JiO – Reise 2009
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JiO – Reise 2009
JiO – Reise 2009 24. Oktober – 1. November 2009 „Mach Kranke gesund“ (Mt 10,8): Die Herren Kranken im Heiligen Land JiO Reise 2009 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................................... 1 Grußwort des Ordenskanzlers ................................................................................................................. 2 Vorwort ................................................................................................................................................... 3 Programmübersicht................................................................................................................................. 4 Tag 1 – Ankunft und erste Schritte in Jerusalem..................................................................................... 6 Tag 2 – Jerusalem und Tanz..................................................................................................................... 8 Tag 3 – Abu Gosh und die Anastasis...................................................................................................... 11 Tag 4 - Yad Vashem, Betlehem und Herodion....................................................................................... 14 Tag 5 – Jericho, Kloster der Versuchung und Festung Belvoir .............................................................. 19 Tag 6 – Israel mit dem Rad, Regen, Kapernaum und Bethsaida ........................................................... 21 Tag 7 – Akko und Caesarea.................................................................................................................... 23 Tag 8 – Golan Höhen, wieder Regen und Kursi ..................................................................................... 26 Tag 9 – Abschied aus Tabgha, Fahrt nach Tel Aviv, Nazareth ............................................................... 29 Impressum ............................................................................................................................................. 32 1 JiO Reise 2009 Grußwort des Ordenskanzlers Liebe JiO-Pilger, liebe Leser dieses Heftes! Zu den traditionellen Aufgaben des Johanniterordens gehört die Vertiefung des christlichen Glaubens und seiner Werte. Aus diesem Selbstverständnis heraus will der Orden dazu beitragen, dass das Grundwissen um Fragen des Glaubens gefestigt wird. Wo kann man dieses Wissen nicht besser vertiefen als an der Quelle des Geschehens und wo kann man nicht besser Fragen stellen als am Ort des Geschehens? Ein wesentliches Ziel dieser Reise ins Heilige Land ist es, allen Beteiligten den Doppelauftrag des Ordens - Eintreten für den Glauben und Einsatz für den Kranken und Hilfsbedürftigen - zu verdeutlichen, ihn mit neuen Aspekten zu bereichern und ihn dadurch als Maßstab für das eigene Handeln zu verinnerlichen. Sie werden damit dem Doppelgebot der Liebe Jesu folgen: "Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen und Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst." Dieses Doppelgebot wird an der Historie unseres Ordens aufgezeigt. In welchem Rahmen hat Meister Gerhard vor und nach dem ersten Kreuzzug agiert, als er den Hospitalerorden in Jerusalem gründete. Auf welche Tradition bauen wir heute auf, wenn wir uns um den Herren Kranken kümmern. Wie wirkt sich diese Tradition auf unsere heutigen Ordenswerke aus. Ein weiteres Ziel einer solchen Reise ist es, die verschiedenen Religionen, die sich alle im Heiligen Land vereinigen, kennenzulernen. Dabei geht es nicht nur um den Kontakt zu den jüdischen oder islamischen Religionsgemeinschaften, sondern auch zu den verschiedenen christlichen Gemeinschaften, die alle im Heiligen Land, repräsentiert sind. Auch dieser Austausch, gerade mit der griechisch-orthodoxen Kirche, ist für uns Johanniter von besonderer Bedeutung, da er uns aufzeigt, dass die lateinische Kirche und die Kirchen der Reformation viel ältere, ehrwürdige Geschwister haben. Von ihnen können wir lernen, wie man der Tradition im Glauben und in der Liturgie treu bleiben kann. Ich sehe dieses Heft als ein wichtiges Element, um die Arbeit der Jugend im Orden darzustellen und auch immer weitere aktive Johanniterfrauen und -männer für den Dienst im Orden zu begeistern. Die Reise ins Heilige Land ist ein wesentlicher Baustein der JiO neben den Behindertenfreizeiten und den Einkehrtagungen, um dem Doppelauftrag im 21. Jahrhundert gerecht zu werden. Es freut mich daher außerordentlich, dass wir eine aktive Jugend im Orden haben, die sich für diese Tradition interessiert und diese auch leben will. Die Besinnung auf die Grundlagen unseres christlichen Glaubens, das Bekenntnis zu Gott, dem Vater Jesu Christi, und die aktive Mitarbeit in der Kirche gehören zu den wesentlichen Voraussetzungen einer erfolgreichen Ordensarbeit. Spiritualität und Hospitalität bilden dabei eine einheitliche Grundlage. Mögen alle diesjährigen Reisenden von ihren individuellen Erfahrungen berichten und somit als Multiplikator für den Dienst am Herren Kranken wirken sowie diese individuellen Erfahrungen als Impulse für ihr eigenes Leben erfahren. Hans-Dieter v. Meibom Ordenskanzler 2 JiO Reise 2009 Vorwort Liebe Pilgergemeide, Was war dies für ein Erlebnis: Zum vierten Mal nach der zweiten Intifada ist eine Gruppe von jungen Johannitern ins Heilige Land gepilgert, um sich auf die Suche nach dem Ursprung unseres Glaubens sowie unseres Ordens zu begeben. Für alle Beteiligten war es ein gemeinschaftliches, spirituelles Erlebnis. Es stellte einen weiteren wichtigen Baustein in der Vertiefung unseres Glaubens dar. In Jerusalem wie auch am See Genezareth kann man wahrhaben, wo Jesus gewirkt hat und dadurch einen persönlichen Bezug zu den Texten der Bibel aufbauen. Aber auch der Bezug zu der Geschichte des Johanniterordens im Heiligen Land und seine heutige Stellung in Israel waren wichtige Bausteine dieses Erlebnisses. Der Einsatz für den christlichen Glauben und auch das Wohlergehen der Christen im Heiligen Land, welches auch schon der ursprüngliche Auftrag des Ordens im Heiligen Land war, sind heute genauso aktuell wie bei seiner Gründung noch vor dem ersten Kreuzzug. Dies alles war verbunden mit einem Grundkurs in Geschichte und den vielfältigen kulturellen Facetten des Landes Israel. Der Kontakt zu den verschiedensten christlichen Kirchen sowie zu der jüdischen und der muslimischen Religion im Brennpunkt Jerusalem‘s runden dieses Erlebnis ab. Eine solche Reise kann nicht ohne die tatkräftige Unterstützung von erfahren Israelkennern erreicht werden. Zwei Personen möchte ich ganz besonders herzlich für Ihren Einsatz und dadurch für das Gelingen dieser Reise danken: Frau Pastorin Dr. Petra Heldt und Herrn RR Dr. Jörg Bremer. Gemeinsam haben Sie das Programm der Pilgerreise erstellt und uns als Gruppe durch diese Woche geführt. Beide waren ein wunderbares Team, das sich bestens ergänzt hat. Sie vermochten immer unterschiedliche Facetten eines beliebigen Ereignisses sehr spannend und einander ergänzend darzulegen. Ein Dank geht auch an alle Personen, die uns in Israel empfangen und sich die Zeit genommen haben, ihre Geschichte zu erzählen und sich unseren Fragen zu stellen. Frau Monika Hazboun möchte ich für Ihren Einsatz und Hilfestellung bei der Einsatzplanung vor Ort und der Organisation aller Reisen danken. Abschließend möchte ich mich bei allen beteiligten Pilgern für die wunderbare Woche bedanken, in der alles so reibungslos geklappt hat. Den Austausch unter den Pilger als wesentlichen Bestandteil einer solchen Reise werde ich sehr gerne in bester Erinnerung behalten. Dieses Heft soll Ihnen als Leser einen Eindruck von der Vielfalt des Landes sowie der Möglichkeit des individuellen Erlebens aufzuzeigen und allen Teilnehmern eine schöne Erinnerung darstellen. Ich wünsche allen Lesern viel Freude bei der Lektüre und ich würde mich freuen, wenn möglichst viele sich danach für eine Reise ins Heilige Land begeistern könnten. ER Vincent v. Walcke-Wulffen 3 JiO Reise 2009 Programmübersicht Samstag 24.10.2009 • Ankunft in Tel Aviv und Transfer zum Hotel • 18:00 Einführung in das Thema der Reise (Dr. Jörg Bremer und Pfarrerin Dr. Petra Heldt) • Nachtspaziergang durch die Via Dolorosa zur Anastasis Sonntag 25.10.2009 • 10.30 Uhr Gottesdienst in der Erlöserkirche (unter Mitwirkung des Ordens) • 12.15 Uhr Mittagessen im Restaurant „Bulghurji“ • 13.45 Uhr – 14.45 Uhr St. Josphs Krankenhaus: Gespräch mit der Direktorin, Sr. Monika Dullmann, SJA • 15.00 – 17.45 Uhr Zionstor. Dr. Shimon Gibson führt durch seine archäologischen Ausgrabungen am Zionsberg und erklärt