10.1 Notwegerecht 4 U 68/97 OLG Karlsruhe

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Das Wegerecht ist für den Aufbau und den Betrieb einer privaten Haupt- oder Nebenerwerbslandwirtschaft
von großer Bedeutung, nachdem die LPGs rigoros Wege umgepflügt haben und heute die Flurbereinigung mit
Wegebau zum Teil Jahrzehnte auf sich warten läßt (siehe hierzu: Dok. II, 11, 4 und Dok. I, S. 170).
Hierzu nachfolgend einige Informationen zu dieser Problematik.
Mit dem Urteil vom 18.12.1987, Az.: 4 U 68/97 (auszugsweise und gekürzt) hat das OLG Karlsruhe folgendes
für Recht erkannt:
"...
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 06.03.1997 - 5 O 272/95 wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, die Benutzung des Weges zwischen dem klägerischen Anwesen und der ...
Straße im Bereich des Anwesens des Beklagten insoweit zu dulden, als dieser Weg - in Fortführung des
Weges Lgb. Nr. 56 - im Einmündungsbereich zur ... Straße auf ca. 4,50 m auf dem Grundstück des Beklagten
Lgb. Nr. 59 verläuft, und zwar ganzjährig für den Schwerlastverkehr wie zum Beispiel Milchtankfahrzeuge
und Futtermitteltransporte und landwirtschaftliche Großfahrzeuge zum und vom Hof des Klägers, und bei
Schnee, Eis und sonst bei winterlicher Glätte allgemein für den Verkehr - auch von Besuchern - von und zum
Hof des Klägers.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. ...
Tatbestand:
Beide Parteien sind Eigentümer landwirtschaftlicher Betriebsstätten im Bereich der ... Straße in ... Der Hof
des Beklagten ... liegt an der ... Straße auf Flst. Lgb. Nr. 59 Der Hof des Klägers ... auf Fist. Lgb. Nr. 54 ist
mit der ... Straße durch zwei Wege verbunden Das ist einmal der sogenannte ...weg, der ganz auf dem
Gelände des Klägers, Lgb. Nr. 54, verläuft. Zum andern ist es ein Weg, der über das Flst. Lgb. Nr. 56 verläuft,
das im Eigentum eines Dritten, des Nachbarn ..., steht dieses Flst. Lgb. Nr. 56 endet etwa 4,5 m vor der
Einmündung in die ... Straße im Bereich des Hofes des Beklagten; auf diesen letzten etwa 4,5 m verläuft der
Weg auf dem Gelände des Beklagten, Lgb. Nr. 59.
Der Beklagte verbietet dem Kläger, den vor dem öffentlichen Straßengelände der ... Straße gelegenen
Wegstreifen von etwa 4,5 m Länge auf Flst. Lgb. Nr. 59 außerhalb der Winterzeit zu überschreiten bzw. zu
überfahren.
Der Hof des Klägers ist auf Milchproduktion ausgerichtet.
Der Kläger behauptet, im Bereich des ...weges sei das Gelände so steil, daß dieser Weg für den
Schwerlastverkehr ungeeignet und in der Winterszeit überhaupt nicht zu benutzen sei. Insbesondere für die
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Milchabholung durch Molkereifahrzeuge und für Futtermitteltransporte sei er daher auf einen unmittelbaren
Anschluß an die ... Straße über das Geländestück des Beklagten Lgb. Nr. 59 angewiesen Wenn die
Wegeverhältnisse insoweit geklärt seien, stünden öffentliche Mittel bereit, um den Weg zwischen den Höfen
der Parteien auszubauen. Unstreitig ist, daß der benachbarte Eigentümer ... über dessen Gelände Lgb. Nr. 56
dieser Weg großenteils verläuft, mit der Benutzung des Weges durch den Kläger einverstanden und selbst an
einem Ausbau des Weges interessiert ist. Der Kläger begehrt Feststellung, daß er berechtigt ist, den Weg
zwischen den Höfen der Parteien auch in dem fraglichen Geländestreifen über Lgb. Nr. 59 zu befahren und zu
benutzen; hilfsweise beansprucht er insoweit ein Notwegerecht.
Das Landgericht hat ein Gutachten des Sachverständigen ... vom 14.05.1996 (I 115) und ein weiteres
Gutachten des Sachverständigen ... vom 10.01.1997 eingeholt (in Anlage 2 zu letzterem Gutachten sind die
Grundstücks- und Wegeverhältnisse, soweit sie hier ein Rolle spielen, dargestellt). Mit dem angefochtenen
Urteil hat es sodann die Klage abgewiesen, weil es nicht rechtsmißbräuchlich sei, wenn und soweit der
Beklagte die Benutzung des in seinem Eigentum stehenden streitigen Wegstreifens untersage; die Benutzung
dieses Streifens könne der Kläger auch nicht als Notweg beanspruchen, da die Milch in Milchkübeln an die ...
