaft (DKG) informieren. Auf vielfältige Weise wird die Arbeit dargestellt: Von den einzelnen Abteilungen des Vereins, der Sozialarbeit, von Projekten und Berichten bis hin zu den aktuellen Veranstaltungen. Selbstverständlich ist auch ein Link dem Monatsblatt gewidmet, denn die Deutsche Kulturgemeinschaft freut sich, dass sie seit fast 25 Jahre der Herausgeber dieser (Kult)Kulturzeitschrift ist. Hier können sie auch das Monatsblatt Seite für Seite lesen! Ein Bereich gehört der Kultur und hier stehen Bolivien und Deutschland im Mittelpunkt. Denn die DKG pflegt seit 1914 die deutsch-bolivianische Freundschaft sowie die deutsche Kultur und Sprache in Bolivien. Wertvoll kann auch die Link-Sammlung sein, denn so können Sie bequem und sofort auf andere Web-Seiten gehen, welche mit der DKG verbunden sind oder die sich hier in Bolivien engagieren. Ein „Hingucker“ ist die Bildergalerie mit Historischen Fotos aus der Deutsche Schule, deren Schulträger die DKG ist, bis hin zur Exkursion nach Peñas. Zum Schluss darf auf die aktuellen Veranstaltungen hingewiesen werden, welche auch ein Schwerpunkt auf Facebook ist. Hier können Sie immer die genauen Termine erfahren. Somit ist die neue Homepage der Deutschen Kulturgemeinschaft nicht nur ein Service und eine Bereicherung für seine Mitglieder, sondern für alle Interssierten, die mehr vom kulturellen Leben in Bolivien erfahren möchten. Sind Sie neugierig geworden, dann schauen Sie doch mal rein unter: http://www. cca-bolivia.com/ Und zum Schluss noch eine Neuigkeit. Die Deutsche Kulturgemeinschaft hat auch ein neues Logo! Vielleicht ist es Ihnen ja auf der Titelseite des Monatsblattes schon aufgefallen! Andreas Motschmann Monatsblatt 3/2014 25 Bolivien ¿por siempre! CCA Deutscher Friedhof in La Paz Die Deutschen Kulturgemeinschaft (CCA) hat neben der großen Aufgabe als Schulträger der Deutschen Schule in La Paz und neben sozialen Aufgaben einen weiteren Schwerpunkt und zwar der Deutsche Friedhof. Im Jahr 1950 wurde im CCA die Abteilung „Deutscher Friedhof“ gegründet. Mit den Schweizer Mitbürgern wurde 1961 ein rund 7000 Quadratmeter großes Grundstück in der Villa Copacabana erworben und einige Jahre später ein Waldfriedhof angelegt. Sämtliche Gräber deutscher Landsleute wurden dann vom städtischen Friedhof auf den deutschen Friedhof verlegt. Die Kommission „Friedhof“ kümmert sich seit Jahrzehnten um die notwendigen Reperatur- und Instandsetzungsarbeiten, von Ausbesserungen an der Kapelle bis hin zum Ausschneiden der Bäume. 2007 wurde ein neues Verwaltungsgebäude eingeweiht. Das zweistöckige Gebäude bietet neben dem Verwaltungsbüro, Lagerräumen sowie Wohn- und Sanitärräumen für das Verwaltungspersonal Platz. Vor dem Gebäude wurden eine Parkfläche für die Autos der Besucher angelegt. Im Jahre 2011 wurde hinter der Kapelle ein Anbau installiert. So haben die Trauergäste eine Ruhezone für schwierige Momente. Alle Besucher sind vom Friedhof sehr beeindruckt. Er ist eine Oase der Ruhe und Besinnung mitten in der Großstadt La Paz. Adresse: Calle Inca Sebastián Acosta #721, Villa Copacabana Wenn Sie Fragen zum Erwerb eines Grabes und über die Kosten haben, so wenden Sie sich an die CCA- Geschäftsstelle - Telefon: 2671002 Bolivien ¿por siempre! 26 Monatsblatt 3/2014 CCA Wenn Sie Mitglied des Deutschen Kulturgemeinschafts (CCA) sind, haben Sie beim Kauf besondere Konditionen. Einlandung zum Volkstrauertag Am Volkstrauertag im November gedenken wir, die Deutschen Kulturgemeinschaft, die Deutsche Botschaft, die Evangelische Kirche deutscher Sprache, die Katholische Gemeinde deutscher Sprache und die Jüdische Gemeinde jedes Jahr auf dem Deutschen Friedhof den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft sowie den Opfern des Holocaust. Dazu sind Sie auch in diesem Jahr, am Sonntag, dem 16. November um 10 Uhr herzlich eingeladen. Anschließend (11 Uhr) haben wir eine gemeinsame Gedenkfeier auf dem Jüdischen Friedhof. Adresse: Villa San Antonio Bajo Wir wären Ihnen sehr dankbar, diese Einlandung an alle Interessierten weiter zu leiten. Weitere Informationen und Fotos finden Sie auf der Homepage der Deutschen Kulturgemeinschaft: http://www.cca-bolivia.com/ Andreas Motschmann Monatsblatt 3/2014 27 Bolivien ¿por siempre! Aktuell Wir sind Weltmeister Deutschland konjugiert sich neu: Ich bin Weltmeister, du bist Weltmeister, er/sie/es ist Weltmeister, wir sind Weltmeister, ihr könnt nach Hause fahrn... Sind wir nicht alle ein bisschen Weltmeister? Wobei ich finde, dass ich ein bisschen mehr Weltmeister bin als viele andere. Was erstens an der Einstellung liegt und zweitens an Malbec, dem argentinischen Rotwein. Aber dazu später. Es ist ja wahnsinnig einfach, Fußballspiele oder auch ganze Turniere vom Ergebnis her zu kommentieren. Da ist es dann plötzlich ganz logisch, dass Deutschland Weltmeister geworden ist, obwohl vorher kaum jemand darauf getippt hatte. Das Land war alles andere als optimistisch und euphorisch. Aber nachher hat’s jeder vorher gewusst. Und dabei wird immer wieder übersehen, welch große Rolle Glück oder Zufall im Fußball spielen. In einer der wenigen Mannschaftssportarten, in denen oft ein einziges Tor das Spiel entscheidet, hängt es oft an Winzigkeiten, an Zentimetern oder Sekundenbruchteilen, ob dieses Tor nun fällt oder nicht. Klar, es gehört immer auch Können, Geschick und die Fähigkeit dazu, dass Glück beim Schopf zu packen. Aber dazu muss es erst einmal in Reichweite sein, das Glück. Ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus den Fenster (in dem Bewusstsein, mich quasi im Erdgeschoss zu befinden; es kann also nichts passieren) und behaupte: Ghana hätte Weltmeister werden können. Ghana war im ersten Spiel gegen die USA die bessere Mannschaft und verlor ausgesprochen unglücklich. Gegen Deutschland – bitteschön, den späteren logischen Weltmeister – war man mindestens ebenbürtig, und Bolivien ¿por siempre! 28 Monatsblatt 3/2014 Aktuell gegen Portugal... da war eine Riesenchance zum 2:1, das alles hätte ändern können. Es fehlte in erster Linie einfach das Glück. Lassen wir, dem Zufall auf der Spur, das Turnier der deutschen Mannschaft noch einmal Revue passieren. Da war zunächst das 4:0 gegen Portugal. Überschätzt. Sowohl das Ergebnis wie auch der Gegner. Portugal war ein Witz, der schnell in Rückstand und Unterzahl geriet und in der zweiten Halbzeit versuchte, den Dreitorerückstand über die Zeit zu bringen. Das Spiel war kein Maßstab. Danach dachten viele, vom Ergebnis geblendet, gegen Ghana würde ein mindestens so klarer Sieg gelingen. Ein packendes Spiel, ein gerechtes Unentschieden, und der Chor der Unken, die vom Fußball keine Ahnung haben, fing sofort wieder an zu quaken: Diese Mannschaft hat kein Siegergen, diese ewige Schönspielerei, wir wollen jetzt verdammt noch mal einen Titel, so wird das nie was, wir ham’s ja immer gesagt!!! Halt das, was diese Idioten schon seit geraumer Zeit von sich gegeben hatten. Es folgte das Spiel gegen die USA. Das war das einzige Spiel, vor dem ich Angst hatte. Und damit kommen wir zu Grund eins, warum ich etwas mehr Weltmeister bin als die meisten anderen. Ich mochte unsere Mannschaft nämlich immer. Ich mochte und mag, dass sie schön und sportlich fair und sehenswert spielt, dass sie offensiv und technisch versiert und ballfreundlich ist. Ich mochte sie auch, als sie ein ums andere Mal gegen Spanien und Italien verlor, ich genoss das absurde 4:4 in der Qualifikation gegen Schweden, ich mochte sie auch ohne Titelgewinn. Von mir aus hätte sie verlieren und ausscheiden dürfen, ich hätte trotzdem zu ihr gehalten und wäre ihr Fan geblieben. Nur eines hätte sie mir nicht antun dürfen: eine Wiederholung der Schande von Gijón. Sie wissen schon, WM 1982 in Spanien, das auf widerliche Weise von widerlichen Fußballern zusammengeschummelte 1:0 gegen Österreich, was beiden Teams die Qualifikation für die nächste Runde bescherte. Ein Déjà-vu in Recife, das war mein Albtraum. Ich glaubte es nicht, diese Mannschaft hat doch einen anderen Charakter, ich wollte es mir nicht vorstellen, aber weiß man’s? Beiden Teams genügte ein Unentschieden. Ein Spiel beginnt bei unentschieden. Was ist leichter und verlockender, als einfach nichts zu tun? Ich weiß nicht, was ich dann gemacht hätte. Die Flaggen verräumt, die Fähnchen verbrannt, gar den Fernseher ausgeschaltet? Deutschland gewann 1:0, es war ein ziemlich normales Fußballspiel, alles war gut. Achtelfinale gegen Algerien. Wir reden von Zufall, von Glück, von Winzigkeiten. Also: Manuel Neuer kommt einmal einen einzigen Schritt zu spät, der algerische Stürmer spitzelt den Ball vorbei, Foul, rote Karte, vielleicht Elfmeter. Der eingewechselte Roman Weidenfeller hat die Fingerspitzen noch dran, aber es steht 1:0 für Algerien. Endstand 2:1, Deutschland fährt nach Hause. Shitstorm im Internet, die TitelschlagMonatsblatt 3/2014 29 Bolivien ¿por siempre! Aktuell zeilen von Bild und Konsorten denken Sie sich bitte selbst aus. Jogi Löw tritt zurück und wird aufgefordert, sich aufzuhängen, aber bitte so, dass man den Strick nachher noch verwenden kann1. Es war eine große Leistung des deutschen Mannschaft, dass sie nach der Verunsicherung in der ersten Halbzeit, gegen deren Ende kaum ein Kurzpass ankam, zu ihrem Spiel gefunden und die Partie letztlich mit Mühe, aber verdient gewonnen hat. Aber kaum einer hat’s gemerkt. Stattdessen titelte Yahoo, stellvertretend für viele andere Idioten: „Aufwachen!“. Als hätte jemand geschlafen. 94. Minute im Viertelfinale. Klar, man muss erst einmal so groß sein wie Manuel Neuer, und man muss die Hand erst einmal da hinbringen, unsereins würde schon an diesen beiden Grundvoraussetzungen scheitern. Aber ein bisschen Glück ist auch dabei, den letzten Schuss des famosen Franzosen Benzema aus derart kurzer Distanz so abzuwehren. Machen wir uns nichts vor: Frankreich war absolut gleichwertig. Mats Hummels macht das zweitwichtigste deutsche Tor des Turniers. Gut, dass er dabei war. Gegen Algerien hatte er wegen einer Grippe gefehlt. Es ist so wahnsinnig leicht, Fußballspiele vom Ergebnis her zu kommentieren – und zu erklären. Ungefähr so leicht, wie Erdbeben, Wirbelstürme und Tsunamis im Nachhinein vorherzusagen. Und so hat man nach dem unfassbaren 7:1 im Halbfinale gegen Brasilien eine ganze Menge schlauen Schwachsinns lesen können, und leider nicht nur in dubiosen Quellen wie Yahoo oder Bild. Wir zitieren hier mal stellvertretend Thomas Kistner von der Süddeutschen Zeitung: „Das Beste vorneweg, aus Sicht der Seleção: Bei keinem anderen WM-Turnier hätte sie es überhaupt in die K.o.-Runde geschafft. (...) Brasilien hat im WM-Jahr nicht nur eine schwache Spielergeneration; es ist die schwächste seit den Fünfzigerjahren. Aber das weiß man Jahre vorher (...)“ Ach so. Brasilien also so schwach, dass sie nur durch Zufall und mit Hilfe der Schiedsrichter unter die letzten Vier gestolpert sind. Aha. Merkwürdig – obwohl Herr Kistner 1 Genau diese Anregung erhielt Sepp Herberger nach dem mit 3:8 gegen Ungarn verlorenen Vorrundenspiel bei der WM 1954. Ich frage mich immer, was der Schreiber jenes Ratschlags wohl nach dem gewonnenen Finale gedacht hat. Vermutlich gar nichts, außer: „Wir sind Weltmeister“. Bolivien ¿por siempre! 30 Monatsblatt 3/2014 Aktuell es „Jahre vorher“ wusste, war noch tags zuvor in seinem Artikel zum Halbfinale kein Wort davon zu lesen. Dabei war der Beitrag sehr passend mit „Spiel für die Ewigkeit“ überschrieben. Aber es findet sich darin nicht der geringste Hinweis auf einen bevorstehenden 7:1-Triumph der deutschen Mannschaft2. Das hat einen ziemlich einfachen Grund. Erdbeben mögen sich zwangsläufig aufgrund einer adäquatkausalen Ursachenkette ereignen. Aber das wees Schmetterlings über Wirbelsturm oder Flaute. Da sollte man nachher nicht so tun, als habe man es schon vorher gewusst. Eigentlich offenbart man damit nur eines: dass man wenig Ahnung hat. Von Fußball, Zufall und Psychologie. iß man immer erst nachher. Vorher gibt es vielleicht Anzeichen; aber es könnte auch alles ganz anders kommen. Und manchmal entscheidet nur der Flügelschlag eines Schmetterlings über Wirbelsturm oder Flaute. Da sollte man nachher nicht so tun, als habe man es schon vorher gewusst. Eigentlich offenbart man damit nur eines: dass man wenig Ahnung hat. Von Fußball, Zufall und Psychologie. Mit dem Sieg von Belo Horizonte hat sich die deutsche Mannschaft ein Denkmal gesetzt, mehr noch als mit dem darauf folgenden Titelgewinn. Weltmeister wurden wir nun schon zum vierten Mal; ein 7:1 gegen Gastgeber Brasilien in einem WM-Halbfinale, dabei vier Tore innerhalb von sechs Minuten und vierzig Sekunden – etwas Vergleichbares sucht man in der Geschichte der Fußballweltmeisterschaften vergeblich. Es bleibt unwirklich. Ich schüttle immer noch ungläubig den Kopf, wenn ich daran denke. Dass viele Menschen von Fußball, Zufall und Psychologie wenig Ahnung haben, zeigte sich auch in den folgenden Tagen bei den Tipps fürs Finale. 3:1 war geradezu moderat. 3:0, 4:1, gar 6:1 – klar, wer Brasilien so vom Platz fegt, wird sich doch von Argentinien nicht aufhalten lassen! Irgendwas verstanden, Idioten? Offensichtlich nicht. Deutschland ist der richtige Weltmeister, keine andere Mannschaft hätte es so verdient gehabt wie die deutsche. Aber das Finale hätte genauso gut Argentinien gewinnen können, und dann hätten die ganzen versammelten Idioten, die jetzt so stolz Weltmeister sind, wieder von „fehlenden Typen“, „keine Siegermentalität“ und „Konsequenzen“ salbadert. Nur weil der Ball einmal ins falsche Tor gegangen wäre... wenn Higuaín allein vor Neuer die Nerven behält (auf Vorlage von Toni Kroos)... wenn 2 Dass ich hier so auf Thomas Kistner eindresche, hat einen einfachen Grund: Sein Unsinn liegt mir vor. Viele andere schrieben und sagten ähnlich dummes Zeug. Kistner hat schon sehr gute Artikel über Fußball verfasst. Aber es fehlt ihm hier an der Souveränität, das Unfassbare, Unvorhersehbare einfach unfassbar und unvorhersehbar zu nennen. Vielleicht noch eine letzte Stichelei zu „vorher gewusst“. Das Sonderheft von 11Freunde, Magazin für Fußballkultur und nicht gerade für Banausentum bekannt, schreibt im Vorfeld der WM von Brasiliens „Traumkader“, von Fred als „brillianten Backup“ Neymars und kommt zu dem Schluss: „Was die Besetzung anbetrifft, kann es bei dieser WM – da sind sich alle Experten einig – keinen anderen Sieger geben als die Brasilianer“. Monatsblatt 3/2014 31 Bolivien ¿por siempre! Aktuell der Linienrichter bei Higuaíns Tor nicht das Abseits erkennt (das haben sie nicht immer bei dieser WM)... wenn Messi, von rechts brandgefährlich in den Strafraum eingedrungen, einen Anspielpartner oder den Weg ins Tor findet (kurzer Herzstillstand meinerseits)... wenn Messi den Ball nicht um Zentimeter am Torpfosten vorbeizieht (ich habe ihn, ehrlich gesagt, schon drin gesehen)... wenn der Schiedsrichter Elfmeter und Rot gegen Neuer gibt (mal unter uns – das war ein Foul, auch Torhüter dürfen Stürmer nicht einfach umrammen, daran ändert auch nichts, dass die Attacke gegen Christoph Kramer in der ersten Halbzeit auch Elfmeter und Rot hätte geben müssen)... wenn Palacios Lupfer nicht knapp neben das Tor geht (da hätte vermutlich nicht einmal Boateng was machen können)... Man braucht eine ganze Menge Glück, bis man verdient Weltmeister ist. Und dann war da ja noch die Sache mit Malbec, dem argentinischen Rotwein. Riskant, ausgerechnet einen argentinischen Rotwein zum gemeinsamen Glotzen des Finales mitzunehmen. Ich war mir tagelang nicht sicher, ob es vom Schicksal nicht als Sympathisieren mit dem Gegner ausgelegt werden könnte, und entschied mich erst nach Rücksprache mit einem Experten dafür, es zu wagen. Klar, wenn es schief geht, bin ich mal wieder der Depp. Aber gut; ich stelle also Malbec, den argentinischen Rotwein, von Anfang an auf (in diesem Fall auf den Tisch), mit der klaren Ansage, z.B. bei einem Rückstand zur Pause den Argentinier zu knacken und notfalls alleine niederzukämpfen. Kein Tor, kein Rückstand. In der Halbzeit der Verlängerung weiß ich, dass ich nun alles auf eine Karte setzen muss. Malbec, der argentinische Rotwein, wird geöffnet. Wenige Minuten später trifft Götze. Alles richtig gemacht, Jogi Löw und ich3. Alles Blödsinn? Alles Quatsch? Klar, aber andererseits: Wie war das noch mit dem Zufall? Mit dem Flügelschlag eines Schmetterlings, der einen Wirbelsturm auslösen kann? Warum dann nicht das Ploppen eines Weinkorkens4 im richtigen Moment, das die Flugbahn eines Balles im fernen Brasilien so verändert, dass Mario Götze ihn so formidabel annehmen und ins Eck schießen kann? Und deshalb finde ich alles in allem, dass ich ein bisschen mehr Weltmeister bin als viele andere. Manuel Lins 3 Der 11Freunde-Liveticker unmittelbar nach dem gewonnenen Finale, über Jogi Löw: „Wir haben fast immer an dich geglaubt“. Erfreulich ehrlich. Aber ein paar Leute standen immer hinter diesem Bundestrainer. Nicht nur fast, und nicht nur nach Siegen. 4 Malbec, der argentinische Rotwein, schmeckte übrigens im Abgang etwas enttäuscht. Wenige Tage später sagte die Flasche im Interview, sie habe alles gegeben und fühle sich jetzt einfach nur leer. Bolivien ¿por siempre! 32 Monatsblatt 3/2014 Aktuell Ich war dabei - Fußball-WM in der brasilianischen Provinz Die Chance wollte ich nutzen. Die WM vor der Haustür! Zwei WM-Spiele konnten wir sehen in Cuiabá und einen Einblick in die FIFA-Welt gewannen wir dabei auch. Nach Schnorcheln im Dschungel ging es dann drei Tage zurück in Bus und Trufi nach Santa Cruz. Fußball-WM in Brasilien und ich in Bolivien. Wie viele meiner Bekannten versuchte ich, ein Spiel live zu sehen. Schon früh ein Blick auf die Austragungsorte. Am nächsten an der Grenze: Cuiabá. Die FIFA-Homepage zeigte einen Wasserfall und tropisches Grün. WM in der Provinz? Meine Rechnung ging auf. Wer will schon nach Cuiabá? 