Jahresbericht 2012 DKSB SE gGmbH
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Jahresbericht 2012 DKSB SE gGmbH
Jahresbericht 2012 Deutscher Kinderschutzbund Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt Ambulante Hilfen Hauptgeschäftsstelle Kirchplatz 1 23795 Bad Segeberg Telefon 04551 – 8 88 88 www.kinderschutzbund www.kinderschutzbund-se.de info@kinderschutzbund info@kinderschutzbund-se.de Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt Ambulante Hilfen Hauptgeschäftsstelle Öffnungs- und Telefonzeiten Kirchplatz 1 23795 Bad Segeberg Telefon 04551 – 8 88 88 info@kinderschutzbund-se.de www.kinderschutzbund-se.de Montag bis Freitag 8 bis 12 Uhr Beratung nach Vereinbarung Geschäftsführung Verwaltung Bernd Heinemann Britta Kohls Betriebswirtin (BA) Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt (Hauptstelle) Offene Sprechstunde: Mittwoch 10 bis 12 Uhr Familienbüro Bad Bramstedt (Außenstelle) Bleeck 15 24576 Bad Bramstedt Familienbüro Bornhöved (Außenstelle) Lindenstr. 5 24619 Bornhöved Beratungszentrum Kaltenkirchen (Außenstelle) Flottkamp 13b 24568 Kaltenkirchen Das Team der Fachberatungsstelle Gerti Teske Dipl. Psychologin, Schwerpunkt Entwicklungspsychologie, systemische Einzel-, Paar-& Familientherapeutin, „insofern erfahrene Fachkraft § 8a“ Elke Pansa bis 31.03.2012 Dipl. Psychologin, Psychol. Psychotherapeutin (approbiert), systemische Familientherapeutin, Kinder- und Jgdl.psychotherapeutin (approbiert) Martin Klitsch Dipl. Sozialpädagoge, syst. Einzel-, Paar- und Familientherapeut (DGSF), Sexualtherapeut, Heilpraktiker für Psychotherapie (HPG) Silke Ohrtmann ab 01.04.2012 Dipl. Psychologin, Schwerpunkt Kinderund Jugendpsychologie Seite 1 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Ambulante Hilfen Das Team der Ambulanten Hilfen Leitung / Ansprechpartnerin Katrin Hilberling Dipl. Sozialpädagogin/ Sozialarbeiterin FHS (staatl. anerkannt), systemische Einzel-, Paar- und Familientherapeutin, „insofern erfahrene Fachkraft §8a“ ________________________________ Team Claudia Nolting Erzieherin (staatl. anerkannt), systemische Einzel-, Paar- und Familientherapeutin Ausbildung systemische Organisations– und Familienaufstellungen Fortbildung in Traumatherapie und MET Ulrike Stemmer-Scholz Dipl. Soziologin, Kinder- und Jugendl. Therapeutin, Fortbildung in systemischer aufsuchender Familientherapie Martin Klitsch Dipl. Sozialpädagoge, Einzel-, Paar- und Familientherapeut, Heilpraktiker für Psychotherapie (HPG) Stefan Schilk Evang. Theologe, systemischer Einzel-, Paar- und Familientherapeut Seite 2 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis .......................................................... 3 Vorwort ........................................................................ 4 I. Organisation, Struktur, Angebote der DKSB Segeberg gGmbH 6 I.1 Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt .................... 6 I.1.1 Die Beratungsarbeit ................................................ 7 I.1.2 Bad Segeberg und Umgebung ................................... 8 I.1.3 Bad Bramstedt ....................................................... 8 I.1.4 Bornhöved ............................................................. 9 I.1.5 Kaltenkirchen, Kaltenkirchen-Land und Henstedt-Ulzburg 10 I.1.6 Teilnahme an Arbeitskreisen und regionalen Fachtagen . 11 I.1.7 Präventionsarbeit .................................................... 12 I.1.8 Neuausrichtung unter sozialräumlicher Perspektive ....... 13 I.2 Ambulante Hilfen ....................................................... 14 I.2.1 Aufsuchende systemische Familienberatung................. 14 I.2.2 Betreuungsarbeit .................................................... 16 I.2.3 Soziale Gruppenarbeit ............................................. 16 I.2.4 Begleiteter Umgang................................................. 18 II. Gemeinsame Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit ............. 19 III. Zusammenfassung .................................................... 19 Impressum ................................................................... 20 Seite 3 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Vorwort Der Jahresbericht gibt Auskunft über unsere umfangreiche Arbeit in den Bereichen der Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt an Mädchen und Jungen und über den Bereich der ambulanten Hilfen mit dem Schwerpunkt der Arbeit mit und in Familien. Die Indikation kann unterschiedlicher nicht sein und richtet sich ganz nach dem konkreten Bedarf der Familie, bzw. der Familienmitglieder. Dabei ist die Ursache für sich zugespitzte Situationen, unter denen die Kinder, aber auch die Eltern leiden, herauszufinden, „zu entwickeln“ im wahrsten Sinne des Wortes. Aspekte der Gewalt in unterschiedlichsten Formen spielen dabei eine wesentliche Rolle, sei es physische oder psychische Gewalt, die dabei zum Tragen gekommen ist. Die Form der Vernachlässigung und Kindeswohlgefährdung ist dabei das schwerwiegende Faktum, dass Helfer von außen zu entschlüsseln haben, um auch herauszufinden, wie die weitere Vorgehensweise sein sollte. In jeder Hinsicht können wir konstatieren, dass Hilfe in der Regel angenommen wird und so wirken kann und nach Möglichkeit Nachhaltigkeit erzielt werden kann. Die zum Teil dramatischen Entwicklungen in Familien können sich