PDF, 3,8 MB - Akademisches Auslandsamt

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PDF, 3,8 MB - Akademisches Auslandsamt
20 Jahre
Austauschprogramme an der TU Berlin
Impressum
Herausgeber:
Technische Universität Berlin
Abt. I - Studierendenservice
Akademisches Auslandsamt
Straße des 17. Juni 135
10623 Berlin
Redaktion:
Dr. Carola Beckmeier
Texte:
Dr. Carola Beckmeier
Uta Kirchner
Gestaltung und Layout:
Luise Flade
Felix Noller
Jonas Fornacon
Stand:
April 2013
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Inhaltsverzeichnis
Vorwort4
Das Auslandsstudium
6
Zahlen und Fakten
12
Wo ich wurde, was ich bin
17
Austauschstudierende an der TU
26
Erfahrungen von Professoren
30
Projekte des Akademischen Auslandsamtes der TU Berlin
34
GOout! - Die „Internationale Woche“
34
GOout! - Informationssession „Studieren Weltweit“
34
Das Buddy-Programm
36
Einführungsveranstaltungen/Rallye
38
Studienverlaufsmodelle
40
Anerkennung des Auslandsstudiums
43
Leitfaden Anerkennung
46
Messen und Konferenzen
48
Berichte aus dem Auslandsamt
50
Erfahrungsberichte von ehemaligen Austauschstudierenden
57
Das Beste am Studium ist das Auslandsstudium!
102
Kontaktinformationen
104
3
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Vorwort
Das internationale Profil der Technischen
Universität Berlin
Die TU Berlin versteht sich als internationale Universität, Europäisierung
und Internationalisierung gehören
daher zu den erklärten Entwicklungszielen der Universität. Mit dieser
programmatischen Ausrichtung verpflichtet sich die TU Berlin, Internationalität auf allen Ebenen nachhaltig zu verfolgen. Die TU Berlin
beteiligt sich im Sinne der BolognaErklärung aktiv an der Weiterentwicklung des europäischen Hochschulraums und verstärkt ihren Internationalisierungsprozess weltweit.
„Internationalisierung“ ist zu einem
Leitbegriff für eine Vielzahl von Bemühungen geworden, die Technische
Universität Berlin auf die Aufgaben
auszurichten, die sich in Forschung
und Lehre aus der Globalisierung von
Problemen und Arbeitsbeziehungen
ergeben. Durch stärkere Einbeziehung internationaler Elemente in das
Studium sollen vor allem drei Ziele erreicht werden:
1. TU Berlin-Studierende sollen leichter an ausländische Universitäten
wechseln können und TU Berlin-
4
Absolventen sollen einen besseren
Zugang zum internationalen Arbeitsmarkt erhalten.
2. Die Attraktivität der TU Berlin für
ausländische Studierende soll gesteigert werden.
3. Die Studierenden an der TU Berlin
sollen während ihres Studiums stärker
an international geprägte Sichtweisen
gewöhnt werden.
Die Technische Universität Berlin
pflegt derzeit intensiv den Austausch
mit namhaften Wissenschaftlern aus
dem Ausland und fördert langfristig
stabile Kooperationen und Partnerschaften mit international renommierten wissenschaftlichen Einrichtungen.
2012/13 hatte die Technischen Universität Berlin Kooperationsvereinbarungen mit über 330 internationalen
Hochschulen (Europa: 260, Übersee:
70), über die an die 1200 Studierende ausgetauscht wurden. Die Entwicklung von Doppelabschlussprogrammen ist weiter vorangetrieben
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
worden. Mittlerweile gibt es 26
Doppelabschlussprogramme in den
Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften mit europäischen, südkoreanischen, chilenischen, brasilianischen und chinesischen Partnern.
Trotz dieses vielfältigen Angebots ist
die Zahl der Outgoings über die Jahre
relativ konstant geblieben.
Zwar liegt die Beteiligungrate der
Natur- und Ingenieurwissenschaften
weiterhin hinter der der Wirtschaftsund Geisteswissenschaften, doch
nimmt auch hier die Zahl derjenigen
zu, die ein Auslandsstudium wahrnehmen. Dennoch sind weitere Anstrengungen notwendig, um speziell
Studierende der Ingenieurwissenschaften für ein Studium im Ausland
zu motivieren.
Austauschprogramme müssen Qualitätsstandards genügen, damit die Zielsetzungen eines Auslandsstudiums
langfristig greifen. Zentraler Indikator für die Qualität des Auslandsstudiums sind die Anerkennungsverfahren für Studien- und Prüfungsleistungen. Einen weiteren entschei-
denden Einfluß auf den Erfolg des
Auslandsstudiums hat die Integration
der Studierenden in den jeweiligen
Lehrbetrieb. Programmbegleitende
Maßnahmen an der Gastuniversität
haben daher eine wesentliche Bedeutung für die Qualität der Partnerschaften.
Internationale Austauschprogramme
sind mittlerweile aus der Hochschullandschaft nicht mehr wegzudenken.
Die vorliegende Broschüre hat die
Entwicklung dieser Aktivitäten facettenreich dokumentiert. Ich wünsche
allen viel Freude beim Durchblättern
und dass das Interesse an der Durchführung und der Teilnahme von Austauschprogrammen gesteigert wird.
Prof. Dr. Hans-Ulrich Heiß
Vizepräsident für Studium und Lehre
5
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Das Auslandsstudium
Charakteristika
Internationaler
Austauschprogramme
Serviceangebote
Das Studium im Ausland im Rahmen
von Austauschprogrammen unterscheidet sich von einem individuellen Aufenthalt im Ausland dadurch,
daß von seiten der Hochschule eine
Reihe von Maßnahmen angeboten
wird, die die Eingliederung in den
Lehrbetrieb an der ausländischen
Universität erleichtern sollen. Dazu
gehören individuelle Beratung, vorbereitender
Fremdsprachenunterricht, Empfehlungen zum geplanten
Studienverlauf, Feststellung von Äquivalenzen, Kontaktaufnahme zu den
Programmverantwortlichen an der
Partnerhochschule, Anmeldung in
Studentenwohnheimen. Damit wird
den Studierenden eine Vielzahl von
Vorbereitungen abgenommen, um
die Konzentration auf das Studium
und dessen erfolgreichen Abschluß zu
erleichtern.
Gegenseitigkeit
Die Mehrzahl der Austauschprogramme basieren auf einer Vereinbarung
der beteiligten Hochschuleinrichtungen, einen gegenseitigen Austausch
6
von Studierenden zu etablieren (Verträge, Memorandum of Understanding, Letter of Intent). Trotz eines
solchen Abkommens sieht die Praxis,
insbesondere mit den USA, aber auch
mit Großbritannien, häufig so aus,
dass der Austausch nur in einer Richtung stattfindet. Dies hat allerdings
Konsequenzen für die Zahlungsmodalitäten. Denn in den Absichtserklärungen mit ausländischen Hochschulen
wird von deutscher Seite darauf bestanden, dass Austauschstudierende
an ihrer Heimatuniversität weiterhin
eingeschrieben bleiben und dadurch
die Gebühren für die Austauschstudenten aus Deutschland entfallen.
Monodisziplinarität
Die meisten Programme innerhalb
Europas werden zunächst innerhalb
einer Fachdisziplin vereinbart. Die
jeweiligen Fachvertreter sprechen
die Leistungsanforderungen an die
Studierenden und die Möglichkeiten
der Eingliederung in den Studienverlauf an der ausländischen Hochschule
untereinander ab. Hat sich der Austausch mit der Partneruniversität eingespielt, können auch andere Fachrichtungen einbezogen werden.
Dauer
Im allgemeinen beträgt die Dauer des
Auslandsaufenthaltes ein akademisches Jahr, d.h. im Durchschnitt 9 Mo-
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
nate. Kurzfristige Aufenthalte von 3-6
Monaten werden vorrangig von Fachrichtungen gewählt, die Praxis- und
Projektphasen in dem Studienverlauf
vorsehen. Dauer und Zeitpunkt des
Auslandsaufenthaltes richten sich
auch nach der Unterteilung des Studienjahres in Semester bzw. Trimester
an der jeweiligen Gastuniversität. Ziel
des Auslandsstudiums sollte jedoch
sein, einen substantiellen Anteil des
Studiums an einer anderen Hochschule verbracht und damit auch einen
genauen Einblick in das Lehrangebot
bekommen zu haben.
nung zu einem Auslandsaufenthalt
verpflichtet.
Anerkennung von Studienleistungen
Sämtliche Austauschprogramme der
TU-Berlin stehen unter der Prämisse,
dass die an der ausländischen Gasthochschule erbrachten Studien- und
Prüfungsleistungen voll auf das hiesige Studium angerechnet werden
sollen. Dennoch entstehen bei der
Frage um die Äquivalenz von Studienleistungen immer wieder Probleme.
Pflichtteilnahme
Die Entwicklungen des letzten Jahrzehnts haben gezeigt, dass trotz stärkerer Internationalisierung der Hochschulen im Bereich Lehre und Studium die Hochschulsysteme der Industrienationen sich nicht angeglichen
haben, sondern es weiterhin eine
Vielzahl unterschiedlicher Studiengangsstrukturen gibt. Die Unterschiede beziehen sich sowohl auf die Zulassungsberechtigung für Universitäten,
die Studienorganisation, die Hochschularten und Hochschulabschlüsse
als auch auf das Lehrangebot insgesamt. Im Bereich der Hochschulzulassungen und der Studienabschlüsse
werden von nationalen und internationalen Bildungsorganisationen Vorschläge zur Bewertung ausländischer
Bildungsnachweise erbracht.
Sieht man von einigen Studiengängen
ab, so werden Studierende meist nicht
durch ihre Studien- und Prüfungsord-
Darauf beruhen auch die Einstufungen in die einzelnen Studienabschnitte. Solche internationalen Äquiva-
Teilnehmerzahl
Betrachtet man die Zahl der Teilnehmer pro Austauschprogramm,
so liegt die durchschnittliche Inanspruchnahme an der TU-Berlin bei
vier Plätzen, bei einer Streuung von
zwei bis sieben. Der Ausnutzungsgrad des Programmangebots ist
somit recht unterschiedlich. Einige
Programme veranstalten regelmäßig
Auswahlverfahren, da die Nachfrage
relativ hoch ist, während bei anderen
Stipendiatsprogrammen das Platzangebot kaum ausgeschöpft wird (z.B.
Ingenieurhochschulen in Frankreich).
7
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
lenzregelungen reichen jedoch nicht
aus, wenn es um die Feinabstimmung
von Studiengängen und Lehrveranstaltungen geht. Hier sind enge Absprachen der beteiligten Fachgebiete
notwendig.
Für die Qualität von Auslandsstudienprogrammen hat die Frage der
Anrechnung nach Rückkehr an die TU
Berlin einen zentralen Stellenwert.
Starre Regelungen haben meistens
den Nachteil, den Kreis der Partneruniversitäten auf ein Minimum zu beschränken und bestimmte Länder aus
der Kooperation völlig auszuschließen. Flexible Lösungen wiederum fordern Einzelfallprüfungen für jede Partneruniversität mit der Konsequenz,
daß die Studierenden bis weit über
den Zeitraum ihres Auslandsstudiums
hinaus nicht wissen, ob ihre Studienleistungen von der Heimatuniversität
anerkannt werden. Schwierigkeiten
treten vor allem dann auf, wenn Andersartiges als Gleichwertiges anerkannt werden soll, wobei allein Inhalt
und Umfang von Studienleistungen
als Anerkennungskriterien dienen
können. Mittelfristig sollen Anerkennungsprozeduren dadurch erleichtert
werden, dass innerhalb der Partnerschaften eine verbesserte Dokumentationspraxis eingeführt wird (z.B.
ECTS, Transcript of Records).
Fremdsprachenkenntnisse
Unzureichende Fremdsprachenkenntnisse sind eines der größten Hindernisse für die Mobilität der Stu-
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dierenden. Von daher ist es für die
Hochschule zunehmend wichtig, ein
ausreichendes Sprachlernangebot zu
präsentieren. Dabei müssen sowohl
allgemeine Sprachfähigkeiten verbessert als auch fachliche Termini in anderen Sprachen vermittelt werden.
Informations- und Beratungsangebot
Damit sich die Studierenden einen
Überblick über die Möglichkeiten
eines Auslandsstudiums machen können, bedarf es eines umfassenden Informations- und Beratungsangebots,
das der Vielfalt des Auslandsaufenthaltes gerecht wird. Je unterschiedlicher die Hochschulsysteme in Europa und in anderen Ländern sind,
desto mehr scheint die Mobilitätsbereitschaft von Kenntnissen über
Hochschulen, Studienangebote und
Hochschulabschlüssen abzuhängen.
Das Akademische Auslandsamt bietet
eine Reihe von fach- und länderspezifischen Informationen an.
Zum einen gibt es eine Infothek, in der
Vorlesungsverzeichnisse der Partnerhochschulen der TU-Berlin, Broschüren über Studiensysteme, allgemeine
Studentenhandbücher und Erfahrungsberichte von ehemaligen Austauschstudenten einzusehen sind.
Zum anderen werden mit gezielten
Vortragsreihen den Studierenden die
Hochschulstrukturen und Studienmöglichkeiten an unseren Partneruniversitäten nähergebracht. Weiterhin
werden in Kooperation mit den programmverantwortlichen Hochschul-
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
lehrer/inne/n in den Fakultäten spezielle Informationsveranstaltungen zu
den jeweiligen Partneruniversitäten
angeboten.
Hier werden Themen wie z.B. Portrait
der Partneruniversität, Besonderheiten des Studienangebots, Unterkunftsmöglichkeiten, Erfahrungen von „Ehemaligen“ etc. angesprochen. Darüber
hinaus ist auch eine individuelle Beratung durch Auslandsstudienberater/
innen des Akademischen Auslandsamtes und durch Fachvertreter vorgesehen. Hierbei geht es darum, individuell zu klären, zu welchem Zeitpunkt
ein Auslandsaufenthalt sinnvoll ist,
welcher Typus das Auslandsstudiums
gewählt werden soll (Studium, Praktikum, Abschlußarbeit), welches Studienangebot wahrgenommen werden
soll, welche Anerkennungsmöglichkeiten für im Ausland erbrachte Studienleistungen bestehen und wie man
sich am besten auf Auswahlgespräche
vorbereitet.
Auswahl von Stipendiaten
Die Auswahl potentieller Austauschstudierender liegt bei den programmverantwortlichen Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern des Fachgebiets. Bei neuen Programmen, TUBerlin-Direktaustauschprogrammen
und bei großem Koordinationsbedarf
zwischen den Programmen findet
die Auswahl in Kooperation mit dem
Akademischen Auslandsamt statt. Generell erfolgt die Bewertung auf der
Grundlage der Bewerbungsunterlagen
nach Leistungskriterien und Referenzen. Die Auswahlgespräche setzen sich
aus einem fachlichen, sprachlichen
und landeskundlichen Teil zusammen.
Bei den Gesprächen geht es darum,
nicht nur die fachliche, sondern
auch die persönliche Qualifikation
des Bewerbers oder der Bewerberin
festzustellen.
Betreuung von Programmstudierenden
Dieser Punkt umfaßt eine Reihe von
vorbereitenden Maßnahmen, die den
Programmstudierenden die Integration in den Lehrbetrieb erleichtern sollen. Dazu gehören für die deutschen
Studierenden Hilfestellungen bei der
Studiumsorganisation im Ausland
(z.B. Überprüfung der Studienpläne,
Hinweise für die Immatrikulation) und
Unterstützung bei organisatorischen
Fragen des Auslandsaufenthaltes (z.B.
Aufenthaltserlaubnis, Unterbringung,
Versicherungen, Geldangelegenheiten).
Einen erheblichen Betreuungsaufwand erfordern die einreisenden Programmstudierenden. Eine zentrale
Aufgabe ist die Beschaffung von günstigem Wohnraum für Austauschstudenten. Zwischen dem Akademischen
Auslandsamt und dem Studentenwerk gibt es Absprachen, Stipendiaten bevorzugt unterzubringen.
Außerdem ist ein sogenanntes „Buddy
Programm“ eingerichtet worden. Danach werden ehemalige Programmstudenten gebeten, sich für eine erste
9
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Orientierungsphase für die neu einreisenden Studierenden zur Verfügung
zu stellen. Das „Buddy Programm“
umfasst Abholen, ggf. kurze Unterbringung, Begleitung zum Studentenwohnheim, Führung über den Campus, Organisation von Social Events
und Unterstützung bei der Erledigung
von Formalitäten (Immatrikulation,
polizeiliche Anmeldung, Aufenthaltserlaubnis, Krankenversicherung, Eröffnung eines Bankkontos, Benutzung
öffentlicher Verkehrsmittel etc.). Eine
persönliche Betreuung der internationalen Programmstudenten ist insofern wichtig, als dadurch die Partnerschaften vertieft und damit auch bessere Bedingungen für TU-Berlin-Studierende an den ausländischen Partneruniversitäten geschaffen werden
können.
Administrative Abwicklung
Die Einrichtung bzw. Durchführung
von Studentenaustauschprogrammen
erfordert eine Reihe formaler und administrativer Schritte. Vor der Unterzeichnung von Kooperationsabkommen bzw. Anträgen für Programmund Stipendienmittel müssen vielfältige Absprachen über Umfang und Modalitäten des Studentenaustauschs
getroffen werden. Das Akademische
Auslandsamt bietet Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern der TUBerlin, aber auch Vertretern potentieller internationaler Partneruniversitäten Beratung bei Programmabsprachen und Drittmitteleinwerbung an.
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Stipendien- und Programmmittelzahlungen und die damit einhergehende
Abrechnung und Berichterstattung
laufen zum größten Teil über das Akademische Auslandsamt.
Zur Deckung der Kosten, die durch
einen Auslandsaufenthalt entstehen,
werden von verschiedenen Förderinstitutionen Stipendien eingeworben.
Die bisher wichtigsten Drittmittelgeber im Rahmen von Studierendenaustauschprogrammen sind der DAAD,
die EU-Kommission, die DeutschFranzösische Hochschule und die Fulbright-Kommission. Außerdem stellt
die TU-Berlin in erheblichem Maße
eigene Mittel zur Verfügung, um TUBerlin-Studierenden ein Auslandsstudium zu ermöglichen.
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Foto von Kay Tidten - Lake Paul, Australien
Foto von Marc Vielitz - Cliffs of Moher, Irland
11
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Zahlen und Fakten
Die Entwicklung der Austauschprogramme
in den Letzten 20 Jahre
Austauschprogramme Europa
700
Austauschprogramme Übersee
100
600
80
500
60
400
300
40
200
20
100
0
1992
1994
2000
2004
2007
2009
0
2012
1992
1994
2000
2004
2007
2009
Austauschstudierende
800
700
600
500
400
300
200
100
0
12
1992/93
2005/06
2011/12
Übersee Incomings
Übersee Outgoings
Europa Incomings
Europa Outgoings
2012
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Der Austausch im WS 2012/13
nach Studienniveau
Dauer Des Austausches der Outgoings
Diplom
67
master
176
2 semester
219
Bachelor
177
1 semester
217
1 4 Semester
14 Bis zu 3 Monate
Outgoings
master
413
Bachelor
301
Dauer des Austausches der Incomings
2 semester
243
Incomings
1 semester
397
13 3 Semester
41
Nach Geschlecht
weiblich
181
weiblich
338
männlich
270
Outgoings
20
Bis zu 3 Monate
4 Semester
männlich
376
Incomings
13
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Fakultäten der Incomings / Outgoings WS 2012/13
Incoming
Outgoing
83
38
51
33
89
72
88
19
109
59
V - Verkehrs- und Maschinensysteme
181
63
VI - Planen Bauen Umwelt
98
148
15
10
14
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Anzahl der Austauschstudenten nach Ländern WS 2012/13
Incoming
106
102
85
64
48
32
29
27
24
20
19
16
16
13
12
10
9
9
9
9
8
6
6
5
4
4
4
3
3
3
2
2
2
2
1
Outgoing
37
50
40
41
8
3
7
3
7
3
7
7
6
3
1
1
20
30
15
18
13
16
13
10
2
5
1
5
2
1
1
1
1
1
2
28
42
Frankreich
Spanien
China
USA
Italien
Polen
Türkei
Australien
Schweden
Südkorea
Brasilien
Griechenland
Kanada
Finnland
Österreich
Dänemark
Chile
Irland
Niederlande
Schweiz
Portugal
Russland
Ungarn
Slowenien
Belgien
Norwegen
UK
Japan
Mexiko
Tschechien
Bulgarien
Rumänien
Singapur
Taiwan
Israel
Äthiopien (Freemover)
Guatemala (Freemover)
Slowakei
Südafrika (Freemover)
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Foto von Hauke Glässing - Australien
Foto von Benjamin Baron - Australien
16
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Wo ich wurde, was ich bin
Motivation und
Erfahrungen von
Ehemaligen AustauschStudierenden
den ergaben und welche Vorteile sie
sich in der Zukunft davon erhoffen.
Ziel ist es, einen persönlichen Einblick
in das Thema „Auslandsaufenthalt“ zu
erhalten und die wegweisende Persönlichkeitsfindung der Studierenden
mitzuerleben.
Ehemalige Stipendiat/innen gelten
gemeinhin als die besten Multiplikatoren für Austauschprogramme.