2x2 Karten für Vorrundenspiele in dieser Stadt. Je 90 US-$ - es fühlte sich an wie ein Hauptgewinn. Dann musste ich zuvor nach Deutschland. Also Hinreise über Sao Paulo. Dort am Flughafen ein langes Suchen nach dem WM-Schalter und eine kleine Schrecksekunde auf die Frage nach Buchungsnummer oder Kopie der Bestätigung. Doch der FIFA-Computer hatte ja alles und nach einigen Minuten hatte ich die Tickets in der Hand. 12:05 Abflug nach Cuiabá. Die Internet Hotelplattformen zeigten ein wenig provinzielles Bild von Cuiabá. Luxushotels mit Sternen, jedes schicker und teurer als die Teuersten in La Paz und alle ausgebucht. Doch die Diaspora verbindet. Ein adventistischer Schüler verblüffte einmal meine Klasse, als er berichtete, dass es überall auf der Welt Aufnahme bei Mitgliedern seiner Kirche bekäme. Im katholischen Brasilien half mir mein lutherischer Kollege aus Sao Paulo, der wiederum eine Kollegin in Cuiabá hatte. Ein Mitglied hatte auch ein einfaches Hotel ohne Internetseite. Auf dem Fernseher zwischen Einfahrt und Lobby sahen wir das Deutschlandspiel gegen Ghana. Danach ging es zum Stadion. Hinein in den FIFA-Welt. Weiträumige Straßensperren, Schlangen, Gepäckkontrollen. Dann hinter allen Absperrungen nur noch die Hauptsponsoren: Coca-Cola, Budweiser, Hyundai, McDonalds, eine brasilianische Bank. Jede war mit einem sterilen und lauten Pavillon vertreten. Das Stadion war schön und neu und für die heiße Region erstaunlich kühl. Auch von dem Platz ganz oben, schräg hinter dem Tor (Preisgruppe 3) hatten wir einen guten Monatsblatt 3/2014 33 Bolivien ¿por siempre! Aktuell Blick auf Bosnier und Nigerianer. Zumindest in unserer Ecke gab es überraschend wenig Interesse am Spiel. Wichtiger waren die Selfies oder Bilder mit originell angemalten und gekleideten Fans. Auch die Frage nach dem nächsten Bier entschied nicht erst die Halbzeitpause. Zumal die neuen Bilder über WhatsApp oder Face gleich in die Welt mussten. Bei diesem Event war ich dabei war wichtiger als Spiel oder Ergebnis (1:0). Vom Stadion per Bus zum Fan-Fest. Wieder Kontrollen, die gleichen Sponsoren verkauften Softdrinks, Bier, Pizza und Hamburger. An ihren Ständen gewann das dankbare Publikum in Wettspielen Plastikbrillen oder Luftgefülltes zum Krachmachen. Schon nachhaltig das ganze: Die Hälfte der Gewinne lag zusammen mit Styroportellern und Plastikflaschen auf Tischen und Wegen. Es war nicht viel los. Anders zwei Tage später: Die Massen drängelten kräftig vor den Toren und Kontrollen. Brasilien spielte gegen Kamerun. Nein, nicht in Cuiabá, aber zumindest live auf der großen Leinwand. Endlich waren wir durch die Schleusen kurz nach Anpfiff. 4.000 oder 5.000 Menschen jubelten ihrem Star Neymar Jr. zu und ließen das Gegentor so still über sich ergehen, als ob es nicht gefallen wäre. Ein tosendes Schweigen nannte es Eduardo Galeano im Endspiel 1950. Ist das die Welt der Zukunft? Die Menschen bespaßt mit Wettspielchen, Werbegeschenken, lauter Musik, teurem Bier Brot und Spielen? Brave New FIFA-World. Und die großen, weltweit gleichen Marken sind dabei? Passend dazu ließen die Sicherheitskontrollen Handys, Tablets, Kameras passieren. Aber meinen Stift musste ich vor dem Stadion wegwerfen. „No entra“ kein Einlass mit Kugelschreiber. Schreiben ist gefährlich? Nach unserem zweiten Spiel, ein spannendes und torreiches 4:1 von Kolumbien gegen Japan, hängten wir noch zwei touristische Tage an. Eine Tagesfahrt auf der Transpantaneira luxuriöser als in der Pampa bei Rurre, doch Alligatoren gibt es dort ja auch genug und einen Tag Dschungel- und Süßwasserschnorcheln bei Nobres. Ein faszinierender kristallklarer Fluss fließt durch den Dschungel und wir mussten uns nur treiben lassen. Ich wusste nicht recht, ob ich lieber den vorbeiziehenden Dschungel oder die Fische beobachten wollte. Dann ging es zurück nach Bolivien mit dem Bus drei Tage bis Santa Cruz. Mit Brasilien hörte auch die asphaltierte Straße auf. Mit Sammeltaxi ging es weiter bis San Matias. Dort war der letzte Bus schon weg. Übernachten im Hotel Las Vegas. Nur vor der Tür fragte ich mich, wo denn das Kasino sei. Innen kamen wir nicht mehr auf solche Gedanken. Nach frischen Empanadas und Kaffee im Markt, Warten auf den nächsten Bus. Der von uns am Abend gebuchte fiel aus, doch wir wurden am Busbahnhof schon mit neuen Karten empfangen. Gut organisiert! Nach neun langen und staubigen Stunden durch eine grüne und ungeheuer vogelreiche Landschaft endlich in Bolivien ¿por siempre! 34 Monatsblatt 3/2014 Aktuell San Ignacio. Eine Stunde reichte knapp für Kirchbesuch und Abendbrot. Mein Motortaxista nahm kein Geld an er arbeite doch gar nicht, habe mich nur so mitgenommen. Back to Bolivia. In der Nacht bis Concepción. Der Rest der Nacht im schönen und von einem Deutschen geführten Gran Hotel. Am Vormittag Zeit für die Kirche. Und dann wieder Warten. Der 13 Uhr Bus war voll, der um 15 Uhr zu spät. Wir wollten doch an diesem Tag noch bis La Paz. Also warten, dass der Trufi sich füllt (was auch Vorteile hatte s.u.). Dann mit dem langsamsten aller Trufis bis Santa Cruz. Wir sahen unsere telefonische BOA-Reservierung (das gibt es!) schon verfallen. Umstieg am 4. Ring in das allerlangsamste Taxi von Santa Cruz, das natürlich auch noch Tanken wollte. So gerade noch rechtzeitig in der Schlange und schon eine halbe Stunde später weil der 19:30 Uhr Flug noch Platz hatte in der Luft. Haben nicht mal gesessen im Warteraum. Die WM konnten wir in diesen Tagen eher zufällig verfolgen. Einige Minuten Nigeria Argentinien bei der Rast auf der Transpantaneira. In Nobres Mittagspause bei USA Deutschland. Es gab auch einen Fernseher nur keinen Strom. Die Mittagspause bei der Busfahrt von San Matias fiel exakt auf die Verlängerung Brasilien Chile. Wie andere zitterte ich, dass der Fahrer weiterfuhr. Er stieg auch nach den 20 vorgesehenen Minuten ein ließ uns aber doch noch das Elfmeterschießen sehen. Beim Warten in Concepcion fiel das 1:0 für Mexiko. Und im Trufi hörten wir dann live im Radio wie die Holländer das Spiel doch noch gedreht hatten. WM to go. Doch noch WM in der Provinz. Deutschland Algerien am Tag nach der Rückkehr sah ich dann in der Residenz des Botschafters. Ein ganz schöner Kontrast. Christian Reiser Monatsblatt 3/2014 35 Bolivien ¿por siempre! Aktuell «Monatsblatt» – deutsche Plattform in Bolivien Im Jahr 1990 wurde das «Monatsblatt» gegründet und umfasste nur wenige Blätter. Heute richtet sich die vierteljährliche Ausgabe mit 130 Seiten an die deutschsprachige Gemeinschaft in Bolivien. Seit 24 Jahren hat die deutsche Gemeinschaft in Bolivien einen eigenen Kommunikationskanal: das «Monatsblatt», eine Publikation, die seit ihrer Entstehung von der Deutschen Kulturgemeinschaft (DKG) Bolivien mit dem Ziel der Förderung und Verbreitung der deutschen Kultur sowie der Stärkung der Zusammengehörigkeit der deutschen Gemeinschaft in dem Andenland voran getrieben wurde. Auch wenn der Name in die Irre führen kann, handelt es sich beim «Monatsblatt»um eine vierteljährliche Publikation. Jede Ausgabe hat ein zentrales Thema sowie diverse Artikel, die in feste Rubriken fallen: Serie, Kultur, Reise, Leute, Schule, Kulinarisches, Kirche und Organisationen. Seit 1990 haben sich das Format und die Inhalte weiterentwickelt: Von einem monatlichen Blatt, das sich hauptsächlich auf die die Aktivitäten der Deutschen Schule Mariscal Braun in La Paz konzentrierte, ist es heute zu einem Medium geworden, das historische und konjunkturelle Themen mit sozialem Hintergrund umfasst. Rund 95 Prozent des Inhalts ist auf Deutsch verfasst und der Rest auf Spanisch, entsprechend der Prinzipien der DKG Bolivien, die die Verbreitung der deutschen Sprache sowie die Förderung der deutsch-bolivianischen Freundschaft ganz groß schreiben. Das «Monatsblatt» erreicht die deutsche Gemeinschaft in Bolivien über Abonnements und wird an die Mitglieder der Deutschen Kulturgemeinschaft unentgeltlich verteilt. Im Landesinneren wird die Institution von den regionalen Konsulaten, dem Goethe-Institut sowie den im Land tätigen Organisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit unterstützt. Bolivien ¿por siempre! 36 Monatsblatt 3/2014 Aktuell Zur Leserschaft zählen die Mitglieder der DKG, in ihrer Mehrzahl Deutsche, die schon viele Jahre in Bolivien leben, darunter Umweltforscher, Unternehmern bis hin zu Angestellten und Vertretern deutscher Firmen. Vorübergehende Leser sind Diplomaten, Entwicklungshelfer und Lehrer, die sich für einen bestimmten Zeitraum im Land aufhalten. Hinzu kommen ehemaligen Stipendiaten und ehemaligen Schüler der deutschen Schulen in Bolivien. Das «Monatsblatt» informiert nicht nur über die verschiedenen Aktivitäten der deutschen Organisationen in Bolivien informieren, sondern auch über Reisen und empfehlenswerte Orte für die Freizeitgestaltung, veröffentlicht persönliche Porträts von Deutschen. Zu den meist gelesenen Rubriken der Publikation gehören Reise und Leute. Der Reiseteil bietet Artikel, die sogar die Aufmerksamkeit von deutschen Publikationen wie «Reise Know-How» geweckt haben, welches das «Monatsblatt» in seinen Peru- und Bolivien-Ausgaben als «sehr empfehlenswert» bezeichnet hat. Laut Daten der letzten Volkszählung, die 2012 in Bolivien durchgeführt wurde, wird das potenzielle Publikum des «Monatsblatts» auf 12.000 Personen geschätzt, wobei die vierteljährlichen Ausgaben dagegen noch bescheiden sind. Seit 2012 ist die Zahl auf 500 Exemplare aufgestockt worden, eine äußert kleine Zahl. Alles in allem hat die Publikation in den letzten Jahren an Präsenz gewonnen. Im vergangenen Jahr wurden das Design der Titelseite sowie das interne Format leicht verändert. Die DKG Bolivien feiert 2014 ihr 100-jähriges Bestehen, also ein Jahrhundert der deutschen Immigration in Bolivien. Die Artikel der dritten Ausgabe vom «Monatsblatt» diesen Jahres werden sich auf diese Institution konzentrieren, die im Laufe ihres Bestehens verschiedene soziale Organisationen ins Leben gerufen hat, unter anderem die Deutsche Klinik, der Deutsche Verein, der deutsche Friedhof sowie die deutsche Schule Mariscal Braun, die eine der meist geschätzten Bildungseinrichtungen mit dem größten Prestige innerhalb der bolivianischen Gesellschaft ist. Die von der deutschen Regierung zur Unterstützung der deutschen Schulen im Ausland entsandten Lehrer in Bolivien haben immer den Großteil der Redaktion der Publikation ausgemacht. Im Laufe der Zeit sind ihre Seiten aber auch das Produkt von Geologen, Sportlern, Linguisten, Theologen, Musikern, Umweltschützern, Anwälten und Journalisten geworden. Die Redaktion des «Monatsblatts» bildet eine Gruppe Freiwilliger, die Monat für Monat die Themen und den Weg der kommenden Ausgabe definieren, um der kleinen aber verschiedenartigen, in den bolivianischen Anden, Tälern und Tropen niedergelassenen deutschen Gemeinschaft als Plattform zu dienen. Monatsblatt 3/2014 37 Bolivien ¿por siempre! Aktuell Deutsche Sprache in Bolivien Die Volkszählung 2012 in Bolivien brachte eine Überraschung: Nach Spanisch (6.690.004), Quechua (1.680.364) und Aymara (1.021.500) ist Deutsch (62.741) die viertwichtigste Sprache in der Kategorie der ersten in der Kindheit erlernten Sprache – wenn auch mit einem riesigen quantitativen Abstand. Die Nachricht löste aber auch Skepsis aus. Der anerkannte bolivianische Soziologe Ricardo Paz, erklärte: «Ich habe den Eindruck, dass diese Angabe eine weitere der Fehlangaben ist, die die mangelnde Sorgfalt offen legt, mit der die Volkszählung 2012 durchgeführt wurde. Es ist eher unwahrscheinlich, dass es mehr Menschen gibt, die in ihrer Kindheit Deutsch und nicht Englisch oder Portugiesisch gelernt haben.» Michael Friedrich, Direktor des Goethe-Instituts in Bolivien, sagte dagegen: «Dieses Ergebnis ist sicherlich der starken deutschen Zuwanderung, vor allem nach den zwei Weltkriegen im 20. Jahrhundert, zu verdanken.» Hinsichtlich der deutschsprachigen Mennoniten-Gemeinschaften, die im östlichen Teil Boliviens ansässig und für die hohe Repräsentanz der deutschen Sprache im Land verantwortlich sein könnten, wollte das nationale Statistik-Institut keine Angaben machen. Die Volkszählung im Jahr 2001 ergab, dass die Mennoniten-Gemeinschaft in Bolivien 37.000 Personen zählt, wobei die Geburtenrate pro Familie bei 5,5 Kindern lag. Der deutsche Konsul in Santa Cruz, Michael Biste, führte diesbezüglich die Daten einer Studie von 2009 an, die von Sieghard Schartner und Sylvia Dürsken ausgearbeitet wurde, und nach welcher die Zahl der Mennoniten in der Region 2007 bei 50.000 lag, auf 57 Kolonien verteilt. Auf diese Art und Weise gäbe es für die Zahl der 62.741 Personen, die Deutsch in ihrer Kindheit lernten, eine logische Erklärung. Teresa Torres-Heuchel Übersetzung: Antje Linnenberg *Artikel erschienen in der Zeitung „Cóndor“ de Chile im Juni 2014. Der deutschsprachige Cóndor ist nach dem El Mercurio in der Hafenstadt Valparaíso und Santiago die drittälteste Zeitung in Chile. Der Cóndor erscheint jeden Freitag in Santiago de Chile und ist praktisch eine reine Abonnement-Zeitung, die ihre Leser in der Hauptstadt, den weiteren Regionen Chiles bis hin nach Deutschland hat. Die Auflage beträgt 7.000 Exemplare. Bolivien ¿por siempre! 38 Monatsblatt 3/2014 Aktuell In Bolivien gehen die Uhren anders Ein deutscher Besucher in La Paz, der bei einem Stadtbummel ohne Armbanduhr unterwegs war, beklagte, dass er auf fünf öffentlichen Uhren fünf verschiedene Zeiten angezeigt bekam. Sicherlich würde er aufgrund der neuesten Entwicklungen zum Schluss kommen, dass in Bolivien sowieso die Uhren anders gehen als im Rest der Welt. Durch Zeitungsmeldungen (La Razón, La Prensa) haben wir im Juni 2014 erfahren, dass die Uhr am Parlamentsgebäude an der Plaza Murillo verändert wurde. Auf dem Zifferblatt wurden die römischen Zahlen durch arabische ersetzt und diese umgekehrt angeordnet, nach links. Das heißt: Nach 12 Uhr kommt bekanntlich 1 Uhr, die Eins steht jetzt links und nicht rechts von der Zwölf. Die Uhrzeiger bewegen sich von rechts nach links. Der Präsident der Abgeordneten-Kammer, Marcelo Elío, bestätigte die Veränderung, die sorgfältig überlegt war. “Die Idee ist es, die Pole in der Weise zu verändern, dass sich der Süden im Norden und der Norden im Süden befindet; damit wird symbolisch angezeigt, dass die Hegemonie des Nordens aufgehoben wird … Dies drückt klar die Dekolonisierung und den Anti-Imperialismus der Völker Lateinamerikas aus.” Es handelt sich keinesfalls um eine Einzeltat eines verwirrten Volksvertreters: M. Elío hat den Wechsel zusammen mit dem Präsidenten des Senats, des ehrenwerten (die Abgeordneten und Senatoren tragen den Titel “Honorables”) Eugenio Rojas, und mit dem Kanzler des Plurinationalen Bolivianischen Staates, David Choquehuanca, bestimmt. Bereits einige Zeit vorher wurden auf dem Weltgipfel “G77 + China” in der Stadt Santa Cruz 200 Exemplare der neuen Uhren, die andersherum laufen, an internationale Diplomaten verschenkt. Der Kanzler Choquehuanca begründete klar und logisch die notwendige Veränderung der offiziellen Uhr: “Wir befinden uns im Süden und die bolivianische Regierung ist dabei, unsere Identität wiederherzustellen. Nach unserem sarawi (Weg) müssen sich die Uhren nach links drehen.” Er fügte hinzu, dass diese neuen Uhren eine “Erfindung des Südens” sind und er einige auch in Europa sah. “Das ist unsere Technologie und wir sollten sie nutzen.” Monatsblatt 3/2014 39 Bolivien ¿por siempre! Aktuell Wie üblich bei revolutionären Veränderungen, fehlen nicht die üblen Kritiker. Die Direktorin des Kulturerbes der Stadtverwaltung von La Paz, Ximena Pacheco, hat darauf hingewiesen, dass das Parlamentsgebäude als historisches Monument (Kategorie A) registriert ist und daher derartige Veränderungen nicht erlaubt seien. Offenbar hat die Dame nicht begriffen, dass in Bolivien eine neue Zeit angebrochen ist und man dabei nicht so kleinlich sein sollte. Ich erinnere daran, dass die bolivianische Regierung im ersten Amtsjahr von Evo Morales an die engsten Mitarbeiter des Präsidenten Uhren mit seinem Konterfei verschenkte, die damals freilich noch nicht dekolonisiert waren und noch in die falsche Richtung liefen. Geschätzte Leser, ahnen Sie auch, welche großartigen Möglichkeiten sich für die Dekolonisierung und gleichzeitig für die Entwicklung des Landes ergeben? Natürlich brauchen wir eine staatliche Uhrenfabrik, um die große Nachfrage nach den neuen Produkten zu erfüllen. Auch die Zeitrechnung sollte in Bolivien endlich umgestellt werden. Im Juni wurde an verschiedenen Orten das “Neujahr der Anden und des Amazonasgebietes” gefeiert und wir haben mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass dieses Fest schon vor 5522 Jahren erfunden wurde, also in einer Epoche, als hier Jäger und Sammler lebten, die anscheinend bereits an die nationale Einheit dachten. Aber sollte nicht das erste Amtsjahr von Evo Morales zum Jahr 1 unseres Kalenders erkärt werden? Aus der Geschichte lernen die hiesigen Volksvertreter ja nicht und daher braucht es sie nicht zu scheren, dass die französische Revolution den Gregorianischen Kalender nur für die relativ kurze Zeit von 13 Jahren abschaffen konnte. Matthias Strecker Bolivien ¿por siempre! 40 Monatsblatt 3/2014 Aktuell Creando Puentes de Hermanamiento entre Bonn y La Paz En julio de este año llegó a la ciudad de La Paz una delegación alemana en el marco de cooperación que existe hace varios años entre los municipio de la ciudad de Bonn y de La Paz. Antecedentes En el Taller Internacional de Apertura del Proyecto “50 Cooperaciones municipales para el clima”-realizado en la ciudad de Costa Rica el 2012 se formalizaron los lazos de cooperación en los ámbitos de protección climática y adaptación al cambio climático a través de la firma del Memorando de Entendimiento con los representantes de todas las comunidades tanto por parte de los gobiernos locales, así como de las asociaciones de hermanamiento, ONG’s, universidades y otras partes interesadas en las ciudades alemanas y en los Reunión con el Alcalde Luis Revilla en el Palacio Consistorial municipios en Latinoamérica. De este modo se pretende que hasta el 2015, 50 municipios alemanes, junto con sus contrapartes de Latinoamérica, desarrollen programas de acción sobre protección climática y adaptación al cambio climático para asentar las bases de una cooperación de largo plazo. Convenios entre municipios de Alemania y países en Sudamérica: Alemania Köln Rhein-Sieg-Kreis Alemania Hannover Oldenburg Alemania Berlín Alemania Bonn Alemania Bonn Brasil Rio de Janeiro Santarém Colombia Belén de los Andaquíes Solano Argentina Buenos Aires Bolivia La Paz Chile Linares A través de tales aproximaciones se tiene como objetivo el desarrollar y promover el intercambio de experiencias para un desarrollo sostenible global, teniendo en cuenta que hoy en día en un mundo globalizado la vida de las personas se encuentra interconectada de diferentes maneras. Todo esto implica que más allá de los convenios que existen entre los gobiernos centrales se cuente también con un acercamiento a nivel de municipios y comunas. Monatsblatt 3/2014 41 Bolivien ¿por siempre! Aktuell Por otra parte, este compromiso no sólo comprende a las autoridades y funcionarios públicos sino que se involucra a la sociedad civil como actor en las diferentes actividades. Reuniones técnicas preliminares En marzo de 2014 la delegación de la ciudad de Bonn realizó su segunda visita técnica a La Paz. El grupo estuvo encabezado por Verena Schwarte, directora de relaciones internacionales y de cooperación del municipio de Bonn, quien llegó junto a miembros de la sociedad civil: Andreas Johns de la “Asociación Bonn-La Paz” y Claudio Zettel, Presidente del “Ibero Club Bonn e.V.”