die neuen Forschungsergebnisse über die Entwicklung der Stadt und die Lage von Kaiaphas Haus, der Marienkirche auf dem Zion, die Geschichte von Davids Grab und dem Praetorium. Zurück zum Jaffator. • 18.00 – 19.30 Uhr Besuch der Himmelfahrtkirche; Gespräch mit dem Pfarrerehepaar Ulrike und Michael Wohlrab • 20.00 Uhr Österreichisches Hospiz. Feier aus Anlass des österreichischen Nationaltags. Mo. 26. Oktober • 08.30 Uhr Besuch der christlichen Stätte auf dem Ölberg • 10.30 Uhr Besuch in Abu Ghosh – Johanniterkirche und Benediktinerkloster; Gespräch mit dem Abt Charles Galichet OSB, Ehren-General-Priester des Malteserordens. • Mittagessen in Abu Ghosh • 15.30 Uhr Gespräch mit Propst Dr. Uwe Gräbe • 16.00 UhrFührung durch die Anastasis (Dr. Petra Heldt) • 18.00 Uhr Besuch im Johanniter Hospiz (Dirk und Steffi Klingelhöfer, Leiter des Johanniter Hospizes) • 20.00 Uhr Herr Hans-Christian Rößler, Korrespondent der FAZ: Einschätzung der politischen Entwicklung in Israel 4 JiO Reise 2009 Di. 27. Oktober • 9.00 Uhr Yad Vashem – Führung • 11.30 Uhr Abfahrt nach Bethlehem – Besuch der Geburtskirche • 13.00 Uhr Mittagessen im Restaurant Al Andalus • 13.45 Uhr Abfahrt zum Herodion • 19.00 Uhr Abendessen bei Rechtsanwalt Elias Khoury: Ein Gespräch über Jerusalem Mi. 28. Oktober • 9.00 Uhr Abfahrt nach Jericho, Besuch des Kloster der Versuchung • 13.00 Uhr Weiterfahrt zur Festung Belvoir • 17.00 Uhr Ankunft zur Übernachtung mit Abendessen im PILGERHAUS TABGHA • 20.00 Uhr Gespräch mit Abt Benedikt Do. 29. Oktober • 09.00 Uhr Tagestour zu den christlichen Stätten um und am See Genezareth: Kapernaum, Beit Saida, Kursi, Hazor, Gamla, Berg der Seligpreisungen (mit dem Boot nach Kursi und von dort mit dem Fahrrad– Dr. Jörg Bremer) • 20.00 Uhr Politische Lage in Jerusalem und Rom – Dr. Jörg Bremer Fr. 30. Oktober • 08.00 Uhr Akko und Caesarea • 20.00 Uhr Gespräch über die Christen in Galiläa – Petra Heldt Sa. 31. Oktober • Tagestour nach Obergaliläa und in den Golan: Nazareth, Safed, Mt. Merom, BanyasQuellen (Jesus: „Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“) (Dr. Petra Heldt) So. 1. November • Besuch von Nazareth • Transfer zum Flughafen 5 JiO Reise 2009 Tag 1 – Ankunft und erste Schritte in Jerusalem Moderne Pilger reisen mit dem Flugzeug, aber auch wenn dies deutlich einfacher ist, als vor einigen Jahrhunderten, so ist auch modernes Reisen nicht ohne Tücken und Lufthansa und der Nebel dezimierten unsere Gruppe ab Frankfurt um 4 Personen. Aber auch über Zürich geht es nach Jerusalem und mit Bonusmeilen für die Business Class kann man sich auch auf ausgebuchten Folgefliegern Zugang verschaffen. Oder man kennt über Ecken den Piloten der Abendmaschine, der Platz auf den „Jumpseats“ im Cockpit schafft. Diejenigen, von uns, die in Frankfurt zusammentrafen hatten nur die Hürde des Findens der ja noch weitgehend unbekannten Mitreisenden zu überwinden, was sich mit zunehmender Gruppengröße und analog wachsender Dichte an Wachsjacken und Bootsschuhen leichter gestaltete. Nach der Landung in Tel Aviv folgte vor dem Passieren der Einreisebehörden eine profunde Unterweisung durch Vincent – die Einreise als erste kleine Herausforderung, die aber durchaus zum schnelleren Kennenlernen beitrug. Im Ankunftsbereich erwartete uns Frau Hazboun, die lokale Reiseplanerin, sonnig mildes israelisches Wetter und ein etwas müder Busfahrer, der uns gen Jerusalem fahren sollte. Wie uns Frau Hazboun erklärte, bereisten wir Israel zur touristischen Hochsaison – zumal Israel durch die etwas stabilere politische Lage ein Rekordjahr im Tourismus erlebe – Flüge, Busse und Hotels seien völlig ausgebucht. Auch von letzterem waren wir betroffen und vieren von uns wurde für die ersten Nächte Quartier im Partnerhotel unserer Herberge zugewiesen. Das sympathische Knights Palace war aber für alle von uns ein komfortabler und zentraler Ausgangspunkt für die Erkundung der heiligen Stadt und unsere Vorstellungsrunde. Hier wurde aus unseren beiden Israelexperten Dr. Petra Heldt und Dr. Jörg Bremer „Jörg“ und „Petra“ und unsere Mitpilger bekamen durch Namen, Reisemotivation, Berufe und Wohnorte ein erstes zartes Profil, welches sich schon beim Probieren des schmackhaften israelischen Bieres vertiefte. Nach einer Stärkung am Hotelbüffet, das mit landestypischen Köstlichkeiten wie Humus oder Auberginenpaste aufwartete, begaben wir uns auf unsere erste Tour durch das abendliche Jerusalem. In lockeren Grüppchen schlängelten wir uns über den Basar und staunten fleißig über das unüberblickbare Angebot. Viele Touristen und Pilger waren um diese Uhrzeit nicht mehr auf den Beinen, was ein relative schnelles Durchkommen auf dem Weg vom christlichen, über das muslimische zum jüdischen Viertel ermöglichte. Zwischendurch hielten wir 6 JiO Reise 2009 immer wieder inne und lauschten Erläuterungen und Anekdoten von Jörg und Petra zu Architektur, Kultur und Lebensweise der verschiedenen Bewohner vor Ort. Schnell wurde klar: in dieser Stadt ist kaum ein Stein ohne Bedeutung, aber über diese Bedeutung kann man gepflegt debattieren – was Jörg und Petra auch zur Unterhaltung der Gruppe „gelegentlich“ taten. Außerdem hatte der ein oder andere die Erkenntnis, das ein kurzfristiges Reiseführerstudium nur ein unzureichender Schlüssel zum Verständnis dieser Diskurse sein könnte. angestrahlten Formation des jüdischen Friedhofs. Vom Königstor gingen wir durch die Via Dolorosa die 14 Stationen entlang, mit einem kurzen Halt an der achtem beim Johanniter Hospiz, Ein erstes großes Highlight war das Erreichen der Klagemauer. Vor der großen Menge jüdischer Gläubiger erklärten uns Jörg und Petra geschichtliche als auch theologische und politischen Hintergründe, die zu der augenblicklichen Situation von diesem in helles Scheinwerferlicht getauchten Ort führen. Jeder von uns nutzte die Gelegenheit die Mauer näher zu besichtigen, nach jüdischer Tradition getrennt aber mit gemischten Gefühlen die Damen die südliche und Herren die nördliche Hälfte. Durch das Dungtor verließen wir die Altstadt auf dem Weg zum Königstor und kamen vorbei an vielen Ausgrabungsstellen des Jerusalemer Archäologischen Parks rund um den Tempelberg und gewannen einen ersten Eindruck von der Stadt Davids, dem Garten Gethsemane mit seinen Kirchen, dem Ölberg und auch der faszinierend welches wir noch ausführlicher in der kommenden Woche zu sehen bekommen sollten. Der Weg durch erstaunlich leere Gassen führte uns vorbei an der Erlöserkirche bis schließlich zur Grabeskirche. Nach Mitternacht war eine besondere Stimmung in der Kirche zu spüren, die jedem die Möglichkeit gab auf seine persönliche Weise auf Entdeckungsreise an der Stelle zu gehen, wo Jesus Christ wahrscheinlich seinen letzten Stunden verbrachte. Wir waren tief beeindruckt vom Geist dieses Ortes und den gleichzeitig hier versammelten unterschiedlichen christlichen Glaubensrichtungen. Nach diesem intensiven ersten Abend kehrten wir mit vielen neuen Gedanken zur wohlverdienten Nachtruhe in unsere Herbergen zurück. Christine Trotha, Alexander Sassenberg 7 JiO Reise 2009 Tag 2 – Jerusalem und Tanz 3 Uhr morgens. Pilgerbruder Martin Rothfuchs kommt an, legt sich in sein Bett und schnarcht leise, überglücklich dem Nebel in Deutschland entkommen zu sein. 6.30 Uhr. Es ist hell und wir haben uns verabredet vor dem Frühstück den Tempelberg anzusehen. Wir treffen uns vor unserem Hotel, dem Knights Palace. Der Morgen ist warm und die Luft schmeckt ganz anders als in Frankfurt: Wonach? Ich habe keine Ahnung, jedenfalls nach Vorfreude und, ich bilde mir ein, nach Orient, vielleicht ein wenig nach Kardamon. Auf den durch Jahrhunderte langes Begehen abgeschliffenen Steinplatten laufen wir durch die engen Gassen von Jerusalem. Die kleinen Läden mit den Paschminaschals, Kreuzen aller Größen und Geschmäcker, mit Anhängern und Ketten schlafen noch, ihre Eisentüren sind wohl verschlossen. Irgendwie gelangen wir durch das Gassengewirr zum Einlaß des Tempelbergs. Zwei gelangweilte Israelische Soldaten lassen uns nach kurzem Warten durch den Metalldetektor passieren. Vor uns öffnet sich der große Platz mit der weltberühmten Klagemauer, der Westmauer des zweiten Tempels. Hier stand einst, wie Jörg berichtet hatte, das marokkanische Viertel. Teddy Kollek, Jerusalems bekannter Bürgermeister, ließ es abräumen, damit die Klagemauer besser zugänglich ist. Die Schlange an Menschen vor der Rampe, die hoch zum Tempelberg führt, war bereits mehr als hundert Meter lang. Die Sonne mittlerweile gleißend. Nach einigem Warten hörten wir, dass der Tempelberg geschlossen sei. Es gebe Unruhen oben. Palästinenser hatten eine Patrouille israelischer Soldaten mit Steinen und einem