Wohnen - OTH Regensburg
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Wohnen - OTH Regensburg
Zur Wohn-, Arbeits- und Lebenssituation von erwachsenen Menschen aus dem autistischen Spektrum. Ausgangslage – Unterstützungsbedarfe – Zukunftsperspektiven Internationale Fachtagung Inklusives Wohnen OTH Regensburg – Barmherzige Brüder 23.-24. September 2014 Prof. Dr. Matthias Dalferth OTH Regensburg Fakultät Sozial- und Gesundheitswissenschaften Erwachsen sein – was bedeutet das? ‚Most urgent needs‘ 1. Training and employment (63%) 2. Housing and living support (56 %) 3. Needs of adults with autism (43%) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Erwachsen sein – was bedeutet das? Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, Berufstätigkeit, Lebensunterhalt verdienen, Soziale Integration, Unabhängigkeit, eigene Wohnform, Lebensform: Partnerschaft, Familie, Partizipation Selbstständiges Leben Erwachsene Menschen mit ASC: 2-15% international 8% Deutschland (McMahen, Farley 2011;Bölte 2009; Billstedt, Gillberg, Gillberg 2005; Harris 2008; Howlin1997, 2000, 2004, 2005; NAS 2001; Targett/ Smith 2006; Barnard et al.2001; Remschmid 2000) (n=421) (Baumgartner, Dalferth, Vogel 2009) Erwachsene Menschen mit Aspergersyndrom: 15-30% international (Harris 2009, Steele 2010) 17% Deutschland (n=107) (Baumgartner, Dalferth, Vogel 2009) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Erwachsen sein – was bedeutet das? Wohnen – in der Herkunftsfamilie Erwachsene Menschen mit ASC bis zum 30. Lebensjahr 85-70% (Howlin et al.2005; Steele 2009/2010) bis zum 50. Lebensjahr 70-30% (Targett, Smith.et al.2006; Seltzer, Kraus et al. 2000; Hartley, Seltzer 2009/ USA) Erwachsene Menschen mit ASC in Deutschland bis zum 45. Lebensjahr 53% (Baumgartner, Dalferth, Vogel 2009) Erwachsene Menschen mit Aspergersyndrom in Deutschland bis zum 45. Lebensjahr 52% (Baumgartner, Dalferth, Vogel 2009) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Wo wohnen Erwachsene mit ASC in Deutschland? Wohnsituation - Gesamt (n=421) Bei den Eltern 5 Tage-Wohnheim 35% 53% Internat Betreutes Einzelwohnen 8% Betreute WG 2% 2% 0,2% 0,5% Selbstständig Wohnheim Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Wo wohnen Erwachsene mit ASC in Deutschland? Wohnsituation bei Personen mit Asperger-Syndrom (n=107) Bei den Eltern 18% 52% 17% 2% 5% 5 Tage-Wohnheim Internat Betreutes Einzelwohnen Betreute WG 5% 1% Selbstständig Wohnheim Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES ‚Delayed departure‘ Ursachen • Allgemeine Verschiebung des • Mangel an autismusgerechten Auszugsalters: 25,1 m/ 23,9 w Wohnformen • Sicherheitsbedürfnis, Vermeiden • Sorge um hinreichende Betreuung von Veränderungen • ‚Weggeben‘ statt ‚loslassen‘ • Mangel an dezentralen, gemeinde• Wohnraum vorhanden und familiennahen inklusiven • Gelingendes Zusammenleben Wohnformen • Vorbehalte gegenüber stationären Einrichtungen • Sorge vor Kontaktverlust • Finanzielle Erwägungen (T-online.de) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Erwachsen sein – was bedeutet das? Arbeit Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Menschen mit Autismus und Teilhabe an Arbeit in westlichen Gesellschaften Allgemeiner Arbeitsmarkt 2-5 % WfbM 20-28% Keine Arbeit 70-75% (Chappel, Somers 2010; Hendrickx 2009; Gerhard 2009, Wehman et al. 2006, Howlin et al. 2004,2005; Billstedt et.al.2005; Bovee 1999) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Menschen mit Autismus und Teilhabe an Arbeit in Deutschland Allgemeiner Arbeitsmarkt 5% Keine Arbeit 30%-55% WfbM 40%-65% (Dalferth 2006, Bölte et.al. 2005; Bauer 2003, Leppert 1999) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Menschen mit Aspergersydrom und Teilhabe an Arbeit in Deutschland WfbM 20-30% Allgemeiner Arbeitsmarkt 20-30% ohne Arbeit, Aus/Weiterbildung, Studium etc. 50% (Geschätzt nach Bölte et al. 2005; Riedel 2014 n=144: 30% AM)) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Erwachsen sein – was bedeutet das? Soziale Kontakte • • • • • • Zu Angehörigen Sozialen Betreuern, Assistenten Aspi-Freizeitgruppen Partnerschaften Kontakte am Arbeitsplatz Virtuelle Kontakte (Autismus.ch) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Zukünftiger Wohnbedarf – Leben außerhalb der Herkunftsfamilie Erwachsene mit ASC außerhalb der Herkunftsfamilie (n= 198) 8,5% 17% 74,5% Wohnheim Selbstständiges Wohnen WG/BEW/5 Tage Gruppe (Baumgartner, Dalferth, Vogel 2009) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Erwachsene mit ASC außerhalb der Herkunftsfamilie Erwachsene Menschen mit Autismus in Deutschland : 432 000 (Statista 80,52 Mio, Autismus: 65 von 10 000). Vermutlich leben über 300 000 noch im Elternhaus! Fazit: Gesamtzahl aller Menschen mit Behinderungen (BAGüS 2012) im