Ihre Erfahrungen, Berichte und Fotos
sind für Studierende nicht selten ein
erster Anreiz, sich mit dem Thema
Auslandsaufenthalt auseinanderzusetzen, verschiedene Möglichkeiten
auszuloten und konkret für sich in Betracht zu ziehen.
Bei der Erstellung und Konzeption
wurde einerseits darauf Wert gelegt, Studierende aller Studiengänge mit ihren individuellen Ansichten
zu Wort kommen zu lassen. Andererseits wurde darauf geachtet, mit
den Porträts das gesamte Spektrum
an möglichen Auslandsaufenthalten abzubilden, angefangen vom
DAAD-finanzierten Sprachkurs über
Studienaufenthalte im Rahmen des
Erasmus-Programms in Europa, bis
hin zu Austauschprogrammen mit
Partnerhochschulen in Übersee und
stipendienfinanzierten Praktika im
Ausland.
Dieses unschätzbare Potential wurde
gezielt als Teaser eingesetzt, indem
ehemalige Stipendiat/innen und Programmteilnehmer/innen in einer
emotional ansprechenden Broschüre
porträtiert und somit als konkrete lebensnahe Vorbilder vorgestellt werden.
Das Porträt der ehemaligen Stipendiat/inn/en zeigt deren persönliches
Motto sowie einige Eckdaten zu der
jeweils besuchten Partnerhochschule
und dem Austauschprogramm. Daneben wird in einem essayistisch gehaltenen Begleittext unter anderem ausgeführt, welche Gründe für die Teilnahme an dem Austauschprogramm
ausschlaggebend waren, welche persönlichen Veränderungen sich durch
die Zeit im Ausland für die Studieren-
Auf den folgenden Seiten finden Sie
exemplarisch die Portraits der folgenden Personen:
Franz von Weizsäcker
Florian Bennhold
Nadja Wisniewski
Heide Friedrich
Sie wurden 2005 im Rahmen des
Projekts GOout! interviewt.
17
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Übersee > Chile
Studium in Santiago de Chile
„Persönlich
habe ich mich
in der Fremde Dingen
geöffnet, die ich
vorher abgelehnt
hatte,
z.B. Yoga,
Technoparties und
zeitgenössischer Tanz.“
Franz von Weizsäcker
Deutsche Gesellschaft für
internationale Zusammenarbeit (GIZ)
GmbH, German-Palestinian Business
Linkages
Welche Gründe waren für den Auslandsaufenthalt ausschlaggebend?
In einer Lebensphase, in der man
gerne die Fühler immer weiter ausstreckt, kam der Reisekatalog der TU
Berlin, d.h. die zahlreichen Angebote
des Auslandsamtes, sehr passend.
Ausgehend von den fachlichen Angeboten der Partneruniversitäten habe
ich mich auch über die Lebensumstände im Gastland informiert. So ist
die Wahl auf die Pontificia Universidad Católica in Santiago de Chile gefallen.
Gibt es ein Erlebnis während Ihres
Aufenthaltes, an das Sie sich
besonders gerne erinnern?
Die Leichtigkeit des Seins, als der
Knoten der Sprachbarriere bei mir geplatzt war.
Was haben Sie – in fachlicher und/
oder in persönlicher Hinsicht – aus
diesem Auslandsjahr mitgenommen?
Fachlich habe ich die Herausforderungen von Informatik in der Entwick-
18
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
lungszusammenarbeit kennengelernt.
Persönlich habe ich mich in der Fremde Dingen geöffnet, die ich vorher
strikt abgelehnt hatte, z.B. Technoparties, Yoga und zeitgenössischer Tanz.
weise hätte mir der Aufenthalt noch
mehr gebracht, wenn ich mich für
eine wirklich solide sprachliche Vorbildung engagiert hätte, z.B. durch ein
Semesterferien-Sprachkurs in einem
spanischsprachigen Land.
Inwiefern blicken Sie nun anders
auf das Gastland und/oder auch auf
Deutschland?
Beim Aufenthalt: Sobald du angekommen bist, suche dir einen guten
Freund, der aus dem Gastland kommt,
mit dem du dich auf Augenhöhe unterhalten kannst. Das eröffnet neue
Welten jenseits der ERASMUS-Parties.
Vieles an Deutschland habe ich erst
schätzen gelernt, als ich es von außen
wahrgenommen
habe.
Freiheit,
Rechts- und Sozialstaat, Bildungsniveau, Gründlichkeit und Pünktlichkeit,
Kritikfähigkeit und so weiter. Ich möchte mir nicht anmaßen, das Gastland
nun wirklich zu verstehen. Es hat mir
jedenfalls für einige neue Sichtweisen
die Augen geöffnet. Gottvertrauen
(todo saldra bien – alles wird gut), den
Blick fürs Ganze statt sich in Details zu
verlieren, Entscheidungsfreude in unklaren Situationen und insgesamt ein
bißchen geistige Biegsamkeit, sich in
andere Weltbilder hineinzuversetzen.
Was würden Sie anders machen und
welche Empfehlungen haben Sie für
die jetzigen Studenten?
Weitere Infos
•Programm: Übersee - Lateinamerika (TU Berlin)
•Gasthochschule: Pontificia Universidad Católica de Santiago de Chile
•Dauer: 2001 - 2002
•Studiengang: Informatik
Weitere Auslandsaufenthalte:
•2005 Streetfootball in Brasilien im
Rahmen von ASA
Meine Empfehlung für die jetzigen
Studenten: Vor dem Aufenthalt: Die
Fühler auszustrecken ist eine Investition in die persönliche Zukunft. Denke
nicht an den Verlust sondern an den
Gewinn und arbeite dafür. Beispiels-
19
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Doppelabschluss > Frankreich
Doppelabschluss in Paris
„Das Wichtigste,
was ich von
meinem Aufenthalt
mitgenommen habe,
sind Freunde
und Bekannte aus ganz
Europa und der Welt.“
Florian Bennhold
VP Business Development Symbior
Energy Limited Hongkong Welche Gründe waren für den Auslandsaufenthalt ausschlaggebend?
Die Reiselust und die Sehnsucht nach
der Ferne haben mich schon sehr früh
gepackt. Zuerst war es das Segeln,
dass mich in die Ferne hat schweifen
lassen. Im Alter von 16 Jahren bin ich
im Rahmen des HighSeasHighSchool
Programms für sieben Monate auf
dem Traditionssegler „Thor Heyerdahl“ unter anderem auf den Kapverdischen Inseln, in Brasilien, Kuba und
auf den Azoren vor Anker gegangen.
Schon während meines ersten Jahres
an der TU habe ich mich über die vielfältigen Möglichkeiten des Studiums
in Europa informiert. Ich wollte nicht
länger als bis nach meinem Vordiplom warten! Mein erster Gedanke
war selbstverständlich Erasmus, aber
schon sehr früh habe ich von dem
Doppeldiplomprogramm TIME an der
Ecole Centrale Paris gehört und war
sofort hell begeistert.
Gibt es ein Erlebnis während Ihres
Aufenthaltes, an das Sie sich
besonders gerne erinnern?
Zwei Jahre sind zwar eine lange Zeit,
aber im Nachhinein kann ich es mir
fast gar nicht vorstellen, schon nach
20
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
einem Jahr oder sogar sechs Monaten
wieder nach Berlin zurückgekehrt zu
sein. Besonders, wenn man die Landessprache nicht perfekt beherrscht,
können die ersten drei bis sechs
Monate sehr anstrengend sein und
erst nach dieser Eingewöhnungszeit
kann man meiner Erfahrung nach die
Früchte seiner Arbeit, dann aber um
so mehr, genießen. Ein Grund mehr,
nicht nur ein Semester zu bleiben!
sich früh und umfassend zu informieren. Es lohnt sich, nicht nur im Auslandsamt, sondern auch an anderen
Stellen Informationen zu sammeln
und mit Ehemaligen über ihre Erfahrungen zu sprechen. Ich rate außerdem allen, keine Angst vor langen
Aufenthalten (ein oder zwei Jahre) zu
haben, viele meiner Freunde haben
es im Nachhinein bereut, nicht länger
bleiben zu können.
Was haben Sie – in fachlicher und/
oder in persönlicher Hinsicht – aus
diesem Auslandsjahr mitgenommen?
Weitere Infos
Ein großer Vorteil im Vergleich zu vielen anderen Austauschprogrammen
ist, dass TIME zu einem zweiten Diplom führt, was mir bei meiner Jobsuche sehr vorteilhaft war. Das Wichtigste, was ich von meinem Aufenthalt in
Frankreich mitgenommen habe, sind
allerdings die Freunde und Bekannte
aus ganz Europa und der Welt, mit
denen ich am Seineufer nach Klausuren Wein getrunken habe und die nun
ihrerseits ihre Karriere zuhause oder
im Ausland aufbauen.
•Gasthochschule: Ecole Centrale
Paris
•Programm: Doppelabschluß
(TU Berlin)
•Dauer: Oktober 2002 - Juni 2004
•Studiengang: Physikalische
Ingenieurswissenschaft
Weitere Auslandsaufenthalte
•2005 Praktikum bei ALTEC,
Air Liquide SA (Paris)
•2005/06 Diplomand an der Yale
University (USA)
Was würden Sie anders machen und
welche Empfehlungen haben Sie für
die jetzigen Studenten?
Der wichtigste Hinweis für alle, die
auch ein besonderes Erlebnis für
einen Auslandsaufenthalt suchen, ist,
21
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
TASSEP > USA
Studium in Austin
„Ich bin
selbstbewusster,
offener
und
gelassener geworden.“
Nadja Wisniewski
Leitung, One-Stop Office of the Berlin
Mathematical School
Welche Gründe waren für den Auslandsaufenthalt ausschlaggebend?
Neugier! Neugier mal etwas anderes
zu sehen und zu erleben als Deutschland. Ich war in meinem ersten Semester bei einer Info-Veranstaltung, bei
der ein Student begeistert von seinen
Auslandserfahrungen berichtet hat.
Danach stand für mich fest, dass ich
auch ein Jahr im Ausland studieren
will.
Was haben Sie – in fachlicher und/
oder in persönlicher Hinsicht – aus
diesem Auslandsjahr
mitgenommen?
Fachlich haben die beiden Auslandsaufenthalte dazu geführt, dass
ich meinen Studiengang gewechselt
habe. Ich habe während der Zeit im
Ausland erkannt, dass Lehrerin nicht
der richtige Beruf für mich gewesen
wäre und bin zum Diplom-Studiengang Mathematik gewechselt. Durch
die Auslandsaufenthalte hatte ich erst
die Möglichkeit, meine Karriere zu
starten, die Stellen bei der FulbrightKommission und auch im Auslandsamt in Mannheim hätte ich ohne die
Auslandserfahrung nicht machen
können. Persönlich haben mich die
Aufenthalte in Irland und Texas sehr
22
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
geprägt. Ich bin selbstbewusster,
offener und gelassener geworden.
Standpunkte haben sich relativiert.
Man lernt eine ganze Menge über
sich selbst und die eigenen kulturellen
Wurzeln, von denen man vorher gar
nicht wusste oder dachte, dass man
sie hätte.
Gibt es ein Erlebnis während Ihres
Aufenthaltes, an das Sie sich
besonders gerne erinnern?
Ein Gewitter in Texas, das bei rund
40°C die Luftfeuchtigkeit lediglich
erhöhte, aber nichts abkühlte und
währenddessen wir einen sehr improvisierten Regentanz aufführten. Oder
der Professor, der für uns alle beim
„Open End Exam“, das um 14 Uhr begann, um 18 Uhr Pizza bestellte oder
mein Professor in Dublin, der seine
Studenten ins Pub eingeladen hatte
und uns alle unter den Tisch trank.
Inwiefern blicken Sie nun anders
auf das Gastland und/oder auch auf
Deutschland?
Ich blicke anders auf alle drei:
Deutschland, Irland und die USA. Man
fährt hin mit dem Blick von außen, mit
einem Bild, das sich aus dem zusammensetzt, was man so mitnimmt aus
den Nachrichten oder Fernseh- und
Kinofilmen. Dann kommt man an, und
es ist erstmal anders als gewohnt bzw.
gedacht. Man lernt, dass es andere
Werte gibt, hinterfragt die eigenen
Werte und wird toleranter.
Was würden Sie anders machen und
welche Empfehlungen haben Sie für
die jetzigen Studenten?
Ich würde wohl versuchen, in Länder zu gehen, in denen verschiedene
Sprachen gesprochen werden, damit
ich zwei Fremdsprachen fließend
sprechen könnte. Die jetzigen Studenten möchte ich ermutigen, auf alle
Fälle ins Ausland zu gehen! Die Welt
ist so groß, und man hat nur so wenig
Zeit, sie zu sehen. Und es ist einfach
spannend, andere Länder und Sitten
kennenzulernen. So einfach wie im
Studium wird es nie wieder!
Weitere Infos
•Programm: Übersee - TASSEP
(TU Berlin)
•Gasthochschule: University of
Texas, Austin
•Dauer: September 1998 - Juni 1999
•Studiengang: Chemie/Mathematik
(Lehramt); Mathe - Diplom
Weitere Auslandsaufenthalte:
•1995/96 Erasmus-Aufenthalt am
Trinity College Dublin
23
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Übersee > Australien
Studium in Melbourne
„Je mehr man sich der
Welt öffnet, desto
mehr öffnet sie sich
einem! “
Heide Friedrich
Dozentin im Bauingenieurwesen,
The University of Auckland
Welche Gründe waren für den Auslandsaufenthalt ausschlaggebend?
Im Wesentlichen war die Sehnsucht,
die Welt kennenzulernen, ausschlaggebend. Ich bin in einem kleinen
Dorf in Sachsen aufgewachsen und
am Ende der Schulzeit kam für mich
nur Berlin in Frage. Schon am Anfang
meines Studiums war mir klar, dass
ich einen Auslandsaufenthalt einlegen wollte, z.B. in den USA – England
war mir nicht weit genug weg. Ich
hatte mich daher für ein Fulbright
Stipendium und ein neues Austauschprogramm mit Australien beworben.
Während meines Bewerbungsgesprächs mit Fulbright wurde ich gefragt, ob ich auch nach Australien
gehen würde, wenn Fulbright nicht
klappt – meine Antwort: „hell ya!“
Gibt es ein Erlebnis während
Ihres Aufenthaltes, an das Sie sich
besondere gerne erinnern?
Das gesamte Jahr war einfach fantastisch. Ich würde meine Roadtrips
quer durch Australien als ein Erlebnis
erwähnen. Ich hatte mir einen alten
Ford Station Wagon gekauft und bin
damit in den Semesterferien durch
ganz Australien gefahren. Über 1000
km an einem Tag fahren, und die
24
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Natur ändert sich nicht ein bisschen,
unter freiem Himmel schlafen und unzählige Flüsse durchqueren. So viele
Erlebnisse, es ist unmöglich, diese in
ein paar Zeilen zusammenzufassen.
Was haben Sie – in fachlicher und/
oder in persönlicher Hinsicht – aus
diesem Auslandsjahr mitgenommen?
Ich habe noch enge Freunde in Australien und wenn es mich nicht nach
Neuseeland geführt hätte, könnte
ich mir auch vorstellen, in Australien zu leben. Bei meiner Rückkehr
nach Deutschland habe ich sehr
die Freundlichkeit der Menschen in
Australien vermisst. Dort ist das Leben
einfach relaxter und erholsamer.
Aus fachlicher Hinsicht habe ich viel
Selbstvertrauen mitgenommen. Ein
Studium zu absolvieren bedeutet
nicht, alle Formeln auswendig zu lernen, sondern dass man weiß, wie man
Probleme löst. Zum Beispiel sind Baunormen überall verschieden. Somit
nützt es nicht, wenn man Definitionen
lernt. Aber es hilft zu wissen, wo man
Informationen herbekommt und wie
man diese am besten nutzt.
Was würden Sie anders machen und
welche Empfehlungen haben Sie für
die jetzigen Studenten?
In persönlicher Hinsicht hat es mich
zu einem Weltbürger gemacht. Erfahrungen, die man weit weg von seiner
‚comfort zone’ macht, sind aus meiner Sicht sehr wertvoll. Je mehr man
sich der Welt öffnet, desto mehr öffnet sie sich dir! Und dies hat mir enge
Freundschaften und wichtige Erlebnisse gebracht.
Weitere Infos
Inwiefern blicken Sie nun anders
auf das Gastland und/oder auch auf
Deutschland?
Weitere Auslandsaufenthalte
Australien wird immer einen besonderen Platz in meinem Leben haben.
Ich würde nichts anders machen. Ich
empfehle jedem, über den Horizont
zu schauen, sich neuen Herausforderungen zu stellen und mit offenen
Augen und Ohren durch das Leben zu
gehen.
•Programm: Übersee - Australien/
Neuseeland (TU-Berlin)
•Gasthochschule:
University of Melbourne, Parkville
•Dauer: 1999 - 2000
•Studiengang: Bauingenieurwesen
•2001/02 Trainee (Taiwan)
•2003 Doktorandenstudium
(Neuseeland)
25
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
AustauschStudierende an der TU
Motivation und
Erfahrungen von
Studierenden
aus Aller Welt
Ehemalige Austauschstudierende, die
an der TU studiert haben, erzählen
von ihren Erfahrungen.
Lu YANG, Tongji University, China an
der TU im SS 2011
I’m from Shanghai and it was my first
time to stay in Europe for a long time.
At the beginning it was a little bit difficult for me because of the German
language. But the language course […]
in TU Berlin really helped me a lot. […]
Now I really love this language. Thanks
to this exchange program of TU Berlin
I learned so much about European
culture. The Buddy Program offered
us the chance to meet so many lovely
foreign and German friends. I really
appreciate TU Berlin giving me a wonderful exchange experience. I would
never regret to have chosen TU Berlin.
Michelle Pederson, University of
Minnesota, USA an der TU im WS
2011/12
The exchange program at TU Berlin
has been a life changing experience
for me. I experienced a new culture in
26
a unique and modern European city
with a rich history. TU Berlin gave me
an opportunity to improve my German through „Deutsch als Fremdsprache“ classes and helped me create an
international friend base that carried
through my exchange year. I was also
able to take different courses relevant
to my degree from my home university. With learning and living in a different culture and meeting all of my
friends from around the world it has
been the most wonderful experience
of my life.
Samuel Houston, University of
Queensland, Australien an der TU im
WS 2011/12
Spending a semester at the Technical
University of Berlin has been one of
my life‘s highlights! The culturally diverse atmosphere that I felt a part of,
as well as the dedicated, professional
staff at the university helped me thrive while exploring the city of Berlin in
my spare time. I‘d thoroughly recommend an exchange here for anyone,
whatever they study!
Jesus Velazquez, UNAM, Mexico an
der TU im WS 2010/11
What i liked the most is the unique
atmosphere of Berlin, very different
from the other European cities and
the chance to get in touch with people from around the world.
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Siegergruppe bei der Rallye 2006
Studierende und das AAA an der TU Berlin
27
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Eindrücke von Austauschstudierenden
aus Europa an der TU Berlin
Die Beste zeit meines
Lebens
„Ich habe die beste Zeit meines Lebens in Berlin gehabt und
werde bestimmt irgendwann zurückkehren. Berlin, ich liebe dich!
(Hilmar)
„Mein Semester hier war eine spannende Erfahrung. Ich mag Berlin, ich mag die TU. Das war toll.“
(Thomas)
„Danke vielmals für das Möglichmachen dieser großartigen Erfahrung.
Nicht nur die Tatsache, daß ich auf
Deutsch schreiben kann ist cool,
aber eigentlich ist es nur ein kleiner
Teil, von dem, was ich gelernt habe.“
(Lotte)
„‚Das Schönste am Studium ist das
Auslandsstudium.‘ - Es stimmt!“ (Desi)
„Das Erasmus-Studium ist der beste
Moment in unserem Studium!“
(Maria)
„Das Beste war: viele Leute von überall her treffen, neue Kulturen kennenlernen und die Stadt genießen.“
(Aleksi)
28
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Aus dem Gästebuch des Incoming-Büros
29
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Erfahrungen von Professoren
Interviews mit
Hochschulprofessoren,
die Austauschprogramme
betreuten
Studierende sind Botschafter
unserer Universität Wie Hochschullehrer einen
Auslandsaufenthalt bewerten und
was sie anbieten können
Die Professoren Prof. Dr.-Ing. Hein
Auracher, Fakultät III, Prozesswissenschaften, Institut für Energietechnik,
Prof. Dr. Udo Simon, Fakultät II, Mathematik und Naturwissenschaften,
Arbeitsgruppe Geometrie und Mathematische Physik und Prof. Dr. Volker
Trommsdorff, Fakultät VIII, Wirtschaft
und Management, Institut für Betriebswirtschaftslehre, Lehrstuhl Marketing sprechen über Auslandsaufenthalte für Studierende.
Wie wirkt sich aus Ihrer Sicht als
Hochschullehrer eine solche Auslandserfahrung für die Studierenden aus, nicht nur im Hinblick auf
das spätere Berufsleben, sondern
schon während des Studiums?