deutlich zum Besseren für jedes einzelne Familienmitglied verändern. Das ist immer wieder eine der wohltuenden Ergebnisse in unserer Arbeit. Tatsache ist jedoch auch, dass die Arbeit und Frage nach Hilfe zugenommen hat, wie auch aus den nachfolgenden Statistiken zu entnehmen ist. Wenn wir, wie in den letzen Jahren auch, unser vertraglich vereinbartes Beratungskontingent für das Jahr bereits Mitte September erfüllt haben, spricht das nach mehr Bedarf und Nachfrage einerseits und die Notwendigkeit nach Aufstockung der finanziellen Mittel für mehr Personal andererseits. Die Sprechstunden in den Beratungs- und Familienzentren Kaltenkirchen, Bad Bramstedt und Bornhöved sind zusätzliche Angebote, die gern angenommen werden. Durch den „Kellerkind-Fall“ in Bad Segeberg ist die Frage nach Verlässlichkeit und Qualität der aufsuchenden Arbeit in Familien in den Fokus gerückt. Auch wir sind mit unseren Erfahrungen und Einschätzungen in der Sache um die Meinung gebeten worden. Durch die unglaublich breite Öffentlichkeit in dem Fall ist das Schicksal von Kindern, deren Eltern kaum zu erreichen sind und ihrer Aufgabe und Pflicht nicht gerecht werden, der Gesellschaft bewusst geworden. Es zeigt sich dabei auch, wie sensibel und nachhaltig und konsequent und in keiner Weise nachgiebig ambulante Familienhilfe geleistet werden muss. Die Kooperation und der Wille nach Verbesserung, Veränderung im Sinne zum Wohle der Kinder ist oberstes Gebot und diese Verantwortung liegt in den Händen der Eltern! Durch die Aufgabe des Wächteramtes ist die Verantwortung immer auch auf das Jugendamt als öffentlich rechtlicher Träger der Kinder- und Jugendhilfe delegiert, das wiederum die Verantwortung und Rolle an den freien Träger weitergibt und letztlich in der Verantwortung verbleibt. Die freiwillige, gewollte Zusammenarbeit an der entstandenen, gefährdeten Situation etwas zum Wohle des Kindes verändern zu wollen, ist die wichtigste Grundlage, dass Hilfe wirklich ankommt und zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensumstände führt. Hier liegt die Chance in der Interaktion mit den Familien, der Herangehensweise und den vertrauensbildenden Seite 4 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Maßnahmen, die von Fachpersonen gestaltet werden und auf der Beziehungsebene stattfinden. Wir können konstatieren, dass wir in fast allen Anliegen und „Fällen“ auf kooperative Eltern treffen, die Hilfe suchen und auch annehmen können. Die breit angelegte, von der Politik gewollte Sozialraumorientierung hat im zurückliegenden Jahr an Fahrt aufgenommen. Neben den Diskussionen über die „Regional Räume“ im Kreis Segeberg sind wir als „Flexibler Träger“ bei den Ambulanten Hilfen und als „Spezialisierter Träger“ für die Fachberatungsstelle aktiv beteiligt. Die sich daraus entwickelten Fachgespräche und Diskurse tragen zu mehr Transparenz und Zusammenarbeit bei. Durch die Moderation des Gesamtprozesses geleitet von den Professoren Budde und Früchtel im Zusammenwirken mit der Leitung des Jugendamtes konnte sich eine qualitativ wertvolle Bestandaufnahme und Kooperationsebene entwickeln, die sich allerdings in der Praxis erweisen muss. Wir begrüßen den Prozess im Sinne einer effizienten und dem Sozialraum zugewandten Entwicklung im Sinne von Qualität und Ressourcennutzung zum Wohle der Hilfe suchenden Menschen. Die dadurch enger gewordene Beziehung zu der Verwaltung des Jugendamtes und der Politik über den Jugendhilfeausschuss ist auf jeden Fall ein Gewinn! Die Arbeit des Kinderschutzbundes Segeberg ist, wie im weiteren Text über die Fachbereiche zu erfahren ist, sehr vielseitig, bedarfsorientiert, spontan helfend, persönlich wachstumsorientiert und positiv motiviert, auch wenn die Themen, um die es häufig geht, eher belastend sind. An dieser Stelle gilt ein herzlicher Dank an unsere motivierten, engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und an die mit uns eng zusammen arbeitenden Kolleginnen und Kollegen der anderen Träger und Institutionen, vornehmlich dem Kreisjugendamt Segeberg. Bad Segeberg im April 2013 gez. Bernd Heinemann (Geschäftsführer) Seite 5 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH I. Organisation, Struktur, Angebote der DKSB Segeberg gGmbH I.1 Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt Die Fachberatungsstelle richtet sich an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sowie Fachleute. Beraten werden Kinder und Jugendliche, die Opfer von sexueller Gewalt wurden, und Kinder und Jugendliche, die selbst sexuell übergriffig wurden. Die Eltern oder andere Bezugspersonen der Kinder und Jugendlichen können ebenfalls die Hilfen der Fachberatungsstelle anfragen, um ihre Kinder zu unterstützen. Fachkräfte im Erziehungs- und Gesundheitswesen, des ASD, der Polizei und weitere, die mit dem Thema sexuelle Gewalt konfrontiert sind, erhalten Fachberatung und Fortbildungsangebote. Die Fachberatungsstelle informiert im Rahmen von Elternabenden und Fortbildungen für MitarbeiterInnen aus psychosozialen Arbeitsfeldern zum Thema sexuelle Gewalt. Sie lädt zweimal im Jahr zum Gesamtarbeitskreis „Sexuelle Gewalt“ für den Kreis Segeberg ein und bietet so ein Forum zum wechselseitigen Austausch und zur Fortbildung. Im Jahr 2012 sprachen als Referentinnen vor dem Gesamtarbeitskreis Frau Susanne Lipponen, Rechtsanwältin aus Bornhöved und seit 15 Jahren