Straße verbracht und dort von Molkereifahrzeugen abgeholt werden könne und da der Kläger
erforderlichenfalls einen neuen Weg zur ... Straße auf eigenem Gelände ausbauen könne.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Anliegen fort. Er beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß der Kläger und die Besucher
seines landwirtschaftlichen Anwesens ... berechtigt sind, den zwischen dem klägerischen
Anwesen, Lgb. Nr. 54 und der ... Straße verlaufenden Weg, insbesondere durch
Milchtankfahrzeuge und Futtermitteltransporte, auch insoweit zu befahren und zu benutzen,
als dieser Weg im Einmündungsbereich zur ... Straße auf ca. 3 m auf dem Grundstück des
Beklagten Lgb. Nr. 59, verläuft.
Hilfsweise beantragt er,
den Beklagten zur Duldung zu verurteilen, daß der: Kläger und die Besucher seines
Anwesens den im Hauptantrag geschilderten Weg in der dort genannten Weise benutzen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Örtlichkeiten in Augenschein genommen und die Sachverständigen ... und ... zur
Erläuterung ihrer Gutachten vernommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil
und den vorgetragenen Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist auch teilweise begründet. Dem Kläger steht ein Notwegerecht in
dem Umfang, wie er im Tenor dieser Entscheidung umschrieben ist, zu.
Der Kläger macht nicht geltend, ihm stehe über den streitigen Grundstücksstreifen ein Wegerecht im Sinne
einer Grunddienstbarkeit zu. Es ist auch nicht rechtsmißbräuchlich im Sinne von § 226 BGB, wenn der
Beklagte sich dem Kläger gegenüber auf sein Eigentum beruft und diesem die Benutzung dieses
Grundstücksstreifens untersagt. Darin folgt der Senat dem Landgericht. Allein schon das Bestreben des
Beklagten, zusätzlichen Verkehr in unmittelbarer Nähe seines Hofes zu vermeiden, ist durchaus legitim.
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Nach Auffassung des Senats kann der Kläger aber vom Beklagten verlangen, daß der Beklagte die Benutzung
des fraglichen Wegestücks als Notweg duldet.
Nach § 917 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks, dem die zur ordnungsmäßigen Benutzung
notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt, von den Nachbarn verlangen, daß sie bis zur
Behebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung
dulden.
Dem Hofgrundstück des Klägers fehlt die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit der ...
Straße.
Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen ... und nach Besichtigung der Örtlichkeit steht für den Senat
fest, daß der auf dem Gelände des Klägers verlaufende ...weg für den Schwerlastverkehr, dazu zählen etwa
Milchtankfahrzeuge, Futtermitteltransporte, aber auch landwirtschaftliche Großfahrzeuge, nicht befahrbar ist.
Der Weg ist so steil, daß seine Benutzung mit solch schweren Fahrzeugen mit unvertretbaren Risiken
verbunden wäre. Dies bestreitet der Beklagte im Grunde auch nicht.
Weil der ...weg so steil und ausgesetzt verläuft, ist er bei winterlichen Verhältnissen - bei Schnee, bei Eis und
sonst bei winterlicher Glätte - allgemein nicht für den Verkehr von und zum Hof des Klägers geeignet. Auch
dies ist zwischen den Parteien im Grunde außer Streit. Deshalb weist der Beklagte auch ausdrücklich darauf
hin, daß er dem Kläger gestattet habe, das fragliche Wegestück zur Winterszeit zu benutzen. Indes enthebt
dies das Gericht nicht der Aufgabe, auch insoweit über den Klagantrag zu entscheiden. ...
Nach Auffassung des Senats ist der Kläger aber darauf angewiesen, seinen Hof auch mit
Schwerlastfahrzeugen direkt anfahren zu können. Dies ist zur ordnungsmäßigen Benutzung des Hofgeländes
des Klägers notwendig im Sinne von § 917 BGB.
Der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers mit derzeit etwa 24 Milchkühen gehört zur ordnungsmäßigen
Benutzung des Hofgrundstücks. Dementsprechend muß der Zugang jedenfalls in dem Umfang als
notwendiger Zugang gewährt werden, daß der Betrieb bei Ausnützung aller wirtschaftlichen Möglichkeiten
auf weitere Sicht noch lohnend ist (vgl. BGH BB 1966, 639 f. OLG Düsseldorf RdL 1997; 35). Wenn die
wirtschaftlichen Möglichkeiten dieses Betriebs gewahrt werden sollen, muß der Hof für den
Schwerlastverkehr direkt angefahren werden können, dies gilt für die Futtermitteltransporte wie für die
tägliche Milchabholung durch Milchtankfahrzeuge. ...