Brandsatz beworfen – wohl aus Ärger, weil von jüdischer Seite immer wieder Ansprüche auf den Tempelberg erhoben werden und Muslime an der Wallfahrt dorthin gehindert worden sein sollen. Die israelische Patrouille antwortete mit Blendgranaten und Festnahmen auf die Steinewerfer. Wir zogen enttäuscht zur Klagemauer. Die orthodoxen Juden mit den lustigen großen Fellmützen waren nicht zugegen wie am Abend zuvor. Dennoch waren auch jetzt schon viele Betende da. Was für ein Ort. Er machte mich Stauen, nachdenklich und andächtig. Aber weiter. Wir beschlossen zur St. Anna Kirche auf der Via Dolorosa zu gehen. Der direkte Weg dorthin war uns allerdings abgeschnitten, da wegen der Auseinandersetzung auf dem Tempelberg eine Gasse in der Altstadt gesperrt war. Über die Via Dolorosa gelangten wir nahe zu Sankt Anna, als wir vor uns plötzlich eine Straßensperre auftauchte und Polizisten mit schwarzen Helmen und schwarzem gepanzertem Anzug – 8 JiO Reise 2009 moderne Ritter – in ihre Richtung flog von irgendwoher eine Flasche und ein Stein. Wir wagten uns nach anfänglichem Zögern dennoch vor. Die Polizisten an der Sperre ließen uns passieren, die Palästinenserinnen, die die Polizisten anschrien auch. In großen Innenhof von St. Anna war es still. Der wunderschöne Garten lag in der Morgensonne. Wir betraten die Kirche, sangen einen Kanon. Anschließend blickten ehrfurchtsvoll runter in die leeren Bethesda Teiche. Nach dem morgendlichen Ausflug versammelten wir uns alle vor der Erlöserkirche unweit der Grabeskirche. Mit einem großen Kruzifix vorneweg zogen wir in die Kirche ein. Petra hielt eine berührende Predigt über das Miteinander in der Ehe und über Trennung. In dem Gebäude der Erlöserkirche besuchten wir noch eine Kapelle, die auch den Johannitern heute zur Andacht dient. Bei strahlender Sonne marschierten wir zu einem nahen armenischen Restaurant. Kaltes Wasser, Brot mit Humus, eingelegtes Gemüse, viele kleine Leckereien verschwanden schnell. Mit schnellem Schritt eilten wir aus der Altstadt heraus zum Josephs Krankenhaus. Auch auf diesem kurzen Weg brannte die Sonne und wir waren dankbar für den erfrischenden Saft im Krankenhaus. Schwester Monika berichtete uns anrührend über ihre Arbeit mit todkranken Menschen aller Religionen, bei denen die sonst unüberwindlichen Grenzen zwischen den konfessionellen Gruppen aufgehoben sind. Schwester Monika, das zeigten ihre Erzählungen, über die Menschen in ihrem Krankenhaus, war nicht nur mit Leidenschaft bei der Pflege sondern auch mit Humor. Sie erzählte von einer Nonne, die beim Nießen am Fenster ihr Gebiss verlor. Es purzelte auf die unter dem Fenster befindliche Straße. Diese war damals, als die Altstadt noch palästinensisches Gebiet war Niemandsland. Um beim Bergen des Gebisses nicht erschossen zu werden, wurde ein kurzfristiger Frieden ausgehandelt. Nach diesem beeindruckenden Gespräch führte uns der englische Archäologe Shimon Gibson in die biblische sowie die byzantinische Zeit, zeigte uns seine 9 JiO Reise 2009 Ausgrabungen vor den Mauern der Altstadt. Er hatte die Gabe über den Sand und die Steine zu unseren Füßen mit solcher Hingabe und Kenntnisreichtum zu sprechen, dass es ganz still war. Wir lachten über seine Geschichten: Früher gab es in Jerusalem kein frisches Wasser aus der Leitung, da sich Trinkwasser und Abwasser im Leitungssystem trafen. Die englischen Archäologen Anfang des letzten Jahrhunderts behalfen sich daher und tranken Bier. Die leeren Bierflaschen, so Shimon, finde er ab und zu in den Grabungsgängen, die seine Vorgänger aushoben. Am Ende seiner Führung entlang der Stadtmauer kam es zu einem wunderbaren Streitgespräch zwischen ihm und Petras Mann, darüber wo über Jesus Gericht gehalten wurde und die Via Dolorosa wirklich verlief. Mit dem Bus gelangten wir zur Himmelfahrtskirche, vor der einen steinerne Reichsadler grüßen. Innen wie außen ist sie ein imposanter gleichwohl ein wenig manierierter und trutziger Bau. Pfarrer Wohlrab berichtete uns sehr kenntnisreich über ihre Geschichte sowie darüber, dass die Kirche mit ihrem Gelände benachbart auf der einen Seite zu einer jüdischen Siedlung und auf der anderen Seite zu einem armen palästinensischen Wohnviertel geradezu ein Symbol der Wehrlosigkeit der christlichen Kirche sei. österreichischen Hospiz. Ein Kontrapunkt vielleicht zu dem zuvor erlebten und gerade deswegen umso beeindruckender. Wir schauten ein Glas österreichischen Wein in der Hand unter Palmen stehend auf die nächtliche Via Dolorosa oder blickten gebannt mit einem kühlen Taibeh versorgt von der Dachterasse des Pilgerhospizes auf die erleuchtete Kuppel des Felsendoms. Diese Nacht war einfach märchenhaft. Die Militärkapelle aus der Steiermark, die hier unerwartet Live Musik machte, trug zu dem Gefühl bei, daß sei alles unwirklich hier in Jerusalem. Nur Ein Tag – so angefüllt wie eine ganze Woche! Benedict von Saint Andre, Friedrich von Massow Dieser Tag war noch nicht zu Ende – nein. Er endete mit Walzer und Friesenrock im 10 JiO Reise 2009 Tag 3 – Abu Gosh und die Anastasis Wittigos Geburtstag zog sich wie ein roter Faden durch diesen Montag, der durch ein Geburtstagsständchen eingeleitet/-läutet wurde. Nach dem Frühstück ging es mit dem Bus auf den Ölberg, wo wir uns im Stau und zwischen dutzenden anderen Reisebussen und hunderten von Touristen wiederfanden. Wir genossen den unverbauten Blick vom Ölberg auf den Tempelberg und die Altstadt, bevor wir uns an den Abstieg machten. Fast zufällig verließen wir den mit Touristen gefüllten Fahrweg, um abseits Petras und Jörgs Ausführungen in Ruhe lauschen zu können; wir kamen neben dem Eingang zur Höhle der Gräber der Propheten im Schatten zum Stehen. Petra und Jörg erzählten, dass diese Höhle bisher immer verschlossen war, wenn sie dort gewesen waren – und dass auch der Schlüssel, entgegen der Ankündigungen auf einer Tafel, nicht zugänglich sei. Just da näherte sich ein Mönch dem Eingang zur Höhle und somit unserer Gruppe, der einen großen Schlüsselbund und eine professionelle Taschenlampe bei sich trug – und der den Eingang zur Höhle öffnete und uns einließ! Wie sich herausstellte, war es ein französischer Mönch, der vom nahe gelegenen russischen Kloster kam. Im Hauptraum der Höhle stehend erklärte er uns auf Englisch, dass in den Gräbern die Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi (6.-5. Jh. v. Chr.) ruhen sollen. Im kleinen, älteren Teil der Höhle befinden sich jüdische Gräber, in denen nur jeweils ein Körper bestattet wurde. Im neueren, christlichen Teil wurden in einem Grab jeweils drei Leichen in drei Lagen begraben, die mithilfe von Steinplatten getrennt wurden. Dann verteilte er Kerzen an uns, mithilfe derer wir die stockdunkle Höhle erkunden konnten: Sie besteht aus einer Rotunde, in welche die Zugangstreppe mündet und in die somit Tageslicht fällt. Daran schließen sich zwei halbrunde Galerien an, in denen sich die Gräber (Schiebestollen) befinden, die z.T. mit alten, in den Fels geritzten Inschriften versehen sind. An einem Grab ließen sich die drei Lagen erkennen. Es war spannend, sich mit Hilfe der Kerzen voran zu tasten in der völligen Finsternis. Welch Geschenk, dass sich der Zugang zu diesen Gräbern für uns ergeben hat. Zurück im Sonnenlicht ging es weiter den Ölberg herab, zwischen Olivenhainen und 11 JiO Reise 2009 jüdischem Friedhof, vorbei am Garten Getsemani, alten Grabanlagen, der Franziskanerkapelle Dominus Flevit, der russischen Maria-Magdalenen-Kirche bis hinunter zu all den wartenden Reisebussen… Mit unserem Bus ging es nun nach Westen Richtung Abu Gosh. Hier befindet sich eine Quelle, die mehrfach in der Bibel erwähnt wird und die sich an einem alten Weg von der Küste nach Jerusalem befand. auf französisch gehaltenen Messe teilnehmen und das Abendmahl mit den Ordensbrüdern und -schwestern und den Besuchern gemeinsam feiern, ein wunderbares Zeichen und eine überzeugende Erfahrung für gelebte Ökumene, die sich durch unsere gesamte Reisezeit hindurch zog. Es wird angenommen, dass Jesus hier mit den Emmausjüngern nach der Auferstehung das gemeinsame Mahl eingenommen haben soll. An dieser Stelle errichteten die Kreuzfahrer eine dreischiffige Kirche, die zu den besterhaltenen Kreuzfahrerkirchen im Heiligen Land zählt: Es handelt sich um eine Basilika im romanischen Stil (12. Jh.) mit bis zu 4 m dicken Außenmauern, die auf dem Gelände des einstigen römischen Kastells der X. Legion Fretensis errichtet wurde (siehe Inschrift neben Kirchenportal). Im Hauptschiff konnten wir byzantinische Fresken bewundern; in der Krypta entspringt die oben erwähnte Quelle, die noch heute fließt und die Gärten bewässert. Doch neben all diesen baulichen und historischen Aspekten, waren es Schwester Marie Madeleine und der Benediktinerorden, die uns beeindruckten: Wir wurden mit einer wunderbaren Offenheit empfangen und durften an der Anschließend genossen einige von uns eine stärkenden, frisch gepressten Granatapfelsaft, bevor es im Bus zurück nach Jerusalem ging. Dort haben wir in verschiedenen Gruppen zu Mittag gegessen; und mehrere von uns haben den von Jörg empfohlenen Stoffladen aufgesucht, der Stoffe und Tücher wie aus 1001 Nacht verkauft und damit sowohl weibliche als auch männliche Teilnehmer unserer Gruppe in seinen Bann zog. Und als der Besitzer des Landes uns als „Jörg’s friends„ identifizierte, wurden Schals und Stoffe heraus gezaubert, die wir dann für „Jörg’s friends Preise“ erwerben konnten. Das wurde stark genutzt. Die gezeigten Brokatstoffe waren zum Teil traumhaft Dann ging es im Laufschritt weiter zur „Anastasis“, der Grabeskirche. 