Udo Simon: Ich sehe Auslandserfahrungen unter mehreren Aspekten
sehr positiv: Bereits die Planung eines
Auslandsaufenthalts wirkt sich positiv auf den Studienverlauf aus: Die
30
Zwischenprüfungen werden zielstrebig abgelegt, die Initiative wird herausgefordert. Der Aufenthalt selbst
bringt eine hohe Kompetenz in einer
Fremdsprache, die Erfahrung einer
anderen Studien- und Lebenskultur
sowie einen Zugewinn an Flexibilität,
sozialer Kompetenz und Lebenserfahrung in einem neuen Umfeld; eine
Folge sind bessere Bewerbungschancen beim Berufseinstieg und -aufstieg
und auch eine Bereicherung des persönlichen Lebens. Fast alle Studierenden beurteilen ihren Auslandsaufenthalt bei Rückkehr sehr positiv.
Hein Auracher: Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung mit Studierenden,
die ein Auslandsstudium absolvierten,
kann ich ohne Einschränkung sagen,
dass sich dies sowohl im Hinblick auf
die Persönlichkeitsentwicklung als
auch auf die fachliche Kompetenz sehr
positiv auswirkt. Studierende, die ein
Auslandsstudium absolviert haben,
sind reifer, selbstbewusster und zielstrebiger. In fachlicher Hinsicht können sie die Vor- und Nachteile der
Ausbildungsphilosophie an deutschen
Universitäten besser einordnen. Zumeist kommen sie durch Vergleich
zum Schluss, dass unser heimisches
System viele Vorteile bietet, die diejenigen ohne Auslandsstudium nicht
erkennen und würdigen. Studierende
mit Auslandsstudium kommen daher
in der Regel mit einer höheren Motivation zurück. Man sollte ein sechsoder zwölfmonatiges Auslandsstudium zur Pflicht machen.
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Volker Trommsdorff: Einer der großen
Vorteile ist, dass die Studierenden
schon bei der Vorbereitung auf das
Auslandsstudium Ziele für ihr weiteres Studium sowie für das spätere Berufsleben bestimmen. Natürlich wird
auch die persönliche Entwicklung positiv beeinflusst. Nach einem solchen
Auslandsaufenthalt wissen junge
Menschen, dass sie neue Situationen
in einer ungewohnten Umgebung
meistern können. Wichtig sind zudem
die Erfahrungen der Zusammenarbeit
mit Studierenden und dem Lehrpersonal in einer anderen akademischen
Umgebung. Nicht zuletzt sind auch
neue kulturelle Erfahrungen von großer und für die jetzigen Studierenden
sogar von wachsender Bedeutung,
vor allem für das spätere Berufsleben.
Unsere Partneruniversitäten sind exklusiv ausgesuchte Institute, und die
Studienbedingungen dort sind sehr
gut.
gens vorbildliche Arbeit; das ist auch
bei Drittmittelgebern und an Partnerhochschulen wohl bekannt.
Wie sollte die TU Berlin bzw. das
Akademische Auslandsamt Sie
dabei unterstützen, dass Sie ein
Auslandsstudium anbieten können?
Was können Sie Studierenden in
Ihrem Fachgebiet bzw. Verantwortungsbereich anbieten?
Udo Simon: Bei der umfassenden Betreuung der Austauschstudierenden
(TU-Studierende und Gäste), der Erschließung von Finanzierungsquellen
und neuer Programme, bei den Kontakten mit den International Offices
der Partner und der formalen Abwicklung der finanziellen Unterstützungen. Das Akademische Auslandsamt
der TU Berlin leistet hier bisher trotz
knapper personeller Besetzung übri-
Hein Auracher: Die Unterstützung
durch das Akademische Auslandsamt
ist ausgezeichnet und sollte im Interesse der Studierenden unbedingt
beibehalten oder besser ausgebaut
werden.
Volker Trommsdorff: Die Zusammenarbeit mit dem Akademischen Auslandsamt ist ausgezeichnet. Es übernimmt viele organisatorische Aufgaben, was uns nicht nur sehr entlastet,
sondern auch motiviert. Um diese
weitreichenden administrativen Aufgaben bewältigen zu können, muss
das AAA natürlich auch entsprechend
ausgestattet sein, damit sich die Lehrstühle voll auf die akademische Betreuung eines Austauschprogramms
konzentrieren können.
Udo Simon: Das Mathematische Institut hat etwa je 20 Partnerhochschulen im Rahmen der SokratesErasmus- Programme und in den USA
(im Rahmen eigener Verträge mit Departments oder von TU-Verträgen mit
Partnerhochschulen). Dabei spielt seit
etwa zehn Jahren der Austausch mit
der Emory-University in Atlanta eine
herausragende Rolle; zurzeit studieren dort sieben TU-Studierende als
Graduierte in Masters- oder PhD-Pro-
31
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
grammen. Aber auch andere Aufenthalte, etwa an der Peking University,
können wir vermitteln.
Hein Auracher: Ich biete den Studierenden in meinem Fachgebiet die Vermittlung von Auslandsstudien an 15
Universitäten in Europa sowie an weiteren Universitäten in den USA und in
Neuseeland an.
Volker Trommsdorff: In meinem Fachgebiet kann ich folgende Kooperationen und Austausche anbieten: einen
Auslandsaufenthalt an der Dublin City
University/Irland mit dem Studienschwerpunkt Marketing, Austauschprogramme mit der London City
University Business School, mit der
Perdue School of Business (University of Maryland, Salisbury, USA), mit
der Wirtschaftsuniversität BKAE (Budapest), der Istanbul Teknik Üniversitesi ITÜ sowie der Tongji-Universität
Shanghai. Besonders stolz sind wir
außerdem auf unser Doppeldiplomprogramm mit der Ecole Supérieure
de Commerce Toulouse (ESC). Wir
fördern aber auch andere Austauschvorhaben nach genauer Prüfung, insbesondere Angebote im Rahmen des
Europäischen
Austauschnetzwerks
„Sokrates“.
Welchen Tipp geben Sie
Studierenden, die sich fürs Ausland
interessieren?
Udo Simon: Wir bemühen uns, bereits
die Erstsemester sehr detailliert über
Austauschmöglichkeiten zu informie-
32
ren. Dann können die Studierenden
langfristig planen. Meine Empfehlung:
rechtzeitige Planung (etwa zwei Jahre
im Voraus), Erwerb von Sprachkompetenz, Absprache des Auslandsstudiums mit den zuständigen Prüfungsobleuten vor Antritt des Auslandsaufenthaltes. Bei Graduierten bestehen
Möglichkeiten, Masters, Diplom oder
Promotion im Sandwich-Verfahren
abzulegen.
Hein Auracher: Studierende sollten
rechtzeitig - und zwar noch in den letzten Semestern im Grundstudium - mit
der Planung ihres Auslandsstudiums
beginnen. Informationsmaterial erhält man im Akademischen Auslandsamt. Werden weitere Informationen
gewünscht, so empfehle ich, sich mit
dem zuständigen Hochschullehrer
oder dessen Assistentinnen und Assistenten zu unterhalten. [...]
Volker Trommsdorff: Neben der fachlichen Qualifikation sind Engagement
und eine Portion Neugier auf das
Leben im Gastland notwendig. Studierende der TU Berlin sollten sich außerdem bewusst sein, dass sie immer
auch Botschafter unserer Universität
sind. Sie sollten darauf achten, dass
sie ein positives Bild von sich, ihrer
Heimatuniversität und nicht zuletzt
von Berlin vermitteln.
TU Intern, Nr. 6, Juni 2003
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Foto von Gerit Nymschefski - Alberta, Kanada
Foto von Claudia Jung - Durham, England
33
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Projekte des Akademischen
Auslandsamtes der TU Berlin
GOout! Die „Internationale Woche“
Neben individuellen Beratungen bei
den Auslandsstudienberater/innen
führt das Akademische Auslandsamt
seit mehreren Jahren regelmäßig
länderspezifische
Informationsveranstaltungen zum Thema Studium
im Ausland durch, in denen die Partnerhochschulen der TU Berlin und
Studiensysteme in den einzelnen Ländern vorgestellt werden, auf relevante Stipendienprogramme verwiesen
sowie das Bewerbungs- und Auswahlverfahren erläutert wird. Zusätzlich
kommen ehemalige Stipendiaten der
Austauschprogramme zu Wort und
stehen ihren Kommiliton/innen Rede
und Antwort. Interessierte Studierende erhalten hier aus erster Hand die
Informationen und Antworten, die sie
suchen und die ihnen bei der Vorbereitung eines Auslandsaufenthaltes
behilflich sind.
Um eine größere Aufmerksamkeit für
diese von den Studierenden als sehr
hilfreich empfundenen Veranstaltungen zu erlangen, wurden diese Veranstaltungen im Mai 2010 im Rahmen
einer Internationalen Woche erstmals
gebündelt angeboten. Eingebunden
wurden neben dem Akademischen
Auslandsamt auch TU interne Partnereinrichtungen wie AIESEC und IAESTE,
die Zentraleinrichtung Moderne Sprachen sowie der Career Service mit sei-
34
nem Angebot ERASMUS Placement.
Externe Referenten stellten zudem
Stipendienmöglichkeiten u.a. des
DAAD vor. 2013 wird eine Wiederholung der Internationalen Woche, die
auf große Resonanz stieß, stattfinden.
GOout! - Informationssession
„Studieren weltweit“
Noch immer zieht jedoch ein Großteil der Studierenden insbesondere
der natur- und ingenieurswissenschaftlichen Studiengänge einen Auslandsaufenthalt aus den verschiedenen Gründen für sich gar nicht in Erwägung und findet daher auch nicht
den Weg zu den Informationsangeboten und –veranstaltungen des Auslandsamtes.
Doch angesichts der kürzeren Studiendauer und der gestrafften Curricula in den neuen Bachelor- und Masterstudiengängen ist es notwendig,
auch diese Studierende schon früh,
nämlich zu Beginn ihres Studiums zu
erreichen und über die Vorteile eines
Studien- oder Praktikumsaufenthaltes im Ausland zu informieren. Daher
bietet das Auslandsamt seit mehreren
Jahren bereits im Rahmen der Orientierungstage, die von den Fakultäten
für Erstsemester bzw. für Studierende
zu Beginn des Masterstudiums organisiert werden, eine kurze Informations-
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Auszug aus dem Programm der Internationalen Woche 2010
35
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
session zu dem Thema Studium und
Praktikum im Ausland an.
Das Buddy-Programm
„Endlich wieder Schwedisch
sprechen“ - „Buddies“ helfen
Austauschstudierenden, in die Uni
einzusteigen
„Das Wichtigste ist meist die Wohnung beziehungsweise der Platz im
Wohnheim“, sagt Sylvain Rocher. Die
Probleme der französischen Austauschstudentin Magalie Fischer aus
dem Elsass kennt er gut. Er ist Architekturstudent und hilft Magalie über
die ersten Schwierigkeiten im neuen
Land hinweg, hat sie vom Flughafen
abgeholt, die Wohnungsschlüssel geholt, erledigt eventuelle Behördengänge mit ihr und zeigt ihr die wichtigsten Anlaufpunkte in der Uni. Sylvain
Rocher ist Magalies „Buddy“.
Das Buddy-Programm wird seit rund
zehn Jahren vom Akademischen Auslandsamt organisiert, um den ausländischen Austauschstudierenden
den Einstieg in die Uni zu erleichtern.
Die Studierenden aus Übersee und
Südeuropa wünschen sich fast alle
einen „Buddy“, während die Nordeuropäerinnen und -europäer meistens
selbstständiger sind. Beatrice Vinci
vom Akademischen Auslandsamt erklärt sich das so: „Die Studierenden
aus Südeuropa haben ein größeres Sicherheitsbedürfnis. Die Tradition, für
36
einige Zeit ins Ausland zu gehen, ist
dort auch noch viel jünger.“
Die Buddies brauchen viel Idealismus,
denn das Engagement ist unbezahlt.
Doch die Hilfsbereitschaft speist sich
meist aus einer ganz bestimmten Erfahrung: „Ich war selbst Erasmus-Student im spanischen Sevilla“, erzählt
Sylvain Rocher. „Ich hatte dort eine
wunderbare Zeit und alles war für
mich organisiert. Da wollte ich auch
helfen, dass sich Austauschstudierende bei uns willkommen fühlen.“ Inzwischen hat er Magalie auch schon zu
Konzerten mitgenommen und führt
sie in die Buddy-Runde ein.
Auch Nadine Griesche hat gute Erfahrungen im Ausland gemacht. Sie war
2003 in Schweden. „Dort gab es ein
so genanntes Mentorenprogramm,
das ebenfalls von Studierenden getragen wurde. Als ich zurückkam, wollte
ich auch etwas tun und stieß auf das
Buddy-Programm.“ Ihr Lohn ist die
Freude, mit ihren Buddies mal wieder Schwedisch sprechen zu können.
Fünf Austauschstudierende hat sie
schon betreut. Eva, die dieses Semester an der TU Berlin startet, ist ihre
sechste. „Natürlich kann jeder, der
sich engagieren möchte, ein Wunschherkunftsland angeben, oder zum
Beispiel auch das Studienfach, was
wir nach Möglichkeit berücksichtigen. Bisher konnten wir aber noch
immer alle Leute so zusammenführen, dass sie zufrieden waren“, sagt
Beatrice Vinci. Im WS 2011/12 kamen
rekordverdächtige 400 Austauschstudierende aus 30 Ländern an die TU
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Flyer des Buddy-Programms
Austauschstudierende bei gemeinsamen Aktivitäten
37
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Berlin. Deshalb sucht das Auslandsamt auch kontinuierlich Studierende,
die sich als Buddies engagieren möchten. „Mit steigender Anzahl von Austauschstudierenden weitet sich das
Programm natürlich immer mehr
aus“, freut sich Dr. Carola Beckmeier,
Leiterin des Akademischen Auslandsamtes. Sie sagt das auch mit einem
weinenden Auge, denn zusätzliche
Finanzmittel gibt es nicht. „Wir bleiben auf gute Ideen und Sponsoren
angewiesen.“ Ein Sommerfest und
eine Weihnachtsfeier sollen, neben
dem persönlichen Gewinn durch den
kulturellen Austausch und eventuell
neu gewonnene Freundschaften, die
Buddies wenigstens etwas für ihren
Einsatz entschädigen.
Einführungsveranstaltungen/Rallye
Regelmäßig finden für die Austauschstudierenden aus Übersee und Europa, die an der TU Berlin studieren Einführungsveranstaltungen statt. Den
Studierenden werden dabei wichtige
Informationen zu ihrem Studium und
zum Campusleben an der TU Berlin
mitgeteilt. Für ein offenes und freundliches Willkommen sind diese Veranstaltung überaus wichtig, da sie nicht
nur nützliche Einblicke vermitteln,
sondern den Studierenden auch die
Möglichkeit geben, schnell Anschluss
und Freundschaften zu finden.
Patricia Pätzold
TU intern, Mai 2006
Das Incomings-Team des AAA
38
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Informationsveranstaltung des Auslandsamts
Austauschstudierende im Gespräch
39
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Studienverlaufsmodelle
Mobilitätsfenster zum Abbau der
oben genannten Barrieren beitragen.
Die Ziele des BMBF sind hoch gesteckt:
Mindestens 50% der Studierenden
eines Jahrganges sollen zum Studium,
einem Praktikum oder Sprachkurs ins
Ausland gehen. Doch davon sind wir
in Deutschland momentan leider noch
recht weit entfernt. Nur einer von vier
Studierenden verbringt während des
Studiums eine Zeit im Ausland. Als
Mobilitätshemmnisse werden vor
allem Zeitverlust, Anerkennungsprobleme, Vereinbarkeit mit dem geplanten Studienablauf und mangelnde
organisatorische Unterstützung durch
die eigenen Hochschulen genannt.
Werfen wir einen Blick auf den Status
quo an der TU Berlin, kann zunächst
festgehalten werden, dass Studierende, die Informationen zu Partnerhochschulen, Austausch- und Stipendienprogrammen suchen, in der Regel
schnell fündig werden. Neben den
programmverantwortlichen
Hochschullehrern, den Auslandsbeaufragten der Fakultäten und den Prüfungsobmännern stehen den Studierenden
nicht zuletzt auch die Mitarbeiter des
Akademische Auslandsamtes mit Rat
und Tat zu Seite.
Einen Ausweg stellen zum einen fest
integrierte Auslandsmodule in den
Bachelor- und Masterprogrammen
dar, angefangen von internationalen
Studien- bzw. Forschungsprojekten,
über Abschlussarbeiten im Ausland
bis hin zu Dual Degree Programmen.
Zum anderen können sogenannte
In 35 Dual Degree Programmen wird
zudem nicht nur die Anerkennung
der im Ausland erbrachten Leistungen im Detail geregelt, sondern auch
die einmalige Möglichkeit geschaffen,
innerhalb der Regelstudienzeit zwei
Abschlüsse zu erhalten, nämlich den
der TU Berlin und den der Partnerhochschule.
Was verbirgt sich hinter dem Begriff Mobilitätsfenster, der gute Aussichten
fürs Auslandsstudium verheißt? Unter Mobilitätsfenstern versteht man feste,
in den Studienordnungen verankerte Zeitfenster von ein bis zwei Semestern, in
denen weder semesterübergreifende Module noch Lehrveranstaltungen vorgesehen sind, die zwingend an der Heimathochschule absolviert werden müssen.
Derartige curriculare Freiräume können sowohl durch eine Konzentration der
Wahl- und Wahlpflichtveranstaltungen als auch durch ein breites Angebot an
Vertiefungs- oder Nebenfächern geschaffen werden. Sie bieten Studierenden
einerseits die Möglichkeit, den geplanten Auslandsaufenthalt ohne Zeitverlust
und individuelle Anpassungen der Studienverlaufsempfehlung in ihr Studium
zu integrieren. Andererseits eröffnen sie ihnen die Chance, die an einer ausländischen Hochschule erbrachten gleichwertigen Leistungen vollständig für das
Studium zu Hause anerkannt zu bekommen.
40
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Studienverlaufsplan
41
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Schwieriger ist es jedoch für Studierende, einen ein- bis zweisemestrigen Studienaufenthalt im Ausland im
Rahmen eines Austauschprogrammes
oder als Freemover zu planen: Bislang
nämlich sind sogenannte Mobilitätsfenster in den bestehenden Studienordnungen der TU Berlin leider kaum
vorgesehen. Große, semesterübergreifende und sich teilweise überlappende Module, vorgegebene Anmeldefristen für Abschlussarbeiten oder
auch prüfungsäquivalente Teilleistungen, die nach 12 Monaten verfallen,
erschweren zusätzlich die Planung
und Umsetzung eines Auslandsaufenthaltes.
Wie eine aktuelle Studie des Auslandsamtes belegt, gelingt es zwar
letztlich den meisten Austauschstudierenden, das Gros der im Ausland
besuchten Kurse anerkennen zu lassen – allerdings oftmals nur dank
Organisationstalent und diversen Absprachen mit Prüfungsausschüssen,
ERASMUS-Beauftragten, programmverantwortlichen Hochschullehrern
und Mitarbeitern des AAA. Nicht wenige nehmen eine Verlängerung ihres
Studiums in Kauf.
Soll die Mobilität der TU-Studierenden langfristig zunehmen, müssen
diese Hürden abgebaut und der
Schritt ins Ausland erleichtert werden
– im Idealfall durch die Festschreibung von Mobilitätsfenstern in den
Studienordnungen aller Bachelor- und
Masterprogramme - ein leider langwieriger Prozess.
42
Ein erster Schritt in diese Richtung
sind alternative Studienverlaufspläne,
die den Weg ins Ausland im Rahmen
der aktuell geltenden Studien- und
Prüfungsordnung ebnen: Mobilitätsfenster light als Orientierungshilfe.
Im Rahmen des vom BMBF geförderten Projektes GOout! saßen dafür Studiendekane, Referent/innen für Lehre
und Studium und Mitarbeiterinnen
des Akademischen Auslandsamtes an
einem Tisch. Ziel war es, die bestehenden Studienverlaufsempfehlungen einiger Bachelorstudiengänge so
zu überarbeiten, dass ein- bis zweisemestrige Auslandsaufenthalte problemlos in das Studium nach den aktuellen Studienordnungen integriert
werden können. Gemeinsam wurden geeignete Zeitfenster festgelegt,
Wahl- und Wahlpflichtveranstaltungen gebündelt und Lehrveranstaltungen identifiziert, die in der Regel problemlos anerkannt werden können.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Die im Rahmen des Projektes entwickelten alternativen Studienverlaufspläne sind in Form von Infosheets auf
der Homepage des AAA und der Fakultäten zu finden und signalisieren:
Dem Auslandsaufenthalt steht seitens der TU Berlin nichts im Weg!
Bei der Entwicklung von Studienverlaufsplänen für weitere Studiengänge
sind wir gerne behilflich.
Uta Kirchner
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Anerkennung des
Auslandsstudiums
Studien zum Mobilitätsverhalten
deutscher Studierender zeigen, dass
der Anteil der Studierenden mit studienbezogenen Auslandsaufenthalten
(Auslandsstudium, Praktika, Sprachkurs, Exkursion) durchschnittlich bei
ca. 25% liegt. Dabei nimmt das Auslandsstudium mit über 50% den größten Anteil der Auslandsaufenthalte
ein.