Diese Ausführungen haben den Senat überzeugt. Wenn der Kläger die Chance haben soll, seinen Betrieb in
der wirtschaftlich gebotenen Weise zu rationalisieren, dann gehört dazu, daß er auch die Möglichkeit haben
muß, daß das Milchtankfahrzeug seinen Hof direkt anfährt. Dies bedeutet, daß der Beklagte im Rahmen des
Notwegerechts dulden muß, daß der anfallende Schwerlastverkehr zum Hof und vom Hof über den fraglichen
Wegstreifen geführt wird.
Die räumlichen Voraussetzungen dafür daß der Schwerlastverkehr die Einmündung in die ... Straße im
Bereich des fraglichen Wegstreifens bewältigt, sind gegeben, wie sich dies für das Gericht beim Augenschein
ergeben und wie dies auch der Sachverständige ... bestätigt hat. Eine nähere räumliche Eingrenzung des
Durchfahrtsbereichs kann, da dies nicht beantragt ist, nicht Gegenstand dieser Entscheidung sein.
Eine Durchfahrtsmöglichkeit für den Schwerlastverkehr ist das ganze Jahr über erforderlich. Der sonstige
Verkehr vom und zum Hof des Klägers kann über den ...weg geführt werden. Nur bei winterlichen
Verhältnissen besteht hier die Notwendigkeit, den Straßenanschluß im Bereich des Hofes des Beklagten zu
benutzen. Insoweit ist die Benutzung auch außer Streit.
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Nach alledem ist dem Kläger ein auf diesen Umfang begrenztes Notwegerecht zuzusprechen. ..."
b) RD Dr. Raffael Knauber, Meckenheim hierzu in "Aktuelle Briefe zum Agrarrecht 7/99)"
"Die Problematik der betrieblich-öffentlichen Straßen und der umgepflügten Wege
1. Einleitung
Zu DDR-Zeiten sind von den Landwirtschaftsbetrieben und den zwischenbetrieblichen Einrichtungen auf den
von ihnen genutzten Flächen sowohl neue Straßen und Wege angelegt als auch vorhandene Wege überpflügt
worden. In allen neuen Ländern werfen nach wie vor insbesondere die neu angelegten Straßen und Wege und
hier speziell die sog. betrieblich öffentlichen Wege vielfältige Rechtsfragen auf. Zwei Problemkreise stehen
hier im Vordergrund: Zum einen geht es um die Beantwortung der Frage, welche Ansprüche
Grundstückseigentümern zustehen, auf deren Grundstücken z. B. die betrieblich öffentlichen Straßen errichtet
worden sind. Zum anderen ist zu klären, wer Träger der Straßenbaulast solcher Straßen und damit auch Träger
der Verkehrssicherungspflichten ist.
2. Rechtliche Lösungsmöglichkeiten
a) Ansprüche der Grundstückseigentümer
Für die Frage nach den Ansprüchen der Grundstückseigentümer ist entscheidend, ob die Straßen und Wege
heute als öffentliche Straßen qualifiziert werden können. Eine klare Regelung zu dieser Problematik enthält §
53 Abs. 1 Satz 1 Sächsisches Straßengesetz, in dem es heißt: Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes
vorhandenen Straßen, Wege und Plätze, die zu diesem Zeitpunkt mit oder ohne eine Entscheidung nach §4
Abs. 1 der Verordnung über die öffentlichen Straßen - Straßenverordnung vom 22. August 1974 ...
ausschließlich der öffentlichen Nutzung dienten oder betrieblich öffentliche Straßen waren, sind öffentliche
Straßen im Sinne dieses Gesetzes.
Eine ähnlich deutliche Regelung zu den betrieblich öffentlichen Straßen enthält z. B. auch § 52 Abs. 4
Thüringer Straßengesetz:
Die bisherigen betrieblich öffentlichen Straßen nach § 3 Abs. 3 der Straßenverordnung ... werden
Gemeindestraßen, sofern die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 (Gemeindestraßen) erfüllen, oder sonstige
öffentliche Straßen nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 oder Privatwege. Die Entscheidung darüber trifft die Gemeinde.
