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Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 16:59 Seite 1 01 New and Emerging Markets 2008 Themenmagazin der New and Emerging Markets Practice von KPMG Motoren des Fortschritts Schwerpunkt: Automotive Das Kreuz mit der Qualität Herausforderung Qualitätssicherung Die neue Reisefreiheit Emerging Markets als Tourismus-Magnet Gottgefällige Investitionen Islamic Banking in der Golfregion Jenseits von Öl „Next Eleven“ – Teil 5: Nigeria Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 2 10.04.2008 Title of magazine 17:16 Seite 2 Inhalt News Sehr geehrte Leser, er wurde zum Weltstar, noch bevor er Indiens Straßen erreichte: Mit großer Medienresonanz präsentierte der indische Autobauer Tata im Januar den neuen Kleinwagen „Nano“. Von den PR-Strategen als „Volkswagen“ vermarktet, soll er Ende 2008 zum bislang unerreichten Einstiegspreis von 1.700 Euro verkauft werden. Auf den ersten Blick passt das Auto in das tradierte Bild der Wachstumsmärkte als Billigproduzenten. Die tatsächliche Botschaft geht jedoch darüber hinaus. Mit der eigenständigen Entwicklung hat Indien ein weiteres Beispiel für die fortgeschrittene Leistungsfähigkeit seiner Industrie geliefert. Gleichzeitig hat der Aufsteiger Indien ein neues Modellsegment geschaffen, das die Branche gemeinhin als unmöglich betrachtete. Entstanden ist ein nationales Statussymbol – für Millionen von Motorradfahrern, die sich ihren Traum von einem vollwertigen Auto erfüllen wollen. Die internationale Schar der Hersteller eifert inzwischen Tatas Vorlage nach. Gleichzeitig zeigt das Beispiel des Nanos das große Kooperationspotenzial für Industrienationen in den Wachstumsmärkten. Viele moderne Bauteile kommen von renommierten Zulieferern aus Europa. Ihr Anteil – die technologischen Innovationen – sollen beispielsweise dazu beitragen, dass sich die Motorisierung des Milliardenvolkes nicht zu einer gravierenden Gefährdung für die Umwelt entwickelt. Die Verbrauchs- und Abgaswerte des Nanos fallen laut Tata klimafreundlicher aus als der Qualm der Zweitakter, die derzeit über Indiens Straßen rollen. Mehr zur Entwicklung der Automobilindustrie in den Emerging Markets erfahren Sie im Schwerpunkt der neuen Ausgabe unseres Magazins. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und freue mich über Ihre Reaktionen. Indien lässt sich trotz Kreditkrise nicht von Übernahmen abschrecken Newsticker 3 4 Schwerpunkt Motoren des Fortschritts – Schwerpunkt: Automotive „Die Automobilhersteller betrachten die Emerging Markets heute mit anderen Augen“ – Interview mit Dieter Becker, KPMG, Sektorleiter Automotive Turbolader für den Osten – Die Entwicklung auf Russlands Automobilmarkt „Der russische Markt tickt sehr europäisch“ – Interview mit Markus Haefner, CFO Mercedes-Benz Russland 6 6 Motoren des Fortschritts 10 15 17 Themen Das Kreuz mit der Qualität – Gastbeitrag Dr. Christoph Hein, F.A.Z.-Korrespondent Kettenreaktionen beherrschen – Qualitätssicherung in Emerging Markets 21 Die neue Reisefreiheit – Die Tourismusindustrie in den Wachstumsmärkten 24 18 Indischer Elefant überschreitet Grenzen – Europa als Ziel indischer Unternehmen „Wachstum allein ist nicht genug“ – Interview mit N. Chandrasekaran, COO von Tata Consultancy Services „Die Inder haben den Geist schwäbischer Tüftler“ – Interview mit Andreas Lapp, Vorstandsvorsitzender der Lapp Gruppe 32 Gottgefällige Investitionen – Islamic Banking in der Golfregion 34 18 Das Kreuz mit der Qualität 29 33 24 Die neue Reisefreiheit „Die Tiger setzen zum zweiten Sprung an“ – Drei Thesen von Dr. Frank Geilfuß, Chefvolkswirt der Bankhaus Loebbecke AG 39 Jenseits von Öl – Teil 5 der Serie „Next Eleven“: Nigeria 40 Beratung Die mit der Welt rechnen – KPMG’s Global Transfer Pricing Services 44 „Hier passt die Steuererklärung wirklich auf einen Bierdeckel“ – KPMGMitarbeiter Robert Kees in Singapur 47 40 „Next Eleven“: Nigeria Wissen Dr. Robert Gutsche Mitglied des Vorstandes KPMG, Deutschland Neue KPMG-Studien Statistik Veranstaltungstermine & Feiertage Kontakt & Impressum 38 48 49 51 © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:17 Seite 3 KPMG’s Emerging Markets International Acquisitions Tracker 3 Indien lässt sich trotz Kreditkrise nicht von Übernahmen abschrecken M&A-Deals im 1. und 2. Halbjahr 2007 Russland 11 10 Indien 34 35 China 14 5 Brasilien 5 2 Der Wachstumsdrang indischer Unternehmen prägt immer stärker die internationale Entwicklung bei Unternehmensübernahmen in den Emerging Markets. Das 1. Halbjahr ist das Ergebnis 2. Halbjahr der aktuell erhobenen Daten von Quelle: EMIAT, KPMG KPMG’s Emerging Markets International Acquisitions Tracker (EMIAT). Während sich Käufer angesichts der Verwerfungen auf den internationalen Kreditmärkten andernorts aus dem M&A-Geschäft zurückzogen, hat sich das Tempo der Unternehmensübernahmen in Indien nicht verlangsamt. Im Gegenteil: Die neuen EMIATDaten, die Transaktionen zwischen den wachstumsstärksten neuen Emerging Markets und den elf wichtigsten Industrienationen analysieren, registrierten 35 M&A-Deals zwischen Indien und den entwickelten Nationen in der zweiten Hälfte des Jahres 2007. Im ersten Halbjahr waren es 34 Transaktionen. Dies ist besonders bemerkenswert vor dem Hintergrund, dass die Mehrzahl der indischen Deals in hohem Maße durch Fremdkapital finanziert wurde. „Trotz der Kreditkrise haben die indischen Unternehmen sich nicht vom Thema M&A verabschiedet, sondern haben ihre Einkaufstour fortge- setzt. Nur die Größenordnung ihrer Übernahmeziele ist etwas gesunken“, begründet Ian Gomes, KPMG-Market Leader für Indien, die aktuelle Entwicklung. „Der Großteil der Übernahmeaktivitäten bewegt sich nun im deutlich niedrigeren Bereich von 50 bis 80 Millionen Dollar.“ Wenig Belastbarkeit angesichts der externen Faktoren zeigten dagegen die USA, die traditionell einen großen Anteil an den internationalen M&AAktivitäten bestreiten. Hier kollabierte die Zahl der US-geführten Transaktionen im Halbjahrsvergleich 2007 von 67 auf 39. Insbesondere die Anzahl der Übernahmen in China sank dramatisch. Neben den eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten wirkte sich in der Volksrepublik auch eine Gesetzesänderung aus, durch die die Regierung die Attraktivität der Zweckgesellschaften, sogenannte „Special Purpose Vehicles“ (SPV), verringerte. Der halbjährlich erscheinende EMIAT berücksichtigt abgeschlossene M&ADeals, die mindestens zu einer Mehrheitsbeteiligung am Kaufobjekt führten. Da der Fokus der Untersuchung die privaten Firmenaktivitäten widerspiegeln soll, wurden von Private Equity- oder institutionellen Investoren geführte Übernahmen nicht berücksichtigt. Die Daten beruhen auf Material von Zephyr / Bureau von Dijk Electronic Publishing. Mehr Informationen und Länderergebnisse zum aktuellen EMIAT finden Sie online: www.kpmg.de/emergingmarkets © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 4 10.04.2008 17:17 Seite 4 News Türkei Istanbul will Privatisierungsprogramm beschleunigen China Volksrepublik macht USA Technologieführerschaft streitig Veränderung der Wettbewerbsfähigkeit 1993 – 2007 100 90 China Die türkische Regierung dringt auf eine schnelle Fortführung des Privatisierungsprogramms staatlicher Unternehmen. An erster Stelle steht der Verkauf der verbliebenen Mehrheitsbeteiligung an der staatlichen Halkbank, der laut Entscheidung der Privatisierungsbehörde bis zum Mai dieses Jahres abgeschlossen sein muss. Das Interesse internationaler Investoren am Einstieg in den attraktiven türkischen Bankenmarkt ist groß. Wirtschaftsminister Simsek kündigte bereits weitere Verkäufe von Staatsunternehmen an, die das Land in Abstimmung mit seinem größten Darlehensgeber, dem Internationalen Währungsfond, vorantreiben wolle. Dazu gehören unter anderem der Zigarettenkonzern Tekel sowie ein Anteil an der Türk Telekom. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf dem Energiesektor. Hier sollen sowohl Energieversorger als auch eine Vielzahl staatlicher Stromverteilernetzwerke privatisiert werden. Die Türkei hatte im vergangenen Jahr nach vorläufigen Berechnungen das selbst gesteckte Ziel von 25 Milliarden Dollar ausländischer Direktinvestitionen verfehlt. Technologische Fähigkeit 80 USA 70 60 Deutschland 50 Singapur Südkorea 40 Malaysia Taiwan 30 Mexiko 20 Indien Brasilien 10 Indonesien 0 30 40 50 60 70 Struktureller Input China hat die USA als führende Nation auf dem Feld der internationalen Anwendungsforschung nahezu eingeholt. Das ist das Ergebnis des „High Tech Indicator 2007“-Rankings des amerikanischen Georgia Institute of Technology in Atlanta, das die technologische Wettbewerbsfähigkeit von 33 Ländern weltweit untersucht hat. Demnach würden die Vereinigten Staaten erstmals seit Ende des 2. Weltkriegs ihre Führungsposition verlieren. Laut den Studienergebnissen habe China in den vergangenen 15 Jahren die größten Fortschritte auf dem Gebiet der anwendungsorientierten Forschung gemacht, die darauf abzielt, marktreife Produkte und Dienstleistungen Emerging Markets Wenig Wohlstandsgewinn trotz Wirtschaftswachstum Trotz des weltweit anhaltenden Wirtschaftswachstums der vergangenen Jahre bleibt Massenarmut in den meisten Entwicklungsländern das zentrale Problem. Die Mehrzahl der Menschen hat keinen nachhaltigen Anteil am Wohlstand. Zu diesem Fazit kommt der aktuelle Transformationsindex (BTI), eine internationale Vergleichsuntersuchung der deutschen Bertelsmann Stiftung unter 125 Transformationsstaaten. Laut den Daten dieser weltweiten Erhebung Japan hat sich trotz einer anhaltend günstigen Weltkonjunktur die soziale Situation der meisten Menschen in den Entwicklungsländern kaum verbessert. Insbesondere in Afrika und Lateinamerika sind kaum Fortschritte festzustellen. So konnten zwar 85 von 125 untersuchten Transformationsstaaten am ungebrochenen Weltwirtschaftswachstum teilhaben, doch nur wenige Staaten nutzen den wirtschaftlichen Spielraum für Armutsbekämpfung, Bildung oder Umwelt- 80 90 100 zu entwickeln. China werde in Kürze in dieser Disziplin an den USA vorbeiziehen, so die Autoren. Laut Statistik erzielte die Volksrepublik Ende 2007 bei der technologischen Fähigkeit einen Indexwert von 82,8 – im Vergleich zu 22,0 elf Jahre zuvor. Für die USA errechneten die Forscher eine Marke von 76,1 nach 95,4 im Jahr 1999. Deutschland (66,8) und Japan (66,0) folgen auf den Plätzen. Auch die asiatischen Tigerstaaten konnten im Untersuchungszeitraum deutlich Boden gut machen gegenüber den Industrienationen. Mehr Informationen und Studienergebnisse online unter: http://www.tpac.gatech.edu/hti.php schutz. „Viele Regierungen wurden dazu verleitet, die Erträge ihres wirtschaftlichen Erfolges lediglich zu konsumieren. Der Ausbau und die Weiterentwicklung der Volkswirtschaften ist vielfach vernachlässigt worden“, analysiert Josef Janning, Globalisierungsexperte der Bertelsmann Stiftung. „Aus der globalen Perspektive betrachtet produziert die fortgeschrittene Globalisierung zwar insgesamt größeres Wachstum und Wohlstand, aber ihre Ausgestaltung ist nicht gerecht und nicht nachhaltig.“ Mehr Informationen: www.bertelsmann-transformation-index.de © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:17 Seite 5 5 Russland Olympische Spiele 2014 in Sotschi lassen Großinvestitionen fließen Emerging Markets KPMG’s Business Outlook: BRICFertigungsindustrie optimistisch in 2008 Industrieunternehmen aus den BRICStaaten schauen mit großer Zuversicht auf ihre Geschäftsaussichten im Jahr 2008. Insgesamt 70 Prozent der Unternehmer erwarten eine bessere Geschäftsentwicklung, dagegen glauben nur sechs Prozent an eine negative Entwicklung. Das ist das Ergebnis von KPMG’s Business Outlook Survey, für den zur Jahreswende mehr als 1.800 Unternehmen der Fertigungsindustrie in den vier BRIC-Staaten befragt wurden. Firmenvertreter aus Brasilien zeigten sich besonders optimistisch, während positive Einschätzungen aus China unter allen vier Nationen seltener waren. Laut Umfrage stützt sich der Optimismus der Industrie vor allem auf die Akquisition neuer Aufträge im Jahr 2008. Etwa 67 Prozent der Befragten erwarten, dass neue Kunden ihre Auftragsbücher füllen werden. Weniger als fünf Prozent erwarten einen Rückgang. Damit einher geht auch die Hoffnung auf eine bessere Auslastung der eigenen Produktionskapazitäten. Damit bleiben die BRIC-Länder auch 2008 deutlich auf Wachstumskurs. Durch die positive Geschäftsentwicklung erwartet mehr als jeder zweite Befragte für 2008 eine Steigerung des Unternehmensgewinns (57 Prozent) sowie höhere Investitionen vor allem in Forschung und Entwicklung (55 Prozent). Dieses Jahr ist die Olympische Bewegung zu Gast in Peking, doch die Winterspiele 2014 im Schwarzmeer-Kurort Sotschi werfen bereits ihre Schatten voraus: Mit Investitionen von mehr als neun Milliarden Euro will Russland den Austragungsort zum internationalen Wintersportzentrum ausbauen. Mehr als ein Drittel der Geldmittel sollen in die Infrastruktur der Stadt fließen, um sie olympiatauglich zu machen. Vom Telekommunikationsnetz über die Energieversorgung bis zu Verkehrswegen und einem modernen Abwassersystem – die Liste der Projekte ist lang und steht nach dem Willen der Politik auch privaten Investoren aus dem Ausland offen. Allein werde die russische Wirtschaft die in Gang getretene Investitionslawine nicht bewältigen können, erklärten Vertreter des Kreml sowie der regionalen Regierungsbehörden. Das Land sei auf ausländische Experten und Zulieferer angewiesen. Moskau schultert mehr als 60 Prozent des Investitionsvolumens aus dem nationalen Staatshaushalt. Der restliche Anteil, insgesamt rund 120 Milliarden Rubel, sollen Privatinvestoren in das Olympiaprojekt investieren. Brasilien Neue Ölfunde erweitern Rohstoffreserven Ein großer Ölfund 250 Kilometer vor der Küste hat die Wirtschaftsaussichten Brasiliens beflügelt. Die staatliche Ölgesellschaft Petrobras entdeckte im vergangenen November das neue, 7.000 Meter unter dem Meer liegende Ölfeld „Tupi“, in dem es bis zu acht Milliarden Barrel Rohöl vermutet. Beteiligt an der Erschließung des Ölfelds sind die Partner BP (25 Prozent) sowie die portugiesische Galp Energia (10 Prozent). Weitere Vorkommen im direkten Umfeld der Bohrung werden von Experten nicht ausgeschlossen. Die Entdeckung könnte die Rohstoffreserven des Landes auf einen Schlag um 40 Prozent vergrößern und Brasilien in den Kreis der zehn größten Erdölproduzenten der Welt erheben. Derzeit steht das Land mit rund 14,4 Milliarden Barrel Öl pro Jahr weltweit auf Rang 17 und hatte sich bislang darauf konzentriert, das eigene Land ausreichend mit dem Treibstoff zu versorgen. Nun könnte eine neue Zeitrechnung anbrechen: Als zukünftiger Nettoexporteur denkt Brasilien über einen Beitritt zur OPEC nach. Zur Ausbeutung des Feldes unter einer mächtigen Erdund Salzschicht sind neue, hochmoderne Technologien erforderlich, für die Experten der brasilianischen Universität Rio de Janeiro bis zu 30 Milliarden US-Dollar an Investitionen veranschlagen. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 6 10.04.2008 17:18 Seite 6 Title of magazine Schwerpunkt: Automotive Motoren des Fort © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:18 Seite 7 7 t schritts Die Emerging Markets bieten der Automobilbranche große Wachstumschancen. Gleichzeitig zwingen sie die neuen Märkte zu mehr Innovation und Produktivität, um im Wettbewerb mit den neuen Herausforderern zu bestehen. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 8 10.04.2008 17:19 Seite 8 Schwerpunkt: Automotive Top 15 der Welt-Automärkte Pkw-Produktion (in 1.000) Rang* 2002 2008** 16.813 16.581 0 2 (11) China 1.126 5.881 9 3 (2) Japan 4.441 4.594 -1 4 (3) Deutschland 3.253 3.340 -1 5 (5) Italien 2.304 2.390 0 6 (4) England 2.564 2.386 -2 7 (6) Frankreich 2.146 2.003 -1 8 (12) Russland 941 2.264 5 9 (8) Brasilien 1.231 1.780 -1 10 (7) Kanada 1.702 1.648 -3 11 (8) Spanien 1.400 1.593 -3 12 (14) Indien 703 1.637 2 13 (12) Mexiko 993 1.185 -1 1.240 1.017 -5 206 910 0 1 (1) USA 14 (14) Korea 15 (15) Iran Quelle: B&D-Forecast, August 2007; *In Klammern Rang 2002, **Prognose er Abstand zwischen Europa und Indien misst 20 Millimeter. Das ist nicht viel, etwa die Dicke einer durchschnittlichen Tageszeitung, und dennoch benötigt der Nano, der neue Kleinwagen aus dem Hause Tata, 180 Millimeter Bodenfreiheit zwischen Karosserie und Straße, um problemlos die unebenen Strecken Indiens zu bewältigen. Vergleichbare Modelle der europäischen Automobilindustrie kommen meist mit weniger aus. Der VW Käfer, der einst als Volkswagen maßgeblich für die Motorisierung Europas verantwortlich war, benötigte damals 157 Millimeter. D Der Unterschied mag winzig sein. Dennoch zeigt das Beispiel zwei grundsätzliche Felder, die die Automobilindustrie in Zukunft durch den Wettbewerb mit den neuen Wachstumsmärkten prägen werden: neue Kundenanforderungen und neuer Innovationsdruck. Um die Masse der Bevölkerung in den Emerging Markets China, Indien und Russland zu motorisieren, reicht die derzeitige Fahrzeugpalette der etablierten Autobauer nicht aus. Sie müssen billigere Einstiegsmodelle anbieten, um das Auto für die Millionen von Menschen erschwinglich zu machen. Westliche Automobilhersteller haben bislang kein Modell, das mit dem indi- schen Shootingstar mithalten könnte. Es wird noch einige Zeit dauern, bis die Reißbrettpläne von Herstellern wie Renault, Nissan, Fiat oder Toyota auch auf den Straßen Mumbais oder Schanghais rollen werden. Es sind vor allem die teureren Mittel- und Oberklassemodelle, die die Hersteller aus den Triademärkten, das heißt Europa, den USA und Japan, heute noch in den aufstrebenden neuen Märkten verkaufen. Das hohe Wachstum der Zukunft wird sich jedoch maßgeblich unterhalb dieser Kategorien abspielen, im Ultra-Low-Cost-Bereich. China und Indien sind schon heute die dynamischsten Automärkte weltweit. Seit der Jahrtausendwende verzeichneten beide Länder Wachstumsraten von durchschnittlich 15 bis 25 Prozent. Zusammengerechnet leben hier mehr als zwei Milliarden Menschen, doch nur rund ein Prozent von ihnen besitzt derzeit ein Auto. In Russland, wo der Absatz ebenfalls deutlich empor schnellte, ist inzwischen laut Economist Intelligence Unit (EIU) knapp jeder fünfte Einwohner motorisiert. Zum Vergleich: In Westeuropa besitzt etwa jeder zweite Bewohner ein Auto. Das Segment der Billigautos wird erheblich dazu beitragen, dass die Zahl der Autobesitzer in den Wachstums- märkten steigen wird. Je nach Marktstudie schwanken die Prognosen zwischen einer Nachfrage von 10 bis zu 18 Millionen Fahrzeuge für weniger als 10.000 US-Dollar Verkaufspreis. Laut des Instituts B&D Forecast könnten bis zu 30 Prozent auf das Ultra-Low-CostSegment eines Tata Nanos entfallen. KPMG-Branchenexperten haben berechnet, dass die Zahl der potenziellen Zielkunden, die sich solch ein Auto leisten könnten, allein in Indien von heute 390 auf mehr als 500 Millionen Menschen im Jahr 2010 steigen könnte. Diese Zahlen sind vielversprechend für die internationalen Automobilhersteller, die jenseits ihrer gesättigten Heimatmärkte nach Absatzchancen suchen. Seit Mitte der 1990er-Jahre haben sie in China und Indien mehr als 150 Produktionsstätten aufgebaut, um ihre Präsenz auf den Binnenmärkten zu verstärken. Russland ist derzeit der dritte große Zukunftsmarkt, auf dem viele Autobauer neu Werke errichten (siehe nachfolgender Artikel). Die Emerging Markets sind für westliche Hersteller jedoch nicht nur Motoren des Wachstums, sondern auch Motoren des Fortschritts. Der Preiskampf um möglichst billige Einstiegsmodelle verlangt von Herstellern wie Zulieferern neue Anstrengungen. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 11.04.2008 10:12 Seite 9 9 Automarkt Indien Marktanteile 2006–2007, in Prozent Automarkt Brasilien Marktanteile 2007, in Prozent 13% 13% Automarkt China Verkaufszahlen 01–04 2007, in Prozent 21% 21% 27% 27% 11% 17% 11% 17% 4% 4% 7%7% 10% 10% 3%3% 46% 46% 14% 14% 22% 22% 5% 3%3% 3% 3% 4% 8% 4% 8% 8% 4% 4% 16% 16% 8% 8% 4% 4% 5%) 5% 5% 19% 8% 5% 5% 7% 7% 19% Ford Mahindra & Mahindra Fiat Maruti Udyog Mahindra & Mahindra FiatVW Ford Peugeot Citroën VW Hyundai Suzuki Tata Motors Toyota VWGM Peugeot AndereCitroën GM Nissan Haima Hyundai Motor India Andere GM Andere Chery Toyota Peugeot-Citroen FAW Xiali Ford Toyota Honda FAW Xiali Geely Andere Honda Geely Maruti Udyog Ltd. Toyota Tata Motors Ltd. Hyundai Motor India Ltd. Andere Quelle: SIAM, IMaCS Analysis Heute betrifft das vor allem die großen Binnenmärkte der BRIC-Staaten – doch schon in ein paar Jahren wird ein neu erwachender Absatzmarkt für Kleinwagen in Afrika die Dimensionen noch einmal verändern. Der Preis allein ist angesichts der enormen Herausforderung nur ein Bestandteil des Erfolgs. Genauso wichtig ist es, sich auf die Bedürfnisse der Käuferschichten in den Wachstumsmärkten richtig einzustellen. Tatas Nano will mit einem Preis von rund 1.700 Euro nicht nur seinen direkten Wettbewerber auf den indischen Markt deutlich unterbieten. Im Gegensatz zum Maruti 800, einem umfirmierten Suzuki-Modell aus den 1980er-Jahren, bietet er auch rund 20 Prozent mehr Platz für seine Insassen. So passt auch eine indische Familie mit fünf Personen in den Kleinwagen. VW Quelle: Anfavea 2007 GM Chery Hyundai Nissan Peugeot-Citroen Suzuki Haima Ford Quelle: Automotive Resources Asia Der Preis allein reicht als Argument nicht aus. Genauso wichtig ist es, sich auf die Bedürfnisse der Käuferschichten in den Wachstumsmärkten richtig einzustellen Verbraucher in den Wachstumsmärkten haben inzwischen zudem ein deutlich besseres Wissen über aktuelle Technologiestandards und Ausstattungsmerkmale. Ihnen reicht es nicht mehr, die abgespeckte und technisch veraltete Version eines westeuropäischen Modells zu kaufen, wie dies noch vor einigen Jahren möglich war. Sie wollen auch technischen Fortschritt kaufen, der zudem ihre individuellen © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10 10.04.2008 17:20 Seite 10 Schwerpunkt: Automotive „Die Automobilhersteller betrachten die Emerging Markets heute mit anderen Augen“ Dieter Becker, Sektorleiter Automotive bei KPMG, über den neuen Wettbewerbsdruck aus Indien, hohe Ansprüche chinesischer Käufer und die Konsequenzen für die Automobilindustrie in Europa. Tatas neuer Kleinwagen Nano hat weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Hat er eine neue Wettbewerbsstufe in der Automobilbranche eingeläutet? Der Nano ist etwas Neues. Er soll nicht ein bestehendes Produkt im klassischen Automobilmarkt verdrängen, sondern die Massen von Motorrädern in Indien ablösen. Trotzdem entfaltet er bereits großen Druck auf die Autobauer, vor allem auf das Kleinwagen-Segment der Massenhersteller. Hier entscheidet sich der Wettbewerb sehr stark über den Preis und das positive Markenimage eines First Movers wie Tata. In diesem Kostenwettbewerb sind die Produkte der Hersteller aus den etablierten Märkten oft nicht konkurrenzfähig, weil ihr stärkstes Produktionspotenzial noch immer in den Hochpreisländern Europa und den USA liegt. Ihre Strategie muss es sein, viel stärker im höheren Segment zu wachsen, um dem Preiskampf zu entgehen. Kleinwagenhersteller werden wiederum nur überleben, wenn sie die Kostenführerschaft im Segment gewinnen. Sie müssen sich der Konkurrenz eines Nanos stellen, um langfristig zu überleben. Dem Kleinwagen könnten bald auch Mittelund Oberklassefahrzeuge folgen, die dann auch die etablierten Modellgruppen unter Druck setzen? Diese Strategie kann man ja bereits an Tatas Kauf der Marken Jaguar und Land Rover ablesen. Wenn Autobauer aus den Wachstumsmärkten hier eine ähnliche Kostensituation gestalten könnten wie für den Nano, wäre das natürlich attraktiv. Ich halte das jedoch nicht für realistisch. Die kaufkräftige Klientel in den Emerging Markets steckt bei ihren Ansprüchen keinen Deut zurück. Das sehen wir am Beispiel Chinas, wo sich die Oberklasse problemlos verkauft. Die Konsumenten dort wollen eine Marke und technischen Fortschritt kaufen. Ich erwarte nicht, dass in dem Segment der Premiumhersteller auch die Frage des Preises eine signifikante Wirkung entfalten wird. Es ist jedoch gut denkbar, dass auch in diesem Segment eine Preisumkehr stattfindet, insbesondere durch neu in den Markt eintretende Wettbewerber, die über andere Kostenstrukturen verfügen. Was bedeutet das für die Entwicklung der Marktsegmente in den Wachstumsmärkten? Durch die wachsenden Vermögensverhältnisse ist der Markt bereits in Bewegung gekommen. Die Frage ist, wie schnell die Konsumenten mitwachsen. In Indien starten sie heute mit einem einfachen „Volkswagen“, der hier Nano heißt. Entscheidend ist der nächste Schritt. Reicht die Kaufkraft schon aus, in ein imageträchtiges Modell einzusteigen? Oder bildet sich zunächst ein niedriger angesiedeltes Zwischensegment – knapp oberhalb vom Nano –, das für die neue Mittelschicht in den Emerging Markets interessant wäre? Zunächst gingen die etablierten Automobilhersteller in die Emerging Markets, um dort kostengünstiger zu produzieren. Steht heute allein der lokale Absatzmarkt im Vordergrund? Die Hersteller betrachten die Emerging Markets heute mit anderen Augen. Das beste Beispiel sind die immensen Kapazitäten, die in Russland aufgebaut werden. Sie sind alle auf den lokalen Markt ausgerichtet. Das Motiv, allein für das Ziel der Kostenführerschaft in neue Märkte zu gehen, ist extrem gesunken. Stattdessen suchen die Hersteller jetzt nach einer attraktiven Verbindung zwischen günstigen Kostenpositionen und einem großen, attraktiven Absatzmarkt. Werden sich die Autobauer zukünftig voll auf den neuen Milliardenmarkt konzentrieren? Es wird nicht zu einer kompletten Verschiebung von der Triade, das heißt von Europa, den USA und Japan, in die Emerging Markets kommen. Aufgrund von Währungsrisiken, Kundennähe und Logistikkosten werden Zulie- ferer wie Autobauer nach wie vor über signifikante Produktionskapazitäten in der Triade verfügen. Provokativ gesagt entwickeln sich sogar die USA aus Sicht der Automobilindustrie wieder zu einem Emerging Market. Dort haben sich die Produktionsbedingungen angesichts der vielen Chapter-11-Fälle im Zuliefererbereich stark verändert. Das Beispiel zeigt, welch großen Druck die Emerging Markets inzwischen auf die Triade ausüben. Dies wird auch dazu führen, dass etablierte Standorte wieder interessanter werden. Wird sich also die beherrschende Triade in der Automobilindustrie zu einem Pentagon entwickeln – mit China und Indien als neuen Schwergewichten? Vor zwei, drei Jahren hieß die Losung der Branche noch Konsolidierung. Doch zunächst werden wir eine Vielzahl neuer Wettbewerber im Markt sehen. Erst danach wird die Gruppe wieder kleiner. China hat schon begonnen, seine Automobilindustrie zu konsolidieren, um sich stärker aufzustellen gegen den internationalen Wettbewerb. Dort gibt es circa 120 Hersteller, die teilweise weniger als 10.000 Einheiten im Jahr produzieren. Indien wird einen ähnlichen Prozess erleben. Gemeinsam werden sie mit einem Mix aus zugekauften prestigeträchtigen Marken und einem günstigen lokalen Kostenniveau die alte Triade-Struktur aufbrechen. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:20 Seite 11 11 Bedürfnisse am besten erfüllt – egal ob mehr Platz auf der Rückbank oder 20 Millimeter mehr Bodenfreiheit. Der größere Wettbewerb zwingt auch die westlichen Hersteller dazu, ihre Modelle besser auszustatten und anzupassen. Dies erhöht die Kosten – obwohl sie die Preise senken müssen, um auf dem Kleinwagenmarkt konkurrenzfähig zu bleiben. So hat die Suche nach innovativen Lösungen oberste Priorität bei den etablierten Herstellern. Dazu gehören preiswertere Komponenten und neue Werkstoffe, aber auch Produktivitätssteigerungen bei der Produktion und dem Supply ChainManagement vor Ort in den Emerging Markets. In der jährlichen KPMGUmfrage unter Führungskräften der Automobilindustrie, dem Global Auto Executive Survey 2007, stuften die Befragten die Herausforderung „Neue Technologien“ mit 81 Prozent auf den höchsten Wert seit Beginn der KPMGBefragung 2001. atas Nano machte Schlagzeilen als „Plastikbomber“, da er auf einfache Materialien und eine reduzierte Ausstattung setzt. Während der insgesamt siebenjährigen Entwicklungszeit meldete das Unternehmen jedoch auch knapp 40 Patente für Bauteile des Fahrzeugs an. Im Vergleich zu westlichen Herstellern ist das ein bescheidener Wert, doch Patente sind nicht alles, was zählt. Auch bei der Zusammensetzung und Kombination bestehender Komponenten konnten die insgesamt etwa 500 beteiligten Ingenieure in Pune nach eigenen Angaben große Einsparungen erreichen. Beispielsweise reduzierten sie die Zahl der Einzelteile für den Türgriff des Nanos um mehr als 70 Prozent. T Was ihnen im Detail bereits gelang, soll sich auch im Großen fortsetzen. Das gesamte Auto basiert auf einem neuartigen modularen Konzept, das es erlaubt, ganze Fahrzeugteile eigenständig bauen zu lassen, bevor sie an anderer Stelle zusammengesetzt werden. Mit dem sogenannten „Open dis- Um die Massenbevölkerung in den Emerging Markets zu motorisieren, reicht die derzeitige Modellpalette westlicher Autobauer nicht aus tribution“-Konzept könnte das Unternehmen nach der Vorstellung von Firmenchef Ratan Tata sogar in der Lage sein, Elemente seiner Autofertigung an ausgebildete Subunternehmer auszulagern. In einem Interview mit der englischen Zeitung „The Times“ entwarf er die Vision, dass eines Tages lokale Autowerkstätten in der entfernten Provinz quasi als Satelliten-Montagewerke fertige Fahrzeugmodule zusammensetzen könnten. Noch wird das neue Billigauto des Unternehmens in einem neu gebauten Werk in Singur in Westbengalen gefertigt. Das Beispiel zeigt jedoch, wie die aufstrebenden Autobauer aus den Wachstumsmärkten traditionelle Prozesse der Automobilbranche in Frage stellen und nach neuen, innovativen Lösungen suchen. Dies bringt die etablierten Hersteller aus den Triademärkten erheblich unter Zugzwang. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 12 10.04.2008 17:20 Seite 12 Schwerpunkt: Automotive Firmen wie Tata in Indien oder Chery in China haben nach einer Studie der Boston Consulting Group weltweit im Kleinwagensegment bereits einen Marktanteil von etwa acht Prozent erreicht. In China konnten die einheimischen Hersteller Mitte vergangenen Jahres ihren Marktanteil erstmals auf rund 30 Prozent steigern. Dennoch stehen auch die neuen Automobilhersteller aus den Wachstumsmärkten vor großen Herausforderungen. Noch profitieren sie von den um bis zu 60 Prozent niedriger liegenden Produktionskosten. Auch die Entwicklung neuer Fahrzeugmodelle ist in China oder Indien günstiger. Während ein Hersteller im Westen rund 350 Millionen US-Dollar für eine Neuentwicklung ausgeben muss, liegen die Kosten in Indien nach Schätzungen der Beratungsagentur AlixPartners bei nur 20 Prozent dessen. Dies ist jedoch kein Grund, sich auf diesen Standortvorteilen auszuruhen. Der Kostenvorteil bröckelt bereits. Nicht nur bei den globalen Herstellern sanken in den vergangenen Jahren die Profitmargen. Auch die Autobauer in Indien und China litten darunter. Die geringen Arbeitskosten, für die die Wachstumsmärkte bekannt sind, entwickeln sich angesichts des Wirtschaftswachstums schnell nach oben. Zudem ist das Angebot an hochqualifizierten Ingenieuren sehr klein, die Abwanderungsquote in den Unternehmen sehr hoch. ntscheidend ist jedoch, dass die Arbeitskosten in der Automobilbranche nur einen verschwindend kleinen Teil der Gesamtkosten bestreiten. In Indien waren es laut Branchenverband SIAM vergangenes Jahr nur etwa drei Prozent. Mehr als drei Viertel der Kosten entfielen dagegen auf Rohstoffe wie Stahl, Aluminium und Kautschuk. Die Preissteigerung bei diesen Werkstoffen treiben auch bei den Herstellern in den Wachstumsmärkten die Stückkosten. E Zusätzliche Belastungen spüren die Autobauer in Indien oder Brasilien zudem durch die unzureichende Infrastruktur, die die Logistik der Produktion verteuert. Sollten die Investitionsprogramme der Regierung nicht schnell Erleichterungen schaffen, könnten die Kosten die Hersteller bei steigender Produktion dauerhaft belasten. Einsparungen können die Autobauer in de Wachstumsmärkten neben einem effektiveren Management vor allem durch einen steigenden Automatisierungsgrad der Produktionsprozesse erreichen. Um Fahrzeug- und Zulieferteile in hohen Stückzahlen bei konstanter Qualität und innerhalb der vorgegebenen Lieferzeit produzieren zu können, müssen in den nächsten Jahren immer mehr Betriebe auf automatisierte Fertigungslinien umrüsten. In Indien war bis vor einigen Jahren der Einsatz von robotergestützten Fertigungslinien kaum denkbar, weil hohe Importzölle von 30 bis 40 Prozent auf © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:20 Seite 13 13 KPMG-Expertise Die Emerging Markets haben keinen Grund, sich auf ihren Standortvorteilen auszuruhen. Der Kostenvorteil bröckelt bereits Mehr Informationen zum Thema Automotive in den Emerging Markets finden Sie unter anderem in diesen KPMG-Publikationen: Kooperationen in der Automobilzuliefererindustrie KPMG Deutschland Momentum: Driving forces in China’s car Market KPMG China KPMG’s India Automotive Survey 2007 KPMG International die Maschinen fällig wurden. Inzwischen sind sie zwar weitgehend gestrichen, doch der Einsatz teurer westlicher Roboter ist nur für Massenfertigungen ab einer großen Stückzahl rentabel. Eine KPMG-Umfrage unter indischen Branchenführern deutet auf einen Trend zur Entwicklung einer eigenen preisgünstigen AutomatisierungsStrategie hin. Laut der KPMG-Studie „India Automotive Study“ wollen indische Führungskräfte eher die Entwicklung eigener Roboter mit Unterstützung der starken einheimischen ITBranche finanzieren, statt teure Produkte aus dem Ausland zu importieren. Chinas Herausforderung zur Kosteneinsparung liegt vor allem in einer Konsolidierung der eigenen Automobilindustrie. Während die Volksrepublik 1990 nur rund 40.000 Autos im gesamten Land baute, verkauft der größte einheimische Anbieter Chery diese Stückzahl heute bereits in einem Monat. Das stürmische Wachstum der als Schlüsselindustrie geförderten Branche haben jedoch zu einem Wildwuchs vieler kleiner Anbieter geführt. Nach Branchenschätzungen gibt es heute mehr als 100 einheimische Hersteller, die mit dem Branchenprimus Chery konkurrieren wollen. Trotz der ersten Fusionen, unter anderem zwischen der Shanghai Automotive Industry Corporation (SAIC) und Nanjing Automobile (NAC) im vergangenen Jahr, bleibt noch viel Arbeit, um einige starke und rentable nationale Wettbewerber in der Automobilbranche zu schaffen. Die Industriepolitik der chinesischen Regierung drängt die großen Hersteller gleichzeitig dazu, eigene Modelle und Fahrzeugmarken zu entwickeln, die auch auf ausländischen Märkten erfolgreich verkauft werden können. Im Fokus stehen vor allem die Binnenmärkte anderer Wachstumsländer wie Russland oder Lateinamerika. Hier fällt es den Neulingen aus China und Indien deutlich leichter, Verbraucher KPMG’s 2008 Global Auto Executive Survey KPMG International Kostenloser PDF-Download und Bestellmöglichkeiten unter www.kpmg.de/emergingmarkets oder per E-Mail an auslandsmaerkte@kpmg.de © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 14 10.04.2008 17:20 Seite 14 Schwerpunkt: Automotive Autobauer aus Emerging Markets stehen vor der Herausforderung, eigene Modelle und Marken zu entwickeln und international erfolgreich zu verkaufen über den Preis zum Kauf ihrer Produkte zu überzeugen. Ein fehlendes Markenoder Qualitätsimage fällt nicht so sehr ins Gewicht wie in den gesättigten Märkten Westeuropas und den USA. Hier setzen die Herausforderer auf den Kauf bekannter Marken. Die chinesische Firma Nanjing Automobile sicherte sich beispielsweise 2005 im Zuge der Rover-Krise die Markenrechte für MG. In diesem Frühjahr bemühte sich der indische Tata-Konzern erfolgreich um die britischen Traditionsmarken Land Rover und Jaguar. Doch auch auf ihren Heimatmärkten in Indien und China steigt der Druck für die einheimischen Autobauer, ihr Markenimage auszubauen. Ausländische Konkurrenten und wachsende Ansprüche der Verbraucher stellen die Hersteller vor neue Herausforderungen. Um ihren Produktnamen mit fortschrittlicher Technologie zu verbinden, wer- den die Autobauer aus China und Indien deshalb auch bereits auf Feldern aktiv, auf denen selbst etablierte Hersteller aus Europa und Japan noch experimentieren – bei umweltfreundlichen Antriebskonzepten. Brasiliens Industrie hat es der Welt dank einiger gesetzlicher Vorgaben bereits vorgemacht. Der Einsatz alternativer Treibstoffe in Fahrzeugen geht zu einem großen Teil auf die Anstrengungen der internationalen Autobauer am Produktionsstandort Brasilien zurück. b Fiat, Ford, GM, Peugeot, Renault oder Volkswagen – sie alle haben sogenannte „Flex-Fuel“-Motoren im Angebot. Die neue Motorengeneration fährt nicht nur mit herkömmlichem Benzin oder Biodiesel, sondern auch mit alternativen Treibstoffen, wie Ethanol. Laut Analyse der KPMG-Branchenexperten in Brasilien werden bis 2010 drei von vier Autos mit der „FlexFuel“-Technologie ausgerüstet sein. O Hersteller in Indien und China treiben ebenfalls die Forschung zum Einsatz umweltfreundlicher Antriebe voran. Tata Motors schloss im Januar mit der Chrysler-Gruppe ein Abkommen für ein Elektroauto. Auf Basis des indischen Kleinlasters „Ace“ soll eine batteriebetriebene Version entstehen, von der Tata bis Jahresende etwa 10.000 Exemplare in die USA exportieren will. In China kündigte der Hersteller die Entwicklung von fünf Hybridauto-Modellen in den kommenden fünf Jahren an. Konkurrent Geely testet bereits erste selbst gebaute Hybrid-Autos im Taxidienst in seiner Heimatstadt Wuhu. Am weitesten fortgeschritten ist derzeit die Chang’an Autogruppe aus Chongqing. Sie begann im vergangenen Dezember die Massenfertigung des „Joice HEV“, einer viertürigen 1,4 Liter Fließhecklimousine für den chinesischen Markt. Noch sind die Absatzzahlen gering für die Hybrid-Autos in der Volksrepublik. Sie bieten jedoch die Perspektive, dass die Motorisierung der Milliardenvölker in China und Indien nicht vergleichbare Schäden für Klima und Umwelt auslösen muss wie es in Europa und den USA geschehen ist. Die Chance zum Technologiesprung der Wachstumsmärkte ist hier von besonderer strategischer Bedeutung. Auch hier können die Hersteller aus den Emerging Markets Motoren des Fortschritts sein. Ein gutes Beispiel sind die Verbrauchszahlen des indischen Tata Nanos. Mit seinen vier Litern Spritverbrauch auf 100 Kilometern und CO2-Emissionen von circa 95 Gramm pro Kilometer liegt er laut Herstellerangaben zum Teil deutlich unter Leistungswerten, den viele europäische Hersteller in Europa aufbieten können. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:21 Seite 15 15 Turbolader für den Osten Der Automobilmarkt in Russland erlebt ein dynamisches Wachstum. Internationale Hersteller wollen mit eigenen Produktionswerken den Binnenmarkt beliefern. Sie kommen aus den USA, Japan, Europa – und China. u Sowjetzeiten donnerten noch die kantigen Zil-Limousinen der Baureihe 114 über den Asphalt der Moskauer Twerskaja-Straße. Wenn die Karossen der Staatsführung den frei geräumten Prachtboulevard zum Kreml hinüberschossen, setzten sie den damaligen Maßstab für Macht und Reichtum in Russland. Heute sind sie längst abgelöst von den modernen und technisch überlegenen Fabrikaten aus dem Westen. Die russische Oberklasse bis hinauf zu Premierminister Wladimir Putin ist umgestiegen auf Luxusmodelle der internationalen Markenhersteller. Z Egal ob Mercedes-Benz, BMW, Jaguar, Bentley oder Porsches Cayenne im Segment der Sport Utility Vehicles (SUV) – überall verzeichnen die Autobauer im Premiumbereich in Russland teils hervorragende Wachstumszahlen. Die Herausforderung der Zukunft liegt jedoch am anderen Ende der Modellpalette, beim Massenmarkt. Mit dem Wirtschaftsaufschwung steigt das Einkommen in der russischen Bevölkerung schnell an. Damit rückt ein eigenes Auto für die neu heranwachsende Mittelschicht in Reichweite. Noch liegt das Land hier im Vergleich zu den osteuropäischen Nachbarn deutlich zurück. Bislang fährt statistisch nicht einmal jeder fünfte Russe einen Pkw. In Polen oder der Tschechischen Republik ist es dagegen laut Eurostat bereits mindestens jeder Dritte. Die Automobilindustrie rechnet deshalb auch in den kommenden Jahren mit zweistelligen Wachstumsraten in Russland. Damit könnte das Land laut © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 16 10.04.2008 17:21 Seite 16 Schwerpunkt: Automotive Das Premiumbereich in Russland boomt, doch die Herausforderung wartet am anderen Ende der Modellpalette – beim Massenmarkt B&D Forecast sogar innerhalb der nächsten fünf Jahre auf die Pole Position im europäischen Automobilmarkt rücken. Weltweit hat sich Russland heute in die Top10 der Absatzregionen vorgearbeitet. Die wachsenden Einkommen der neuen Mittelschicht sind nur ein Treiber beim dynamischen Absatz von Neufahrzeugen. Auch neue Konsumgewohnheiten und eine geänderte Zollpolitik trugen dazu bei. So stieg beispielsweise der Anteil der per Kredit finanzierten Autokäufe laut RBC in den vergangenen Jahren von etwa 25 auf über 50 Prozent. Gleichzeitig erhöhte die russische Regierung ab 2002 drastisch die Einfuhrzölle auf den Import von Neuund Gebrauchtwagen. Ursprünglich gedacht als Schutz für die einheimischen Autobauer, entwickelten sich die Zölle ab 2005 zu einem Baustein in der staatlichen Strategie zum Neuaufbau der russischen Automobilindustrie. Das russische Wirtschaftsministerium bot ausländischen Herstellern großzügige Steuerrabatte und Zollsenkungen, wenn sie sich zum Aufbau einer Autoproduktion im Lande entschließen. Das staatliche Investitionsförderkonzept war erfolgreich, die Lockrufe des brachliegenden russischen Binnenmarktes für ausländische Hersteller zu groß. Zehn Verträge wurden bis Ende 2006 geschlossen – darunter Toyota, Nissan, GM, Ford und Volkswagen. Die internationalen Autobauer verpflichteten sich darin, ihre lokale Fertigung schrittweise zu einer Vollproduk- tion mit einem Volumen von mindestens 25.000 Fahrzeugen pro Jahr auszubauen und den „local content“, das heißt den Anteil der lokal beschafften Komponenten, auf mindestsens 60 Prozent zu erhöhen. Insbesondere die letztgenannte Klausel im Vertragswerk wirkt wie ein Turbolader für die Aktivitäten der Zulieferindustrie. Eine Reihe von Branchengrößen ist bereits vor Ort aktiv. Angesichts des massiven Aufbaus neuer Kapazitäten werden jedoch auch sie ihre Produktionskapazitäten voraussichtlich deutlich erweitern. tark in Bewegung gerät derzeit die Frage des geeigneten Standorts für die Global Player und lokalen Zulieferer der Automobilindustrie in Russland. Schlug zu Sowjetzeiten das Herz der russischen Automobilbranche in der südwestlichen Provinz um Nischni Nowgorod, verteilen sich die Neuansiedlungen der ausländischen Hersteller bislang weiter im Norden. Der Oblast Moskau sowie die Ostseehafenstadt St. Petersburg lieferten sich einen Konkurrenzkampf um die neuen Produktionsstätten und den Titel Autohochburg Russland. S Erkennbar tendierten bislang die japanischen und US-Anbieter gen St. Petersburg. Ihnen bietet der Ostseehafen günstigere logistische Rahmenbedingungen sowie einen schnellen Zugang auch zum westeuropäischen Markt. Das Interesse der europäischen Autobauer konzentrierte sich bislang dagegen stärker auf die Hauptstadtregion. Aktuell wird der Löwenanteil neuer Fahrzeuge in den beiden Schlüs- selmetropolen Russlands verkauft. Doch je mehr sich der Wirtschaftsaufschwung in die Regionen ausbreitet, desto mehr wird sich auch der Absatzmarkt in die östlicher gelegenen Provinzen verlagern. Dann könnte sich auch für Standorte wie Nischni Nowgorod, das alte industrielle Zugpferd des russischen Reiches, eine neue Zukunft entwickeln. Ein paar Hundert Kilometer weiter östlich ist die Zukunft bereits greifbar. In Alabuga, einer der russischen Sonderwirtschaftszonen in der Region Tatarstan, will der chinesische Autobauer Great Wall Motors eine Fabrik für eine Jahrespoduktion von 50.000 Fahrzeugen und SUVs eröffnen. Nur die Freigabe russischer Behörden steht noch aus für das 70 Millionen US-Dollar teure Investitionsprojekt. Damit steht der chinesische Hersteller in einer Reihe mit anderen Unternehmen aus der Volksrepublik, die in drei Joint Ventures vor Ort Fahrzeuge montieren. Für die Chinesen ist Russland derzeit der wichtigste und größte Auslandsmarkt. Trotz eines Marktanteils von derzeit nur drei Prozent zur Mitte 2007 erhoffen sie sich angesichts von stürmischen Wachstumszahlen bereits bis Ende 2008 einen Absatz von bis zu 150.000 Fahrzeugen. Ihr Vorteil: Sie müssen weder strenge europäische Abgas- und Sicherheitsnormen erfüllen noch mit den Imageproblemen bei westlichen Konsumenten kämpfen. In Russland sind die Chinesen massenkompatibel – und könnten auch zur Konkurrenz für die Expansionspläne der etablierten Automobilhersteller werden. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 11.04.2008 11:00 Seite 17 17 „Der russische Markt tickt sehr europäisch“ Markus Haefner, Chief Financial Officer von Mercedes-Benz Russland, über die russische Liebe zur S-Klasse, Importzölle und die Auswirkungen der Euro-Norm auf den Lkw-Markt in Russland. Im Profil Wie wichtig ist der Automobilmarkt Russland für Daimler im Vergleich zu anderen Emerging Markets? Indien oder China mögen zwar aktuell mehr Schlagzeilen produzieren, doch aus Konzernsicht steht Russland gemeinsam mit diesen Ländern ganz oben auf unserer Agenda. Die Dynamik in den Regionen ist für uns ein klares Zeichen, in diesen Märkten zu partizipieren und zu wachsen. Was unterscheidet den russischen Markt? Was macht ihn einzigartig für MercedesBenz? Eine Besonderheit ist die Größe des Landes. Das Absatzgebiet erstreckt sich über elf Zeitzonen. Obwohl wir von Europa bis hin zum Fernen Osten mit 39 Händlern in allen wichtigen Städten präsent sind, konzentriert sich das Geschäft mit rund 70 Prozent noch maßgeblich auf St. Petersburg und Moskau. Unsere Kunden dort stellen ähnliche Anforderungen wie auf dem westeuropäischen Markt. Eine zweite Besonderheit ist das dominierende Luxussegment. Unsere stärkste Baureihe hier ist die S-Klasse. Sie erreichte vergangenes Jahr mit rund 4.000 Exemplaren das größte Volumen und einen Zuwachs von 73 Prozent. Schließlich verfügt Russland über das größte Sport Utility Vehicle-Segment in Europa – ein sehr dynamischer Wachstumsbereich. Ist Russland für Sie deshalb nur ein Markt für Luxusmodelle? Mercedes-Benz kommt traditionell aus diesem Segment. Bei der Gewichtung unserer Palette hier in Russland ist das deutlich ablesbar. Dennoch spüren wir, dass mittlerweile eine neu entstehende Mittelschicht auch an anderen Modellreihen Interesse hat. Die Zuwächse der B-Klasse lagen 2007 deutlich über denen der S-Klasse. Im Gegensatz zu anderen internationalen Pkw-Herstellern und Wettbewerbern haben Sie sich bislang gegen eine eigene Produktion in Russland entschieden. Welche Gründe sind dafür ausschlaggebend? Die Rahmenbedingungen für eine Pkw-Produktion sind für uns bislang nicht ausreichend. Mit gut 15.300 Einheiten haben wir ein gutes Volumen erreicht – jedoch über die gesamte Modellpalette hinweg. Das ist noch keine Größenordnung, bei der wir beispielsweise mit einer CKD-Produktion Einspareffekte erzielen könnten. Im Gegensatz zu Regionen wie Asien, wo man pro Modellreihe oft nur zwei Varianten produzieren muss, tickt der russische Markt anders – viel europäischer. Der Kunde will ein individuell zusammengestelltes Fahrzeug. Deshalb kommen wir hier momentan nicht auf Losgrößen, die eine Produktion rentabel machen. Die Importzölle sind für Sie also keine große Belastung? Das Niveau unserer Importzölle wiegt derzeit die Größendegressionseffekte nicht auf, die wir in unseren großen Fabriken in Sindelfingen oder in Tuscaloosa in den USA erzielen. Für uns ist es deshalb wirtschaftlich nicht effizient genug, hier in Russland zu produzieren. Zudem erwarten wir, dass die Importzölle im Falle eines eventuell bald anstehenden Beitritts Russland zur WTO sinken werden. Markus Haefner ist Chief Financial Officer von Mercedes-Benz in Russland. Der heute 40-jährige gelernte Diplomkaufmann durchlief in seiner beruflichen Karriere eine Reihe von Stationen im Hause Daimler. Gestartet als Executive Management Trainee agierte er mehrere Jahre im Finanzwesen und Controlling unter anderem der EvoBus GmbH und als CFO der Ballard AG. Es folgten jeweils Aufenthalte als CFO bei DaimlerChrysler in Malaysia und für MercedesBenz in China, bevor er im Juli 2006 in gleicher Funktion zur russischen Landesgesellschaft nach Moskau wechselte. Anders sieht es beim Lkw-Markt aus. Hier gibt es bei Ihnen sehr viel konkretere Überlegungen zum Aufbau einer eigenen Produktion. Eine Entscheidung dazu aus Stuttgart steht noch aus. Allgemein gesprochen ist der russische Nutzfahrzeugmarkt anders strukturiert und deutlich größer, so dass rentable Losgrößen für eine Produktion leichter zu erreichen wären. Entscheidend ist jedoch, wie sich das Thema der Euro-Emissionsstandards in Russland zukünftig entwickeln wird. Hier gilt aktuell die Euro-2-Norm. Sollten hier auf absehbare Zeit noch Euro-3- oder 4-Motoren laufen, würde sich für den russischen Markt eine andere Situation ergeben. In Westeuropa erfüllen unsere großen Maschinen wie der Actros bereits die Euro-5-Norm. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 18 10.04.2008 17:26 Seite 18 Qualität Kreuz mit der Qualität Das © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. mit Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:26 Seite 19 19 Die Debatte um die Waren aus China und anderen Emerging Markets muss endlich in ihrer vollen Breite geführt werden Gastbeitrag von Dr. Christoph Hein, Wirtschaftskorrespondent der F.A.Z für den Asien-Pazifik-Raum. ie eine Lawine brach der Unmut über China herein: Erst schmolzen Handy-Batterien, rauschte ein China-Auto durch die Crash-Tests. Dann erwiesen sich Tierfutter und Zahnpasta aus dem Reich der Mitte als giftig. Und schließlich stellte sich heraus, dass Kinderspielzeug aus chinesischen Fabriken hochgefährlich ist. Zum Jahreswechsel gerieten dann Chinas Teigklößchen in die Schlagzeilen, nach deren Genuss Japaner erkrankten. Kurz: Chinas Produkte, so sieht es die Welt inzwischen, sind billig, aber gefährlich – lebensgefährlich sogar. W Erst leugnete Peking die Probleme. Dann reagierte es mit der Kraft des zentralistischen Regimes und stampfte eine neue Behörde aus dem Boden, entzog Ausfuhrgenehmigungen, trieb Kontrollen voran. Wu Yi, auch im Westen anerkannte Vorzeigefrau der politischen Kaste Pekings, wurde mit der Herkulesaufgabe der Qualitätssicherung betraut. Zeitgleich spielte China den Ball zurück: Schuld an der Malaise der chinesischen Qualität trügen auch westliche Konzerne, die einen solchen Druck auf die Kosten machten, dass chinesischen Zulieferern kaum anderes übrig blieb, als vorgeschriebene Inhaltsstoffe durch billigere, gesundheitsschädliche zu ersetzen. Und vernachlässigten nicht die Auftraggeber selber die Kontrollen der gelieferten Produkte? Die Retourkutsche indes nutzte China nichts. Weniger denn je galten die Chinesen nun als ehrbare Kaufleute – als Beutelschneider standen sie da, die für mindere Qualität überhöhte Preise verlangten. Dabei gefährdeten sie noch die Gesundheit ihrer Kunden. Die Grundfesten der Fabrik der Welt wurden erschüttert. China selbst interpretierte die Kritik aus dem Westen ganz offiziell als Protektionismus in neuem Gewande. Seit dem Herbst ist die Debatte über die Qualität von Produkten aus Billiglohnländern festgefahren in gegenseitigen Vorwürfen. Es steht zu befürchten, dass sie sich noch verschärfen wird, wenn dank der Olympischen Spiele die Augen der Welt sich auf Peking richten werden. Wo es um Tierfutter und Kinderspielzeuge geht, schlagen die Emotionen hoch. Leidtragende sind die Verbraucher – übrigens im Westen wie im Osten, in Amerika und Europa wie in China selber. Und natürlich diejenigen Hersteller, die sich um vereinbarte Qualität bemühen – und die auch in China die ganz überwiegende Mehrheit bilden. Längst werden die immer gleichen Reflexe ausgelöst: Produkte aus China gelten inzwischen per se als gefährlich. Wer es sich leisten kann, lässt sie in Regal und Kühltruhe liegen. Ein gefährlicher Irrtum indes wäre es zu glauben, dies träfe nur Chinas Fabrikanten: Wie im Fall des amerikanischen Spielzeugherstellers Mattel leicht zu erkennen, © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 20 10.04.2008 18:06 Seite 20 Qualität wird der Ruf westlicher Auftraggeber mindestens in gleichem Maße geschädigt. Bei Nahrungsmitteln sind es sogar ganze Produktkategorien, wie etwa „Shrimps aus Asien“, die vom Teller verdrängt werden. Das Problem reicht weit über Chinas Grenzen hinaus. Peking kämpft an zwei Fronten: Im Ausland gilt es, den beschädigten Ruf zu reparieren. Im Inland muss es erklären, warum für chinesische Verbraucher augenscheinlich niedrigere Qualitätsansprüche gelten als für Ausländer. Das ist ein riskantes Spiel. Der Ausweg kann und darf nicht Vertuschung und Beschwichtigung heißen, sondern Änderung der Missstände. Dies aber ist ein langer und teurer Weg. Es liegt auf der Hand, dass in vielen Fällen nackte Profitgier Ursache der Probleme ist. Ein paar Yuan lassen sich sparen, wenn billigere Bleifarbe für den Anstrich von Kinderspielzeug verwendet wird. Das ist Betrug am Kunden. Solche Vergehen müssen, wenn irgend möglich, geahndet werden. In einigen dieser Fälle griff auch in China die Marktwirtschaft – mancher Zulieferer von Mattel etwa ging schlicht pleite, nachdem die Amerikaner ihre Aufträge strichen. Bis Ende vergangenen Jahres wurde 700 Exportunternehmen ihre Lizenz entzogen, berichten staatliche Medien. och gefährlicher als das pure Ignorieren von Produktstandards ist freilich die Fälschung von Produkten. Medizin und Maschinen, Turnschuhe und Automobile, die westlichen Produkten ohne Lizenz und Know-how nachgebaut werden, gaukeln dem Käufer allein durch ihr Aussehen eine Qualität vor, die sie nicht bieten. Verlässt er sich darauf, kann dies böse Folgen haben. Acht von zehn an den Grenzen der Europäischen Union beschlagnahmte Fälschungen stammten aus China, sagt EU-Handelskommissar Peter Mandelson. N Gegen die immer noch oftmals staatlich sanktionierte Raubkopiererei helfen nur zwei Schritte: Erstens das Erkennen des Unrechts und seiner Folgen, zweitens das strikte Durchsetzen von Verboten. Das aber ist in der Volksrepublik wie auch in anderen Schwellenländern viel leichter gefordert, als getan. Denn örtliche Kader feuern eher die Produktion in ihrer Region an, als Pekings Warnungen umzusetzen. Auch verfügt China schlicht nicht über die Ressourcen, eine westlichen Ansprüchen ansatzweise genügende Qualitätskontrolle einzuführen. Es fehlt an allen Voraussetzungen. Es mangelt an Fachleuten, es mangelt an Messinstrumenten, an Labors und Ausbildung. Verbraucherschutzverbände und unabhängige Qualitätsfachleute spielen in China keine Rolle. Eine Produkthaftung gibt es nicht. Und wäre all dies vorhanden, fehlten dem System, geprägt von Bestechung und Rechtsbeugung, die Mittel zum Durchsetzen seiner Erkennt- Wo es um Tierfutter und Kinderspielzeuge geht, schlagen die Emotionen hoch. Leidtragende sind die Verbraucher – in Europa wie in China © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 18:06 Seite 21 21 Kettenreaktionen beherrschen Beim Qualitätsmanagement einer Produktion in Wachstumsmärkten steht für Unternehmen mehr auf dem Spiel als ihr guter Ruf. Falsche Prozessabläufe, falsche Partner und falsche Vorstellungen können zu kostspieligen Fehlentscheidungen führen. ie Branchen wechseln über die Jahre, die Vorwürfe bleiben gleich: Immer wieder geraten Unternehmen angesichts unverantwortlicher Produktion oder unzureichender Waren in den Fokus von Medien und Verbrauchern. Mal sind es verseuchte Förderminen, dann von Kinderhand genähte Fußbälle und Kleider oder wie jüngst giftig gefärbtes Kinderspielzeug. Bleischwer lasten die Vorwürfe mitunter auf den betroffenen Unternehmen. Ihr Imageschaden in der Öffentlichkeit kann beträchtliche Ausmaße annehmen. D Dabei sind die negativen Schlagzeilen oft das Resultat eines unzureichenden Risikomanagements. Unternehmen fällt es schwer, alle Aspekte ihrer Produktion und ihrer Geschäftsprozesse unter Kontrolle zu halten. Die Verlagerung von Produktionsteilen in fremde Wachstumsmärkte hat diese Herausforderung nur noch gesteigert. Nicht nur die Arbeitsprozesse der Unternehmen sind heutzutage sehr kleinteilig – sie verstreuen sich inzwischen zunehmend über verschiedene Kontinente. Netzwerke mit unzähligen © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 22 10.04.2008 18:06 Seite 22 Qualität Dienstleistern und Subunternehmern entstehen. Der amerikanische Sportartikelhersteller Nike beispielsweise beschäftigt nach eigenen Angaben rund 30.000 Mitarbeiter auf sechs Kontinenten – mit der Herstellung seiner Produkte sind jedoch weltweit mehr als 800.000 Arbeiter beschäftigt. Nike und andere Unternehmen müssen nicht nur sicherstellen, dass ihre Produkte einen Qualitätsstandard besitzen, der ihrem Markenimage gerecht wird. Die Einhaltung sozialer Arbeitsbedingungen sowie aktuell auch Fragen der Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit sind Maßstäbe, die Staat und Gesellschaft an die Produkte anlegen. „Ein effektives Risk Management für Unternehmen besteht aus einem Zweiklang“, erklärt Richard Nixon, Engagement in einem Emerging Market stellt Auftraggeber ebenfalls vor Herausforderungen“, sagt Nixon. Neben den gesetzlichen Hürden fehlt es dann eventuell am notwendigen Länderwissen oder dem ausreichenden Zugriff auf Rohstoffe, um die Produktion vor Ort in Gang zu halten.