Was aber geschieht, wenn die Studierenden von ihrem Auslandsaufenthalt zurückkommen? Bleiben
eine schöne Zeit und das, was heute
gemeinhin als Auslands-Kompetenz
bezeichnet wird, sprich Fremdsprachenkenntnisse, Improvisationstalent und die Fähigkeit, in internationalen Teams zu arbeiten? Oder zahlt
sich das Studium auch in Schein und
Note aus?
In welchem Maße werden die im Ausland erbrachten Studienleistungen
als gleichwertig zum Studium an der
Heimatuniversität anerkannt? Mit
diesem Thema beschäftigte sich eine
aktuelle
Studierenden-Befragung
des Akademischen Auslandsamtes.
Ziel war eine Bestandsaufnahme der
derzeitigen Anerkennungspraktiken
an der TU Berlin. Dabei sollte insbesondere herausgefiltert werden, ob
die im Ausland erbrachten Studienleistungen als Pflicht-, Wahlpflicht
oder Wahlfach angerechnet wurden.
An der Befragung, die sich auf die
Jahrgänge von 2009/10 und 2010/11
bezieht, beteiligten sich 370 Studierende. Das entspricht einer Rücklaufquote von 55%. Das Fragenspektrum bezog sich auf die Darstellung
der im Ausland besuchten Lehrveranstaltungen, auf die Hilfestellung bei
der Zusammenstellung des Studienplans und die Art und Weise, wie nach
der Rückkehr die Anerkennung der
Studienleistungen an der TU-Berlin
erfolgte und ob das Auslandsstudium
zu einem Zeitverlust führte.
Die Mehrheit der Befragten (58%)
ging zwischen 7 – 12 Monate ins
Ausland. Der größte Anteil
der
Studierenden ist mittlerweile im
Bachelorstudium (45%) und sie
nehmen vorrangig im 5. – 6. Fachsemester ihren Auslandsaufenthalt
wahr.
Im Vordergrund stand natürlich die
Frage, in welchem Ausmaß die Anerkennung des Auslandsstudiums gewährt wurde. 81% gaben an, dass die
erfolgreich an der Partneruniversität
absolvierten Lehrveranstaltungen von
der TU Berlin anerkannt wurden.
Bei 28% der Fälle wurden die Studienleistungen als Pflichtfach angerechnet, bei 32% als Wahlpflichtfach
und bei 40% als Wahlfach (Schaubild 1,
S. 45).
Das ist also eine recht positive Bilanz,
sieht man einmal davon ab, dass die
Anerkennung hauptsächlich im Wahl-
43
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
und Wahlpflichtbereich stattfand. Als
Faktoren, die die Anerkennung behindern, wurden vor allem folgende drei
Punkte genannt:
• Unterschiede im Studiensystem und
Studienpensum; Lehrveranstaltungen
mit ähnlichem Inhalt sind an unterschiedlichen Universitäten zeitlich oft
nicht kompatibel (63%).
• Mangelhafte Vertrautheit der anerkennenden Stellen mit dem Lehrprogramm der Gastuniversität. Dies
bezieht sich insbesondere auf die
Lehrinhalte, Lernmethoden und die
Beurteilungspraxis an der Gasthochschule (54%).
• Organisatorische Schwierigkeiten.
Darunter fallen fehlende bzw. ungenaue Bescheinigung der absolvierten
Lehrveranstaltungen und Zulassungsbeschränkungen zu einzelnen Seminaren (18%).
Darüber hinaus sprachen die Studierenden eine Reihe von Hindernissen an, die bei der Anrechnung von
Auslandsstudienphasen eine Rolle
spielen. Dazu gehören weiterhin Qualitätsunterschiede in den Studienangeboten der Herkunfts- und Gasthochschule. Auch inhaltliche Diskrepanzen zwischen dem Studienschwerpunkt während des Auslandsaufenthaltes und dem Studienschwerpunkt,
der an der Heimatuniversität verlangt
wird, erschweren die Anerkennung
von Studienleistungen.
44
Außerdem können Diskrepanzen
zwischen der konkreten Zeitspanne
der Auslandsstudienphase einerseits
und den an der Gasthochschule üblichen Lern- und Prüfungsphasen andererseits zu Problemen führen.
Die Anerkennung und Anrechnung
der Studienleistungen spielen eine
sehr wichtige Rolle für die Qualität
von Auslandsstudienangeboten. Sie
beeinflussen maßgeblich die Teilnahme von Studierenden an Auslandsstudienprogrammen. 49% der
Befragten gab an, dass sich ihr Studium durch einen Auslandsaufenthalt
bis zu sechs Monaten verlängert hat
(Schaubild 2, S.45).
Um zu verhindern, dass Studienzeiten aufgrund nicht anerkannter
Leistungen im Ausland verlängert
werden, müssen weiterhin Maßnahmen vorangetrieben werden, die für
mehr Transparenz, bessere Dokumentation und eine Übersichtlichkeit
des Studienpensums sorgen. Dazu
gehören ebenso Mobilitätsfenster im
Studiengang wie Studienverlaufsmodelle, die Hinweise darüber geben,
wie Auslandsaufenthalte am besten
in den Studiengang integriert werden
können.
Dr. Carola Beckmeier
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Schaubild 1: Art der besuchten
Lehrveranstaltungen (LV)
LV im
Pflichtfach 28%
LV im Wahlfach 40%
LV im
Wahlpflichtfach 32%
Schaubild 2: Verlängerung des Studiums durch
einen Auslandsaufenthalt
Keine Verlängerung
34%
Bis zu 6 Monate
49 %
7 Monate und
mehr 17%
45
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Leitfaden Anerkennung
Das Recht der Studierenden
auf Anerkennung ausländischer
Studienleistungen
In den Anfängen der institutionalisierten Austauschprogramme, am
Beginn der 90er Jahre, zählte für die
Studierenden die Anerkennung von
Lehrveranstaltungen, die an einer
Partnerhochschule im Ausland absolviert wurden, noch nicht zu den wesentlichen Beweggründen für ihren
Austauschaufenthalt. Die Faszination
des anderen Landes, das Erlernen
einer fremden Sprache, die Erweiterung des eigenen Horizonts und die
Entwicklung der Persönlichkeit waren
zur Zeit der alten Diplom- und Magisterabschlüsse weitaus wichtiger als
Noten und Kreditpunkte.
Mit der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraums
und der Einführung der Bachelor- und
Masterstudiengänge im Zuge des Bologna-Prozesses hat sich dies grundlegend geändert. Für die gerade auch
von der Politik angestrebte erhöhte
Mobilität von Studierenden in Europa
ist, wie Studien belegen, die „Anerkennung von im Ausland erbrachten
Studien- und Prüfungsleistungen“ inzwischen ein wichtiger Einflussfaktor.
Mit der der sogenannten „LissabonKonvention“ (Übereinkommen über
die Anerkennung von Qualifikationen
im Hochschulbereich in der europä46
ischen Region) wurden im Jahr 1997
auch die Rechte der Studierenden auf
Anerkennung ihrer an ausländischen
Hochschulen erbrachten Studienleistungen festgeschrieben. Neben den
Staaten des Europarats haben u.a.
auch Australien, Israel, Kanada, Neuseeland und die USA den Vertrag unterzeichnet.
In Deutschland wurde die LissabonKonvention im Jahr 2007 in ein Bundesgesetz überführt. Das aktuelle Berliner Hochschulgesetz regelt diesen
neuen Anspruch in § 23a (1): „ Vergleichbare Studienleistungen… an…
ausländischen Hochschulen… sind auf
die in den Ordnungen vorgesehenen
Studien- oder Prüfungsleistungen
anzurechnen.“ Im Gegensatz zu früheren
Anerkennungsphilosophien,
die auf einer Gleichwertigkeit der im
Ausland erbrachten Leistung bestanden, soll die Anerkennung von nun an
gewährt werden, sofern nicht ein „wesentlicher Unterschied“ zum Studienprogramm an der Heimathochschule
besteht. Und die Beweislast liegt jetzt
auf Seiten der Hochschule: sie muss
bei Nichtanerkennung den Nachweis
über die wesentlichen Unterschiede
erbringen.
Wenn der Anerkennungsprozess also
künftig nicht von Streitigkeiten um die
richtige Auslegung von Begriffen beherrscht werden soll, ist die Entwicklung transparenter Verfahrensweisen
unter Einbeziehung aller beteiligten
Akteure (Studierende, Akademisches
Auslandsamt, Austauschkoordinatoren, Prüfungsobleute, Modulverantwortliche, Prüfungsamt) erforderlich.
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Eine optimale Anerkennung kann
bereits im Vorfeld durch eine intensive Beratung der Studierenden und
die Nutzung der ECTS-Instrumente
sichergestellt werden. Im ERASMUS
Programm gewährleistet der Abschluss des „Learning Agreement“ die
spätere Anerkennung der gewählten
Kurse, und auch im Überseebereich ist
es von Vorteil, wenn die Studierenden
mit ihren Prüfungsobleuten die Anerkennung besprechen und sich diese
vorab in Aussicht stellen lassen.
Nach der Rückkehr gibt das von der
Partnerhochschule ausgestellte „Transcript of Records“ Aufschluss über die
in den absolvierten Lehrveranstaltungen erworbenen (ECTS) Kreditpunkte
und Noten. Das Akademische Auslandsamt unterstützt die Prüfungsausschüsse zudem mit Umrechnungsempfehlungen, die den Kreditpunktsystemen und Benotungskulturen der
jeweiligen Länder und Studienfächer
angemessen sind.
Eine rein quantitative Anerkennung
allein auf Grund der Kreditpunkte ist
jedoch, nicht nur angesichts des international sehr unterschiedlichen Umfangs von Modulen, oftmals unzureichend, ebenso wie ein schematischer
Ansatz, der einen gleichartigen Aufbau der ausländischen Lehrveranstaltung voraussetzt. Bei der Bewertung
der im Ausland belegten Fächer müssen daher vor allem die erzielten Lernergebnisse, sprich: die erworbenen
Fähigkeiten, berücksichtigt werden.
Damit diese detailliert ermitteln werden können, sollten die Studierenden
in der Lage sein, ihr Auslandsstudium
– am besten mit Hilfe von Modulbeschreibungen, Lehr- und Lernmaterialien (z.B. Lehrbücher, Reader, Mitschriften, Protokolle, Hausaufgaben),
Prüfungsaufgaben und -materialien
bzw. Hausarbeiten, Referaten, Laborberichten und Entwürfen – möglichst
umfassend zu dokumentieren.
Die Prüfungsobleute und Modulverantwortlichen wiederum sind dazu
aufgerufen, die Existenz der unterschiedlichen Hochschulbildungssysteme als etwas Positives zu begreifen,
und unwesentliche Unterschiede in
der Gestaltung von Modulen großzügig zu akzeptieren. In die Anerkennung könnte durchaus auch einfließen, dass die Studierenden ihre Leistungen erfolgreich in einer fremden
Sprache und in einem neuen Lebensumfeld erbracht haben.
In der Präambel der Lissabon-Konvention wird u.a. hervorgehoben,
dass der Hochschulbildung eine wesentliche Rolle bei der Förderung des
Friedens, des gegenseitigen Verständnisses und der Toleranz sowie bei der
Schaffung gegenseitigen Vertrauens
zwischen den Völkern und Nationen
zukommen soll. In Übereinstimmung
mit der HRK plädieren wir in diesem
Sinne dafür, auch solche überindividuellen Zielsetzungen bei der persönlichen
Anerkennungsentscheidung über die im Ausland erbrachten
Studien- und Prüfungsleistungen im
Wege einer Gesamtbetrachtung zu
berücksichtigen.
Peter Marock
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Messen und Konferenzen
EAIE (European Association of
International Education)-Konferenz
NAFSA (North American Foreign Student Advisors)
Auch die EAIE ist ein hervorragendes Forum, um Gespäche mit den
Verantwortlichen für International
Education-Programmes (z.B. die Institutional-Erasmus Coordinators) von
Partneruniversitäten zu führen und
um alte und neue Kooperationsabsprachen (z.B. Austauschzahlen, Anerkennungsmodalitäten, Unterbringung und Betreuung, gemeinsame
Antragsformalitäten etc.) vorzunehmen. Insgesamt umfasst eine solche
Tagung 3000 Teilnehmer, vornehmlich
Vertreter von Hochschulen der EU,
aber auch Hochschulen aus den USA,
Australien, Japan, Lateinamerika und
Südkorea sind präsent.
Die NAFSA-Konferenz ist eine Fachmesse (keine Studenten-/Bildungsmesse), die vor allem von Verantwortlichen im Bereich „International Education“ (Akademische Auslandsämter,
International Offices) besucht wird. Es
ist also die Gelegenheit für uns, Vertreter von Partneruniversitäten aus
den USA (aber auch weltweit) zu fachübergreifenden Kooperationsabsprachen zu treffen. Es geht darum, gezielt
Fragen und Erwartungen der Partner
in bezug auf bestehende und zukünftige Programme abzuklären, „study abroad programs“ anzubieten, die für
ihre Studierenden interessant sind,
um dadurch Studienplätze für unsere
Studierenden zu akquirieren.
Die Teilnahme an dieser Fachmesse
(fast alle US-amerikanischen Universitäten sind durch ihre International
Relations bzw. Study Abroad Manager
vertreten) ist für die Aufrechterhaltung, Pflege und Ausweitung der Studierendenaustauschprogramme von
grösster Bedeutung. Etliche Kooperationen mit den USA laufen über die
Ingenieurwissenschaften, daher spielen fächerübergreifende und persönliche Kontakte bei der Durchführung
des Austauschs eine entscheidende
Rolle. Da es sich hier um die grösste
Multiplikatorenmesse weltweit handelt, werden alle relevanten Themen
zum Studentenaustausch weltweit
angesprochen.
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Das Veranstaltungsprogramm ist sehr
umfangreich. Es gibt eine Fülle von
Sessions, die nach Schwerpunkten
gegliedert sind: Updates in bezug auf
neue EU-Programme, Akkreditierung
und Evaluation, Bologna, Kooperation mit Entwicklungsländern, Best
Practise Beispiele, Interkulturelle
Kompetenzen, Internationales Marketing und Rekrutierung internationaler
Studierender, Management und Organisation, Mobilität, Internationale
Hochschulstrategie, nationale Hochschulsysteme. Interessant sind die Informationen zu aktuellen Entwicklungen der jeweiligen Hochschulsysteme,
zu Studiengangsstrukturen, zu Studierendenzahlen und zur Qualitätssicherung. Die Ergebnisse des Bologna
Prozesses an verschiedenen europäischen Hochschulen wird ebenfalls in
mehreren Seminaren der EAIE-Konfe-
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
renz behandelt (Taking the measurements of Lisbon and Bologna).
Wichtige andere Themen sind, wie
Ehemalige für Internationalisierungsprozesse an Hochschulen eingesetzt
werden können (How alumni networks can help drive internationalisation), Beratung und Service für in-
ternationale Studierende (Challenges
and opportunities in international
student counselling), die Bedeutung
von Joint und Dual Degrees für das
Hochschulprofil und pragmatische
Strategien für eine Sprachenpolitik
an europäischen Hochschulen (The
Language of International Education).
Infostände auf diversen Messen
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Berichte aus dem AuslandsamT
Zeitungsartikel aus der
TU-Intern
Punkten mit dem
Auslandsaufenthalt Welche beruflichen Erträge ein
Studium in anderen Ländern bringt eine Studie
Ob sich ein Auslandsstudium lohnt,
muss man heute eigentlich nicht
mehr fragen. Es sei die beste Zeit
ihres Studiums gewesen, sagen nicht
nur diejenigen, die im Ausland waren.
Inzwischen wird sogar von den Hochschulabsolventinnen und -absolventen eine internationale Ausrichtung
ihres Studiums verlangt. Seit mehr als
zwanzig Jahren fördert das Europäische Programm ERASMUS den Austausch von Studierenden. Die „Generation ERASMUS“ ist zum Synonym
für das Zusammenwachsen Europas
geworden, denn der (ERASMUS-)
Aufenthalt an einer ausländischen
Hochschule, die Internationalität des
gemeinsamen Studierens und Lebens
entwickeln Kompetenzen, die einen
positiven Einfluss auf die Beschäftigungs- und Arbeitssituation nach dem
Studienabschluss haben.
Das belegt eine soeben erschienene
Studie des Bundesbildungsministeriums eines Autorenteams um Pro-
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fessor Ulrich Teichler. Befragt wurden
sowohl Arbeitgeber als auch ERASMUS-Absolventen. Wichtiges Einstellungskriterium ist nach Einschätzung
der Arbeitgeber Fremdsprachenbeherrschung, Verständnis für internationale Unterschiede in Kultur und
Gesellschaft sowie Erfahrung in der
Zusammenarbeit mit Personen aus
unterschiedlichen Kulturen. Sie bewerten sogar fachbezogene Methodenkenntnisse und theoretisches
Fachwissen bei Absolventen mit Auslandserfahrung höher als bei denjenigen, die nur im Inland studiert haben.
Ähnliches gilt auch für allgemeine
Kompetenzen, wie Anpassungsfähigkeit, Initiative und persönliches Engagement. Mobile Studierende werden
in Bezug auf Behauptungsvermögen,
Problemlösungsfähigkeit, Planen, Koordinieren und Organisieren für deutlich kompetenter gehalten als nichtmobile Studierende. Auch die ehemaligen Austauschstudierenden bewerten ihre Kompetenzen zum Zeitpunkt
ihres Abschlusses relativ positiv. Mehr
als drei Viertel geben hohe Kompetenzen beim theoretischen Wissen
und bei Fremdsprachenkenntnissen
an. Auch in weiteren Bereichen wie
Anpassungsfähigkeit, persönliches Engagement, Kompetenz zur Problemlösung fühlen sie sich den nicht-mobilen
Studierenden überlegen.
Durchschnittlich 3,8 Monate suchten
ehemalige (ERASMUS-) Austauschstudierende nach einer Beschäftigung,
72 Prozent der Befragten fanden ihre
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
beruflichen Aufgaben ihrem Ausbildungsniveau angemessen, 67 Prozent
sind mit ihrer aktuellen beruflichen Situation zufrieden. Etwa die Hälfte der
Befragten arbeitet in einer international agierenden Organisation, und
ihre Arbeit ist in einen internationalen
Kontext eingebettet. Ein noch größerer Anteil schätzt die eigenen internationalen Kompetenzen als wichtig zur
Erfüllung der beruflichen Aufgaben
ein. Ehemalige Austauschstudierende
übernehmen im Vergleich zu nichtmobilen Studierenden doppelt so oft
klar definierte internationale Aufgaben. Mobilität, so das Fazit der Studie, sei weiterhin eine zentrale Komponente des Studiums. Hochschulen
täten gut daran, unterstützende Maßnahmen zur Realisierung studienbezogener Auslandsaufenthalte anzubieten.
Dr. Carola Beckmeier
TU Intern, Oktober 2009
Großzügig auch in schlechten Zeiten
- Unternehmensberatung Mercer
fördert Auslandsstipendiaten mit
Eigeninitiative
„Ich selbst habe von der TU Berlin
die Chance bekommen, ins Ausland
zu gehen, und möchte der Uni auch
etwas zurückgeben“, begründet Wirtschaftsingenieur und TU-Alumnus JanEric Kloth, warum seine Firma Mercer Management Consulting Studierenden der TU Berlin großzügige
Stipendien für Auslandsstudien und
-diplomarbeiten zur Verfügung stellt.
Doch die Technische Universität bietet mit ihren ingenieurwissenschaftlichen Fachgebieten auch Bereiche,
die einer weltweit agierenden strategischen Unternehmensberatung wie
Mercer wichtig sind. Trotz der momentan mäßigen Wirtschafts- und
Arbeitsmarktlage in Deutschland sind
gute Kandidaten auf dem Markt nach
wie vor heiß umkämpft, weshalb das
Unternehmen bei den NachwuchsFörder-Programmen großzügig bleibt.
Schließlich kann es so frühzeitig Kontakt zu den besten Köpfen der Unis
aufnehmen.
Seit 2001 läuft diese Kooperation um
Stipendienprogramme
erfolgreich.
Jeden Sommer laden Mercer und das
Akademische Auslandsamt der TU
Berlin seitdem die glücklichen Stipendiaten auf dem Sprung ins Ausland
zu einem „Farewell-Sommerfest“ ein.
„Wir sind sehr froh, dass wir durch
Mercer unseren Studierenden diese
Möglichkeiten einer Auslandsdiplomarbeit bieten können“, freut sich
Übersee-Referent Peter Marock vom
Akademischen Auslandsamt, der die
Kandidaten berät. 60 bis 80 junge
Leute konnte das AAA zusammen
mit Mercer pro Jahr inzwischen mit
einem Stipendium ausstatten. Und
die zukünftigen Top-Leute sollen nicht
darben. 750 Euro monatlich macht
das Stipendium im Programm „Mercer Intellectual Capital“ aus, 250 Euro
Büchergeld gibt es zusätzlich und außerdem einen Laptop. Das Nonplusultra und damit besonders begehrt
ist eine Teilnahme am „Mercer-TopProgramm“. Denn hier haben zwei bis
51
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
drei Stipendiaten jährlich die Chance, neben der finanziellen Förderung
weltweit in die Aktivitäten des Unternehmens eingebunden zu werden,
die firmeninternen Research-Möglichkeiten zu nutzen und an teuren
Management-Weiterbildungskursen
und Workshops teilzunehmen.