Handelt es sieh bei den betrieblich öffentlichen Straßen nach den Straßen- und Weggesetzen der Länder um
öffentliche Straßen, kommt nach diesen Gesetzen für die Grundstückseigentümer ein Übernahmeanspruch
gegen den jeweiligen Straßenbaulastträger in Betracht. Keine Probleme bereitet die Beurteilung der
Öffentlichkeit der betrieblich öffentlichen Straßen dabei in Sachsen, da nach der o. g. Regel dort kraft
Gesetzes die betrieblich öffentlichen Straßen als öffentliche Straßen qualifiziert werden. Ansonsten ist darauf
abzustellen, ob die fraglichen Straßen bereits zu DDR-Zeiten den Status einer öffentlichen Straße besessen
hatten. Bei der Beurteilung der Öffentlichkeit derjenigen Straßen, die vor Inkrafttreten der Straßenverordnung
der DDR entstanden sind, ist deren § 3 Abs. 1 zu berücksichtigen, wonach öffentliche Straßen alle Straßen,
Wege und Plätze einschließlich Parkplätzen sind, die der öffentlichen Nutzung durch den Fahrzeug- und
Fußgängerverkehr dienen. Diese Vorschrift ist so zu verstehen, daß damit die bereits vorhandenen
öffentlichen Straßen weiterhin diesen Status behalten sollten. Während der Geltungsdauer der StVO 1957
wurden Staats- und Bezirksstraßen öffentlich, wenn sie in die Kartei dieser Straßen eingetragen wurden, im
übrigen, wenn die Räte der Kreise bzw. der Städte und Gemeinden sie nach Zustimmung der Rechtsträger
oder Eigentümer dem öffentlichen Verkehr freigaben. Auch nach Inkrafttreten der StVO 1974 galt, daß für die
Öffentlichkeit einer Straße ein ausdrücklicher Beschluß z. B. des Rates des Gemeinde erforderlich gewesen
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ist. Die Rechtswirklichkeit der DDR entsprach in der Regel diesen rechtlichen Anforderungen jedoch nicht.
Bei den betrieblich öffentlichen Straßen hat es den Beschluß des Rates der Gemeinde regelmäßig nicht
gegeben. Vor diesem Hintergrund erscheint es rechtlich vertretbar und im Interesse der betroffenen
Grundstückseigentümer auch geboten, die Qualifizierung der Öffentlichkeit der betrieblich öffentlichen
Straßen nicht davon abhängig zu machen, ob zu DDR-Zeiten der erforderliche Beschluß vorgelegen hat. Folgt
man dem, kommt es mithin für die Öffentlichkeit der fraglichen Straßen ausschließlich darauf an, ob sie schon
zu DDR-Zeiten auch tatsächlich dem öffentlichen Verkehr, so z. B. als Verbindungsstraße zwischen zwei
Ortschaften, dienten. Generell ist von der Öffentlichkeit einer Straße auszugehen, wenn die Straße bereits
bislang ein bestimmter Benutzerkreis oder eine bestimmte Benutzerart ohne besondere Zulassung zu
Verkehrszwecken nutzen konnte. Tatsächlich öffentlicher Verkehrsgrund sind danach alle Flächen, auf denen
kraft ausdrücklicher oder stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten die Benutzung durch einen
nicht näher bestimmten Personenkreis zugelassen wird. Für die hier vertretene Rechtsauffassung spricht
zudem, daß erhebliche rechtliche Zweifel daran bestehen, ob die DDR mit dem Erfordernis des
Ratsbeschlusses gleichsam ein Widmungsprinzip einführen wollte und ob bei Fehlen des Ratsbeschlusses
tatsächlich als Rechtsfolge die Unwirksamkeit des Status öffentliche Straße eintreten sollte. Das Abstellen
darauf, ob die Straßen schon zu DDR-Zeiten tatsächlich dem öffentlichen Verkehr dienten, führt zu folgenden
Konsequenzen: Die nach DDR-Straßenrecht öffentlichen Straßen unterliegen heute dem straßenrechtlichen
Regime der Straßen- und Wegegesetze der neuen Bundesländer Die Problematik des sog. rückständigen
Grunderwerbs - die Verkehrsfläche gilt als öffentliche Straße, die für die Straße in Anspruch genommenen
Grundstücke stehen aber noch nicht im Eigentum des Straßenbaulastträgers - regelt sieh damit auch nach
diesen Gesetzen, so insbesondere über die Übernahmeansprüche der Grundstückseigentümer. Rechtlich
problematisch und, soweit ersichtlich, bisher auch noch nicht geklärt ist in diesem Zusammenhang die Frage,
ob für die Entschädigungshöhe im Rahmen des Übernahmeanspruchs auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme
des Grundstücks für den Straßenbau (Eingriffszeitpunkt zu DDR-Zeiten) oder auf heutige Verhältnisse
abzustellen ist.