12 JiO Reise 2009 Hier durften wir mit Petra eine exklusive Führung erleben. Petra zeigte uns die Stellen in der Grabeskirche, die für sie einen besonderen Stellenwert haben. Diese persönliche und gezielte Führung war für uns alle hochinteressant. (Die Details aus dem Reiseführer möchten wir hier allen ersparen.) bevor Herr Rössler zu uns stieß, der seit Februar 2009 die Nachfolge als FAZKorrespondenz in Jerusalem angetreten hat. Er berichtete über seine Einschätzung der politischen Lage in Israel und die weitere Entwicklung. Dabei wurde noch einmal deutlich, wie gespannt das politische Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern ist. Nach der Rückkehr ins Hotel versammelten wir uns im Innenhof zum gemütlichen Geburtstagsumtrunk anlässlich Wittigos 50. Geburtstag; einziges Handicap waren hier die frühe Zeit des „last call“ und die anschließend tatsächlich verschlossene Bar. Petra erzählte so spannend, dass wir über die Führung die Zeit vergaßen und mit Verspätung zum Johanniterhospiz eilten. Im Johanniter Hospiz empfingen uns das Ehepaar Klingelhöfer, das uns nach köstlicher Bewirtung mit Spätzle über die Arbeit im Johanniter Hospiz informierte und bereitwillig alle unsere Fragen beantwortete, Danach selbstständiges verbunden mit Nachtruhe ☺ Heide Neitzel Zubettgehen Schulze-Gattermann, Christian 13 JiO Reise 2009 Tag 4 - Yad Vashem, Betlehem und Herodion Nach unserem all morgendlichen Frühstück im Hotel Knights Palace brachen wir am vierten Tag unserer Reise zu unserem Besuch von Yad Vashem auf. Die Abfahrt war um 8.20h mit unserem Reisebus von der Bushaltestelle an der Ha`Emeq. Zur Einstimmung auf unser Ziel gab uns Vincent vorab einige Infos im Bus. Bei unserer Fahrt schlängelte sich unser Bus im Berufsverkehr durch die israelischen Außenbezirke von Jerusalem und wir erreichten um 8.40h unser Ziel. Nach unserem Eintreffen in Yad Vashem standen wir vor einem modernen Komplex von Museumsarchitektur. Auch an diesem Morgen war es sommerlich warm und die kleine Verspätung unserer Museumsführung gab uns Gelegenheit, uns mit Trinkbarem (zu dieser Stunde natürlich noch kein GinTonic) zu versorgen und das Diorama der Gedenkstätte anzusehen. Wir hatten ja alle bereits von Yad Vashem gehört oder gelesen, aber die herausragende Stellung diesen für das jüdische Volk so bedeutsamen Ortes, lässt sich für einen Nichtjuden wohl kaum ermessen. Viele von uns kennen bereits Museen und Gedenkstätten wir z.B. Dachau, aber bereits in der ausdrucksstarken Architektur wird die tief im Nationalbewusstsein verwurzelte Bedeutung des Holocaust betont. Doch bevor ich mit meinem Bericht fortfahre, noch einige Details zu Yad Vahem: Yad Vashem, die staatliche Gedenkstätte der Märtyrer und Widerstandskämpfer des Holocaust, wurde am 19.08.1953 durch den Beschluss des israelischen Parlaments, der Knesset, gegründet. Der Name leitet sich aus Jesaia 56,5 ab: „Ihnen allen errichte ich in meinem Haus und in meinen Mauern ein Denkmal, ich gebe ihnen einen Namen, der mehr wert ist als Söhne und Töchter. Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, der niemals getilgt wird." Die Stätte hat als Aufgabe, der sechs Millionen jüdischer Männer, Frauen und Kinder zu gedenken, die von den Nationalsozialisten und ihren Kollaborateuren zwischen 1933 und 1945 ermordet wurden. Sie erinnert darüber hinaus aber auch an die Tapferkeit, Mut und Standhaftigkeit der jüdischen Partisanen und Kämpfer in den Ghettoaufständen sowie an die Taten der „Gerechten unter den Völkern", die das Leben von Juden gerettet haben. Yad Vashem hat darüber hinaus die Aufgabe, die Erinnerung an den Holocaust und seine Lehren für künftige Generationen wach zu halten und zu wahren. Unsere Führung begannen wir an der „Allee der Gerechten unter den Völkern". Dieser von Bäumen gesäumte Weg wurde zu Ehren von nichtjüdischen Männern und Frauen angelegt, die unter Gefährdung ihres eigenen Lebens versucht haben, Juden vor den Verfolgungen im Holocaust zu retten. Ihre Namen und Herkunftsländer sind auf Tafeln neben den Bäumen vermerkt. 14 JiO Reise 2009 Beispiele hierfür sind Oskar Schindler, Chiune Sugihara, Berthold Beitz oder Giorgo Perlasca, insgesamt ca 16.000 Menschen. Das Projekt wurde 1963 begonnen. Weiter gingen wir zur „Halle der Erinnerungen" mit der Gedenkflamme für die Opfer des Holocaust. Diese Flamme ist in Form eines zerbrochenen Bronzekelchs ausgeführt und steht in der Mitte der Halle. Davor befindet sich eine Steinplatte, unter der die Asche aus den Konzentrationslagern begraben ist. In der Halle sind die Namen der 21 größten Konzentrationslager in den Boden eingraviert, die exemplarisch für alle Orte der Vernichtung stehen. Hinter der „Halle der Erinnerungen" traten wir vor das „Denkmal für die Kinder", welches an die 1,5 Millionen von den Nationalsozialisten ermordeten Kinder und Wehrlose gedenkt. Die vom Architekten Moshe Safdie errichteten gebrochenen „Lebenssäulen" sind mit den Namen und Bildern von ermordeten Kindern versehen. Im Anschluss erreichten wir das Museum zur Geschichte des Holocaust. Das Museum dokumentiert in neun Galerien die Geschichte der Judenverfolgung. Anhand von Videoinstallationen, Fotografien, Exponaten, Dokumenten und Kunstwerken wird der Völkermord an den europäischen Juden eindrücklich dargestellt. Die Ausstellung ist chronologisch geordnet und beginnt beim jüdischen Leben in Europa vor dem Holocaust, geht dann über dem aufkommenden Nationalsozialismus in Deutschland (wie z.B. Die Bücherverbrennung , Reichskristallnacht), den Antisemitismus in Europa (beginnend im Mittelalter bis in die Mitte des 19.Jahrhunderts), Judenverfolgung und diskriminierung in Deutschland (z.B. durch Rassenkunde, Rassentrennungsmaßnahmen, Beschlagnahme von Vermögen, etc.), dem Zweiten Weltkrieg und die Zerstörung jüdischen Lebens in Polen, die Ghettos (u.a. Mit einem Nachbau der Hauptstraße des Warschauer Ghettos) bis zur Vernichtung in den Konzentrationslagern. Hieran schließen sich der Widerstand und die Todesmärsche an. Die Ausstellung endet mit der Situation der Überlebenden, ihrer Suche nach Angehörigen, dem Leben in den Camps der displaced persons (DPCamps) und der Auswanderung nach Israel oder in andere Länder. Den Abschluss bildete eine Rotunde, die Halle der Namen, mit 3,3 Millionen Namen und Bildern von Überlebenden. Das Museum wurde ebenfalls von dem Architekten Moshe Safdie gebaut und im März 2005 eröffnet. Am Ende unseres Rundganges sah ich in stille Gesichter, Sprachlosigkeit, und spürte bewegte Herzen über die Darstellung der Gräuel, das Leid und das Elend der Menschen, denen dies Museum gewidmet ist. 15 JiO Reise 2009 Aber uns blieb keine Zeit, lange in unseren Gedanken zu verweilen, denn es war bereits spät und Vincent erinnerte uns zu Recht an die Einhaltung unseres Zeitplanes. Unsere Reise musste ja schließlich weiter gehen, aller Nachdenklichkeit und Betroffenheit zum Trotz. Wir wollten ja nach Bethlehem. Also ab in den Bus und weiter ging´s um kurz nach 12.00h durch den Mittagsverkehr und in Richtung Bethlehem. Zuvor müssten wir jedoch eine Mauer überwinden. Die Mauer, die Israel von den palästinensischen Gebieten trennt ist ein gewaltiges Bauwerk, so als hätten dafür die Burgen der Kreuzfahrer Pate gestanden. Irgendwie fühlt man sich an Berlin vor 1989 erinnert. War schon ein eigenartiges Gefühl, so eine innerdeutsche Mauer mitten in Israel zu finden. Doch es ging am Checkpoint recht schnell hindurch und weiter ging´s zur Stadt Davids, die sich am Rande der Judäischen Wüste an einen Berghang schmiegt. Zu Kreuzfahrerzeiten war Bethlehem ein bedeutender Wallfahrtsort mit einer stattlichen Einwohnerzahl, doch danach sank die Bevölkerung immer weiter ab, bis nach dem Krieg 1948 Tausende von palästinensischen Flüchtlingen dort