„Zur Bewerbung um ein Stipendium
gehören bei uns mehrere Auswahlgespräche“, sagt Jan-Eric Kloth. „Dabei
schauen wir nicht nur auf die Zensuren, sondern auch auf persönliche
Qualitäten der Kandidatin oder des
Kandidaten, beispielsweise auf die
Eigeninitiative. Sie sollten sich selbst
bereits eine Universität und ein mögliches Diplomarbeitsthema ausgesucht
sowie Kontakt mit dem entsprechenden Professor im Ausland aufgenommen haben.“ Infrage kommen dafür
vor allem über 50 Partneruniversitäten in den USA, in Asien und Australien, an denen durch Kooperationsverträge der Erlaß der Studiengebühren möglich ist. Eine gute Kenntnis
der englischen Sprache ist notwendig,
doch nicht nur das: „Ganz wichtig bei
der Beurteilung der Kandidaten sind
für mich fachlich gezielt ausgesuchte
und durchgeführte Praktika im Lebenslauf, denn auch sie weisen auf Eigeninitiative, Zielstrebigkeit und hohe
Leistungsbereitschaft hin“, verrät JanEric Kloth noch. Bewerbungen werden
das ganze Jahr über angenommen.
Patricia Pätzold
TU Intern, November 2003
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Botschafter der TU Berlin Austausch oder Doppeldiplom TU-Studierende haben viele Möglichkeiten, die Welt kennen zu lernen
Sie freuen sich auf „Betreuung pur“,
sagen Bastian Schilling und Cay Christian Oest. Das kommende Semester
verbringen die beiden TU-Mathestudenten im 6. Semester in den USA,
genauer: an der Emory University
in Atlanta/Georgia. Ihren Unterhalt
finanzieren sie durch ein FulbrightReisestipendium. Bastian und Cay sind
zwei von 80 Übersee-Stipendiaten, die
kurz vor den Semesterferien im Café
Campus beim „Farewell“-Sommerfest verabschiedet wurden. Seit vier
Jahren richtet der weltweit mit Milliardenumsätzen agierende Sponsor
„Mercer Management Consulting“
dieses Fest zusammen mit dem Akademischen Auslandsamt der TU Berlin
aus. Für Mercer ist das natürlich auch
eine Talentschau. Der Wettbewerb
um die besten Köpfe ist nach wie vor
hart.
Mit einem Stipendium der ReinhardtAbraham-Stiftung (Lufthansa-Boeing)
von 1100 Euro monatlich geht Oliver Schmidt an die University of Washington nach Seattle. Sein Studienschwerpunkt ist die Regelungs- und
Steuerungstechnik in der Luft- und
Raumfahrt. Er hat schon im Vorfeld
gute Erfahrungen gemacht. „Die
Amerikaner haben einen ziemlich gut
funktionierenden Ämterapparat. Man
wird dort in allen Bereichen sehr kundenorientiert betreut“, erklärt er.
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Dr. Carola Beckmeier, die Leiterin des
Akademischen Auslandsamtes, ist
stolz darauf, daß die TU Berlin viele
neue Stipendien einwerben konnte.
„Rund 350 Studierende haben wir
dieses Jahr an internationale Universitäten geschickt“, erklärt sie. „Oft sind
das Partneruniversitäten, mit denen
wir Kooperationsverträge unterhalten. Den TU-Studierenden können
dort zum Beispiel die Studiengebühren erlassen werden.“
„Der Austausch ist uns sehr wichtig“,
versicherte TU-Vizepräsident Professor Jörg Steinbach den Studierenden
beim Fest. „Gute Leistungen sollten
dabei allerdings für Sie selbstverständlich sein, denn immerhin sind
Sie im Ausland ja nicht nur Botschafter Deutschlands, sondern auch der
TU Berlin.“
Auch wer ein Doppeldiplom machen
möchte, dem hilft das Akademische
Auslandsamt bei Vermittlung, Beratung und Bewerbung. Mit zwölf ausländischen Universitäten, darunter
renommierten Elite-Einrichtungen,
unterhält die TU Berlin zurzeit Doppeldiplomabkommen. Kaline Brückner, Studentin des Wirtschaftsingenieurwesens, wird die nächsten
eineinhalb Jahre an der Ecole de Management in Lyon verbringen, um ein
Doppeldiplom zu erwerben. Schon
ihre Sprachkenntnisse prädestinieren
sie für eine internationale Karriere.
Französisch, Englisch und Chinesisch
hat sie als Fremdsprachen gelernt.
Deutsch und Spanisch kann sie sowieso, denn sie ist in Panama geboren
und lebt in Deutschland. Mercer Consulting selbst, der Ausrichter des jährlichen Sommerfestes, bietet ebenfalls
mehrere Stipendienprogramme an
sowie gut bezahlte Praktika weltweit
oder, im „Mercer Intellectual Capital
Program“, die Möglichkeit, Diplome
an international renommierten Unis
im Ausland zu machen.
Patricia Pätzold
TU Intern, Oktober 2004
Dem Studium die Krone aufsetzen In rund zwei Dutzend Programmen
können Studierende an der TU
Berlin zwei Abschlüsse gleichzeitig
erwerben
Dual-Degree-Programme gelten gemeinhin als Krone des Studierendenaustausches, bieten sie den teilnehmenden Studierenden doch die Möglichkeit, in der regulären Studienzeit
zwei Abschlüsse zu erwerben: Neben
dem Diplom- beziehungsweise Masterabschluss der TU Berlin verlassen
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
die Hochschule mit einem Studienabschluss der jeweiligen Partneruniversität.
Die bestehenden Dual-Degree-Programme der TU Berlin sehen vor, dass
Studierende ein bis zwei Jahre an der
jeweiligen Partneruniversität verbringen und dort die Hälfte der in dem
jeweiligen Studienabschnitt geforderten Leistungspunkte nach dem European Credit Transfer System (ECTS)
erwerben. Voraussetzung ist in der
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Regel das Vordiplom beziehungsweise ein Bachelorabschluss einer technischen Universität in Deutschland.
Außerdem müssen Interessenten der
TU Berlin Kenntnisse der Landessprache und/oder der englischen Sprache
nachweisen. Näheres ist in den Verträgen zum jeweiligen Dual-DegreeProgramm zwischen beiden Hochschulen geregelt.
Dass die Studierenden am Ende ihres
Studiums damit nicht nur zwei Abschlüsse in den Händen, sondern sich
auch zahlreiche berufliche Optionen
offenhalten, steht außer Frage: Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler, die fundiertes fachliches Wissen,
sehr gute oder gar exotische Sprachund Landeskenntnisse sowie interkulturelle Kompetenzen auf- und nachweisen, sind in Deutschland und den
Partnerländern gesucht und auf dem
Arbeitsmarkt heiß begehrt.
Doch Dual-Degree-Programme stellen
nicht nur aus der Sicht der Studierenden die Krone der Austauschprogramme dar. Derartige Programme zu
entwickeln bedeutet schließlich nicht
weniger, als zwei eigenständige Studiengänge hinsichtlich der geforderten Lehr- und Prüfungsleistungen inhaltlich wie organisatorisch aufeinander abzustimmen. Dabei gilt es, sämtliche Fragen, angefangen von Auswahlkriterien und Zulassungsvoraussetzungen bis hin zu Anerkennungsmodalitäten, an beiden Hochschulen
zu klären. Für diese grundlegenden
Absprachen ist es unabdingbar, das
Lehrangebot und Studiensystem der
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Partneruniversität sehr gut zu kennen. Im Idealfall basieren die Programme daher zum einen auf einem
langjährigen Studierendenaustausch,
der bei deutschen wie ausländischen
Studierenden gleichsam nachgefragt
ist, und zum anderen auf engen persönlichen Kontakten zwischen beiden
Lehrstühlen.
Derzeit unterhält die TU Berlin knapp
zwei Dutzend Dual-Degree-Programme mit Universitäten in Frankreich,
Großbritannien, Polen, Russland,
China und Korea. Ein Großteil der vorhandenen Programme wird derzeit
auf Bachelor und Master umgestellt,
weitere Programme sind in Planung
Alle Dual-Degree-Programme beruhen auf Gegenseitigkeit. Sie werden
von dem entsprechenden Lehrstuhl
sowie dem Akademischen Auslandsamt der TU Berlin betreut.
Uta Kirchner
TU Intern, November 2009
Geldsegen für weltweite
Austauschprogramme Mehr als 600 000 Euro Drittmittel für
Stipendien eingeworben
Wer den Schritt über die Grenze gewagt hat, erwirbt das, was man als
„Auslandskompetenz“
bezeichnet:
studienbezogene Erweiterung des
Fachwissens, gute Fremdsprachenkenntnisse und Fingerspitzengefühl
für fremde Länder, Improvisationstalent, die Fähigkeit, in interkulturel-
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
len Teams zu arbeiten, Mobilitätsbereitschaft und die Ausrichtung auf
internationale Berufsrollen. Und der
Schritt sollte möglichst nicht am Geld
scheitern. Mehr als 600 000 Euro für
Stipendienmittel hat die TU Berlin dieses Jahr über den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) für
Austauschprogramme eingeworben.
Die Universität bietet eine Reihe von
Austauschprogrammen für Studierende mit führenden internationalen Institutionen an. Nachdem bereits eine
Vielzahl von Partnerschaften mit europäischen und nordamerikanischen
Universitäten existiert, wurden jetzt
verstärkt Partnerschaften mit Spitzenuniversitäten in Asien und Lateinamerika geschlossen. Zu den Partneruniversitäten gehören beispielsweise so
renommierte Einrichtungen wie die
Shanghai Jiatong University, die Zheijiang University Hangzhou, das Korea
Advanced Institute of Science and
Technology oder die Pontificia Universidad Catolica de Chile. Die Studienmöglichkeiten sind vielfältig und reichen vom einsemestrigen Aufenthalt
an einer Partnerhochschule bis hin zu
Doppelabschlüssen, Masterstudiengängen und Promotionen.
studium zu. Um die Qualität von internationalen Austauschprogrammen
zu gewährleisten, werden eine Reihe
von programmbegleitenden Maßnahmen angeboten. Dazu gehören Informationen zu Partneruniversitäten
und Hochschulstrukturen weltweit,
vorbereitender Fremdsprachenunterricht, Empfehlungen zum geplanten
Studienverlauf, Feststellung von Äquivalenzen sowie die Kontaktaufnahme
zu den Programmverantwortlichen
an der jeweiligen Gastuniversität.
Ein wichtiger Punkt ist natürlich die
Deckung der Kosten, die durch einen
Auslandsaufenthalt in Übersee entstehen, hier werden Stipendien bis zu
875 Euro plus Reisekostenzuschüsse
gezahlt.
Zur nächsten Bewerbungsrunde im
Herbst werden eine Reihe von Informationsveranstaltungen zu den genannten Programmen angeboten.
Dr. Carola Beckmeier
TU Intern, Juli 2010
Jedes Jahr nutzen an der TU Berlin über 400 Studierende das Angebot eines Auslandsaufenthaltes im
Rahmen von internationalen Austauschprogrammen. Die mobilsten
Studierenden findet man in den Wirtschaftswissenschaften, aber auch in
einzelnen Ingenieurwissenschaften
nimmt das Interesse am Auslands-
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Foto von Dorothee Christensen - Valencia, Spanien
Foto von Marc Vielitz - Irland
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Erfahrungsberichte von Ehemaligen
Austauschstudierenden
Aus erster Hand
Informationen aus erster Hand sind
immer gefragt. Die beste und wichtigste Informationsquelle für Studierende, die ein Auslandsstudium planen,
sind daher die Erfahrungsberichte von
ehemaligen Austauschstudierenden
der TU Berlin.
geboten. Man erfährt, mit welchen
Lebenshaltungskosten man vor Ort
rechnen muss, aber auch, welche
Clubs angesagt und welche landestypischen Gerichte gut bekömmlich
sind.
Neben wertvollen Tipps zu besonders
spannenden Lehrveranstaltungen an
der Partnerhochschule findet man hier
auch hilfreiche Hinweise zu günstigen
Flugverbindungen und Wohnungsan-
Mittlerweile sind in der Infothek
des Akademischen Auslandsamtes
im Campus Center über 3000 Erfahrungsberichten aus über 40 Ländern
einsehbar, die von 1993 bis heute entstanden sind. Einen kleinen Einblick
in diesen Schatz erhalten Sie auf den
kommenden Seiten.
Europa
Übersee
Schweden, Lunds Universitet
China, Shanghai Jiao Tong Universität
Türkei, Istanbul Teknik Üniversitesi
Rumänien, Universitatea de Arhitectură
și Urba-nism “Ion Mincu“
Brasilien, Universidade de São Paulo
Taiwan, National Taiwan University
USA, University of Utah
Island, University of Iceland
Korea, Postech
Belgien, Université Libre de Bruxelles
Kanada, École Polytechnique de
Montréal
Ungarn, Corvinus Universität zu Budapest
Frankreich, Université Paris VIII Saint
Denis
Japan, Sophia Universität
Neuseeland, University of Auckland
Estland, Universität Tartu
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Austauschprogramme im europäischen Raum
Belgien
Dänemark
Estland
Finnland
Frankreich
Griechenland
Grossbritannien
Irland
Island
Italien
Litauen
Niederlande
Norwegen
Österreich
Polen
Portugal
Rumänien
Russland
Schweden
Schweiz
Slowakei
Slowenien
Spanien
Tschechien
Türkei
Ungarn
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
59
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Lund/ Schweden
Lunds Universitet
ERASMUS ist kein
richtiges Leben. Es
ist viel mehr. Wir
alle sind ins Ausland
gegangen, um die
Welt zu verändern.
Und haben alle nicht
gemerkt, wie die Welt
im Ausland uns mehr
und besser verändert,
als wir es uns je hätten
vorstellen können.
Wir alle sind
Weltbürger
geworden.
Hendrik Blome
Wirtschaftsingenieurwesen
Warum eigentlich Schweden?
Warum Schweden? Weil es das Beste
aller Länder ist. Weil alles, was man
über dieses Land in jeglichem Zusammenhang hört ausschließlich positiv
belegt ist. Weil von falunroten Häusern grundsätzlich eine besondere Begeisterung ausgeht. Weil ich seit jeher
eine Schwäche für Astrid Lindgren,
ABBA, IKEA und Köttbullar mit Lingonsylt habe. Weil die TU mit zahlreichen
schwedischen Hochschulen verbunden ist. Und vor allem, weil meine
allererste Recherche zu Lund mich zu
einem Bild der Bibliothek von Lunds
Universitet (LU) auf Wikipedia brachte, und ich sofort wusste „Da will ich
hin!“. [...]
Tränenreiches Schlussfazit
Was soll ich noch sagen? Sie nennen
es einfach nur ERASMUS, Austauschjahr in Schweden, akademische Erfahrung im Ausland sammeln und so
weiter. Aber sie können dir alle nicht
sagen, wie es sich wirklich anfühlt,
wenn man in dieser Traummaschine
drinsteckt. Es wurde schon so viel darüber geschrieben, es wurden großartige Filme (L‘Auberge Espagnole!)
über den Komplex Auslandssemester
gedreht und es wird in den Medien
zunehmend thematisiert – aber nix
davon kann dir die wahren Gefühle
60
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
eines ERASMUS-Jahres vermitteln.
Wir kommen aus verschiedenen Ländern und Kontinenten. Wir haben (im
asiatischen Fall) die Universität oder
(im europäischen Fall) die Stadt aus
unterschiedlichen Gründen gewählt.
Wir sind unterschiedlich alt und studieren unterschiedliche Fächer. Wir
haben alle verschiedene Interessen
und andere Weltanschauungen - aber
irgendwas eint uns alle. Irgendetwas vereint mich aus Lünen mit Rallis aus Saloniki, Thae aus Bangkok,
Nuria aus Madrid, Eva aus Debrescen,
Volker aus Berlin, Melissa aus Calgary oder einem der zahlreichen
ungenannten, anonymen ERASMUS“Freundschaften“. Wir alle sind ins
Ausland gegangen, um die Welt zu
verändern. Und haben alle nicht gemerkt, wie die Welt im Ausland uns
mehr und besser verändert, als wir
es uns je hätten vorstellen können.
Wir alle sind Weltbürger geworden.
Wir alle wissen, wie es ist, mehrfach
pro Woche zu einem internationalen
Potluckdinner eingeladen zu werden.
Oder wie es ist, mal eben beim Müll
rausbringen über das Verhältnis zwischen China und Taiwan sprechen zu
können. Wie lang und auch einsam
schwedische Novemberabende wirklich sein können. Wie kalt Füße werden können, wenn man barfuß durch
finnischen Schnee rennt. Wie es sich
anfühlt, wenn man merkt, dass die
eigenen Augen nicht genug strahlen
können, um auszudrücken, was sie
ausdrücken möchten. Kein Buch und
kein noch so toller Film kann dir die
Gemütlichkeit deines Bettes nach vier
Stunden Barkeeping, zwei Stunden
aufräumen und Tanzfläche wischen
und zwei Stunden Efterfesten simulieren. Nirgendwo steht ausreichend
nachvollziehbar geschrieben, wie sich
Menschen verhalten, wenn sie mit
Mitte 20 das erste Mal in ihrem Leben
Schnee sehen. Das kann man nicht erzählen. Das muss man erleben. Und
wir haben das erlebt. Wir wissen, wie
das war. Denn wir alle haben das wohl
beste Jahr unseres Lebens in einer
schwedischen Kleinstadt nordöstlich
von Malmö verbracht.
ERASMUS ist kein richtiges Leben. Es
ist wie eine Blase. ERASMUS-Bubble.
Da ich überraschend häufig auf Partys
anzutreffen war und dabei begruselnderweise die bislang verschollene Partyseite in und an mir entdeckt habe,
sollte ich glaube ich mal erklären, wie
so was abläuft, denn ERASMUS-Partys
haben ein recht eigenes Wesen. Man
trifft jede Menge Menschen, tauscht
fleißig Namen, Studienfach, Wohnort
und Herkunftsland sowie sämtliche
Vorurteile über letzteres aus. Nach
ca. 1:14 Minuten beendet man das
Gespräch mit einem zuvorkommenden „Nice to meet you“, um dann in
der Motto-verkleideten (vorzugsweise: 80s-Party, Bad-Taste-Party oder
80s-Bad-Taste-Party) Masse unterzutauchen. Untertauchen ist dabei
wörtlich zu nehmen, denn nirgendwo
kann man besser verschwinden als
in ERASMUS-Menschenmassen. Im
Laufe des nächsten Tages erhält man
61
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
dann durchschnittlich zwischen drei
und 48 Freundschaftsanfragen auf
Facebook, die man alle brav bestätigt,
nur um festzustellen, dass genau die
Menschen, die einen Sonntagnachmittag noch nach ewiger Facebookfreundschaft gefragt haben, einen am
kommenden Freitagabend nicht mal
mehr wiedererkennen. I love it! Es ist
wirklich selten, aber es kommt durchaus vor, dass man jemanden noch mal
wieder sieht. Dann freut man sich
übertrieben künstlich, fragt wie es
einem seit dem letzten 30 SekundenTreffen ergangen ist, fragt, wie der
Name noch mal war und ob man bei
Facebook schon befreundet ist und
zieht dann weiter. Da ich dieses Programm so oder so ähnlich fast 10 Monate ständig erlebt habe, sind meine
Fortschritte auf dem Gebiet der Diplomatie natürlich nicht zu verachten.
Auch wenn der Südkoreaner, den ich
ausführlichst über die politische Lage
in Nordkorea interviewt habe, das sicher nicht so gesehen hat.
wahrscheinlichkeit solcher Freundschaften in meinen Augen wesentlich höher ist. Und trotzdem habe ich
nun wohl die Möglichkeit, Freunde in
(u.a.) Spanien, Griechenland, Türkei,
Australien, England, Ungarn, Polen,
Österreich, Frankreich, Thailand, Kanada, Taiwan, Brasilien, der Schweiz,
Finnland, Tschechien, Holland oder
Moldawien zu besuchen. Schon im
Herbst werde ich gemeinsam mit drei
ERASMUS-Freunden Lukas besuchen,
meinen Post-Enron-Veteran aus Litauen. Und auch nach der Abreise meiner internationalen Freunde habe ich
dank meines Engagements in Wermland wohl lebenslang mehrere Übernachtungsmöglichkeiten in Lund.
Das war es also. Ein Jahr zwischen
niedrigstem Smalltalk und höchster
Philosophie. Ein Jahr zwischen extremer Chillaxtheit und körperlicher
Totalerschöpfung. Ein Jahr zwischen
groß, blond und blauäugig.
ERASMUS ist wirklich toll und das
Bild ist hier sicherlich zu schwarz gezeichnet, aber bei so manchen Partys
merkt man eben besonders, dass man
in der ERASMUS-Bubble gefangen ist
und es nicht ganz verkehrt ist, dass
diese irgendwann wieder platzen wird
und dann wieder richtiges Leben um
einen herum passiert.
Was habe ich gelernt? Die Berechnung des RONICs sowie die Bedeutung des Present Value of Future Free
Cash Flows für den heutigen Unternehmenswert. Die Konstruktion der
ENRON-SPEs. Die Unterscheidung von
IASB, FASB, IAS und IFRS. Die Details
des Rehn-Meidner-Modells und seine
Bedeutung für das schwedische Folkshemmet.