Nicht zuletzt aus rechtssystematischen Gründen (Parallelität zum Sachenrechtsbereinigungsgesetz) ist
letzterem der Vorzug zu geben, d. h., für die Entschädigung des Grundstückseigentümers sind die heutigen
Verkehrswerte der betroffenen Grundstücke, bei denen es sich in der Regel um Ackerland handeln wird,
maßgeblich. In der rechtlichen Diskussion war neben den Ansprüchen der Grundstückseigentümer lange Zeit
auch die Frage, ob auch den heutigen Eigentümern der Straßenfläche, in der Regel sind dies die
LPG-Nachfolgebetriebe, Ansprüche zustehen. § 52 Abs. 6 Thüringer Straßengesetz regelt hierzu
unmißverständlich: Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geht das Eigentum an den Straßen, das bisher nicht
dem Träger der Straßenbaulast zustand, ohne Entschädigung auf diesen über ... Damit sind
Entschädigungsansprüche gegen den Träger der Straßenbaulast ausgeschlossen. Dies ist auch sachgerecht, da
mit dem Eigentumsübergang des Straßenkörpers auf den Straßenbaulastträger erhebliche Vorteile für die
bisherigen Eigentümer verbunden sind. So entfällt für diese z. B. die Straßenunterhaltung und die
Verkehrssicherungspflicht. In der letzten Legislaturperiode hatte die Bundesregierung den Versuch
unternommen, unbeschadet von der dargelegten Rechtsauffassung über den Entwurf eines Gesetzes zur
Bereinigung immobilienrechtlicher und anderer Vorschriften (sog. Immobilienrechtsbereinigungsgesetz) die
Problematik des sog. rückständigen Grunderwerbs bei öffentlichen Straßen, Anlagen und Gebäuden zu regeln.
Mit einem Verkehrsflächenerwerbsgesetz als Artikel 1 des Gesetzentwurfs sollte der rückständige
Grunderwerb bei öffentlichen Straßen einschließlich der Höhe des zu zahlenden Ankaufspreises geregelt
werden. Nach Diskussionen mit den neuen Bundesländern ist dieser Entwurf jedoch nicht weiter verfolgt
worden. Neben den mit der Übernahme des Grundeigentums verbundenen finanziellen Fragen waren hierfür
auch kompetenzrechtliche Fragen ausschlaggebend, da zweifelhaft war, ob der Bund in diesem Bereich
überhaupt eine Gesetzgebungskompetenz besitzt. Nach der hier vertretenen Auffassung, wonach die Straßenund Wegegesetze der neuen Bundesländer die einschlägigen Fragen im Zusammenhang mit den betrieblich
öffentlichen Straßen und Wegen abschließend regeln, besteht für eine bundesgesetzliche Regelung kein
Handlungsbedarf mehr Wie ist nun die Rechtslage dann, wenn es sieh bei den zu DDR-Zeiten errichteten
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Straßen und Wegen nicht um öffentliche Straßen handelt? Festzustellen ist hier zunächst, daß dann
Übernahmeansprüche der Grundstückseigentümer nach den Straßen- und Wegegesetzen ausscheiden. Dienen
die Straßen und Wege z. B. ausschließlich der nachbarrechtlichen Erschließung der angrenzenden
Grundstücke, so innerbetriebliche Wirtschaftswege, können sie als bauliche Erschließungsanlage Gegenstand
der Sachenrechtsbereinigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 Sachenrechtsbereinigungsgesetz sein. Für diese Anlagen
kann dann die Bestellung einer Dienstbarkeit gemäß §§ 116 ff. Sachenrechtsbereinigungsgesetz in Betracht
kommen, soweit die dort geregelten Voraussetzungen vorliegen. § 116 Abs. 1
Sachenrechtsbereinigungsgesetz setzt dabei zunächst voraus, daß eine Nutzung des fremden Grundstücks in
einzelnen Beziehungen oder die Unterhaltung einer Anlage auf diesem Grundstück vorliegt. Diese
Voraussetzung trifft insbesondere auf die von den LPG aufgrund ihres umfassenden gesetzlichen
Bodennutzungsrechts auf fremden Grundstücken errichteten Wege zu.
Hinzukommen muß gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 2 Sachenrechtsbereinigungsgesetz, daß die Nutzung des
Grundstücks für die Erschließung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist. Damit kommt
eine Dienstbarkeitsbestellung nach diesen Vorschriften nur dann in Betracht, wenn es um die Erschließung
von Grundstücken und Bauwerken geht, die im Eigentum des Nutzers stehen. Die Dienstbarkeitslösung
scheidet damit in den Fällen aus, wenn z. B. lediglich Pachtgrundstücke des Nutzers erschlossen werden
sollen, es sei denn, daß der Grundstückseigentümer mit der Dienstbarkeitsbestellung einverstanden ist. Gemäß
§ 118 Sachenrechtsbereinigungsgesetz kann der Grundstückseigentümer die Zustimmung zu der Bestellung
der Dienstbarkeit von der Zahlung eines einmaligen oder eines in wiederkehrenden Leistungen zu zahlenden
Entgelts abhängig machen.