als Opferanwältin tätig, über Gewalt im Gerichtsprozess und die besondere Rolle der Nebenklage und Frau Christin Freese, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie im Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster, über Störungsbilder und Behandlungskonzepte, aber auch über die Grenzen der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die direkte Hilfe für von sexueller Gewalt betroffene Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene macht den größten Anteil des Arbeitsalltags aus. Die Beratungen finden telefonisch oder persönlich und auf Wunsch auch anonym statt. Manchmal lässt sich eine Anfrage in einem Gespräch beantworten, manchmal ist eine Krisenintervention oder längerfristige Beratung notwendig. Die Fachberatungsstelle ist für den gesamten Kreis tätig – außer Norderstedt - und zwar mit den Standorten Bad Segeberg, Kaltenkirchen, Henstedt-Ulzburg und in den Familienbüros Bornhöved und Bad Bramstedt. Kinder und Jugendliche, die Opfer sexueller Gewalt oder sexuell übergriffig geworden sind, bedürfen einer spezialisierten Unterstützung. Der Bereich Krisenintervention und Verdachtsabklärung – insbesondere bei jüngeren und kleinen Kindern – erfordert spezielle Kenntnisse und Erfahrung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für dieses Fachgebiet ausgebildet. Die Geschäftsstelle ist im Beratungs- und Begegnungszentrum in Bad Segeberg mit Beratungsräumen, Spielzimmer und Sekretariat eingerichtet. Über das Sekretariat kann montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr der erste Kontakt aufgenommen werden und zwar auch für die Standorte Bornhöved, Bad Bramstedt, HenstedtSeite 6 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Ulzburg und Kaltenkirchen. Immer mittwochs von 10 bis 12 Uhr bietet die Fachberatungsstelle eine offene Sprechstunde an. Das in Bad Segeberg eingerichtete Spielzimmer ist für die therapeutische Arbeit gerade mit kleinen Kindern sehr hilfreich und auch nötig. Für die Beratung an den anderen Standorten nehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter therapeutisches Material mit. Professionelle Helfer aus den Bereichen Kindergarten, Schule, Hort und Ausbildung sowie Kollegen aus dem Jugendamt nehmen Fallsupervision und Fachberatungen in Anspruch. Seit die gesetzlichen Vorgaben bei Kindeswohlgefährdung in Kitas und Horten umgesetzt werden, sind die FachberaterInnen als externe Kinderschutzfachkräfte nach § 8a SGB VIII im Einsatz. I.1.1 Die Beratungsarbeit Das Kontingent von 828 Beratungskontakten ist mit insgesamt 1.332,5 Kontakten nicht nur ausgeschöpft, sondern es ist weit über das vereinbarte Maß gearbeitet worden (160 Prozent). Ein Beratungskontakt entspricht 40 Minuten. 2012 hat die Fachberatungsstelle 163 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene betreut. Meldepersonen Alter der von sexueller Gewalt Betroffenen Anteil Mädchen Migrationshintergrund Bezug von Sozialleistungen 109 Selbstmelder (Betroffene, Mutter, Vater, Pflegeeltern, Großeltern), 53 Professionelle, 1 Umfeldmelder 24 Kinder unter 6 Jahre, 56 Kinder 6 bis unter 12 Jahre, 31 Kinder 12 bis unter 14 Jahre, 42 Jugendliche 14 bis unter 18 Jahre, 5 junge Erwachsene 18 bis unter 21 Jahre und 5 junge(r) Erwachsene(r) 21 Jahre und älter 116 weiblich (71,17 Prozent) 10 Kinder und Jugendliche haben eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit 60 Familien beziehen ALG II (36,81 Prozent) Eltern, deren Kinder Opfer sexueller Gewalt wurden oder sexuell übergriffig waren, sind oft sehr unsicher im Umgang mit dem Kind. Um die Eltern zu bestärken, ihre Kinder jetzt gut unterstützen zu können, messen die FachberaterInnen der Elternarbeit im Beratungsprozess besondere Bedeutung bei. Fast alle Anfragen betreffen akute Situationen. Um weitere Schädigungen der Kinder zu verhindern, müssen zeitnahe Beratungen ermöglicht werden. Schutz und Stabilisierung der von sexueller Gewalt traumatisierten Kinder und ihrer Seite 7 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Bezugspersonen stehen im Mittelpunkt. Beides gelingt nur in einer respektvollen, transparenten Zusammenarbeit aller Akteure (Betroffene und die professionellen Helfer wie Kriminalpolizei, Jugendamt, Weißer Ring, Nebenklage-Anwälte und FachberaterInnen). Besonderes Augenmerk liegt auf der Einbeziehung der Geschädigten, damit nichts gegen ihren Willen oder ohne ihr Wissen geschieht, um eine weitere Traumatisierung zu vermeiden. Die hohen Anforderungen an die MitarbeiterInnen der Fachberatungsstelle (große Zahl der Anfragen, weite Wege im Kreis) konnten nur mit Mehrarbeit bewältigt werden. Eine Lösung für das Spannungsfeld aus stetig hoher Nachfrage und knapper Zeitressource steht noch aus. Denn dem Kinderschutzbund und seinen MitarbeiterInnen ist es wichtig, dass kein Kind auf Hilfe warten muss oder gar ohne Hilfe bleibt. Seit 2010 ist Martin Klitsch als Fachberater für sexuell grenzverletzende und übergriffige Kinder und Jugendliche im Kreisgebiet tätig. Auch hier bezieht das Team die Eltern ein, mindestens zu Beginn und als Abschluss finden Familiengespräche statt, an denen auch die Fachberaterinnen Gerti Teske, bis Ende März Elke Pansa und ab Anfang April Silke Ohrtmann teilnehmen. I.1.2 Bad Segeberg und Umgebung Die Fachberatungsstelle hat in Bad Segeberg und Umgebung im Jahr 2012 für 53 Kinder und Jugendliche Hilfe und Unterstützung gegeben. Meldepersonen Alter der von sexueller Gewalt Betroffenen Anteil Jungen/Mädchen 29 Selbstmelder (Betroffene oder Mutter/Vater) 23 professionelle Melder (Jugendamt, Schule etc.), 1 sonstige Meldeperson 2 Jahre bis 25 Jahre 16 Jungen im Alter von 2 bis 16 Jahren / 37 Mädchen und junge Frauen im Alter von 4 bis 25 Jahren I.1.3 Bad Bramstedt Die Fachberatungsstelle für den Kreis Segeberg ist in Bad Bramstedt zentral im Familienbüro neben dem Rathaus zu erreichen. Das kommt allen Familien zugute, die die Fahrt von 60 km nach Bad Segeberg hin und zurück nicht bewältigen können. Größeren Schulkindern und Jugendlichen ist es möglich, selbstständig zu kommen. Das umfangreiche Beratungsangebot des Familienbüros Bad Bramstedt lässt die Kinder und ihre Familien zudem von den weiteren Beratungs- und Unterstützungsangeboten profitieren. Oftmals suchen Eltern, Kinder und Jugendliche Seite 8 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH aus sogenannten Multiproblemfamilien die Fachberatungsstelle auf, die dann einen niedrigschwelligen Zugang zu anderen Hilfen finden. Die MitarbeiterInnen der unterschiedlichen Angebote tauschen sich auf professioneller Ebene auf dem „kleinen Dienstweg“ aus und kooperieren so. In Bad Bramstedt war Gerti Teske von 2008 bis Ende März 2012 und Silke Ohrtmann seit Anfang April 2012 als Fachberaterin tätig. Dem vom Vertrag mit dem Kreis vorgesehene Kontingent von 130 Beratungsstunden pro Jahr stehen 2012 358,5 durchgeführte Beratungsstunden gegenüber, das entspricht einer „Überbelegung“ von 175 Prozent (zum Vergleich: 2011 wurden 249,5 Beratungsstunden realisiert, 92 Prozent mehr als vereinbart). 2012 hat die Fachberatungsstelle im Familienbüro Bad Bramstedt 41 Klienten beraten. Meldepersonen Alter der von sexueller Gewalt Betroffenen Anteil Jungen/Mädchen Bezug von Sozialleistungen 35 Selbstmelder (Betroffene oder Mutter/Vater) 6 professionelle Melder (Jugendamt, Schulsozialarbeiter etc.) 2 bis 16 Jahre 14 Jungen im Alter von 2 bis 15 Jahren / 27 Mädchen und junge Frauen im Alter von 3 bis 16 Jahren 3 Familien I.1.4 Bornhöved Die Fachberatungsstelle für den Kreis Segeberg ist in Bornhöved im FamilienbüroBeratungszentrum in der Lindenstraße 5 (Altes Amt) zu erreichen. Die Vorteile für die Kinder, Jugendlichen und ihre Eltern, die die Angebote der Fachberatungsstelle wahrnehmen wollen, sind denen in Bad Bramstedt gleich. In Bornhöved war Elke Pansa 2012 bis zum 31.03. als Fachberaterin tätig, ab 01.04.2012 Gerti Teske. In Bornhöved wurde 2012 das Beratungskontingent der Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt für das Familienbüro Bornhöved zu 36 Prozent überschritten. Es suchten 21 Klienten Hilfe. Meldepersonen Alter der von Gewalt Betroffenen Anteil Jungen/Mädchen Bezug von Sozialleistungen 15 Selbstmelder (Betroffene oder Mutter/Vater) 6 professionelle Melder (Jugendamt, Schule etc.) 5 bis 16 Jahre 1 Junge im Alter von 7 Jahren 20 Mädchen und Jugendliche im Alter von 5 bis 16 Jahren 12 Familien Seite 9 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Daneben beteiligte sich die Fachberatungsstelle an zwei Info-Rallyes mit den SchülerInnen der Abschlussklassen der ortsansässigen „Sventana“Gemeinschaftsschule. Wie auch in den Vorjahren konnten die Mitarbeiterinnen der Fachberatungsstelle die Jugendlichen im Zuge dieser Veranstaltungen sehr gut für das Thema grenzverletzendes Verhalten im sexuellen Kontext sensibilisieren und mit Vorurteilen aufräumen (z.B. dass nur Mädchen/Frauen Opfer werden oder dass ein sexueller Übergriff erst bei einer Vergewaltigung vorliegt). 1.1.5 Kaltenkirchen, Kaltenkirchen-Land und Henstedt-Ulzburg Seit 1996 bietet die Fachberatungsstelle Sprechstunden und Beratungstermine in Kaltenkirchen und bei Bedarf auch in Henstedt-Ulzburg an, dort in den Räumen des Ortsverbandes des Kinderschutzbundes. In Kaltenkirchen konnten wir dankenswerter Weise bis zum Mai 2012 die Räume der Erziehungsberatungsstelle der therapiehilfe e.V. kostenfrei nutzen, die zum Juni in das neu gebaute Beratungszentrum am Flottkamp 13 b einzog. Die Stadt Kaltenkirchen stellte der Fachberatungsstelle und den Ambulanten Hilfen des DKSB Segeberg gGmbH in diesem neuen Gebäude ein städtisches Büro zur (Teilzeit-)Verfügung, so dass das Angebot in Kaltenkirchen aufrecht erhalten werden konnte. Die nun auch räumliche Nähe zum Jugendamt und weiteren Beratungsangeboten im Flottkamp 13 erwies sich für die Klienten und die KollegInnen als zeitsparend und hilfreich; so fanden sich unbürokratische Lösungen auf dem „kleinen Dienstweg“. In Kaltenkirchen arbeitete Martin Klitsch mit sexuell übergriffigen Kindern und Jugendlichen und Gerti Teske mit von sexueller Gewalt betroffenen Kindern und Jugendlichen und deren Familien sowie professionellen Helfern. Es suchten 48 Klienten Hilfe. Meldepersonen Alter der von Gewalt Betroffenen Anteil Jungen/Mädchen Bezug von Sozialleistungen 30 Selbstmelder (Betroffene oder Mutter/Vater) 18 professionelle Melder (Jugendamt, Schule etc.) 1 bis 24 Jahre 16 Jungen im Alter von 4 bis 17 Jahren 32 Mädchen und Jugendliche im Alter von 1 bis 24 Jahren 18 Familien Daneben beteiligte sich die Fachberatungsstelle an zwei Info-Rallyes mit den SchülerInnen der 8. Klassen der Erich-Kästner-Regionalschule und begleitete in der Grundschule Am Lakweg die Theateraufführung : „Das Familienalbum“ mit einem Elternabend. Seite 10 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH I.1.6 Teilnahme an Arbeitskreisen und regionalen Fachtagen Die Fachberatungsstelle ist im gesamten Kreis Segeberg – bis auf die Stadt Norderstedt – in verschiedenen Facharbeitskreisen mit anderen Institutionen vernetzt. Diese Präsenz ermöglicht den kontinuierlichen fachlichen Austausch und die Chance, aktuelle Entwicklungen mit gestalten zu können. So hat die Sozialraumorientierung als Paradigmenwechsel der sozialen Arbeit großen Raum eingenommen und viele Ressourcen gebunden. Eine gute Zusammenarbeit und Kooperation mit den Mitarbeitern der anderen lokalen Träger und Einrichtungen ist den MitarbeiterInnen der Fachberatungsstelle wichtig und wird wechselseitig angestrebt und gefördert, sowohl unter fachlich qualitativen Aspekten, als auch im Hinblick auf eine bestmögliche Unterstützung der Ratsuchenden mit Verweisungen an adäquate Angebote der Institutionen. In folgenden Arbeitskreisen haben wir mitgearbeitet: - - Für Bad Segeberg und Umgebung: Lokaler Arbeitskreis gegen sexuelle Gewalt Mediations-AK „Segeberger Chancen“ mit Familienrichtern, RechtsanwältInnen, ASD u. anderen Beratungsstellen Psychosozialer AK, Hauskonferenzen des Begegnungs-und Beratungszentrums Für Bornhöved/ Trappenkamp: Hauskonferenz des Familienbüro-Beratungszentrums Für Bad Bramstedt und Umgebung: Kleine und große Mitarbeiter-Runde im Familienbüro Für Kaltenkirchen und Umgebung: Arbeitskreis Kinder und Jugendliche Sozialraum Kaltenkirchen Hauskonferenz im Familienzentrum (nach Bedarf) Sozialer Arbeitskreis (nur sporadisch möglich) Für Wahlstedt: Lokales Netzwerktreffen der Kinderschutz-Beauftragten des Kreises Segeberg, Frau Dagmar Kristoffersen, zum Bundeskinderschutzgesetz Überregionaler Arbeitskreise: Netzwerk Nord – Netzwerktreffen für Fachkräfte, die mit sexuell übergriffigen Kindern und Jugendlichen pädagogisch-therapeutisch arbeiten. Arbeitstreffen der Tätertherapeuten in Bordesholm Teilnahme an Fortbildungen und regionalen Fachtagen im Jahre 2012: - - Fachgespräch des Kinderschutzzentrums Kiel sowie des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Gesundheit in Eutin zum Thema „Was tun bei Verdacht auf sexuelle Übergriffe?“ Seminar der Praxis Brütting für Psychotherapie und Coaching in Lübeck zum Thema „Trauernde Kinder achtsam begleiten“ Seite 11 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH - - - - Fachtag des Kinderschutz-Zentrums Kiel sowie des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Gesundheit und dem Präventionsbüro „Petze“ in Neumünster, mit dem Thema „Wo hört der Spaß auf“ – Sexuelle Gewalt im Jugendalter - Das Präventionsbüro Petze präsentierte seine neu konzipierte Wanderausstellung zu diesem Thema. Fachtag des Frauenzimmers in Bad Segeberg zum Thema "Erste Hilfe bei häuslicher und sexueller Gewalt für Menschen mit und ohne Behinderung" Fachtag des Datenschutzbeauftragten Torsten Koop vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein zum Thema „Datenschutz“ in unserer Einrichtung Zweitägige Fortbildung in Frankfurt/Main der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) zum Thema „Entwicklung und Sexualität“ Institutionsinterner Team-Tag zum Thema „Sozialraumorientierung“, insbesondere zur Arbeit des Familienrates nach Früchtel und Budde. Halbjahresfortbildung zum Umgang mit sexuellen Grenzverletzungen im stationären und ambulanten Kontexten mit Thomas Hölscher und Simone Schreiber I.1.7 Präventionsarbeit Die präventive Arbeit der Fachberatungsstelle gehört zu den vertraglich vereinbarten Leistungen und hat für uns einen sehr hohen Stellenwert. Das wird auch daran deutlich, dass unser zeitliches Engagement in diesem Bereich trotz knapper personeller Ressourcen die vertraglich vereinbarten zehn Veranstaltungen à vier Stunden bei weitem übertraf. Teilnahme an präventiven Veranstaltungen im Jahre 2012: Jugendfilmtage in Bad Segeberg, Vorbereitung und Durchführung, gemeinsam mit anderen Institutionen (15 Std.) 6 Info-Rallyes der Schulen aus Bad Segeberg, Leezen, Kaltenkirchen und Bornhöved (24 Std.) Informations-Elternabend in der Theodor-Storm-Schule in Bad Segeberg zur Ausstellung „Echt Klasse...“ des Präventionsbüros Petze (8 Std.) Begleitender Elternabend in der Grundschule am Lakweg in Kaltenkirchen zum Theaterstück „Das Familienalbum“ (4 Std.) Teamschulung der Schulsozialarbeit der ATS Bad Bramstedt und Umgebung ( 4 Std.) Mega-Dance-Party des Jugendzentrums Wahlstedt mit einem Quiz (10 Std.) Tag der offenen Tür im Beratungszentrum in Kaltenkirchen (10 Std.) Seite 12 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH - Jungenstunden an der Gemeinschaftsschule in Nahe zum Thema Sexualität (6 Std.) I.1.9 Neuausrichtung unter sozialräumlicher Perspektive Die Umstrukturierung der Jugendhilfe im Kreis Segeberg nach dem Konzept der Sozialraumorientierung bedeutet für die Fachberatungsstelle ein Analysieren, Überdenken und Anpassen ihrer bisherigen Beratungsdienstleistungen. Es ist der Fachberatungsstelle ein großes Anliegen, in der neu zu ordnenden Jugendhilfelandschaft ihren Platz zu finden und ihre fachlichen Dienstleistungen sinnvoll einzubringen. Als spezialisierter Beratungsdienstleister bietet die Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Hilfe und Unterstützung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 