Ein viel zu großer Anteil der sozialen
Kontakte läuft auf diesem Wege ab,
anders läuft es nur bei wenigen, die
leider größtenteils Deutsch sind und/
oder Physik studieren. Was wiederum
den Vorteil hat, dass die Überlebens-
Was habe ich wirklich gelernt? Englische Fließtexte runterschreiben.
Annual Reports lesen. Wesentliche
Bestandteile ostasiatischer Innenpolitik erkennen. Schwedische Uni-Traditionen. Die Gesamtwerke von ABBA,
62
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Roxette und Carl Michael Bellman.
Tanzen. Auf Tischen tanzen. Reisen.
Eislochhüpfen. Toleranz gegenüber
Minirockträgerinnen Anfang Januar.
Bier ausschenken. Bier trinken. Once-in-a-lifetime-Momente als solche
erkennen und ausnutzen. Fahrrad
fahren bei Eisglätte und 40 cm Neuschnee. Osteuropa. Nordeuropa. Die
Lebensleistung des Georg Schramms.
My brain hurts.
Wie man offensichtlich erkennt, habe
ich außerhalb der Universität viel
mehr gelernt als innerhalb. Zufall?!
ERASMUS ist kein richtiges Leben. Es
ist viel mehr.
Foto von Jakob Jegal - Stockholm, Schweden
63
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Istanbul/ Türkei
Istanbul Teknik Üniversitesi
Das Semester war eine
sehr bereichernde
Erfahrung
und ich kann
es nur jedem
empfehlen,
den Mut zu haben,
sich dem Abenteuer
„Erasmus-semester“
zu stellen.
Lena Tonke-Margraf
Kultur und Technik,
Schwerpunkt Kunstgeschichte
Kulturelle Erfahrungen und
persönliche Eindrücke
Mein Erasmussemester in İstanbul
war grandios. Ich habe unglaublich
viele tolle Menschen kennengelernt,
habe wundervolle Eindrücke der Stadt
und des Landes bekommen, habe
viele schöne Dinge erlebt und mich
selbst noch einmal besser kennengelernt.
Für mich wurde das Semester vor
allem durch die Menschen, die mir in
dieser Stadt begegnet sind, zu etwas
Besonderem - weniger durch das Studium. Ich hatte das Glück, drei sehr
interessante Kurse zu besuchen, aus
denen ich auch wirklich etwas mitnehmen konnte. Ansonsten überzeugt
das Unisystem nicht wirklich und wird
in einer Stadt wie İstanbul leicht nebensächlich.
İstanbul ist eben eine aufregende
Stadt, in der es unglaublich viel zu
entdecken und erleben gibt. Aber
eben auch eine Stadt der kulturellen
und gesellschaftlichen Gegensätze,
man trifft sowohl auf das Partygirl im
Minirock als auch auf den erzkonservativen jungen Moslem. So kommen
nach der euphorischen Anfangszeit
schnell Fragen und Konflikte zu Tage.
64
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
İstanbul ist ohne Zweifel eine einzigartige und wundervolle Stadt und die
Türkei ein atemberaubendes Land.
Man trifft auf viele wirklich nette und
herzensgute Menschen, aber leider
trifft man auch auf genauso viel Ablehnung und Misstrauen.
Für mich haben sich leider viele Vorurteile gegenüber der Türkei bestätigt,
auch wenn ich mit der Hoffnung dort
hingefahren bin, diese auszulöschen.
Sehr präsent sind die gesellschaftlichen Verhaltensregeln, wer sich
nicht an sie hält oder sie nicht kennt,
bekommt einen Stempel, wird ausgeschlossen. Als Europäer wird man
meist eh in eine bestimmte Schublade
gesteckt.
Besonders prekär ist immer noch das
Verhältnis zwischen Männern und
Frauen, was leider auch generell den
Kontakt zu Türken und Türkinnen
schwierig macht. Es gibt noch immer
eine sehr deutliche Geschlechtertrennung, der man sich bewusst sein sollte
bzw. auch schnell bewusst wird. Eine
bloße Freundschaft zwischen Männern und Frauen z.B. ist eigentlich
ausgeschlossen, es sei denn, es ist der
Freund einer Freundin oder man hat
seinen freundschaftlichen Standpunkt
sehr eindringlich deutlich gemacht
und der Andere akzeptiert diesen.
Auch wollte ich nicht glauben, dass
man als Frau nicht ohne männliche
Begleitung ausgehen kann; es ist aber
leider so! Man sollte es nur tun, wenn
man mindestens zu viert ist, ansonsten hat man plötzlich männliche Begleitung, die man gar nicht will oder
findet sich in anderen unschönen
Lagen wieder.
Auch nachts alleine nach Hause gehen
ist keine gute Idee! Nehmt ein Taxi,
die sind in İstanbul auch nicht wirklich
teuer bzw. nachts das Geld wert. Oder
lasst euch von einer Person eures Vertrauens nach Hause bringen (auch
gerne bis vor die Haustür!) Für viele
Männer ist das eh selbstverständlich.
Wenn man in Gruppen unterwegs ist,
ist das alles kein Problem, aber allein
fühlt man sich als Frau oft sehr eingeschränkt im europäischen Freiheitsund Eigenständigkeitsstreben.
Dünne Sachen zum Drüberziehen und
Tücher schützen zumindest gefühlt
ein bisschen vor den Blicken, wenn
man mal wieder keine Lust auf das
„Angestarrtwerden“ hat, und in Bussen helfen vor ungewollten Berührungen große Taschen und Rucksäcke.
Aber auch Männer sind vor den gesellschaftlichen Normen nicht gefeit.
So beobachtet die Nachbarschaft z.B.
ganz genau, was man tut oder eben
nicht tut. Also muss man sich nicht
wundern, wenn man vom Nachbar irgendwann angefahren wird, dass man
zu häufig Besuch hat und man gefälligst seine Gardinen zuziehen soll.
Nichts desto trotz gibt es natürlich
auch die Männer und Frauen, die ganz
65
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
anders sind: Offen, freundlich, interessiert usw. Durch diese bekommt
man dann doch kleine Einblicke in die
Kultur und das Leben.
so vieles mehr… Aber es gibt halt auch
die Dinge, die ungewohnt und einschränkend sind, die aber auch zum
Nachdenken anregen. [...]
Es ist ein völlig anderes Leben und es
herrscht eine andere Mentalität in
İstanbul, was viele gute Seiten hat.
So lädt man sich z.B. oft und gerne als
Freunde gegenseitig ein, das Leben
spielt sich viel mehr im Freien ab und
Viel Spaß dabei!
Foto von Lena Tonke-Margraf - Istanbul, Türkei
66
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Bukarest/ Rumänien
Universitatea de Arhitectură și Urba-nism “Ion Mincu“
Ich bin sehr
dankbar,
hier gewesen sein zu
dürfen
und werde
dieses Jahr
in Rumänien immer
als einen
speziellen Ort
in meinen
Erinnerungen
und Herzen
behalten.
Corina Cuc
Architektur
Vorbereitung
Ich habe mich für ein Auslandsaufenthalt in Bukarest entschieden, weil es
für mich wichtig ist, die rumänische
Architektur zu kennen. Da ich selbst
Rumänisch spreche, wollte ich den
Vergleich zwischen meinem Studium
an der Technischen Uni Berlin und
dem Architekturstudium in Bukarest
machen. [...]
Persönliche Reflexionen über das
Auslandjahr
Ich freue mich sehr, diese Erfahrung
hier gemacht zu haben. Allerdings bin
ich auch mit meiner Entscheidung, an
der TU Berlin zu studieren, sehr glücklich. Die Art und Weise, wie einem
hier an der Ion Mincu Universität die
Studieninhalte beigebracht und abgefragt werden, waren für mich neu
und ich muss gestehen, dass mir diese
an meiner Heimatuni mehr gefallen
haben. In Bukarest war mehr Akzent
auf Einzelarbeit, viel Auswendiglernen
und seltener auf Gruppenarbeiten.
Ich habe natürlich versucht, die Kurse
zu belegen, von denen ich gehört
habe, dass sie interaktiv sind und mit
technischen und visuellen Mitteln den
Lehrinhalt ‘rüberbringen. Diese haben
dann auch sehr viel Spaß gemacht
und die jüngeren Professoren haben
67
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Frische in die Inhalte gebracht. Es gibt
aber viele Fächer, in denen man nur
den vom Professor diktierten Stoff
wissen muss, auswendig. Außerdem
wird hier bei den meisten Fächern
am Ende des Semesters der Stoff abgefragt und die Entwürfe haben auch
nur eine Endnote, nicht viele Prüfungen zwischendurch. So kann man
nicht so gut wissen, wie man sich
während des Semesters entwickelt
hat. Hingegen waren wir in Berlin im
Entwurf wöchentlich auf „Hochtour“
für die Korrekturen mit den Assistenten und Professoren und jede MiniPräsentation sah dort aus wie eine
Endpräsentation hier in Bukarest. Die
Gruppenarbeit und der ständige Austausch zwischen Kommillitonen an
der TU Berlin – Architektur liegen mir
mehr.
Auch das Problem der Verteilung der
Leistungspunkte hat mich beschäftigt.
Für viele Fächer musste man jedoch
viel arbeiten. Da bin ich glücklich,
dass die Fächer an der TU Berlin jeweils 5,6 oder mehr Credits haben.
Somit kann man den Inhalt mehr
vertiefen und muss sich nicht in zehn
Richtungen oberflächlich mit Fächern
beschäftigen.
Die Professoren und Tutoren waren an
der Ion Mincu sehr nett und freundlich mit uns Austauschstudenten. Wir
haben immer Hilfe und Auskunft bekommen. Bei den Noten haben sie
mich mit den rumänischen Studenten
gleichgestellt. Ich hatte den Vorteil/
Nachteil, die Sprache schon perfekt zu
beherrschen und konnte daher nicht
den „Fremdsein Vorteil“ nutzen, aber
68
ich denke, mit den anderen, nicht rumänisch sprechenden ERASMUS Studenten waren sie auch fair.
Was die Menschen und Rumänien
allgemein betrifft, kann ich nur raten,
alle Vorurteile, die man finden könnte,
bei Seite zu lassen, denn wir leben in
einer offenen, multikulturellen Welt,
wo alle ihren Platz haben und sich
gut verstehen können. Rumänien hat
viel von der südlichen Art, das Leben
zu genießen und hektisch zu werden,
aber auch westeuropäische Disziplin
spürt man immer öfter. Weiterhin
kann ich nur behaupten, dass man
hier auf jeden Fall einen unvergessliches Austauschjahr erleben kann.
Die Jugendlichen haben immer Lust
auf neue Freunde und man spürt die
Wärme, wenn man zusammen zum
Beispiel auf Familientreffen geht.
Zu Ostern war ich mit meiner Familie
in Oradea (Westen Rumäniens) und
habe auch meine Zimmerkollegin aus
dem Wohnheim eingeladen, damit
sie nicht alleine in Bukarest bleibt. In
den Ferien gibt es immer die Gefahr,
dass die Stadt von Studenten verlassen wird, wie alle Universitätsstädte
eigentlich. So kam meine Freundin
aus Spanien, Carolina, mit mir zu meiner Familie und hat eine traditionelle
Feier erlebt mit Bräuchen und Essen,
die nur hier üblich sind. Wir hatten
eine schöne rumänische Zeit in Oradea und auf dem Dorf danach zur
Osterfeier. Für sie waren die Bräuche,
nachts die Kirche drei mal zu umlaufen, oder vielleicht das Essen nicht
bekannt, aber wir haben dadurch besondere Erinnerungen. [...]
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Wie man sich für Rumänien
vorbereiten kann
[...] Im Sommer haben viele Freizeitbäder und Clubs auf, die draußen Musik
auflegen und auch einige weitere
Ausgehmöglichkeiten. Fahrradfahren
ist hier nicht üblich, sogar gefährlich
auf den Straßen. In Parks ist es jedoch
eine natürliche Beschäftigung. Die
Autofahrer in Bukarest haben ihren
eigenen Stil: viele von ihnen sind sehr
agressiv und impulsiv.
Ich bin sehr dankbar, hier gewesen
sein zu dürfen und werde dieses Jahr
in Rumänien immer als einen speziellen Ort in meinen Erinnerungen und
Herzen behalten.
Was die Menschen hier angeht, hatte
ich nur positive Erfahrungen. Ich kann
mich nur über meine neuen Freunde
aus Rumänien freuen und wir haben
eine schöne Ferienzeit zusammen
verbracht und werden uns hoffentlich
auch außerhalb Rumäniens treffen.
Wir waren diese Wochen, seit dem
Vorlesungsschluss, ganz oft zelten und
wandern, schwimmen oder Basketball
spielen. Auch Freiluftkonzerte und Festivals haben wir als Gruppe besucht,
rund um Bukarest und im Land.
Ich kann Rumänien nur empfehlen und
kann allen, die sich dafür entscheiden,
ein ERASMUS Jahr an der Ion Mincu
Universität Bukarest zu verbringen,
versichern, dass es sich lohnt, diese
Erfahrung zu machen. Mag es die Art
und Weise sein, wie das Studium abläuft, die Schönheit der Stadt und des
Landes oder die Barmherzigkeit der
Menschen. Einer dieser Fakten wird
jeden davon überzeugen, dass es ein
positives Erlebnis sein wird.
69
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Reykjavik/ Island
University of Iceland
manche Erwartungen
wurden übertroffen,
andere aber
auch nicht erfüllt.
Doch gerade das
machte es
so interessant
und ich denke, gerade
daran wächst man.
70
Birgit Schachler
Energie- und Prozesstechnik
[...] Ich denke, egal für welches Land
man sich aus der großen Anzahl von
Möglichkeiten im Endeffekt entscheidet, man hat oft lediglich eine Idee in
seinem Kopf, wie es dort sein könnte,
wie man möchte, dass es dort ist. In
meinem Kopf schwebte ein Bild von
einem kleinen, kargen Land im kalten
Norden, aus dem ich bis auf die vielen Bands mit ihren melancholischen
Melodien nicht viel kannte und bis auf
ein paar Artikel von einem durch die
Krise aufgewühlten Volk, das einen ExAnarchisten und Comedian zum Bürgermeister seiner Hauptstadt wählte,
nicht viel gehört hatte. Das erste Semester in Island ging schnell vorbei
- manche Vorstellungen bewahrheiteten sich, manche Erwartungen wurden übertroffen, andere aber auch
nicht erfüllt. Doch gerade das machte
es so interessant und ich denke, gerade daran wächst man. Man lebt in
einem fremden Land, lernt eine neue
Kultur kennen, entdeckt Dinge, die
einem dort gefallen oder auch nicht
gefallen und im selben Moment lernt
man eine Menge über sich selbst
und das eigene Land. Island ist zwar
ein sehr kleines Land, von dem man
denkt, man könnte es sehr schnell
kennenlernen, doch ist die isländische
Kultur sehr ambivalent und die Isländer trotz ihrer Herzlichkeit sehr verschlossen, so dass es viel Zeit braucht,
sie kennen zu lernen.
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
[...] Ein weiteres Semester in Island
zu bleiben war eine Entscheidung,
die ich jedem nur raten würde. Nicht
nur, dass man dadurch natürlich noch
vieles mehr über das Land lernt und
erfährt und dadurch, dass man nahezu ein gesamtes Jahr dort verbringt,
auch alle kulturellen Ereignisse miterlebt. Man lernt in dieser Zeit weg von
dem gewohnten Umfeld und seinem
definierten Leben auch sehr viel über
sich selbst und es zeigt einem, was
man schaffen kann. Da viele der Austauschstudenten bereits nach dem ersten Semester wieder nach Hause gingen und viele neue Leute kamen, gestaltete sich das zweite Semester auch
sehr anders als das erste und man
konnte die Freundschaften mit denen,
die ebenfalls zwei Semester blieben,
weiter festigen. Auch da die Isländer
doch sehr verschlossene Menschen
sind und es lange Zeit braucht, das Gefühl zu bekommen, in der Gesellschaft
angekommen zu sein, würde ich zwei
Semester in Island empfehlen.
Es kann teilweise frustrierend sein,
doch es lohnt sich, die Isländer kennen zu lernen.
71
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Brüssel/Belgien
Université Libre de Bruxelles
Für mich persönlich
war das
Erasmus-Jahr
eine super Erfahrung,
die ich nicht vergessen
werde.
ich hätte mir
gar nicht vorstellen
können,
schon nach dem ersten
Semester
wieder nach Hause zu
gehen.
Anne Romann
Wirtschaftsingenieurwesen
Persönliche Reflexion
Für mich persönlich war das Erasmus-Jahr eine super Erfahrung, die
ich nicht vergessen werde. Ich habe
viele tolle neue internationale Leute
kennengelernt und ein paar wichtige
Freundschaften geknüpft. Die ersten
Besuche bei diesen neuen Freunden sind auch schon absolviert. Man
hatte einfach eine unbeschreibliche
Zeit zusammen, weil Erasmus irgendwie anders als das normale Leben ist.
Mehr Freizeit neben dem Studium,
weil man z.B. nicht nebenbei arbeiten
muß wie zuhause und mehr Interesse
an gemeinsamen Unternehmungen
spielte auf jeden Fall eine große Rolle.
Die 10 Monate vergingen leider viel
zu schnell und ich hätte mir gar nicht
vorstellen können, schon nach dem
ersten Semester wieder nach Hause
zu gehen. Deshalb mein Rat, unbedingt zwei Semester im Ausland zu
studieren. Nach dem ersten Semester
weiß man, wie alles so abläuft, hat die
ersten Klausuren in der Fremdsprache
überstanden und die Freundschaften sind etwas enger geworden. Dies
muss man dann unbedingt im zweiten
Semester auskosten und davon profitieren. Auch beim Sprechen wird man
dann erst viel sicherer.
72
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Bei uns war es so, dass unsere Erasmus-Organisation zwar am Anfang des
zweiten Semesters wieder ein paar
Partys organisiert hat, diese jedoch
bei den neuen Erasmus-Leuten merkwürdigerweise nicht so viel Anklang
gefunden haben. Deswegen wurde
es mehr oder weniger eingestellt. Für
uns aber kein Problem, da wir mittlerweile unsere Lieblings-Plätze für Party
gefunden hatten bzw. gerne auch anderes ausprobierten, ohne dort mit
hunderten Erasmus-Leuten aufzutauchen.
Als krönender Abschluß fand ein Abschlußball statt, der superschick und
lustig war. Sogar das Essen war richtig
gut. Eine Teilnahme ist folglich sehr
empfehlenswert! Für die Zeit nach
der Rückkehr in das Heimatland kann
man, denke ich, keine allgemeingültigen Tips geben. Hier muß jeder selbst
sehen, wie er sie gestaltet, um nicht
in ein Loch zu fallen. Am Besten, man
nimmt sich viel für die Zeit danach
vor, um die neu gewonnenen Sprachkenntnisse und Interessen nicht gleich
wieder zu vergessen.
Foto von Anne Romann - Brüssel, Belgien
73
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Budapest/ Ungarn
Corvinus Universität zu Budapest
wer ein Land
kennenlernen möchte,
das eng mit
Deutschland
verbunden ist,
aber doch etliche
Eigenheiten aufweist,
die es zu erkunden gilt,
der ist hier absolut
richtig.
Gerrit von Jorck
Kultur und Technik,
Schwerpunkt Philosophie
Reflexion
Fachlich war der Aufenthalt ein großer Gewinn für mich, so dass ich
mich auch dazu entschlossen habe,
hier noch ein Masterzertifikat in der
Politik und Ökonomie Osteuropas zu
machen. Kulturell hat es sich auch
absolut gelohnt, hierher zu kommen.
Budapest ist ein wenig das Herz des
Balkans, welcher sich von hier extrem
günstig und gut bereisen lässt. Eine
Reise in das 7 Stunden entfernte Belgrad kostet mit dem Zug 15€, inklusive Rückfahrt 25€. Auch eine Fahrt
nach Berlin bekommt man von hier
stets für 29€.
Auf den ersten Blick wirkt Budapest
wie jede andere westeuropäische
Stadt auch, aber mit der Zeit wird man
sich der Unterschiede doch bewusst,
die vor allem ökonomischer Natur
sind. Aber auch politisch ist dieses
Land sehr interessant. Ich durfte die
Anfänge der „Konservativen Revolution“ miterleben, die sich hier schon
weit vor dem Pressegesetz bemerkbar
gemacht hat. Demokratie funktioniert
hier ebenso anders als die Wirtschaft.
Auch das Geschichtsverständnis sieht
hier anders aus.
Vermutlich ist das eine Erfahrung, die
man in jedem Land machen kann. Hier
74
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
war es mir aufgrund der deutschsprachigen Minderheit aber leichter möglich, in die ungarische Gesellschaft
einzutauchen. Zugleich ist mir dadurch aber auch das Auslandsgefühl
ein wenig abhanden gekommen, was
ich persönlich gut fand, aber was ich
schade fände, wenn ich nicht schon
zuvor einmal im Ausland gelebt hätte.
Die Sprachbarriere hat mich zudem
daran gehindert, zu Ungarn nachhaltig Kontakt aufzubauen. Wer sich also
völlig los machen möchte vom deut-
schen Kulturkreis, ist hier absolut fehl
am Platze, wer aber ein Land kennenlernen möchte, das eng mit Deutschland verbunden ist, aber doch etliche
Eigenheiten aufweist, die es zu erkunden gilt, der ist hier absolut richtig.