. Durante las reuniones técnicas se tuvo la activa participación del actual Embajador de Alemania en Bolivia Peter Linder. En representación del Municipio de la Ciudad de La Paz participaron el Alcalde Luis Revilla, el Oficial Mayor de Planificación para el Desarrollo Álvaro Blondel, la Directora de Relaciones Internacionales y Cooperación, Janina Sánchez Dunn, y el Director de Gestión Ambiental, Rubén Ledezma; entre otras autoridades. Por parte de la sociedad civil estuvo presente la Asociación de Amistad Boliviano-Alemana (AABA), la organización representa a una red de personas que han vivido y/o estudiado en Alemania, y apoya esquemas de reinserción laboral y social en cooperación con la GIZ y el CIM. Actualmente se encuentran trabajando en la Alcaldía paceña varios profesionales que fueron reintegrados a través de este programa. Buenos ejemplos del programa son Pamela Pozo, dentro del programa del Sistema de Alerta Temprana, y Mayra Portillo, en el área de emprendimiento social del Municipio de La Paz. Durante la semana de visita técnica de la delegación de Bonn se trabajó en el contexto de los objetivos de este encuentro: La alerta temprana de desastres naturales, la biodiversidad, la cultura, programa de voluntariado de educadores urbanos “Cebras”, “Programa Bonnie y Bonn”, la gestión de áreas protegidas, gestión de residuos sólidos-reciclaje, energía, Colaboración en el proyecto de la Unión Europea“2 Grados más - ¿y qué?“ - educación ambiental con los niños de primaria, Cooperación con la “Asociación Bonn-La Paz e.V.”, “Ibero-Club Bonn eV” y “Lateinamerika-Zentrume.V.” Celebrando las Fiestas Julianas con el Alcalde de Bonn Después de las reuniones técnicas, y a propósito de las “Fiestas Julianas” (conmemorando los 205 años del Grito Libertario de la ciudad de La Paz), llegó a la ciudad de La Paz el Alcalde de la ciudad de Bonn, Jürgen Nimptsch, acompañado por una delegación de la Asociación Bonn-La Paz (Annette Roth, Elke Löbel y María Luisa Martínez de Vargas), respondiendo a una invitación expresa de su homólogo paceño, Luis Revilla. En un acto protocolar desarrollado en el Salón Rojo del Palacio Consistorial, el alcalde de la ciudad de Bonn fue nombrado huésped ilustre de la ciudad de Bolivien ¿por siempre! 42 Monatsblatt 3/2014 Aktuell La Paz. Asimismo participó en la ceremonia realizada en la Casa de Pedro Domingo Murillo y en el Desfile de Teas entre otros actos protocolares. Las relaciones de cooperación de la ciudad de Bonn con la ciudad de La Paz se remontan al año 1996. Desde ese año, y en ese marco, se desarrollan diferentes actividades culturales (encuentros y proyectos con artistas, jóvenes, escuelas y expertos). Entre los mayores objetivos de la mencionada cooperación están aquellos relacionadas con El Embajador de Alemania Peter Linder y esposa; el medidas de prevención de desastres y temas relativos a la protección del me- Alcalde de Bonn, Jürgen Nimptsch; el Alcalde de La Paz Luis Revilla y esposa dio ambiente y del clima. Desde finales de 2012 ambas ciudades se encuentran también unidas a través del proyecto “50 Cooperaciones municipales para el clima” (Servicestelle Kommunen in der EinenWelt/ Engagement Global). De acuerdo a la programación en su agenda de cuatro días de estadía en La Paz, el alcalde Nimptsch visitó diferentes proyectos entre los que se destaca el “Barrio de Verdad Escobar Uría” donde se desarrolla el programa piloto denominado Eco ciudadano que tiene como objetivo crear una nueva generación de niños y niñas con “hábitos medioambientales” y asimismo proyectos en ejecución. La visita de la delegación alemana encabezada por el alcalde de Bonn fue saludada en una Recepción de bienvenida en la Embajada de Alemania, evento al que asistieron el Alcalde de La Paz y los representantes de organizaciones vinculadas al desarrollo, cultura y economía. Roberto Salgado Fuentes: ENGAGEMENT GLOBAL GmbH – Service für Entwicklungsinitiativen (COMPROMISO GLOBAL - Servicio para iniciativas de desarrollo) Tulpenfeld 7, 53113 Bonn, Alemania Tel.: +49 228 20717-0 · Fax: +49 228 20717-150 info@engagement-global.de · www.engagement-global.de - Schriftenreihe der Servicestelle, Heft 59: Internationaler Auftaktworkshop „50 Kommunale Klimapartnerschaften bis 2015“, Phase II: Lateinamerika, 26. bis 28. November 2012, La Fortuna, Costa Rica -skew-ueberuns-2012-spanisch.pdf Gobierno Autónomo Municipal de La Paz: - Programa Visita Segundo Intercambio Técnico „50 Cooperaciones para el Clima”, La Paz – Bonn, La Paz, 24 al 28 de Marzo 2014 Monatsblatt 3/2014 43 Bolivien ¿por siempre! Aktuell Zum „6 de Agosto“ im Roten Rathaus in Berlin Die Bolivianische Botschaft in Deutschland hatte zur Feier des „189. Jahrestages der Unabhängigkeit des Plurinationales Staates von Bolivien“ ins Rote Rathaus in Berlin geladen. Die Redaktion des Monatsblatts hatte weder Kosten noch Mühe gescheut und war mit einem Sonderkorrespondenten vor Ort. Der Einladung der bolivianischen Botschafterin in Berlin, Elizabeth Salguero Carrillo, anlässlichen des Nationalfeiertags Boliviens waren geschätzte 150-200 Menschen zum Stehempfang mit moderner Andenfolklore in den repräsentativen Wappensaal des Berliner Roten Rathauses gefolgt. Historiker mögen einwenden, dass, wenn der Plurinationale Staat von Bolivien mit Inkrafttreten der neuen Verfassung 2009 gegründet wurde, selbiger kaum bereits vor 189 Jahren unabhängig geworden sein könne. Im Anschluss an das obligatorische Abspielen der beiden Hymnen (deutsch: ohne Mitsingen; bolivianisch: mit vielfachem Mitsingen) hielt die Botschafterin eine Rede, Botschafterin in Deutschland, Elizabeth Salguero Carrillo (links); Zum 6. August im Wappensaal des Roten Rathauses in Berlin (rechts) wie sie vermutlich ziemlich ähnlich an vielen Stellen in Bolivien und weltweit von Regierungsvertretern gehalten wurde. So präsentierte Elizabeth Salguero, die vielen Lesern vielleicht noch aus ihrer Zeit als Mutter zweier Schüler der Deutschen Schule in La Paz bekannt ist, zunächst die Errungenschaften des mit dem Amtsantritt „des ersten indigenen Präsidenten Boliviens“ 2006 verkündeten „Prozess des Wandels“. Insbesondere betonte Salguero das seit der Verabschiedung der neuen Verfassung sowie der damit eingeleiteten Gründung des „Plurinationalen Staates von Bolivien“ Geleistete. Der unvoreingenommene Zuhörer konnte so erfahren, dass genmanipulierte Organismen laut Verfassung verboten sind. – Dass aber mehr als 95% der in Bolivien ¿por siempre! 44 Monatsblatt 3/2014 Aktuell Bolivien angebauten Soja mittlerweile genmanipuliertem Saatgut entspringt, fand keine Erwähnung. Unter den Anwesenden auch Christian Karp, ehemaliger Lehrer am Colegio Alemán und Reporter für Kulinarisches des Monatsblatts, mit seiner Familie sowie Herr Riedler, seines Zeichens Botschafter a.D. Deutschlands in La Paz und Autor eines Buches über Evo Morales und die bolivianische Politik. Interessantes am Rande: Auf einem ausliegenden Zettel wurde die bolivianische Gemeinde in Deutschland eingeladen, bei der Vorstellung des Rechenschaftsberichts der Botschaft in der Folgewoche teilzunehmen. Dirk Hoffmann Monatsblatt 3/2014 45 Bolivien ¿por siempre! Kultur Bolivia Festijazz 2014 Internacional – mit Jarry Singla und dem Trio “Eastern Flowers” Ein deutsch-indisches Jazztrio zu Gast auf dem “Festijazz” International in Bolivien ist nicht nur etwas Seltenes sondern auch etwas sehr, sehr Besonderes. Erfahren Sie mehr über “Eastern Flowers” und seinen Musiker und Komponisten Jarry Singla. Zwischen dem 3. und dem 14. September fand erneut das internationale Festival “Festijazz” in Bolivien statt. Und gerade in diesem Jahr der Jubiläen sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Festijazz in Bolivien seit 25 Jahren existiert. Aha, denkt der freundliche Leser, die interessierte Leserin. Interessant, denkt er/sie vielleicht auch. Und dem ein oder anderen tut es dann im Nachhinein leid, dass er/ sie sich nicht das ein oder andere Konzert angehört hat. Oder vielleicht doch? Waren Sie am 11. September – ein bedeutungsschwangeres Datum – im Teatro Municipal in La Paz? Oder am 9. September im Teatro Adela Zamudio in Cochabamba? Am 13.9. in Santa Cruz? Nein? Schade, denn an diesen Daten hat ein Trio der ganz besonderen Art die jazzbegeisterten Zuhörer zum Schwingen gebracht: Das Ensemble “Eastern Flowers”. Blümchen, denken Sie vielleicht jetzt, japanische Kirschblüte oder so. Nun, wir möchten Ihnen dieses Trio und seinen Gründer Jarry Singla heute vorstellen, aus einem ganz bestimmten Grund: Das Trio kommt aus Deutschland, sein Gründer lebt seit knapp 8 Monaten in La Paz. Voilá: Jarry Singla und die “Eastern Flowers”! Beginnen wir mit Jarry Singla. Vielleicht kennen Sie ihn doch, denn er hatte am 4. Juni sein musikalisches Debüt zusammen mit dem bolivianischen Jazzschlagzeuger Yayo Morales im Goethe-Institut in La Paz. Jazzpianist und Komponist Jarry Singla Aufgewachsen in Deutschland ist Jarry Singla Sohn eines indischen Arztes und einer musikbegeisterten deutschen Mutter. Sie war es, die ihn im Klavierunterricht angemeldet hat. Es hat ihm gefallen, aber schnell war ihm auch klar, dass er kein klassischer Konzertpianist werden wollte, sondern ihn viel mehr die moderne Musik und die Improvisation interessierten. Bolivien ¿por siempre! 46 Monatsblatt 3/2014 Kultur Als an seine Musikschule ein Jazzklavierlehrer kam, entdeckte Jarry endgültig sein musikalisches zu Hause. Während seiner 20 Monate Zivildienst hatte er dann Zeit, so intensiv zu musizieren, dass er die Aufnahmeprüfung an der renommierten Musikhochschule in Köln bestand. Sein Studium in Köln und das Auslandsjahr am Mannes College of Music / New School in New York wurde mit einem Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt. Noch im letzten Studienjahr gründete er sein erstes Jazz-Ensemble, das Ensemble “Blumenbein”, mit dem er zahlreiche Konzerte und Konzertreisen bestritt und drei CDs aufnahm. Bei seinem 3-jährigen Aufenthalt in Mexiko – seine Frau hatte eine Stelle an der Deutschen Schule erhalten – führte er weitere Tourneen und Konzertreisen mit “Blumenbein” durch. Nach der Rückkehr nach Deutschland gründete er 2005 mit der ukrainischen Sängerin Mariana Sadovska u.a. das Ensemble “Borderland”. Die Fusion ukrainischer Lieder mit dem Jazz gelang dem Ensemble so hervorragend, dass sie 2006 den “Creole”-Weltmusikpreis Nordrhein-Westfalens gewannen. Hier bewies sich erneut Singlas unglaubliche Offenheit und sein herausragendes Talent für und gegenüber den Musikkulturen der unterschiedlichen Länder. 2008 wurde er zur Mitwirkung im Ensemble “Lagash” des irakischen Komponisten, Sängers und Perkussionisten Saad Thamir eingeladen. Ein Jahr später schlagen seine deutsch-indischen Wurzeln Das Jazzensemble “Eastern Flowers” endgültig durch: Er gründet das Ensemble “Eastern Flowers” mit dem Perkussionisten Ramesh Shotham und dem Kontrabassisten Christian Ramond. Seine hoch renommierten Begleiter haben ebenfalls indische Wurzeln: Christian Ramond ist Halb-Inder und Ramesh Shotham stammt ursprünglich aus dem südindischen Madras (dem heutigen Chennai). Und so trifft die Vielfalt der indischen Musikkultur auf europäische Harmonik, denn das Klavier gibt es ja in der indischen Musik nicht. Singla komponiert und arrangiert, er erweitert dank der Virtuosität des Perkussionisten Shotham seine Kompositionen um die musikalische Dimension der “Konakol”, so etwas wie eine Trommelsprache, bei der Silben und Silbenkombinationen rhythmische Bausteine sind, die zu komplexen Figuren zusammengesetzt werden. Das für den Jazz fundamentale Schlagzeug wird durch verschiedene indische Trommeln ersetzt (ghatam, dholak, kanjira, tavil). Auch Singla ersetzt das Klavier in eingen Stücken durch eine freie Improvisation mit dem indischen Harmonium. Monatsblatt 3/2014 47 Bolivien ¿por siempre! Kultur 2013 dann erhält Singla ein Stipendium der Kunststiftung Nordrhein-Westfalen für einen sechsmonatigen Aufenthalt in Mumbai/Indien. Er suchte und fand indische Musiker, die so offen und flexibel waren, sich auf Neues einzustellen. Er kniete sich noch tiefer in die indische Musik, musizierte und komponierte. Dank der Unterstützung des Goethe-Instituts konnte er seinen Aufenthalt mit 4 Konzerten in Mumbai, Kolkata, Pune und Chennai abschließen. Ein fruchtbares halbes Jahr. Auch bei ihrem Festijazz-Konzert begeisterte das Trio “Eastern Flowers” sein Publikum mit bezaubernder Musik. “Es ist die gelungene Gratwanderung zwischen komplexer Rhythmik und sinnlichen Harmonien, ein Weltenzauber voller Intuition, Intimität und Improvisationslust”, schreibt Thomas Gilbert zur Präsentation der CD “Minerale” des Trios. Das waren Jarry Singla und die “Eastern Flowers” in La Paz: Drei Seelenverwandte in voller Blüte! Nix Blümchen! Und jetzt bedauern Sie es bestimmt, dass Sie diese Drei nicht geniessen konnten, denn so etwas bekommt man hier nicht alle Tage zu hören! Weitere Infos, auch zum Erwerb der CDs der Ensembles “Eastern Flowers” und “Blumenbein”, sowie Hörbeispiele und E-Mail-Kontakt: www.jarrysingla.com M. Isabel Meurer Bolivien ¿por siempre! 48 Monatsblatt 3/2014 Kultur “Reverdecer”– Balsam für die Seele Sie waren am 15. August nicht mit dabei? Tja, da haben Sie wirklich etwas verpasst. Wir, Anwesende am Konzert von Reverdecer, wurden über gut zwei Stunden mit der wundervollsten Musik, sehr einfühlsamen Interpretationen und hervorragender musikalischer Virtuosität verwöhnt und auf eine musikalische Reise durch Lateinamerika geführt. Cristina Wayar, Sängerin und Flötistin der Gruppe, hat uns in die Welt jeden Liedes entführt und durch ihre geniale Interpretation Bilder und Personen entstehen lassen, die uns begeistert haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals in einem Konzert die ganze Zeit über mit einem Lächeln auf den Lippen da saß und einfach nur genoss.... “Reverdecer” ist eine Gruppe junger Musiker, die bekannte und unbekannte Lieder aus Lateinamerika auferstehen lässt und gekonnt interpretiert. Da sind die Zwillingsbrüder Marcelo und Daniel Gonzales, die mit Meisterschaft die Gitarre spielen und vor innerer Begeisterung und Energie manchmal fast vom Stuhl springen. Da ist auch Christian Laguna, der Bassist der Gruppe, der sein Instrument mit großem Können und als subtiler Begleiter spielt. Ebenso nenne ich Juan Andrés Palacios, der in unzähligen Varianten als Perkussionist die Lieder und seine Mitmusiker einfühlsam begleitet. Ein ganz besonderes Vergnügen war es, mit diesem wunderbaren Quintett die einmalige Inkorporation von Mauricio Wayar als sensiblen, versierten und hochbegabten Musiker miterleben zu dürfen. Er überraschte nicht nur damit, dass auch ein Fagott durchaus bei der Folklore etwas zu suchen hat, sondern, dass auch er selber als „hombre orquestra“ überall sein Können zeigte: Sei es im sensiblen Duett mit seiner Schwester und ihrer Querflöte, sei es in tänzerisch-aufmüpfiger oder melancholischer Monatsblatt 3/2014 49 Bolivien ¿por siempre! Kultur Begleitung mit der Quena oder als Perkussionist oder sogar als Sänger. Mauricio arbeitet als 1. Fagottist im städtischen Orchester von Heidelberg. Für viele war sicherlich Cristina das Herzstück des Abends. “Herzstück” im wahrsten Sinne des Wortes - denn mit so viel Ausstrahlung, Überzeugung, Begeisterung und Energie die Personen der Lieder zu verkörpern und lebendig zu gestalten, das braucht Talent und Können. Ihre Stimme erklang weich, warm, tief, hoch, rau - so, wie es jedes Lied erforderte. Ebenso zeigte Cristina ihr schauspielerisches Talent. Sie spielte mit einer langen Manta, die erst nur Kleidungsstück war, aber bald hüllte sich Cristina damit ein, bald ließ sie die Manta auch kokett über die Schultern gleiten oder schwang sie im Rhythmus der bolivianischen Cueca durch die Luft. Wir hörten und erlebten argentinische Zambas, kolumbianische Cumbias, peruanische Huaynos, brasilianische Bossa Novas und bolivianische Cuecas und Vieles mehr: Ein Feuerwerk der Musik, der Gefühle und der Virtuosität! Vielen Dank, REVERDECER, wir hoffen, Euch bald wieder zu hören und zu sehen! Roswitha Grisi-Huber PS: Auch das Theater NUNA in der 21. in Calacoto ist sehenswert! PPS: Die Hälfte des Publikums bestand aus Lehrern, Schülern, Ex-Schülern und Eltern der deutschen Schule. Über die Hälfte der Mitglieder von „Reverdecer“ auch. Da sind wir schon alle ein bisschen stolz, nicht wahr?! Bolivien ¿por siempre! 50 Monatsblatt 3/2014 Kultur Was kann ich wissen ++ Was darf ich hoffen ++ Was soll ich lesen ++ Was soll ich tun Die „Wege des Herrn“ in den Straßen von Berlin „Die Gottespartitur“ von Edgar Rai Am Prenzlauer Berg in Berlin gibt es allerhand spezielle Sachen. „Viel Spaß beim Alt sein!“ ist dort auf eine Wand gekritzelt. In verblassten Lettern kann man über der Toreinfahrt noch das längst vergessene Wort „Sattlerei“ lesen. Weiter unten steht „F. Krause Töpfer Mstr.