eine neue Heimat fanden. Seit 1995 steht Bethlehem unter palästinensischer Verwaltung, die ein Programm für wirtschaftlichen Aufschwung und Tourismus lanciert hat. An unserem Ziel angekommen, begaben wir uns schnurstracks zur Geburtskirche aus römisch-byzantinischer Zeit. Schon 326 ließ Kaiser Konstantin hier eine Kirche bauen, die Kaiser Justinian 530 erneuerte. Die Kreuzfahrer gestalteten das Innere der Kirche neu und die Osmanen statten die Kirche später mit Marmor aus. 1852 wurde die Kirche unter gemeinsame Obhut der römisch-katholischen, armenischen und griechisch-orthodoxen Kirche gestellt. Nachdem wir durch den von den Osmanen verkleinerten Eingang in das Innere der Kirche gelangten, erhielten wir von „Onkel Jörg" sogleich eine umfassende Führung über die bemalten Säulen, die Mosaikböden aus dem 4. Jahrhundert und die Wandmosaiken aus dem 11. Jahrhundert. Unterhalb der Hauptkirche befindet sich die Geburtsgrotte, das Herzstück der Kirche. Leider war die Grotte so überfüllt, so dass ein Besuch nicht möglich war. Durch einen seitlichen Durchgang kamen wir in das angrenzende Katharinenkloster mit der Katharinenkirche der Franziskaner, in der der Heilige Hieronymus (um 342 420) die vielen verschiedenen Bibeltexte die kursierten zusammenfasste und eine neue Version der Bibel, die Vulgata, vom griechischen ins Lateinische übersetzte und vollendete. Von Petra erfuhren wir vom Leben des Heiligen und auch von der Besetzung der Kirche durch palästinensische Extremisten und deren 39-tägige Belagerung durch die Israelis. Auch erklärte uns Petra, dass sich das Bevölkerungsverhältnis sehr stark verändert hat. Früher lebten in Bethlehem 80% Christen und 20% Moslems, heute ist das Verhältnis 5% Christen zu 95% Moslems. Von der Katharinenkirche aus haben wir die Grotte (das Arbeitszimmer) des Heiligen Hieronymus besichtigt. Anschließend hatten wir auf dem Weg zum Mittagstisch noch ausgiebig Gelegenheit, in den zahlreichen Souvenirläden das ein oder andere 16 JiO Reise 2009 Reiseandenken zu erstehen oder uns an köstlichem, gepresstem Fruchtsäften zu laben. Zum Mittag erfreuten wir uns an den landesüblichen Köstlichkeiten und nutzten die Zeit für engagierte Diskussionen über den ereignisreichen Vormittag. II. Herodion Herodion, eine Festungsund Palastanlage, im heutigen Westjordanland, ist von Herodes dem Großen (74-4 v. Chr.) in der Zeit 24-12 v. Chr. errichtet worden. Danach ging es weiter zu unserer nächsten Etappe, zum Palast von Herodes dem Grossen, Herodion, aber ........... Das ist eine andere Geschichte. Herodes I. • • • • • • • Auf der Fahrt zum Herodion wurden wir über die verschiedenen "Herodese" aufgeklärt: Herodes der Große (Herodes I.) (ca. 73 v. Chr. - 4 v. Chr.), Erbauer des herodianischen Tempels in Jerusalem, das Matthäusevangelium schreibt ihm den Kindermord in Bethlehem zu Herodes Archelaus (23 v. Chr - ca. 18 n. Chr), Ethnarch von Samaria, Judäa und Idumäa Herodes Boethos (* ca. 22 v. Chr.), erster Ehemann der Herodias, Vater von Salome Herodes Antipas (20 v. Chr. - ca. 40 n. Chr.), Tetrarch in Galiläa und Peräa, im Neuen Testament lässt er Johannes den Täufer hinrichten und spielt eine Rolle im Prozess Jesu Herodes Philippos (ca. 20 v. Chr. 34 n. Chr.), Tetrarch in Ituräa und Trachontis Herodes Agrippa I. (ca. 10 v. Chr. 44 n. Chr.), König von Judäa; erscheint in der Apostelgeschichte als König Herodes Herodes von Chalkis (ca. 12 - 48 n. Chr.), Tetrarch von Chalkis Herodes erhöhte eigens den vorhandenen Berg um ein Drittel, um die umgebenden Anhöhen zu überragen. Von Jerusalem ist der Berg zu sehen. Er bietet Ausblick bis nach Bethlehem. Wesentliche Gebäude sind die Zitadelle auf dem Plateau sowie das Mausoleum. Am Fuß errichtete Herodes einen weiteren Palast mit zahlreichen Gebäuden, Ställen und Lagerräumen. Hervorzuheben ist ein künstliches Wasserbassin mit Insel, das vermutlich für erfrischende Badevergnügen und Wasserspiele genutzt wurde. Das Wasser dazu wurde durch einen Kanal aus Jerusalem herangeführt. Zweck des Gebäudes war wahrscheinlich strategischer Natur (Lage, Höhe) sowie Sicherheit für Herodes, der offenbar unter Verfolgungswahn litt. Nach historischen 17 JiO Reise 2009 Quellen (Flavius) ist Herodes an dieser Stelle auf der Flucht von den angreifenden Parthern eingeholt und konnte sie trotz Überzahl schlagen. III. Bundesregierung zahlt 5 Lehrer. Talitha Kumi Talitha Kumi ist eine Mädchenschule, die älteste Privatschule in der Westbank mit einem deutschen Direktor. Verwaltung und Kinder sind überwiegend christlich. Mit umfasst ist ein Kindergarten sowie ein Internat für Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen. Insgesamt sind dort etwa 800 Kinder untergebracht. Bis zum Abitur können die Mädchen die Schule besuchen. Unterrichtssprache ist deutsch, arabisch und englisch. Die Kinder stammen aus Jerusalem und den Dörfern aus der Umgebung. Die Schule wird finanziert von Spenden, Schulgeld (es gibt auch Stipendien, etwa 3 vom Land BadenWürttemberg), dem Träger in Kaiserswerth und eigener Erwirtschaftung (Olivenöl; Hotel, Tagungsraum). Die IV. Gespräch über Jerusalem mit RA Elias Khoury Abends waren wir privat zu Gast bei dem Palästinenser Elias Khoury. Wir sprachen über die Rolle des Rechts im Konflikt Israel Palästina. Der Konflikt sei politischer, nicht rechtlicher Natur. Das israelische Recht sei teilweise dazu geschaffen, israelische Staatsziele zu verwirklichen. Dies präge die Auslegung des Rechts in Fällen, in denen es auch gegen israelische Interessen ginge. Wir sprachen über den Status der besetzten Gebiete. Diese seien nicht annektiert worden, denn dann hätte es eine Entschädigung für Enteignung gewesen. Wir sprachen über den Oslo-Prozesse und über die Siedlungspolitik. Diese wären nach geltendem Recht legal, wenn sie vorübergehend und zu militärischen Zwecken errichtet sind. Dirk Schwalm, Martin Rothfuchs 18 JiO Reise 2009 Tag 5 – Jericho, Kloster der Versuchung und Festung Belvoir 7.00 Uhr Aufbruch zum Tempelberg, Klappe die zweite: nachdem der Versuch am Montag aufgrund von Unruhen fehlgeschlagen ist, waren wir nun erfolgreich. Wir hatten ca. 1,5 Stunden Zeit uns das großzügige Gelände mit Felsendom, Goldenem Tor und Al Aqsa Moschee anzuschauen. 9.00 Uhr Abfahrt vom Jaffator. Wir verließen Jerusalem gen Osten und fuhren die verträumte Straße nach Jericho. Nach einem letzten Blick auf die Erlöserkirche, gelangten wir schnell in Wüstengelände, passierten sesshafte Beduinen und einen Checkpoint am Straßenrand. Vorbei am Ort, wo die Geschichte des barmherzigen Samariters geschehen sein soll und am vermeintlichen Grab von Moses. Nachdem wir Jerusalem auf einem Niveau von 800 Metern ü.NN verlassen hatten, befanden wir uns mit Blick auf das Tote Meer bei 400 Metern unter NN. Durch die Oase Jericho, die für viele die älteste, heißeste und fruchtbarste Stadt der Welt ist, führte uns unser Weg „hinauf“ zum Kloster der Versuchung. Nach einem kurzen, aber anstrengenden und steilen Aufstieg in der Mittagshitze standen wir nur kurz vor verschlossener Tür. Petra hatte bereits erfolgreich alles in die Wege geleitet, um uns einen Besuch des griechisch-orthodoxen Klosters der Versuchung zu ermöglichen. Dieses befindet sich an der Spitze des Berges der Versuchung. Hier hat Jesus 40 Tage und 40 Nächte gefastet und wurde vom Teufel in Versuchung geführt (Matthäus IV, 1-11). Auf dem Abstieg blieb uns ein wenig Zeit, um uns Antioxidantien in Form von Granatapfelsaft zuzuführen. 12.00 Uhr Markt in Jericho. Wir legten eine kleine Zwischenrast ein und versorgten uns kiloweise mit frischem Obst und heißem Brot für ein Picknick im Bus. Während der Fahrt entlang des Jordans zur Kreuzfahrerfestung Belvoir kamen wir an dem Ort vorbei, an dem Jesus von Johannes getauft wurde. Außerdem passierten wir die Burg, auf der Salome die Stieftochter des Herodes getanzt hatte, nachdem man ihr den Kopf des Johannes brachte. 19 JiO Reise 2009 14.00 Uhr Ankunft in Belvoir. Belvoir ist eine Kreuzfahrerfestung aus dem 12 Jhd., die imposanten Ruinen vermitteln noch heute eindrucksvoll ihre damalige Stärke. Im Jahre 1168 ging die Anlage an den Johanniterorden über, der aus ihr eine der mächtigsten Burgen des Heiligen Landes machte. Nach der Niederlage des christlichen Heeres in der Schlacht bei Hattin 1187 hielt die Besatzung von Belvoir noch einer 18 Monate währenden Belagerung durch die Truppen Saladins stand. 1189 übergaben die Kreuzfahrer die Burg kampflos an die Muslime und erhielten im Gegenzug freien Abzug. Zum Abschluss genoßen wir noch einmal den traumhaften Blick über das Jordantal nach Syrien und zum See Genezareth. 