“ Diese Probleme könnten die erhofften Kostenvorteile im Rahmen der Verlagerung in einen Emerging Market schnell aufbrauchen. Es gibt keine vorgefertigte Lösungsstrategie, die einfach je nach Branche und Land ausgerollt werden kann. Viele Unternehmen eint jedoch die Erwartung eines schnellen Erfolges und großer Kosteneinsparungen, wenn sie in Wachstumsmärkte wie China und Indien gehen. Angesichts unübersichtlicher Strukturen und schwächeren Qualitätsstandards sind diese Hoffnungen jedoch oft überzogen. Die Auswahl an Der Schutz der Reputation ist nur eine Seite der Medaille – genauso wichtig ist es, die operationellen Risiken der eigenen Beschaffungsprozesse zu beherrschen Partner bei KPMG in Großbritannien und Fachmann für Fragen des Supply Chain Managements. „Der Schutz der Reputation eines Unternehmens ist nur eine, wenn auch wichtige Seite der Medaille. Genauso wichtig ist es jedoch, die operationellen Risiken der eigenen Beschaffungsprozesse zu beherrschen.“ Unternehmen riskieren hohe Schäden, wenn die Produktion daheim aufgrund ausbleibender Zulieferungen aus den Emerging Markets ins Stocken gerät. Zulieferprodukte mit Schäden oder unzureichenden Qualitätsanforderungen könnten ebenfalls zu erheblichen Produktionsausfällen führen. Unternehmen, die viele Elemente ihrer Lieferketten unter eigener Aufsicht halten wollen, gewinnen jedoch nicht automatisch mehr Schutz. „Ein eigenes Zulieferern ist teilweise immens groß, eine genaue Kenntnis über ihre Arbeitsweise und Referenzen ist im Vorfeld schwierig. Dies gilt auch für China, wo sich mit der wachsenden Rolle als „Werkbank der Weltwirtschaft“ eine Reihe erfahrener Zulieferer quer durch alle Branchen etabliert haben. Trotz ihrer Professionalität haben diese sich jedoch nur in Einzelfällen bemüht, den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern und sich mit eigenen Qualitätsstandards von der Konkurrenz abzugrenzen. Als anonyme, sogenannte No Name-Zulieferer haben es manche Firmen einfacher, Aufträge verschiedener Konzerne zu erhalten, die auf dem Weltmarkt Konkurrenten sind. Dies trägt jedoch nicht dazu bei, die Qualitätsstandards in der Branche zu erhöhen. „Wenn Unternehmen Teile ihrer Produktionskette in die Emerging Markets verlagern, müssen sie nicht nur den Standort sorgfältig auswählen, sondern auch den Übergang mit Vorsicht und einem größeren Zeitfenster gestalten“, rät Richard Nixon. Erste gute Probeexemplare können blenden, der Subunternehmer die Arbeit später in andere Werke mit schlechterer Qualität oder schlechteren Arbeitsbedingungen verlagern. „Es ist naiv, technische Vorgaben zu entwickeln, Zulieferverträge zu unterzeichen, die technischen Baupläne in die Ferne zu schicken und sich dann zurückzulehnen“, so David Wheeler, Supply Chain Spezialist im KPMG-Team von Richard Nixon. Stattdessen ist eine intensive Kommunikation bis hinein in die Serienproduktion notwendig. Selbst genaue schriftliche Spezifikationen schützen mitunter nicht vor Qualitätsmängeln. Nicht in allen Wachstumsmärkten sind die Arbeiter in der Lage, computergestützte Konstruktionszeichnungen problemlos umzusetzen. Eine Alternative ist die Verteilung des Risikos auf mehrere Schultern. Statt auf fremde Zulieferer in einem Wachstumsmarkt zu setzen, ist eventuell der heimische Anbieter seinerseits bereit, seine Zulieferproduktion in einen Emerging Market zu verlagern. Ein anderes Mittel ist der Zusammenschluss mit anderen Branchenunternehmen. Mit der vereinten Marktmacht fällt es leichter, gegenüber nationalen Dienstleistern Qualitätskriterien und soziale Standards einzuführen und effektiver zu überwachen. In den vergangenen Jahren entstanden gerade im Umweltbereich viele übergreifende Initiativen, an denen sich auch internationale Organisationen und NGOs beteiligten. Ein Schutz vor negativen Schlagzeilen sind diese Anstrengungen jedoch nur dann, wenn sie nicht nur als Marketing-Plattform verstanden werden, sondern dazu beitragen, die eigenen Qualitätsstandards im Unternehmen zu beherrschen. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 18:07 Seite 23 23 China verfügt nicht über die Ressourcen, eine Qualitätskontrolle einzuführen, die westlichen Ansprüchen ansatzweise genügt nisse. Wer höhere Produktqualität in China fordert, der muss in einem Atemzug auch den raschen Ausbau des Rechtsstaates fordern. Zudem ist der westliche Anspruch an Qualität in China weitgehend unbekannt. Dort geht es zunächst einmal darum, dass ein Produkt erschwinglich ist und seinen Zweck erfüllt. Wer aber tagtäglich Lebensmittel, Trinkwasser und Luft zu sich nimmt, die längst die Grenzwerte der Schadstoffbelastung gesprengt haben, wer sein Leben nach der Kulturrevolution mit nichts in der Hand begann, dessen Ansprüche dürften tiefer liegen als diejenigen des im Lesen von Kalorientabellen und Nahrungsmittelzusätzen geschulten Konsumenten im Westen. Nicht, dass dies gut wäre. Nur macht sich hier ein Volk bislang wenig Gedanken über den Bleigehalt von Farben, solange es erstens überhaupt Farben kaufen kann, und diese zweitens decken. Das allerdings wird sich sehr schnell ändern. Schon sprießen in Chinas Metropolen die ersten Bioläden. Die Ansprüche steigen im Gleichschritt mit breiterer Bildung und dem Wachstum der Mittelschicht. Auch sie lässt dem heimischen Hersteller Qualitätsmängel immer weniger durchgehen – wenn sie sie denn bemerkt. Nicht grundlos gilt es in den Metropolen entlang der Ostküste längst als chic, westliche Markenprodukte zu kaufen – auch wenn diese in China selber hergestellt wurden. Die Zukunft ist vorgezeichnet: China wird einen enormen Bedarf für Qualitätskontrolle, Qualitätsmessgeräte und Qualitätsmanagement entwickeln. Schritt für Schritt wird der Markt sich teilen in teurere, den Ansprüchen genügende Waren und solche, die nur billig sind und ihren Zweck ungenügend erfüllen. Das ist nicht nur eine Bedrohung für westlich finanzierte Billigfertigung. Es ist vor allem eine Chance für den Absatz westlicher Qualitätsprodukte und -leistungen. Das Durchsetzen von Qualität braucht Willen, Mittel und Zeit. Qualitativ hochwertige Waren sind teurer – für Hersteller und Verbraucher. Ihr Ertrag wird erst auf längere Zeit sichtbar. Im Einzelfall durch eine engere Kundenbindung. Gesamtgesellschaftlich durch einen besseren Ruf der eigenen Industrie, aber letztlich auch durch geringere Belastungen der Gesundheit. Die höheren Stückkosten in China aber wird letztlich auch der Verbraucher im Westen mittragen müssen. „Geiz ist geil“ und Qualität vertragen sich schlecht. Dr. Christoph Hein ist Wirtschaftskorrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für den Asien-Pazifik-Raum. Der 47Jährige arbeitete zunächst für den WDR, bei BASF sowie für „Die Welt“, bevor er als Landeskorrespondent für Baden-Württemberg zur F.A.Z. wechselte. Inzwischen schreibt er seit mehr als sieben Jahren von Singapur aus über die dynamische Entwicklung sowie die Chancen und Herausforderungen der asiatischen Emerging Markets. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 24 10.04.2008 17:28 Seite 24 Tourismus in Emerging Markets Die neue Reisefreiheit Die schnelle wirtschaftliche Entwicklung verschafft den aufstrebenden Wachstumsmärkten weltweit einen neuen, prominenten Platz auf der Reiseagenda von Geschäftsleuten und Touristen. Trotz anstehender Großereignisse wie den Olympischen Spielen gefährden Infrastrukturprobleme und Kapazitätsengpässe ein positives Image. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:28 Seite 25 25 Top10 der Tourismus-Verdiener Erlöse (in Milliarden US$) Land 1 USA 85,7 2 Spanien 51,1 3 Frankreich 46,3 4 Italien 38,1 5 China 33,9 6 Großbritannien 33,5 7 Deutschland 32,8 8 Australien 17,8 9 Türkei 16,9 Österreich 16,7 10 as Grün der Bäume und Wasserpflanzen rund um den Zierteich macht den Ort zu einer kleinen Oase. Hier, im kleinen Innenhof des Jianguo Hotels, kann man den Lärm und die Hektik der Millionenmetropole Peking für einige Augenblicke hinter sich lassen. Dabei ist das Hotel eigentlich kein Zufluchtsort, sondern symbolisiert eher den Aufbruch in neue Zeiten in der chinesischen Tourismus-Industrie. Vor mehr als 25 Jahren, genauer 1982, war es das erste Hotel der Volksrepublik, das von Ausländern geführt werden durfte. D Die Revolution von damals ist heute zum Alltag geworden. Ausländische Hotelgesellschaften haben das Geschäft in China im Sturm erobert und dominieren zumindest das Fünf-SterneSegment in den Küstenstädten. Laut des chinesischen Branchenverbands waren 2008 mehr als 40 internationale Gesellschaften vor Ort, die ihr Angebot auf rund 500 Häuser ausweiteten. Bis zum Jahr 2010 werden Hunderte weiterer Neubauten entstehen, um mit der rasanten Nachfrage Schritt zu halten. Auch in Indien oder Vietnam steigen die Übernachtungspreise angesichts erheblicher Engpässe schnell. Ein Hotelzimmer in Ho-Chi-Minh-Stadt kostet deshalb genauso viel wie im asiatischen Finanzzentrum Singapur. Derzeit bedienen die ausländischen Konzerne vor allem Geschäftsreisende. Deren Zahl hat sich durch das enorme Wirtschaftswachstum und die ständig steigende Präsenz ausländischer Firmen in den vergangenen Jahrzehnten in der Region vervielfacht. Rechtzeitig zu den Olympischen Spielen wurde in China zusätzlich das Bettenangebot ausgebaut, um in ein paar Monaten möglichst viele Offizielle und Fans der Sportveranstaltungen aufnehmen zu können. Einkünfte 2006 ... 21 Indien 8,9 26 Südafrika 7,9 30 Russland 7,0 33 Korea 5,3 42 Brasilien 4,3 49 Vietnam 3,2 Quelle: UNWTO, Juni 2007 Die Olympischen Spiele in Peking sind jedoch nur ein Ausschlag in der steil nach oben zeigenden Kurve für die Tourismusindustrie in den Wachstumsmärkten. Nicht nur China, auch Russland, Indien, Brasilien oder neue Knotenpunkte wie die Vereinigten Arabischen Emirate ziehen immer mehr ausländische Reisende in ihren Bann. Laut des aktuellen Barometers der UN-Tourismusorganisation UNWTO von November 2007 wird sich das stärkste Wachstum der Branche in den sogenannten „Emerging Destinations“ im Asien-Pazifikraum, Afrika und dem Mittleren Osten abspielen. China überholte bereits 2004 Italien als viertgrößtes internationales Tourismusziel. Die letzten verfügbaren Zahlen für 2006 zeigen, dass mehr als 22 Millionen Ausländer nach China reisten – ein Plus von etwa zehn Prozent. Spätestens 2020 will man, wenn es nach der staatlichen Planwirtschaft geht, zur führenden Touristiknation der Welt aufgestiegen sein. In Indien waren es vergangenes Jahr knapp fünf Millionen Besucher. Vietnams Tourismuswirtschaft trug im gleichen Zeitraum mit mehr als vier Millionen internationalen Reisenden gut fünf Prozent zum Brutto- © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 26 10.04.2008 17:34 Seite 26 Tourismus in Emerging Markets Weltweite Reisewelle Entwicklung der internationalen Touristeneinreisen nach Regionen in Millionen 1600 1400 Südasien Mittlerer Osten Afrika 1200 Asien-Pazifik 1000 Lateinamerika 800 600 Europa 400 200 0 1995 2000 2006 inlandsprodukt des kleinen asiatischen Aufsteigers bei. Auch in Russland erwartet sich die Regierung eine große Touristenwelle, wenn Sotschi, die Küstenstadt am Schwarzen Meer 2014 Austragungsort der Olympischen Winterspiele ist. Indien richtet bereits 2010 die Commonwealth Games aus. Brasilien hofft auf ähnliche Effekte durch die mögliche Ausrichtung der FIFA-FußballWeltmeisterschaft im Jahr 2014. Alle Länder spekulieren darauf, dass ihre Attraktivität bei den Reisenden durch das Wirtschaftswachstum und die daraus resultierenden Fortschritte bei der Entwicklung des Landes gesteigert werden. Sie bemühen sich, dass Touristen bei weißen Sandstränden nicht nur an die Südsee, sondern auch an das „Hawaii Chinas“, die südchinesische Insel Hainan denken. Weiße Tiefschneepisten sollen Sportreisende nicht nur in den Rocky Mountains, sondern möglichst bald auch im russischen AltaiGebirge hinabwedeln. Archäologische Fundstücke sollen die Urlauber nicht nur an den antiken Stätten Griechenlands besuchen, sondern auch die jahrtausendealten Kulturen chinesischer Kaiser und indischer Maharadschas entdecken. Die neuen Tourismusziele werden schon heute von immer mehr Reisenden aus Westeuropa, den USA, Japan, 2010* 2020* Quelle: UNWTO's Tourism 2020 Vision, 2007 * Prognose Singapur oder Australien entdeckt. Laut UNWTO könnte dies die Touristenankünfte allein im Asien-Pazifikraum von gut 80 Millionen im Jahr 1995 auf fast 400 Millionen im Jahr 2020 steigern. Dabei sind die internationalen Touristen nur ein Bestandteil des erwarteten Wachstums. Auch die einheimische Bevölkerung in den Wachstumsmärkten wird zukünftig öfter urlauben. Angesichts höherer Einkommen und wachsendem Wohlstand nutzen viele die neue Reisefreiheit – entweder zu Hause oder an den beliebtesten Reisezielen der Welt. Der Anteil der Bevölkerung in Russland, China oder Indien, die sich in den kommenden fünf Jahren erstmals einen Urlaub im Ausland leisten kann, schätzt die Tourismusbranche derzeit auf eine hohe zweistellige Millionenzahl. chon heute bescheren russische Urlauber der Tourismusbranche in den Skiresorts der Alpen über die Feiertage des orthodoxen Neujahrs eine zweite Hochsaison. Anlässlich des chinesischen Neujahrs setzt sich die gesamte Volksrepublik in Bewegung. Traditionell besucht man zum Jahreswechsel die Familie in der Heimatstadt – immer mehr im Trend sind aber auch Urlaubsreisen ins Ausland. Während der arbeitsfreien „Golden Week“ über den Tag der Arbeit am 1. Mai meldete S der chinesische Tourismusverband die Rekordmarke von 150 Millionen Urlaubern. Die einheimischen Reisenden gaben 2006 in der Volksrepublik fast 20 Milliarden US-Dollar für ihren Urlaub aus. Damit wird der Tourismus für das Land auch zu einer bedeutenden Wachstumslokomotive. Umso schlimmer ist es, wenn dieser Zug durch die mangelnde Infrastruktur im Land ausgebremst wird. China erlebte in diesem Frühjahr durch einen schlimmen Wintereinbruch ein Chaos unter Reisenden. Doch auch in anderen Wachstumsmärkten hinkt die Infrastruktur an Straßen, Flughäfen, Hotels und Eisenbahnstrecken hinter der gesellschaftlichen Nachfrage hinterher. Dies bremst nicht nur die Wirtschaftsunternehmen, sondern schreckt auch ausländische Reisende ab, die sich nicht durch überfüllte Wartehallen oder über holprige Teerstraßen quälen wollen, um ihren Urlaub wahlweise im Hinterland Chinas, Indien, Brasiliens oder Russlands zu genießen. Ausländische Investitionen in die Infrastruktur spielen deshalb auch zur Entwicklung der Tourismusindustrie eine entscheidende Rolle für die Emerging Markets. Gute Reisebedingungen sind auch eine wichtige Voraussetzung, um neue touristische Attraktionen abseits der eingetretenen Pfade von Reisegruppen zu erschließen. Noch dominieren meistens die nationalen Ikonen, die Große Mauer in China oder die Christus-Statue in Rio de Janeiro. Die natürliche und sensible Schönheit des brasilianischen Regenwaldes oder die westchinesischen Urwälder der Provinz Yunnan sind für Touristen jedoch nur erreichbar, wenn Reiseverbindungen den Zugang zu diesen Regionen erleichtern. Wenn es China und anderen Emerging Markets gelingt, den Reiz dieser nationalen Heiligtümer in die Welt zu tragen und sich für sanften Tourismus von internationalen Reisenden zu öffnen, wird die kleine grüne Oase im Jianguo Hotel von Peking wirklich nur ein kleiner Baustein des neuen Global Players China in der Tourismuswirtschaft sein. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 11.04.2008 11:05 Seite 27 27 „Die Olympischen Spiele sind ein Lotteriespiel für Chinas Tourismus-Image“ Interview mit Oliver Bennett, Direktor Tourism Services der Emerging Markets Group, über starke Tourismusverbände, neue Destinationen und Imagewerbung. Welche Strategien brauchen Wachstumsmärkte, um sich als attraktive Tourismusziele durchzusetzen? Um sich als weltweite Destination zu etablieren, müssen die Länder eine klar umrissene Vision entwickeln bezüglich der eigenen Ziele sowie der Touristen, die sie anziehen wollen. Der Schlüssel sind starke Tourismusverbände. Gute Beispiele findet man vor allem dort, wo es einen gut entwickelten privaten Tourismussektor gibt und wo die Finanzierung durch eine tourismusbezogene Abgabe geschieht. Ausgebremst werden die Tourismusverbände dagegen dort, wo es stark politisch motivierte Einflussnahme gibt und Korruption ins Spiel kommt. Darunter leidet die Wettbewerbsfähigkeit des Reiseziels und lässt die privaten Anbieter vor Ort ohne Unterstützung zurück. Ein starker Tourismusverband mit einer umfassenden Kooperation mit der Privatwirtschaft ist ein guter Indikator für Unternehmen, die nach Investitionsmöglichkeiten in den Emerging Markets suchen. Wie können die Emerging Markets ein einprägsames Tourismus-Image entwickeln? Das ist eine große Herausforderung – speziell für große Länder wie China oder Indien. Sie bieten nicht nur ein Reiseziel, sondern eine ganze Kollektion an Destinationen in ihrem Land. China beispielsweise konzentriert sich derzeit voll auf seine nationalen Symbole – die Verbotene Stadt, die Große Mauer oder die Terrakotta-Armee. Sie sind die Magneten, die internationale Besucher anziehen. Im zweiten Schritt müssen jedoch auch unbe- kannte regionale Ziele mit einem eigenen Image vermarktet werden. Die Tourismusbehörden müssen zusammen mit der Privatwirtschaft die Lücken in der Wahrnehmung der Touristen füllen und eine emotionale Verbindung aufbauen. Das Image Indiens ist bereits vielschichtiger. Touristen – insbesondere aus Großbritannien – können hier schon besser unterscheiden zwischen einzelnen Reisezielen wie Kerala oder Darjeeling. Können Großereignisse wie die Olympischen Spiele die Wahrnehmung und das Image von Ländern als Reiseziel verbessern? Olympische Spiele haben schon das Potenzial dazu. Es ist jedoch eher die Ausnahme als die Regel. In der Vergangenheit haben nur wenige Austragungsorte wie Barcelona und Sydney als Tourismusziele nachhaltig profitiert. Allgemein profitiert jedoch der Tourismus von Olympischen Spielen durch die Investitionen in Infrastruktur und Hotels. Der Effekt für China ist nur schwer vorherzusagen. Es hängt vor allem davon ab, wie die Berichterstattung der internationalen Presse ausfällt. Wenn Sie über die Naturschönheiten des Landes schreiben – wunderbar! Wenn sie sich auf Menschenrechtsfragen und Armut im Land konzentrieren, könnte es einen gegenteiligen Effekt haben. Dieses Großereignis könnte noch zu früh sein für China und riskiert angesichts von Menschenrechtsfragen und mangelnder Infrastruktur ein negatives Medienecho. Aus dem Branchen-Blickwinkel sind die Olympischen Spiele deshalb ein Lotteriespiel für Chinas Tourismus-Image. Im Profil Oliver Bennett ist Director Tourism Services der Emerging Markets Group (EMG), einer internationalen Beratungsgesellschaft für Entwicklungsfragen, die Spendenorganisationen und Regierungseinrichtungen berät. Bennett verfügt über mehr als 35 Jahre Praxiserfahrung im Bereich der Tourismusentwicklung in mehr als 75 Ländern weltweit. Mit seiner Beratungsarbeit unterstützt er Regierungen und Tourismusbehörden bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien und Entwicklungsplänen sowie in den Bereichen Marketing und Investitionsförderung. Seine Beratungsprojekte wurden unter anderem finanziert von der Afrikanischen sowie der Asiatischen Entwicklungsbank, der Europäischen Union, UNDP, UNWTO, USAID sowie der Weltbank. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:35 Seite 28 © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. 28 Title of magazine Das neue HGB wirft viele Fragen auf. Bei uns bekommen Sie die passenden Antworten. Weniger Bürokratie, niedrigere Kosten und größere Transparenz: Dafür steht das geplante Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) der Bundesregierung, das insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen entlasten und Innovations- und Investitionskräfte freisetzen soll. Informieren Sie sich über die wesentlichen Änderungen und Auswirkungen von BilMoG auf Ihr Unternehmen. Auf Basis langjähriger Erfahrungen und der Kenntnis der Gesetzesänderungen zeigen Ihnen Experten Chancen und Möglichkeiten auf, die BilMoG Ihnen eröffnet. Nutzen Sie die Gelegenheit, im direkten Dialog mit HGB-, IFRS- und Steuerspezialisten konkrete Fragen zu diskutieren. Gerne beantworten wir Ihre Fragen vor Ort in: Berlin, 27. Mai 2008, Bielefeld, 2. Juni 2008, Bremen, 29. Mai 2008, Dortmund, 10. Juni 2008, Dresden, 10. Juni 2008, Düsseldorf, 29. Mai 2008, Essen, 27. Mai 2008, Frankfurt am Main, 19. Juni 2008, Freiburg, 29. Mai 2008, Halle, 24. Juni 2008, Hamburg, 27. Mai 2008, Hannover, 26. Mai 2008, Heilbronn, 2. Juni 2008, Jena, 2. Juni 2008, Kaiserslautern, 28. Mai 2008, Karlsruhe, 3. Juni 2008, Köln, 26. Mai 2008, Leipzig, 11. Juni 2008, Mainz, 2.Juni 2008, Mannheim, 10. Juni 2008, München, 28. Mai 2008, Nürnberg, 12. Juni 2008, Osnabrück, 3. Juni 2008, Saarbrücken, 24. Mai 2008, Stuttgart, 26. Mai 2008, Ulm, 28. Mai 2008. Registrierung Bitte melden Sie sich online an über folgenden Link: www.kpmg.de/bilmog-roadshow Für weitere Informationen: KPMG, Dr. Robert Gutsche, T 030 2068-4282, robertgutsche@kpmg.com kpmg.de © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:51 Seite 29 29 Inbound – Indien Indischer Elefant überschreitet Grenzen Im Vergleich der Emerging Markets drängen indische Unternehmen mit besonders hohem Tempo auf die Weltbühne. Europa bietet ihnen die Chance, die in der Heimat hart erkämpften Wettbewerbsvorteile neu auszuspielen und ihre Absatzmärkte als Sprungbrett für neues Wachstum zu nutzen. ängst ist das Wachstum zu groß, als dass es an den Landesgrenzen Halt macht. Indien verzeichnet seit Jahren einen stabilen Anstieg seiner Wirtschaftsleistung, das Bruttoinlandsprodukt kletterte stetig um mehr als acht Prozent. Mit der Kraft des boomenden Heimatmarkts im Rücken nutzen die indischen Unternehmen inzwischen die Chance zum Sprung auf die Weltbühne. „India Inc. goes Global“ ist der Slogan, den das Land selbstbewusst in die Welt hinaus schickt. Den Worten folgen Taten – und Geld. L Im vergangenen Finanzjahr verzeichnete der Wachstumsmarkt erstmals eine Wende in seiner Investitionsbilanz. Mit mehr als 32 Milliarden US-Dollar investierten indische Unternehmen im Aus- © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 30 10.04.2008 17:53 Seite 30 Inbound – Indien Dabei ist das Beispiel Tata Steel-Corus nur eine Zwischenstation in Indiens weltweiter Einkaufstour, die bereits vor etwa einem Jahrzehnt begann. Damals streckten die indischen Unternehmer erstmals zögerlich ihre Fühler nach ausländischen Übernahmezielen aus. Vor allem die angrenzenden Länder im asiatischen Raum zogen zu Beginn das Interesse auf sich, dann folgte der US-amerikanische Markt. Inzwischen hat Indien seine Schwingen voll ausgebreitet und hält kreisend über allen wichtigen Weltmärkten Ausschau nach attraktiven Übernahmezielen. Europa ist für Indien ein Investitionsziel, um die kostengünstige Heimatbasis mit einer weltumspannenden Vermarktung zu verknüpfen land erstmals mehr Geld als umgekehrt ausländische Firmen mit Unternehmensübernahmen (15 Milliarden US-Dollar) sowie Direktinvestitionen (16 Milliarden US-Dollar) in Indien. Damit gehört Indien in der Gruppe der Emerging Markets zu den Ländern, die besonders schnell und aktiv eine globale Präsenz ihrer Unternehmen aufbauen. Dies belegen auch die aktuellen Zahlen des KPMG-Indikators EMIAT in diesem Heft. Insgesamt kauften indische Geschäftleute nach Angaben der Reserve Bank of India im abgelaufenen Geschäftsjahr 240 Firmen im Ausland, vor allem in den westlichen Industrienationen USA, Großbritannien und Deutschland. Für die größten Schlagzeilen sorgte die Übernahme des britischen Stahlkonzerns Corus durch den kleineren indischen Rivalen Tata Steel. Mit einem Kaufpreis von mehr als 13 Milliarden Dollar war die Transaktion der bislang größte Deal eines indischen Unternehmens. pätestens im Jahr 2000 war Indien auch in Europa angekommen. Damals kaufte ein anderer Spross aus der großen Tata-Familie, Tata Tea, für fast einen halbe Milliarde US-Dollar den britischen Konkurrenten Tetley Tea und dessen globale Tee-Marke. Der Deal war ein Meilenstein in der Neudefinition der Beziehungen zwischen beiden Ländern und damit auch ein Wegbereiter für die heutigen noch größeren Akquisitionen. S Entwicklung Indischer Direktinvestitionen im Ausland Veränderung des Bruttoinlandsprodukts in %, real Ziel indischer Direktinvestitionen 2003 – 2007 Anzahl indischer M&A-Deals im jeweiligen Land Großbritannien 46 Deutschland 22 Kanada 12 31 30 41 53 79 2003 2004 2005 2006 2007 Australien 12 Frankreich 9 Italien 8 USA 100 Niederlande 7 Spanien 5 Südafrika 4 Japan 2 Quelle: KPMG EMIAT, Februar 2008* Quelle: KPMG EMIAT, Februar 2008 *Der EMIAT berücksichtigt abgeschlossene M&A-Deals, die mindestens zu einer Mehrheitsbeteiligung am Kaufobjekt führten, jedoch nicht von Private Equity oder institutionellen Investoren geführt wurden. Die Daten beruhen auf Material von Zephyr/ Bureau von Dijk Electronic Publishing. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:53 Seite 31 31 Das Muster und die Motive indischer Übernahmen in Europa ähneln sich. Ein Aspekt steht meist im Zentrum der Überlegungen: Wie können sie das aufgebaute Reservoir an kostengünstiger und gut ausgebildeter Arbeit in der Heimat am besten mit einer weltumspannenden Vermarktung sowie technologischen Innovationen verknüpfen? Nach dem Erfolg auf dem großen heimischen Binnenmarkt sind die indischen Unternehmer daran interessiert, ihre neu entwickelten Stärken auch auf anderen Weltmärkten auszuspielen. „Indien ist für uns wichtig – und dennoch nur einer von vielen Märkten in der Welt“, erklärte beispielsweise Malvinder Singh, Chef des indischen Pharmakonzerns Ranbaxy gegenüber europäischen Medien den indischen Blickwinkel. Sein Unternehmen generiere bereits 80 Prozent seines Umsatzes jenseits des Heimatmarktes. Bereits im Jahr 2000 erwarb Singh die deutsche Generika-Sparte des Bayer-Konzerns, die Basics GmbH in Leverkusen. Der Kostenvorteil indischer Unternehmen stützt sich jedoch nicht allein auf das vergleichsweise niedrigere Lohnniveau in Indien. Auch neue Investitionen in moderne Produktionsprozesse und ein harter Wettbewerb auf dem indischen Binnenmarkt wirkten als Fitnessprogramm für die späteren globalen Ambitionen der indischen Konzerne. Anfang der 1990er-Jahre hatte sich das Land von der staatlich verordneten Autonomiestrategie und dem sogenannten „licence raj“ verabschiedet. Mit diesem Kurswechsel war die einheimische Wirtschaft abrupt der Konkurrenz aus dem In- und Ausland ausgesetzt. Die Unternehmen, die die Rosskur durchhielten, konnten ihr Profil auf dem großen Heimatmarkt weiterentwickeln und stärken und auch nach globalen Maßstäben wettbewerbsfähig werden. Heute stehen sie an der Spitze der „India Inc.“-Bewegung im Ausland. Als der Staat die Investitionsbeschränkungen für Trans- aktionen im Ausland lockerte, waren diese Konzerne gewappnet für die neue Aufgabe. Dies unterscheidet den Erfolg und das Tempo der indischen Expansion von anderen Wachstumsmärkten. uch für die Zukunft gibt es keine Anzeichen, die das Tempo der indischen Expansion im Ausland bremsen könnte. Die hohen Profite auf dem indischen Binnenmarkt bescheren den Unternehmen ausreichende Finanzmittel. Die Liquidität wird genutzt, um sie im Ausland für den Kauf von etablierten Qualitätsmarken und neuer Technologie für Schlüsselkompetenzen zu reinvestieren. Gleichzeitig gibt es Anzeichen, dass in Zukunft weitere Branchen dem Beispiel einiger Pionierindustrien nacheifern und der Pharma-, IT und Energiebranche ins Ausland folgen. Hier stehen vor allem die wissensbasierten Sektoren wie Finanzdienstleistungen, die Automobilzuliefererindustrie oder die Mikroelektronik im Fokus. Die Zahl indischer Unternehmenstransaktionen in diesen Bereichen zeigt laut der aktuellen Daten von KPMG’s EMIAT nach oben. A Diese zweite Welle könnte dann nicht nur die großen Unternehmenskonglomerate von Tata und Co. erfassen, sondern auch kleinere, mittelständische indische Firmen ermutigen, sich auf die Suche nach neuen Absatzmärkten zu begeben. Europa bietet der indischen Wirtschaft ein attraktives Umfeld. Hier findet sie einen Mix aus etablierten Absatzmärkten, guter Infrastruktur und technologischer Kompetenz, die sie gegenüber anderen Regionen heraushebt. Der Beitritt der zehn osteuropäischen Staaten zur Europäischen Union hat der Region zudem eine neue Dynamik und einen noch größeren Binnenmarkt verschafft. Zumindest in einigen Regionen Europas klettert das Bruttoinlandsprodukt nun ähnlich schnell wie es indische Unternehmer seit Jahren aus ihrer Heimat gewohnt sind. KPMG-Expertise Mehr Informationen zum Thema Indien in den Emerging Markets finden Sie unter anderem in diesen KPMG-Publikationen: Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen KPMG Deutschland India and Germany – Knowledge Paper KPMG Indien Entrepreneurial India KPMG Indien Kostenloser PDF-Download und Bestellmöglichkeiten unter www.kpmg.de/emergingmarkets oder per E-Mail an auslandsmaerkte@kpmg.de © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 32 10.04.2008 17:53 Seite 32 Inbound – Indien „Wachstum allein ist nicht genug“ N. Chandrasekaran, Chief Operating Officer und Executive Director von Tata Consultancy Services (TCS), über strategische Expansionen in neue Märkte, die Kostenposition Europa und die M&A-Strategie von TCS. Wie wichtig ist der europäische Markt für Sie und die Wachstumsperspektive Ihres Unternehmens? Im Profil N. Chandrasekaran (oder Chandra, wie er weltweit gerufen wird) ist Chief Operating Officer (COO) und Executive Director von Tata Consultancy Services (TCS). Er ist verantwortlich für die Entwicklung und Umsetzung der globalen Expansionsstrategie des Unternehmens, unter anderem nach China, Europa sowie Lateinamerika. Chandra prägte eine Reihe strategischer Entwicklungsschritte von TCS auf dem Weg zu einem Global Player der Branche. Heute ist das Unternehmen einer der weltweit größten Dienstleister im Bereich IT-Services, Geschäftsprozesse und Outsourcing-Lösungen. TCS bietet seinen Kunden weltweit beratungsgestützte integrierte IT-Dienstleistungen durch die Anwendung seines Global Network Delivery Model, das in der Branche Maßstäbe für die Entwicklung von Software setzte. Als Teil der TataGruppe, Indiens größtem Unternehmenskonglomerat, beschäftigt TCS weltweit 108.000 Mitarbeiter in 47 Ländern und erwirtschaftete einen konsolidierten Umsatz von rund 4,3 Milliarden US-Dollar im Finanzjahr 2006/07. Europa ist für uns ein sehr wichtiger Markt. Derzeit schlagen wir uns in dieser Region sehr ordentlich. Wir wachsen hier schneller als das Gesamtunternehmen. Um dies in Zukunft fortzusetzen, müssen wir uns noch besser auf die vielen verschiedenen Sprachen auf dem Kontinent einstellen und unsere Produkte und Dienstleistungen anpassen. Deshalb haben wir bereits vor einigen Jahren ein regionales Lieferzentrum von TCS in Budapest eröffnet. Dieser Standort bietet uns einige Kostenvorteile im Vergleich zu Westeuropa. Das Zentrum ist in der Lage, sowohl europäische Kunden zu bedienen als auch im Team mit unseren globalen Entwicklungszentren in Indien zu arbeiten. Was sind für Sie die wichtigsten Treiber für eine Expansionsentscheidung in neue Märkte wie Europa oder Lateinamerika? Unsere Markteintrittsstrategie folgt drei Prinzipien. Unsere oberste Priorität in einem neuen Markt sind unsere globalen Kunden, die bereits in diesem Land präsent sind. Dann konzentrieren wir uns darauf, ein regionales Entwicklungszentrum aufzubauen. Damit können wir unseren Kunden in der Region Kostenvorteile anbieten. Schließlich wollen wir auch große lokale Unternehmen, die „National Champions“, als unsere Kunden gewinnen. Mit dieser Taktik haben wir unser Wachstumsmoment in den vergangenen drei Jahrzehnten hochgehalten. Dank unseres integrierten Systems, dem „Global Network Delivery Model“, haben wir unsere weltweite Expansion zu einer zweiten Stärke entwickelt: Alle unsere Zentren arbeiten mit den gleichen Tools und Prozessen. Damit können wir unsere Stärken und Fähigkeiten sehr flexibel verschieben und auf globaler Ebene einsetzen. Brauchen Sie dann überhaupt eine Präsenz in Europa? In etablierten Märkten wie Europa konzentrieren wir uns bei der Ansiedlung vor allem auf sogenannte „Nearshore-Zentren“ und Innovationslabore. Eines davon liegt in Peterborough in Großbritannien, ein anderes bauen wir derzeit in Düsseldorf in Deutschland auf. Dort beschäftigen wir Spezialisten – vor allem IT-Berater und Prozess- und Technologieanalysten – die uns mit neuen Ideen und landesspezifischem Marktwissen versorgen. Diese Zentren sind aber von der Größe her überschaubar, weil der Kostenfaktor in diesen Ländern für uns sehr hoch ist. Welche Herausforderungen und Hürden mussten sie beim Markteintritt in Europa meistern? Natürlich werden oft die hohen Kosten in Europa genannt. Das ist jedoch nicht das größte Problem. Die Herausforderung liegt in der Menge der Vorschriften. Europa ist sehr vielfältig – und die Gesetze und Bestimmungen sind in jedem Land sehr unterschiedlich. In diesem regulierten Umfeld ist es eine Herausforderung, sich auf all diese Variablen und Beschränkungen einzustellen. Ist auch eine Unternehmensübernahme eine Option, um in Europa weiter zu wachsen? Wachstum allein ist nicht genug. TCS verfügt derzeit über eine sehr gesunde Wachstumsrate – rund 40 Prozent auf US-Dollarbasis im Jahresvergleich. Wir sind also nicht angewiesen auf Zukäufe – gleichwohl interessieren uns strategische Akquisitionen. Wir stellen drei Fragen, bevor wir eine Firma kaufen: Addiert sich das Wachstum des Kaufobjekts nur zu unserem – oder beschleunigt es unsere Entwicklung um ein Vielfaches? Wir müssen zweitens in der Lage sein, das Unternehmen effektiv in unsere Struktur und Unternehmenskultur zu integrieren. Und schließlich muss sich die Übernahme positiv auf unsere Margen auswirken. Alle drei Aspekte sind uns wichtig. Wir kaufen nicht nur um zu wachsen. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:53 Seite 33 33 „Inder haben den Geist schwäbischer Tüftler“ Andreas Lapp, Vorstandsvorsitzender der Lapp-Gruppe und Honorarkonsul der Republik Indien für die Region Süddeutschland, über den Forschungsstandort Indien, die Herausforderung der Qualitätssicherung und über die Chancen indischer Investoren in Europa. Ihre Lapp-Gruppe ist global aufgestellt mit Standorten in Spanien, Korea oder den USA. Warum ist ausgerechnet Indien für Sie zu einer „Herzensangelegenheit“ geworden? Meine Eltern haben zu ihrer Zeit das LappGeschäft in Europa und Amerika aufgebaut. In der zweiten Generation standen wir – mein Bruder Siegbert und ich – vor der Herausforderung, die Lapp-Gruppe in Asien aufzustellen. Indien und China sowie Japan und die ASEAN-Region sind die größten und zugleich wichtigsten Märkte. Da meine Eltern einst vor dem Kommunismus geflohen waren, fiel uns die erste Auswahl leicht. Inzwischen produzieren wir aber auch in der Volksrepublik unsere Kabelprodukte. Wie groß waren die Befürchtungen ihrer Kunden gegenüber Produkten aus Indien und anderen Emerging Markets? Nach der Eröffnung des indischen Werks 1996 haben wir zunächst ein sehr konkretes Feedback einiger Kunden erhalten, dass Lieferungen aus Indien für sie nicht akzeptabel seien. Natürlich haben wir diese Sorgen ernst genommen – insbesondere angesichts der Markenstrategie, die wir in der Lapp-Gruppe fahren. Wo unsere Marke Ölflex draufsteht, muss auch Ölflex drin sein. Die daraus resultierende rigide Handhabung unserer Produktionsprozesse und Qualitätsmaßstäbe hat aber sehr schnell zu positiven Ergebnissen geführt. Unser indisches Kabelwerk gehört im firmeninternen Benchmarking inzwischen mit zu den Besten. Und bei unseren Kunden spielt die Herkunft unserer Produkte keine Rolle mehr. Sie haben inzwischen in Bangalore ein Innovationszentrum angesiedelt – eine qualitative Entwicklung des indischen Standorts? ren sehr gut entwickelt. Indiens Vorteil ist die Mentalität der Mitarbeiter, die wir vor Ort gewinnen konnten. Sie haben den Geist schwäbischer Tüftler. Wir können ihnen komplexe Aufgaben geben, die sie selbstständig bearbeiten und in Teams einer Lösung zuführen. Wir haben das auch in Korea und China probiert – mit deutlich weniger Erfolg. Erhöht dies auch das Interesse indischer Unternehmer für Investitionen in Deutschland? Die makroökonomischen Rahmenbedingungen in Deutschland sind gut. Derzeit sehen wir einen der größten Generationswechsel im Mittelstand. Dies bietet auch indischen Investoren eine attraktive Chance, ein Standbein auf dem europäischen Markt zu finden. Auch der indische Mittelstand denkt mit seinen starken Familienstrukturen grundsätzlich eher in Generationen statt in Quartalsberichten wie etwa im angloamerikanischen Raum. Was vermissen indische Unternehmer noch am Standort Deutschland? Deutschland fehlt im Vergleich etwas, was man als Wohlfühlfaktor umschreiben könnte. Indische Unternehmer, die nach Großbritannien oder in die USA reisen, haben dort meist Verwandte; reisen also quasi zum Onkel oder zum Cousin. Hier steht Deutschland etwas hintenan. Rein nach der wirtschaftlichen Vernunft bietet Deutschland eine hervorragende Ausgangsbasis für indische Investitionen. Leider ist die Ansiedlungspolitik hier in Deutschland bei Weitem noch nicht da, wo sie sein sollte. Einige unserer Wirtschaftsförderer haben den indischen Markt noch nicht richtig erkannt und tun sich etwas schwer, den richtigen Zugang zu finden. Im Profil Andreas Lapp ist seit 1998 Vorstandsvorsitzender der Lapp Holding AG. Seit seiner Ernennung 2001 übernimmt er zudem das Amt als Honorarkonsul der Republik Indien für Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Die von dem 52-Jährigen geleitete Firmengruppe ist weltweit einer der führenden Hersteller von hochflexiblen Kabeln, Leitungen, Kabelzubehör, Industriesteckverbindern, Kabelkonfektionen und Kommunikationstechnik. Mit weltweit 56 Gesellschaften und circa 100 Vertretungen zählt die Lapp-Gruppe international zu den bedeutendsten Zulieferern der Bereiche Maschinen- und Anlagenbau, Automatisierung sowie Mess-, Steuer- und Regeltechnik. Die Firmengruppe beschäftigt weltweit rund 3.000 Mitarbeiter und plant für das Geschäftsjahr 2007/08 einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro. Bangalore ist eines von vier Forschungszentren für die Lapp-Gruppe neben New Jersey, Singapur und dem Heimatwerk in Stuttgart und hat sich seit der Eröffnung vor drei Jah- © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 34 10.04.2008 17:57 Seite 34 Golfstaaten – Islamic Banking Gottgefällige Investitionen In den Golfstaaten wächst der Finanzsektor zum Rückgrat einer neuen Dienstleistungswirtschaft heran. Zentrales Element ist das Islamic Banking, bei dem Anlageprodukte den strengen Grundsätzen des Korans folgen. Ausländische Finanzhäuser und Investoren müssen sich auf veränderte Richtlinien und religiöse Maßstäbe einstellen. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:57 Seite 35 35 lle drei Tage wächst der Burj Dubai um ein weiteres Stockwerk in den Himmel über dem Persischen Golf. Bis Jahresende soll er einmal 800 Meter und 154 Stockwerke emporragen – doch schon jetzt ist er das höchste Gebäude der Welt. Die Baukosten werden am Ende 1,8 Milliarden Euro verschlungen haben. Zu seinen Füßen entsteht zur selben Zeit der größte Flughafen der Welt, das größte Einkaufszentrum der Welt und eine Reihe künstlicher Inselatolle, die noch vom Weltall aus zu sehen sind. Instrumente des Islamic Banking Geld scheint bisher nur eine Nebenrolle zu spielen, um den Wüstenoasen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Kuwait, Oman, Katar und Saudi-Arabien ein neues Image und eine neue Wirtschaftsstruktur zu verschaffen. Dank der sprudelnden Ölerlöse verzeichnen die Golfstaaten kräftige Haushaltsüberschüsse. Das Bruttoinlandsprodukt der Vereinigten Arabischen Emirate wuchs 2007 um rund 7,7 Prozent auf 189,6 Milliarden Dollar – eine Wirtschaftsleistung von mehr als 42.000 Dollar pro Kopf. Sukuk Form islamischer Anleihen, die das Zinsverbot beachten. Anstelle des Zinses tritt die Verteilung von Gewinnen etwa durch Gewinngutschriften oder Ausschüttungen an alle Kunden einer Bank im Sinne von Anteilseignern am Unternehmen. A Die Scheichs haben jedoch längst erkannt, dass die Ölfelder als ergiebige Geldquellen mittelfristig versiegen werden. Um den wirtschaftlichen Reichtum der Region langfristig zu sichern, fördern sie neue Wirtschaftsbereiche mit gezielten Investitionen. So florieren in Dubai beispielsweise die Logistik- und Tourismusbranche sowie die Stahl- und Aluminiumindustrie. Der Finanzsektor soll am Golf zum Rückgrat einer neuen Dienstleistungsgesellschaft heranwachsen. Ihr Ziel ist es, die Golfmetropolen in die Liga der wichtigsten Banken- und Finanzstandorte der Welt zu führen. Anders als in New York, London oder Tokio spielt dabei Religion eine zentrale Rolle. Der Islam macht der gläubigen Finanzwelt strenge Vorgaben, die unter dem Begriff des Islamic Bankings zusammengefasst werden. Islamic Banking bezeichnet die Konformität ökonomischer Handlung und Finanztechniken mit den in Koran und Sunna Riba „Wucher“ oder „Zins“, der nach Maßgabe der Scharia verboten ist. Dies betrifft festverzinsliche Wertpapiere, zum Beispiel Anleihen, Renten sowie etwa Zinsen von Sparkonten. Erlaubt sind hingegen Erträge, die durch Handel oder Investition in ein bestimmtes Produkt erzielt werden. Dazu gehören etwa Risikokapitalvergabe, Vermietung oder Leasing. Musharaka Form der Beteiligungsfinanzierung, bei der Bank und Kunde Kapital einbringen und eine Teilung von Gewinn und Verlust vereinbaren. Dieses dargelegten Bestimmungen des islamischen Rechts, der Scharia. Über 90 Prozent der Bevölkerung in der Golfregion sind Muslime. Ihr Handeln ist in vielen Lebensbereichen maßgeblich durch die Gesetze beeinflusst, die aus der Lebensweise des Propheten Mohammed abgeleitet sind. Unternehmerisches Handeln mit dem Ziel, Profit zu erwirtschaften, ist zwar laut Islam erlaubt. Doch soll der Zusatznutzen eines Produkts für die Gemeinschaft im Vordergrund stehen. Jeder Kapitaltransfer muss durch real existierende Sachmittel gedeckt sein, sodass niemand sich allein dadurch bereichern kann, einem anderen Geld zu leihen. Zinsen (arabisch „riba“) sowie jegliche Art von vertraglicher Unsicherheit oder Spekulation („gharar“) sind im Islamic Banking nicht erlaubt. Eine Vielzahl von Finanzprodukten, die zur Standardpro- Modell ähnelt einem Joint Venture und wird oft für islamische Private EquityTransaktionen genutzt. Mudaraba Form der Beteiligungsfinanzierung ähnlich einer stillen Gesellschaft. Im Gegensatz zur Musharaka übernimmt hier die Bank vollständig die Finanzierung sowie das alleinige finanzielle Investitionsrisiko, während der Kunde das Projektmanagement übernimmt und prozentual am Gewinn beteiligt ist. Murabahah Form des Sachmittel- oder Abzahlungskredits, vergleichbar mit einem „markup sale“. Ein Kreditgeber, meist eine Bank, tritt dabei als Zwischenhändler auf. Er erwirbt im Kundenauftrag ein Wirtschaftsgut, verkauft dieses jedoch an den Kunden weiter und stundet ihm die Zahlungen. Da die Bank dem Kunden ein Handelsgut, nicht jedoch einen Kredit zur Verfügung stellt, verstößt dies nicht gegen das Zinsverbot. duktpalette konventioneller Banken zählen, fällt diesen Vorgaben zum Opfer. Dazu gehören Kredite, Kreditkarten, Obligationen, Optionen, Derivate, Termingeschäfte oder konventionelle Hedge Fonds. Das Islamic Banking hat dafür Finanzprodukte, die die gleichen ökonomischen Funktionen erfüllen – jedoch andere Strukturen aufweisen (siehe Infobox). Im Vergleich zu westlichen Finanzprodukten liegt der Fokus des Islamic Banking auf einer stärkeren Gewinn- und Verlustbeteiligung, also einer höheren Risikobeteiligung des Kapitalgebers. Neben dem Zins- und Spekulationsverbot ist laut islamischen Rechtsquellen zudem das Glücksspiel („maysir“, „quimar“) untersagt. Investitionen in Geschäfte, die Alkoholherstellung oder -vertrieb, Pornographie oder die Verarbeitung von Schweinefleisch beinhalten, © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 36 10.04.2008 17:57 Seite 36 Golfstaaten Automotive–Türkei Islamic Banking auf rund 265 bis 270 Milliarden, in anderen Quellen sogar auf bis zu 500 Milliarden Dollar geschätzt – bei einer jährlichen Wachstumsrate von circa 15 Prozent. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, könnten islamische Banken innerhalb der nächsten zehn Jahre bis zu 50 Prozent aller Ersparnisse der muslimischen Weltbevölkerung binden. Die Golfstaaten wollen in die Liga der wichtigsten Finanzstandorte der Welt aufsteigen. Islamic Banking ist dabei ein entscheidender Faktor für die gläubige Finanzwelt stehen ebenfalls nicht im Einklang mit der islamischen Rechtslehre. Dies schließt zum Beispiel eine schariakonforme Investition bei Fluglinien aus, da diese auf ihren Flügen Alkohol ausschenken. Auf die Einhaltung aller religiösen Vorgaben achten die sogenannten Scharia Boards eines jeden islamischen Geldinstituts. Ihnen gehören hauptsächlich hohe Geistliche an, die das Geschäft des Instituts unter religiösen Gesichtspunkten prüfen. Bank und die Dubai Islamic Bank (1974 beziehungsweise 1975) zählten zu den Ersten, die ihre Finanzprodukte an religiösem Recht ausrichteten. Seitdem hat sich ein duales Finanzsystem aus konventionellen und islamischen Finanzinstituten etabliert. Durch die jüngste Politisierung des Islam und eine Rückbesinnung auf religiöse Werte hat Islamic Banking in den vergangenen Jahren einen deutlichen Nachfrageschub verzeichnet. Seinen Ursprung hatte das Islamic Banking in den 1970er-Jahren, als die säkulare, panarabische Bewegung sich erschöpfte und panislamische Tendenzen in den Vordergrund traten. Infolgedessen wurden auch die Forderungen nach einem schariakonformen Finanzwesen in den islamischen Ländern immer lauter. Die Islamic Development W eltweit halten sich heute rund 300 Finanzinstitute in mehr als 80 Ländern an die Vorgaben von Koran und Sunna, ein Großteil von ihnen im südostasiatischen Raum (42 Prozent) und der Golfregion (22 Prozent). Der Wert des auf diese Weise angelegten Kapitals wird nach Berechnungen des International Islamic Finance Forums Auch in Europa wurden in den vergangenen Jahren erste Schritte unternommen, die Richtlinien des Islamic Banking aufzugreifen. Die Banken hoffen mit ihren Produkten und Dienstleistungen die rund 15 Millionen Muslime in Europa als Kunden zu gewinnen, darunter auch 3,5 Millionen in Deutschland. Viele der größten europäischen Banken eröffneten in den vergangenen Monaten ebenfalls „Islamic Windows“, spezielle Bankensparten für strenggläubige Muslime, suchen aber noch nach einem erfolgreichen Vertriebskonzept. Islamische und konventionelle Banken beschränken ihre schariakonformen Investitionen nicht auf den islamischen Raum, sondern sind auf den globalen Finanzmärkten aktiv. Ein prominentes Beispiel war die 3,5 Milliarden DollarOfferte der Regierung Dubai für den Kauf des britischen Hafenbetreibers P&O, die auf einem islamischen Finanzprodukt, dem Sukuk, basierte. Auch das deutsche Bundesland SachsenAnhalt nutzte 2004 einen Sukuk, um für die veräußerten Nutzungsrechte an seinem Immobilienvermögen einen Kredit aufzunehmen. Allerdings kommen nicht alle Unternehmen für eine islamkonforme Beteiligung in Frage. Im 1999 eingeführten Dow Jones Islamic Market Index (DJIM) sind weltweit rund 2.300 Aktientitel von Unternehmen erfasst, die den religiösen Vorgaben genügen. Ausschlusskriterien sind unter anderem ein Verschuldungsgrad von 33 Prozent oder mehr, Debitorenstände von 45 Prozent oder mehr und Zinseinnahmen von über fünf Prozent. Die Renditen sind teilweise beachtlich: Der DJIM stieg in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich um mehr als 13 Prozent pro Jahr und der Dow Jones Isla- © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 11.04.2008 11:02 Seite 37 37 mic Europe Index im selben Zeitraum gar um jährliche 17 Prozent. Das volle Potenzial des Islamic Banking wird derzeit noch durch strukturelle Hindernisse ausgebremst. Viele Probleme basieren auf dem Nebeneinander von konventionellem und islamischem Bankensystem. Dies führt dazu, dass islamische Banken sich sowohl nach der Scharia als auch nach staatlichen Gesetzen richten müssen, wenn sie international anerkannt und zertifiziert werden wollen. Die Vorgaben der Scharia lassen sich jedoch nur unter erheblichem Mehraufwand mit Reporting Standards wie GAAP oder IFRS in Einklang bringen. Auch die Besteuerung im Islamic Banking ist keineswegs einheitlich, in einigen Fällen sogar gänzlich unklar. Erschwerend kommt hinzu, dass die Auslegung der Scharia nicht in einem einheitlichen Gesetzestext verankert ist. Den Geistlichen der Scharia Boards bleibt ein erheblicher Spielraum bei der Beurteilung des finanziellen Handelns der Finanzinstitute. Aufgrund dieser Umstände bestehen derzeit noch Defizite bei der internatio- nalen Lizenzierung, Regulierung und Überwachung im Islamic Banking. Beim Aufbau ihrer Geschäfte mangelt es den Banken außerdem an Fachkräften, die sowohl in islamischer Rechtslehre als auch im internationalen Finanzwesen Experten sind. Politische Instabilität in den islamischen Ländern und große regionale Marktunterschiede ergänzen die Liste der Schwierigkeiten, mit denen Islamic Banking derzeit noch zu kämpfen hat. Diese Probleme werden vermutlich im Laufe der Zeit behoben, wenn das Islamic Banking sein weltweites Wachstum fortsetzt und sich noch stärker als Alternative zum konventionellen Bankensystem etabliert. Für die Staaten der Golfregion kann Islamic Banking in den nächsten Jahren einen Teil der finanziellen Rahmenbedingungen schaffen, um die sprudelnden Erdöleinnahmen in der Region zu binden und in die Entwicklung anderer Wirtschaftsbereiche zu leiten. Für ausländische Investoren bedeutet Islamic Banking, dass sie zügig die notwendigen Branchenkenntnisse und regionalen Beziehungen aufbauen sollten, wenn sie ihrerseits langfristig am Aufstieg der Golfregion beteiligt sein möchten. KPMG-Expertise Mehr Informationen zum Thema Islamic Banking in den Emerging Markets finden Sie unter anderem in diesen KPMG-Publikationen: Islamic Finance – KPMG Services KPMG International Growth and Diversification in Islamic Finance KPMG International Kostenloser PDF-Download und Bestellmöglichkeiten unter www.kpmg.de/emergingmarkets oder per E-Mail an auslandsmaerkte@kpmg.de Mit Auszeichnung – die Global Islamic Financial Services Practice von KPMG KPMG wurde 2007 als „Best Islamic Assurance and Advisory Service Provider“ ausgezeichnet. Die vom britischen Magazin Euromoney verliehenen „Islamic Finance Awards”, gehören zu den maßgebenden Auszeichnungen der globalen Islamic Finance Branche. Besonders hervorgehoben wurden unter anderem die Breite sowie der überzeugende länderübergreifende Ansatz der Beratungsdienstleistungen der KPMG-Fachleute. Allein 2007 unterstützten die Spezialisten der einzelnen KPMG-Mitgliedsgesellschaften mehr als 50 islamische Finanzinstitute in Westeuropa, den Ländern des Golf-Kooperationsrates (GCC), im Mittleren Osten, Nordamerika sowie Afrika. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 38 10.04.2008 17:57 Seite 38 WissenExpertenblick KPMG-Studien Product sourcing in Asia Pacific – KPMG International Einzelhändler und Konsumgüterhersteller beziehen bereits seit einigen Jahren ihre Produkte aus dem Asien-Pazifik-Raum, doch im Laufe der vergangenen Jahre sind ihre Aktivitäten enorm gestiegen. Die KPMG-Studie analysiert die Ergebnisse einer Befragung unter 150 erfahrenen Branchenexperten, die in der Region Product Sourcing betreiben. Dabei beleuchtet die Publikation die gegenwärtigen strategischen Ziele der Einkäufer sowie deren zukünftige Herausforderungen im Asien-Pazifik-Raum. The Rise of China’s Capital Markets – KPMG Hongkong Parallel zur wachsenden Stärke der chinesischen Wirtschaft hat die Regierung eine Reihe maßgeblicher politischer Initiativen auf den Weg gebracht, um die Effizienz der chinesischen Kapitalmärkte zu steigern. Ihre Wirkung schlug sich unter anderem auf die Schanghai Stock Exchange nieder, die zur sechstgrößten Aktienbörse der Welt aufstieg. Die Ergebnisse der KPMG-Studie basieren auf Interviews mit Vertretern staatlicher Kontrollbehörden sowie wichtigen Marktteilnehmern. Die Publikation liefert eine Analyse der wichtigsten Treiber der aktuellen Expansion und gibt einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der chinesischen Finanzmärkte. Private Equity: Implications for Economic Growth in Asia Pacific KPMG International Die Anziehungskraft der Asien-Pazifik-Region für Private Equity-Häuser ist im Laufe der vergangenen Jahre dramatisch gestiegen und zeigte auch im 1. Halbjahr 2007 keine Anzeichen von Schwäche. Auf Basis einer Befragung von 119 Kapitalfonds analysiert die KPMG-Studie die aktuellen Strategien und Ziele der Private Equity-Branche in der Region. PRC Corporate Income Tax Law – KPMG China Zum Jahreswechsel 2007/08 trat in der Volksrepublik China ein neues Unternehmenssteuerrecht in Kraft. Die KPMG-Publikation ist als kompaktes Informationspaket für betroffene Unternehmer gedacht, die sich mit den Details und Konsequenzen für ihre Geschäftstätigkeit in China beschäftigen. Es beinhaltet alle wichtigen Gesetzestexte, Ausführungsbestimmungen sowie die Bestimmungen zu den Übergangsregelungen des Reformwerks in ihrer jeweiligen englischen Übersetzung. KPMG bietet ein breites Angebot an Studien, Analysen sowie aktuellen Periodicals zu den Trends und Branchenentwicklungen der Emerging Markets. Einige dieser Publikationen stellen wir Ihnen in diesem Newsletter vor. Gerne senden wir Ihnen die genannten Studien zu. Bitte schicken Sie dazu eine E-Mail mit Ihrem Bestellwunsch an: auslandsmaerkte@kpmg.de Weitere Analysen finden Sie auch im Internet zum kostenfreien Download unter: www.kpmg.de/emergingmarkets © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 11.04.2008 11:02 Seite 39 Expertenblick „Die Tiger setzen zum zweiten Sprung an“ Drei Thesen von Dr. Frank Geilfuß, Chefvolkswirt der Bankhaus Loebbecke AG, zur Vernachlässigung der asiatischen Tigerstaaten Hongkong, Singapur, Südkorea und Taiwan angesichts der wachsenden Konzentration auf die BRIC-Märkte 2 1 Die Tigerstaaten waren spektakulärer und sind heute weiter entwickelt als die Emerging Markets. Die Tigerstaaten waren vor zwei, drei Jahrzehnten die wahren Pioniere. Ihre Aufmerksamkeit in den 1980er-Jahren übertraf die heutigen Schlagzeilen zu den BRIC-Staaten deutlich. Damals rückten erstmalig Märkte jenseits von Westeuropa, den USA und Japan in den Fokus der Anleger und Investoren. Die vier Länder Singapur, Südkorea, Hongkong und Taiwan durchbrachen zum ersten Mal den eng begrenzten Anlagezirkel der Industrienationen – und gerieten dennoch ein Stück weit in Vergessenheit. Verantwortlich sind die BRIC-Staaten, die als bevölkerungsreiche Nationen die Weltwirtschaft zukünftig stärker beeinflussen werden als die Tigerstaaten. Verantwortlich ist auch das globale Investmentverhalten, das sich inzwischen nicht mehr auf eine einzelne Weltregion konzentriert. Die globalen Anlagestandorte durchlaufen dabei oft einen ähnlichen Zyklus. Nach stürmischem Auftakt müssen sie erst die mit dem Wachstum einhergehenden Strukturprobleme verdauen, zum Beispiel deutlich steigende Löhne, hohe Inflation und Währungsschwierigkeiten. Beispiel Osteuropa: Was mit den baltischen Staaten begann, beschränkt sich momentan auf die EU-Neulinge Rumänien und Bulgarien sowie den Aspiranten Türkei. Die Tigerstaaten haben diese Wachstumsdelle bereits hinter sich. Wachstum ist nicht alles! Die Tigerstaaten bieten die besseren Bewertungskennziffern. Das „double-digit growth“ von China und anderen Emerging Markets ist beeindruckend. Trotzdem sollten wir darüber nicht die alten Maßstäbe zur Beurteilung von Investitions- und Anlagemärkten vergessen. Kurz vor der Jahrtausendwende gab es schon einmal den Glauben an einen solchen Paradigmenwechsel: Es wurden Aktien gekauft und verkauft auf Basis zukünftiger Entwicklungen statt klar berechenbarer Kennziffern. Das Ergebnis haben wir von 2000 bis 2003 zu spüren bekommen. Es scheint, als würde bei den Emerging Markets nun ein ähnliches Lied gespielt. Auch hier berauscht man sich lieber kurzfristig am Wachstumswert eines Quartals statt über die Probleme eines solchen Wachstums in einigen Jahren nachzudenken. Die sogenannten „alten“ Tigerstaaten Hongkong, Singapur, Südkorea und Taiwan bieten eine Alternative: Sie haben ihre „Sturm-undDrang-Phase“ durchlebt und haben ihre Entwicklung konsolidiert. Jetzt sind sie neu aufgestellt und weisen ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich fünf bis sechs Prozent auf – immer noch deutlich mehr als in Europa. Im Gegensatz zu den BRIC-Ländern bieten die Tigerstaaten aber Investitions- und Anlagechancen auf einer qualitativ höherwertigeren Stufe. Egal, welche Bewertungskennziffer man heranzieht, ob Kurs-Gewinn-Verhältnis, Preisbuchwert oder Kurs-CashflowVerhältnis: Sie alle sind relativ günstig und damit oft risikoresistenter als Assets aus China, Indien oder auch Russland. 