“ – der musste mit der Kellerwohnung vorlieb nehmen. Sicher trafen sich alle abends in der Budike am Eck, in der „schwarzen Pumpe“. Wo heute die Typen aus dem TattooStudio „Pain and Ink Department“ hingehen und der Doktor der Geisteswissenschaften einen Fahrradladen nur für Hollandräder betreibt. Und mittendrin gibt es dort einen Schriftsteller, der sich morgens in ein Café setzt, seinen Stift aufschraubt und einen Roman nach dem anderen schreibt. Einen von diesen (es sind 15) habe ich im Urlaub gelesen und dachte sofort: „Das ist richtig gute deutsche Heimwehlektüre, halb Krimi, halb Kulturspielerei, perfekt für den gelungen Expats-Feierabend – der kommt ins Monatsblatt!“ Mein Auftrag lautet also, Euch darüber gerade genug zu erzählen, um Euch schön neugierig zu machen ohne allzu viel zu verraten. Wo also anfangen? Unverfänglich ist immer der Stil. Recht wenig Artikel drin, fällt mir auf. Eher so gar keine. Entpuppt sich aber als journalistischer Kunstgriff, um uns auf das Denktempo des Protagonisten zu bringen. Liest sich ganz gut. Ich selbst sollte jedoch anstandshalber vollständige Sätze servieren: Die Geschichte beginnt in Frankfurt am Main, wo sich während der Buchmesse für den erfolgreichen Literaturagenten Gabriel Pfeiffer die Fährnisse des Lebens – im einzelnen und besonderen ein erstes Herzversagen, die Wiederkehr des Ewiggleichen (i. e. Buchmesse) sowie der altersbedingte Lebensekel zusammen zuk lumpen beginnen. Eine angeblich welterschütternde Entdeckung, die ihm ein Gymnasiast unbeholfen aufdrängt, verbessert Pfeiffers Laune kein bisschen. Die bleibt mehrere hundert Seiten lang grandios schlecht. Pfeiffer immerhin setzt sich in Bewegung, macht einen Abstecher nach London, doch führt uns immer wieder zielstrebig in den ausgedachten oberbayerischen Ort Gödelsburg. Ja, richtig, da steckt Herr Gödel darin, der mit den Sätzen, die innerhalb Monatsblatt 3/2014 51 Bolivien ¿por siempre! Kultur geschlossener Systeme weder bewiesen noch widerlegt werden können. So eine Knacknuss bekommt auch prompt der brummige Herr Pfeiffer vorgesetzt: Wenn des Menschen Materie nicht nur Teilchen, sondern gleichzeitig auch Welle ist, dann ist er ganz grundsätzlich anfällig für Schwingungen. Mikrowellengegner und Fernsehdiaboliker haben das schon immer gewusst. Wellnessphilosophen verweisen in diesem Zusammenhang gerne auf die These des Pythagoras von einem klingenden Weltall, einer „Sphärenmusik“, in deren Frequenzbereich sich einzuschwingen erlösendes Ziel jeder gestressten Seele sei. Edgar Rai spielt uns das Gegenteil vor: Die Frequenzkatastrophe, das gegenseitige Aufschwingen identischer Schwingungen bis zum Glassprung – oder dem Exitus. Wird Herr Pfeiffer demnach erlöst? Oder muss er dran glauben? Selbstverständlich erfahrt Ihr das nicht von mir. Nur, dass noch andere versuchen, den lebenskrisenkranken Gabriel (ja, ja, dieser Erzengel!) zu erlösen. Und zwar die offenbar obligatorische Mannschaft irre gutaussehender oder reicher und berühmter Frauen, die alle ganz verrückt nach muffeligen Mittfünfzigern sind. Für den Feierabendleser ist das mit Sicherheit eine nette Ausstattung; den Pokal für die originellste Midlife-Crisis gibt es dafür nicht. Dieses Verdienst darf sich immer noch Paul Mercier auf die Fahne schreiben – auch wenn seine Geschichten langweilig sind, so führt er doch seine Helden konsequent ohne den Beistand von Blondinen durch die Engpässe des Seins. Herr Rai führt uns immerhin zu einem waschechten Showdown, der schon verdächtig nach Filmkamera riecht. Es würde mich nicht wundern, diese Geschichte bald auf DVD zu sehen. Doch die werde ich mir mit Sicherheit nicht anschauen, dazu liebe ich die artikellose Schreibe und die ungezogenen inneren Monologe der Buchversion viel zu sehr. Euch allen viel Vergnügen beim Lesen wünscht, Franziska Sörgel Bolivien ¿por siempre! 52 Monatsblatt 3/2014 Kultur Konzert und Gedenktafel in der “Cúpula de Adobe” Die Einweihung erfolgte vor 14 Jahren. Am 27. August wurde mit einem feierlichen Konzert des Frauenensembles “Vox Feminae” eine Gedenktafel an der Cúpula de Adobe im Parque Urbano Central angebracht. Die “Cúpula de Adobe” ist die größte Lehmkonstruktion in Lateinamerika und das bedeutendste “Wahrzeichen” der erfolgreichen interkulturellen Zusammenarbeit des Goethe-Instituts und des Municipio La Paz. 1998 wurde im Rahmen der Konferenz des Architekten Prof. Dr.-Ing. Gernot Minke am Goethe-Institut in La Paz “Construir con adobes, con o sin arquitectos” die Idee geboren, eine Lehmkuppel für kulturelle Veranstaltungen zu erbauen. Minke ist Professor an der Universität Kassel und Leiter des Forschungslabors für Experimentelles Bauen (FEB) und hat weltweit an erdbebensicheren Häusern und Kuppeln aus Lehm gearbeitet. Die Idee zündete wie ein Feuerwerk und begeisterte die Universidad Católica Boliviana, das Gobierno Autónomo Municipal de la Ciudad de La Paz und die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland nebst dem Goethe-Institut. Ziel der deutschen Kooperation war es, einen architektonischen Beitrag zur Ernennung von La Paz als Kulturhauptstadt Amerikas 1999 zu leisten. Dabei sollten die tausendjährige bolivianische Tradition des Lehmbaus und die wissenschaftliche Expertise und fortgeschrittenen Technik der Deutschen miteinander verwoben werden. Im Juli 1999 begann der Bau. Aufgrund der Einzigartigkeit dieser Initiative in Bolivien fanden sich schnell Sponsoren, die das Projekt finanziCúpula de Adobe, Parque Urbano Central, La Paz ell, technisch oder logistisch unterstützten: die Fluglinien Lufthansa und Lloyd Aéreo Boliviano finanzierten den Transport des Riesenzirkels des FEB, das Projekt AHSA (Asentamientos Humanos Sostenibles en el Altiplano) stellt qualifizierte Arbeitskräfte, die deutsche Firma Kemper–System spendierte die spezielle Farbe für das Verputzen der Außenwand und die Asociación Humboldt installierte das Stromnetz. Für den 5,65 m hohen und im Durchmesser 8,80 m großen Bau wurden 9400 manuell hergestellte Lehmziegel verwendet. Dank der vom FEB entwickelten Gussformen sind die Lehmziegel an den Rändern abgerundet und haben Hohlräume, die für eine bessere Akustik sorgen. Monatsblatt 3/2014 53 Bolivien ¿por siempre! Kultur Diese spezielle Akustik erfreute das deutsch-bolivianische Frauenensemble “Vox Feminae” unter der Leitung von Esperanza García-Salmones und der Begleitung am Klavier durch Noriko Roessling ganz besonders: Das speziell für Frauenchöre komponierte romantische Liedgut des 19. Jahrhunderts von Mendelssohn, Brahms, Schumann und Schubert klang in der Lehmkuppel wunderschön! Der kleine, aber feine runde Raum war bis auf den letzten Stuhl gefüllt. Die Übersetzung der Lieder – für die dem Deutschen nicht mächtigen Zuhörer – wurden von Celina Grisi vorgetragen. Den 10 Sängerinnen gelang eine einfühlsame Interpretation voll zärtlicher, romantischer Sehnsucht. Den Höhepunkt aber bildete das “Ständchen” von Schubert: Esperanza García sang rührend und stimmgewaltig zugleich das Solo und der Chor untermalte virtuos dieses wunderbare Liebeslied. Das Publikum klatschte so begeistert, dass es am Ende noch eine Zugabe gab. “Ach, wie so bald, verhallet der Reigen (...). Das Abschlusslied von Mendelssohn “Bald sind die letzten Klänge verflogen” begleitete die Konzertbesucher mit hinaus auf den kleinen Vorplatz. Im Anschluss an das Konzert wurde feierlich die Gedenktafel vom Leiter des Goethe-Instituts, Herrn Michael Frauenensemble “Vox Feminae” Friedrich, und vom Oficial Mayor de Culturas der Municipalidad de La Paz, Herrn Walter Gómez, enthüllt. Mit einem vom Goethe-Institut spendierten Glühwein, der die Stimmen der Sängerinnen ölte und die steifen, kalten Glieder aller Anwesenden wärmte, klang dieser bezaubernde Abend aus. M. Isabel Meurer Quellen: • http://www.goethe.de/ins/bo/es/lap.html?wt_sc=lapaz • http://apuntesdearquitecturadigital.blogspot.com/2010/10/la-cupula-de-adobe-de-la-paz-rosario-y.html • www.gernotminke.de Bolivien ¿por siempre! 54 Monatsblatt 3/2014 Reise Auf Abwegen, mit Hund und Goldwäschern – auf der Suche nach dem Yunga Cruz Als Ferienprogramm in Bolivien hatten wir uns vorgenommen, den Inka Trail „Yunga Cruz“ zu erwandern. Wir, das waren mein Mann, meine Tochter, unsere Labradorhündin und ich, sowie ab dem Ausgangsort Chuñavi ein wildfremder Hund, den wir trotz aller Drohungen, Steinwürfe und Fußtritte nicht verscheuchen konnten. Aber statt dem Yunga Cruz folgten wir auf ausgetretenen Pfaden Goldwäschern in den Yungas. Am Ende waren wir glücklich über eine neue Hundeliebe, begleiteten das Tier zum Ausgangsort und seinen Besitzern zurück und sammelten eine Menge Erfahrungen über den kooperativen Goldbergbau in Bolivien. Der Beginn der Tour war eindrücklich: Bei strahlenden Winterwetter führte uns die Fahrt von La Paz über Ventilla nach Chuñavi (3.750 müM) zwischen dem Gebirgsmassiv des Illimani (Pico Sur 6.439 müM) und dem Mururata (5.868 müM) gelegen. Nach Überquerung einer Passhöhe von 4.500 m eröffnete sich der Blick in den Yungas mit Wolkenfetzen und Grüntönen. In Chuñavi, einem verschlafenen Örtchen, das noch 26 Familien beherbergt, erwartete uns ein großes, verwittertes kaum mehr lesbares Schild mit der Aufschrift „Inkatrail – Yunga Cruz“! Ein kleiner Dorfladen ließ uns noch einmal Wasser auftanken und dann verabschiedeten wir uns von unserem Fahrer und schlugen den angegebenen Weg ein – den Inkaweg nach Chulumani auf 1.700 müM gelegen. Wir waren gut ausgerüstet mit Zelt und Nahrungsmitteln. Alles für drei Tage ausgelegt, für Beginn der Wanderung in Chuñavi mit Hinweis- Mensch und einen Hund. So begannen wir die schild “Camino Precolombino „Yunga Cruz“ “ Trekkingtour zu Dritt und schon bald säumten Kartons, Plastikflaschen, Müllsäcke, Papier und Konservendosen unseren Weg. Na ja, die „Außenbezirke“ eines Dorfes, dachten wir. Bald stießen wir auf eine breite Fahrstraße, frisch in den Felsen gesprengt und planiert. Super! In Serpentinen ging es flott den Bergrücken hinab. Immer links halten war uns von Kennern des Weges in La Paz noch als guter Rat mit auf den Weg gegeben worden. Wir verloren schnell an Höhe, was laut unserem Wanderführer nicht sein durfte (Yossi Brain, Andrew North, Isobel Stoddart: Trekking in Bolivia - A Traveler´s Guide, The Mountaineers, Seattle 1997). Vergebens suchten wir den Weg, alle Erinnerungen an den Inkapfad waren wegplaniert worden. Zwar konnten wir viele Trampelpfade Monatsblatt 3/2014 55 Bolivien ¿por siempre! Reise ausfindig machen, aber keinen Weg, der einem Inka-Pfad ähnelte. Also, beschlossen wir, einem Querweg zu folgen, der über Weiden steil nach oben führte. Weiterhin begleiteten uns Müll, Kuh- und Pferdemist sowie Essensreste. Nach einer halben Stunde verengte sich der Pfad und es wurde deutlich, dass wir hier dem Landschaftstyp „extensive Weidewirtschaft“ und ihren typischen Viehwegen aufgesessen waren. Zudem fiel das Gelände immer steiler zum Fluss hin ab, Felsen versperrten den Weg. Der Ausweg: Aufsteigen, an Höhe gewinnen. Nach anstrengenden 300 Höhenmetern im Grasland fanden wir bei einbrechender Dunkelheit einen Felsvorsprung, der sich gerade mal dafür eignete, unser Zelt auf zu schlagen. Die Nacht verbrachten wir auf 3.850 müM umgeben von Wolkenfetzen, die aus dem Tiefland aufstiegen. Stille. Sternenhimmel. Zwei Hunde als Bewacher zu beiden Seiten des Zeltausgangs. Die Hunde wachten emsig, witterten sie ein Tier, kläfften sie jedoch so laut, dass wir erst gegen Mitternacht in den Schlaf fanden. Über Nacht kühlte die Temperatur Zeltplatz in luftiger Höhe beachtlich ab. Wir warteten ab, dass kurz nach 8:00 Uhr die ersten Sonnenstrahlen über den 4.378 m hohen Cerro Khala Ciudad krochen und den Morgenfrost vertrieben. Eine kurze Erkundung ergab, dass wir 100 Meter unterhalb eines breiten Weges genächtigt hatten – dem Inka Trail! Freudig machten wir uns auf den richtigen Weg, hinauf auf den Grat konnten wir endlich ausschreiten und die herrlichen Ausblicke auf die Nord-Ostseite des Illimani sowie die Täler des Yungas genießen. Klar war, dass wir linker Hand den Cerro Khala Ciudad, eine zerklüftete sehr markante Felskuppel umkreisen mussten. Der Weg wurde schmaler, Felsabschnitte luden zu kleinen Kletterpartien ersten und zweiten Grades ein. Unser Labrador stellte sich als weniger klettertauglich als unser neuer Begleiter heraus. Dieser versuchte unserer Hündin, den rechten Weg beim Klettern zu zeigen, aber dies war nicht immer erfolgreich. In einem Fall mussten wir nachhelfen: mit einem Schubs gelang es der Hündin einen Felsvorsprung zu überspringen. Sie sprang, überschlug sich einmal, kam dann aber heil auf ihren vier Beinen auf einem unteren Felsvorsprung zu stehen. Bei so viel Kletterarbeit mit Rucksack und Stöcken war uns entgangen, dass wir schon wieder sehr an Höhe verloren hatten. Aber eine alternative Wegführung war nicht in Sicht – es ging bergab, steil begab. Vom Yunga Cruz keine Spur. Nach einer Wegkehre auf einem Felsvorsprung stehend erkannten wir das Ziel unseres Pfades: Ein grellbuntes Plastikdorf bestehend aus circa 20 orangenen und königsBolivien ¿por siempre! 56 Monatsblatt 3/2014 Reise blauen Plastikplanen, die einfachen Steinhäusern übergestülpt waren. Dazwischen schimmerte ab und zu Wellblech hervor. Ringsherum üppige Vegetation, sattes Grün, drei Kühe und viel Müll, keine Menschen. Da wir auch kein Wasser mehr hatten, beschlossen wir abzusteigen. Wir wollten doch wissen, wohin es uns verschlagen hatte. Im ausgestorbenen Dorf trafen wir einen jungen Mann mit kleinem Kind. Tja, hier hätten sich schon häufiger Wanderer vom Yunga Cruz hin verlaufen. Der richtige Weg, der sei viel weiter oben, nahe der Felsen! Hier werde Gold gewonnen und die Goldwäscher würden derzeit in Iqiqu beim Dorffest ihre Freizeit genießen. Mittagshitze, Durst, Hunger – unser erster Beschluss: Mittagessen kochen! Der Goldwäscher wies uns einen Kochplatz zu, öffnete einen Wasserschlauch und verschwand. Wir erfrischten uns mit prickelnd kaltem Bergwasser. Nach reichlich Tortellini- und Wasserverzehr war die Stimmung wieder soweit gehoben, um unseren freundlichen Goldgräber zu suchen. Dieser stellte sich auf Nachfrage als Bernabéu vor, 28 Jahre jung, mit seinem Söhnchen Alvarito, zwei Jahre alt und das einzige Kind im Dorf. Nach anfänglicher Zurückhaltung erzählte Bernabéu – benannt nach dem berühmten Fußballstadion in Madrid - ausführlich sein Leben in dieser Einsamkeit. Seine junge Frau, die sich bei unserem Eintreffen noch versteckt gehalten hatte, kam auch dazu. Nur wenige Frauen begleiten ihre Männer zu diesem Ort. Das Leben sei zu hart, erklärte uns Bernabéu. Weg unterhalb des Cerro Chala Ciudad „San Pedro“, so der Name der Kooperative, sei im Besitz der Bergarbeiter von Chuñavi. „Einer für alle, alle für einen!“ sei ihr Motto. Seit der Kolonialzeit werde hier Gold gewonnen, berichtete Bernabéu. Der hohe Goldpreis der letzten Jahre hat für Aufschwung gesorgt und seit fünf Jahren werde wieder in der Mine gearbeitet. 60 Mitglieder zähle die Kooperative gegenwärtig. Es wird ganzjährig gearbeitet und zudem werden die Felder oberhalb der Gemeinde bestellt. Der Arbeitsprozess der Goldgewinnung ist äußerst hart und zeitaufwendig und erinnerte uns an mittelalterliche Bergbautechniken in Europa. Das Gestein wird aus zwei circa 150 Meter unterhalb gelegenen Schächten in den Ort getragen und dort mithilfe großer Steinbrocken grob zerkleinert, per Hand weiter gemahlen und dann mit Quecksilber verknetet. Diese rotbraune grobkörnige Erdmasse wird dann in Eimern zu den Monatsblatt 3/2014 57 Bolivien ¿por siempre! Reise Wasserschläuchen transportiert, wo diese Masse einmal pro Woche auf Plastikplanen ausgewaschen wird. Am Ende wird in einer Waschpfanne der letzte Reinigungsprozess eingeleitet, immer unter zur Hilfenahme von Quecksilber, um das Gold zu binden. Zumindest war Bernadéu schon bewusst, dass klein Alvarito besser nicht mit seiner gelben Gummiente im Wasserbecken von Papa planschen sollte. Die Gefahren des Quecksilbers für Mensch und Natur waren ihm nicht bekannt. Er war sehr interessiert mehr darüber zu erfahren. Anscheinend stellen Bergbauministerium oder Goldaufkaufstellen keine Informationsmaterialien zu diesem Thema zu Verfügung. Zudem wird das abfließende Wasser, mit dem Bernabéu seine Gold-Quecksilbermischung bearbeitet hat, weiter unten von den Arbeitern sorglos als Trinkwasser verwendet.... Ja und unsere treuen Begleiter hatten wir vorsorglich angeleint, damit sie kein vergiftetes Wasser trinken. Zu gut hatten wir unsere Wanderung des „Takesi“ in Erinnerung, die im Unterlauf an der Mine „Chojila“ vorbeiführte. Dort hatte unsere Hündin Abwasser getrunken, was zu einem dick geschwollenen Gesicht geführt hatte. Abgesehen von der Quecksilbergefährdung zeichnete sich der Ort durch Unmengen von Abfall und Müll aus: Alles was man zum Leben benötigt und aus der Stadt herbeigeschafft wird, lassen die „mineros“ vor, neben oder hinter ihrer Unterkunft und Arbeitsstätte fallen. So sieht man nicht nur welche Lieblingsmarken Bier oder Schnaps verzehrt wurden, sondern auch welches Haarshampoo vorzugsweise zum Einsatz kommt. Und jede Menge Einpackpapier von Süßigkeiten sowie Plastikflaschen von Softdrinks – man gönnt sich ja sonst nichts. Der Verdienst scheint bei den immer noch recht hohen Goldpreisen recht gut zu sein. Bernabéu berichtete stolz, dass pro Gramm Gold derzeit 230,00 BOB bezahlt wird. Ein Goldpreis, der sogar die Anschaffung von entsprechender Technik ermöglicht: Ein Kompressor der via Hubschrauber an diesen Ort transportiert worden war und ein „Mini-Teleférico“, ein Lastenaufzug, auch „Walaichu“ genannt, der ein Tal überquert, so dass das aus einer Minenöffnung gewonnene Material leichter bis an den Ort der Weiterverarbeitung transportiert werden kann. Gegen 16:00 nach Führung durch die Goldwäschersiedlung und die Mine stand unser Entschluss fest: Wir unterhalten uns noch ein bisschen mit Bernabéu über die Vorund Nachteile des Goldwaschens und lassen uns dann von ihm den Weg zurück nach Chuñavi zeigen. So können wir auch unseren treuen Weggefährten, den zugelaufenen Vierbeiner seinem Besitzer zurückbringen. Bei der herzlichen Verabschiedung mit Keksen für Alvarito aus unserem Reiseproviant konnten wir uns nicht der Frage enthalten, was man denn tun müsse, um Mitglied der Kooperative zu werden. „Warten, dass ein Kollege aussteigt und die Ablösesumme von 15 000,00 US-Dollar zahlen!“ Mit reichlich Stoff für Reflexionen über das Leben der Goldwäscher und die Auswirkungen auf die Pachamama wanderten wir noch einen gute Weile bergab im warmen, feuchten Ambiente zwischen Bambus und Begonien bevor uns der gut ausgetretene Pfad auf eine Privatstraße führte, die im Nichts endete. Allerdings erkannten Bolivien ¿por siempre! 