16 Uhr Ankunft im Pilgerhaus Tabgha. Wir hatten Zeit uns ein erstes Mal im See zu erfrischen. Und nach einem gemütlichen Abend mit GinTonic auf der traumhaften Terrasse direkt am See, ließen wir den Tag mit einem Vortrag von Jörg über die Geschichte des Johanniterordens ausklingen. Kristina v. Hahn, Leonie Nagel 20 JiO Reise 2009 Tag 6 – Israel mit dem Rad, Regen, Kapernaum und Bethsaida Donnerstag war der erste Tag ohne Sonnenschein. Es war bedeckt, als wir mit dem Bus von Tabgha um den See Genezareth bis nach Ginosar fuhren. Dort stiegen wir auf ein Holzboot – eine Kopie von Booten aus der Zeit Jesu. 1986 fanden zwei Männer auf Grund des niedrigen Wasserspiegels des See Genezareths ein Boot aus der Zeit Jesu im Morast in der Nachbarschaft. Das „JesusBoot“ aus Zedernplanken und Eichenrahmen mit Ruder und einem viereckigen Segel wurde nachgebaut. Das Netz sollte nach links ausgeworfen werden. Das Boot stamme aus der Zeit zwischen 100 v. Chr. Bis 70 n. Christus und befindet sich heute im Museum YigalAlion. Wir müssen uns ein großes Boot vorstellen, wenn wir an die Fischereiflotte von vor 2000 Jahren denken. Das 1986 gefundene Boot habe folgende Maße: 8,2 m lang, 2,3 m breit und 1,2 m tief. dort kamen einige Jünger von Jesus – die Apostel Petrus, Andreas und Philippus waren dort geboren. In den 80ern des 20. Jahrhunderts fand man die Ruinen des antiken Ortes auf dem Hügel Et-Tel. Die ersten Ausgrabungen zeigten, dass der Ort in der frühen Bronzezeit, Eiszeit und der hellenistisch-römischen Zeit besiedelt war. Wir genossen die Aussicht auf Landschaft und Bauten vom Boot aus – am Ufer direkt können Passagiere nicht entlanglaufen. Dennoch muss die Uferpromenade für alle erreichbar sein, da sich dort Taufstellen und Andachtsplätze befinden. Der Donnerstag ist der Tag der Fortbewegung: Nach unserer Bootsfahrt fuhren wir mit dem Bus nach Ramot. Dort stiegen wir auf Mountainbikes und erkundeten ein Naturschutzgebiet. Wir fuhren auf dem See Genezareth in Richtung Kapernaum. Vom Boot aus konnten wir einige Bauten sehen, darunter das Frauenkloster, unser Pilgerhaus in Tabgha, Kapernaum, das sich im Bau befindliche Katholisches Pilgerzentrum, für das der Papst 2008 den Grundstein legte, sowie Bethsaida. Von Zunächst ging es an einer langen Straße steil berg ab, bis wir in die grüne Oase abbiegen konnten. Entlang an Bäumen und Sträuchern ging es über Stock und Stein. Was für die israelischen Bauern Gottes Segen war, wurde uns ein wenig zum Verhängnis: Es begann zu schütten und hörte auch so schnell nicht wieder auf. Das hielt uns trotzdem nicht davon ab, weiterzufahren, an Pampelmusenplantagen die Früchte vom Baum zu pflücken und zu essen und weiter durch Pfützen und Matsch zu fahren. Auch als feststand, dass wir unsere geplante dreistündige Tour nicht fortführen können, begannen einige den Regentanz aufzuführen – die Stimmung 21 JiO Reise 2009 war trotz des miesen Wetters gut. Zurück in unserem Pilgerhaus Tabgha beschlossen wir, am Nachmittag nach Kapernaum zu spazieren, um den Ort zu besichtigen. Auf dem Weg kamen wir an dem Franziskaner Kloster von Tabgha vorbei. Tabgha liegt auf einem kleinen Hügel und war ein Ort der Predigt. Tabgha hat eine besondere Bedeutung: es wird von den 7 Quellen gesprochen / 7 Tabgha und ist dadurch eine der spirituellsten Stellen im Heiligen Land. Für die Benediktiner ist es der Ort der Brotvermehrung; für die Franziskaner bedeutet es der Ort, an dem Jesus Petrus gesagt hätte: „auf diesem Berg [Land / Volk] möchte ich meine Kirche bauen“. Wenige Gehminuten von Tabgha entfernt, liegt Kapernaum am Ufer vom See Genezareth. Der Name Kapernaum stammt aus „Kfar Nahum“ (Nahums Dorf) und war eine bedeutende Bildungsstadt. Zur Zeit Jesus war diese Stadt von den Römern besetzt und bildete die Grenze zwischen den Reichen von Herodes Antipas und Herodes Philipus. In dieser Stadt lag eine große Synagoge mit weißen Steinen. Jesus kam nach Kapernaum; kaum war er in der Stadt eingetroffen, wurde er von einem Römischen Soldat – sehr wahrscheinlich auf Latein – angesprochen und um Heilung gebeten. Das war ein Zeichen der Ausbildung Jesus, der womöglich neben Latein und Aramäisch noch Hebräisch und Griechisch sprach. Außerhalb der Synagoge lagen viele Häuser; unter anderem wohnten die Eltern von Petrus dort. Zur frühsten Zeit des Christentums bildete sich zwischen der Synagoge und dem Haus Petrus ein Ort für Dialoge – zwischen frisch aufgeklärtem Christentum und Judentum. Die mit weißen Steinen erbaute Synagoge bezog zwei Stockwerke. Auf dem zweiten Stockwerk befanden sich sehr wahrscheinlich Betten und Schlafmöglichkeiten für Pilger. Ganz in der Nähe der Synagoge befand sich das Haus der Schwiegermutter von Petrus. Rund um dieses Haus formierte sich ein achtförmiger Wohnkomplex als Anbetungsort. Das Haus als Anbetungsort wurde später noch stärker verwendet, als die Christen später verfolgt wurden.Am Ufer vom See Genezareth versammelten wir uns unter Olivenbäumen im Kreis, um zu singen und zu beten. Auf dem Weg von Kapernaum zurück nach Tabgha sahen wir noch einige Ornamente in Kapernaum; unter anderem eine mobile Abbildung der Bundeslade. In Tabgha angekommen, gingen wir ins Benediktinerkloster für die Vesper. Nach dem Abendessen sprachen wir auf der Terrasse des Pilgerhauses Tabgha über die evangelische Kirche in Jerusalem, deren Aufbau und Organisation. Verena v. Herwarth, Eric Mollaud 22 JiO Reise 2009 Tag 7 – Akko und Caesarea Der Wecker klingelt, die Äuglein öffnen sich und wir springen aus den Betten, um uns zum allmorgendlichen Bad im See Genezareth zu treffen. Auch bei Regen ist es herrlich! Nach einem köstlichen Frühstück geht es dann in den Bus: der Motor springt an… Jörg Bremer ruft sein „Guten Morgen!“ durch das Mikrofon, der Chor seiner Pilgerschar tönt dieses sehr artig zurück….der Busfahrer stellt seine Air Condition trotz mäßiger Temperaturen unerbittlich auf höchste Stufe … und los geht’s! Nach eineinhalb Stunden erreichen wir Akko, dass etwa 70 km nördlich von Caesarea und 20 km südlich der libanesischen Grenze liegt. Die Altstadt liegt auf einer Landzunge am Nordrand der Bucht von Haifa. Von den Mauern der Kreuzritterzeit umgeben, scheint Akko still über die unendliche Weite des Mittelmeers zu blicken. Kurz zur Geschichte: Unter Balduin, dem jüngeren Bruder des Gottfried von Bouillon, eroberten die Kreuzfahrer 1104 die Hafenstadt Akko. 1187 fiel die Stadt zurück unter die Führung Saladins und wurde dann im Jahre 1191 von den Kreuzrittern unter Richard Löwenherz zurückerobert und zur Hauptstadt des Königreichs Jerusalem gemacht. 1198 wurde der Deutsche Orden (Deutschritterorden) hier gegründet. 1229 wurde Akko nach dem Frieden von Jaffa zwischen Friedrich II. und dem Sultan AlKamil unter die Verwaltung des Johanniterordens gestellt. Akko wurde zur wichtigsten Verbindungsstadt nach Europa für arabische Kultur, Wissenschaft und Handel. Nach der Eroberung Jerusalems durch die Moslems 1244 war Akko einer der letzten Stützpunkte der Kreuzfahrer. Nach dem Fall der Festung im Mai 1291 waren die Kreuzzüge definitiv gescheitert und Akko wurde durch den ägyptischen Mamelucken-Sultan zurückerobert. al-Malik al-Asraf Zurück in 2009: wir verlassen den Bus bei nun ordentlich plätscherndem Regen und wir folgen Jörg Bremer, der in seinem kleidsamen knallroten Ritterregencape nicht zu verlieren ist, durch die verwinkelten engen Gassen der Altstadt. Kleine, eher orientalisch wirkende Geschäfte säumen unseren Weg bis hin zu der Al-Jazzar-Moschee, die wir kurz vor der Gebetsstunde noch rasch besichtigen. Weiter düsen wir – nun schon gut durchnässt – zu unserem Hauptbesuchsziel: dem einstigen Hauptquartier des Johanniterordens. Nach einem süßlichen Werbefilmchen zu den Schönheiten Akkos und den dort zu besuchenden Shopping-Highlights erobern wir die bedeutendsten Johanniterfestung im Heiligen Land. Wir laufen durch riesige Hallen und Säle, deren bis zu acht Meter hohen, imposanten Spitzbogengewölbe auf meterdicken Säulen ruhen. All das liegt mittlerweile etliche Meter unter Straßenniveau und die einstige Funktion der Räume ist kaum zu erahnen, da aus 23 JiO Reise 2009 dieser Zeit zwar das Mauerwerk, aber kaum Hinweise auf ihre Nutzung erhalten sind. Die sog. Krypta des heiligen Johannes soll das Refektorium, vielleicht auch der Zeremoniensaal gewesen sein… es fällt schwer, sich bei der „Nacktheit“ der Säle vorzustellen, wie das Leben in der damaligen Zeit wohl gewesen sein mag. Heute wird die „Kreuzfahrerstadt“ nicht nur für Führungen, sondern auch für Konzerte und Feiern genutzt. Sogar einen Saal mit Discobeleuchtung und Bar existiert. Wir erträumen uns ein Fest der Jugend im Orden in diesen Hallen! 