Columne: „~“ auf Cuba
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Columne: „~“ auf Cuba
Bericht | Text und Foto: Müro Bakar Columne: „~“ auf Cuba Draußen zu Hause Mit diesem Werbeslogan wirbt der Outdoorhersteller Jack Wolfskin auf seinen Plakaten: „Draußen zu Hause“. Als man in der Marketingabteilung von Jack Wolfskin Brainstorming für einen neuen Slogan gemacht hat, scheint niemand auch nur auf die Idee gekommen zu sein, dass viele bei diesem Satz im ersten Moment an Obdachlose denken würden. Oder sie haben es einfach in Kauf genommen, weil das Motto so gut zu ihrer Unternehmensphilosophie passt. Die Ironie bei der ganzen Sache ist allerdings, dass nicht die Kunden von Jack Wolfskin die meiste Zeit draußen verbringen und dauernd Abenteuer erleben. Nein, Kleider machen Leute und so, wie sich Unsportliche mit Fußballtrikot sportlich zeigen wollen, glauben viele Jack Wolfskin Kunden, dass sie automatisch abenteuerlustig und spontan sind, wenn sie eine Jacke tragen, die bis -40 Grad warm hält. Dabei wäre es doch ein Zeichen gewesen, wenn man einen Obdachlosen mit Outdoorkleidung ausgestattet und ihn als authentischen Werbeträger engagiert hätte. Wenn in Deutschland doch überhaupt jemand Abenteuer erlebt, spontan, risikofreudig und naturverbunden ist, dann doch der Obdachlose, der jeden Tag anders gestaltet. Und nicht der Bahnfahrer, der mit wetterfester und robuster Kleidung zur Arbeit fährt und höchstens für ein paar Minuten Kälte oder Nässe über sich ergehen lassen muss. Das wäre natürlich undenkbar, geht es doch bei teuren Marken vordergründig ums Image und die Legitimation, den Leuten eine Jacke für 300 Euro zu verkaufen. Wie würde sich denn der bürgerlichintellektuelle Kunde fühlen, wenn er am Bahnhof einen Obdachlosen sitzen sähe, der von oben bis unten mit Jack Wolfskin ausgestattet ist: Thermojacke, -hose und -decke. Wo ist denn da die Abgrenzung und Individualität? Das geht natürlich nicht. Kleidung war nie und wird auch nie ausschließlich Kleidung sein. Kleidung ist immer eine Botschaft. Jeder will sich von jedem abgrenzen und „anders“ sein als die anderen. Es gibt Leute, die laufen im Sommer mit Schal und Mütze herum, weil es gerade „in“ ist. Menschen, die optisch um jeden Preis anders sein wollen als andere, haben eines gemeinsam: Sie sind alle gleich. Welch Ironie und vergeudete Zeit! Wir alle wollen immer nur den einfachsten Weg gehen und es ist natürlich viel schwieriger, sich charakterlich von anderen abzuheben als mit irgend einem Kleidungsstil. Wie schwer ist es, lästige Marotten abzulegen, den inneren Schweinehund zu überwinden, Nein zu sagen, Ja zu sagen, das umzusetzen, was man sich vornimmt? Es ist so unfassbar schwer. Und deswegen geben wir uns den Anschein. Wir wählen den leichten Weg und grenzen uns mit bestimmten Marken und Klamotten ab, um am Ende jene Menschen anzuziehen, die so sind wie wir. Um zu einer Gruppe der Auserwählten zu gehören, die ein Kollektiv bilden und eigentlich der angestrebten Individualität widersprechen. Es ist ein ewiger Wettlauf, der nicht gewonnen werden kann. Außenseiter wollen einfach nur „normal“ sein, Durchschnittsmenschen dagegen bemühen sich um Andersartigkeit. Am Ende kann man 24 beide optisch kaum voneinander unterscheiden, weswegen der Kampf immer wieder von Neuem beginnt. Man schaut so gerne auf Obdachlose herab. Schließlich denken wir, dass sich ja alle freiwillig zu diesem Leben entschieden haben. Das Problem ist nur, dass die Gesellschaft der Obdachlosen genauso heterogen ist wie die Gesellschaft der steuerzahlenden Heimbesitzer. Es gibt in beiden Welten Menschen, die für ihr Geld hart arbeiten und dann wiederum solche, die am liebsten sehr wenig Aufwand betreiben. Es gibt unendlich viele, die sich jeden Morgen an die Arbeit machen und den ganzen Tag Pfandflaschen sammeln und Zeitungen verkaufen. Diese Menschen „~ auf cuba“ ist die die Columne der offenen Kabarettbühne „Cubarett“ in der ~! Die Columne ist der Ort für die Künstler des Cubarett ihr gesprochenes Wort auch lesenden Augen zu Gehör zu bringen. Das nächste Cubarett nach der Sommerpause findet am 3.9.2012 um 20 Uhr im Cuba Nova statt. strahlen einen Stolz und eine Würde aus, von der andere nur träumen können. Sie sind unbeirrbar, konzentriert, scheren sich nicht darum, was andere von ihnen denken und haben Rückgrat. Das ist Individualität, das ist Andersartigkeit. Und das, ohne es zu wollen, ohne es geplant zu haben, mühelos. Statt zu reden und zu philosophieren wird gehandelt. Vielleicht wäre es doch keine gute Idee, einen Obdachlosen als Werbeträger für Jack Wolfskin einzusetzen. Das wäre imageschädigend. Für den Obdachlosen. #