58 Monatsblatt 3/2014 Reise wir jetzt - nach unserer Erfahrung - an allen Hängen, am Talboden wie auch in den felsigen, hochgelegenen Falten des gegenüberliegenden Gebirgshanges „bunte“ Dörfer - Goldwäschersiedlungen. In der Region auf der Nordseite des Illimani und des Murarata ist die Goldextraktion der wichtigste Wirtschaftszweig. Das Leben ist zwar hart, aber es wird auch gutes Geld verdient. Reges Zeugnis leisten die vielen großen Geländefahrzeuge des Typs „Toyota“ wie die funkelnagelneuen Motorräder der jungen Männer und die gut ausgebauten Häuser, zum Teil mit Villencharakter. Der Müll des Wohlstandes verschandelt flächendeckend Siedlungen und Landschaften. Landschaft mit Nordostwand des Illimani im Hintergrund Nach einer Übernachtung auf 3.500 müM und einem letzten mühsamen Anstieg erreichten wir gegen Mittag unseren Ausgangsort Chuñavi. Aufgrund des funktionierenden Mobilfunknetzes konnten wir einen Transport zurück nach La Paz organisieren, denn es gibt nur einen Bus pro Tag, der in der Früh nach La Paz fährt und den wir verpasst hatten. Ein erlebnisreicher Ausflug, eine schöne Wanderung, obwohl wir nicht unseren Zielort Chulumani erreichten. Manchmal ist eben doch der Weg das Ziel, wie schon der spanische Dichter Antonio Machado zu sagen pflegte: „Caminante no hay camino, el camino se hace al andar!“ Dr. Claudia Maennling Monatsblatt 3/2014 59 Bolivien ¿por siempre! Leute Was bleibt? – Gedanken nach fast acht Jahren in Bolivien Meine Frau Christina und ich ziehen schon seit den frühen 80ern als „Zigeuner“ der Enzwicklungszusammenarbeit um die Welt. Meistens wechselten wir so etwa im Vierjahresrhythmus. Die einzige Ausnahme ist Bolivien, wo wir es fast doppelt so lange ausgehalten haben. Den Leser/innen des Monatsblatts, die dauerhaft hier leben, mag das immer noch wenig vorkommen, denn sie sind es sowieso gewohnt, einen ständigen Strom von neuen Gesichtern in Botschaft, GIZ oder Schule zu beobachten. Für „expats“ wie uns ist es aber außergewöhnlich lange. Und da wir in diesen Jahren unzählige Abschiede erlebt haben, haben wir zum ersten Mal ein Gefühl dafür bekommen, was die dauerhaft hier Lebenden bei den ständigen Wechseln empfinden mögen. Wofür stehen nun diese fast acht Jahre? Es bleibt ein zwar positives, aber teilweise auch widersprüchliches Bild. Einerseits habe ich noch nie in besseren Teams gearbeitet wie hier. Und Ähnliches konnte ich auch bei meinen Kolleg/innen beobachten. Die Zusammenarbeit zwischen unserem nationalen Personal und den entsandten Kolleg/innen ist bemerkenswert gut. In meinem Beruf muss man sicherlich lange nach etwas Vergleichbarem suchen. Das liegt an der Professionalität der Mitarbeiter/ innen, vor allem aber daran, dass die bolivianische Mentalität weltoffen, zugewandt und im Grundsatz freundlich ist. Es fällt leicht, in Bolivien ein gutes persönliches Verhältnis zu seinen Mitarbeiter/innen und Kolleg/innen aufzubauen. Diese Erfahrung, verbunden mit unseren erfolgreichen Projekten in den Bereichen Landwirtschaft, Trinkwasser, Energie, Staatsmodernisierung, Justiz, Management von Schutzgebieten usw. lässt mich tief befriedigt gehen. Um zu letzterem nur zwei Beispiele von vielen zu nennen: zusammen mit unseren Partnern hat unser Projekt EnDev (Energy for Development) den Zugang von weit über 1 Mio. Menschen zu Energie verbessert. Und im Rahmen des Projektes MAPZA wurden erfolgreich Vermarktungskonzepte für Vicuñawolle und Lagarto-Häute implementiert, die eine langfristige Nutzung erlauben und die Tierbestände nicht gefährden. Bolivien ¿por siempre! 60 Monatsblatt 3/2014 Leute Und dann steht Bolivien natürlich für jede Menge Reiseabenteuer. Das Land hat faszinierende Landschaften und Ökosysteme, die es „eigentlich“ zu einem perfekten Reiseland machen könnten. Wir waren von unseren Reisen im Land immer tief beeindruck und schätzten uns glücklich, hier arbeiten und leben zu dürfen. Alleine unsere Rundreise in einem Kleinflugzeug mit Freunden (wir berichteten im Monatsblatt darüber) war ein unbeschreiblich schönes Erlebnis, das uns die ganze Vielfalt des Landes komprimiert vor Augen führte. Aber dann gibt es natürlich auch die kleinen Erlebnisse und Reflexionen, die das so positive Bild ein bisschen trüben. Was mir unter dem Strich am meisten in Erinnerung bleiben wird, ist der extreme Hang der bolivianischen Verwaltung, alles zu überbürokratisieren. Teilweise habe ich erlebt, dass Leute in öffentlichen Stellen fast erschrocken waren über schier unüberwindbare bürokratische Hürden, für die sie selbst mit verantwortlich waren; gleichzeitig waren sie aber nicht in der Lage, etwas zum Abbau der Hürden zu tun. Überhaupt habe ich bisher noch nie ein Volk erlebt, das es schafft, sich selbst so viele Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Eine ganz andere und eher generelle Überlegung betrifft die wirtschaftlichen Grundlagen Boliviens. Trotz aller Rhetorik der Regierung über mehr Wertschöpfung im Land selbst und über eine eigenständige Wirtschaftsentwicklung bleibt Bolivien weiterhin ein „Rentenland“, es ist also weiterhin extrem abhängig vom Export von Rohstoffen und Primärprodukten. Eine Weiterverarbeitung im Land findet kaum statt. Sie wird bei Mineralien teilweise sogar negativ sanktioniert, weil die Kooperativen keine Möglichkeit zur Konzentration von Mineralien haben und daher das Roherz exportieren wollen. Da sie eine wichtige Wählergruppe darstellen, zahlen sie keinen Ausfuhrzoll, während moderne Mineralienschmelzen, die zumindest einen Schritt in der Weiterverarbeitung gehen, Exportzölle bezahlen müssen. Die weiterhin tragende Rolle der Rohstoffexporte ist höchst bedenklich, denn sie macht das Land extrem abhängig von Weltmarkpreisen und der Lieferfähigkeit der Rohstoffindustrie, denn diese entscheiden über die Einkünfte der Regierung und damit über ihre Handlungsfähigkeit. Trotz dieser kritischen Gedanken bleibt der Gesamteindruck positiv. Wir haben die Zeit, die wir hier verbringen durften, sehr genossen und sind allen Menschen in Bolivien dankbar, mit denen wir uns im Rahmen der Arbeit oder privat wohl fühlen durften. Dr. Michael Dreyer, Landesdirektor der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Monatsblatt 3/2014 61 Bolivien ¿por siempre! Leute Personalwechsel an der Deutschen Schule La Paz Mitten im Schuljahr gab es einen zweifachen Wechsel an der Schule und so wollen wir Ihnen die beiden Frauen vorstellen. Lucia Salinas Nach den Winterferien gab es einen Wechsel in der Verwaltungsleitung. Hier müssen wir Ihnen keine neue Mitarbeiterin vorstellen. Denn nach über drei Jahren kehrte am 1. August die frühere Chefin auf die gleiche Stelle zurück. Lucia Salinas war von Januar 2007 bis Mai 2011 die Verwaltungsleiterin der Deutschen Schule, zog aber aus familiären Gründen nach Deutschland. Dort wohnte sie mit ihrer Familie in der Nähe von Mainz und Aachen. Nun ist sie wieder an ihrer alten Wirkungsstätte und hat sich nach wenigen Wochen schon wieder gut eingearbeitet. Ebenso sind ihre beiden Kinder in der Primaria und Sekundaria der Deutschen Schule. Frau Salinas war erstaunt, was sich nach drei Jahren sowohl in La Paz, aber auch an der Schule verändert hat. Neben den neuen Gesichtern beim Personal, was ja an einer Auslandschule keine große Überraschung ist, war es die neue Technik, die elektronischen Tafeln, die für Veränderungen sorgten. Nun ist sie in ihrer neuen Aufgabe für 14 Verwaltungsangestellte und 18 Mitarbeiter im Service-Bereich verantwortlich und gleichzeitig für über 100 Lehrkräfte Ansprechpartnerin. Bolivien ¿por siempre! 62 Monatsblatt 3/2014 Leute Chris Winkler Im Juni trat sie die Stelle Öffentlichkeitsarbeit an. Die Österreicherin wuchs in Linz auf. Nach einem Studium der Kommunikationswissenschaft in Salzburg kam die praktische Arbeit hinzu. Hier war sie 5 Jahre im ORF Zentrum Küniglberg Wien. In der Redaktion „Jahreszeit“ war sie bei der täglichen 45-minütige Live-Sendung im österreichischen Fernsehen als Redakteurin neben der Einladung der Studiogäste, vor allem für die inhaltliche Vorbereitung und Gestaltung der Fernsehbeiträge zuständig. Danach studierte sie auch noch Sport-, Kultur- und Veranstaltungsmanagement. Während ihres zweiten Studiums arbeitete sie noch ein Jahr im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Events bei der Ronald McDonald Kinderhilfe in Österreich. Dann ging es nach Bolivien, wo sie sich vollkommen in die Stadt La Paz verliebte. Angekommen als Volontärin für die Organisation Alalay standen hier die Bürotätigkeiten und die Straßenarbeit im Mittelpunkt. Doch so schnell will sie nicht wieder zurück und so trat die fast 30-jährige PR-Frau die Stelle an der Deutschen Schule an. Hier kann sie auch zum Teil ihre große Liebe zur Fotografie verwirklichen und hofft, dass sie in ihrer Freizeit noch Zeit für ein weiteres Hobby - das Reisen - hat. Beiden Frauen wünscht die Monatsblatt-Redaktion weiterhin viel Schaffenskraft, Ideen und Freude in der Deutschen Schule La Paz. Andreas Motschmann Monatsblatt 3/2014 63 Bolivien ¿por siempre! Schule Programm der Deutschen Schule: „Schüler der S4 überqueren den Atlantik“ Der Schüleraustausch der Deutschen Schule La Paz mit Deutschland hat eine lange Tradition. Jedes Jahr haben Schülerinnen und Schüler der S4 die Möglichkeit, abhängig von ihrer schulischen Leistung und ihrem Verhalten im Unterricht, drei Monate nach Deutschland zu gehen. Dieses Jahr sind es etwa 60 Schülerinnen und Schüler, die sich auf den Weg über den Atlantik machen. Ziel des Austauschs ist es in erster Linie, die Deutschkenntnisse deutlich zu verbessern und darüber hinaus für eine gewisse Zeit Kultur und Leben in Deutschland näher kennenzulernen. Die meisten Austauschschüler besuchen Schulen in Nordrhein-Westfalen, Bayern oder im Großraum Berlin. Dieses Jahr hat eine Schülerin erstmals die Möglichkeit, drei Monate in Wien, Österreich, zu verbringen. Weit weg von zu Hause und in einem anderen Land zu sein, bedeutet allerdings alles andere als Ferien und „süßes Nichtstun“. Die Schülerinnen und Schüler haben die Verpflichtung, vor Ort Leistung zu erbringen und unter anderem Arbeiten zu verfassen: eine Deutscharbeit und eine gesellschaftswissenschaftlich angelegte Arbeit. Eine Zeit im Ausland zu leben, die Sprache zu üben und die Kultur vor Ort kennenzulernen, ist eine große Chance, die man als Schülerin und Schüler der Deutschen Schule La Paz unbedingt nutzen, aber auch genießen sollte. Öffentlichkeitsarbeit Deutsche Schule La Paz Fotos: Fernando Rada Bolivien ¿por siempre! 64 Monatsblatt 3/2014 AUSLANDSSCHULE Schule ERFAHRUNGSBERICHT 3. BIMESTER 2014 Wusstest du, dass: • IN DER SCHULE KEINE KOPFTÜCHER GETRAGEN ODER GEBETE GESPROCHEN WERDEN? •BEI GRÜNDUNG DER TÜRKISCHEN REPUBLIK 1923 LEGTE MUSTAFA KEMAL „ATATÜRK“, DER STAATSGRÜNDER, FEST, DASS RELIGION UND STAAT VONEINANDER GETRENNT SEIN SOLLEN, FÜR EIN FRIEDLICHES ZUSAMMENLEBEN DER VIELEN RELIGIONEN. •VIELE UNSERER 900 SCHÜLER IHRE FAMILIE NUR IN DEN SOMMERFERIEN SEHEN? •UNSERE SCHÜLER 19 TAGE „URLAUB“ ZUR VERFÜGUNG HABEN, UM DIE LANGEN REISEWEGE VON Z.B. ISTANBUL NACH ANATOLIEN ZU DEN FEIERTAGEN ZU BEWÄLTIGEN? •JEDEN MONTAG UND FREITAG BEI DEM „TÖREN“ DIE LANDESFAHNE GEHISST WIRD UND ALLE SCHÜLER DIE NATIONALHYMNE SINGEN? HIER WERDEN AUCH BESONDERE LEISTUNGEN GEEHRT. • DIE SCHÜLER DIE SCHWARZE SCHULUNIFORM ERST TRAGEN DÜRFEN, WENN SIE VOLLWERTIGE MITGLIEDER DER SCHULGEMEINSCHAFT SIND UND GEMEINSAM NACH CHANAKKALE GEFAHREN SIND? • DAS SCHULGEBÄUDE IM OTTOMANISCHEN REICH ALS SCHULDENVERWALTUNG DER EUROPÄISCHEN GROSSMÄCHTE GEDIENT HAT, UND ES DESWEGEN EINEN RIESIGEN TRESOR IM KELLER GIBT? •FILME MIT RUSSEL CROWE IM IL GEDREHT WERDEN ? • ISTANBUL 20 MILLIONEN EINWOHNER HAT? Monatsblatt 3/2014 Zwei Lehrerinnen aus Istanbul in La Paz Was verschlägt einen als Lehrer mitten in den Sommerferien auf der Nordhalbkugel an das Colegio Aleman in La Paz? Natürlich der Besuch der auf der Südhalbkugel unterrichtenden Zwillingsschwester. Seit September 2013 unterrichte ich mit meiner Kollegin Sibylle Parsch in der Türkei in Istanbul am Istanbul Lisesi Schüler zwischen 14 und 19 Jahren. Das Istanbul Lisesi ist eine staatliche türkische Schule mit einer deutschen Abteilung, die einen Schwerpunkt auf den naturwissenschaftlichen Bereich legt. In der Türkei muss jeder Schüler eine Aufnahmeprüfung für das Gymnasium ablegen. Aus den 2000 besten Schülern des Landes wählt die Schule jedes neue Schuljahr 180 türkische Schüler aus, die dann bei uns entweder ihr Abitur (dieses Jahr 150) oder das DSD II zusätzlich zu ihrem türkischen Abschluss ablegen. Da unsere Schüler aus der ganzen Türkei kommen, wohnen etwa 1/3 im, der Schule angeschlossenen, Internat. Zunächst sprechen unsere Schüler kein Deutsch, deswegen lernen sie in ihrem ersten Schuljahr am Istanbul Lisesi intensiv Deutsch; dieses Jahr heißt „Hazirlik“, was 65 Bolivien ¿por siempre! Schule so viel wie Vorbereitungsjahr bedeutet. Auch im zweiten Jahr haben sie verstärkten Deutschunterricht und legen im zweiten Halbjahr das DSD I ab. In diesem Jahr haben die Schüler auch deutschen Fachunterricht in den Fächern Mathematik, Chemie, Biologie und Physik. Schulfamilie Die Schulfamilie ist ein wichtiger Bestandteil des Istanbul Lisesi. Insbesondere für die Internatsschüler, die weit weg von ihren Familien leben, ist der Bezug zu den älteren Schülern wichtig. So sind die „abis und ablas“ (große Brüder und Schwestern) Familienersatz. Sie unterstützen und erziehen die „Kleinen“, „Die Kollegen und deshalb ist auch der Abschied jedes Jahr, wenn die Abi- Schüler hier in La Paz turienten die Schule verlassen, herzzerreißend. haben mich herzlich Die Einhaltung der Regeln, z.B. das Tragen der Schuluniform, aber auch die „richtige“ Haarlänge oder Ausgehzeiten, wird von den Abis und Ablas, aber auch von den im Internat Lebenden Lehrern überwacht — hierbei gelten für Jungen und Mädchen etwas andere Vorschriften. aufgenommen und ich konnte einen Einblick in den Alltag gewinnen….Der Besuch wird für mich in bleibender Erinnerung bleiben [...]“ Obwohl seit 1970 Jungen und Mädchen das Gymnasium gemeinsam besuchen, ist die Schule auch heute noch allSibylle Parsch gemein als „Istanbul Erkek Lisesi“, also als Jungenschule bekannt. Die gelb -schwarzen Pullover mit dem Schullogo, den die Jungen und Mädchen des Abschlussjahrgangs bedrucken und tragen, haben sogar den Aufdruck IEL. Die „Hazirlik-Schüler“, die „Hasis“, also die jüngsten Mitglieder der Schulfamilie, tragen im ersten Jahr eine Schuluniform aus grauem Rock bzw. grauer Hose, gelbem Hemd und einer schwarz-gelb gestreiften Krawatte. Für die älteren Schüler sind die Regeln etwas lockerer, sie tragen schwarze Hosen oder Röcke und Polohemden mit dem Schullogo. Obwohl die Pflicht zur Schuluniform zu Anfang des letzten Schuljahres abgeschafft wurde, haben sich die Schüler mehrheitlich dafür entschieden, weiterhin ihre Schulfarben zu tragen, da sie sehr stolz auf ihre Zugehörigkeit zur Schulfamilie sind. Bolivien ¿por siempre! 66 Monatsblatt 3/2014 Schule Eindrücke Sibylle Parsch (E,D) Durch meine Kollegin Eva Kleinert und ihre Schwester Ellen bot sich mir in diesem Sommer die einmalige Gelegenheit, nicht nur das Land Bolivien, sondern auch das Colegio Aleman „Mariscal Braun“ kennen zu lernen. Die Kollegen und Schüler hier in La Paz haben mich herzlich aufgenommen und ich konnte einen Einblick in den Alltag gewinnen. Besonders beeindruckt haben mich das Schulgelände, die Klassenräume und die Offenheit von Schülern und Lehrern. Der Besuch wird für mich in bleibender Erinnerung bleiben und ich möchte mich für dafür herzlich bei allen Beteiligten bedanken!!! Eva Kleinert (Bio, E, Geo) Im letzten Jahr konnte ich die herzlichen chicas und chicos und freundlichen Kollegen des Colegio Aleman „Mariscal Braun“ kennen lernen und mir ein Bild machen über die Besonderheiten des Auslandsschulwesen. Speziell die sprachdidaktischen Aspekte des naturwissenschaftlichen Fachunterrichts waren neu und spannend für mich. Nach meiner Hospitation habe ich mich daraufhin selber für das Auslandsschulwesen beworben, und mich für das IL entschieden. Nun nach dem ersten Jahr kann ich ein sehr positives Fazit ziehen, denn auch die kiz und erkek in Istanbul sind begeisterungsfähige Schüler. Es war schön wieder hier zu Gast zu sein und die Fortschritte der SchülerInnen hier zu sehen und Fragen beantworten zu können. Besonderer Dank gilt natürlich den Kollegen, die, sogar im dicksten DSD-Stress, noch Zeit fanden für einen Austausch. ¿Nos vemos pronto en Estambul? Sibylle Parsch und Eva Kleinert Monatsblatt 3/2014 67 Bolivien ¿por siempre! Schule Neuigkeiten von der Dualen Ausbildung Halbzeit der Praktikanten bei B. Braun Melsungen „Der Ramadan hat Auswirkungen beim Absatz der Produkte von B. Braun in den arabischen Ländern“, das ist eine Erkenntnis, die Hernan Cadima in seinem Praktikum bei B. Braun in Melsungen sammeln konnte. Beim Besuch des Leiters der Deutschen Berufsschule La Paz, Jürgen Winkel, an den drei Standorten in Berlin, Tuttlingen und zum Abschluss in Melsungen stellten die 4 Praktikanten der Deutschen Schule La Paz ihre Erfahrungen, die sie seit März bei B. Braun gemacht haben, im Beisein von Prof. L. Braun vor. Ob Planung, Durchführung und Nachbereitung von Events, z.B. „Familientag“ oder „Kinder- und Jugendwochen“ oder die Marktbeobachtung im asiatischen Raum das waren nur zwei Beispiele für die verantwortlichen Tätigkeiten, die B. Braun unseren Praktikanten übertrug. Sehr zufrieden über das Ausbildungsniveau der Ex-Studenten der Dualen Ausbildung zeigten sich die Personalleiter an den drei Standorten. „Die Deutsche Berufsschule hat uns hoch motivierte und sehr gut ausgebildete Studenten geschickt“, so Dr. Jürgen Tertel, verantwortlich für die Internationale Rekrutierung von Mitarbeitern für B. Braun weltweit. Ein weiteres Ergebnis des Besuchs von Jürgen Winkel ist die Idee, im nächsten Jahr zwei Auszubildende von B. Braun für 2 Monate nach La Paz zu senden, um in einem bolivianischen Unternehmen und in der Deutschen Berufsschule erste internationale Erfahrungen zu sammeln. Seminar für Führungskräfte „Überzeugen ist wichtiger als überreden“ – das war eine Erkenntnis, die die Studenten von COM I und COM II vom Führungsseminar mitgenommen haben. Seit 3 Jahren findet jährlich ein Führungsseminar für die Studenten der Dualen Ausbildung in der Deutschen Berufsschule statt. So auch in diesem Jahr. Am 11 und 12. Bolivien ¿por siempre! 