27 Jahre sowie für Bezugspersonen und Fachkräfte, die mit der Thematik sexueller Gewalt konfrontiert sind und allen, die mit Kindern und Jugendlichen leben und arbeiten. Im Fokus der Arbeit stehen deshalb Krisenintervention, Schutz und Stabilisierung der Betroffenen, wozu die Ressourcenaktivierung der Familie und ihres sozialen Umfeldes unverzichtbar ist. Im November 2012 stellte die Fachberatungsstelle als spezialisierter Träger der Sozialraumorientierung den Vertretern des Kreises und anderen freien Trägern der Jugendhilfe sowie den Professoren Früchtel und Budde ihre Arbeit anhand eines Fallbeispiels vor. Als Anregung nahm das Team mit: Die Öffentlichkeitsarbeit zu intensivieren Kinderschutzspezifische Fortbildungen für Mitglieder der noch zu installierenden sechs Gemeindeteams der drei Sozialräume „Nord“ (Bad Bramstedt – Boostedt und Bornhöved-Trappenkamp-Rickling), „Ost“ (Bad Segeberg und Wahlstedt) und „West“ (Kaltenkirchen und Henstedt-UlzburgItzstedt) anzubieten Die Erprobung von „Familienrat“ in der Arbeit Lokale Diskussionen zu organisieren, wie sozialräumlicher Kinderschutz verbessert werden kann Fallübergreifende Angebote im Bereich „Schule“ für die Gemeindeteams auszuarbeiten Seite 13 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH I.2 Ambulante Hilfen Die Ambulanten Hilfen betreuen und beraten Einzelne, Kinder und Jugendliche und deren Familien im häuslichen Kontext und beziehen das soziale Umfeld mit ein. Es sind insbesondere Menschen und Angehörige, die durch vielfältige existenziell und persönlich erschwerte Lebensbedingungen dauerhaft überfordert sind: Armut, erfolgte oder drohende Fremdunterbringung der Kinder, Kindeswohlgefährdung durch körperliche oder seelische Verwahrlosung, Misshandlung, sexueller Missbrauch oder überhaupt Gewaltproblematiken. Deutlich zugenommen haben auch die Auseinandersetzungen mit den Folgen hochstrittiger Trennungen der Eltern und den verstörenden Auswirkungen auf die Kinder. Des Weiteren werden die Ambulanten Hilfen vermehrt mit Themen, wie PCAbhängigkeit, chronische Schulverweigerung, Angststörungen, traumatisierten /nicht präsenten Eltern konfrontiert. Eine gravierende Problematik, die sich durch die Beratungen zieht, sind (oftmals generationsübergreifend im Familiensystem), Bindungsstörungen in den Eltern-Kind-Beziehungen und eine zunehmende Unsicherheit in den Möglichkeiten der Erziehbarkeit. Weiterhin betreuten die MitarbeiterInnen Familien, die durch die psychische Behinderung eines Elternteiles betroffen sind. Hier stellt die Entlastung/Entlassung der Kinder und Jugendlichen aus einer belasteten, nicht altersgemäßen Entwicklung und Verantwortungsübernahme eine besondere Herausforderung der sozialen Arbeit und Beratung dar. Die Angebote richteten sich auch an alleinerziehende und junge Mütter in Fragen der Erziehungsverantwortung sowie der Versorgung und Förderung der Kinder, in der Alltagsbewältigung und der beruflichen Orientierung und wenn möglich unter Einbeziehung der Väter, um die Kinder aus dem oftmals entstandenen Loyalitätskonflikt zu entlassen. I.2.1 Aufsuchende systemische Familienberatung Unsere Spezialisierung im Bereich der aufsuchenden systemischen Familienberatung wurde von den Familien sehr gut angenommen. Der aufsuchende, therapeutische Ansatz arbeitet mit der Annahme, dass Kinder Auffälligkeiten (Symptome) entwickeln, in dem Interesse, auf Störungen innerhalb des Familiensystems aufmerksam zu machen und Lösungen zu finden, auch, um das Familiensystem zu erhalten. Diese Betrachtungsweise entspricht einer positiven Umdeutung des Symptoms und richtet den Fokus zur Entlastung des Kindes auch auf die elterliche Verantwortung und Handlungs-Notwendigkeit. Die Arbeit im Co-Team (Mann/Frau) ermöglicht ein für beide Eltern unterstützendes Annehmen der Hilfe, in Bezug auf die Reflektion der familieneigenen Dynamiken, Rollen und Muster innerhalb des Systems. Des Weiteren lässt dieses Setting eine andere Methodenvielfalt zu, insbesondere die Arbeit im „Reflecting-Team“, die neben einer Fremdwahrnehmung des familiären Miteinanders – auch Modellfunktion (Aushandeln unterschiedlicher Sichtweisen, in Beziehung sein) durch die Therapeuten anbietet. Seite 14 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH In der Biografiearbeit erleben die Eltern, dass sie mit ihrer eigenen Struktur vom Partner und den heranwachsenden Kindern gesehen werden und können ihre eigene Geschichte und daraus resultierende generationsübergreifende Verhaltensmuster besser verstehen und werden verstanden. Auf diese Weise wird Offenheit, Verständnis und Beziehung gefördert und die Familie in ihrer Bindungsfähigkeit gestärkt. Immer häufiger begegnete uns die Thematik der Hilflosigkeit in Erziehungsprozessen: Bedingt durch innere Strukturen (hohe Bedürftigkeit mindestens eines Elternteils, mächtige Großelternrollen, eigene Traumatisierungen in der Kindheit) und äußere Strukturen (Verwahrlosung der Kinder durch Arbeitsleben der Eltern, vermehrter Einfluss durch peer-groups oder häufig ausgiebiger PC-Konsum mit der Folge der Beziehungslosigkeit), fällt es den Eltern schwer, in ihre Elternrolle zu kommen und aus dieser heraus erwachsen, versorgend und auf die Kinder bezogen zu agieren. Dieser Thematik der „hilflosen Eltern mit selbstbestimmten, machtvollen Kindern“ konnten wir mit dem systemischen Ansatz der