1785 errichtete Pascha Ahmed Jazzar- dem Akko sein heutiges Aussehen verdankt- über dem Johanniterzentrum eine 40m hohe Zitadelle. Da die Architekten den Kreuzfahrergewölben diese Last nicht zumuten wollten, füllten sie sie mit Sandsäcken und Bauschutt. Weitere Teile der Anlage sind durch teilweise starke Zerstörung noch unter einer 2–3 Meter dicken Geröllschicht verborgen. Nach diesem Rundgang stärken wir uns mit Falafel&Co. auf dem Markt und verlassen die Stadt dann gen Caesarea. Von Akko fuhren wir über Haifa nach Caesarea Philippi. In Haifa machten wir einen kurzen Abstecher in die deutsche Kolonie, welche sich auf dem Weg zu den Bahai Gärten befindet. Die deutsche Kolonie wurde 1868 von der Tempelgesellschaft gegründet. Alex Carmel (1931-2002) erforschte u.a. die Kreuzritter in Israel, ihm ist es zu verdanken, dass die deutschen Kolonien in Israel erhalten blieben, somit konnte auch die Bauweise der Templer (Bruchstein, grüne Fensterläden, rote Ziegeldächer, Mauern und Gärten) überliefert wurden. Gegen 13:30 kamen wir in Caesarea Philippi an. Caesarea Philippi ist heute eine Ausgrabungsstätte, die Überreste aus etlichen Zeitepochen, wie der römischen und byzantinischen Epoche und der Kreuzfahrerzeit zeigt. Die römische Stadt wurde unter Herodes dem Großen ausgebaut. Römische Nachweise sind der Palast der Herodes, das Theater (welches heute für Konzerte und Festivals genutzt wird), das Amphitheater, das Hippodrom, ein (heute 24 JiO Reise 2009 überschwemmter) Hafen, das Aquädukt und eine Thermenanlage, u.a. mit gut erhaltenen Mosaiken. Caesarea Philippi war auch für Jesus und seine Jünger von Bedeutung: Pilatus fällte das Todesurteil über Jesus (Matthäus 27, 11-26), Petrus wurde festgenommen und Apostel Paulus wurde ½ Jahr gefangen gehalten, um dann nach Rom zum Prozess ausgeliefert zu werden (Apostelgeschichte 25, 11-12). Den entsprechenden Bibelstellen lauschten wir an den markierten Orten in Caesarea Philipp. In byzantinischer Zeit wurde Caesarea Philippi ein christliches Zentrum, so wurde die Feier des Osterfestes auf einen Sonntag festgelegt. Überreste aus dieser Zeit sind u.a. die Stadtmauer und die Reste einer Kirche. Bis 1101 die Kreuzfahrer die Stadt eroberten waren Perser und Araber die Herrscher von Caesarea Philippi. Aus der Kreuzfahrerzeit sind Reste einer Zitadelle, des Kreuzfahrerhafens und einer Kathedrale zu sehen. 1265 wurde Caesarea Philippi von den Mameluken erobert und 1291 zerstört. Heutzutage ist Caesarea ein Villenvorort von Tel Aviv. Nachdem wir uns im Cafe von Caesarea Philippi mit Blick auf das wolkenüberhangene Meer mit Kaffee und Kuchen gestärkt hatten fuhren wir zurück zu unserem Pilgerhaus. Den Abend ließen wir mit Gesprächen und einer Lesung von Petra ausklingen. Sie berichtete über das Herzensgebet und las aus der Johannesakte. Dagmar v. Struensee, Sabine v. Loesch 25 JiO Reise 2009 Tag 8 – Golan Höhen, wieder Regen und Kursi Für das Tagesprogramm standen an: Tagestour nach Obergaliläa und in den Golan, Banyas Quellen (Jesus: `Auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen´), Burg Nimrod auf Mt. Merom Leider war es an dem Tag recht regnerisch und die Temperaturen etwas niedriger und kühler, so dass wir uns für Windund Regenjacken als angemessenes ´Reise-Outfit´ entschieden. Auf der Fahrt im Bus wurde von der Gruppe unisono beschlossen, ein Nachtreffen in Rom im kommenden Jahr stattfinden zu lassen, welches auf Einladung und unter der Federführung von Jörg Bremer stattfinden soll. Jörg konnte dieser Idee angesichts der zustimmenden überwältigenden Mehrheit wenig entgegensetzen, so dass wir alle bereits in großer Vorfreude auf die Tage in Rom sind. Während der Fahrt zum Golan erläuterte Jörg, dass in dieser Region viele Drusen leben. Zu den Drusen führte er aus: Die Drusen heiraten grundsätzlich auf der syrischen und nicht auf der israelischen Seite ein. Sie seien ein muslimischer Stamm, urspr. stammend von den Schiiten, die aber von den Muslimen getrennt leben und nicht von den schiitischen Muslimen anerkannt werden würden. Die Drusen besitzen eine eigene Identität und die drusische Religion sei eine ´Geheimreligion´. Des Weiteren war der Golan später Teil des osmanischen Reiches. In dieser Zeit wurden im 19. Jhd. viele Tscherkesen aus der Ukraine angesiedelt. 1948 wurde der Golan dem syr. Gebiet unter frz. Mandat zugeordnet, seit 1967 gehört der Golan nun zu Israel. Rechtsstatus des Golan: Der Golan ist israelischem Recht unterworfen (´GolanGesetz´), ist also nicht annektiert wie z. B. das Westjordanland. Der Golan ist bekannt für den Weinanbau, die Apfelplantagen und der Honigerzeugung. Zugleich ist es ein Erholungsgebiet, welches für seine Gastfreundlichkeit gerühmt wird. Der Golan sei vulkanisches Gebiet mit dem Hula Tal mit einem See in der Tiefebene. Dieser See sei aufgrund von großer Malaria – Verbreitung in den 50er Jahren des 20. Jhds. Trockengelegt worden. Heute sei dies ein Naturschutzgebiet und ´Reaktivierung´ des Sees der Tiere wegen, aber keine landwirtschaftliche Nutzung. Petra las dann aus dem 4. Buch Moses, Kap. 32 vor, welches die Aufteilung der Stämme im Golan thematisiert, die integraler Bestandteil von Israel sind. In der Archäologie wird dagegen die einstige Bevölkerung des Golan von Familienstämmen gebildet, die unter dem Druck der damaligen ägyptischen Steuerlast im 11./12. Jhd. V. Chr. Unter Pharao Echnaton entwichen sind. Dies hatte einen starken Bevölkerungsschwund und militärische Auseinandersetzungen zur Folge. Die Landbevölkerung konnte 26 JiO Reise 2009 ihre Steuern nicht zahlen, verlor daraufhin ihr Land und als Folge zogen sie sich in die Berge zurück. Dies hatte einen Identitätswandel zur Folge, Denn z. B. nahmen sie auf ihren Weg in die Berge ihre Schweine mit, aber das Schwein an sich ist kein bergtaugliches Tier. Darauf beruht im Grunde auch das israelische Gesetz, kein Schweinefleisch essen zu dürfen. Petra führte in diesem Zusammenhang aus, dass es 3 Arten gebe, die Bibel zu lesen: • • • Logos und die Offenbarung die kritische Vernunft Verstand gegenüber Gott In Israel pralle die 3. Art aufeinander, der Verstand, der gegenüber dem Gottesgedanken steht. Nach einem kurzen Stopp bei einem Markt der Drusen, um sich zu stärken und dem Einkauf von Honig (würde sich noch beim Abflug/ Kofferkontrolle rächen!) und Äpfeln ging die Fahrt weiter zum Krater-See. Leider konnte dieser nicht abgestiegen werden, da es einfach zu regnerisch und nass war. Weiter ging es zur Burg Nimrod. Diese Burg wurde von den Kreuzfahrern zwecks Widerstands gegen die Muslime im 12. Jhd. Gebaut und wurde für ca. 200 Jahre von diesen bewohnt. Der Name Nimrod hat folgende Herkunft: Nimrod war ein Urenkel Noahs. Während der Sintflut flüchtete Noah mit seinen drei Söhnen. Einer davon, Ham, zeugte einen Sohn namens Kusch, der wiederum Nimrod zeugte. Nach der biblischen Erzählung im 1. Buch Mose (Genesis) 10,8-10 war Nimrod „der Erste, der Macht gewann auf Erden“, also der erste Mensch, der zur Königswürde gelangte. Die Kreuzfahrer hatten den Wunsch, genau so stark sein wie Nimrod, daher wählten sie diesen Namen für ihre Burg. Nach der Besichtigung der Burganlage ging die Fahrt weiter zu den Banyas Quellen. Banyas ist die arab. Form von griech. Pan. Panjwar ein griech. Hirtengott, der als griechisches Heiligtum ca. 200 v. Chr. Von den Seleukiden verehrt wurde. Später wurden die Banyas Quellen von den Römern als Badeanlage genutzt. Später war Jesus hier mit seinen Jüngern. Darauf nimmt das Matthäus Evangelium, Kap. 16 Bezug, der einen Dialog zwischen Jesus und seinem Jünger Simon Petrus schildert. Es ist der Ort, an dem Petrus Jesus als den Messias bekannt hat (Matthäus 16,13ff.) Jesus nennt Petrus daraufhin den Felsen, auf den er seine Gemeinde bauen will, und dem er die Schlüssel des Himmelreichs überreicht. Das katholische Papsttum hat damit mit Petrus in Banyas seinen Ursprung. Das Wetter veränderte sich in der Zwischenzeit leider nicht zu seinem Vorteil, was uns jedoch nicht abhielt, hoch motiviert durch das Naturreservat um die Banyas Quellen herum zu wandern. Über mehrere Rundwege entlang des Flusses Banyas und üppiger Vegetation hüpften 27 JiO Reise 2009 und rutschten wir durch den Schlamm und Pfützen und selbst als ein Teil der Gruppe in den Wirren des Wetters kurzfristig verloren ging, schmetterte der andere Teil währenddessen ´Vom Aufstieg der Sonne..