68 Monatsblatt 3/2014 Schule Juni für COM I und am 24./25. Juli für COM II. Unter der Leitung des internationalen Coachs, Juan Carlos Vacaflor, Geschäftsführer von Kaisha Corp S.R.L. und in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Bolivianischen Industrie- und Außenhandelskammer lernten die Studenten an 2 Tagen, wie man erfolgreich in Gruppen arbeitet und wie man als Führungskraft die Mitarbeiter wie auch Kunden überzeugt, anstatt sie zu überreden, was letztendlich doch nicht zum gewünschten Erfolg führt. Das war auch die Erkenntnis von Claudia Chavez: „ Es bringt überhaupt nichts, die Menschen zu etwas zu überreden, was sie gar nicht machen wollen. Das überzeugt werden von einer Sache ist sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Kunden das A und O“. In Rollenspielen analysierten die Studenten bestimmte Verhaltensweisen, lernten dazu neue Techniken, wie man erfolgreich auf diese Verhaltensweisen eingehen kann und erprobten dies sofort in einem ersten Versuch mit ihren Klassenkameraden. Teamarbeit war das zweite Thema des Seminars. Vacaflor machte den Studenten klar, wie wichtig es für ein Unternehmen ist, dass die Mitarbeiter im Team arbeiten und welchen Nutzen das Unternehmen daraus ziehen kann. Ein Unternehmen, das dies nicht berücksichtigt, wird in Zukunft nicht bestehen können. Die Studenten konnten in Fallbeispielen mit verschiedenen Aufgabenstellungen ihre neuen Erkenntnisse selbst auszuprobieren. „ Die Rollenspiele führten zu solch kreativen Lösungen, an die man vorher allein überhaupt nicht dachte“, so Areli Callisaya. Es waren 2 Tage harter Arbeit – von morgens 8:00 h bis abends 19:30 h. Jörn Reinecke sprach für alle: „Es hat sich wirklich gelohnt!“ Ein Praktikum für die Universität am Colegio Alemán in La Paz? Seit Bestehen der Kooperation zwischen meiner Universität in Konstanz und der Deutschen Berufsschule in La Paz, bin ich die zweite Studentin der Wirtschaftspädagogik, Monatsblatt 3/2014 69 Bolivien ¿por siempre! Schule die diese geniale Möglichkeit ein mehrwöchiges Schulpraktikum hier zu absolvieren, erhält. Mit Blick auf den Bildungsföderalismus, der in Deutschland herrscht, handelt es sich bei der Deutschen Auslandsschule um ein Gebilde, das so in Deutschland selbst nicht existiert. Dass hier deutsche Lehrer, die in unterschiedlichen Bundesländern studiert haben, gemeinsam mit bolivianischen Lehrern Schüler zweisprachig zu einem Schulabschluss führen, der sowohl in Bolivien als auch in Deutschland anerkannt ist, finde ich höchst interessant. Warum gerade Bolivien? Im Vergleich zu anderen südamerikanischen Ländern, die ebenfalls eine duale Berufsausbildung am Colegio Alemán anbieten, hat sich Bolivien viel Tradition bewahrt und ist kaum europäisch geprägt. Auch spricht man hier ein sehr klares Spanisch, das die Verständigung doch erleichtert. Ich wohne bei einer bolivianischen Familie in Los Pinos, deren neunjährige Tochter Helen ebenfalls das Colegio Alemán besucht. Sie sprechen ausschließlich Spanisch mit mir. Dass sie mich in ihren Familienalltag vollständig integrieren, schätze ich sehr. Allmorgendlich frühstücken wir zusammen und werden um 7 Uhr von der Gondola direkt an der Haustür abgeholt und zur Schule gebracht. In der Deutschen Berufsschule wurde ich vom Lehrerkollegium und den SchüPraktikantin Isabelle Lips von der Universität Konstanz lern gleichermaßen herzlich aufgenommen und schnell mit den Lehrmodalitäten vertraut gemacht. Die Erfolgsgeschichte der Dualen Ausbildung verwundert nicht: die Schule ist mit modernster Technik ausgestattet, die kleine Klassengröße ermöglicht ein gutes Betreuungsverhältnis und die Unternehmen, bei denen die Schüler angestellt sind, agieren auf dem internationalen Markt. Diese Kombination aus Theorie und Praxis ist wichtig für ein erfolgreiches Berufsleben. Ich hospitiere in den Fächern Rechnungswesen, Allgemeine und Spezielle Wirtschaftslehre. Mittwochnachmittags biete ich eine Stunde Mathe an, für all diejenigen Berufsschüler, die parallel zur dualen Ausbildung das Fachabitur machen. Während meines Praktikums lerne ich nicht nur einiges mehr über das Lehren, sondern auch viel über das Leben der Bolivianer und der Ausländer in diesem Land: wie es sich anfühlt, wenn politische Beschlüsse völlig unerwartet eintreten und alles umkrempeln, Zeitungen nicht kritisch reflektieren und die Situation des Volkes beschönigen, administrative Abwicklungen weitaus komplizierter sind als in Deutschland, ich dem Kontrast zwischen Arm und Reich so ungewohnt nah bin. Bolivien ¿por siempre! 70 Monatsblatt 3/2014 Schule Nicht den einfachen Weg über ein Praktikum in Deutschland zu gehen, hat sich schon jetzt in vielfacher Hinsicht gelohnt. Insbesondere hat mich das Praktikum in meinen Zukunftsplänen bestätigt, an einer deutschen Berufsschule in Südamerika als Lehrerin zu unterrichten. Isabell Lips B. Leipold vom DIHK in der Deutschen Berufsschule „Tolle Einrichtung, tolles Ausbildungsprogramm“, das war der Tenor beim Besuch der Deutschen Berufsschule von B. Leipold. Am 20.08. besuchte der Leiter des Bereichs AHK-Netz, (die Auslandsabteilung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags in Berlin), im Rahmen seiner Südamerika-Reise auch die Deutsche Berufsschule La Paz. Im Gespräch u.a. mit dem Schulleiter der Deutschen Schule, Volker Stender Mengel, dem Vorsitzenden des Schulvereins, dem Leiter der Berufsschule, Jürgen Winkel, sowie im Beisein des noch amtierenden Geschäftsführers der AHK La Paz, Jörg Zehnle, stellte Leipold die neuen Aufgaben des DIHK, die sich im Rahmen der Globalisierung für die AHK`s weltweit ergeben, dar. Darunter fällt auch der Ausbau der Dualen Ausbildung, wobei das Schwergewicht auf die gewerbliche Ausbildung fallen wird. Leipold informierte sich über die Ausbildungsgänge, die in der Berufsschule La Paz angeboten werden und war sichtlich zufrieden über das Angebot, das den Studenten hier in La Paz unterbreitet wird. Nicht nur die beiden Ausbildungsgänge, Industrie und Außenhandel oder auch die zusätzlichen internationalen Zertifikate in Englisch und Datenverarbeitung, sondern auch die technische Ausstattung mit digitalen Tafeln und 20 Laptops fanden sein großes Interesse. „Dass die Schüler hier auch gleichzeitig die deutsche Fachhochschulreife erlangen können und dass mittlerweile 12 Studenten an der TH Wildau studieren ist eine tolle Sache“. Neuanmeldung für das Ausbildungsjahr 2015 vom 01. - 31. Oktober in der Berufsschule oder in der Deutsch-Bolivianischen Industrie- und Außenhandelskammer. Jürgen Winkel, Leiter der Deutschen Berufsschule im Ausland Monatsblatt 3/2014 71 Bolivien ¿por siempre! Schule Lehrreiches und Unterhaltsames DSD-Sprachcamp in Bolivien Bolivien ist immer wieder ein Abenteuer. Das durften 30 Schüler der dortigen DSD-Schulen aus Sucre und Oruro erfahren, die ausgewählt worden waren, um an einem viertägigen Vorbereitungskurs zum DSD Iteilzunehmen. Dieses so genannte Sprachcamp wurde großzügigerweise von der Zentralstelle für das Auslandschulwesen in Bonn zum überwiegenden Teil finanziell getragen, da für die meisten Schüler aus dem Inneren des zweitärmsten Landes Südamerikas Schulausflüge und Exkursionen unerschwinglich sind. Organisiert und geleitet wurde das Unternehmen von dem Fachschaftsbetreuer der Andenrepublik, Helmut Raffel, der in Coroico, einem kleinen Ausflugsort in der Nähe von La Paz, ein schönes und preiswertes Quartier in eindrucksvoller Regenwaldumgebung gefunden hatte, in dem man ungestört arbeiten konnte und das auch Möglichkeiten zu kleinen Ausflügen bot. So stand neben der intensiven Arbeit, an jedem Tag gab es zwei umfangreiche Arbeitsblöcke zum DSD I, unter anderem eine kleine Exkursion zu einer Tierauffangstation auf dem Programm, in der Tiere des Regenwaldes gepflegt werden. Für den überwiegenden Anteil der Schüler war allein die Reise nach Coroico schon ein Erlebnis, da sie ihr eigenes Land nicht kennen und allein die Fahrt von La Paz in den 120 km von La Paz entfernten Naherholungsort schon spektakulär ist. Ging es doch von La Paz aus, das schon auf einer Höhe von 3.400 m liegt, nach der Überquerung eines schneebedeckten Passes von 4.500 m Höhe in etwa zwei Stunden durch Bolivien ¿por siempre! 72 Monatsblatt 3/2014 Schule eine eindrucksvolle Berglandschaft in ein grünes und fruchtbares Regenwaldgebiet. Der überwiegende Teil der Schüler hatte noch nie Schnee gesehen und hatte auch noch nie den bolivianischen Regenwald in den Yungas (Anfänge des Regenwaldes in der Provinz La Paz) besucht. Auch für einige der sehr engagierten Begleiterinnen galten die Yungas und deren überwältigende Flora und Fauna als Neuland. Nach der Passüberquerung gehörten aber Begriffe wie Schneellballschlacht, Schlittern und Waschen sehr schnell zum Alltagsvokabular aller Beteiligten. Das Unternehmen hat viel Spaß gemacht, und die sehr engagierte Schülergruppe wusste den Einsatz und die Unterstützung aus der Bundesrepublik Deutschland und von der Deutschen Schule La Paz, die alle elektronischen Medien großzügig zur Verfügung gestellt hatte, wirklich zu schätzen. Mittlerweile sind alle Schüler wieder unversehrt in Sucre und Oruro eingetroffen. Nach Sucre ging es für die Gruppe per Nachtfahrt sehr umständlich von La Paz aus weiter, über 14 Stunden auf z.T. sehr ausgefahrenen Schotterpisten. Auch diese Fahrten sind immer wieder ein Erlebnis und manchmal sehr risikoreich. Alle beteiligten Organisatoren hoffen natürlich, dass Deutschland etwas konkreter für die Teilnehmer aus dem Inneren Boliviens geworden ist, auch durch einen Vortrag von Schülern aus La Paz, die extra die umständliche Fahrt nach Coroico auf sich genommen hatten und zur Dualen Ausbildung an der Deutschen Schule La Paz und den daraus resultierenden Möglichkeiten in Deutschland und Bolivien referierten. Alle Beteiligten wünschen sich weiterhin, dass sich auch in diesem Jahr die Ergebnisse zum DSD in Sucre und Oruro verbessern werden und ein solches Projekt keine Eintagsfliege bleibt, sondern dass es wiederholt werden kann und in der Andenrepublik zu einer ständigen Einrichtung wird. Helmut Raffel Monatsblatt 3/2014 73 Bolivien ¿por siempre! Schule Gespräch mit Jürgen Winkel, Leiter der Deutschen Berufsschule im Ausland In der Berufsschule La Paz können junge Menschen die Berufe-Kaufmann im Großund Außenhandel, bzw. Industriekaufmann erlernen. Welche Zwischenbilanz können Sie nach fast 7 Jahren als Schulleiter der dualen Ausbildung in Bolivien ziehen? Jürgen Winkel (JW): vor 7 Jahren wurde in beiden Jahrgängen 18 Schüler unterrichtet und jetzt sind es 34. Neben diesen Zahlen ist auch ein Erfolg, dass die Schülerzahl kontinuierlich wuchs und stabil gehalten werden konnte. Maximal können insgesamt 40 Schüler für die zwei Jahrgänge aufgenommen werden. Ebenso ist die Vernetzung der deutschen Schulen in Bolivien ein wichtiger Fortschritt. So kommen neben den eigenen Schülern der Deutschen Schule noch Schüler vom Colegio Ave Maria in La Paz, aus Cochabamba, Sucre und Santa Cruz hinzu. Ebenso ist die Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft und der deutschen Industrie- und Handelskammer in La Paz hervorragend. Was waren Ihre größten Erfolge? JW: Einmal sind es die Abkommen mit den Universitäten Catolica Boliviana, Nuestra Señora de La Paz in La Paz und in Deutschland mit der Technischen Hochschule in Wildau (zurzeit studieren dort 12 unserer Absolventen der Dualen Ausbildung), mit der Universität Konstanz, die jedes Jahr einen Wirtschaftspädagogikstudenten zum Auslandsschulpraktikum senden. Damit bleiben wir auch auf dem aktuellen Stand der Wissensvermittlung. Mit dem Unternehmen B. Braun in Melsungen konnten dieses Jahr zum ersten Mal drei unserer ehemaligen Schülern ein sechsmonatiges Praktikum absolvieren. Zudem können unsere jungen Menschen neben der Berufsausbildung die Fachhochschulreife erlangen und inzwischen die Internationale Zertifizierung in Englisch und den Internationalen Computerführerschein erwerben. Neben den positiven Zahlen und Abschlüssen ist es wichtig zu erwähnen, dass in den letzten Jahren das Niveau der Berufsschule gehoben werden konnte. So konnten in den letzten 4 Jahren drei Schülerinnen ein Stipendium für hervorragende Leistungen von der Bundesrepublik Deutschland in der Höhe von jeweils 6.000.- Euro erhalten. Darüber hinaus waren wir bei den letzten zwei Wettbewerben: „Schüler bauen weltweit Brücken“, der vom DIHK in Deutschland ausgerichtet wird, jeweils unter den Top Ten! Eine weitere tolle Sache ist das „Netzwerk Deutsch“ von der Deutschen Botschaft, Bolivien ¿por siempre! 74 Monatsblatt 3/2014 Schule das uns hilft, den Bekanntheitsgrad der Dualen Ausbildung an den Deutschen Schulen in Bolivien zu erhöhen. Was kann noch verbessert werden? JW: Wir müssen mehr Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit bei den Eltern und Schülern und ebenso bei den Lehrern in der Sekundaria der Deutschen Schulen leisten. Viele glauben, dass nur ein direktes Studium an einer Uni das Beste sei. Vor 30 Jahren gab es dieses Denken auch in Deutschland. Doch hat dort ein Umdenkungsprozess statt gefunden. Denn inzwischen bevorzugen 40 Prozent der Abiturienten eine duale Ausbildung als Grundstein für ein Studium und immer mehr Unternehmen in der Wirtschaft bevorzugen Akademiker, die vorher eine Duale Ausbildung gemacht haben. Es spricht auch für sich, dass unter den 30% Studienabbrecher in Deutschland (der Anteil der ausländischen Studenten ist noch höher) kein Absolvent der dualen Ausbildung zu finden ist. Wer kommt neben den Schülern der Deutschen Schule noch für die duale Ausbildung in Frage? JW: Neben den bereits erwähnten Schülern der anderen Deutschen Schulen in Bolivien kommen noch Schüler anderer privater Schulen in Bolivien in Frage, welche ein Jahr als Schüler in Deutschland waren. Des weiteren Schüler, die über AFS im Ausland waren und Schüler vom Goethe-Institut. Wie erfolgt die Werbung? JW: Neben den Prospekten ist es einmal der „Tag der offenen Tür“ an der Kermesse. Hierzu werden auch gezielt die Schüler und Eltern vom Colegio Ave Maria eingeladen. Dann kommen noch einige Messestände in anderen Städten Boliviens hinzu, sowie Informationsveranstaltungen für Schüler und Eltern an den Deutschen Schule in La Paz, Cochabamba, Santa Cruz sowie am „dia de las becas“ im Goethe-Institut. Wobei unsere Schüler die beste Werbung für die Duale Ausbildung machen. Natürlich nicht zu vergessen, die ständigen Berichte im Monatsblatt und in der Kammer-Zeitschrift. Wie viele Lehrkräfte stehen den Schülern zur Verfügung? JW: 8 insgesamt, wobei 2 Lehrer von Deutschland entsandt sind. Wo studieren, bzw. arbeiten Ihre ersten Schulabgänger? JW: Neben den 12 Studenten an der Technischen Hochschule in Wildau sind weitere in Köln, Darmstadt, Berlin und in der Schweiz. Hier in Bolivien studieren unsere Absolventen an der Catolica und Nuestra Señora in La Paz, mit denen wir ja ein Abkommen haben, wodurch sie ein Jahr des Studiums sparen und andere arbeiten in bolivianischen Unternehmen. Niemand ist arbeitslos! Monatsblatt 3/2014 75 Bolivien ¿por siempre! Schule Haben Sie noch Kontakt mit ehemaligen Schülern, zum Beispiel ein Ex-Alumno-Treffen und gibt es eine Vernetzung im Internet? JW: Der Kontakt zu den Schülern, die ich in den 7 Jahren beschult habe, ist recht gut. So waren z. B. 40 ehemalige Schüler bei der 20 Jahrfeier dabei. Aber auch durch das Internet ist eine gute Vernetzung möglich und dabei hilft uns der Aufbau einer Alumni-Datei. Herr Winkel, Sie waren Jahrzehnte in Deutschland als Berufschullehrer tätig. Welchen Unterschied können Sie zwischen den Schülern in Deutschland und hier in Bolivien feststellen? JW: Hier in Bolivien sind die Schüler motivierter. Dabei sind sicher die kleinen Klassen von Vorteil, sodass die jungen Leute mehr gefördert und gefordert werden können. Allerdings kommt erschwerend hinzu, dass der Unterricht für die Schüler in einer Fremdsprache stattfindet. In Deutschland sind dagegen die Schüler selbständiger und selbstbewusster. Wie müssen wir uns Ihre Arbeit als Schulleiter vorstellen. Sind so noch nahe an der Praxis und unterrichtet sie oder liegt der Schwerpunkt in der Büroarbeit? JW: Mit 20 Unterrichtsstunden pro Woche bin ich sicher noch sehr nahe an und in der Praxis. Von 7.45 Uhr bis 16.30 Uhr bin ich an den Schultagen in der Schule. Trotzdem überwiegt die Verwaltungs- und Leitungsarbeit. Hinzu kommen noch einige Tage an verschiedenen Wochenenden für Werbeveranstaltungen und offiziellen Veranstaltungen. Die Deutsche Kulturgemeinschaft konnte als Schulträger der Deutschen Schule „Mariscal Braun“ am 9. Mai 2009 den Neubau für die duale Ausbildung seiner Bestimmung übergeben. Welche weitere Unterstützung wünschen Sie sich in der Zukunft von der DKG? JW: Großen Dank möchte ich der DKG für ihre bisherige Unterstützung aussprechen. Hier war der Neubau für die duale Ausbildung sicher eine kluge Investition für die Zukunft! Trotzdem habe ich noch weitere Ideen, wo der DKG der Deutschen Schule „Mariscal Braun“ unter die Arme greifen könnte. So könnte ich mir eine finanzielle Unterstützung für den Sprachbereich, z.B. bei Wettbewerben vorstellen. Eine weitere Idee ist ein Angebot in den Ferien. So könnte man im Rahmen eines Feriencamp Exkursionen, zum Beispiel zum Thema: „Deutsche Unternehmen in La Paz“ anbieten oder auch im Sportbereich könnten Wettbewerbe unterstützt oder initiiert werden. Ebenso wäre eine Unterstützung für eine Stelle im kulturellen Bereich denkbar. Wagen wir einen Blick in die Zukunft. Wo kann und sollte mittelfristig die Berufsschule in 7 Jahren stehen? JW: Einmal sollte sich der Schülerstand bei 40 stabilisieren. Des Weiteren ist ein Schüleraustausch mit der Deutschen Berufsschule in Lima vorgesehen, um die InBolivien ¿por siempre! 