Foto von Friedrich von Oldershausen - Budapest, Ungarn
75
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Paris/ Frankreich
Université Paris VIII Saint Denis
Aus persönlicher Sicht
habe ich mich noch
nie so europäisch und
gleichzeitig so deutsch
gefühlt.
76
Michael Fugel
Planung und Betrieb im
Verkehrswesen
[...] Persönliche Zusammenfassung
Die Bewerbung auf ein Auslandsjahr
in Paris vor etwa anderthalb Jahren
war eine relativ spontane Aktion.
Zwar hatte ich im damaligen Semester begonnen, mein Französisch aufzufrischen, doch irgendwie hat mir
der Mut gefehlt, meine Zelte für ein
Jahr in Berlin abzubrechen. Fragen
wie: „Was wird mich dort erwarten?“,
„Was mache ich, wenn ich merke,
dass ich mich in Paris überhaupt nicht
wohl fühle?“ „Werde ich die Leute
verstehen und sie mich?“, Kann ich
den Vorlesungen folgen?“ , „Was passiert mit meiner Berliner Wohnung?“
oder „Kann ich mich danach wieder in
Berlin einfinden?“, haben mir damals
noch arge Kopfschmerzen bereitet.
Dann eine Woche vor Anmeldeschluss
für das folgende Wintersemester,
habe ich dann, ohne weiter darüber
nachzudenken, die Bewerbungsformalien ausgearbeitet und abgegeben.
Ich muss zugeben, dass ich danach
ein sehr mulmiges Gefühl hatte, ob es
wirklich die richtige Entscheidung war.
Jetzt am Ende meines Jahres in Paris
kann ich mit Genugtuung sagen, dass
es eine der besten Entscheidungen
war, die ich bisher für mich getroffen
habe.
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Zunächst denke ich, dass ein Auslandsjahr nach dem bestandenen Bachelor, die perfekte Zeit dafür ist. Man
kann sich in dieser Zäsur ganz in Ruhe
einlassen auf das Neue und Fremde,
ohne ständig daran denken zu müssen, was noch im Rahmen des deutschen Studiums alles zu erledigen, zu
schreiben oder zu bestehen ist.
[...] Aus persönlicher Sicht habe ich
mich noch nie so europäisch und
gleichzeitig so deutsch gefühlt. Ein
sehr widersprüchliches und doch
für mich logisch erscheinendes Phänomen: Der Universitätsalltag, Ausgehen am Wochenende, Einkaufen
gehen oder der gewohnte Zeitvertreib im Internet stellen doch genau
denselben Rahmen wie in Berlin oder
anderswo in der Welt dar. Doch sind
es andererseits auch die alltäglichen
Kleinigkeiten, wie der Gang zur Boulangerie, zu Einrichtungen wie der
französischen Post oder Bahn oder
einfach nur in einem der unendlich
vielen Eck-Cafés zu sitzen, wodurch
sich die Nuancen zwischen Deutschland und Frankreich für mich doch
deutlich herausgestellt haben. Die allseits bekannten deutschen Tugenden,
von denen ich immer dachte, sie nie
zu besitzen, scheinen doch auch auf
mich abgefärbt zu haben.
meine Universität befindet. Und die
Chancen als ausländischer Studierender auf einer sogenannten „Grande
Ecole“ aufgenommen zu werden, stehen nicht einmal so schlecht, wie ich
dort mitbekommen habe.
So kann ich mit diesen Worten zwar
meinen ERASMUS-Erfahrungsbericht
abschließen, jedoch nicht mein persönliches Kapitel „Frankreich“, an dem
mit Sicherheit noch in der nachfolgenden Zeit weiterzuschreiben sein wird.
Es war eine sehr schöne Zeit in Paris
und ich spiele ernsthaft mit dem Gedanken, in meiner späteren Studienlaufbahn auch wieder dorthin zurückzukehren. Darauf brachte mich die
Teilnahme am Tag der offenen Tür der
„Ecole des Ponts et des Chaussées“,
die sich auf demselben Campus wie
77
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Tartu/ Estland
Universität Tartu
Zur Persönlichkeitsentwicklung, zum
Kennenlernen
anderer Kulturen,
zum Treffen
von Studenten
aus aller Welt
ist ein Austauschjahr
sehr wertvoll.
Timo Seemke
Physik
Gründe für die Wahl des
Studienortes
Nach einigen Jahren des Studiums
in Berlin wollte ich in einer kleineren Stadt mit guter akademischer
Reputation außerhalb Deutschlands
studieren. Die üblichen Destinationen Frankreich und Großbritannien
(Glasgow), mit denen in der Physik
ein intensiver Austausch unterhalten
wird, wären auch in Frage gekommen,
aber es erschien mir reizvoller, in ein
kleineres, unbekannteres Land zu
gehen. Ich war bereits 2008 in Estland
im Rahmen eines EU-Jugendbegegnungsprojekts.
Ich konnte die Technische Universität
Tallinn besichtigen und einige Tage in
Tallinn verbringen. Dadurch ist Estland erstmals auf der Liste der möglichen Zielorte aufgetaucht.
Fazit
[...] Ich habe hier einen Großteil der
Dinge gefunden, die ich in Berlin
vermisst habe und viele der Verbesserungsvorschläge, die ich an die TU
Berlin hätte, finde ich in Tartu bereits umgesetzt. Zum Teil liegt das
möglicherweise an der Rolle als Austauschstudent und der freundlichen
Behandlung, die aus dem Wissen
der Bewohner eines kleinen Landes
78
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
resultiert, Fachkräfte und Austausch
mit anderen Ländern in besonderem
Maße zu brauchen. Die Abwesenheit
des notorischen Berliner „Genöle“
und „Meckerns“ macht das Leben
angenehmer und lässt einen lächelnd
durch die Straßen wandern. Für das
Studium der Physik ist die Kenntnis
der estnischen Sprache wichtig, weil
es wenige Kurse auf Englisch gibt.
Zur Persönlichkeitsentwicklung, zum
Kennenlernen anderer Kulturen, zum
Treffen von Studenten aus aller Welt
ist ein Austauschjahr sehr wertvoll.
Estland als dynamisches Land, das vor
20 Jahren noch Teil der SU war und
nun den Euro als Währung nutzt, ist
da in besonderem Maße spannend.
Eine Widrigkeit, mit der es in Estland
wie in allen nordischen Ländern umzugehen gilt, ist die Dunkelheit des
Winters.
Dennoch empfehle ich, am ERASMUSProgramm teilzunehmen!
79
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Austauschprogramme in Überseeländern
Australien
Brasilien
Chile
China
Ecuador
Japan
Kanada
Mexiko
Neuseeland
Singapur
Südkorea
Taiwan
USA
80
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
81
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Shanghai/ China
Shanghai Jiao Tong Universität
China war schlichtweg
eine grossartige
Zeit für mich. Die
Mengen an Eingaben
und Eindrücken, mit
denen mein Verstand
überflutet wurde,
war schlichtweg
überwältigend.
Dorian Schneider
Technische Informatik
Einleitung
„Tschong Tsching“, „Hong Bao Wulumikila“, „Hamama Hulila“. Es klang
schon musikalisch - dieses Chinesisch.
Ein wenig wie der Kanarienvogel von
Phillip, wenn ich denn wieder einmal
zu Besuch war und mit dem Bleistift
im Käfig herumstocherte. Wirkliche
Sätze oder gar Wörter konnte ich nie
heraushören, aber irgendwie passte
das aufgeregte Zwitschern zu den
schnell agierenden, gar schon zappelig anmutenden Angestellten von
Wangs China Ecke.
Wang selber hatte immer ein breites,
sympathisches Lachen auf den Lippen, das seinen schiefen Zähnen stets
ein wenig Sonnenschein zugute kommen ließ. Wang war ein alter Mann
mit kurzen, krummen Beinen und
einem Deutsch, das mit dem Legobaukasten Prinzip gesprochen wurde:
Wenn kein roter Stein in Griffweite war, dann wurde eben der blaue
genommen, um die Satzbrücke fertig
zu konstruieren. Geschmeckt hat es
mir immer bei ihm und gut verstanden haben wir uns sowieso.
Wo Wang aber eigentlich herkam,
welchen Kulturkreis er sein Eigen
nannte und wie es dort in der Ferne
aussieht, davon hatte ich freilich keine
Ahnung. Alles, was ich wusste, war,
82
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
dass die Ente süß‐sauer mit Ananas
daher kommt und dass Japaner, Koreaner und Chinesen sowieso alle
identisch sind ‐ mit dem einzigen Unterschied, dass die Japaner uns mit
ihren Autos Konkurrenz machen und
die Chinesen sich gar nicht erst die
Mühe geben und einfach gleich alles
kopieren... Verzeihung, könnte ich
noch eine Wang Tang Suppe haben ?
Letzten Dienstag traf ich Wang wieder.
Er ist noch immer der gleiche sympathische alte Mann mit krummen Beinen und schiefen Zähnen. Die Angestellten der China Ecke sind auch noch
die alten, wuseln hin und her und
haben nach wie vor stets ein breites
Lachen.
Viel hat sich nicht verändert in den
letzten 2 Jahren… bis auf die Tatsache,
dass Wang und ich nun miteinander
chinesisch sprechen. [...]
Fazit
China war schlichtweg eine großartige Zeit für mich. Die Mengen an
Eingaben und Eindrücken, mit denen
mein Verstand ‐ besonders in der
ersten Zeit ‐ überflutet wurde, war
schlicht überwältigend. Als quasi Berliner Dorfjunge tauchte ich ein in eine
fremde Welt voller Differenzen und
Kontraste, eine Welt, in der das allgemeine Gedankengut sich erheblich
von dem unseren unterscheidet, die
anders zu ticken scheint. Mir wurde
die Möglichkeit gegeben, neue Ideen
und Ansichten zu entwickeln, eine
neue Sprache zu erlernen, interessante Menschen zu befreunden und
auch sehr wichtig, die Fähigkeit meine
eigene Heimat aus einer völlig anderen Perspektive zu betrachten. Zwar
blieb das Lernniveau im technischen
Bereich unter meinen Erwartungen,
doch haben die Erfahrungen und
Eindrücke, die ich über meine Zeit in
China hinweg gesammelt habe, dieses
Manko mehr als kompensiert.
Grundsätzlich, aber nicht uneingeschränkt, kann ich jedem ein Auslandsstudium in China empfehlen.
Voraussetzung hierfür muss aber eine
große Toleranzbreite für andere Ansichten und Prinzipien sein, eine Hand
voll Mut und Abenteuerlust, Anpassungsfähigkeit und ein gewisses Maß
an Geduld und Nervenstärke. Sollten
diese Punkte zumindest teilweise vorhanden sein, so steht einer spannenden und aufregenden Zeit in den östlichen Gebieten unseres Globus nichts
mehr im Wege. China, ich komme!
Ausklang
Dienstagabend wird fortan stets mit
einem Besuch in Wangs China Ecke
gekürt. Man kennt mich mittlerweile,
ich bin die Langnase, die chinesisch
spricht, der Deutsche, der sich die
Mühe gemacht hat, sich mit der chinesischen Kultur vertraut zu machen,
jemand der in „Made in China“ mehr
83
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
sieht als toxisches Spielzeug. Und das
wird auch entsprechend gewürdigt.
„De An“ nennen sie mich, die Zeichen
für Tugend und Sicherheit. Für meine
Ente süß‐sauer muss ich nicht mehr
bezahlen, sie wird von Wang stets
persönlich serviert, begleitet von langen Unterhaltungen und Anekdoten
aus dem Reich der Mitte. Zugegeben,
längst nicht alles kann ich verstehen,
was Wang da in vollem Enthusiasmus
von seiner Heimat erzählt, und oft
nicke ich nur zustimmend mit dem
Kopf, nicht wissend, um was es gerade eigentlich genau geht, um ihn ja
nicht aus dem Schwärmen zu bringen.
Aber das ist dem alten Mann im Grunde auch egal, ob ich alles verstehe, er
ist nur froh darüber, Botschafter sei-
Foto von Mahmoud Mabrouk - Impressionen, China
84
ner eigenen Kultur im fremden Land
zu sein. Zu kommunizieren, wo er
herkommt, was sein Volk ausmacht,
seine Stärken und Schwächen ‐ genauso wie es mich stolz gemacht hat,
wenn sich Fremde in China für meine
Heimat interessierten, teils sogar begeistern konnten.
Ich wünsche allen Studenten, die sich
dafür entschieden haben, in China zu
studieren, nur das Beste, und möchte diejenigen zum Schritt nach China
motivieren, die sich noch nicht entschieden haben. Ich bin mir sicher,
dass Ihr eine aufregende und unvergessliche Zeit erleben werdet, eben
genauso wie es mir ergangen ist.
Zai Jian – Auf Wiedersehen!
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
São Paulo/ Brasilien
Universidade de São Paulo
Wie ein Traum
erscheint die verlebte
Zeit im Rückblick,
eine in akademischer
und persönlicher
Hinsicht entrückte
Episode, durchlebt in
einer anderen Welt.
Doch diese Welt ist
nun ein Teil von mir –
und ich bin
ein Teil von ihr.
Andreas Rathmann
Elektrotechnik
[...] Das persönliche Resümee
Eine von Austauschstudenten oft getroffene Feststellung dürfte wohl in
etwa so klingen: „Erst im Land X habe
ich viel über mich und meine Heimat
gelernt, über ihre Wirkung auf andere
Menschen, ihre interkulturelle Position und damit verbundene Vorurteile
und Chancen.“
Mir ging es natürlich nicht anders.
Wird man von Menschen dazu eingeladen, in ihre Häuser einzutreten,
mit ihnen zu lernen und zu lachen,
werden viele Fragen über die eigene
Persönlichkeit ausgeräumt oder zumindest weniger nebulös.
Als unschätzbare Erfahrungen möchte
ich jedoch das schlichte Gefühl nennen, einmal langfristig „der Ausländer
zu sein“. Selbst ausgedehnte Reisen
können diese Stellung nicht glaubwürdig simulieren – erst die enge Bindung durch Sprache und eine partielle
Gleichstellung vermitteln die Bedeutung dieses Daseins. Da ich zu meiner
Schulzeit nie die Gelegenheit hatte, in
puncto Bildung ein Jahr im Ausland zu
verbringen, war Brasilien eine lang ersehnte Chance.
Und obwohl ich nie ein Reisemuffel
war und bereits vor den Tagen an der
USP weit über den Tellerrand Berlins
85
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
geblickt hatte, möchte ich als Konsequenz meines Austauschs nun anderen Menschen verstärkt helfen, sich in
meiner Heimat zurechtzufinden. Um
ihnen nicht das Gefühl zu vermitteln,
dass sie verloren sind. Um ihnen den
Eindruck zu nehmen, dass eine Großstadt oder ein fremdes Land persönliche Zuwendung ohne Kompromisse
generell ausschließt. Genau diese Geschenke habe ich an der USP und im
privaten Umfeld fast selbstverständlich bekommen, ohne dass von mir
irgendeine Form der Gegenleistung
erwartet worden wäre.
Nur eingeschränkt ernstgemeint ist
hingegen die Feststellung, dass viele
meiner neuen Freunde sehr hart im
Nehmen sind. Natürlich mag dies
daran gelegen haben, dass sich die
Mitstudenten teilweise im fünften und
somit letzten Jahr ihres Studiengangs
befanden. Praktika im laufenden Semester standen an der Tagesordnung,
selbst wenn zehn Vorlesungen oder
mehr besucht wurden. In Erinnerung
geblieben ist mir der Kommentar:
„Habe seit drei Tagen nicht geschlafen, manchmal geht es eben nicht anders.“ Ich hoffe, dass mich diese auch
anderenorts erfahrene Hartnäckigkeit
etwas von der eigenen (im Optimalfall
nur in meiner Einbildung vorhandenen) Wehleidigkeit abgebracht hat.
Es sind Details, die mein Bild von
Brasilien wie Puzzlestücke zusammensetzen. Seien es die Fahrgäste
auf Sitzplätzen in einem vollen Bus
in São Paulo, die ohne Hintergedanken Taschen oder andere Mitbringsel
der Stehenden auf ihrem Schoß be86
wachen. Seien es die mit Elektrozaun
gesicherten Wohnkomplexe, die aus
Sperrmüll gebauten Unterkünfte.
Seien es die aufsteigenden Drachen,
die vielen verschiedenartigen Kirchen.
Sei es das breit gefächerte Klima im
eigenen Land.
Blonde und blauäugige Mädchen im
Süden, fischende Kinder im Amazonas. So viele Unterschiede, die Brasilien zu einem flimmernden Ganzen
werden lassen, das sich in altkluger
Nachsicht, wie die meisten seiner Bewohner, mit einer einzigen Frage begnügt: „Hat Dir Brasilien gefallen?“
Ja. Das hat es.
Die Abreise: Até breve, Brasil...
Nun war er gekommen. Der Moment,
vor dem ich mich monatelang insgeheim gefürchtet hatte. Würde man
mir meine Erlebnisse in der Heimat
überhaupt abkaufen, sie in ihrer vollen Intensität zu schätzen wissen?
Würde ich in der Lage sein, der Familie und den Freunden die Erfahrungen so zu servieren, dass sie zumindest im Kopf wiederauferstehen
könnten? Und, was am wichtigsten
war, würden mich alle Erinnerungen
nach und nach verlassen, um bei
einem Blick auf die südamerikanische
Landkarte vollständig im Nichts der
Vergangenheit verloren zu sein?
Nichts da. Denn Brasilien war gut zu
mir. Dass ich nie überfallen, angeschossen oder gar zerstückelt wurde,
ist für mich lediglich eine Randnotiz.
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Es war kein Austauschjahr in einem
Land – ich war in einem Kontinent.
Wie ein Traum erscheint die verlebte
Zeit im Rückblick, eine in akademischer und persönlicher Hinsicht entrückte Episode, durchlebt in einer anderen Welt.
Doch diese Welt ist nun ein Teil von
mir – und ich bin ein Teil von ihr. Dafür
danke ich dem Akademischen Auslandsamt der TU Berlin, meinen Professoren, meinen neuen Freunden,
São Paulo... und Brasilien. Brigadão.
[...]
Foto von Andreas Rathmann - Sao Paulo, Brasilien
87
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Taipeh/ Taiwan
National Taiwan University
Hast du
die Möglichkeit
ins Ausland
nach Asien
zu gehen,
dann wage es.
Ein Jahr in Taiwan
zu verbringen
war wahrscheinlich
die beste Erfahrung
meines Lebens.
88
Jan-Paul Kupser
Wirtschaftsingenieurwesen
Ein zweites Semester in Taiwan –
lohnt sich das überhaupt?
Diese Frage muss ich ganz klar mit
einem lautstarken „Ja!“ beantworten.
Auch ich stand bei der Bewerbung vor
der Frage, ob denn nun zwei Semester
im Ausland nicht zu viel sein würden.
Habe ich dann nicht schon alles mindestens einmal erlebt? Vermisse ich
meine Heimat dann nicht zu sehr?
Nein, und nein. Die meisten Austauschstudenten an der NTU blieben
nur für ein Semester, und eigentlich
alle, mit denen ich gesprochen hatte,
bereuten ihre Entscheidung und
wären gerne für ein zweites Semester
geblieben. In so ein fernes Land wie
Taiwan zu reisen, ist eine große Umstellung auf vielen Ebenen, die Zeit
braucht. Zum Beispiel dauert es natürlich eine Weile, bis man sich in ein
so fremdes Land wie Taiwan eingelebt
hat. Dazu gehören soziale Kontakte,
das Leben in der Uni und auf dem
Campus, das Wetter, Essen und wahrscheinlich am wichtigsten: die Sprache. Chinesisch kann man nicht ohne
Vorkenntnisse innerhalb eines halben
Jahres lernen. Es gibt so viele neue
Dinge, die man sehen oder ausprobieren will. Taiwan ist eine kleine Insel,
hat aber vom weißen Sandstrand bis
zur Bergspitze auf fast 4000m so gut
wie alles zu bieten. Zudem ist die Lage
Taiwans natürlich strategisch perfekt
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
für weitere Entdeckungsreisen zu den
umgebenden Ländern wie Hong Kong,
China, Malaysia, Philippinen, Japan,
etc. – das erwähnte ich übrigens auch
in meinem Motivationsschreiben und
wurde anscheinend beim AAA auch
gut aufgenommen. Und all das will
man neben dem Studieren machen,
die Zeit rennt im Ausland!
Kurzum, ich empfehle jedem Interessenten, den Mut zu fassen und für ein
Jahr zu bleiben. Viele wertvolle Erfahrungen konnte ich erst auf Grundlage
meines ersten Semesters in Taiwan
machen. Asien kann man nicht am ersten Tag verstehen. (und selbst nicht
nach einem Jahr, dafür ein bisschen
besser). [...]