b) Träger der Straßenbaulast bei den betrieblich öffentlichen Straßen
Damit der Grundstückseigentümer die ihm nach den Straßen- und Wegegesetzen zustehenden Ansprüche auch
geltend machen kann, ist die Beantwortung der weiteren Frage entscheidend, wer Träger der Straßenbaulast
der betrieblich öffentlichen Straßen und damit der richtige Anspruchsgegner ist. Auch für die Beantwortung
dieser Frage kommt es wieder darauf an, ob es sich bei der jeweiligen Straße um eine öffentliche Straße oder
aber um eine nicht öffentlich genutzte Straße handelt. Ist die Straße als öffentliche Straße zu qualifizieren,
richtet sieh die Bestimmung des Trägers der Straßenbaulast für diese Straße danach, wie die Straße nach den
Straßen- und Wegegesetzen zu klassifizieren ist. Im allgemeinen gilt hier, daß das Land Träger der
Straßenbaulast für die Staatsstraßen ist, die Landkreise und die kreisfreien Städte Träger der Straßenbaulast
für die Kreisstraßen sind, die Gemeinden die Straßenbaulast für die Gemeindestraßen haben und für sonstige
öffentliche Straßen der Träger der Straßenbaulast in der Widmungsverfügung bestimmt wird. Im Regelfall
dürfte es sieh bei den betrieblich öffentlichen Straßen entweder um Gemeindestraßen oder aber um sonstige
öffentliche Straßen handeln. Dies bringt das Sächsische Straßengesetz auch ausdrücklich zum Ausdruck,
indem es in § 53 Abs. 5 regelt, daß die bisher betrieblich öffentlichen Straßen Gemeindestraßen oder sonstige
öffentliche Straßen werden. Am Beispiel dieser Regelung führt dies zu folgenden Konsequenzen: Ist die
betrieblich öffentliche Straße Gemeindestraße geworden, ist sie damit zugleich als öffentliche Straße
gewidmet. Träger der Straßenbaulast und der Verkehrssicherungspflicht dieser Straße ist dann die Gemeinde.
Ihr obliegt es dann auch, Regelungen im Hinblick auf den Gemeingebrauch dieser Straße zu treffen. Ist die
betrieblich öffentliche Straße als sonstige öffentliche Straße zu klassifizieren, ist zwar ebenfalls von einer
Widmung der Straße zur öffentlichen Nutzung auszugehen. In diesem Fall bedarf es jedoch noch einer
ausdrücklichen Bestimmung, wer für diese Straße Träger der Straßenbaulast ist. Für sonstige öffentliche
Straßen ist die Gemeinde jedenfalls nicht gleichsam automatisch Träger der Straßenbaulast. Damit ist
folgendes festzustellen: Unproblematisch ist die Rechtslage grundsätzlich dann, wenn die betrieblich
öffentliche Straße heute Gemeindestraße ist. In diesem Fall ist dann unstreitig die Gemeinde Träger der
Straßenbaulast und damit zugleich auch der Verkehrssicherungspflicht. Komplizierter ist es hingegen dann,
wenn es sich bei einer betrieblich öffentlichen Straße eine sonstige öffentliche Straße handelt, was wohl auch
der Regelfall sein dürfte. Hier weisen die Straßen- und Wegegesetze der neuen Länder die Straßenbaulast
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nicht durch Gesetz einem bestimmten Straßenbaulastträger zu, sondern überlassen dessen Bestimmung
ausdrücklich einer gesonderten Verfügung. In diesem Fall hängt es dann z. B. vom Willen der Gemeinde ab,
ob sie eine betrieblich öffentliche Straße als sonstige öffentliche Straße in ihre Straßenbaulast übernehmen
will. Und genau hier liegt das eigentliche Dilemma: Regelmäßig zeigen die Gemeinden in den neuen
Bundesländern relativ wenig Neigung, die betrieblich öffentlichen Straßen zu übernehmen. Ursächlich hierfür
sind in erster Linie die damit verbundenen finanziellen Lasten, die auf die Gemeinden bei der Übernahme
dieser Straßen zum einen in Form der Übernahmeansprüche der Grundstückseigentümer und zum anderen
auch im Zusammenhang mit der Unterhaltung der Straßen zukommen.