´, um so die Wartezeit zu überbrücken. Zerstörung verursachte und das Kloster daraufhin aufgegeben wurde. Kursi ist der Ort, an dem die Heilung des Besessenen stattgefunden haben soll. Nachdem wir nach der Wanderung im Hotel kurz die Kleidung gewechselt hatten, ging es mit dem Bus wieder weiter. Unsere Fahrt am Abend – inzwischen wieder bei Sonnenschein – führte uns nach Kursi an den östlichen Teil des Sees Genezareth. In Kursi kann man die Ruinen eines byzantinischen Klosters bewundern, welche zufällig bei Bauarbeiten entdeckt und in den 1970er Jahren erschlossen wurden. Sehr gut erhalten ist ein Originalweg aus Basaltstein aus dem 6. Jahrhundert. Gut zu erkennen sind auch noch ein Platz vor dem Kloster, sowie der Innenraum der Kirche, bestehend aus dem Hauptschiff und den durch Säulen abgetrennten Nebenschiffen. An mehreren Stellen im Boden sind Mosaike mit verschiedenen Tier- und Pflanzenmotiven zu bewundern. Eine steinerne Schutzmauer umgibt das Kloster, welches vermutlich zur Erinnerung an Jesus Schaffen erbaut wurde und als Stätte der Andacht für Pilger gilt. Petra erzählte, dass es durch einen Brunnen Zugang zu einer unterirdischen Stadt gab, die als Fluchtmöglichkeit diente. Das Kloster wurde im 8. Jahrhundert zerstört. Der Grund hierfür ist nicht ganz klar; es wird jedoch vermutet, dass ein Erdbeben die Zum Abschluss des Tages und der Reise trafen wir uns nach dem Abendessen zu einem gemeinsamen Abschlussgottesdienst. Bei dem Gottesdienst wurde uns allen bewusst wie sehr wir die gemeinsame Zeit genossen haben, mit all den vielen Erlebnissen, den interessanten Eindrücken und dem Leben in der Gemeinschaft. Petra legte uns in Ihrer Predigt ans Herz, so viel wie möglich von der schönen Zeit mit in unseren Alltag herüber zu tragen und anderen von unseren Erlebnissen zu berichten. In mehreren Fürbitten haben wir für die schöne Zeit gedankt. Es war für uns alle eine unglaublich schöne Reise, die wir nicht vergessen werden! Meike Dohngoergen, Dorothee Schmeidler 28 JiO Reise 2009 Tag 9 – Abschied aus Tabgha, Fahrt nach Tel Aviv, Nazareth Unser letzter Tag am See Genezareth begann - wie schon an den Tagen zuvor – mit einem letzten Bad im See bei Sonnenaufgang. Die Sonne meinte es zum Abschied besonders gut mit uns, so dass sich den Schwimmern ein herrliches Bild des Sees mit leichten Morgennebeln über dem Wasser bot, das mit Sicherheit in Erinnerung bleibt. Nach Kofferpacken, Begleichen der erschütternden Getränkerechnungen und dem Abfüllen von mehreren Kanistern Jordanwasser (Ja, das Wasser des Sees ist auch Jordanwasser, nicht wahr Daggi.) sowie einem tränenreichen Abschied von Petra, bestiegen wir ein letztes Mal unseren Bus, um nach Tel Aviv zum Flughafen zu fahren. Auf unserem Weg machten wir noch einen Abstecher nach Nazareth, Heimatort und Vaterstadt Jesus. Die Altstadt von Nazareth liegt in einer Geländemulde. Die Mulde liegt knapp 100 m tiefer als der Hügelzug, der die Stadt hufeisenförmig umsäumt. Nazareth ist heute die Stadt mit der größten Gemeinschaft israelischer Araber in Israel. Die Stadt besteht im Altstadtbereich vor allem aus kleinen Gassen mit einem arabischen Markt. Die Abhänge um die Altstadt steigen mäßig steil an und sind heute fast vollständig überbaut. Wie Jörg uns erklärte, versucht der Israelische Staat seit langem die arabisch dominierte Altstadt (das eigentliche Nazareth) durch einen Ring von israelischen Siedlungen mit eigener Verwaltung (u.a. Nazareth-Illit) zu isolieren. Diese Taktik hat unter anderem dazu geführt, dass – da ein Wachstum um den Altstadtkern nicht mehr möglich ist die arabische Stadtverwaltung von Nazareth in 15 km Entfernung ein Industriegebiet für die arabische Bevölkerung gebaut hat, welches keine Verbindung zum eigentlichen Nazareth hat. Die besondere Bedeutung von Nazareth liegt bis heute darin, dass es für Christen als Ort der Verkündigung des Herrn gilt, als Heimatort und Vaterstadt des Jesus von Nazareth. Nach Darstellung der Evangelien lebten hier seine Eltern Maria und Josef der Zimmermann. In Nazareth kam der Erzengel Gabriel zu Maria und kündigte ihr die Geburt des künftigen Erlösers an (Verkündigung des Herrn). Da zu dieser Zeit der Zensus des Römischen Reiches (...auf dass sich jeder schätzen ließe, jeder in seiner Stadt...) stattfand, mussten sich alle Familienoberhäupter in ihren Geburtsort begeben, weshalb Josef mit der hochschwangeren Maria nach Bethlehem zog, wo Jesus geboren wurde. Nach den Evangelien wuchs er aber in Nazareth auf, wohin seine Familie zurückkehrte.(Mt 2,23; Lk 2,39) In den Evangelien und der christlichen Tradition wird Jesus selbst daher auch als „Nazarener“ bezeichnet, womit seine Herkunft „aus Nazareth“ gemeint ist. An der Stelle in Nazareth, an der nach römisch-katholischer Tradition der Erzengel Gabriel Maria die Geburt des künftigen Erlösers ankündigte steht die Verkündungsbasilika. 29 JiO Reise 2009 Eine Kirche wird an dieser Stelle zum ersten Mal im Jahr 570 erwähnt, wahrscheinlich bestand schon seit dem 4. Jahrhundert ein Kirchengebäude. Zur Zeit der Kreuzfahrer waren jedoch alle christlichen Stätten in Nazareth verwüstet. Die Kreuzfahrer errichteten eine neue Kathedrale. Im Jahr 1263 wurde die Stadt erneut geplündert und die Verkündigungsbasilika wie alle anderen Kirchen auf Befehl von Sultan Baibars zerstört. Erst 1620 konnten die Franziskaner die Ruinen der Kreuzfahrerkathedrale und der Grotte erwerben. 1730 wurde eine Kirche errichtet, die 1877 vergrößert und ab 1955 durch einen Neubau ersetzt wurde. Sie wurde von Papst Paul VI. 1964 gesegnet und 1969 geweiht. „bösartigen“ Bewohnern der verhassten Stadt ein halber Liter türkischer Kaffee im Wasserglas serviert wurde – zu 10 Schekel. Erwähnt werden kann noch, dass gegenüber von dem Kaffee in unmittelbarer Nähe der Verkündigungsbasilika der Bau einer großen Moschee geplant war, so dass es in den zurückliegenden Jahren mehrfach zu teilweise gewaltsamen Auseinandersetzungen in Nazareth kam. Insofern konnte auch die Verortung des Kaffees Jörgs Laune nicht heben. Nachdem alle Pilger nach einer Stunde wieder den Bus bestiegen hatten – mit Tüten voll Verpflegung, Kreuzsplittern, Verkündungsbasilika-Schneekugeln und echt palästinensischen Kuckucksuhren, ging es weiter zum Flughafen. Dort gab es den zweiten tränenreichen Abschied des Tages, diesmal von Jörg und Christiane. Jörg war heilfroh uns endlich los zu sein, musste dann aber zu seinem Erschrecken vor dem Gate feststellen, dass wir erstaunlich anhänglich sein können. Die Kirche, die das größte christliche Gebäude im Mittleren Osten ist, ist architektonisch von besonderer Scheußlichkeit, was durch ihre gigantischen Ausmaße nicht unbedingt besser wird. Jörg, der mehrfach allzu deutlich machte, dass er kein Freund der Stadt Nazareth ist, lief dann auch zur Höchstform auf, als es darum ging auf jedes, noch so kleine Detail des Baus der fehlgeleiteten Architekten hinzuweisen (Allerdings nur von außen, da er das Schreckensbauwerk nicht betreten wollte.). Gedankt wurde es ihm umgehend dadurch, dass ihm bei dem Versuch einen ordentlichen arabischen Kaffee zu bekommen, von den Der folgende von den israelischen Sicherheitskräfte aufgestellte AntiterrorParcours wurde von allen Reiseteilnehmern erfolgreich absolviert – trotz der erheblichen Probleme, die dabei der Honig von den Golanhöhen und der mitgeschleppte Matsch diverser Wanderungen verursachten – so dass wir tatsächlich vollzählig den Flieger nach Frankfurt boarden konnten. Nach einer Woche ständiger Pilgergemeinschaft war die Gruppe noch so abhängig voneinander, dass die Rückreise, zum Leidwesen des Flugpersonals hauptsächlich gemeinsam in der Bordbar bei der Reisenachbereitung verbracht wurde. 30 JiO Reise 2009 Nach der Heimkehr stellte sich dann bei den meisten Teilnehmern prompt Sozialkater und Wehmut ein, was vor dem Hintergrund der herrlichen Reise und der großartigen Pilgergemeinschaft nur verständlich ist. Ich möchte mich noch einmal von Herzen bei Petra, Jörg, Vincent und den Pilgerschwestern und –brüdern bedanken. Es war eine großartige Reise, die spirituell, theologisch und historisch ein unvergessliches Erlebnis darstellt. Selten habe ich so gute Gespräche geführt und bin in einer so engen, begeisterten und befruchtenden Gemeinschaft mit einer so tollen Führung gereist. Wolfram Böge 31 JiO Reise 2009 Impressum Herausgeber und Gesamtherstellung: Hamburgische Kommende des Johanniterordens e.V. Jugendarbeit im Orden, Hamburg c/o Dr. Hubertus Nölting Harvestehuder Weg 51 20149 Hamburg Redaktion: Conrad Riedesel Freiherr zu Eisenbach (verantwortlich für den Inhalt) © Sämtliche veröffentlichte Beiträge und Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Nachdrucke – auch auszugsweise –, Aufnahmen in Onlinedienste und ins Internet sowie Vervielfältigung auf Datenträger bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Hamburgischen Kommende des Johanniterordens e.V. Keine Gewähr für namentlich gekennzeichnete Beiträge. Kürzungen hat sich die Redaktion vorbehalten. 32