aufsuchenden Familienberatung erfolgreich begegnen und in fast allen Familien eine positive Veränderung der Dynamiken und der Rollen durch systemrelevante Interventionen bewirken. Positiv ist auch zu verbuchen, dass es gelungen ist, in allen Familien die Bereitschaft der Väter zur aktiven Mitarbeit einzuwerben und diese Tatsache wohl maßgeblich zu den erfolgreichen Ergebnissen beigetragen hat. Wir wurden angefragt in 61 Familien mit 127 Kindern, davon in 41 Familien für die aufsuchende Familienberatung im Co-Team, in 21 Familien für die Bereiche der Erziehungsberatung, Einzelfallhilfe, Betreuter Umgang oder Eingliederungshilfe. Überweisungskontext • Verhinderung von Fremdunterbringung • Chron. Schulabsentismus/Schulverweigerung • Massive Pubertätsprobleme • Gewaltbelastung • vermutete und stattgefundene sex. Übergriffe • Trennungs- und Scheidungsproblematik • Frühe Schwangerschaft • sex. Missbrauch bzw. Folgen von Übergriffigkeit • Partnerschaftskonflikte, Elternkonflikte • Beratung der Pflegefamilien zum Erhalt der Pflegestelle für ein Kind • Beratung der Familie zur Rückführung nach Fremdunterbringung o. Inobhutnahme o. KJP • Beratung von Familien mit psychisch kranken Eltern • Problematik von Patchworksystemen • Erziehungsberatung • Eingliederungshilfe SGB XII • INSPE . SGB VIII , §35 und 41 • Begleiteter Umgang • Traumatisierte Elternsysteme, Bindungsproblematik Seite 15 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH • • • Migrationshintergrund Verdacht auf Kindeswohlgefährdung Indikatoren Vermeidung von Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen Rückführung von Kindern und Jugendlichen in die Familie Erziehungs- Partnerschaftskonflikten Trennungsproblematiken Patchwork-Familien Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) Delinquentes Verhalten in Schule oder Freizeit Chronischer Schulabsentismus Missbrauchs- Gewaltproblematiken Suchtproblematiken (auch PC) Folgen von Bindungsstörungen (Traumatisierungen) Beratung von Pflegefamilien zum Erhalt der Pflegestelle für ein Kind Frühe Schwangerschaft Zusätzliche Angebote der Ambulanten Hilfen bestehen ( wie folgt in I.2.2 und I.2.3 beschrieben ) in der „Sozialen Gruppenarbeit“ und des „Betreuten Umganges“. I.2.2 Betreuungsarbeit Der Maßnahme-Einsatz fand ausschließlich im Auftrag des Kreisjugendamtes als zuständigem Leistungsträger statt. Die Angebote umfassten im Wesentlichen gemäß §§ 27 bis 35 SGB VIII die systemische Familientherapie, die sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH), die sozialpädagogische Einzelbetreuung (Inspe) und die Erziehungsbeistandschaft. Die Ambulanten Hilfen betreuten im Gesamtkreis (von Henstedt-Ulzburg, Quickborn, Kaltenkirchen, Bad Bramstedt, Bad Segeberg, Wahlstedt, Trappenkamp, Bornhöved, bis Neumünster) im Jahre 2012, 56 Familien, davon vier Pflegefamilien , mit insgesamt 152 Kindern sowie 23 Neuzugängen. Schwerpunktmäßig wurden wir angefragt über § 27, also überwiegend zu Zweit im Co-Team / Frau-Mann mit sozialpädagogischer und familientherapeutischer Kompetenz. Zusätzlich erhielten in insgesamt vier Fällen junge Menschen Unterstützung über die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung bzw. die Erziehungsbeistandschaft. I.2.3 Soziale Gruppenarbeit Rahmenbedingungen und Struktur Die fortlaufende soziale Gruppenarbeit der DKSB Segeberg gGmbH konnte wie auch im Vorjahr in den Räumen am Kirchplatz 1 in Bad Segeberg angeboten werden. Seite 16 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH In der Regel haben vier Mädchen und fünf Jungen im Alter von 12-16 Jahren die jeden Mittwoch stattfindende Gruppeneinheit von zwei Stunden in der Zeit von 16-18 Uhr besucht. Der Gruppenzugang erfolgte zum Teil über die Fachberatungsstelle des DKSB und in diesem Jahr verstärkt über die Familien, die im Rahmen der Ambulanten Hilfen betreut wurden. Heterogene Gruppe Die im letzten Jahr initiierte Aufnahme von Mädchen hat sich nach wie vor als sinnvoll und fachlich effektiv erwiesen, um geschlechtsspezifisch und realitätsnah zu arbeiten. Konflikte zwischen den Mädchen und Jungen mussten nicht konstruiert werden, sondern entstanden in der Gruppe und konnten daher besonders wirksam im „Hier und Jetzt“ bearbeitet werden. Inhalte und Ziele Die MitarbeiterInnen arbeiten mit klaren Strukturen, Regeln und Ritualen, sowohl mit erlebnisorientierten (körperbezogene) Methoden, als auch mit der Council-Arbeit (Erzählen im eigenen Erleben). Der Fokus liegt auf dem Erleben im Hinblick auf (unter anderem): • Selbst- und Fremdwahrnehmung • Erlernen, über Störungen zu kommunizieren • Erzählen und Zuhören können • Vertrauen zu anderen entwickeln • Mut zu entwickeln, Erlebtes miteinander zu teilen • Gefühle wahr- und ernst zu nehmen und gegenüber der Gruppe zu zeigen • Beziehungen und Verbindlichkeiten eingehen • Eigene Positionen einnehmen und andere achten • Bedeutung von Normen und Werten erkennen • Regeln beachten und einhalten • Grenzen anderer wahrnehmen können und sich selbst angemessen abgrenzen • Lernen, mit Aggressionen umzugehen • Umgang mit Vorurteilen • Unterschiede / Ähnlichkeiten zwischen Mädchen und Jungen erfahren und würdigen In diesem Jahr wurde das Fragebogensystem eingeführt, bei dem sich die Kinder und Jugendlichen am Anfang in der Zwischen- und Abschlussphase über das Fragebogensystem entsprechende Rückmeldungen einholen