Ein letztes Wort…
Ich habe nicht nur über Taiwan, sondern auch über die Länder und Kulturen der anderen Austauschstudenten
unglaublich viel gelernt und nebenbei, noch richtige Freunde aus den
unterschiedlichsten Teilen dieser Welt
gefunden. Selbstverständlich, gerade
am Anfang hat man mit vielen Schwierigkeit zu kämpfen. Insbesondere in
den ersten Wochen fühlt man sich
wieder wie ein Kleinkind, da man zum
Beispiel mangels Chinesisch Kenntnisse weder alleine sein Essen bestellen
kann, noch die Ankündigungen des
Professors versteht. Das ist hart, da
man immer auf die Hilfe anderer angewiesen ist und erfordert einiges an
Durchhaltevermögen. Hinzu kommt
die Frustration beim Chinesisch lernen, die jeder, den ich kenne, durchlebt hat. Da lernt man seit einem
halben Jahr jeden Tag eine Sprache
und kann im Endeffekt nicht mal nach
dem Weg fragen, ein Buch bestellen
oder eben die Speisekarte lesen. (Ich
betone das Thema Essen deswegen
so sehr, da erstens, das Studentenwohnheim keine eigene Küche hat
und somit immer auswärts gegessen
werden muss, und zweitens Essen im
Allgemeinen eine sehr große Bedeutung in Taiwan hat!)
Doch kein Grund zur Sorge! Taiwaner
sind wirklich sehr, sehr hilfsbereite
und nette Menschen, die mit einem
Lächeln im Gesicht und so einer Natürlichkeit dir helfen, dass ich eigentlich nie das Gefühl hatte, eine Last für
meine von mir geplagten Chinesisch
sprechenden Freunde zu sein. Auf
meinem Blog kannst du bei Interesse mehr Erfahrungen nachlesen:
http://paulintaiwan.wordpress.com
Und durch Taiwan latent beeinflusst,
helfe ich dir natürlich auch gerne, falls
du noch Fragen zu einem Austausch
mit Taiwan haben solltest.
Hast du die Möglichkeit ins Ausland
nach Asien zu gehen, dann wage es.
Ein Jahr in Taiwan zu verbringen war
wahrscheinlich die beste Erfahrung
meines Lebens.
89
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Salt Lake City/ USA
University of Utah
Ergreift
die letzte Chance
eures Lebens,
unverbindlich
für längere Zeit
ins Ausland zu gehen
und ich verspreche
euch,
dass es zum Abenteuer
eures Lebens wird.
Andreas Cienciala
Wirtschaftsingenieurwesen
Einleitung
Das Studium ist generell die letzte
Chance, um in einem fremden Land
für längere Zeit zu leben. Anschließend verhindern meist Job, Familie
oder andere Verpflichtungen diese
Möglichkeit. Doch ein Auslandsjahr ist
für jeden aus vielen anderen Gründen
sehr wertvoll. Man verfeinert nicht
nur eine Fremdsprache, sondern man
lernt neue Kulturen, Leute und ganz
besonders sich selbst kennen. Mit
diesem Bericht möchte ich jede Studentin und Studenten der TU Berlin,
die an einem Auslandsjahr interessiert sind, ermutigen, sich auf dieses
Abenteuer einzulassen. [...]
Schlusswort
Ich empfehle jedem, sich für die University of Utah zu bewerben. Die Universität bietet ein großes akademisches Angebot auf allerhöchstem Niveau. Wer dazu noch abenteuerlustig
ist und gerne Sport treibt, ist in Utah
perfekt aufgehoben. Ergreift die letzte
Chance eures Lebens, unverbindlich
für längere Zeit ins Ausland zu gehen
und ich verspreche euch, dass es zum
Abenteuer eures Lebens wird.
90
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Foto von Andreas Cienciala - Big Sur Nationalpark, USA
Foto von Andreas Cienciala - Unterkunft auf dem Campus, University of Utah, USA
91
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Pohang/ Korea
Postech
Insgesamt
war das Jahr
in Korea eine
grossartige Zeit
und Erfahrung. Ich
würde behaupten,
dass ich nie zuvor in
einer so kurzen Zeit so
viele unterschiedliche
Menschen kennengelernt und so viel
interkulturelle
Erfahrung und soziale
Kompetenz gesammelt
habe.
92
Georg Frübing
Elektrotechnik
[...] Gesamtreflexion
Die Koreanische Kultur und Gesellschaft unterscheidet sich sehr von der
in Deutschland und wird häufig als
Ausländern gegenüber verschlossen
bezeichnet. Tatsächlich ist es so, dass
viele Koreaner sehr an dem Kontakt
mit westlichen Personen und deren
Kultur und Lebensweise interessiert
sind. Allerdings ist es ziemlich schwer,
eine ernsthafte Freundschaft mit
einem Koreaner zu entwickeln. Selbst
wenn man mit einigen vielleicht viel
Zeit verbringt, bleibt das freundschaftliche Verhältnis meist eher
oberflächlich. Die sprachliche Barriere
und der nur sehr kleine Rahmen individueller Freizeitgestaltung der Koreaner kommen erschwerend hinzu.
Allerdings fand ich, dass das DICE
sehr viele Möglichkeiten bietet, mit
Koreanern und auch vielen Leuten anderer Kulturen in engeren Kontakt zu
kommen. Hinzu kommt, dass an der
Postech, wegen ihrer geringen Größe
und der etwas weniger urbanen Lage,
weniger Ausländer studieren als dies
z.B. in Seoul der Fall ist und man dadurch weniger schnell dazu neigt, nur
mit Personen seines Kulturkreises zu
verkehren, anstatt sich ein wenig in
das koreanische Leben zu integrieren.
Letzteres bedeutet meiner Meinung
nach immer den größeren Erfahrungsgewinn.
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Insgesamt war das Jahr in Korea eine
großartige Zeit und Erfahrung. Ich
würde behaupten, dass ich nie zuvor
in einer so kurzen Zeit so viele unterschiedliche Menschen kennengelernt
und so viel interkulturelle Erfahrung
und soziale Kompetenz gesammelt
habe. Ich hatte unglaublich viel Spaß,
Freizeit, Parties und habe unglaublich
viele neue und interessante Dinge in
einer dafür recht kurzen Zeit erlebt
und kennengelernt. Ich kann ein Studium in Korea und an der Postech nur
wärmsten empfehlen und halte es für
eine Möglichkeit einer besonderen
persönlichen Entwicklung und eines
wichtigen Erfahrungsgewinns und
natürlich auch für eine in jedem Fall
schöne und erlebnisreiche Zeit.
Ich gratuliere allen zukünftigen Bewerbern, die sich für ein Studium an
der Postech oder anderswo in Korea
entschließen, zu dieser Entscheidung
und wünsche eine großartige, unvergessliche Zeit in Korea!
Foto von Alexander Schenk - Südkorea
93
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Montréal/ Kanada
École Polytechnique de Montréal
Ob ich es jemals bereut
habe, Montréal
gewählt
zu haben?
Nicht eine Sekunde.
Beate Scheibler
Wirtschaftsingenieurwesen,
Schwerpunkt Elektrotechnik
[...] Persönliche Reflexion
Ich bin sehr froh, diesen Austausch
zu machen. Natürlich gibt es auch
Momente, in denen meine Familie
und meine Freunde mir fehlen, wäre
ja auch traurig, wenn nicht. Aber so
ein Jahr im Ausland ist einfach unbeschreiblich, man lernt und erlebt
so viel… Die Lebensweise hier ähnelt
zwar der deutschen, doch die Feinheiten machen den Unterschied. Ich
genieße es, unabhängig von meinem
normalen Umfeld ich selbst sein zu
können und meine Entscheidungen
für mich zu treffen.
Doch letztendlich sind es die Menschen, mit denen man den Austausch
verbringt, die es so einzigartig machen. Ich habe Freundschaften zu Studenten aus den verschiedensten Ländern geknüpft. Wir haben so vieles,
über das wir uns austauschen können,
ich lerne jeden Tag dazu. Aber natürlich ist dieses Jahr nicht nur privat bereichernd. Die Erfahrung, an so einer
praktischen Universität zu studieren,
ist sehr aufregend für mich. Mir fehlte bisher in meinem Studium etwas
der Bezug zur praktischen Anwendung des Gelernten. Hier habe ich die
Möglichkeit, sehr praktische Fächer zu
wählen und die Theorie anzuwenden.
Jedoch muss ich auch zugeben, dass
94
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
den Studenten hier manchmal etwas
theoretisches Wissen fehlt, das wir an
der TU Berlin ja gut beigebracht bekommen. Aufgrund dieser Unterschiede ist es so schön, beide Versionen
kennenzulernen.
Die Gegend Québec bietet viele Möglichkeiten, in der Natur unterwegs zu
sein. Ob im Sommer zum Wandern
oder Kanu fahren oder im Winter zum
Skilaufen oder rodeln. Es gibt so viel
zu sehen, da reicht die Zeit nie aus.
Aber ich genieße es, am Wochenende mit meinen Freunden die Gegend
zu entdecken. Auch in die USA (beispielsweise nach New York und Washington) ist es nicht weit. Ich gebe mir
Mühe, soviel wie möglich von meiner
freien Zeit zu profitieren und so viel in
mir aufzunehmen, wie ich kann.
gehört man auch für die kanadischen
Studenten richtig dazu. Mir war es
wichtig, an diesem Punkt anzugelangen. Denn dann ist man nicht mehr
zu Besuch in einer fremden Stadt
und einer fremden Uni, sondern man
hat ein zweites Zuhause gefunden,
Montréal, und fühlt sich zugehörig zur
École Polytechnique de Montréal.
Ob ich es jemals bereut habe, nicht
nach Lateinamerika gegangen zu
sein? Montréal gewählt zu haben?
Nicht eine Sekunde.
Ja, der Austausch hat mich verändert,
natürlich. Aber das ist auch gut so.
Ich habe mir Zeit genommen, in Ruhe
und mit Abstand darüber nachzudenken, was ich eigentlich will und was
mir wichtig ist. Diese Zeit nahm ich
mir in meinem Alltag in Deutschland
leider nicht. Doch wenn man erst mal
raus ist, versteht man, dass man vom
Leben profitieren sollte, wenn man
die Möglichkeit hat. Für mich war die
Entscheidung richtig, ein ganzes Studienjahr hier zu verbringen. Meiner
Erfahrung nach lebt man sich nach
4-6 Monaten erst so richtig ein und
hat keine Probleme mehr mit der Verständigung. Und wenn man dann in
der nächsten session wieder dabei ist,
95
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Tokio, Japan
Sophia Universität
Ich möchte
unbedingt empfehlen,
die Chance eines
Auslandssemesters
zu nutzen,
viel Engagement zu
bringen und wirklich
auf Leute zuzugehen.
Christian Knuth
Wirtschaftsingenieurwesen,
Interesse an Japan?
Dein Interesse an Japan ist eine prima
Basis für wirklich großartige Erfahrungen im Rahmen deines Studiums im
Ausland. Das Land ist zwar in vielen
Punkten gegensätzlicher als du es in
den meisten anderen Orten auf der
Welt erfahren würdest, aber du wirst
vermutlich nirgendwo so freundlich
und hilfsbereit behandelt wie hier im
Land der aufgehenden Sonne.
Öffnest du dich den vielen neuen
Eindrücken sowie netten Menschen,
wirst du es sicherlich nicht bereuen
und Unterstützung für die bevorstehenden Herausforderungen erhalten.
[...] Die nukleare Katastrophe in Fukushima, die dem verheerendem Erdbeben und Tsunami vom 11.03.2011
folgte, führte dazu, dass ich mein
zweites Semester in Japan nach einigem Überlegen absagte.
Ich hoffe wirklich, dass sich die Situation in Nordjapan in den kommenden Monaten entspannt und du
weiterhin die Möglichkeit bekommst,
dieses wunderschöne Land und vor
allem Tokio hautnah kennenzulernen.
[...]
96
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Leben in Japan, Japaner und Tokio
Wohnen und Leben kostet in der Region um und insbesondere in Tokio einige Taler mehr als zu Hause in Berlin.
Wenn möglich solltest du frühzeitig ein
bisschen zur Seite legen und auch von
Ersparnissen zehren und dich erkundigen, was es für Stipendien jenseits
der TU als Zuschüsse zum Auslandssemester gibt (in den letzten Jahren
relativ gering mit knapp 200 Euro). So
gibt es zum Beispiel Auslandsbafög,
welches nicht zurückgezahlt werden
muss. Außerdem bietet der Deutsche
Akademische Auslandsdienst (DAAD)
verschiedene Förderungen und auch
von japanischer Seite gibt es von
JASSO lukrative Stipendien von bis
zu 700 Euro. Leider wird die Miete in
Tokio schon über 500 Euro liegen und
damit ist schon mal ein gewaltiger
Batzen Geld weg. In meinem Fall habe
ich die Miete des Wohnheims für das
Semester im Voraus bezahlen müssen
und das auch noch kurzfristig, nachdem die letzte Post von der Sophia
kam (per Auslandsüberweisung mit
25 Euro Gebühr). Im Semester hatte
ich dann trotzdem noch Kosten für
Telefon und Internet von bis zu 100
Euro monatlich. Die Transportmittel
in Tokio gehen auch ins Geld. Von der
Uni bekommt man zwar Rabatt für die
Strecke zur Uni durch einen speziellen
Pendlertarif für Studenten, aber der
Rest wird normal auf z.B. die PASMO
bzw. SUICA-Karte (bargeldlos prepaid
bezahlen) aufgeladen oder bezahlt
(Grundkosten 40-60 Euro für Unistrec-
ke monatlich). Die hohen Lebenshaltungs- und vor allem Unterhaltungskosten trieben meinen finanziellen
Bedarf im Monat sicherlich auf über
tausend Euro (inkl. der Miete). Im täglichen Leben schafft man es zwar mit
selbstgekochten Reisgerichten mit
wenig Fleisch oder günstigen Mensaessen (um 3 Euro) auch günstig zu
essen, häufig werden Einladungen zu
Essen und Trinken mit Freunden aber
ins Geld gehen. Die Ausgehkultur ist
in Japan eben sehr ausgeprägt. Der
Euro zu Yen Kurs betrug in den letzten 12 Monaten regelmäßig zwischen
1:110 und 1:115. Frühere Austauschstudenten hatten mehr Yen für ihren
Euro gekriegt. Es ist fraglich, ob sich
das nochmal ändert nach dem großen
Erdbeben.
Das Leben in Japan und Tokio wird
vor allem durch die Höflichkeit und
Freundlichkeit der Menschen sowie
der hohen Servicequalität in Geschäften und der Sauberkeit der Stadt ganz
besonders im Vergleich zu deinem
Heimatland wirken. Durch deinen Besuch der Uni-Veranstaltungen werden
sich vermutlich wenige Gelegenheiten bieten, Kontakt zu „richtigen“ Japanern aufzubauen, weil die meisten
richtigen Japaner keine englischen
Veranstaltungen besuchen. Allerdings
bieten sich an der Uni viele Clubs im
sportlichen, musikalischen oder anderen Bereichen. Wichtig ist von Anfang
an, sich gut Namen zu merken und
natürlich Kontakt zu suchen, weil viele
doch etwas schüchtern sind. Falls man
97
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
in einem bestimmten Kreis angekommen ist, wird sich meiner Erfahrung
nach bemüht, ein möglichst familiäres
Verhältnis zu pflegen. Grundsätzlich
wird Engagement von deiner Seite
wirklich honoriert und so lohnt es
sich, etwas in diese Freundschaften
zu investieren. Das heißt vor allem bei
möglichst allem Quatsch mitzumachen, egal wie blöde es klingen mag,
Spaß macht es am Ende so gut wie
immer. Zudem wird sich zwangsläufig
der eine oder andere Kontakt zu anderen internationalen Studenten ergeben, mit denen das Nachtleben und
die Sightseeing Ziele der Stadt und
Region angesteuert werden können.
Die Region Tokio ist zwar dicht besiedelt, jedoch für meinen Geschmack
meist nicht dermaßen überfüllt wie
die Bilder von den U-Bahnen in der
Rush-Hour glauben machen. Der öffentliche Nahverkehr mit Metro [...]
und staatlicher Stadtbahn [...] erschließt die ganze Region und macht
Tagesausflüge oder Wochenendausflüge an Strände im Süden oder Berge
im Westen und Norden nicht schwer
zu realisieren und ist vor allem nicht
so teuer. [...]
Resümee
Während meiner leider doch nur
sehr kurzen Zeit in Japan habe ich
trotzdem viele wertvolle Erfahrungen
gemacht. Ich habe insbesondere gelernt, wie viel Spaß es macht, Events
in großen Gruppen zu organisieren,
dabei Freunde kennenzulernen, deren
Wege ich allein im Unialltag vielleicht
98
nicht gekreuzt hätte. Ich möchte dir
unbedingt empfehlen, die Chance
eines Auslandssemesters zu nutzen,
viel Engagement zu bringen und wirklich auf Leute zuzugehen.
Japan hat kulturell wie landschaftlich
viel zu bieten und ich werde zum Verreisen definitiv zurückkehren. Es war
eine einmalige Erfahrung, den kulturellen Reichtum und einzigartig verschiedene Naturlandschaften auf verschiedenen Inseln dieses Landes zu
sehen. Meine Empfehlung ist, unbedingt einen Reiseführer, wie den von
Baedecker, zu durchforsten und wenn
möglich, eine freie Tour durch unterschiedliche Regionen auf die Beine
zu stellen. Mit Angeboten wie CouchSurfing kann man nicht nur umsonst
unterkommen, sondern auch viele
einheimische Leute kennenlernen.
Mich macht es immer noch ziemlich
unglücklich, dass mein Abenteuer
im fernen Osten nach meinem großen Urlaub derart abrupt endete. Ein
zweites Semester eröffnet mit Sicherheit tolle Gelegenheiten, wie sprachliche Kenntnisse weiter zu verfestigen
und die neuen Freundschaften zu vertiefen. Auch auf meine Zeit im KarateDojo werde ich sehnsüchtig zurück
blicken. Es ist auf jeden Fall weiterhin
ein Lebenstraum, noch einmal eine
längere Zeit in Japan zu verbringen.
Ich hoffe, dir wird es ähnlich ergehen,
so dass du immer wieder dorthin zurück möchtest. Gute Reise und pass
auf dich auf.
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Auckland/Neuseeland
University of Auckland
Ich würde es
jedes mal
wieder so machen,
wie ich es
gemacht habe.
Eine andere Kultur
und ein Land
so gut
kennenzulernen,
eine Sprache fast
perfekt zu lernen,
erweitert den
eigenen Horizont
ungemein.
Sebastian Georgi
Energie- und Prozesstechnik
Abfahrt, Ankunft und die ersten Tage
[...] Ein Rat noch vorweg: Neuseeland
ist definitiv nicht Asien oder Afrika,
aber doch auch nicht europäisch. Es
ist der englischen Lebensweise recht
ähnlich, so weit ich das beurteilen
kann, aber durch die Nähe zu Asien
und Amerika doch noch anders. Es ist
auf der anderen Seite der Erde und
durchaus eine Umstellung. Daher
empfehle ich jedem, vorher mindestens eine Woche Urlaub zu machen.
Das habe ich auch gemacht und es
war eine weise Entscheidung. Vorher
nochmal im Urlaub sich zu entspannen und den Berliner Stress zu vergessen hilft ungemein, das Abenteuer gelassen anzugehen. Bringt euch keine
Arbeit mit, verschiebt euch den Stress
nicht auf Neuseeland. [...]
Persönliche Reflexion
Ich kann es nur jedem empfehlen.
[...] Nochmals der Hinweis für diejenigen, die wirklich nach Auckland
fahren wollen: Setzt euch frühzeitig
mit eurem Betreuer auseinander,
fragt nach den genauen Möglichkeiten, lasst euch die E-Mailadressen der
Doktoranden geben, fragt auch die,
und bereitet euch schon mal zu Hause
sehr gut vor. Dann wird die Sache
ein Kinderspiel. Und das ist auch nur
99
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
nötig, wenn ihr eure Abschlussarbeit
wirklich in einem Semester schreiben
wollt. Eine andere Kultur und ein Land
so gut kennenzulernen, eine Sprache
fast perfekt zu lernen, erweitert den
eigenen Horizont ungemein. Ich wusste, schon bevor ich nach Neuseeland
gefahren bin, einigermaßen gut, was
ich später machen will. Aber seit ich
zurück bin, ist mein Kopf voller Ideen,
ich kann es gar nicht erwarten, mein
Studium abzuschliessen, ich habe
einen ziemlich fertigen Plan für mein
Leben.
Foto von Markus Juling - Neuseeland
100
Und ich hüte mich davor, wieder komplett in Deutschland anzukommen.
Wenn mich die allgemeine Griesgrämigkeit vor allem hier in Berlin packt,
versacke ich hier. Nein, ich sehe es
vielmehr als weitere Zwischenstation,
bevor ich wieder woanders hingehe. Das ist ein ziemlich gutes Gefühl,
muss ich sagen. Ich hoffe, irgendjemand liest diesen Bericht einmal
komplett und lässt sich vielleicht ein
bisschen dazu inspirieren, sich inspirieren zu lassen.
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Foto von Markus Juling - Neuseeland
Foto von Anett Wilfert - Silvester in Down Under
101
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Das Beste am Studium ist das
AuslandsstuDium!
Fotos des Auslandsamtes aus den letzten 20 Jahren
102
20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
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Fax: 314-24067
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Audimax
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Lageplan des Akademischen Auslandsamtes im Hauptgebäude der TU Berlin
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20 Jahre Austauschprogramme an der TU Berlin
Akademisches
Auslandsamt
Lageplan des Akademischen Auslandsamtes auf dem Campus Charlottenburg
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