39 Im Profil Dr. Frank Geilfuß ist seit 2004 Chefvolkswirt der Bankhaus Loebbecke AG. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler begann 1991 im Bankhaus als Analyst im Research. Seit der Übernahme durch M.M.Warburg 2004 arbeitet Geilfuß als Chefanalyst in enger Zusammenarbeit mit dem Research in Hamburg und ist Ansprechpartner in Fragen kapitalmarktrelevanter Öffentlichkeitsarbeit. Darüber hinaus ist er maßgeblich an der Erarbeitung, Präsentation und Umsetzung der Anlagestrategie des Bankhauses beteiligt. 3 Die diversifizierte Industrie der Tigerstaaten verspricht weniger Risiken und mehr Investitionschancen. Die Tigerstaaten sind ihrer ehemaligen Rolle als Schwellenländer entwachsen. Man darf sie nicht in einen Topf werfen mit Emerging Markets wie China oder Indien. Sie gehören inzwischen zu den entwickelten Ländern und haben sich zum Beispiel von der klassischen Werkbank-Funktion früherer Jahre emanzipiert. Korea ist da ein gutes Beispiel: Der Schiffbau der 1970er- und 80er-Jahre, teilweise auch die Automobilindustrie, wurden schrittweise von höherwertigerer Produktion abgelöst. Inzwischen spielt die Mikroelektronik, teilweise auch die Pharmaindustrie, eine Hauptrolle. Damit steht die Industrie heute in Korea sowie den anderen Tigerstaaten auf einem deutlich breiteren Fundament. Die Volatilität und die Abhängigkeit von einzelnen Marktsegmenten sind gesunken, der Markt ist risikoresistenter geworden. Die Länder sind nicht so abhängig von der Entwicklung der Weltwirtschaft wie es etwa Brasilien mit seinem Rohstoffreichtum oder China mit seiner Exportorientierung ist. Darüber hinaus verfügen die Tigerstaaten mittlerweile auch über gut entwickelte Binnenmärkte mit Lohnstrukturen nahezu auf europäischem Niveau. Wenn also der US-Konsument streiken sollte, könnten taiwanesische oder koreanische Konsumenten als Käufer ein Stück weit in die Bresche springen. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 40 10.04.2008 17:59 Seite 40 Serie „Next Eleven” – Nigeria © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 17:59 Seite 41 41 Jenseits von Öl Teil 5 der Serie „Next Eleven“ // Jahrzehntelang hat es Nigeria versäumt, seinen Ölreichtum für den Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaft abseits der Rohstoffe zu nutzen. Doch jetzt gibt es Fortschritte: Handwerk und Industrie wachsen kräftiger als je zuvor. Dank einer liberalen Investitionsförderung taucht Nigeria wieder auf der Agenda internationaler Konzerne auf. as Ziel lag nur einige Handbreit unter dem weiß schimmernden Strand des Fischerdorfs Inagbe. Hier, an dem idyllischen Abschnitt des Golfs von Guinea, schaufelten sie nicht an Strandburgen, sondern legten eine der vielen Ölpipelines frei, die sich in geringer Tiefe durch die Küstenregion Nigerias ziehen. Der Versuch der Einheimischen, die Leitung der staatlichen Petroleumgesellschaft anzubohren, endete jedoch in einer Katastrophe. Die Leitung explodierte und tötete mehrere D me, mit denen das erdölreiche Land zu kämpfen hat. Pipelines wie diejenige am Strand von Inagbe bilden die Aorta Nigerias. Der Ölfluss in den Rohrleitungen bestimmt maßgeblich darüber, wie schnell das wirtschaftliche Herz des Landes schlägt. An vielen Menschen in Nigeria fließt das Öl jedoch vorbei. Stattdessen versickert der schwarze Geldstrom in die Taschen von korrupten Provinzfürsten, finanziert die Ausrüstung aufstän- Die Schlagzeilen zur Ölindustrie überdecken Fortschritte, die Nigeria auf anderen Wirtschaftsfeldern gelingen hundert Menschen. Zurück blieben 500 Kanister und Schläuche, mit denen das hochentzündliche Benzin weggeschafft werden sollte. Das Unglück, das im Frühjahr 2006 den afrikanischen Staat erschütterte, ist nur eines in einer Reihe tödlicher Zwischenfälle in den vergangenen Jahren. Es wirft ein grelles Licht auf die Proble- discher Milizen im Nigerdelta und schmiert die lokale Bürokratie. Jeder dritte der 140 Millionen Einwohner muss nach Schätzungen der Weltbank mit weniger als einem US-Dollar am Tag leben. Die 2,1 Millionen Barrel, die derzeit täglich in Nigeria gefördert werden, bescheren dem Staatshaushalt jedoch Einnahmen von mehr als 60 Milliarden US-Dollar im Jahr. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 42 11.04.2008 11:02 Seite 42 Serie „Next Eleven“ – Nigeria Hauptlieferländer 2005 Anteile in % Wirtschaftswachstum in Nigeria Veränderung des Bruttoinlandsprodukts in %, real 10,7 USA 7,2 China 10,2 UK 6,6 Niederlande 6,0 8,2 7,2 Frankreich 5,8 6,0 5,4 Deutschland 4,2 5,3 Sonstige 46,8 % Korea 3,8 Indien 3,4 Italien 3,1 Brasilien 2,9 3,1 1,5 1999 2000 1,5 2001 Quelle: bfai Damit stellt die Ölförderung laut nationalen Statistiken rund 80 Prozent der Einnahmen im Landeshaushalt und fast 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes Nigerias. Dementsprechend nervös reagierten Regierung und Ölmärkte auch vergangenes Jahr, als eine Serie von Anschlägen und Entführungen einer Guerillagruppe im Nigerdelta die Fördermenge in die Knie zwang. Internationale Ölkonzerne in der Region mussten Pipelines zeitweise schließen und ihre Mitarbeiter in Sicherheit bringen. Damals sank die Ölförderquote im 1. Quartal 2007 um fast ein Viertel. Der Preis an den internationalen Handelsplätzen machte einen Sprung nach oben. Allein die USA beziehen nach dortigen Regierungsangaben etwa 12 Prozent ihres Bedarfs aus dem westafrikanischen Land. Die Schlagzeilen über die Ölindustrie im Nigerdelta überdecken jedoch die Fortschritte, die Nigeria seit einigen Jahren auf anderen Wirtschaftsfeldern gemacht hat. Das Wirtschaftswachstum von durchschnittlich mehr als sieben Prozent seit 2003 stützt sich zunehmend auch auf einige neu entstandene Industriesektoren. Dazu gehören etwa der Telekommunikationsbereich, die Bau- und Verkehrsbranchen sowie selbst Maschinenbau und Einzelhandel. och können die hohen Zuwachsraten leicht beeindrucken – ist doch das Ausgangsniveau im Land sehr niedrig. Nigeria ist bislang einer der am wenigsten industrialisierten Staaten Afrikas südlich der Sahara. Die verarbeitende Industrie trägt nur fünf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt Nigerias bei. Dennoch: Der positive Trend jenseits von Öl und Gas hat sich seit drei Jahren verfestigt. Selbst die politisch umstrittene Wahl des neuen Präsidenten Umaru Yar’Adua im April konnte den N 2002 2003 2004 2005* 2006* 2007** Quelle: bfai; * geschätzt; **Prognose Konjunkturschub nicht umkehren, den sein Vorgänger Olusegun Obasanjo mit einem umfassenden Reformprogramm 2004 auf den Weg gebracht hatte. „National Economic Empowerment and Development Strategy“, abgekürzt NEEDS, hieß der damalige Masterplan der nigerianischen Regierung. Derzeit arbeitet die Nationale Planungskommission an der Fortsetzung für die Periode bis 2011. Eine Verabschiedung wird es zwar voraussichtlich erst gen Sommer geben, doch die Entwürfe mit dem Programmtitel „Creating Prosperity through Growth“ deuten eine nahtlose Fortsetzung der Wirtschaftspolitik Obasanjos an. Neben der Stärkung der vernachlässigten Landwirtschaft konzentrierte sich die Regierung unter anderem darauf, ein positives Klima für ausländische Direktinvestitionen zu schaffen. Sie trieb den Ausbau der Export-Sonder- Nigeria Ranking 9. Rang unter den bevölkerungsreichsten Staaten der Welt 46,6 Jahre Jahre beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt laut Human Development Index (HDI) 2006 101. Rang von 125 Staaten im Global Competitiveness Index (GCI) des World Economic Forum 2006/07 © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 11.04.2008 11:02 Seite 43 43 Nach Jahren der Stagnation gehen die ausländischen Direktinvestitionen nach oben wirtschaftszonen voran, schloss Verträge zur Absicherung von privaten Investments im Land und begann langsam mit der Privatisierung von staatlichen Versorgungseinrichtungen. Darüber hinaus schnürte der Staat Steuererleichterungspakete nach internationalen Maßstäben. Unternehmen aus insgesamt 69 verschiedenen Branchen können den sogenannten „Pionierstatus“ erlangen und dabei bis zu fünf Jahre „Steuerferien“ erhalten. Das Zwischenergebnis der Statistiker sieht positiv aus: Nach Jahren der Stagnation gehen die ausländischen Direktinvestitionen nach oben. 2006 flossen laut UNCTAD mehr als fünf Milliarden Dollar ins Land – ein Plus von rund 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit den Neuankömmlingen zieht auch neuer Wettbewerb auf dem nigerianischen Markt ein. Bislang dominierten 131. Rang von 157 Staaten im Index of Economic Freedom der Heritage Foundation einige wenige multinationale Unternehmen ganze Branchenzweige, weil die einheimische Konkurrenz zu schwach war. Ob Cadbury und Nestlé im Einzelhandel oder Suzuki und Honda auf dem Automarkt: Sie alle sicherten sich mit Hilfe einheimischer Tochterfirmen große Marktanteile. Nun kommen neue Wettbewerber aus Asien und beginnen, eingesessene ausländische Marken zum Beispiel bei Waschpulver oder Milchprodukten zu überflügeln. rotz dieser positiven Entwicklung ist die wirtschaftliche Entwicklung Nigerias nicht frei von Schlaglöchern und Bremsklötzen. Die Infrastruktur, vor allem der Häfen am Golf von Guinea, entspricht nicht internationalen Standards, das Zollsystem ist komplex und birgt Fallstricke. Und schließlich bedroht der chronische Strommangel im Land den wirtschaftlichen Aufschwung. T 159. Rang von 177 Staaten im Human Development Index (HDI) 2006 Info Serie „Next Eleven” Sie sind die ehrgeizigen Nachfolger und zukünftigen Konkurrenten der sogenannten BRIC-Staaten – die „Next Eleven“. Zu den aufstrebenden neuen Wirtschaftsnationen zählen Ägypten, Bangladesh, Indonesien, Iran, Mexiko, Nigeria, Pakistan, Philippinen, Südkorea, die Türkei und Vietnam. KPMG stellt die Wirtschaftsregionen in einer Serie vor. Es folgt Teil 6: Südkorea Nigeria balanciert trotz seines Ölreichtums ständig am Rande einer Energiekrise. Die Bevölkerung ist es gewöhnt, mit nur wenigen Stunden Strom pro Tag auszukommen. Fabriken und Handwerker müssen die Spannungsausfälle mit Dieselgeneratoren überbrücken, deren Betrieb sie teuer zu stehen kommt. Seit den 1980ern ist die Produktionskapazität der nigerianischen Elektrizitätsindustrie laut Meldungen der Economist Intelligence Unit auf weniger als 2.000 Megawatt zusammengeschrumpft. Das entspricht ungefähr der Leistungsfähigkeit von ein bis zwei Atomkraftwerken in Europa. Inzwischen bemüht sich die Regierung mit Hilfe von Privatisierungen und internationalen Konzernen um eine Lösung des Energienotstands. Dennoch steht das Kürzel der staatlichen Stromagentur Power Holding Company of Nigeria (PHCN) im Volksmund bislang gern für die Formulierung „Please hold candles now“. 824 US-Dollar betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner (nach PPP) in 2006 © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 44 10.04.2008 18:03 Seite 44 Beratung Die mit der Welt rechnen Die KPMG-Fachleute des Bereichs Global Transfer Pricing Services unterstützen Unternehmen dabei, die Leistungsberechnung ihrer weltweiten Unternehmenseinheiten erfolgreich zu gestalten. erlagert ein Unternehmen Geschäftsprozesse ins Ausland, geraten nicht nur Maschinen und Lieferketten in Bewegung. Auch die Zahlen in der Finanzbuchhaltung verändern sich. Kosteneinsparungen und günstigere Steuerquoten sind die markantesten Stellschrauben. Dies erfordert jedoch ein effizientes Management der Leistungsbeziehungen zwischen den einzelnen, weltweit verstreuten Konzerngesellschaften. Erbringt ein Unternehmensteil für einen anderen eine Dienstleistung, muss dies zwischen den Firmeneinheiten verrechnet werden – mit erheblichen Auswirkungen auf ihren betriebswirtschaftlichen Ertrag und die jeweilige Steuerlast. V Entsprechend dynamisch hat sich das Thema Verrechnungspreise im Zeitalter der Globalisierung entwickelt. Internationale Unternehmen, für die China, Indien oder Brasilien zu unverzichtbaren Elementen ihrer Wertschöpfungskette geworden sind, stoßen in neue Märkte vor und müssen dabei ihr Verrechnungspreis-System laufend verfeinern und auf den Prüfstand stellen. Dabei treffen sie meist auf Standards und Steuerstrukturen, die weit entfernt sind von der gewohnten Praxis in den europäischen Ländern. Finanzbehörden in den Emerging Markets sind erst schrittweise auf dem Weg, vorhandene Lücken in den eigenen Verrechnungspreis-Vorgaben zu füllen. Bislang waren sie eher darauf bedacht, ein einladendes Geschäftsumfeld mit einfachen und niedrigen Steuersätzen zu bieten. Inzwischen hat ein Rollenwechsel eingesetzt. Die Behörden achten verstärkt darauf, anfallende Gewinne im Land zu besteuern. Anzahl und Intensität der Kontrollen werden mit dem fortschreitenden Aufbau der Finanzbehörden weiter zunehmen. Auch die Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation werden voraussichtlich steigen. Bis vor kurzer Zeit gab es dafür zum Beispiel in Russland nicht einmal eine gesetzliche Verpflichtung. Angesichts dieser Entwicklung stehen Unternehmen vor der Herausforderung, sich frühzeitig auf die steigenden Erwartungen und Anfragen der staatlichen Prüfer vorzubereiten. Ziel ist es, im Konfliktfall schlüssige Dokumentationen und Berechnungsmethoden vorweisen zu können, die mit den gesetzlichen Vorgaben im jeweiligen Wachstumsmarkt übereinstimmen. Genauso wichtig ist es aber, dass die gewählte Verrechnungspreis-Politik im Einklang mit dem gewählten Geschäftsmodell, d. h. der gewählten Zuordnung der unternehmerischen Risiken zu den in der Wertschöpfungskette miteinander verbundenen Einheiten, steht. Die Verrechnungspreis-Spezialisten von KPMG sind in allen relevanten Wachs- © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 18:03 Seite 45 45 tumsmärkten vertreten, um diese Entwicklung aufzugreifen. Im internationalen Netzwerk des Bereichs Global Transfer Pricing Services (GTPS) unterstützen mehr als 1.200 Kollegen aus 56 Ländern mit ihrem Fachwissen und landesspezifischen Kenntnissen Mandanten bei der Konzeption und Weiterentwicklung ihrer konzernweiten Preissysteme. Sie beraten Unternehmen zum Beispiel bei der Ermittlung von Verrechnungspreisen, bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes in komplexen Entscheidungssituationen und Transaktionen und nutzen aus der Praxis entwickelte IT-gestützte Tools, um eine fortlaufende Transferpreis-Dokumentation und -planung auch auf globaler Ebene umzusetzen. Dort, wo Verrechnungspreis-Fragen nicht eindeutig auf Basis bestehender nationaler Richtlinien geklärt werden können, stimmen sich die KPMG-Fachleute in den Wachstumsmärkten eng mit den Finanzbehörden auf Landesund Provinzebene ab, um aktiv einvernehmliche Lösungen zu ermitteln. „Nur wenn ein Unternehmen frühzeitig unkalkulierbare verdeckte Risiken in seiner Verrechnungspreis-Systematik erkennt, kann es rechtzeitig eine wirksame Lösungsstrategie entwickeln and aggressiven Forderungen der Behörden zuvorkommen“, erklärt Christian Looks, Leiter des Bereichs Global Transfer Pricing Services von KPMG in Deutschland. In naher Zukunft sei es möglich, diagnostische Reviews mit Hilfe entsprechender IT-Tools durchzuführen. Sein Netzwerk an Fachleuten versteht sich als Vermittler zwischen Mandat und staatlichen Institutionen. Im Konfliktfall, bei Verständigungs- beziehungsweise Finanzgerichtsverfahren, erstellen die Spezialisten Gutachten zur ökonomischen Rechtfertigung von gewählten Verrechnungspreis-Lösungen. Drei Fragen Christian Looks, Leiter des Bereichs Global Transfer Pricing Services von KPMG Wie transparent sind die Regelungen zum Thema Verrechnungspreise der Emerging Markets im Vergleich zum europäischen Wirtschaftsraum? Durch die weiter zunehmende Verlagerung von Unternehmensprozessen ins Ausland, und hier insbesondere in die Emerging Markets, rückt die steuerrechtliche Behandlung der Verrechnungspreise in Ländern wie China, Indien oder Russland in den Mittelpunkt. Noch bewegen sich die Vorgaben und Bestimmungen bei Weitem nicht auf dem uns bekannten westlichen Niveau. Auf den ersten Blick mögen die Richtlinien zwar ähnlich erscheinen, im Detail bleiben hier jedoch noch viele Lücken, für die eine gesetzliche Basis fehlt. Woher rühren diese Unterschiede? Mal liegt es an der spezifischen Gesetzgebung wie zum Beispiel in Brasilien, das sich bewusst von den seitens der OECD entwickelten Prinzipien verabschiedet, mal an geschichtlich begründeten Rechtstraditionen, wie in Indien. Oft sind die Abweichungen in den Geschäftstraditionen des Landes verankert. China ist da ein gutes Beispiel. Hier gilt es gesellschaftlich als Anerkennung, Erfindungen anderer zu kopieren, nicht aber als Verletzung eines individuellen Rechtes. Dementsprechend schwierig ist es, die chinesischen Finanzbehörden für die Anerkennung eines realen Verrechnungspreises für weiche Unternehmenswerte wie Markenrechte zu gewinnen. Noch schwerer ist es, in einer staatlich kontrollierten bzw. regulierten Wirtschaft einen Verrechnungspreis festzusetzen, der sich nach dem klassischen Arm’s LengthPrinzip auf Basis unabhängiger Marktteilnehmer bilden müsste. Welche Folgen können Verstöße gegen einschlägige Verrechnungspreisnormen für Unternehmen haben? Sie bergen mitunter erhebliche Risiken. Speziell ausländische Unternehmen können dabei in fremden Märkten eine gefährliche Angriffsfläche bieten. Nur um ein prominentes Beispiel zu nennen, dass sich auf einen rein inländischen Sachverhalt bezieht: Beim Yukos-Fall zielte die Anklage der russischen Steuerbehörden insbesondere auch auf die Verrechnungspreise zwischen der Exploration und bestimmten Handelsgesellschaften innerhalb des Energiekonzerns. Deshalb ist es für Unternehmen entscheidend, in enger Abstimmung mit den Steuerbehörden vor Ort ein detailliertes Verrechnungspreis-Konzept zu entwickeln und vorhandene rechtliche Lücken gesetzeskonform zu interpretieren. Wie konstruktiv die Zusammenarbeit von KPMG mit den Finanzbehörden insbesondere in den Wachstumsmärkten ist, zeigt das Beispiel China. Hier führen die Verrechnungspreis- © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 