76 Monatsblatt 3/2014 Schule ternationalität der Ausbildung zu forcieren. Ebenso ist, wie ich schon sagte, ein Umdenkungsprozess der Eltern in Bolivien für die Wichtigkeit der Dualen Ausbildung ein weiterer Baustein. Darüber hinaus sollte ein 3. Ausbildungsberuf hinzu kommen. Das könnten der Kaufmann im Büromanagement oder/und der Speditionskaufmann sein. Herr Winkel, ich danke Ihnen für das ausführliche Gespräch. Andreas Motschmann Monatsblatt 3/2014 77 Bolivien ¿por siempre! Kulinarisches Café Arco Iris Calle 9 No. 7979, Edif. Vitruvio II esq. Bustamente, Tel. 2795114, Öffnungszeiten: täglich von 8:00 - 22:30 Inzwischen ist es schon gut etabliert, das Café “Arco Iris”, das ebenfalls wie der Name schon vermuten lässt, zu “Arco Iris” Stiftung gehört. Trotzdem möchte ich es unseren Lesern heute besonders ans Herz legen, denn neben dem guten Zweck, dem die Einnahmen teilweise dienen, gibt es auch bekannte und neue Köstlichkeiten zu probieren. Das Ambiente ist modern, hell und geräumig. Blickfang und praktisch einzige Quelle von Farbe ist das große speziell angefertigte Bild von Mamani Mamani. Es könnte für meinen Geschmack gemütlicher sein, wenn noch mehr Bilder und Dekorationen an den Wänden dazu kämen. Auch würde das eine oder andere Sofa und ein paar Sessel und Raumteiler dazu beitragen, die Atmosphäre etwas persönlicher zu gestalten. Aber das ist ja Geschmackssache. Um die Qualität des Kaffees zu testen, nahm ich meinen Mann Frank mit, der seinem Namen als Kaffeegourmet treu, sowohl den Espresso als auch den Cappuccino probierte und beides für ausgesprochen gut befand. Ich probierte derweil mit unserer Tochter die Säfte, die auch sehr lecker sind. Da mein Mann immer Käsekuchen zum Kaffee nimmt, wenn es diesen gibt, probierte er auch diesmal ein Stück davon und bemerkte dazu, dass er wohl ab sofort auch im Café “Arco Iris” sein Kombination Doppelter Espresso und Käsekuchen treu sein wird. Da ich mehr auf die herzhaften Sachen stehe, probierte ich Quesadillas und einen Wrap. Beides war sehr lecker und als vollständige Mahlzeit durchaus geeignet. Bei weiteren Besuchen probierten wir auch anderes und wurden nie enttäuscht. Das Personal ist ausgesprochen aufmerksam und freundlich und die Preise sind im üblichen Rahmen. Offenbar wir das Café von den Angestellten der umliegenden Geschäfte und Büros zum Mittagessen, einen Kaffee zwischendurch oder einen Snack nach der Arbeit genutzt, denn immer war es gut gefüllt, wenn wir dort waren. Damit das Café “Arco Iris” ein Erfolg bleibt, empfehle ich allen Lesern seinen regelmäßigen Besuch! Ambiente: *** Getränke: ***** Service: ***** Essen: ***** Preise: **** Kathrin Schönlein Bolivien ¿por siempre! 78 Monatsblatt 3/2014 OFICINA LA PAZ REPRESENTANTE LEGAL ROYAL TOURS Calle Rene Moreno No. 1072 Casilla 4893 Bloque L7 San Miguel Telf. 591 2 2792828 Fax. 591 2 2792970 Calle Velasco No. 542 Organisationen Als Freiwilliger in Bolivien Er berät Schuhputzer, die auf den Straßen von Boliviens Hauptstadt La Paz leben und hilft ihnen im Alltag. Für ein Jahr engagiert sich Henrik Detering aus Göttingen als Freiwilliger in den Anden. Seit einem halben Jahr bin ich nun in La Paz, dem Regierungssitz Boliviens und arbeite mit Schuhputzern im gesamten Stadtzentrum zusammen. Nachdem ich mich mithilfe von www.VoluNation.com über die Möglichkeiten sozialen Engagements im Ausland informiert hatte, entschied ich mich für einen Freiwilligendienst in Bolivien im Rahmen des staatlichen „Weltwärts“-Programmes. Unterstützung der Schuhputzer Diese soziale Arbeit ist nötig, weil Schuhputzer hier in La Paz starker Diskriminierung ausgesetzt sind. Sie zählen zu der untersten Gesellschaftsschicht, weil die allgemeine Meinung herrscht, alle Schuhputzer würden Alkohol trinken, Klebstoff schnüffeln und klauen. Um zu verhindern, dass Familienangehörige, Bekannte oder Freunde erfahren, dass sie Schuhe putzen, maskieren sich weit über 90 % der Schuhputzer mit einer Gesichtsmaske, was das Misstrauen gegen sie noch verstärkt. Hinzu kommt, dass die meisten Schuhputzer weder Bankkonto noch Krankenversicherung haben, was ihre Situation weiter verschlechtert. Ziel des Projektes ist, ihre gesellschaftliche Stellung, ihre Bildungschancen und ihre allgemeinen Lebensbedingungen zu verbessern oder hierzu Hilfestellung zu leisten. Familiäre Stimmung im Team Unser Team in La Paz ist relativ klein. Es umfasst lediglich sechs Volontäre (zwei bolivianische und vier deutsche), drei Sozialarbeiterinnen, eine Sozialpädagogin, eine Buchhalterin, eine Sekretärin und meine deutsche Chefin. Diese überschaubare Anzahl schafft eine sehr familiäre Stimmung im Team und führt zu einem intensiven Austausch deutscher und bolivianischer Kultur. Da meine Chefin hier in Bolivien Deutsche ist, habe ich meine Ansprechpartnerin direkt vor Ort. Dies ist sehr angenehm, da man Fragen und Wünsche schnell klären kann. Hilfe direkt auf der Straße Meine Arbeit besteht im Wesentlichen aus zwei Seiten. Einige Zeit helfe ich im Büro bei administrativen Dingen. Den mit Abstand größeren Teil arbeite ich jedoch direkt Monatsblatt 3/2014 81 Bolivien ¿por siempre! Organisationen mit den Schuhputzern auf der Straße. Konkret bedeutet dies, dass wir von einem Schuhputzer zum nächsten gehen und uns mit jedem unterhalten. Dies hört sich vielleicht erst mal wenig zielführend an, ist jedoch äußerst wichtig. Wir helfen den Schuhputzern in ganz verschiedenen Bereichen. Ich unterstütze bei Krankenhausrechnungen, Schulmaterial etc. direkt finanziell auf der Straße, wodurch die Hilfsmittel auch tatsächlich direkt nützen und genutzt werden. Wie oben erwähnt haben die wenigsten Schuhputzer ein Bankkonto, da hierfür einige Papiere und ein Startkapital gebraucht werden, dass die meisten nicht haben. Um dennoch die Möglichkeit zu haben, Geld anzusparen, können die Schuhputzer mit den Freiwilligen Rücklagen ansammeln, auf welche sie natürlich jederzeit vollen Zugriff haben. Es gehört also auch zu meinen Aufgaben, sie zum Sparen von Sicherheitsrücklagen zu begeistern, da diese langfristige Sicht vielen Schuhputzern von sich aus häufig fehlt. Da ich mit ca. 55 Schuhputzern zusammenarbeite, gibt es auch stets andere Arbeiten zu erledigen, sei es die Hilfe bei der Beschaffung von Papieren, ein Hausbesuch oder wie neulich der Besuch im Krankenhaus einer schwangeren Schuhputzerin, die ihr Kind bekommen hat. Wie man aus diesen Schilderungen wohl entnehmen kann, gibt es immer eine Menge zu tun. Da diese Arbeit aber ungemein abwechslungsreich und spannend ist, ist dies kein Problem. Im Gegenteil: durch die ständige Arbeit auf der Straße komme ich sehr oft ins Gespräch mit Bolivianern jeder Herkunft und Bevölkerungsschicht und knüpfe nicht zuletzt über die Schuhputzer viele Verbindungen zu Bolivien. Bolivien ist eines der ärmsten Länder Südamerikas. Es ist ein Land mit vielen Problemen und Konflikten: zwischen Hoch- und Tiefland, zwischen reich und arm, zwischen Weißen und Indigen. Wenn man sagt, dass man aus Deutschland kommt, ist die Freude und das Interesse oft riesig. Dass man als weißer Europäer gelegentlich Interesse weckt, hatte ich im Vorhinein erwartet, dass man aber derart oft auf die eigene Herkunft angesprochen wird, hat mich dann doch überrascht. Ich habe großen Spaß an dem Leben und der Arbeit in La Paz. Ich freue mich schon auf die nächsten Monate! Über VoluNation VoluNation ist Spezialist für weltweite Freiwilligenarbeit. Neben einem umfassenden Beratungsangebot bietet VoluNation kurzfristig buchbare Freiwilligenprojekte in mehreren Staaten Afrikas, Asiens und Südamerikas an. Weitere Informationen sind im Internet unter www.VoluNation.com erhältlich. Henrik Detering Bolivien ¿por siempre! 82 Monatsblatt 3/2014 Evangelische Kirchengemeinde Gemeindebote der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutscher Sprache in Bolivien Liebe Freunde und Mitglieder der Gemeinde, liebe Leser des Monatsblatts, Noch kommt es mir etwas unwirklich vor: Mein erster ‘Herbst’ im Frühling. Mein Geist hat sich noch nicht daran angepasst, in der südlichen Hemisphäre zu sein. Eigentlich, so denke ich, müssten die Tage jetzt wieder kürzer werden, grau, regnerisch und kalt. Im Oktober gibt es ganz sicher noch ein paar ‘goldene’ Tage, dann aber kommt der November mit seiner tristen Stimmung. Natürlich weiß ich, dass es hier in Bolivien nicht so sein wird, aber wie gesagt: Mein Geist steckt noch ein wenig in Deutschland und Europa. Die sich wandelnde Herbststimmung Deutschlands passt für mich gut zu den besonderen Tagen und Anlässen, die wir als Kirchengemeinde und politische Gemeinschaft in diesen Monaten feiern bzw. begehen. Anfang Oktober feiern wir Erntedankfest. Es ist nicht selbstverständlich, dass wir genug zu essen, unser Auskommen haben. Wir haben Bilder vor Augen von hungernden Menschen, hier und anderswo. Wir spüren, dass die manches Mal ungerechte Verteilung der Lebensmittel zu vielen Konflikten und Krisen in unserer Welt führt. Grund genug dankbar für das zu sein, was uns zum Leben geschenkt ist. Und Grund genug dafür uns einzusetzen für eine gerechte Verteilung und Chancengleichheit in der Welt. Im November warten Gedenktage auf uns. Den Anfang macht die Erinnerung an die Reichspogromnacht am 9. November 1938 auch nach 76 Jahren ist die Erinnerung daran notwendig und ermahnt uns als Menschen an unsere Verantwortung füreinander. Sicherlich steht in diesem Jahr der 25. Jahrestag der Maueröffnung in Berlin und entlang der innerdeutschen Grenze im Fokus der Berichterstattung. Eigentlich Monatsblatt 3/2014 83 Bolivien ¿por siempre! Evangelische Kirchengemeinde unglaublich, dass diese verrückten Tage im Herbst 1989 schon 25 Jahre her sind die kaum aushaltbare Spannung in der ehemaligen DDR, ob der Staat und die Partei aufgrund der Situation zu Waffengewalt greifen würde, um die Ordnung wieder herzustellen, das verwunderte Schauen aus dem Westen auf das, was da von Leipzig aus in vielen großen und kleinen Orten geschieht. Der angehaltene Atem, ob das, was Schabowski am Abend des 9. Novembers 1989 in der Pressekonferenz verkündet, wirklich wahr sein kann und die unbeschreibliche Freude, als sich in Berlin und später im ganzen Lande Menschen aus Ost und West in den Armen liegen. Wie gut, dass es heute ein Deutschland in einem zusammenwachsenden Europa gibt, auch wenn sich nicht alle Hoffnungen und Wünsche erfüllt haben und die ‘Einheit’ immer noch im werden ist. Schwer fällt mir der Volkstrauertag. Er scheint so weit weg und ist doch so aktuell. Wir erinnern uns an den sinnlosen Tod unzhliger Menschen Männer, Frauen, Junge und Alte in den Kriegen des letzten Jahrhunderts. Egal ob auf dieser oder jener Seite, egal ob an der Front, auf der Flucht, in den Städten und Dörfern während der Bombennächte jeder und jede Tote waren einer, eine zu viel. Wie aktuell dieser Tag der Erinnerung und Mahnung ist merke ich bei den Nachrichten aus der Ukraine, aus dem Gazastreifen, aus Syrien und von soviel anderen Orten dieser Welt. Als ob wir Menschen wirklich nicht aus unserer Geschichte lernen können! Als evangelische Christinnen und Christen feiern wir im November auch den Ewigkeits- oder Totensonntag eine Woche vor dem ersten Advent. Ganz langsam scheint wieder ein Licht hinein in die Dunkelheit, die Trauer, die die anderen Erinnerungstage des Novembers gebracht haben. Wir haben eine Hoffnung, die weit über den Tod hinaus reicht. Der Gott, der unser Leben begleitet, lässt uns auch an den Grenzen dieses Lebens nicht allein. Er verspricht uns: Es geht weiter, bei mir! Wie tröstlich, das zu spüren und zu wissen, gerade dann, wenn wir selbst dem Tod begegnen, Abschied nehmen müssen von Menschen, die uns unendlich wichtig sind oder selbst an der Grenze zwischen Leben und Tod ankommen. Gottes Zusage, uns nicht alleine zu lassen, steht am Ende des Kirchenjahres und zugleich an seinem Anfang: Durch Weihnachten, durch die Geburt des Kindes Jesus, wird diese Zusage in unserer Geschichte Wirklichkeit. Wie es mir in diesem ersten ‘Herbst’ in Bolivien mit meiner Stimmung, gerade an den Gedenktagen geht ich werde es erleben. Das Licht, das hell in meine, in unsere Dunkelheit strahlt, es wird anders leuchten als in Deutschland. Die Hoffnung, die es bringen will, die brauche ich in dieser Welt, vielleicht mehr denn je. Pastor Martin Stützer Bolivien ¿por siempre! 84 Monatsblatt 3/2014 Evangelische Kirchengemeinde Unser neuer Pfarrer ist angekommen Ich liebe es unterwegs zu sein. Wenn man unterwegs ist, kann man Neues entdecken, trifft Menschen, macht Erfahrungen und sammelt Erinnerungen. Wie wunderbar! Immer, wenn eine Reise ansteht, bin ich aufgeregt, freue mich darauf. Meine letzten Wochen in Deutschland waren von dieser Freude und Aufregung bestimmt. Was muss ich wohl mitnehmen nach Bolivien, was kann in Deutschland bleiben? Wie wird es sein, dort in La Paz auf fast 4.000 Metern Höhe? Wie weit komme ich mit dem, was ich mitbringe? Und: Wie schwer wird wohl der Abschied von liebgewonnenen Menschen werden? In der Geschichte des Glaubens und der Kirche haben sich immer wieder Menschen auf den Weg gemacht. Nicht immer ganz freiwillig, zugegebenermaßen. Adam und Eva müssen das Paradies verlassen, Abraham zieht lange umher, bis er endlich seinen Ort zum Leben findet und das Leben des Mose ist eigentlich eine einzige lange Wanderung. Jesus zieht mit seinen Freunden durch das Land, hat keinen festen Wohnsitz, so würden wir heute sagen. Und der Apostel Paulus unternimmt lange und gefährliche Reisen, um die Botschaft von Gottes Liebe zu den Menschen in den gesamten Mittelmeerraum zu tragen. Pastor Martin Stützer Also, ich habe mich auf den Weg gemacht nach Südamerika. Mitte Juli nach Guatemala, um dort sechs Wochen lang mein Spanisch auf Vordermann zu bringen, und dann Ende August nach La Paz, um hier die nächsten Jahre zu leben. Die Vorbereitungen, der Abschied und auch der Spanischkurs waren anstrengend, darum freue ich mich, nun erst einmal angekommen zu sein. Obwohl: Die Reise geht ja eigentlich noch weiter. Die Stadt, das Land kennen lernen, viele unterschiedliche Menschen treffen, miteinander sprechen, feiern, beten, leiden und trauern. Ein Ende der Reise ist nicht in Sicht. Monatsblatt 3/2014 85 Bolivien ¿por siempre! Evangelische Kirchengemeinde ‘Was soll ich mitnehmen auf meine Reise?’ hat sich wahrscheinlich Paulus damals gefragt. Viel konnte es nicht sein, jedes Kilogramm mehr war eine Belastung. Und so waren es wahrscheinlich die Erfahrungen, das Erlernte und Erlebte, die er mitgenommen hat. Die Ausbildung zum Schriftgelehrten, die Erinnerung an die wundersame Begegnung mit Jesus in der Wüste vor Damaskus, das Wissen um Freunde an vielen Orten. Was nehme ich mit nach Südamerika? Inzwischen 43 Jahre gelebtes Leben in Deutschland, meist am nördlichen Harzrand in Niedersachsen. Kindheit und Jugend in der kirchlichen Jugendarbeit und bei den christlichen Pfadfindern. Zivildienst, Studium in Bielefeld, Göttingen und Leipzig. Pfarrdienst in der braunschweigischen Landeskirche, aber auch im Studentenpfarramt in England. Gottesdienste, Taufen, Trauerfeiern, Kinder- und Jugendarbeit, Gemeindekreise. Erlebnisse auf Reisen nach Nord- und Südamerika, Afrika und in viele Ecken Europas. Eine Zusatzausbildung in Organisationsentwicklung und Prozessbegleitung. Freundinnen und Freunde, denen ich auch über die weite Entfernung nahe bleiben möchte. Und genauso wie Paulus meinen Glauben. Im Römerbrief schreibt er einmal: ‘Ich bin mir sicher, dass mich von Gott nichts und niemand trennen kann weder Hohes noch Tiefes, kein Unglück, keine anderen Menschen, keine Sorgen und Nöte’. Ein Satz, den ich mag. Gott ist mit mir unterwegs, was auch immer geschehen mag. Und weil dieser Gott mit mir unterwegs ist, wird es mir gut gehen auf meinen Reisen, in meinem Leben. Paulus hat für sich und mit anderen versucht zu verstehen, wie dieser Glaube, diese Hoffnung mit Leben gefällt werden kann. Seine Briefe erzählen davon. Ich freue mich darauf, mit Ihnen und mit Euch hier in La Paz und Bolivien unterwegs zu sein und herauszufinden, wie wir unseren Glauben mit Leben fällen können. Ich bin gespannt, wovon ich erzählen kann. Ihr Pastor Martin Stützer Bolivien ¿por siempre! 86 Monatsblatt 3/2014 Evangelische Kirchengemeinde Erfahrungsbericht eines Freiwilligen: Deutsches Zebra ein Jahr in Cobija/Pando Ein Jahr im Herzstück des Kontinents Südamerika, genauer gesagt in Bolivien, geht für mich zu ende. Ich leistete von August 2013 bis August 2014 meinen Freiwilligendienst in Cobija ab. Meine Arbeit bestand hauptsächlich darin, Schülerhilfe zu geben, Kinder - und Jugendbetreuung, sowie Sport und Musik anzubieten und in der Kirche meines Projektes so gut es ging mitzuhelfen. Cobija ist die Hauptstadt des Departements Pando im Nordwesten Boliviens. Die Stadt und die umliegende Gebiete grenzen direkt an Brasilien, weswegen die Region zu den wärmsten Regionen des Landes gehört. Ich verbrachte mit Ausnahme meiner Ankunfts-, Ferien- und Endzeit, kurz vor Rückkehr nach Deutschland, mein Jahr dort. Lernte die Menschen gut kennen und deren Kultur ebenso. Viele Ideen, Initiativen und Ereignisse erlebte und durchlebte ich dieses Jahr, aber eine der wohl besonderen Art ist die, dass ich mir ebenfalls Anfang des Jahres ein eigenes, maßgeschneidertes Zebrakostüm verschafft habe. Im Allgemeinen stecken ausschließlich Bolivianer in den lustigen Kostümen, helfen und regeln den Verkehr, treten bei besonderen Straßenfesten auf und gehen sogar in Schulen, um dort gute Stimmung bei den Kindern zu verbreiten. Mich persönlich hat diese Idee schon vorher interessiert und so kam es dazu, dass ich mir selbst ein solches Kostüm besorgte, um bei mir im Projekt mit den Kindern und Jugendlichen Spaß zu verbreiten. An Tagen wie dem bolivianischen Kindertag, Geburtstagen oder einfach nur, um an den Schulen Kinder in unsere Kirche oder zur Nachmittagsbetreuung einzuladen, verwandelte ich mich in das Zebra von Cobija/Pando und erledigte meinen zweiten Job, als Stimmungsmacher und Maskottchen meines Projekts. Monatsblatt 3/2014 87 Bolivien ¿por siempre! Evangelische Kirchengemeinde Viele reagierten ausgesprochen positiv und begeistert darauf und ich wurde zum absoluten Eyecatcher. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals so viele Umarmungen bekommen oder Fotos mit Kindern und Erwachsenen gemacht zu haben. Nur die Wenigsten wussten, wer hinter dem Kostüm steckte, denn man wollte ja auch auf gewisse Art und Weise anonym bleiben. Jedenfalls machte ich dem Namen der bolivianischen Zebras alle Ehre, auch wenn ich in dem Departement Pando wohl das Einzige meiner Art war. Ich freute mich, ein Kind allein mit meiner Anwesenheit glücklich zu machen oder einfach nur ein paar Lacher zu ernten. Denn mit Kindern und Heranwachsenden zu arbeiten, heißt auch, sich einmal zum Affen oder - in diesem Sinne - zum Zebra zu machen und gemeinsam Spaß zu haben. Das ist es, worauf es im Leben ankommt, und mit dieser Lebensphilosophie gewinnt man gute Freunde und erobert viele Herzen oder erweckt eine positivere Lebenseinstellung bei den Menschen, auch wenn es nur ein kurzes oder zögerliches Lächeln ist. Tim Mortsiefer Foto links: Tim Mortsiefer als Zebra am Tag der Kinder - mit vielen Kindern aus der Umgebung - im Projektgelände. Iglesia Centro Luterana Galilea, Cobija/Pando Bolivien, am 12.April 2014 Bolivien ¿por siempre! 88 Monatsblatt 3/2014 Evangelische Kirchengemeinde Danach ging´s zurück in unsere Wohnung Das wollten wir Euch erzählen, ohne Schonung: Seit ein paar Wochen ist in La Paz ´was los – denn wir sind hier ... die neuen Voluntarios! Damit wir nicht ganz verloren gehen und die Hintergründe sehen, ward uns ein Seminar gegeben über das bolivianische Leben. Auch vor Geschichte und Politik schreckten wir dabei nicht zurück. Bei Projektbesuchen wurden wir gemästet, und unsere deutschen Mägen getestet. Anstatt zum Teufelszahn zu fahren spürten wir unseren Atem versagen, Als wir mit uns mussten ringen Und dann doch den ganzen Berg hochgingen, ließ Matthias keine Ruh Und hielt Vorträge im Nu. Danach ging´s zurück in unsere Wohnung Das wollten wir Euch erzählen, ohne Schonung: Zu acht in des Pfarrers Hood, verstanden wir uns von Anfang an voll gut. Zu dritt in einem Bett, war es dann doch nicht ganz so nett. Wetten, ihr habt keine Ahnung, aber an Doña Amor schon ´mal die Warnung...! Deine Ruhe ist bald passé Denn wir gründen eine Freiwilligen-WG. Doch bis jetzt haben wir nur ´was um drauf zu ratzen. nämlich Betten und Matratzen. Darum die Bitte an Euch, es ist ganz simpel: Monatsblatt 3/2014 89 Bolivien ¿por siempre! Evangelische Kirchengemeinde Stöbert doch in Eurem alten Gerümpel, und lasst uns zukommen all das woran Ihr nicht mehr habt Spaß, wir können alles gut gebrauchen, haben nicht genug Geld, um alles zu kaufen und sich dankbar für jede Spende, die Ihr gebt in unsere Hände! Los voluntarios Die neuen Weltwärts-Freiwilligen in La Paz. Einführungsseminar für die neuen Freiwilligen Bolivien ¿por siempre! 90 Monatsblatt 3/2014 Evangelische Kirchengemeinde Termine September – Dezember 2014 Unser elektronischer Rundbrief mit den jeweils aktuellen Terminen kann unter ielha. lapaz@yahoo.com angefordert werden. Oder Sie schauen nach auf unserer Website: www.ielha.org.bo Besuchen Sie uns auf Facebook: https://www.facebook.com/evangelischlutherischekirche.deutschersprache So 31. August 10:30 Do 4. September 16:00 Sa 6. September 19:00 Mi 10. September 19:30 Sa 13. September 19:00 So 14. September 10:30 Sa 20. September 19:00 Sa 27. September 19:00 So 28. September 10:30 Di 30. September 19:00 Do 2. Oktober 16:00 So 5. Oktober 10:30 Di 7. Oktober 7:30 Sa 18. Oktober 10:30 So 19. Oktober 10:30 So 2. November 17:00 Do 6. November 16:00 Mo 17. November 17:00 So 16. November 10:30 So 30. November 10:30 Do 4. Dezember 15:30 Monatsblatt 3/2014 Gottesdienst mit Pastor Martin Stützer Offener Gemeindenachmittag SEBIP (Wie lese ich die Bibel?) Konzert der Florianer Sängerknaben aus Österreich SEBIP (Wie lese ich die Bibel?) Einführungsgottesdienst für Pastor Martin Stützer mit Abendmahl (mit anschließendem Empfang) SEBIP (Wie lese ich die Bibel?) SEBIP (Wie lese ich die Bibel?) Gottesdienst mit KiGo SEBIP (Ekumene im Sinne des Wortes) Offener Gemeindenachmittag Familiengottesdienst zum Erntedankfest Sartawi-Sayariy Ausflug nach Calamarca Gottesdienst in Cochabamba Gottesdienst in Santa Cruz Taize-Gottesdienst Offener Gemeindenachmittag SEBIP: Kurs über die Krise in der Familie aus der Perspektive der Bibel Volkstrauertag mit Andacht am deutschen und am jüdischen Friedhof Gottesdienst zum 1. Advent mit Weihnachtsmarkt 1. Krippenspielprobe 91 Bolivien ¿por siempre! Evangelische Kirchengemeinde Sa 6. Dezember So 7. Dezember Sa 13. Dezember So 14. Dezember Sa 20. Dezember Mi 24. Dezember Mi 31. Dezember 10:30 10:30 15:30 10:30 15:30 17:00 19:00 Gottesdienst zum Nikolausfest Santa Cruz Gottesdienst zum Nikolausfest Cochabamba 2. Krippenspielprobe Gottesdienst mit Abendmahl 3. Krippenspielprobe Christvesper mit Krippenspiel (Ökum.) Silvestergottesdienst mit Abendmahl Kontakt zur IELHA Gemeindepräsidentin: Pastor: Claudia Kuruner | Tel: 2445349 Martin Stützer | Tel: 2794516, Calle 28 Nr. 2, Edificio Mirikiri, Dept. 201, CotaCota Martin-Luther-Kirche Anschrift: Sánchez Lima esq. Rosendo Gutiérrez Postfach: Casilla 2851, La Paz, Bolivia E-Mail:ielha.lapaz@yahoo.com Website: www.ielha.org.bo Sozialprojekt der Gemeinde: SARTAWI-SAYARIY | Tel: 2421999 Gemeinden im Inland Cochabamba: Michael Rother | Tel: 04-4459027 miromundo@hotmail.com Irene de Groot | Tel: 04-4720836 Santa Cruz: Gotthard Link Tel: 03-3701480 gotthardlink@hotmail.com Kontoverbindungen in Bolivien: Banco BISA - IELHA – Heide-Marie Stache, Kto. Nr. 242.29.70.013 in Deutschland: Iglesia Evangélica Luterana de Habla Alemana, UBS Deutschland AG, Kto.: 2330 3710 12 , BLZ.: 502 200 85, IBAN: DE18502200852330371012, BIC: SMHBDEFF Bolivien ¿por siempre! 92 Monatsblatt 3/2014 Katholischen Kirchengemeinde Mitteilungen der Katholischen Kirchengemeinde deutscher Sprache ]Messe 30.08.2014, 19.00 Uhr, in der Kapelle der Schwestern Messe 27.09.2014, 19.00 Uhr, in der Kapelle der Schwestern Messe 25.10.2014, 19.00 Uhr, in der Kapelle der Schwestern Messe 20.11.2014, 19.00 Uhr, in der Kapelle der Schwestern Termine der Gottesdienste in der Kapelle der Schwestern, Calle Fernando Guachalla, Ecke Avda. 6 de Agosto Die Termine können kurzfristig vorher bei Friedrich-Klaus Ohnes unter 72007670 oder bei Carlos A. Martins unter 2771991 oder 71591177 gegenbestätigt werden. Monatsblatt 3/2014 93 Bolivien ¿por siempre! Veranstaltungen Kulturagenda des Goetheinstituts für den Zeitraum September – November 2014 Bitte beachten Sie, dass Änderungen im Programmablauf auftreten können. Genaue Informationen entnehmen Sie bitte unserer Homepage, sodass Sie immer auf dem neusten Stand sind: http://www.goethe.de/ 26.09.2014 19:30 Uhr EL CORAZÓN DE JESÚS Regie: Marcos Loayza, Farbe, 89 Minuten, 2004 Cinemateca Boliviana (C. Oscar Soria esq. Rosendo Gutiérrez) Jesús Martinéz ist ein Beamter in La Paz, der eines Tages mit einem Infarkt hospitalisiert wird. Genesen sieht er sich vor einem neuen Problem: Nicht nur die Frau hat ihn mitsamt dem Geld verlassen, auch die Versicherung will nicht bezahlen. Dafür will es der Zufall, dass ein anderer seines Namens ins Spital muss. 28.09.2014 TAG DER EUROPÄISCHEN SPRACHEN Paseo del Prado – Feria Dominical de las Culturas Ziel des Aktionstages ist es, Menschen die Vorteile von Sprachkenntnissen bewusst zu machen und die individuelle Mehrsprachigkeit zu fördern. Es werden Stipendien für Sprachkurse (deutsch, französisch, italienisch und englisch) verlost. 01.10.2014 19:30 ABSCHIED: BRECHTS LETZTER SOMMER Regie: Jan Schütte, Farbe, 88 Minuten, 2000 Espacio Creativo IMA (C.20 de Octubre entre Pedro Salazar y Belisario Salinas) „Wenn es keine Geheimnisse mehr gibt, gibt es auch keine Wahrheit”, grummelt Bertolt Brecht in seinen Stoppelbart. Diese und andere Wortsalven zitiert Deutschlands berühmtester Dramatiker eher störrisch denn poetisch. Brecht galt tatsächlich als rüdes Genie - das jedoch wegen seiner tiefgründigen Gedichte besonders von der Damenwelt geradezu vergöttert wurde. Und so beschreibt Regisseur Jan Schütte in trostlosen Bildern die letzten Tage eines alten, kranken Brechts inmitten seines Harems 03.10.2014 19:30 DIE INNERE SICHERHEIT Regie: Christian Petzhold, Farbe, 106Minuten, 2000 Cinemateca Boliviana (C. Oscar Soria esq. Rosendo Gutiérrez) Auf den ersten Blick eine ganz gewöhnliche Kleinfamilie: Clara, Hans und ihre 15-jährige Tochter Jeanne. In einem kleinen portugiesischen Ort bewohnen sie Apartment nahe dem Meer. Jedoch meiden Eltern und Tochter jeden Kontakt zu anderen Menschen. Der Grund: Hans und Clara befinden sich als ehemalige Terroristen auf der Flucht. Bolivien ¿por siempre! 94 Monatsblatt 3/2014 Veranstaltungen 08.10.2014 19:30 HAVANNA MI AMOR Regie: Uli Gaulke, Farbe, 82 Minuten, 2000 Espacio Creativo IMA (C.20 de Octubre entre Pedro Salazar y Belisario Salinas) Jeden Abend versammeln sich die Bewohner Havannas vor ihren Fernsehgeräten, um in die Welt der Telenovelas einzutauchen. Doch immer öfter können die altersschwachen sowjetischen Lizenzgeräte den Wunsch nach Zerstreuung nicht mehr erfüllen. „Havanna, mi amor“ erzählt vom Kampf um die letzten Bilder und vom Alltag zwischen den Folgen dieser Endlosserien. Eine Hommage an die Liebe, die alten Fernseher und an eine der schönsten Städte dieser Welt. 10.10.2014 19:30 Uhr GESPENSTER Regie: Christian Petzhold, Farbe, 8 Minuten, 2005 Cinemateca Boliviana (C. Oscar Soria esq. Rosendo Gutiérrez) Zwei junge Frauen begegnen sich in Berlin. Nina, das Heimkind, scheu und in sich gekehrt; Toni, eine Diebin die keine Chance auslässt. Nina fühlt sich von Tonis impulsivem Wesen angezogen und folgt ihr auf deren Streifzügen durch die Stadt. Auch Françoise wandert durch Berlin. Sie gibt die Hoffnung nicht auf, ihre Tochter Marie wiederzufinden, die hier vor vielen Jahren entführt wurde… 14. – 15.10.2014 Offizielle Prüfungen 15.10.2014 19:30 LIEBER FIDEL – MARITAS GESCHICHTE Regie: Wilfried Huismann, Farbe, 93 Minuten, 2000 Espacio Creativo IMA (C.20 de Octubre entre Pedro Salazar y Belisario Salinas) Manche Geschichten klingen so unglaubwürdig, dass sie nur wahr sein können: Als Kind überlebte Marita Lorenz das KZ Bergen-Belsen. Gerade einmal 19 Jahre alt verliebte sich Fidel Castro in sie, doch nach einer Zwangsabtreibung verließ sie Kuba. Es beginnen Jahre im Dienst des CIA und FBI, als Geliebte von Mafiabossen und KGB-Generälen und als Waffengefährtin des Kennedy-Mörders Lee Harvey Oswald. 17.10.2014 19:30 Uhr YELLA Regie: Christian Petzhold, Farbe, 89 Minuten, 2007 Cinemateca Boliviana (C. Oscar Soria esq. Rosendo Gutiérrez) Yella will im Westen neu anfangen. Sie hat Wittenberge hinter sich gelassen, die gescheiterte Ehe, die Insolvenz der Firma ihres Manns. In Hannover lernt sie Philipp kennen, der für eine Private-Equity-Firma arbeitet. Als seine Assistentin bewährt sie sich in der Welt des Risiko-Kapitals. Yella wird seine Gefährtin und unmerklich nistet die Liebe sich in ihre Komplizenschaft ein. 20. – 21.10.2014 Monatsblatt 3/2014 Beginn des 5. Kursabschnittes 95 Bolivien ¿por siempre! Veranstaltungen 21. – 26.10.2014 Deutsche Filme in Cine 6 de Agosto Cine Municipal 6 de Agosto (Av. 6 de Agosto No. 228) 22.10.2014 19:30 DIE INNERE SICHERHEIT Regie: Christian Petzhold, Farbe, 106Minuten, 2000 Espacio Creativo IMA (C.20 de Octubre entre Pedro Salazar y Belisario Salinas) 22. – 23. 10.2014 60 Jahre Goethe-Institut La Paz Centro Sinfónico (C. Ayacucho No 366) Konzert zum Anlass des 60. Jubiläums Künstler: Trio Comet (Alexander Schimpf) aus Deutschland; Komposition von Maestro Alberto Villalpando anl. des Jubiläums 24.10.2014 19:30 Uhr BARBARA Regie: Christian Petzhold, Farbe, 105 Minuten, 2012 Cinemateca Boliviana (C. Oscar Soria esq. Rosendo Gutiérrez) DDR, Sommer 1980: Die junge Ärztin Barbara hat einen Ausreiseantrag gestellt. Kurz darauf wird sie strafversetzt in ein Krankenhaus tief in der Provinz. Jörg, ihr Geliebter aus dem Westen, arbeitet an der Vorbereitung ihrer Flucht. Barbara arbeitet in der Kinderchirurgie unter der Leitung ihres neuen Chefs André. André verwirrt sie. Sein Vertrauen in ihre beruflichen Fähigkeiten, seine Fürsorge, sein Lächeln. Barbara beginnt die Kontrolle zu verlieren. Über sich, über ihre Pläne, über die Liebe. 25.10.2014 60 Jahre Goethe-Institut La Paz Mit Einladung Goethe-Institut (Av.Arce 2708) Geburtstagsfeier mit live Musik von Efecto Mandarina, DJs und VJs. 29.10.2014 19:30 DEUTSCHLANDSPIEL Regie: Christoph Blumenberg, Farbe, 90 Minuten, 2000 Espacio Creativo IMA (C.20 de Octubre entre Pedro Salazar y Belisario Salinas Am 7. Oktober 1989 feiert das SED-Regime den 40. Jahrestag der DDR. Während die Menschen auf der Straße “Wir sind das Volk” skandieren, drischt Honecker alte Phrasen. Selbst der sowjetische Präsident Gorbatschow kann diesen Starrsinn nicht nachvollziehen. Er bricht seinen Besuch vorzeitig ab. Zwei Tage später demonstrieren 70.000 Menschen in Leipzig. Bolivien ¿por siempre! 96 Monatsblatt 3/2014 Veranstaltungen 31.10.2014 19:30 Uhr LO MÁS BONITO Y MIS MEJORES AÑOS Regie: Martín Boulocq, Farbe, 93 Minuten, 2005 Cinemateca Boliviana (C. Oscar Soria esq. Rosendo Gutiérrez) Berto hat von seinem Großvater einen Volkswagen Baujahr 65 geerbt, sein wertvollster Besitz. Den will er verkaufen, um sich den Flug nach Europa leisten zu können. Sein Freund Víctor – Typ Besserwisser –, dem man seine Erfolglosigkeit zumindest nicht schon auf den ersten Blick ansieht, will ihm dabei helfen. 04. – 09.11.2014 Deutsche Filme in Cine 6 de Agosto Cine Municipal 6 de Agosto (Av. 6 de Agosto No. 228) 05.11.2014 19:30 RODELINDA Regie: Brian Large, Farbe, 203 Minuten, 2005 Espacio Creativo IMA (C.20 de Octubre entre Pedro Salazar y Belisario Salinas Die Bayerische Staatsoper hat in den letzten Jahren mit ihren umjubelten Neuinterpretationen barocker Opern eine neue Ästhetik des Genres geschaffen. Die Neuproduktion von “Rodelinda”, der vielleicht schönsten Händel-Oper, verspricht diese Erfolgsgeschichte in fulminanter Weise fortzusetzen. 07.11.2014 19:30 Uhr DER ANDERE KÖRPER Regie: Gerhard Schick, Farbe, 68 Minuten, 2007 Cinemateca Boliviana (C. Oscar Soria esq. Rosendo Gutiérrez) “Pfad ohne Regeln” heißt das Tanztheater, das Gerda König 2005 in Sao Paulo choreografierte. In Köln mit einer Muskelatrophie geboren, einem fortschreitenden Rückgang von motorischen Nervenzellen, gründete Gerda König 1995 die Tanzkompanie DIN A 13, die behinderte und nicht-behinderte Tänzer zusammen bringt, um bestehende Grenzen einzureißen. 11.11.2014 Ausstellung zum Thema VIVIR BIEN 12.11.2014 19:30 REQUIEM Regie: Hans-Christian Schmidt, Farbe, 89 Minuten, 2006 Espacio Creativo IMA (C.20 de Octubre entre Pedro Salazar y Belisario Salinas Hans-Christian Schmid hat eine Studie über religiösen Wahn in der deutschen Provinz der Siebziger gedreht. Subtil schlüsselt er in “Requiem” die seelisch-soziale Gemengelage auf, die dazu führt, dass sich eine aufgeklärte junge Frau vom Teufel besessen glaubt. 12. – 19.11.2014 Muestra de Cine Europeo en Bolivia Cinemateca Boliviana (C. Oscar Soria esq. Rosendo Gutiérrez) Monatsblatt 3/2014 97 Bolivien ¿por siempre! Veranstaltungen 14.11.2014 19:30 Uhr BAROCCO Regie: Heinz Peter Schwerfel Cinemateca Boliviana (C. Oscar Soria esq. Rosendo Gutiérrez) „Barocco” erzählt von einer Reise, die in den östlichen Bergen von Bolivien beginnt, durch den Regenwald von Paraguay und Argentinien, weiter entlang der Wasserfälle von Iguazu und Rio de Janeiro bis zu den Minas Gerais in Brasilien. Eine Reise auf der Suche nach den Wurzeln der kulturellen Identität eines Kontinents: Lateinamerikanischer Barock.. 19.11.2014 19:30 NACHMITTAG Regie: Angela Schanelec, Farbe, 95 Minuten, 2007 Espacio Creativo IMA (C.20 de Octubre entre Pedro Salazar y Belisario Salinas Schanelec hat Tschechows „Möwe“ aus Russland nach Berlin verpflanzt, in eine Villa am See, in der sich fünf Personen, zwei Frauen und drei Männer, gegenseitig bewachen, betasten, beschweigen, verletzen und verstören und dabei Drehbuchsätze sagen, die matt und marmorschwer durch die nachmittägliche Stille hallen. 21.11.2014 19:30 Uhr CHOLITA LIBRE Regie: Jana Richter/Rike Holtz, Farbe, 70 Minuten, 2009 Cinemateca Boliviana (C. Oscar Soria esq. Rosendo Gutiérrez) Was SIE wollen, bekommen SIE. Wenn SIE es nicht tun, tut es niemand. SIE können verlieren, aber das bedeutet nur, dass sie weiter kämpfen werden. Mit ihren bunten, Röcken sind sie wie Blumen auf dem Asphalt. Und natürlich sind sie stärker als alle Männer der Welt. Sie sind Cholitas und sie sind Wrestlerinnen. 26.11.2014 19:30 KIRSCHBLÜTEN – HANAMI Regie: Doris Dörrie, Farbe, 123 Minuten, 2008 Espacio Creativo IMA (C.20 de Octubre entre Pedro Salazar y Belisario Salinas Der an Krebs erkrankte Rudi hat nur noch wenige Woche zu Leben. Doch einzig seine Frau Trudi weiß, wie es um ihn wirklich steht. Anstatt ihm mit dieser Nachricht den Lebensmut zu entziehen, beschließt sie dem Rat ihres Arztes zu folgen und unternimmt mit ihm eine letzte Reise zu ihren Kindern und Enkelkindern nach Berlin 28.11.2014 19:30 Uhr AJAYU Regie: Francisco Ormachea, Farbe, 29 Minuten, 1996 Cinemateca Boliviana (C. Oscar Soria esq. Rosendo Gutiérrez) Der Kurzfilm erzählt die Geschichte von Andrés und seiner Tochter Leonor, die im Titicaca-See auf dem bolivianischen Altiplano ertrinken. Mit Hilfe ihrer Gemeinde, muss der Geist dieser zwei Seelen einen Weg zum Korimarca, dem Paradies der Aymara. finden. Der Kurzfilm zeigt die Synkretismus zwischen indigenem und katholischem Glauben. Es ist eine Produktion auf Aymara mit spanischen Untertiteln. Bolivien ¿por siempre! 98 Monatsblatt 3/2014 Veranstaltungen 28. – 29.11.2014 Aufführungen des deutsch-französisches Projekts „VECINOS“ Teatro Municipal Alberto Saavedra Pérez Künstler: Vidanza – Choreografen: Sylvia Fernández (Bolivien), Fabien Prioville (Frankreich) und Henrietta Horn (Deutschland) Mehr Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen auf der Homepage des Goethe-Instituts http://www.goethe.de/lapaz oder auf Facebook (http://www.facebook. com/goetheinstitutlp) und Twitter (@GI_LaPaz). Bitte berücksichtigen Sie, dass vereinzelt Änderungen im Programm vorkommen können. „Ups, davon habe ich nichts gewusst…“ „Schade, das sehe ich erst heute!“ „Was? Schon vorbei?“ Damit so etwas nicht mehr vorkommt, abonnieren sie unseren Newsletter, in dem wir regelmäßig über unsere kulturellen Aktivitäten informieren. 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