Solange sich die Gemeinden ihrer Verantwortung nicht stellen, die betrieblich öffentlichen Straßen, die auch
heute noch öffentliche Straßen sind, zu übernehmen, laufen die aufgezeigten rechtlichen
Lösungsmöglichkeiten zur Problemlösung des rückständigen Grunderwerbs bei den betrieblich öffentlichen
Straßen weitestgehend ins Leere. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sieh folgende Vorgehensweise: Um
überhaupt mit den Gemeinden sach- und lösungsorientiert in Gespräche über die Übernahme betrieblich
öffentlicher Straßen eintreten zu können, bedarf es zunächst einer sorgfältigen Quantifizierung der Straßen
und Wege, die als öffentliche Straßen für eine Übernahme in Frage kommen. Hierbei wird sieh dann
regelmäßig herausstellen, daß bei weitem nicht alle seinerzeit von den LPGen etc. angelegten Straßen und
Wege öffentliche Straßen sind. Insgesamt kann mit dieser Vorgehensweise der Gemeinde verdeutlicht
werden, daß die Übernahme relativ weniger Straßen gerade auch in finanzieller Hinsicht beherrschbar ist und
daß auf die Gemeinden grundsätzlich keine unkalkulierbaren Risiken zukommen. Verdeutlicht werden sollte
den Gemeinden in diesem Zusammenhang auch, daß mit der Übernahme der Straßen Vorteile verbunden sind,
so die Ersparnis für die Errichtung neuer Gemeindestraßen. Nötigenfalls sollte auf die einzelne Gemeinde
auch politischer Druck ausgeübt werden, sieh der anfälligen Problemlösung endlich im Einklang mit den
Straßen- und Wegegesetzen zu stellen. Es kann nämlich kein Dauerzustand sein, daß sich Gemeinden zu
Lasten Dritter einer sachgerechten Regelung verschließen, da die Folge hiervon ist, daß Rechtsansprüche
nicht durchgesetzt werden können und erhebliche Haftungsrisiken bei den derzeitigen Eigentümern der
Straßenflächen verbleiben. Im schlimmsten Falle sollten diese prüfen lassen, ob als ultima ratio nicht die
Sperrung der Straße erwogen werden kann, womit spätestens dann die regelungsunwillige Gemeinde unter
erheblichen Handlungsdruck gesetzt wird. Handelt es sich bei der fraglichen Straßen hingegen nicht um eine
öffentliche Straße, sondern um eine nicht öffentlich genutzte Wegefläche, bedeutet dies, daß insbesondere die
Gemeinde hierfür nicht Straßenbaulastträger und damit auch nicht Träger der Verkehrssicherungspflicht ist.
Verantwortlich für den Zustand einer solchen Wegefläche ist dann ausschließlich der heutige private
Eigentümer dieser Flächen. Im Interesse der Beschränkung seiner Verkehrssicherungspflicht steht es diesem
frei, durch geeignete Maßnahmen die Nutzung solcher Wege Lind Straßen zu beschränken bzw.
auszuschließen. Sind Rechtsnachfolger der LPG etc., die diese Anlagen seinerzeit errichtet haben, nicht
vorhanden, obliegt den Grundstückseigentümern dieses Recht. Anderenfalls besteht für sie die Gefahr, daß sie
als sog. Zustandsstörer für einen verkehrsunsicheren Zustand der Wege- und Straßenflächen herangezogen
und im Schadensfall wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht haftbar gemacht werden können.
c) Lösungskonzept zur ProbIemlösung der umgepflügten Wege
Im Zuge der Großflächenwirtschaft der DDR wurde das in der Feldlage vorhandene Wege- und Gewässernetz
in erheblichem Umfang beseitigt. Wege wurden überpflügt, obwohl sie im Kataster- und Grundbuch als
Zweckgrundstücke im Eigentum der Gemeinden ausgewiesen waren. Die auf altem Herkommen oder auf den
Festsetzungen von Rezessen beruhenden Wegegrundstücke wurden in Volkseigentum überführt und in der
Regel Räte der Gemeinden oder LPG als Rechtsträger eingesetzt. Durch die Ausdünnung des Wegenetzes
haben heute viele Grundstücke ihre Wegeanbindung in der Feldflur verloren. Es muß deshalb ein Wegenetz
geschaffen werden, das den neuen bzw. neu entstehenden Eigentumsstrukturen und den
Bewirtschaftungsbedürfnissen der landwirtschaftlichen Betriebe gerecht wird.