46 11.04.2008 11:03 Seite 46 Beratung Früher trugen Finanzbehörden in Emerging Markets zu einem investitionsfreundlichen Steuerklima bei. Inzwischen achten sie verstärkt darauf, anfallende Gewinne im Land zu besteuern Spezialisten von KPMG umfangreiche Schulungen für die Beamten der Finanzverwaltungen auf nationaler und regionaler Ebene durch. Im Mittelpunkt stet dabei die Vermittlung internationaler Standards bei VerrechnungspreisSystemen sowie ein praxisorientierter Informationsaustausch. ie dynamische Entwicklung in den Emerging Markets zwingt sowohl die lokalen Finanzbehörden als auch vor Ort aktive Unternehmer gleichermaßen zu einem kontinuierlichen Lernprozess beim Thema Verrechnungspreise. Für Konzerne verschiebt sich in einer aufstrebenden Wirtschaftsregion beispielsweise Schritt für Schritt die Herausforderung hin zu längerfristigen Strategiezielen. Nicht mehr nur Markteintritt und Wachstum allein zählen, sondern verstärkt die qualitative Entwicklung der Unternehmenseinheit am Auslandsstandort. Die Verbesserung von Produktmargen und der betriebswirtschaftlichen Rendite treten in den Vordergrund. Hier kann eine Überprüfung und Neustrukturierung der Verrechnungspreis-Regelungen wichtige Impulse für Konzerne liefern. D Zusätzliche Dynamik erhalten solche Überlegungen durch ein verändertes Förderregime in weiter entwickelten Emerging Markets wie zum Beispiel China. Dort laufen vielerorts langsam die finanziellen Vergünstigungen aus, die in den Sonderwirtschaftszonen großzügig gewährt wurden. Reformen wie das 2007 überarbeitete chinesische Körperschaftssteuerrecht verändern die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen. Die Auswirkungen auf die VerrechnungspreisSysteme, die ausländische Konzerne einst auf dem Weg nach Asien zugrunde gelegt haben, sind dabei erheblich. Im zweiten Schritt entwickeln sich die Auslandstöchter in den Wachstumsmärkten weiter. Ihr Leistungsspektrum wird breiter. Das bedeutet, dass auch neue Fragen zu Verrechnungspreisen auf die Konzerne zukommen, insbesondere zu sogenannten weichen Leistungen, Innovationen und Patenten, die zunehmend in den Forschungslaboren der Wachstumsmärkte entwickelt werden. Noch in den Kinderschuhen steckt dagegen die Zusammenarbeit der Finanzbehörden der Emerging Markets auf internationaler Ebene. Der Austausch von Informationen oder die Zusammenarbeit mit Finanzverwaltungen aus Europa oder den USA sind in der Praxis noch nicht so weit fortgeschritten wie es in den öffentlichen Ankündigungen – zum Beispiel in China beim Thema Advance Pricing Agreements – den Anschein hat. Eine intensivere Vernetzung wie es zwischen den OECD-Ländern zu beobachten ist, ist mittelfristig nicht in Sicht. KPMG-Expertise Mehr Informationen zum Thema Global Transfer Pricing in den Emerging Markets finden Sie unter anderem in diesen KPMGPublikationen: Global Transfer Pricing Services KPMG Deutschland Transfer pricing and customs issues for Consumer Markets in Asia Pacific KPMG International Kostenloser PDF-Download und Bestellmöglichkeiten unter www.kpmg.de/emergingmarkets oder per E-Mail an auslandsmaerkte@kpmg.de © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 18:03 Seite 47 Beratung 47 Kurz vorgestellt: Robert Kees Seit knapp sechs Jahren arbeitet Robert Kees im Bereich Business Development für KPMG. Nach einer Trainee-Ausbildung bei Siemens sowie dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Augsburg arbeitete der 39-Jährige zunächst einige Jahre als Manager in der Telekommunikationsbranche. 2002 wechselte er zu KPMG und arbeitete am Standort München als Business Development Manager für die Region Süddeutschland. Vergangenes Jahr kam dann der Sprung nach Singapur zu KPMG Asia Pacific. Vor Ort betreut Kees insbesondere deutschsprachige europäische Unternehmen, die vom Finanzzentrum aus oder direkt in den ASEAN-Staaten Vietnam, Thailand, Philippinen und Indonesien geschäftlich tätig sind. „Hier passt die Steuererklärung wirklich auf einen Bierdeckel“ Robert Kees, nach Singapur entsandter Direktor Business Development für KPMG Asia Pacific, über den neuen Freizeitwert des Finanzstandorts, die Nachteile stürmischer Wachstumsraten und das Vorbild der EU in der Region. Herr Kees, Singapur gilt als Schweiz Asiens. Welche Rolle spielt der Stadtstaat in Südostasien? Singapur ist das dominierende regionale Headquarter für die gesamte ASEAN-Region – das sind vor allem Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Thailand und das aufstrebende Vietnam. Multinationale Unternehmen steuern von hier aus ihre Investments. Durch den kleinen Stadtstaat mit einer Fläche von gerade mal 25 mal 40 Kilometer fließen mehr Direktinvestitionen aus der EU in die Region als in die bevölkerungsreichen ASEAN-Staaten zusammen. Diese Zahl unterstreicht eindrucksvoll die Bedeutung des Finanzstandorts. Viele Entscheidungen über Investitionen in Kuala Lumpur oder Ho-Chi-Minh-Stadt werden letztlich hier in Singapur getroffen. Wie wichtig sind dabei die günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen? Das ist ein wichtiger Standortfaktor: Eine Quote von 20 Prozent höchstens, zehn Prozent zum Einstieg – das sind die einfachsten und niedrigsten Steuersätze in der Region. Hier kann man wirklich noch auf dem Bierdeckel seine Steuererklärung machen. Grundsätzlich gilt: Je mehr Geschäft man über Singapur ziehen kann, desto günstiger wird es steuerlich für das Unternehmen. Vor welchen unternehmerischen Herausforderungen stehen Konzerne in einer so wachstumsstarken Region? Das sogenannte „double-digit-growth“ der Unternehmen droht häufig auf Kosten der Marge zu gehen. Deshalb zählt die effektive Steuerung des Geschäfts zu einer der wichtigsten Aufgaben der Headquarter hier. Wichtige interne Prozesse im finanzwirtschaftlichen Bereich oder beim Controlling können oft nicht ausreichend Schritt halten mit dem Wachstum. Für uns bei KPMG Asia Pacific ist es daher wichtig, unsere Kunden zu unterstützen, ihr Wachstum organisatorisch zu bewältigen. Kann die alte Konkurrenz Hongkong oder neue Wettbewerber wie Schanghai dem Standort Singapur die regionale Vormachtstellung streitig machen? Singapur und Hongkong sind traditionell Rivalen. Der Aufstieg Schanghais stellt vor allem Hongkong vor neue Herausforderungen: Seine Funktion als Drehscheibe für das chinesische Hinterland gerät unter Druck, weil Unternehmen vermehrt ihr Quartier direkt in der Volksrepublik aufschlagen. Singapur hat mehr Distanz zum Wirtschaftsgiganten China und muss in der ASEAN-Region keinen Wettbewerber fürchten. Die dortigen Metropolen – seien es Kuala Lumpur, Jakarta oder Manila – sind mindestens zehn Jahre hinter Singapur zurück. Trotzdem ist Singapur auf Reformkurs und hat sich neben einem Innovationsprogramm eine Entertainment-Initiative verordnet. Man muss wissen, dass Singapur politisch wie ein Unternehmen geführt wird. Hier finden Sie einige der bestbezahlten Minister weltweit, die mit dem Verständnis eines Managers an die Wirtschaftspolitik herangehen. Sie haben eine nüchterne Standortanalyse durchgeführt und arbeiten nun daran, die Stärken zu fördern und die Schwächen zu eliminieren. Die Stärken, das sind neben der Sicherheit und der verkehrsgünstigen Lage vor allem das verfügbare Kapital, der hohe Bildungsgrad, die effektive Infrastruktur sowie der Freizeitwert der Stadt. Deshalb wird in diesem Jahr der erste Formel-1-Grandprix bei Nacht stattfinden. Demnächst eröffnet ein Spielcasino vor der Hafenkulisse der Stadt die Tore. Singapur hat die Bedeutung dieses weichen Standortfaktors erkannt und investiert angesichts mancher Defizite gegenüber Hongkong nun frisches Geld, damit Entscheider gerne hier wohnen. So fiel zum Beispiel vor Kurzem die Entscheidung, circa zehn Milliarden Euro in den Ausbau des U-Bahn-Netzes zu investieren. Welche Rolle können Singapur und die Region langfristig in der Weltwirtschaft spielen? Die Bedeutung der Region wird signifikant zunehmen. Interessant ist, dass Europa hier als großes Vorbild gesehen wird. Die Regierungen der ASEAN-Staaten peilen den Zusammenschluss zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum an. Selbst eine einheitliche Währung spielt in den Überlegungen der Politiker bereits eine Rolle. Noch sind die Schritte auf dem Weg dahin klein, sind Entwicklungsniveau und Reifegrad der einzelnen Volkswirtschaften sehr unterschiedlich. Dennoch: Die wirtschaftlichen Vorteile des Binnenmarktes wären groß und böten den Staaten zudem die strategische Chance, sich vereint als Gegengewicht zu den übermächtigen Nachbarn China und Indien zu positionieren. © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 48 10.04.2008 18:03 Seite 48 Wissen Statistik Wechselkurse in die Höhe Der Dollar verliert gegenüber Emerging Markets Wechselkursentwicklung der Landeswährungen zwischen 2006 und 2007 im Vergleich zum US-Dollar Ein steigender Wechselkurs ist oft ein Zeichen für die wachsende Wirtschaftskraft eines Landes. Trotz manch anderer Einflussfaktoren ist dies auch am Beispiel der Emerging Markets abzulesen. Ein Blick auf das reine Wechselkursverhältnis der jeweiligen Landeswährung gegenüber dem US-Dollar im Zeitraum von Januar 2006 bis Dezember 2007 zeigt ein wachsendes Gewicht bei der großen Mehrheit der New and Emerging Markets. Der Kurs des brasilianischen Reals beispielsweise stieg um fast ein Viertel gegenüber dem Dollar an, nur Vietnam und Südafrika verloren gegenüber der Weltleitwährung an Boden. Die steigenden Wechselkurse verteuerten die Warenexporte der arbeitsintensiven Fertigungsindustrie in China und Indien. Chinas Yuan stieg trotz der staatlich eng begrenzten Kursspanne innerhalb von zwei Jahren um fast zehn Prozent. Die angegebene Kursentwicklung stellt keine inflations- oder handelsbilanzbereinigten Werte dar. 60 50 40 China 30 Vietnam Türkei Indien 10 0* 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Südafrika -2,35 % Vietnam Korea China 8,96 % 9,44 % Türkei 12,74 % Indien 12,74 % Russland Brasilien 13,94 % 24,57 % Quelle: Oanda FXConverter / Olsen Data Privatisierungserlöse an den Staat Wachsende Privatisierungen Anzahl der Privatisierungs-Abschlüsse in ausgewählten Emerging Markets zwischen 2000 und 2006* 20 -8,19 % Brasilien Russland Südafrika Quelle: Weltbank 2008; *Wert Null = keine Angabe China, Vietnam und die Türkei waren in den vergangenen Jahren die aktivsten Emerging Markets auf dem Gebiet der Privatisierung von Staatsunternehmen und -beteiligungen. Dies geht aus den aktuellen Daten der Privatization Database der Weltbank hervor. Demnach führten 2006 insgesamt 48 Entwicklungsländer 249 Transaktionen mit einem Wert von rund 105 Milliarden US-Dollar durch. Damit wurde erstmals wieder annähernd das Niveau des Rekordjahres 1997 erreicht. Nach der Anzahl der Verkäufe spielte sich Vietnam in jüngster Zeit besonders in den Vordergrund, auch wenn 2006 das Tempo der Verkäufe stockte. Gemessen an den Erlösen spielt der aufstrebende asiatische Staat jedoch mit rund 120 Millionen US-Dollar im Jahresschnitt nur eine Nebenrolle. Insbesondere China konnte hier seine dominante Rolle mit mehr als 50 Milliarden US-Dollar im Jahr 2006 erheblich ausbauen. Auf den Plätzen folgen Russland mit 10,84 Milliarden und die Türkei mit gut acht Milliarden US-Dollar an Erlösen für die Staatskassen. Brasiliens große Privatisierungswelle um die Jahrtausendwende mit damals mehr als zehn Milliarden Dollar an Einnahmen ebbte inzwischen in den vergangenen Jahren deutlich ab. Zahlenkolonnen für die Provinz Die Entwicklung der Lebensbedingungen der Bevölkerung in den westlichen Landesprovinzen ist ein Schlüssel für Chinas wirtschaftliche Zukunft und hat für die Staatsführung in Peking offiziell eine hohe Priorität. Anlässlich einer Förder-Konferenz veröffentlichte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua neue Statistiken zur Situation der chinesischen Landbevölkerung: 12 Euro betrug der durchschnittliche inflationsbereinigte Monatslohn eines chinesischen Landarbeiters zum Ende des 3. Quartals 2007. 41.138.306.663 Euro investierte die Staatsregierung Pekings 2007 in die Verbesserung der ländlichen Infrastruktur © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 18:03 Seite 49 49 Postkarte aus … China Es war der kälteste Winter seit 50 Jahren – und dennoch war China zum Neujahrsfest Feuer und Flamme. Mit Feuerwerk und Familienfesten begrüßten die Chinesen das Neue Jahr, das nach dem traditionellen chinesischen Kalender immer am zweiten Neumond nach der Wintersonnenwende gefeiert wird. Diesmal, zum 7. Februar, läutete es das Jahr der Ratte ein – einem der zwölf chinesischen Tierkreiszeichen. „Im Gegensatz zu europäischen Assoziationen steht die Ratte hier für positive Charakterzüge“, erzählt Jürgen Kunz von KPMG in Schanghai. Der Senior Manager wurde für eineinhalb Jahre nach China entsandt und erlebte erstmals den Feiertag. „Chinesen, die im Jahr der Ratte geboren sind, sollen sich zu Führungsfiguren und Pionieren entwickeln, die charismatisch, pragmatisch und hart arbeiten“, so Kunz. Das Neujahrsfest ist der wichtigste Feiertag Chinas, zu dem sich – ähnlich wie bei Weihnachten oder Thanksgiving – die ganze Familie unter einem Dach versammelt. In diesem Jahr gestaltete sich dies wegen des extremen Winters allerdings schwierig. Durch den Wintereinbruch konnten viele Chinesen nur unter großen Strapazen in überfüllten Transportmitteln ihr Zuhause erreichen. Für die Wirtschaft des Landes bedeutet das Neujahrsfest eine Woche Stillstand. Offiziell gibt es drei freie Tage für die Bevölkerung, doch viele verlängern diese zu einem einwöchigen Urlaub. Obwohl in den meisten Städten Feuerwerk verboten ist, wurden in Schanghai bis spät in die Nacht Raketen gezündet. Jürgen Kunz verfolgte das nächtliche Spektakel im Restaurant Jade 36: „Hoch über dem Huangpu-Fluss und vor der Skyline Schanghais war das Neujahrsfest ein Highlight meiner Entsendung nach China.“ Termine Feiertagskalender Für Unternehmer ein nützliches Hilfsmittel auf Geschäftsreisen in den Emerging Markets: die Übersicht der wichtigsten offiziellen und geschäftlichen Feiertage in den kommenden Monaten. Brasilien 21. April – Tiradentes 01. Mai – Tag der Arbeit 22. Mai – Fronleichnam China 01. – 07. Mai Tag der Arbeit (Golden Week) Hongkong 01. Mai – Tag der Arbeit 12. Mai – Tag des Buddhas 08. – 09. Juni – Drachenboot-Festival (Tuen Ng) 01. Juli – Gründungstag Russland 01. Mai – Tag der Arbeit 09. Mai – Tag des Sieges – 2. Weltkrieg 09. Juni – Russland-Tag Singapur 01. Mai – Tag der Arbeit 12. Mai – Tag des Buddhas (Vesak Day) Südafrika 27 – 28. April – Freiheitstag 01. Mai – Tag der Arbeiter 16. Juni – Tag der Jugend Indien 13. April – Bengali Neujahr (Hindu, regional) 18. April - Mahavir Jayanti (Hindu, regional) Türkei 23. April – Unabhängigkeitstag / Tag des Kindes 19. Mai – Atatürk-Tag / Tag der Jugend und des Sportes Korea 01. Mai – Tag der Arbeit 05. Mai – Tag der Kinder 12. Mai – Tag des Buddhas 06. Juni – Memorial Day Vietnam 15. April – Hing King’s Tag 30. April – Unabhängigkeitstag 01. Mai – Tag der Arbeit Veranstaltungskalender 15.–16. April 2008 Brasilien Weltwirtschaftsforum Lateinamerika 2008 WEF, Cancún 28.–29. April 2008 Türkei Handelsblatt Jahrestagung Türkei „Investitionsbedingungen in der Türkei“ Frankfurt a.M., Lindner Congress Hotel Mit Beteiligung von KPMG 06.–08. Juni 2008 Russland WEF Russland CEO Roundtable 2008 St. Petersburg 19. Juni 2008 Emerging Markets CFO Emerging Markets Forum „Going Global: The risks and rewards“ London, Landmark Hotel Mit Beteiligung von KPMG © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 50 11.04.2008 09:50 Seite 50 Wissen Internet Mehr Informationen und Fakten zu den Emerging Markets finden Sie auch aktuell auf den Webseiten von KPMG. Das Themenspecial bietet Ihnen ein aktuelles Angebot an Nachrichten, Serviceangeboten und Downloads, die für Sie den Zeitraum zwischen den Ausgaben des Magazins „New and Emerging Markets“ überbrückt. Ein Newsticker informiert über die neuesten Trends und Gesetzes- Vorschau Ausgabe 2/2008 änderungen in den Wachstumsmärkten. Außerdem können Sie die aktuellsten Studien von KPMG in Deutschland sowie den KPMG-Mitgliedsgesellschaften im Ausland kostenfrei herunterladen. Ein Terminkalender und Recherchelinks komplettieren das Internetangebot. Mehr Informationen im Web unter: www.kpmg.de/emergingmarkets • Schwerpunkt: Infrastruktur • Privatisierung von Staatskonzernen In der kommenden Ausgabe des „New and Emerging Markets“ Magazin erwarten Sie unter anderem folgende Themen: • Bauwirtschaft in Emerging Markets • Serie „Next Eleven”: Teil 6 – Südkorea Eine Ausgabe des Magazins verpasst? Frühere Ausgaben des KPMG-Themenmagazins „New and Emerging Markets“ finden Sie zum kostenlosen Download unter www.kpmg.de/emergingmarkets © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 18:04 Seite 51 51 Ansprechpartner Dr. Robert Gutsche Mitglied des Vorstands KPMG, Deutschland T +49 30 2068-4282 robertgutsche@kpmg.com Südostasien, China, Brasilien und Osteuropa Thorsten Amann Partner KPMG, Deutschland CEO New and Emerging Markets Practice T +49 30 2068-1144 tamann@kpmg.com Südostasien Robert Kees Direktor KPMG, Singapore T +65 6372 3306 rkees@kpmg.com Indien Johannes M. Böhmer Direktor KPMG, Deutschland T +49 40 32015-5680 jboehmer@kpmg.com Indien Amitabh Thakur Manager KPMG, Deutschland T +49 69 9587-3323 athakur@kpmg.com Korea Bernhard Schraut Partner KPMG, Deutschland T +49 69 9587-2022 bschraut@kpmg.com Russland und GUS Lars Erik Bertram Partner KPMG, Deutschland T +49 69 9587-2731 lbertram@kpmg.com Südafrika Jodi Gentilozzi Partner KPMG, Deutschland T +49 40 32015-5200 jgentilozzi@kpmg.com Türkei Ergün Kis Manager KPMG, Deutschland T +49 211 475-7857 ekis@kpmg.com Bildnachweis: Titel Wolf/laif; S.4 mauritius-images; S.5 und 44 photos.com; S.5 unten Elnur/fotolia; S. 6-7 photothek; S. 9 Panos Pictures / VISUM; S. 11 Saurabh Das, Associated Press; S.12 REA/laif; S. 14 Redlink/Corbis; S. 15 Jonathan Smith/Getty Images; S. 18-19, 20 Feng Li/Getty Images; S. 21 sinopictures/viewchina; S. 23 sinopictures/CNS; S. 24 Christian Kober/Robert Harding World Imagery/Corbis; S. 29 Travel Ink/ Getty Images; S. 34 Dod Miller/Getty Images; S.36 AFP/Getty Images; S.40 Lineair/Das Fotoarchiv © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Emerging Markets deutsch 1.08_RZ.qxp 10.04.2008 18:04 Seite 52 kpmg.de Impressum Herausgeber KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Klingelhöferstraße 18 10785 Berlin Redaktion Sebastian Horn, Dirk Zander (verantw. Redakteur) T +49 30 2068 -1671 dirkzander@kpmg.com Projektleitung Lorenz Naumann Manager T +49 30 2068-1624 lnaumann@kpmg.com Layout Gregor Döhnert T +49 30 2068-1314 hdoehnert@kpmg.com Editorial Dr. Robert Gutsche Mitglied des Vorstands robertgutsche@kpmg.com Die enthaltenen Informationen sind allgemeiner Natur und nicht auf die spezielle Situation einer Einzelperson oder einer juristischen Person ausgerichtet. 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