im Hinblick auf die Bereiche von Selbst- und Fremdwahrnehmung. Seite 17 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Elternarbeit Die MitarbeiterInnen konnten die Erfahrung machen, dass zu Beginn einer neuen Gruppenphase (Mitte Oktober bis Ende Dezember) ein Elterninformationsabend notwendig ist, um die geschützte Atmosphäre der Gruppengespräche erhalten zu können. Die Eltern neigen dazu, bei ihren Kindern inhaltlich nachzufragen, was in der Gruppe besprochen wurde und müssen über die Regel informiert werden, dass „alles Besprochene im Raum der Gruppe bleibt mit Ausnahme der eigenen Geschichte“. Des Weiteren gestaltete das Team mit Eltern und Kindern ein gemeinsames Treffen, um ihnen ein eigenes Erleben der Methode zu vermitteln. In mehreren Fällen baten Eltern dann um Einzelgespräche, die nur im Beisein der Kinder dann zusätzlich stattfanden, auch deshalb, um das Vertrauensverhältnis aufrecht zu erhalten und für die Kinder eine Transparenz der Inhalte zu gewährleisten. Fazit Auch wenn es zum auslaufenden Jahr 2012 bisher nur zwei Neuanmeldungen gibt, sind die Ambulanten Hilfen optimistisch, dass weitere Neuanmeldungen erfolgen werden. Die Werbung für das Gruppenangebot wurde gerade gegenüber den neuen Mitarbeitern des Jugendamtes entsprechend intensiviert. Es zeigt sich zudem, dass im Gruppenprozess die sogenannte Council-Runde zu einem Herzstück der Sozialen Gruppenarbeit geworden ist und die Qualität der Gruppenarbeit steigert. I.2.4 Begleiteter Umgang „Dem Kind geht es gut, wenn es ihm so gehen darf, wie es ihm geht“ (Jesper Juul, 2012, S.126) Seit Herbst 2011 bietet die DKSB Segeberg gGmbH den „Begleiteten Umgang“ an. Der Begleitete Umgang ist ein Angebot der Ambulanten Hilfen für Trennungs- und Scheidungsfamilien, die die vereinbarten Umgangsregelungen für ihr gemeinsames Kind aus unterschiedlichen Gründen nicht eigenständig umsetzen können. Die Zugänge erfolgen im Kreis Segeberg über das zuständige Jugendamt. In Abgrenzung zu dem häufig angebotenen Einsatz von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen bei anderen Trägern werden die Umgänge des DKSB Segeberg durch pädagogische und familientherapeutisch ausgebildete MitarbeiterInnen begleitet. Der Begleitete Umgang (BU) ist seit seiner gesetzlichen Regelung im Jahre 1998 als qualifizierte Jugendhilfeleistung etabliert. Seite 18 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH Bisher gab es drei Aufträge zum Begleiteten Umgang, in nur einem kam es zu mehreren Vorgesprächen. Die Ambulanten Hilfen sind sehr interessiert daran, dass Konzept weiter als Angebot in die Öffentlichkeit zu tragen. II. Gemeinsame Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit Prävention und Fortbildung Die Fachberatungsstelle informiert im Rahmen von Elternabenden, Fortbildungen und weiteren (Präventions-) Veranstaltungen Fachleute und Jugendliche sowie Eltern über sexuelle Gewalt gegen Kinder. Der Kreis finanziert vertragsgemäß zehn Veranstaltungen (40 Beratungskontakte), die Fachberatungsstelle hat darüber hinaus Veranstaltungen in einem deutlich höheren Umfang ohne Gegenfinanzierung angeboten. Insgesamt erreichte die Fachberatungsstelle 754 Jugendliche, Erwachsene und Fachleute. Kinderschutzwochen – September 2012 Die Kinderschutzbund Segeberg gGmbH mit der Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt und den Ambulanten Hilfen beteiligte sich an den Kinderschutzwochen im September 2012 in Bad Segeberg. Mit Vorträgen, einer Ausstellung und Veranstaltungen für Fachleute und die interessierte Öffentlichkeit wurde die Gemeinschaftsaktion unter dem Motto „Mehr Zeit für Kinder“ gemeinsam mit der Fachstelle des Kreisjugendamtes, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Segeberg, der Familienbildungsstätte des Ev. Kirchenkreises Plön-Segeberg, dem Kriminalpräventiven Rat der Stadt Segeberg sowie dem KIK Netzwerk umgesetzt. III. Zusammenfassung Die gemeinsame Arbeit der Projektbereiche – Fachberatungsstelle – Ambulante Hilfen – unter einer Trägerschaft (gemeinsame Planung, Hilfen in Krisen, Absprachen und Zielentwicklungen) hat sich auf jeden Fall bewährt und intern die Vorstellungen und Erwartungen erfüllt. Es sind nicht nur gemeinsame Teamsitzungen, sondern auch intensive kollegiale Kontakte, die sich positiv auswirken. Seit der Initiierung der „Sozialen Gruppenarbeit“ mit übergriffigen Kindern/Jugendlichen unter dem Begriff und der Methode des „Council“ hat sich die Intensität der Arbeit verstärkt, auch dahin gehend, dass sich der Kinderschutzbund auch den Tätern und ihrem unmittelbaren Lebensumfeld zuwendet. Hier liegt nicht nur eine Schnittstelle beider Projektbereiche, sondern auch eine Chance und weitere Herausforderung, diesen Bereich in der Zukunft auch regional auszuweiten. Den Erwartungen, die an uns von außen gestellt werden, können wir uns allerdings nur dann in der Realisierung annähern, wenn die finanziellen Mittel dafür bereit stehen. Die Frage nach dem Seite 19 Jahresbericht 2012 – Deutscher Kinderschutzbund Segeberg gGmbH richtigen Zeitpunkt der Hilfen spielt dabei eine wichtige Rolle. Wir benötigen die Unterstützung aller Ebenen und vieler Menschen. gez. für das Team: Gerti Teske, Claudia Nolting, Bernd Heinemann Impressum Text: Bernd Heinemann Team Fachberatungsstelle Team Ambulante Hilfen ©Titelfoto Natascha Farber, fotolia.com Auflage 70 Stück Seite 20