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Die Problematik besteht nunmehr darin, daß es im Falle der Überpflügung der alten Wege heute an einer
Nutzung als Verwaltungsvermögen der betroffenen Grundstücke fehlt. Vielmehr werden die ehemaligen
Wegeflächen tatsächlich land- und forstwirtschaftlich genutzt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage,
inwieweit diese ehemaligen Wegeflächen auf der Grundlage des Vermögenszuordnungsrechts für die
Bereinigung und Neuanlage des in der Feldlage erforderlichen Wegenetzes zur Verfügung gestellt werden
können. Im Hinblick auf die Lösung der Problematik haben die Bundesregierung und die
Privatisierungsgesellschaften BVVG und TLG gemeinsam mit den neuen Ländern ein Konzept entwickelt,
mit dem die überpflügten Wege soweit reaktiviert werden können, wie es für heutige
Bewirtschaftungsverhältnisse erforderlich ist. Über einvernehmliche Zuordnungen nach dem
Vermögenszuordnungsgesetz sollen danach den Gemeinden auf der Grundlage einer vorher herbeigeführten
Einigung Grundstücke zweckgebunden für den Flächenbedarf des ländlichen Wegenetzes zur Verfügung
gestellt werden. Dabei soll es sich nach Möglichkeit um die ursprünglichen Wege und Grundstücke handeln,
die auch früher häufig im Eigentum der Gemeinden gestanden haben. Gegenstand des Konzeptes ist dabei
nicht nur die Regelung der Problematik der überpflügten Wege, sondern auch eine unbürokratische
Bereinigung der Eigentumsverhältnisse an den Flächen, auf denen zu DDR-Zeiten neue Wege angelegt
worden sind. Über diesen Lösungsweg können damit den Gemeinden auch Austauschflächen im Hinblick auf
die zu regelnden betrieblich öffentlichen Straßen zur Verfügung gestellt werden. Voraussetzung für die
Umsetzung des Konzeptes ist, daß die Gemeinden mit der einvernehmlichen Zuordnung der für den Wegebau
benötigten Flächen einverstanden sind. In der mit den Gemeinden abzuschließenden Vereinbarung über die
einvernehmliche Zuordnung müssen sich diese verpflichten, die zugeordneten Grundstücke bzw. eigene
Grundstücke im wertmäßig gleichen Umfang zweckgerichtet für die Einrichtung von Wegen zu verwenden.
Als Instrument für die Einrichtung eines heutigen Bewirtschaftungsverhältnissen genügenden Wegenetzes
bieten sich in erster Linie Bodenordnungsverfahren nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz und dem
Flurbereinigungsgesetz an. Damit wird zugleich auch ein wichtiger Beitrag zur Regelung der
Eigentumsverhältnisse in den ländlichen Räumen geleistet. Die Notwendigkeit der Einrichtung eines neuen
Wegenetzes beschränkt sich jedoch nicht auf das Verfahrensgebiet von Bodenordnungsverfahren, sondern sie
besteht häufig auch außerhalb solcher Verfahren. Für die einvernehmliche Zuordnung bestehen nach dem
Lösungskonzept folgende Rahmenbedingungen:
Die einvernehmliche Zuordnung der Flächen aus dem Bestand der BVVG und der TLG auf die Gemeinden
erfolgt unentgeltlich. Ausschlaggebend für die Zurverfügungstellung der benötigten Flächen ist, ob diese
Flächen nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) verfügbar sind. Dies ist dann der
Fall, wenn sie nicht langfristig verpachtet sind oder in Planungs- oder Zulassungsverfahren bereits als
Wegeflächen umgewidmet worden sind oder werden sollen, so z. B., wenn sie in den
Flurbereinigungs-/Bodenordnungsplänen als Wegeflächen ausgewiesen werden bzw. ausgewiesen werden
sollen. Im Falle der langfristigen Verpachtung sind die Flächen verfügbar, wenn der Pächter sein Kaufrecht
bereits ausgeschöpft hat bzw. er andere von ihm gepachtete Flächen von der BVVG erwerben kann oder er
auf seine Erwerbsmöglichkeit verzichtet und kein der BVVG bekanntes Interesse von Alteigentümern am
Erwerb dieser Flächen besteht oder im Falle eines solchen Erwerbsinteresses eine andere geeignete Fläche für
einen Erwerb durch Alteigentümer bereitgestellt werden kann. Kann der Bedarf an Wegeflächen nicht durch
Zuordnung ehemaliger Wegeflächen aufgrund der durch das EALG bedingten Restriktionen gedeckt werden,
können den Gemeinden auch andere Flächen zugeordnet werden, soweit dies für die
Privatisierungsunternehmen im Einzelfall wirtschaftlich ist. Kernelement des Lösungskonzeptes ist im
Gegenzug zu der unentgeltlichen Zurverfügungstellung der Flächen die Verpflichtung der Gemeinden, die
zugeordneten Flächen oder Flächen im wertmäßig gleichen Umfang zweckgebunden für den Flächenbedarf
des ländlichen Wegenetzes vorzuhalten. Mit dieser Verpflichtung soll verhindert werden, daß die Gemeinden
die zugeordneten Flächen zweckwidrig beispielsweise als Bauland nutzen. Da die Städte- und
Gemeindeverbände der neuen Länder ihre grundsätzliche Zustimmung zu dem Lösungskonzept der
einvernehmlichen Zuordnung bereits erklärt haben, kann nunmehr alsbald mit der Umsetzung des Konzeptes
begonnen werden. Der Anstoß für die einvernehmliche Zuordnung kann dabei von den Gemeinden selbst
ausgehen, von Verfahren nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz/Flurbereinigungsgesetz oder auch vom
Kaufantrag eines Pächters nach dem EALG oder von der Notwendigkeit der wegemäßigen Erschließung bei
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Privatisierungsvorhaben."
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