amb. betr. Wohnen 151 362 in Institutionen 209 305 Hoher Bedarf an der Entwicklung inklusiver Wohnformen in der Gemeinde Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Inklusives Wohnen gemäß Art. 17 UN-BRK Was bedeutet das? • Selbstbestimmung • Gleichberechtigung • Recht, Aufenthaltsort selbst zu wählen • Entscheidung, wo und mit wem man leben möchte • Bedürfnisorientierung • Keine Verpflichtung zu besonder(nd)en Wohnformen • Recht auf persönliche Assistenz, Kontaktbrücke zu nichtbehinderten Menschen • Verhinderung von Isolation • Zugang zu gemeindenahen Unterstützungssystemen • Schaffung gemeindenaher Dienstleistungen und Einrichtungen Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Was hat sich verändert? Entwicklungen • Konversionsprozesse stationärer Einrichtungen • Ambulante Hilfen als Alternative • Entwicklung „additiver Veränderungsmuster“ • Vernachlässigung von schwerstbehinderten Menschen bei Inklusionsprozessen • Kostendiskussion Fazit der EU-Untersuchung: Kostenneutralität bei inklusivem Wohnen von allen Menschen mit ASC Höhere Lebensqualität Sukzessive Kostenreduzierung Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Zentrale Aufgabenstellungen und Perspektiven Transformation und Dezentralisierung großer Einrichtungen Neue Wohnformen für Menschen mit ASC, die noch in der Familie leben. Wohnkonzeptionen für Menschen mit ASC im Alter Gemeindenahe Wohnstätten für Erwachsene mit hohem Hilfebedarf und herausforderndem Verhalten Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Handlungsleitende Orientierungen: von der institutionellen zur personalen Orientierung Bedürfnisse und Lebensentwürfe Fähigkeitenprofil und Hilfebedarf Strukturelle und regionale Gegebenheiten Ökonomische und rechtliche Voraussetzungen Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES ASC mit hoher Funktionsfähigkeit (über-)durchschnittlich begabt Asperger / High functioning autism • • • • • • Betreutes Einzelwohnen 1-3/5 P. im amb. betr. Wohnen Partnerschaft Nachbarschaft Verbundsysteme Mehrgenerationenhaus (WAZ 30.5.14) (BBW Abensberg) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Allg. Arbeitsmarkt, Integrationsfirmen Wohnbezogene Hilfen, Assistenz, Begleitung, hauswirtsch. Hilfe Angehörigenkontakte, Kontakte zu Kollegen und Nachbarn Aspi- Freizeitgruppe, Sport- und Neigungsgruppen Medizinische/ Psychologische Betreuung Finanzierungsmodelle, Persönliches Budget Dienstleistungen in der Gemeinde nutzen – Community Care Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES ASC mit/ohne Sprachfähigkeit, Kanner-Syndrom • Betreute Wohngruppen 1-3; 3-5 Personen • Wohnhaus, 2(-3) Gruppen • Verbundsysteme (ambulant, Teilzeit-, Vollzeitbetreuung) • Farmen (BB Reichenbach) (Regens Wagner Stiftung) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Arbeit: Farmen, WfbM, Integrationsfirmen Wohnmilieu, Ausstattung, Personal: Assistenz, Begleitung Infrastruktur, Freizeit in der Gemeinde Medizinische/ Psychologische Betreuung Haus Jona, Haus Combüchen, Paulinenpflege Winnenden, DRK Soziale Kontakte, Angehörige, Nachbarn Päd. Konzepte, Therapiemaßnahmen Dienstleistungen in der Gemeinde ‚Community Care‘ Finanzierungsmodelle, u.a.Persönliches Budget Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES ASC mit Komorbidität und erheblichem Hilfebedarf • Betreute Wohngruppen (1-3 Personen) • Wohnhaus (3-5 Personen) • Verbundsysteme • Förderstätte • Bauernhöfe • Beschäftigungstherapie, WfbM (BV autismus Deutschland) (stern.de 24.9.06) Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES 1:1, 1:2 Betreuung, Assistenz Arbeit: Hauswirtschaft, Farm, Fördergruppe WfbM Soziale Kontakte: Betreuer, Eltern, Nachbarschaft Individualisierte pädagogisch –therapeutische Konzepte Therapeutisches Milieu Vorbereitung der Gemeinde Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Menschen mit ASC im Alter • • • • • • Erhöhter Hilfebedarf Umgestaltung der Wohneinheiten Pflegepersonal Personalanpassung Kooperation mit ambulanten/ stationären Modellen der Altenhilfe Keine Re-Institutionalisierung Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Abschließende Thesen • Inklusives Wohnen - für alle! • Breites Spektrum von Wohnformen • Wahlmöglichkeiten, Berücksichtigung eigener Wünsche • Gewährleistung von Assistenz • Personenorientierte Hilfen • Vorbereitung durch Trainingsmaßnahmen und Übergangshilfen • Unterstützung von Ablösungsprozessen • Entwicklung von Finanzierungskonzepten • Ausbau von ambulant betreuten Wohnformen bis zu 5 Personen • Schutz und Sicherheit für Erwachsene mit herausforderndem Verhalten • Inklusive Gemeinde Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES Vielen Dank ! Prof. Dr. M. Dalferth • OTH Regensburg • UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES