projekte - Bayern | Brot für die Welt
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2011 2012 PROJEKTE Berichte und Reportagen aus der Arbeit von »Brot für die Welt« MUTIG GEGEN DEN LANDRAUB FRAUEN SIND KEINE WARE LACHEN IST DIE BESTE MEDIZIN Im argentinischen Chaco wehren sich die Indigenen gegen die Vertreibung durch Großgrundbesitzer. » S. 6 Eine Hilfsorganisation in Südvietnam kämpft gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution. » S. 30 Die russisch-orthodoxe Gemeinschaft zum Heiligen Ioasaf hilft TBC-kranken Kindern in Sankt Petersburg. » S. 46 I N H A LT VORWORT 2 MELDUNGEN 3 RECHT AUF LAND FRAUEN ARGENTINIEN VIETNAM 6 MUTIG GEGEN DEN LANDRAUB FRAUEN SIND KEINE WARE 30 Eine Organisation der Anglikanischen Kirche kämpft Menschenhandel ist in Südvietnam ein großes Problem. gegen die Vertreibung der Indigenen. Die Frauenunion hilft Betroffenen und klärt auf. SÜDAFRIKA KINDER UND JUGENDLICHE 12 AUF EIGENEN FÜSSEN In der Diözese Grahamstown können die Xhosa ihr C O S TA R I C A Land endlich wieder selbständig bewirtschaften. FUSSBALL FÜR DAS LEBEN 36 In einem Sportprojekt lernen Teenager aus armen Familien, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen. INDIEN 14 D E R A U F S TA N D D E R A U S G E B E U T E T E N HIV/AIDS Weil Jharkhand reich an Rohstoffen ist, sollen viele Ureinwohner weichen. Die wehren sich. KENIA A U F K L Ä R U N G O H N E TA B U S INTERVIEW 16 „DEN EIGENEN LEBENSSTIL ÜBERDENKEN“ Die „Brot für die Welt“-Mitarbeiterinnen C. Callenius und 42 Mit Offenheit versucht die Koptisch-Orthodoxe Kirche, den weiteren Vormarsch der Pandemie zu stoppen. K. Neumeyer fordern ein anderes Konsumverhalten. GESUNDHEIT ERNÄHRUNG SICHERN RUSSLAND LACHEN IST DIE BESTE MEDIZIN PERU DAS COMEBACK DER TOLLEN KNOLLE 18 46 In Sankt Petersburg steigt die Zahl TBC-kranker Kinder. Die Gemeinschaft zum Heiligen Ioasaf hilft ihnen. Die Bauernorganisation CHIRAPAQ hilft, die einzig artige Kartoffelvielfalt der Anden zu bewahren. BILDUNG MENSCHENRECHTE UND FRIEDEN ISRAEL DIE FRIEDENSFORSCHER DR KONGO N E I N Z U R G E W A LT In Kinshasa herrschen Gewalt, Bandenkriege und 24 52 Eine Jugendorganisation sorgt für Annäherung zwischen Juden und Palästinensern. Anarchie. Die Organisation LIFDED stiftet Frieden. NACHBERICHTE 56 AKTIONEN UND AKTIÖNCHEN 58 ÜBER UNS 62 IHRE SPENDE KOMMT AN 63 KONTAKT/IMPRESSUM 64 MATERIALIEN 67 Foto: Frank Schultze Foto: Kirsten Schwanke-Adiang Foto: Christof Krackhardt 18 42 52 DAS COMEBACK DER TOLLEN KNOLLE A U F K L Ä R U N G O H N E TA B U S DIE FRIEDENSFORSCHER Die Kartoffel hilft, die Ernährung Die Koptisch-Orthodoxe Kirche kämpft Eine jüdisch-palästinensische Initiative der Andenbevölkerung zu sichern. gegen den Vormarsch von HIV/Aids. bringt Jugendliche zusammen. R U S S L A N D S. 46 I S R A E L S. 52 V I E T N A M S. 30 C O S TA R I C A S. 36 I N D I E N S. 14 K E N I A S. 42 D R K O N G O S. 24 P E R U S. 18 S Ü D A F R I K A S. 12 A R G E N T I N I E N S. 6 Länder, in denen „Brot für die Welt“ Projekte fördert Länder, aus denen in diesem Heft Projekte vorgestellt werden Foto: Christoph Püschner V O R W O R T Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin „Brot für die Welt“ LIEBE LESERINNEN UND LESER, „Land zum Leben – Grund zur Hoffnung“, Gemeinsam mit seinen Partnerorganisa- und Menschenrechte ein. Dabei engagie- lautet das Motto der 53. Aktion von tionen steht „Brot für die Welt“ diesen ren wir uns ganz bewusst auch in Ländern, „Brot für die Welt“. Mit diesem Leitspruch Menschen bei. Drei Beispiele dafür finden die nicht oder nicht mehr zu den „Ent- wollen wir darauf aufmerksam machen, Sie in diesem Heft: Im argentinischen wicklungsländern“ gezählt werden. Dazu wie wichtig der Zugang zu Land für die Chaco helfen wir den Indigenen dabei, gehören neben den „Schwellenländern“ Armen in den Ländern des Südens ist. Rechtstitel für ihr seit Generationen be - wie Indien, Brasilien und Argentinien auch Denn wer über ausreichend fruchtbares wohntes Land zu erwerben. So können die Nachfolgestaaten der ehemaligen Land verfügt, kann sich und seine Familie sie dort weiterhin fischen und jagen so - Sowjetunion. Dass es zum Beispiel in dem ernähren und braucht keinen Hunger wie Honig und Früchte sammeln – und inzwischen so reichen Russland immer zu fürchten. müssen nicht gigantischen Sojafeldern noch Arme und Ausgegrenzte gibt, die weichen. Im indischen Bundesstaat unsere Hilfe benötigen, macht die Re - Teil der Menschen in Entwicklungsländern Jharkhand unterstützen wir die Urein- por tage über TBC-kranke Kinder in Sankt über genügend brauchbares Land. Wäh- wohner in ihrem Kampf gegen Konzerne, Petersburg mehr als deutlich. rend Großgrundbesitzer vielerorts riesige die auf ihrem traditionellen Land Kohle, Ländereien ihr Eigen nennen, haben die Eisenerz, Kalkstein und Uran abbauen die Welt“ auf die Hilfsbereitschaft seiner Kleinbauern oft nur winzige Felder, die und sie dafür mit Brosamen abspeisen Unterstützerinnen und Unterstützer an - nicht genügend hergeben, um alle Fami- wollen. Und in der südafrikanischen Ost- gewiesen. Deshalb sind wir immer wieder lienmitglieder satt zu machen. Und die kap-Provinz stehen wir den Xhosa zur dankbar für das große Engagement von Landkonzentration nimmt weiter zu. Seite, die nach dem Ende der Apartheid Kirchengemeinden, Schulen, Kindergär- Schuld daran ist auch der üppige Lebens- ihr Land zurückerhalten haben und nun ten, Unternehmen, Aktionsgruppen und stil der wohlhabenderen Schichten in den erst wieder lernen müssen, es selbstän- Einzelpersonen, die unsere Arbeit mit Industrie- und Schwellenländern. Ihre dig zu bebauen. so viel Herzblut unterstützen. In der Ru - Leider verfügt bislang nur ein kleiner Nachfrage nach Nahrungs- und Futter- „Selig sind, die da hungert und dürs- Als Spendenorganisation ist „Brot für brik „Aktionen und Aktiönchen“ berich- mitteln, nach Bodenschätzen und Agrar- tet nach der Gerechtigkeit“, sagt Jesus in ten wir wie immer über ihre guten Taten. treibstoffen sorgt dafür, dass der ein hei - der Bergpredigt. Den Armen Gerechtig- Bitte bewahren Sie uns auch in Zukunft mischen Bevölkerung in den Ländern des keit zuteilwerden zu lassen – das ist das die Treue! Südens immer weniger Flächen für den zentrale Ziel der Arbeit von „Brot für die Anbau von Lebensmitteln zur Verfügung Welt“. Deswegen fördern wir nicht nur stehen. Gleichzeitig werden immer mehr Projekte zur Ernährungssicherung, son- Menschen von ihrem Land vertrieben dern setzen uns – wie dieses Heft zeigt – und müssen um ihr Überleben bangen. auch für Bildung und Gesundheit, Frieden 2 Ihre Foto: Creative Kirche Foto: Burkhard Bartel M E L D U N G E N Engagierte Gospelsänger Die Welt zu Gast in Stuttgart Fußballstars für sauberes Wasser „Gospel für eine gerechtere Welt“ heißt Über 400 Delegierte und viele weitere Großer Erfolg für die Lobby- und Kam - die bundesweite Aktion, die „Brot für Christen aus allen Teilen der Welt trafen pagnenarbeit von „Brot für die Welt“: die Welt“, der Evangelische Entwicklungs- sich zur elften Vollversammlung des Die Vereinten Nationen haben das Recht dienst und die Creative Kirche beim Lutherischen Weltbundes in Stuttgart. auf Wasser und Sanitärversorgung ver- fünften internationalen Gospelkirchentag „Brot für die Welt“ nutzte die Veran - bindlich aner kannt. „Diese Entscheidung in Karlsruhe starteten. Sie soll der zen- staltung vor der eigenen Haustür und ist historisch“, so Pfarrerin Cornelia Füll- tralen Botschaft des Gospels – der For- präsentierte seine Arbeit an einem krug-Weitzel, Direktorin von „Brot für derung nach mehr Gerechtigkeit – Gehör gemeinsamen Stand mit der Diakonie die Welt“. Zuvor hatte die Hilfsorganisa - verschaffen. „Gospel für eine gerechtere Katastrophenhilfe und dem Evangeli- tion gemeinsam mit zahlreichen Mit - Welt“ wird sich mehrere Jahre lang für schen Entwicklungsdienst. Am Abend streitern die Kampagne WASH United ini- ein Klima-Projekt von „Brot für die Welt“ der Begegnung verteilten Mitarbeitende tiiert. Darin forderten Fußballstars wie engagieren. Bereits während des Gospel- des evangelischen Hilfswerks gemein - Sebastian Schweinsteiger, dass alle Men- kirchentags wurden knapp 50.000 Euro sam mit Freiwilligen hunderte Luftballons. schen Zugang zu sauberem Trinkwasser für dieses Projekt gesammelt. Als Hinweis auf die zentrale Botschaft und sanitären Anlagen haben sollen. Foto: Christoph Püschner dieser Erde sein tägliches Brot haben soll – ließen die Besucher die Ballons ge meinsam in den Abendhimmel steigen. Foto: Rainer Kwiotek Foto: Christoph Püschner der Vollversammlung – dass jeder Mensch Hohes Amt für Direktorin Buntes Programm beim Kirchentag Mehr als 300 Stunden Programm stellte Die Direktorin von „Brot für die Welt“, „Brot für die Welt“ beim zweiten Ökume- Pfarrerin Cornelia Füllkrug-Weitzel, ist nischen Kirchentag in München auf die bei der ersten Vollversammlung des welt Laufen für den guten Zweck weiten kirchlichen Hilfsnetzwerks ACT ihr Hoffnung habt.“ Neben Vorträgen Auch bei der 17. Ausgabe des Stuttgarter Alliance in Tansania zur Moderatorin ge - und Diskussionsveranstaltungen waren Zeitung-Laufs war das Orange von „Brot wählt worden. In den kommenden vier Beine. Er stand unter dem Motto: „Damit auch die Stände und Ausstellungen von für die Welt“ nicht zu übersehen: Zahl - Jahren will sie sich darum kümmern, den „Brot für die Welt“ in den Messehallen reiche haupt- und ehrenamtliche Mitar- Einfluss der Allianz zu stärken. „Wir wer- sowie die „Faire Café-Oase“ ein beliebter beitende versorgten die durstigen Sport- den nicht nur unsere finanziellen Res- Treffpunkt der Kirchentagsbesucher. Bei lerinnen und Sportler am Zieleinlauf mit sourcen koordinierter und gezielter ein- einem der Höhepunkte, dem Open-Air- Wasser. Gleichzeitig nahm ein gutes Dut- setzen. Wir werden auch verstärkt Lobby - Konzert mit Christina Stürmer, Cassandra zend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeit betreiben für Menschen, deren Steen und anderen Stars, stellte „Brot selbst am Halbmarathon und am 10-Kilo- Rechte – zum Beispiel auf Nahrung – für die Welt“ den mehr als 15.000 Jugend - meter-Lauf teil. Ziel der Aktion war es, von ihrer Regierung und der Weltgemein- lichen auf der Theresienwiese die Arbeit auf die Arbeit der Hilfsorganisation auf- schaft systematisch vernachlässigt oder seiner Projektpartner in Bangladesch vor. merksam zu machen. verletzt werden“, so die Theologin. 3 RECHT AUF LAND 4 A U F L A N D Foto: Jörg Böthling R E C H T LAND ZUM LEBEN – GRUND ZUR HOFFNUNG Fast die Hälfte aller Menschen lebt auf die Konzentration von Landbesitz zu. Anbau von Nahrungsmitteln zur Verfü- dem Land. Doch ein beträchtlicher Teil Zurückzuführen ist dies unter anderem gung stehen. von ihnen ist nicht in der Lage, genügend darauf, dass Entwicklungsländer immer Nahrungsmittel zu produzieren, um sich öfter riesige Ländereien an große Kon- sich „Brot für die Welt“ für eine gerech- und seine Familie zu ernähren. Dies hat zerne verkaufen oder langfristig verpach - tere Landnutzung ein: Wir unterstützen verschiedene Ursachen: Zunächst einmal ten. Die bauen darauf nicht nur Nahrungs - Kleinbauern und Landlose bei ihren Be - ist das Land in vielen Teilen der Welt sehr mittel für die Menschen in den Industrie- mühungen um eine faire Verteilung des ungleich verteilt. Während oft wenige und Schwellenländern an, sondern auch Bodens. Wir fordern die Respektierung Großgrundbesitzer über riesige Ländereien Futtermittel für deren Fleischproduktion. der Landrechte der indigenen Bevölke- verfügen, haben viele Kleinbauernfami - Zudem werden immer mehr Flächen rung. Wir machen uns stark für eine lien nicht einmal einen Hektar zur Ver - für den Anbau von Energiepflanzen wie internationale Regulierung des Umgangs fügung. Häufig liegen ihre Felder zudem Raps, Zuckerrohr oder Palmen genutzt, mit Land und natürlichen Ressourcen. in Gegenden, die für die Landwirtschaft die für die Herstellung von Agrartreib- Und wir informieren die Menschen in schlecht geeignet sind, zum Beispiel in stoffen benötigt werden. Und der Res- Deutschland darüber, welche Auswirkun- Dürreregionen oder in Überschwem- sourcenhunger der Industrie- und Schwel - gen unser Konsumverhalten auf die mungsgebieten. Und vielerorts besitzen lenländer sorgt dafür, dass auf zuneh- Landknappheit in Entwicklungsländern die Menschen für das Land, auf dem sie mend mehr Land Bodenschätze wie Kohle, hat. Denn wir sind der Überzeugung: seit Generationen leben, keine Rechtstitel. Eisenerz oder Uran abgebaut werden. Wenn das Land gerechter verteilt ist, So können sie leicht vertrieben werden. Dies alles hat zur Folge, dass der einhei- nachhaltig genutzt wird und in erster mischen Bevölkerung in den Ländern des Linie der Ernährung aller dient, kann der Südens immer weniger Flächen für den weltweite Hunger überwunden werden. Foto: Jörg Böthling Foto: Florian Kopp weniger Land zur Verfügung steht, nimmt Foto: Helge Bendl Während Kleinbauern weltweit immer Gemeinsam mit seinen Partnern setzt In der südafrikanischen Ostkap-Provinz Im indischen Bundesstaat Jharkhand die Indigenen gegen den Landraub durch lernen die Xhosa, ihr traditionelles Land protestieren die Ureinwohner gegen große Agrarunternehmen. nachhaltig zu bewirtschaften. ihre Vertreibung. Im Norden Argentiniens wehren sich » 6 » 12 » 14 5 MUTIG GEGEN DEN LANDRAUB Im argentinischen Chaco machen skrupellose Vertreter des Agrobusiness den indigenen Völkern ihr Land streitig. Mit Hilfe moderner Geoinformationssysteme und engagierter Lobbyarbeit verhilft die Organisation ASOCIANA den Indigenen zu ihrem Recht. 6 R E C H T A U F L A N D Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie ab 1. 9. 2011 unter: www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/asociana 7 In der Provinz Salta wurden bereits riesige Flächen Wald gerodet. Sie sind die Leidtragenden: Viele indigene Familien müssen hungern. —— Es zieht wie Hechtsuppe. Um dem Fotografen bes- Ein andermal schwingt Genugtuung mit, darüber, dass sere Sicht zu verschaffen, hat der Pilot vor dem Start die sie nun mit Fotos und kartographischen Daten doku- Tür des Kleinflugzeugs ausgebaut. Nun sind die vier mentieren kann, wo und wann die Großgrundbesitzer Insassen der Cessna froh über ihre Jacken. Denn trotz wieder einmal geltende Gesetze missachten. der brütenden Hitze, die einige hundert Meter tiefer 8 in den Weiten des argentinischen Chaco herrscht, ist es Satte Gewinne – für die Reichen empfindlich kühl hier oben. Ana Alvarez ist Projektkoordinatorin des „Brot für die „Da! Da rechts! Halt drauf!“, ruft Ana Alvarez dem Welt“-Partners ASOCIANA, einer Organisation der angli- Fotografen von der Rückbank aus zu. Der reagiert so - kanischen Kirche, die sich für die Rechte der indigenen fort, zoomt lodernde Flammen und verbrannte Mond- Völker des Chaco einsetzt. Sie erklärt das Prinzip der Zer- landschaft heran, drückt ab. Zeitgleich hält Alvarez die störung: „Es ist einfach: Sie roden mit schweren Maschi- Koordinaten der Orte fest, an denen illegal brandgero- nen, holen alle wertvollen Hölzer aus dem Wald und ver- det wird. Wieder und wieder muss sie das gelbe, handy- arbeiten minderwertige zu Kohle.“ Alles Übrige scharren große GPS-Gerät betätigen. Manchmal klingen ihre auf- Bulldozer zu großen Haufen zusammen, Feuer erledi- geregten Anweisungen verzweifelt angesichts der zer- gen den Rest. So wird Platz für Monokulturen wie Soja, störerischen Brände, die den Urwald des Chaco fressen. Zuckerrohr oder die ölhaltige Färberdistel geschaffen – R E C H T A U F L A N D Erzeugnisse, die in den Industrieländern begehrt sind und satte Gewinne versprechen. Allein in der Provinz Salta wurde im Jahr 2010 auf 637.000 Hektar Land Soja angebaut. Dies entspricht zweieinhalb Mal der Fläche des Saarlandes. Der Löwenanteil der Produktion geht nach China, aber auch Europa ist ein guter Abnehmer. Hier landet Soja als Futtermittel in den Trögen von Schweinen und Rindern – während im argentinischen Chaco jene hungern, denen das Land eigentlich gehört: die indigene Bevölkerung. Hektar um Hektar fressen sich die Maschinen der Großgrundbesitzer in den Chaco, einen der artenreichsten Le bensräume der Erde. Er umspannt ein Gebiet etwa fünf Mal so groß wie Deutschland, das sich über den Norden von Argentinien, den westlichen Teil von Paraguay und den Südosten von Bolivien erstreckt. Im Norden Argenti - José Chaile vor dem Grab seines Vaters. Die Bulldozer machen nicht einmal vor einem Friedhof halt. niens sind Wichi, Toba, Guaraní und andere indigene Völker gemäß Konvention 169 der Internationalen Ar beits organisation ILO die rechtmäßigen Besitzer des Waldes. Doch das kümmert die Herren des Agrobusiness nicht. Tiere und Pflanzen sind rar geworden Welche Folgen die Rodung riesiger Flächen für die Ur bevölkerung hat, wird kurz darauf sichtbar: Fast vollständig von ockerfarbenen Feldern umschlossen, tauchen plötzlich zwischen lockerem Baumbewuchs ein paar versprengte Hütten auf. Der Name der kleinen Siedlung „La Esperanza“ („Die Hoffnung“) klingt wie Hohn. In dem wenigen verbliebenen Trockenwald sind jene Tiere und Pflanzen rar geworden, welche die Urbevölkerung des Landes jahrtausendelang ernährt haben. Zusammen mit den kartographierten GPS-Daten will ASOCIANA die Luftaufnahmen für einen Bericht an das Umweltministerium der Provinz Salta nutzen. Darin sollen die Verstöße gegen eine einstweilige Verfügung aus dem Jahr 2008 belegt werden. Sie verbietet jegliche Rodung in der Region. Eine Kopie wird der Oberste Ge richtshof erhalten, der damals auf die Verfügung drang – seinerzeit ein großer Erfolg der Arbeit von ASOCIANA. Tags zuvor im benachbarten Dorf Cuchuy: Das Wort Apathie beschreibt wohl am ehesten die Stimmung der Menschen dieser 30-Seelen-Gemeinde. Vor einer der Hütten, einer Holzkonstruktion mit Plastikplane darüber, sagt José Chaile niedergeschlagen: „Ich bin heute früh zum Jagen gegangen, drei Stunden lang. Nichts, rein gar nichts habe ich gefangen.“ Eine Woche zuvor hat José seinen Vater beerdigt. Der hagere Mann führt die Mitarbeitenden von ASOCIANA auf eine riesige, plattgewalzte Brache in der Nähe des Dorfes. Ein schmuckloser Erdhügel wölbt sich aus der Brandrodungen schaffen Platz für den Sojaanbau. trockenen Erde, darauf eine Plastikflasche mit Wasser als Grabbeigabe. Davor sind Spuren von Kettenrädern 9 Projektträger: ACOMPAÑAMIENTO SOCIAL DE LA IGLESIA ANGLICANA DEL ARGENTINA (ASOCIANA) Finanzierung „Brot für die Welt“ (drei Jahre): w 245.268,– WAS KOSTET WIE VIEL? Farbdruck einer Satellitenkarte in DIN A2: w 10,– Kosten für eine Busfahrt nach Salta (zu Verhandlungen mit der Provinzregierung): w 20,– Druck von 200 Broschüren w 100,– zum Thema Landrecht: Die Kleinbauern lassen ihr Vieh in den Wäldern frei herumlaufen – zum Ärger der Indigenen. zu sehen. Die Bulldozer der Großgrundbesitzer machen selbst vor einem Friedhof nicht halt. Sie zerstören den Wald, in dem die Menschen einst Nabelschweine, Spießhirsche, Gürteltiere, Vögel und viele andere Tiere jagten. Wo sie Früchte, Wurzeln und Honig sammelten. Die verbliebene Waldfläche ernährt die Menschen nicht mehr. José Chailes Vater ist verhungert und verdurstet. Kaum staatliche Hilfe Staatliche Unterstützung bekommt kaum jemand aus dem Dorf. Denn: Wer keine Papiere hat, den gibt es für die Behörden nicht. „Eine Geburtsurkunde besitzt hier Eine Karte verdeutlicht die Abholzung des Waldes. fast niemand.“ Claudia Lungu arbeitet als Diplom-So zialarbeiterin bei ASOCIANA und ist für die Dörfer in der Region Tartagal zuständig. Sie hilft den Wichi dabei, ihre Beim Verlassen des Dorfes lässt Verwesungsgeruch den Papiere zu bekommen. Nur so haben sie Anspruch auf Atem stocken. Er stammt von einem Rinderkadaver ne - die Mindestrente oder die 300 Pesos Kindergeld im ben einem Tümpel, der eine bräunliche Brühe enthält. Monat – etwa 60 Euro. Außerdem will Claudia Lungu Die Einwohner von Cuchuy trinken daraus. nochmals bei den Behörden vorsprechen, damit die 10 Wichi-Gemeinden endlich mit Trinkwasser beliefert wer- Zwei Welten stoßen aufeinander den. Durch die massive Abholzung ist das ökologische Als wäre der Kampf gegen das Agrobusiness nicht Gleichgewicht gestört. Quellen versiegen, der Grundwas- schwer genug, müssen sich die indigenen Völker im Cha- serspiegel sinkt. Teure Bohrungen können sich die Indi- co auch noch mit den Nachkommen der europäischen genen nicht leisten. Einwanderer auseinandersetzen, die heute als Kleinbau- R E C H T ern im Chaco leben. Die „Criollos“ haben insbesondere le des 643.000 Hektar großen Gebietes sie jeweils benö- im Landkreis Rivadavia entlang des Pilcomayo-Flusses tigen. Die Indigenen, die rechtmäßigen Besitzer des Lan- viele Gehöfte. Hier treffen zwei Welten aufeinander: Die des, erklärten sich bereit, den Kleinbauern über ein Drit- indigenen Völker des Chaco leben vom Jagen und Fi schen, tel des Landes zur Verfügung zu stellen, allerdings unter vom Früchte- und Honigsammeln im Wald. Die Kleinbau- der Auflage, dass diese ihre Tiere nicht mehr frei laufen ern hingegen betreiben extensive Viehzucht. Sie lassen lassen und ihre Weiden einzäunen. Außerhalb der künf- ihre Rinder, Ziegen und Schafe frei herumlaufen. Die tigen Siedlungsinseln der Kleinbauern wollen die indige- dringen in die Wälder ein und fressen Früchte und Baum - nen Gemeinden ihren Wald selbst nutzen und erhalten. A U F L A N D Sozialarbeiterin Claudia Lungu hilft den Wichi dabei, ihre An sprüche geltend zu machen. schößlinge – die Lebensgrundlage der Indi genen. Keine guten Bedingungen für ein friedliches Zusammenleben. Bereits im Jahr 2001 nahm ASOCIANA daher Kontakt Friedliche Einigung in Sicht Das gemeinsame Vorgehen gegenüber der Provinzre - mit FUNDAPAZ auf, einem weiteren Partner von „Brot gierung zeitigte Erfolg: Im Oktober 2007 unterzeichnete für die Welt“. Er berät die Kleinbauernfamilien am Pilco- der damalige Gouverneur Romero ein Dekret, in dem die mayo. Man einigte sich darauf, gemeinsam bei der Pro- Übergabe des beanspruchten Landes an die indigenen vinzregierung die Vergabe von Landtiteln einzufordern. Gemeinden und die Kleinbauern angekündigt wird. Zwar Zunächst sollte jedoch geklärt werden, wer das Land wie ziert sich sein Nachfolger Urtubey noch, das Dekret auch nutzt. Dazu lernten die Wichis, Chorote, Toba und Niva- tatsächlich umzusetzen, doch scheint eine friedliche clé, mit einem GPS-Gerät die Koordinaten tausender Lösung des Landkonflikts am Pilcomayo greifbar nah. Honigsammelstellen, Fisch- und Jagdgründe festzuhal- Der Kampf der indigenen Gemeinden in der benachbar - ten. Und die Kleinbauern kartographierten jene Waldge- ten Region Tartagal geht dagegen weiter. Doch dank der biete und Wasserstellen, die sie bis dahin für ihr Vieh in engagierten Arbeit von ASOCIANA besteht Hoffnung, dass Anspruch genommen hatten. auch hier irgendwann statt verbrannter Erde wieder das Ende 2002 waren die Karten fertiggestellt. Nun konn- satte Grün des Waldes die Weiten des Chaco prägen wird. ten Indigene und Kleinbauern genau sehen, welche Tei- I N G V I L D M AT H E - A N G L A S [ T E X T ] F L O R I A N K O P P [ F O T O S ] 11 Harte Arbeit: Mitglieder der Kooperative „Ilingeletu“ („Unser Versuch“) bearbeiten ihr Land. AUF EIGENEN FÜSSEN Seit dem Ende der Apartheid im Jahre 1994 hoffen die Xhosa auf ihr eigenes Stück Land. Doch weil die Bodenreform der Regierung nur schleppend vorankommt, ergreifen sie nun selbst die Initiative: Sie bewirtschaften Felder, die ihnen die Anglikanische Kirche zurückgegeben hat. 12 —— Mit Ochs und Pflug haben Sie den Boden umge - es weder Bodenschätze noch Industrie. Auch deshalb brochen, ihn mühsam von Hand geharkt, bergeweise zählt die Region zu den ärmsten Südafrikas. Zu Zeiten Steine entfernt und Unkraut gejätet, viele Tage lang mit der Apartheid wurde den Xhosa, die hier seit fast tau- gebeugtem Rücken. Bunte Maiskörner ruhen nun in der send Jahren leben, auch noch das Land weggenommen, braunen Erde, daneben die Samen von Kürbis und Kohl. weil die Weißen es für ihre Farmen brauchten. Heute Alles ist bereit, jetzt muss nur noch der Regen kommen. dürfen sich die Menschen, die in den Dörfern rund um Aber selbst wenn der ausbleiben sollte, ist die Ernte die Backsteinkirchen von St. Luke’s und St. John’s leben, nicht gefährdet und die harte Arbeit nicht umsonst wieder Landbesitzer nennen. Die Anglikanische Kirche gewesen. Denn dann werden sie Geld aus der gemein- hat ihnen die Ländereien, die ihr vor mehr als 150 Jah- samen Kasse nehmen und Diesel kaufen, um ihr Land ren von den Xhosa-Chiefs zur Verfügung gestellt wur- mit Hilfe einer Pumpe zu bewässern. Die Bauern sind auf den, wieder zurückgegeben. 180 Hektar in der Pfarr - alles vorbereitet. So oder so: Die Saat wird aufgehen. gemeinde St. Luke’s, 100 Hektar in der Pfarrgemeinde Ortstermin in einem abgelegenen Winkel der Diöze- St. John’s – das entspricht in etwa der Fläche von 400 se Grahamstown. In diesem Teil der Ostkap-Provinz gibt Fußballfeldern. 70 Familien haben sich in den beiden R E C H T A U F L A N D Orten in Kooperativen organisiert, um endlich wieder Projektträger: ANGLICAN DIOCESE OF Land selbst nutzen zu können. GRAHAMSTOWN, DEPARTMENT OF SOCIAL RESPONSIBILITY (DSR) Wissen, das weiterhilft Im Tal plätschert der Nxarhuni-Fluss, der auch in der Finanzierung „Brot für die Welt“ Trockenzeit noch Wasser führt. Daneben liegen Äcker, (drei Jahre): soweit das Auge reicht. Am Hang kleben die runden Hüt- w 88.819,– WAS KOSTET WIE VIEL? ten der Xhosa – und die Kirche der Anglikaner, das älteste Gebäude der Gegend und gleichzeitig Symbol des Neuanfangs. Nachdenklich schaut Ray Magida auf die Felder, die sich am Fuße von St. Luke’s ausbreiten. „Wer Zugang zu Land fordert, um Hunger zu bekämpfen, Landwirtschaftstraining pro Person und Tag: w 10,– 50 Liter Diesel zum Betrieb einer Wasserpumpe: w 50,– Werkzeug für die Feldarbeit von zehn Bauern: w 100,– sollte dafür sorgen, dass am Ende diejenigen Menschen das Land bekommen, die es zum Überleben wirklich benötigen“, sagt der Projektkoordinator der Anglika nischen Kirche. „Doch das reicht nicht: Man darf die Menschen dann nicht alleine lassen, sondern muss sie schulen, damit sie ihren neuen Besitz optimal nutzen können.“ Die „Abteilung für soziale Gerechtigkeit“ der Diözese von Grahamstown bildet die Begünstigten der Landübergabe deswegen mit finanzieller Unterstützung von „Brot für die Welt“ weiter. Die Palette der Seminarthemen reicht von Gruppenleitung über Buchhaltung bis hin zu Landtechnik, Gemüseproduktion und Schaf- oder Ziegenhaltung. „Außerdem muss man auch dem Land selbst gerecht werden, die Äcker also so nachhaltig wie nur möglich haben sich die Bauern selbst. „Wir fördern die Gemeinde“, sagt Ray Magida. „Aber wir fordern sie auch.“ bewirtschaften“, sagt Ray Magida. Biologische Spritzmit- „Das Apartheid-Regime hat uns auf verschiedene Art tel bekämpfen Insekten, der Mist von Ziegen und Hüh- und Weise unterdrückt“, sinniert Kizukiswa Gxesi, eine nern wird als natürlicher Dünger ausgebracht. „Wir ver- der Dorfältesten von St. Luke’s. „Sie haben uns das Land wenden keine chemischen Pflanzenschutzmittel oder genommen. Aber vor allem haben sie uns auch jede Kunstdünger, sondern greifen auf das zurück, was vor Motivation geraubt.“ Doch nun spürt die 62-Jährige den Ort hergestellt werden kann“, berichtet der Projekt - Wind des Wandels. Die alte Frau lächelt, ihr Zorn ist ver- manager. Früher pflanzten die Xhosa ausschließlich flogen. „Wir haben wieder Land. Wir wissen, wie wir es Mais an und laugten so mit der Zeit den Boden aus. Nun bewirtschaften können. Wir hungern nicht mehr. End- legen die Bauern von St. Luke’s und St. John’s Wert lich können wir unsere Familien ernähren – und stehen auf eine nachhaltige Fruchtfolge. „Mais ist immer noch auf eigenen Füßen.“ HELGE BENDL [TEXT UND FOTOS] unser Hauptnahrungsmittel“, sagt Siphiwo Mqanase, Sekretär der Kooperative von St. Luke’s. „Aber wir bauen nun auch Kartoffeln, Kohl und Kürbisse an – so ist unser Essen viel abwechslungsreicher geworden.“ Inzwischen bauen die Kleinbauern auf ihrem Land wieder Kohlköpfe an. „Wir hungern nicht mehr“ Doch nicht nur das hat sich verändert. In St. John’s stehen den Bauern ein Traktor sowie Brunnen, Pumpe und Schläuche für die künstliche Bewässerung zur Verfügung. Finanziert hat dies der Staat. „Es war ein Kampf mit unzähligen Formularen. Mehr als einmal haben wir uns gefragt, warum alles so kompliziert sein muss“, berichtet Landwirt Tsitsito Neli. Doch nun ist er stolz, dass sie um das gekämpft haben, was ihnen laut Gesetz zusteht. Zwar haben die Mitarbeitenden der Anglikanischen Kirche Hilfestellung geleistet, doch durchgesetzt Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie ab 1. 9. 2011 unter: www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/dsr 13 DER AUFSTAND DER AUSGEBEUTETEN Der indische Bundesstaat Jharkhand ist reich an Rohstoffen: Hier gibt es Kohle, Eisenerz, Kalkstein und Uran. Für deren rücksichtslose Ausbeutung werden vor allem Ureinwohner von ihrem Land vertrieben. Die Organisation BIRSA hilft den Menschen, sich zu wehren. —— Eigentlich bereiten die Bewohner von Chhota Gun- bares Land bekommen wir nie wieder.“ Zudem liegen die tia Fremden einen freundlichen Empfang – mit Blumen- Ahnen der Bewohner auf den Höfen des Dorfes bestat- girlanden, Trommeln, Tänzen und selbst vergorenem tet. „Ein Grab kann man doch nicht einfach verlegen.“ Reiswein. Auch als die Mittelsmänner eines großen Stahl- Narayan Singh Hembrom verschränkt die Arme. Auch die konzerns in das 700-Seelen-Dorf kamen, begegnete man versprochene Schule und das Gesundheitszentrum konn - ihnen zunächst mit Respekt. Doch schnell schlug die ten die Bewohner nicht überzeugen. Zu häufig wurden Stimmung um. „Sie wollten unsere Felder am Fluss kau- solche Versprechen in der Vergangenheit gebrochen. fen und unsere Höfe am besten gleich mit.“ Narayan 14 Singh Hembrom sitzt auf dem Dorfplatz im Schatten Erfolgreicher Protest eines Mangobaums und streicht sich über den Schnauz- Der 42-Jährige nahm Kontakt zu BIRSA auf, einer von bart. Hinter ihm fegt eine Frau mit einem Reisigbesen „Brot für die Welt“ unterstützten Organisation, die sich Reiskörner zusammen, die auf dem gestampften Lehm- seit mehr als 20 Jahren im indischen Bundesstaat Jhark- boden zum Trocknen ausliegen. Fast alle Einwohner von hand für die Rechte der Ureinwohner einsetzt. Mitar - Chhota Guntia leben vom Reisanbau. „Wir wollten nicht beitende von BIRSA führten Informationsveranstaltun- verkaufen“, so der Bürgermeister weiter. „So frucht - gen und Versammlungen durch, schrieben Petitionen, R E C H T A U F L A N D Ganze Dörfer versinken im Staub. Doch viel schlimmer ist: Für die Errichtung von Minen und Industrieanlagen werden die Adivasi mit falschen Versprechungen, Enteignungen oder physischer Gewalt von ihrem Land vertrieben. Ihre Wälder fallen dem Kahlschlag zum Opfer. Haben sie erst einmal Grund und Boden verloren, finden sie sich oft in den Slums der Großstädte wieder. Aufklärung über Rechte „Die meisten Adivasi in den Dörfern sind Analphabeten, sie glauben, die Regierung und die Konzerne dürften alles“, sagt Chandra Bhushan Deogam, der Direktor des Menschenrechtszentrums von BIRSA in Chaibasa. Rund um die Stadt wird intensiv Eisenerz und Kalkstein abgebaut. Bis heute verseucht der Staub einer stillgelegten Asbestmine das Land. Nur fünf Stunden mit dem Auto entfernt befindet sich das bedeutendste Uranabbaugebiet Indiens. Hinzu kommen große Staudammprojekte, für die Tausende ihr Land verloren. Mitarbeiter des Zentrums halten den Kontakt zu den Dörfern, tragen Informationen zusammen und klären die Adivasi über ihre Projektträger: BINDRA INSTITUTE FOR Rechte auf. Im Menschenrechtszentrum von BIRSA gibt RESEARCH STUDY & ACTION (BIRSA) es Sprechstunden, eine Bibliothek sowie eine Dokumen- Finanzierung „Brot für die Welt“ (drei Jahre): w 104.606,– tation zu Landraub, Widerstands bewegungen, Gerichtsverfahren und Menschenrechtsverletzungen. „Wir Adivasi haben in der Verfassung verankerte Rechte auf unser WAS KOSTET WIE VIEL? Land“, so der Direktor, der wie alle Mitarbeiter der Orga- Juristisches Fachbuch für die Bibliothek von BIRSA: w 20,– nisation selbst ein Ureinwohner ist. So müssen zum Monatsverdienst eines örtlichen Mitarbeiters: ein Adivasi sein Land veräußern darf. Zwar kann die Druck von Postern und Flugblättern: w 50,– Beispiel Bürgermeister und Dorfrat zustimmen, bevor Regierung Land auch enteignen, wenn seine Umnutzung w 100,– von öffentlichem Interesse ist. Ausgenommen davon aber ist solches, auf dem Tote begraben liegen oder sich Andachtsplätze der Ureinwohner befinden. Doch diese Gesetze sind nutzlos, wenn niemand sie durchsetzt – oder es zumindest versucht. Vertrauen in die Zukunft sprachen mit lokalen Politikern und organisierten eine In Chhota Guntia führte der Widerstand zum Erfolg. „Wir große Demonstration. Mit Erfolg: Der Stahlkonzern ließ haben uns organisiert und sind aufgestanden, das gibt von seinem Vorhaben ab, das über 10.000 Menschen in mir Vertrauen in die Zukunft“, sagt der Bürgermeister. 16 Dörfern die Existenzgrundlage entzogen hätte. Auch Kuni Kui Hembrom hat mit ihrem Sohn an den Protestveranstaltungen teilgenommen. Die 65-Jährige Armut trotz Bodenschätzen hockt auf den Stufen zu ihrem Lehmhaus und zerklei- Noch in den 1930er Jahren stellten die Ureinwohner in nert mit einer Steinwalze Koriander aus ihrem Garten. Jharkhand 70 Prozent der Bevölkerung. Heute machen Dort gedeiht neben Gewürzen allerhand Gemüse. Warum die so genannten Adivasi nicht einmal mehr ein Drittel sie demonstrieren gegangen ist? Kuni Kui Hembrom aus. Der rückständige Bundesstaat im Nordosten Indiens lächelt. Die alte Frau richtet sich auf und blickt mit ist reich an Rohstoffen. Nicht erst seitdem die indische klaren Augen über den Hof mit dem knorrigen Tamarin- Wirtschaft fast zweistellig wächst, werden die Vorkom- denbaum, unter dem sich die Gräber ihres Mannes und men an Kohle, Eisenerz, Kalkstein und Uran rücksichts- ihres zweiten Sohnes befinden. „Wo und wovon sollten los ausgebeutet. Voll beladene Lastwagen aus dem gan- wir denn ohne unser Land leben?“ zen Land rumpeln über die kleinen Straßen Jharkhands. KLAUS SIEG [TEXT] JÖRG BÖTHLING [FOTOS] Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie ab 1. 9. 2011 unter: www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/birsa 15 „DEN EIGENEN LEBENSSTIL ÜBERDENKEN“ Dass Land in vielen Teilen der Welt knapp wird, sei auch auf die steigende Nachfrage der Konsumenten und Konsumentinnen in den Industrie- und Schwellenländern zurückzuführen, sagen Carolin Callenius und Karen Neumeyer. Die beiden „Brot für die Welt“-Mitarbeiterinnen koordinieren die Kampagne „Niemand is(s)t für sich allein“. Mit ihr setzt sich „Brot für die Welt“ seit fünf Jahren für faire Rahmenbedingungen zur Sicherung der Welternährung ein. Das neue Schwerpunktthema von „Brot für die Welt“ lautet „Land zum Leben – Grund zur Hoffnung“. Warum ist Land für die meisten Menschen in Entwicklungsländern so wichtig? Carolin Callenius: Ganz einfach: Wer Zu gang zu Land hat, kann Nahrungsmittel anbauen – für den eigenen Bedarf und für den lokalen Markt. Und wer Land zur Verfügung hat, kann Tiere weiden, jagen, Früchte und Brennholz sammeln. Der Zugang zu Land sichert Ernährung und hilft, die eigene Kultur zu bewahren. Weltweit wird Land knapp. Warum? C.C.: Aktuell gibt es einen regelrechten Run auf Land, der von der Ernährungs- „Niemand is(s)t für sich allein“, meinen Carolin Callenius (l.) und Karen Neumeyer. und Finanzkrise ausgelöst wurde. Große Konzerne sichern sich Ackerflächen in ihr Land auch – in der Hoffnung auf einen aus Energiepflanzen wie Raps, Soja oder Entwicklungsländern, um darauf Nah- guten Job oder einen schnellen Verdienst. Zuckerrohr gewonnen. Da die heimischen rungsmittel, Futtermittel und Agrartreib- Aber in den meisten Fällen erfüllen sich Flächen zum Anbau dieser Pflanzen nicht stoffe für den Export anzubauen. Dieser diese Hoffnungen nicht, und die Men- ausreichen werden, wächst der Flächen- Prozess wird oft auch als Landraub oder schen stehen ohne etwas da. bedarf in den Entwicklungsländern rasant „Landgrabbing“ bezeichnet. an. Dort entstehen überall neue, riesige Im Zusammenhang mit der Land- Plantagen. Das geht zu Lasten der Flä- Was bedeutet „Landgrabbing“? knappheit ist neuerdings auch häu- chen, die eigentlich für Nahrungsmittel C.C.: Für den Anbau der genannten Pro- fig von Energiepflanzen die Rede. benötigt werden. Denn natürlich kann dukte werden große Plantagen angelegt, Welche Bedeutung haben sie? man das Land nur einmal bebauen. häufig auf Flächen, die die Menschen C.C.: Um die Treibhausgas-Emissionen zu bisher für den Eigenbedarf nutzten. Nicht senken und den Klimawandel zu bekämp- Was können die Verbraucher in immer werden die Betroffenen vertrie- fen, setzen immer mehr Länder auf so Deutschland tun, um diese Entwick- ben, oft verkaufen oder verpachten sie genannte Agrartreibstoffe. Sie werden lungen zu beeinflussen? 16 I N T E R V I E W C.C.: Unsere Forderung lautet, den eige- eine radikale Umstellung ihrer Ernährung Standards erfolgt. Dabei setzen wir auf nen Lebensstil zu überdenken. Natürlich natürlich schwer. Aber es ist auch nicht die Leitlinien zum Umgang mit Land und wollen wir niemandem vorschreiben, sein unser Ziel, jeden Menschen zum Vegeta- natürlichen Ressourcen, die momentan Auto ab sofort stehen zu lassen. Aber rier zu machen. von der Ernährungs- und Landwirt- verbrauch zu senken – sei es, in dem er Sondern? nen erarbeitet werden. Wir sehen gute sein Auto mit anderen teilt, mit öffent - C.C.: Wir möchten die Menschen einladen, Chancen, dass unsere Anliegen dort weit - lichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fährt, weniger, anders und bewusster zu essen. gehend berücksichtigt werden. kurze Strecken mit dem Fahrrad zurück- Wer seltener Fleisch isst, kann sich bes- legt oder einmal nicht mit dem Flugzeug seres und schmackhafteres Fleisch leis- Wie verleihen Sie Ihren Forderungen in den Urlaub fliegt. Und es geht ja nicht ten. Ein Stück Fleisch aus artgerechter Nachdruck? nur um den Sprit: Auch durch eine bes- und umweltverträglicher Tierhaltung auf K.N.: Vor einigen Monaten haben wir die sere Wärmedämmung der eigenen Woh- der Basis von einheimischem Futter ist Postkartenaktion „Wer will schon Hunger nung oder ein verändertes Ernährungs- von deutlich besserer Qualität. Somit ist tanken?“ gestartet. Sie läuft noch bis zum verhalten kann man einen Beitrag zu der bewusste, seltenere Verzehr von 16. Oktober 2011. Wir bitten die Öffent- mehr Nachhaltigkeit leisten. Es gibt also Fleisch auch kein Verzicht, sondern ein lichkeit und die Kirchengemeinden, sich eine sehr breite Palette an möglichen gesteigerter Genuss. an dieser Aktion zu beteiligen – damit Ansatzpunkten. K.N.: Wir wollen ein Bewusstsein dafür wir der Bundesregierung am Welternäh- schaffen, dass sich unser Ernährungsver- rungstag zeigen können, dass viele Men- Sie erwähnen das Thema Ernährung. halten auf die Situation der Menschen schen in Deutschland nicht auf Kosten Wie kann man durch seine Ernäh- in Entwicklungsländern auswirken kann. anderer Auto fahren möchten. rungsweise den Landraub in Ent- Momentan wird auf vielen Ebenen über wicklungsländern bekämpfen? die Konsequenzen der Massentierhaltung Was können die Kirchengemeinden Karen Neumeyer: Momentan haben wir auf Gesundheit und Klimawandel gespro- noch tun, um die Kampagne in Deutschland einen jährlichen Fleisch- chen. Dass es beim Fleischkonsum aber „Niemand is(s)t für sich allein“ zu und Wurstverzehr von über 80 Kilogramm auch um die Welternährung geht, bleibt unterstützen? pro Kopf. Ein Großteil des Kraftfutters, meistens außen vor. K.N.: Zunächst einmal können sie natür- stammt aus Entwicklungsländern. Zum Nun richten Sie ihre Forderungen Präsentationen über das Thema Landraub Beispiel wird in Lateinamerika auf riesi- ja nicht nur an die Verbraucher in informieren. „Brot für die Welt“ leistet gen Flächen Soja angebaut – auf Kosten Deutschland, sondern auch an die dabei umfangreiche Hilfestellung: Wir der Menschen und der Natur. Daher ist Politik. Was wollen Sie auf dieser haben verschiedene Informations- und es wichtig, dass wir den Verzehr von Ebene erreichen? Bildungsmaterialien entwickelt, wie zum Fleisch und Wurst drastisch reduzieren. K.N.: Wir setzen uns dafür ein, dass die Beispiel die Ausstellung „Von Teller, Tank bestehende Nachhaltigkeitsverordnung und Trog: Wettlauf um Land in Afrika, Wie viel Fleisch sollte ein Mensch für Agrartreibstoffe um soziale Kriterien Asien und Lateinamerika“, die als Plakat- denn höchstens essen, um wirklich ergänzt wird. Bislang sieht sie zwar vor, serie auch gut von Konfirmandengrup- nachhaltig zu leben? dass keine Urwälder gerodet und ökolo- pen eingesetzt werden kann. Weiterhin C.C.: Würden alle Menschen auf der Erde gisch wertvolle Flächen in Plantagen für bieten wir Schulungen für Gemeindemit- schaftsorganisation der Vereinten Natio- jeder kann dazu beitragen, den Treibstoff - lich mit Vorträgen, Ausstellungen und das für die Tierhaltung benötigt wird, so viel Fleisch essen wie wir in Deutsch- Energiepflanzen umgewandelt werden glieder an, damit sie die nötige Fach- land, brauchte es ungefähr zweieinhalb dürfen. Aber sie berücksichtigt weder kenntnis haben, eigene Veranstaltungen Planeten. Da weltweit immer mehr Men- das Recht auf Nahrung noch die Rechte durchzuführen. Und schließlich gehen schen Fleisch essen, müssen wir also der indigenen Völker. Außerdem wollen wir auch selbst in Gemeinden, halten deutlich weniger konsumieren. Natürlich wir, dass die Verordnung auf Futtermit- dort Vorträge und verknüpfen diese mit gibt es große individuelle Unterschiede tel, Nahrungsmittel und andere Agrar- pädagogischen Angeboten. Wenn die im Ernährungsverhalten: Manche Leute pro dukte ausgeweitet wird. Möglichkeit besteht, laden wir dazu auch essen ohnehin nur wenig Fleisch, andere C.C.: Und wir fordern, dass die Landver- Partner aus den Ländern des Südens ein. tun dies mehrmals täglich. Denen fällt gabe nach strengen, internationalen K O N S TA N T I N F R A N C K E [ I N T E R V I E W ] Weitere Informationen zur Kampagne „Niemand is(s)t für sich allein“ finden Sie unter: www.brot-fuer-die-welt.de/ernaehrung 17 Projektträger: CHIRAPAQ Finanzierung „Brot für die Welt“ (zwei Jahre): w 125.305,– WAS KOSTET WIE VIEL? Sichel: w 10,– Spitzhacke: w 20,– Komplettes Werkzeugset: w 50,– Kleinbäuerin Alejandra Juscamaita mit Sohn Robert bei der Kartoffelernte. 18 E R N Ä H R U N G S I C H E R N DAS COMEBACK DER TOLLEN KNOLLE Schon vor Urzeiten wurden in Peru Kartoffeln angebaut. In dem Andenland gibt es rund 3.800 verschiedene Sorten – die jedoch kaum noch jemand kennt. Die Bauernorganisation CHIRAPAQ hilft, diese einzigartige Vielfalt zu bewahren und die Ernährung der Bevölkerung zu sichern. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie ab 1. 9. 2011 unter: www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/chirapaq 19 —— Lächelnd hält Raúl Inostroza die dunkle, knollige Einig ist sich das Bauernpaar, dass sich die Umstellung Kartoffel in die Höhe, die er soeben aus dem Acker auf die traditionellen Sorten, die schon die Vorfahren gegraben hat. „Das ist ‚die Schwarze, die die Schwieger- der Inka kannten, lohnte. Zwar war der Ertrag auf ihrem tochter zum Weinen bringt‘“, sagt der Agraringenieur 1,5 Hektar kleinen Acker im letzten Jahr gering, doch lag auf Quechua, der heute noch gebräuchlichen Indiospra- das daran, dass das Wetter verrücktspielte. Die Nach- che in Perus Andenhochland. Augenzwinkernd erläutert barn, die auf Monokulturen und Agrochemie setzten, der Ausbilder der Bauernorganisation CHIRAPAQ die Her- traf es noch schlimmer. „Die ernteten zwar etwas mehr, kunft des eigenartigen Namens: Nur diejenigen jungen doch jetzt sind sie hochverschuldet. Da bleibt nichts Frauen, die die stark gefurchte Knolle sauber schälen mehr übrig”, sagt das Bauernpaar. Es sieht nur eine konnten, kamen früher als Braut in Frage. So jedenfalls Alternative, nämlich die Rückbesinnung auf die Kultur will es die Sage. der Inka: „Wir müssen zukünftig noch mehr arbeiten, wie es die Inka taten: zu verschiedenen Zeitpunkten aus- „Falkenkopf“ und „Ohr des Uhus“ säen, an verschiedenen Orten. Leider macht dies heute Mehr als 100 traditionelle Kartoffelsorten hat CHIRAPAQ kaum noch jemand.“ mit Unterstützung von „Brot für die Welt“ in der Regi- Die Region Vilcashuamán, „die Erde des heiligen Fal- on um das Andenstädtchen Vilcashuamán wieder hei- ken“, war einst reich. Davon zeugen heute noch die Rui- misch gemacht. Ihre ungewöhnlichen Formen und Far- nen des Sonnentempels und der Ushnupyramide, die zu ben spiegeln sich in den poetischen Namen wider. Da ist den ersten Bauwerken des legendären Inka-Herrschers Pachacútec gehörten. Unter dem selbst ernannten Sohn der Sonne stieg das Inkareich Ende des 15. Jahrhunderts zum beherrschenden Imperium Südamerikas auf. Vilca shuamán war eines der Verwaltungszentren. Grundlage des Reichtums waren die Landwirtschaftsreformen Pachacútecs. Hunger war unter seiner Regierung selten, wie Ausgrabungen zeigen. Bettelarme Region Anders als zu Zeiten des Inka-Imperiums ist die Region heute bettelarm. „Es gibt viele unterernährte Kinder. Der Hunger hat zugenommen“, klagt Hugo Salvatierra, Leiter von CHIRAPAQ in Vilcashuamán. Mehr als ein Drittel der Familien dort lebt heute in extremer Armut. Sechs von zehn Kindern sind unterernährt. Grund für die desolate Lage ist laut Salvatierra zum einen die verfehlte Agrarpolitik Perus. Denn die Regierung fördert lediglich die auf den Export ausgerichtete, industrialisierte Landwirtschaft. Vergessen geht dabei die Mehrheit der Kleinbauern, die mit Betrieben zwischen einem und drei Hektar mehr schlecht als recht leben. Die Ruinen der Ushnupyramide erinnern an die Blütezeit des Inka-Imperiums. der violett-weiß gefleckte „Falkenkopf“, die weiß-rotgestreifte „Löwenfährte“ oder das verschrumpelte „Ohr des Uhus“. Stolz präsentiert Inostroza die Sorten, die er auf seinen Motorradfahrten durch abgelegene Andendörfer zusammengetragen hat. Auch das Bauernpaar Mario Ochante und Alejandra Juscamaita, auf deren Acker der 50-Jährige seine Weiterbildung abhält, schätzt die wiedergewonnene Vielfalt. Die resolute Bäuerin liebt die gelb-rot gestreifte „Kleine Peruanerin“ und den dunkelvioletten „Kuhschwanz“: „Sie sind schnell gekocht und schmecken gut.“ Ihr Mann hingegen schwört auf die „Weiße Blume“: „Sie ist resistent gegen viele Schädlinge.“ 20 Bauer Mario Ochante mit den Früchten seiner Arbeit. E R N Ä H R U N G S I C H E R N Mehr als 100 traditionelle Kartoffelsorten hat CHIRAPAQ in der Region wieder heimisch gemacht. 21 Heute ist die Gegend um Vilcashuamán bettelarm. Unter Inkaherrscher Pachacútec blühte die Region auf. Zum anderen leidet Vilcashuamán wie keine andere Regi- die bunte Mischung auf den Feldern, die in Peru sonst on unter den Folgen von Perus blutigem Guerrillakrieg. nur selten zu sehen ist. Hier wachsen Hafer, Gerste, Sau- Von 1982 bis 1993 kämpfte hier der „Leuchtende Pfad“ bohnen, Sauerklee, Kapuzinerkresse und Andenhirse. mit Waffengewalt gegen die Armut. Die Armee schlug ebenso brutal zurück. 100.000 Menschen starben oder Von Bauer zu Bauer verschwanden spurlos, die meisten von ihnen waren Weitergegeben wird das Wissen im Erfahrungsaustausch unschuldige Bauern, die zwischen die Fronten gerieten. zwischen den Bauern, der Methode, die „Brot für die Zurück blieben Tausende von Witwen und Waisen, eine Welt“ auch in anderen Ländern fördert. Inostroza und verängstigte Bevölkerung sowie eine ruinierte Landwirt- Salvatierra bilden ausgewählte Bauernfamilien in den schaft. „Mit dem bewaffneten Konflikt ging viel traditio- Dörfern weiter, die so genannten „Promotoren“. Diese nelles Wissen verloren“, bedauert Salvatierra. In dieser wiederum teilen ihr Wissen mit den Nachbarn. „Mit der Zeit entstand auch CHIRAPAQ, als Selbsthilfeorganisati- Methode ‚Von Bauer zu Bauer‘ verbreiten sich die Kennt- on der bedrohten Bauern. nisse in den Dörfern. Die Promotoren müssen dabei Vorbild und Anführer sein”, erläutert Inostroza. Bunte Vielfalt Heute kommt eine neue Bedrohung hinzu, nämlich der lung im Dorf Estanciapata. Dort entwickelte der Promo- Klimawandel. „Wir fürchten, er hat erst begonnen. Die tor Kariel Vilcapoma einen auf die lokalen Verhältnisse Auswirkungen auf die Landwirtschaft werden in Zukunft abgestimmten Biokompost, den er in einem von „Brot schlimmer werden“, mahnt Salvatierra. Genau darum für die Welt“ finanzierten Austausch kennenlernte. Sie- unterstützt CHIRAPAQ die Wiedererlangung der biolo - ben weitere Bauernfamilien haben sein Verfahren inzwi- gischen Vielfalt. Dazu gehört nicht nur die Wiederent- schen übernommen. Und die Gemeindebewohner wähl- deckung der traditionellen Kartoffelsorten. Die Indio- ten ihn prompt zum Dorfbürgermeister. bauernorganisation fördert auch weitere traditionelle 22 Besonders gut funktioniert hat die Wissensvermitt- Begünstigt wird der Erfahrungsaustausch durch das Nutzpflanzen, mit sichtbarem Erfolg. In den 16 Dörfern in den Anden weit verbreitete Prinzip des Ayne, des soli- um Vilcashuamán, in denen CHIRAPAQ aktiv ist, besticht darischen und unentgeltlichen Tauschs unter Kleinbau- E R N Ä H R U N G S I C H E R N Dank der Arbeit von CHIRAPAQ haben sich auch die Geschlechterrollen verändert. ern. Auch dieser Brauch geht auf die Inka zurück. Es war der ganzen Familie.“ Auffällig viele Bauernfamilien in der das einzige Imperium in der Geschichte der Menschheit, Region Vilcashuamán bemühen sich um Gleichberechti- das ohne Geld auskam und stattdessen auf Tausch und gung im Alltag. So etwa das Bauernpaar Lucas Tenorio Solidarität baute. und Alejandrina León im Dorf Chito. Der kräftige Mann Nicht in allem folgt CHIRAPAQ jedoch dem Vorbild der ist nicht nur bei schwerer Feldarbeit zu finden. Neuer- Inka. Anders als der Sonnensohn Pachacútec setzt die dings hilft er auch in der Küche, wäscht die Wäsche oder Indiobauernorganisation auf die Gleichberechtigung kümmert sich um die beiden Kinder. Tenorio hat daran von Mann und Frau. Rund die Hälfte der 46 Promotorin- ebenso Gefallen gefunden wie an der neu praktizierten nen und Promotoren sind weiblich. Rita Castro, Ausbil- Familiendemokratie: „Wir reden jetzt immer miteinan- derin neben Inostroza und Salvatierra, erklärt warum: der. Unsere Familie ist seither besser organisiert. Wir „Wir arbeiten mit den Frauen, weil man über sie viel essen besser. Und wir leben besser.“ erreicht. Wenn man die Frauen weiterbildet, hilft man M AT T H I A S K N E C H T [ T E X T ] C H R I S T O F K R A C K H A R D T [ F O T O S ] Stichwort rungsmittel produziert werden. Ihr Hunger Ernährungssicherung ist der zentrale Schwer - Ernährung sichern hat verschiedene Ursachen: Viele Klein - punkt der Arbeit von „Brot für die Welt“: bauern verfügen über zu wenig oder • Wir helfen Kleinbauern, mit umweltfreund- unfruchtbares Land. Häufig fehlt es ihnen lichen und standortgerechten Methoden Fast eine Milliarde Menschen leiden unter auch an den nötigen landwirtschaftlichen Hunger und Unterernährung – das heißt, Kenntnissen. Aber auch die ungerechten • Wir unterstützen Organisationen von Klein- hohe Erträge zu erzielen. etwa jeder siebte Mensch auf der Welt hat Strukturen des Welthandels spielen eine bauern und Landlosen in ihrem Eintreten nicht genug zu essen. Besonders tragisch Rolle. Denn sie benachteiligen die Bauern für Landreformen. daran ist: 80 Prozent der Hungernden in den Ländern des Südens gegenüber den leben auf dem Land, also dort, wo Nah- Landwirten in den Industrienationen. • Wir setzen uns gemeinsam mit unseren Partnern für gerechte Handelsbedingungen ein. 23 N E I N Z U R G E W A LT In weiten Teilen der Neun-Millionen-Einwohner-Metropole Kinshasa herrschen Gewalt, Bandenkriege und oftmals auch Anarchie. Die Polizei ist nicht in der Lage, für Ordnung zu sorgen. Mit mehreren Hundert Freiwilligen versucht die Organisation LIFDED, Frieden zu stiften. 24 M E N S C H E N R E C H T E & F R I E D E N Projektträger: LIGUE DES FEMMES POUR LE DÉVELOPPEMENT ET L’ÉDUCATION À LA DÉMOCRATIE (LIFDED) Finanzierung „Brot für die Welt“ (drei Jahre): w 225.825,– WAS KOSTET WIE VIEL? Gebühr für das Einreichen einer Vergewaltigungsklage: w 10,– Medizinische Untersuchung eines Gewaltopfers (inkl. HIV-Test): w 50,– Produktion einer Radiosendung zum Thema Gewalt: w 100,– Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie ab 1. 9. 2011 unter: www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/lifded 25 Die zehnjährige Françoise berichtet von ihrer Vergewaltigung. Grâce Lula (r.) hört aufmerksam zu. —— Ihre Mutter sagt gar nichts mehr. Sie starrt mit lee- das Stück Stoff in der Hand. Als sie danach greift, packt rem Blick vor sich hin, während der Ventilator leise surrt. er sie am Arm und zerrt sie ins Haus. Er stopft ihr das Françoise sitzt mit hochgezogenen Schultern neben ihr Tuch in den Mund, presst sie auf den Boden, drückt ihr und vergräbt eine Hand unterm T-Shirt auf dem Bauch. die Kehle zu. Zerrt sich die Hose runter und vergewal- Jetzt muss sie es selbst erzählen. Die Frau von der Hilfs- tigt sie. Als er endlich von ihr ablässt, rennt sie heulend organisation rückt mit ihrem Stuhl an sie heran, nimmt aus dem Haus. Ihre Mutter hört dieses fürchterliche Wei- ihre freie Hand fest zwischen ihre eigenen. „Françoise, nen, sie sitzt noch mit der Nachbarin zusammen, doch wie ist es passiert?“ sie erkennt die Stimme ihrer Tochter nicht. Das zehnjährige Mädchen spricht mit leiser Stimme. Ein paar Sekunden lang dehnt sich die Stille im Büro Berichtet, wie die Nachbarn abends mit ihrem Baby zu der Hilfsorganisation LIFDED. Grâce Lula, die Leiterin, hält Besuch kommen. Dass der Mann schon bald wieder noch immer die Hand des Mädchens. Dann wendet sie geht, während die Frau noch bleibt. Und dass sie ihm sich an die Mutter: „Seid ihr bereit, bis ans Ende zu das Baby wenig später bringen soll, weil es eingeschla- gehen?“, fragt sie. Die Frau, die sich bis dahin kaum fen ist. Also wickelt sie das Kind in ein Tuch, trägt es zum bewegt hat, hebt ihren Kopf: „Auf jeden Fall.“ Nachbarn, legt es ihm in den Arm. Doch der Säugling 26 wird wach, weint, Françoise nimmt ihn wieder an sich, Begleitung bis zum Anwalt eilt zurück. „Wo hast du mein Tuch?“, will ihre Mutter Bis ans Ende gehen, das heißt: Untersuchung im Kran- wissen. Sie hat es beim Nachbarn vergessen. Sie geht kenhaus, Vernehmung durch die Polizei, Einreichen einer wieder hinüber, er hat die Fensterläden schon geschlos- Klage gegen den Täter. In der Demokratischen Republik sen. Françoise ruft nach ihm, er öffnet die Tür und hat Kongo ist das alles andere als eine Selbstverständlichkeit. M E N S C H E N R E C H T E & F R I E D E N Friedensstifter Boniface Yamba (Bildmitte) vermittelt in einem Streitfall. Obwohl das Gesetz seit 2006 Vergewaltigung unter Strafe stellt und Präsident Joseph Kabila „null Toleranz“ gegenüber den Tätern proklamiert hat, zählt sexuelle Gewalt nicht nur im kriegsgeplagten Osten des Landes zum Alltag. Auch in der Hauptstadt Kinshasa ist sie ein wachsendes Problem. „Es ist, als ob die Männer die Justiz herausfordern wollten“, sagt Grâce Lula. Urbain Bizadi steckt den Kopf in die Tür, er ist einer der Mitarbeitenden von LIFDED, spezialisiert auf sexu elle Gewalt. Am Abend zuvor hatte er die Gerüchte über die Vergewaltigung von Françoise gehört und war zu ihrer Familie gefahren. Jetzt will er das Mädchen ins Krankenhaus bringen. Die Erklärung, dass LIFDED die Kosten der Untersuchung tragen wird, hat er schon getippt. Denn ohne die würde ein Arzt gar nicht erst tätig. Später wird er sich an die Polizei wenden und einen Anwalt suchen. „Frieden schaffen heißt, gerechte Beziehungen herzustellen“, sagt Grâce Lula, nachdem Mutter und Tochter das Büro verlassen haben. Hervorgegangen aus einer ländlichen Hilfsorganisation für Frauen, setzt sich LIFDED heute in den drei ärmsten Vierteln von Kongos Hauptstadt Kinshasa für Konfliktbewältigung, Menschen rech- In den Armenvierteln von Kinshasa fehlt es an allem. te und Demokratie ein. 12 Männer und Frauen arbeiten Die große Not führt immer wieder zu Gewalt. im Büro, hinzu kommen mehrere Hundert eigens ausgebildete Mediatoren, so genannte „Friedensstifter“, die unter anderem Familienzwiste, Ehekrisen, Nach barschaftskonflikte, Arbeitsstreitigkeiten und Verleumdungsfälle lösen. Einsatz in der „roten Zone“ Die Friedensstifter arbeiten in Masina, Kimbanseke und N’Djili – den bevölkerungsreichen östlichen Stadtvierteln von Kinshasa, die aufgrund ihrer Gefährlichkeit als „rote Zone“ gelten. Dort fehlt es an Wasser, Strom und Straßen. Eine Dose Milchpulver kostet zehn Dollar. Die Alternative: Brot und Zuckerwasser. „Hinter vielen Gewalttaten steckt die pure Not“, sagt Grâce Lula. Jugendliche rauben Händler aus, statt die Schule zu besuchen. Polizisten – seit Monaten nicht bezahlt – schikanieren Bürger und kassieren ab. Eltern setzen ihre Kinder aus. Edouard A. Gatembo nu-Kaké kann ein Lied davon singen. Er ist Bürgermeister von Kimbanseke, der größten Gemeinde Kinshasas mit 46 Bezirken und zwei Millionen 27 gemeldeten Einwohnern. 80 Prozent der Bevölkerung lebt hatten. „Die Leute saßen heulend da“, erzählt Grâce sind jung. Viele haben keinen Job, manch einer aber eine Lula. Am Ende der zahlreichen Workshops stand die Dring - Waffe. Besonders abends, wenn die östlichen Stadtvier- lichkeitsliste der zu lösenden Probleme fest: 1. Gewalt, tel in der Dunkelheit versinken, wird es gefährlich. 2. Armut, 3. Aids, 4. Fehlende Menschenrechte, 5. Ge walt „Wir brauchen Organisationen wie LIFDED“, sagt der Bürgermeister, der einräumt, dass er und seine Ord- gegen Frauen. Und der sehnliche Wunsch: „Wir wollen von der ‚roten‘ zur ‚grünen Zone‘ werden.“ nungskräfte nur punktuell eingreifen können. Er weiß, Inzwischen arbeiten in Masina, N’Djili und Kimban seke dass die Friedensstifter in manchen Bezirken bekannter an die 400 Mediatorinnen und Mediatoren von LIFDED. sind als der Bezirksvorsteher. Und dass die Bevölkerung Viele Menschen rufen „ihren“ Friedensstifter an, wenn ihnen vertraut. sich Nachbarn streiten, Jugendliche und Polizisten im Clinch liegen oder Ehemänner zuschlagen. Er oder sie Sehnsucht nach Frieden spricht mit allen Beteiligten, verhandelt bei Bedarf auch Kaum eine Hilfsorganisation wagt sich in diese Stadtge- mit der Polizei und bringt den Fall zu einer Lösung. biete vor. Anders LIFDED: Die Organisation begann 2001 damit, systematisch Vertreter von Kirchen, Schulen und Klare Absprache mit der Polizei Behörden zu befragen: „Welche Gewalt haben Sie er lebt? Kimbanseke, die Polizeistation. Leiter Richard Mapele Was wünschen Sie sich für Ihr Viertel?“ Jugendliche spiel - diskutiert in seinem kleinen Büro mit einem LIFDED-Mit- ten in Theaterstücken vor, welche Grausamkeiten sie er - arbeiter und einem zerstrittenen Paar. Auch vom Fall der Die Polizei in Kinshasa (links die Wache in Kimbanseke) kleinen Françoise hat er gehört. LIFDED hat gute Bezie- ist mit ihren Aufgaben völlig überfordert. hungen zu seiner Wache, das zahlt sich aus. „Wir haben Bürgermeister Edouard A. Gatembo nu-Kaké (rechts) „den Frieden.“ Dass er die Arbeit der Hilfsorganisation ak - ist dankbar für die Unterstützung von LIFDED. zeptiert, ist keine Selbstverständlichkeit, denn an fangs ein gemeinsames Ziel“, sagt der Kommissar feierlich, witterte die Polizei Konkurrenz. Doch jetzt schätzt der örtliche Polizeichef die Arbeit der Friedensstifter so, dass er scherzt: „Wir fragen manchmal bei denen nach, wie es in dem und dem Bezirk läuft.“ Ihre Arbeitsteilung ist klar: Straftaten sind Sache der Polizei, Fälle, die gütlich gelöst werden können, Sache der Mediatoren. Nur 28 M E N S C H E N R E C H T E & F R I E D E N Friedensengel: LIFDED setzt sich dafür ein, dass auch die Kinder in Kinshasa wieder sicher sind. bei einer Straftat schaltet sich LIFDED regelmäßig ein lag daran, dass er den Wohnbezirk von Françoise schon und pocht auf die Einhaltung des Gesetzes: bei sexuel- für die Thematik sensibilisiert hatte. „Wenn ihr das ler Gewalt. „Viele Polizisten halten das für ein Bagatell- Schweigen nicht brecht, stärkt ihr die Täter“, hatte er delikt, das man mit einer symbolischen Entschädigung ihnen eingeschärft. „Denkt immer daran: Morgen könnt wiedergutmachen kann“, klagt Mediator Urbain Bizadi. ihr das Opfer sein.“ Auch im Fall von Françoise hatte die Polizei dem Täter Der Appell hat gefruchtet. Der Mann, der Urbain Bizadi schon angeboten, sich mit 50.000 kongolesischen anrief und verhinderte, dass der Fall unter den Teppich ge - Francs, etwa 40 Euro, freizukaufen. Dass der Fall dem kehrt wird, stand dem Täter sehr nah. Es war sein Cousin. Friedensstifter Urbain Bizadi überhaupt zu Ohren kam, KIRSTEN WÖRNLE [TEXT] CHRISTOPH PÜSCHNER [FOTOS] Die Wahrung der Menschenrechte und die Stichwort flikte ist die Missachtung der Menschen- Menschenrechte und Frieden rechte. In vielen Entwicklungsländern sind Sicherung des Friedens zählen zu den zen- Justiz, Polizei und Militär keine neutralen tralen Zielen von „Brot für die Welt“: Institutionen, sondern werden für den • Wir stehen Menschen bei, die Opfer von Mehr als 30 Kriege und bewaffnete Kon - verletzungen sind an der Tagesordnung. • Wir fördern den Dialog zwischen den Reli- flikte werden derzeit auf der Welt geführt. Günstlingswirtschaft, Korruption und feh- gionen und die Versöhnung verfeindeter Hunderttausende Tote sowie Millionen Ver - lende Rechtssicherheit verhindern, dass Volksgruppen. Machterhalt missbraucht. Menschenrechts - wundete und Flüchtlinge sind die Folge. Menschen ihr Schicksal in die eigene Hand Eine der Ursachen für bewaffnete Kon - nehmen können. staatlicher Willkür geworden sind. • Wir helfen dabei, demokratische Strukturen aufzubauen. 29 Als 19-Jährige wurde Lam Thi Ha mit einem Taiwanesen verheiratet. Mit Schrecken denkt sie an ihre Ehe zurück. 30 F R A U E N FRAUEN SIND KEINE WARE In der Hoffnung, der Armut zu entfliehen, vertrauen viele junge Frauen im Süden Vietnams ihr Schicksal geldgierigen Menschenhändlern an. Die verhökern sie als Prostituierte oder gefügige Ehefrauen ins Ausland. Die Frauenunion von Soc Trang hilft Betroffenen und betreibt Aufklärung. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie ab 1. 9. 2011 unter: www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/stwu 31 Thach Thi Sinh mit ihren beiden Kindern und ihrer Schwiegermutter. Die Vergangenheit lässt sie nicht los. —— Bevor Thach Thi Sinh beginnt, mit heiserer Stimme te das Zehnfache verdienen“, sagte die Frau zu ihr. Sinh von ihrer Vergangenheit zu erzählen, schickt sie ihre überlegte nicht lange. „Ich war damals 27, noch ledig, Kinder zum Spielen. Der 12-jährige Sohn und die 10- und meine Eltern waren krank.“ „Das ist meine Chance“, jährige Tochter sollen nichts wissen von den schreck - dachte ich. Sinhs Augen füllen sich mit Tränen. Immer lichen Erlebnissen ihrer Mutter, die nun schon so lange schneller drängen die Worte jetzt aus ihr heraus: „Am zurückliegen und sie doch bis auf den heutigen Tag ver- nächsten Morgen brachen wir auf, zusammen mit sie- folgen. Und so wartet die kleine, zierliche 42-Jährige, bis ben anderen Frauen aus meinem Dorf. Nach einiger die beiden ordentlich gekleideten Sprösslinge folgsam Zeit überquerten wir die Grenze. Bald darauf erreichten die bescheidene Wellblechhütte verlassen haben, die die wir ein großes Haus. Plötzlich war die fremde Frau ver- Familie ihr Zuhause nennt. schwunden, und es tauchten drei Männer auf.“ Sinh be - „Eines Tages, als ich von der Arbeit auf dem Feld zurückkam, sprach mich eine fremde Frau an“, erzählt ginnt zu schluchzen. „Da begriff ich, dass wir in einem Bordell gelandet waren!“ Sinh, während ihre faltigen Hände unaufhörlich ein 32 Taschentuch kneten. „Sie fragte mich, ob ich nicht mehr Armut und Analphabetismus Geld verdienen wolle.“ Als Tagelöhnerin kam sie damals Geschichten wie diese kennt Nguyen Thi Kim Huong zur auf circa 70.000 Vietnamesische Dong im Monat – knapp Genüge. Die resolute 45-Jährige ist Leiterin eines von drei Euro. „In Kambodscha kannst du als Hausangestell- „Brot für die Welt“ unterstützten Projektes der Frauen- F R A U E N union von Soc Trang, einer Provinz ganz im Süden boden. Monatelang sah ich weder den Mond noch die von Vietnam. „Frauenhandel ist im ganzen Land ein Pro- Sonne.“ Dann konnte sie den Wächter überlisten und blem“, sagt sie. „Aber hier ist es besonders groß – nicht fliehen. Sie fand Unterschlupf bei einer Khmer-Familie, nur wegen der nahen Grenze zu Kambodscha, sondern die ihr auch Geld für die Rückkehr nach Vietnam lieh. auch aufgrund der hohen Armut und dem geringen Bildungsniveau der Bevölkerung.“ Wieder in ihrem Heimatdorf Vinh Tan angekommen stand Sinh vor dem Nichts. „Gott sei Dank habe ich der Frauenunion von meinem Schicksal erzählt“, sagt sie. Die Zehn Freier pro Tag Organisation gab ihr einen Kleinkredit in Höhe von um - Die Provinz Soc Trang liegt im Mekong-Delta, der am gerechnet rund 75 Euro. Davon kaufte sie sich Samen dichtesten besiedelten Region Vietnams. Obwohl die und Holz für einen kleinen Marktstand. Auf einem ge - Gegend fruchtbar ist, leben viele Menschen am Existenz- pachteten Stück Land begann sie Zwiebeln zu züchten, minimum. Besonders gilt dies für die ethnische Minder- nach und nach kamen andere Gemüsesorten dazu. Heu- heit der Khmer. Sie wanderten in vergangenen Jahrhun- te bietet sie auch Tomaten, Gurken, Bohnen, Süßkartof- derten aus Kambodscha ein, wo sie bis heute die größ- feln, Weißkohl, Chili, Knoblauch und Ingwer zum Verkauf te Bevölkerungsgruppe stellen. In Vietnam besitzen die an. Damit verdient sie deutlich mehr als ihr Mann und ge - Khmer meist kein Land und müssen sich daher wie Thach nug, um nicht nur die beiden Kinder ernähren, sondern Thi Sinh als Tagelöhner in der Landwirtschaft verdingen. auch noch ein wenig Geld zur Seite legen zu können. Viele Frauen können weder lesen noch schreiben. Menschenhändler nutzen ihre Naivität gnadenlos aus. „Es sind Der Traum vom Märchenprinzen jedoch nicht immer Fremde, die diese Frauen verkau- Auch Lam Thi Ha, 27, bekam von der Frauenunion ein fen“, sagt Huong. „Oft sind es auch Verwandte, manch- Darlehen. Die blasse junge Frau hat es genutzt, um ein mal sogar die Mütter.“ kleines Straßencafé zu eröffnen. Nun steht sie ganz in Thach Thi Sinh hatte Glück im Unglück. Im Unter- schwarz gekleidet hinter dem Tresen – einem ausran- schied zu den anderen Frauen aus ihrem Dorf, die bis zu gierten Toilettenschränkchen – kocht Tee und Kaffee und zehn Freier pro Tag zu bedienen hatten, musste sie nicht zerstößt Eis für Erfrischungsgetränke. als Prostituierte arbeiten – zum einen, weil sie ständig Vor acht Jahren hatte Ha ihren Geburtsort Song Phung weinte, zum anderen, weil sie nach Ansicht der Bordell- Richtung Saigon verlassen. Eine Bekannte hatte sie ge - besitzer zu hässlich war. Stattdessen diente sie als Mäd- fragt, ob sie nicht einen reichen Ausländer heiraten chen für alles: Sie wusch Wäsche, kochte, putzte die Toi- wolle. „Meine Familie ist arm, was sollte ich schon ant- lette – ohne Gehalt, ohne eigenes Zimmer und ohne worten?“, sagt die junge Frau. Im Haus eines Heirats - Mög lichkeit, das Haus zu verlassen. „Meist saß ich neben vermittlers wartete sie auf Interessenten. Schon bald dem WC“, erzählt sie. „Nachts schlief ich auf dem Fuß- tauchte ein 32-jähriger Taiwanese auf. „Er war groß, gut Viele junge Vietnamesinnen träumen In zahlreichen Fotostudios kann man Hochzeitskleider von einer Heirat mit einem reichen Ausländer. leihen – denn kaum jemand kann sie sich kaufen. 33 angezogen und schien ein höflicher Mensch zu sein.“ Bereits sechs Tage später fand die Hochzeit statt, kurz Projektträger: SOC TRANG WOMEN’S UNION (STWU) darauf zog Ha zu ihrem Mann nach Taiwan. „Wie auf dem Sklavenmarkt“ Finanzierung „Brot für die Welt“ (drei Jahre): w 63.705,– „In der Millionenstadt Saigon gibt es Hunderte solcher illegalen Heiratsvermittler“, erläutert Projektkoordina torin Nguyen Thi Kim Huong. „Sie halten immer eine große Zahl von jungen Frauen bereit. Wenn nun ein heiratswilliger Ausländer erscheint, wird eine Show organisiert, in der sich die jungen Frauen – natürlich hübsch hergerichtet – präsentieren. Der Mann sucht sich dann dieje- WAS KOSTET WIE VIEL? Informationsveranstaltung in einer Schule: w 10,– Entwicklung eines Rollenspiels: w 40,– Kleinkredit zum Aufbau einer eigenen Existenz: w 75,– nige aus, die ihm am besten gefällt – ein bisschen wie auf dem Sklavenmarkt.“ Überflüssig zu erwähnen, dass die Frau nicht nein sagen darf. Für die Heiratsvermittler ist dies ein einträgliches Geschäft. Rund 1.000 US-Dollar, also circa 750 Euro, muss ein Ausländer für eine vietnamesische Frau zahlen. 10 bis 20 Prozent davon gehen an die Familie der Braut, die den Betrag in der Regel schon für die Anreise zur Heute betreibt Lam Thi Ha ein kleines Straßencafé. Hochzeitsfeier benötigt. Der Rest bleibt beim Vermitt- Ihre Fotos von Mann und Kindern hat sie aufbewahrt. mit ihrem vermeintlichen Märchenprinzen kein Glück. ler beziehungsweise der Vermittlerin – denn in der Bran- Schon bald nach der Geburt des ersten Kindes entpupp- che sind auch viele Frauen tätig. te sich der Bauarbeiter als Alkoholiker, Frauenheld und Gewalttäter. „Er kam immer später nach Hause. Und 34 Die Scham der Opfer wenn das Baby weinte, rastete er aus“, erinnert sich Ha. Natürlich sind es meist keine Traummänner, die sich in „Dann schlug er mich – und manchmal auch unser Kind.“ Vietnam eine junge, anschmiegsame Partnerin suchen. Dennoch blieb sie bei ihm. Weil sie nicht wusste, wohin „Oft sind es diejenigen, die in ihrem eigenen Land kei- sie sich wenden sollte, und weil er versprach, sich zu ne Frau gefunden haben“, sagt Huong. „Alte Männer, Be - bessern. Aber auch nach der Geburt des zweiten Kindes hinderte, gering Qualifizierte.“ Auch Lam Thi Ha hatte blieb alles beim Alten. Erst nachdem er sie mit einer lee- F R A U E N Bei Ut Thieu (l.) lernen junge Frauen, Körbe zu flechten. So können sie ein kleines Einkommen erzielen. ren Bierflasche schwer am Kopf verletzt hatte, suchte Ha ein kleiner Teil der betroffenen Frauen in ihr Heimatdorf Zuflucht in der vietnamesischen Botschaft. zurückkehrt, ist dies nur die Spitze des Eisbergs. Nach ihrer Rückkehr litt die junge Frau unter schwe- Den Opfern wieder ein normales Leben zu ermögli- ren Depressionen – auch weil sie ihre beiden Kinder in chen – das ist das eine Ziel der Organisation. Das ande- Taiwan zurücklassen musste. Inzwischen geht es ihr bes- re, vielleicht noch wichtigere, lautet, Frauenhandel zu ser. Die seelische Unterstützung durch die Frauenunion verhindern. Die Frauenunion finanziert daher unter an - hat ihr gut getan. „Viele Rückkehrerinnen werden nicht derem Einkommen schaffende Maßnahmen für Schulab- nur von den Nachbarn diskriminiert, sie setzen sich auch brecherinnen. Die lernen zum Beispiel, Körbe zu flech- selbst herab“, sagt Nguyen Thi Kim Huong. „Sie schämen ten und falsche Wimpern für die Kosmetikindustrie her- sich für das, was passiert ist, und suchen die Schuld da - zustellen. Die Maßnahmen sollen helfen, die wirtschaft- für bei sich selbst. Dabei sind doch sie die Opfer.“ liche Situation der jungen Frauen zu verbessern – damit sie weniger anfällig für die falschen Versprechungen der Aufklärung als wichtigstes Ziel Menschenhändler sind. Vor allem aber betreibt die Or - Niemand weiß, wie viele vietnamesische Frauen Jahr für ganisation Aufklärung: Ihre haupt- und ehrenamtlichen Jahr ins Ausland verkauft werden – sei es als Prostitu - Mitarbeiterinnen gehen immer wieder in Schulen und zu ierte oder als gefügige Gattinnen. Lediglich die Zahl der Dorfversammlungen, veranstalten Rollenspiele und zei- Rückkehrerinnen ist bekannt, zumindest in der Pro- gen Filme. Damit auch der (und die!) Letzte be greift: vinz Soc Trang. Die Frauenunion hat hier bei einer 2009 Frauen sind keine Ware. durch geführten Studie 339 Fälle ermittelt. Da aber nur THORSTEN LICHTBLAU [TEXT] F R A N K S C H U LT Z E [ F O T O S ] Stichwort noch die Ehegatten, Väter und Brüder, die „Brot für die Welt“ setzt sich auf verschie- Frauen über ihren Kopf hinweg entscheiden, wie dene Arten für die Belange von Frauen ein: lange sie zur Schule gehen, wen sie in wel- • Wir fördern Frauen und befähigen sie, ihre chem Alter heiraten oder wie viele Kinder Trotz weitgehender rechtlicher Gleichstel- sie bekommen. Frauen werden in vielerlei lung haben Frauen bis heute in den meis- Hinsicht herabgesetzt: Sie verdienen deut- ten Entwicklungsländern sehr viel weniger lich weniger als Männer. Sie besitzen nur Rechte einzufordern. • Wir unterstützen Männer darin, traditionelle Rollenbilder zu hinterfragen. • Wir achten in allen unseren Projekten da- Möglichkeiten zu einem selbstbestimmten selten Land. Und sie sind häufig Opfer von rauf, dass Frauen und Männer in gleichem Leben als Männer. Häufig sind es immer häuslicher oder sexueller Gewalt. Maße von unserer Hilfe profitieren. 35 FUSSBALL FÜR DAS LEBEN In den Elendsvierteln von Costa Ricas Hauptstadt San José haben Kinder und Jugendliche kaum Zukunftsperspektiven. Alkohol, Drogen und Gewalt prägen den Alltag, Arbeit gibt es kaum. In einem außergewöhnlichen Sportprojekt lernen Teenager, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen. 36 K I N D E R & J U G E N D L I C H E Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie ab 1. 9. 2011 unter: www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/fpv 37 —— Wenn die Nacht hereinbricht über San José, hat man vom Armenviertel Tejarcillos aus einen wunderschönen Blick über die Hauptstadt. Sie liegt dann vor einem wie ein riesiges Meer aus Lichtern. Der Anblick vermittelt Ruhe und Frieden. Doch blickt man nicht in die Ferne, sondern in die unmittelbare Umgebung, ist es vorbei mit der Ruhe. In düsteren Gassen lungern zwielichtige Ge stal ten herum. Eben deshalb kommt niemand hier herauf, um die Hauptstadt im Mondschein zu betrachten. Elende Hütten In Costa Rica steht der Name Tejarcillos für bittere Armut, Morde und Drogenhandel. Hier sind viele Arbeitslose gestrandet und Nicaraguaner, die aus dem ärmeren Nachbarland herübergekommen sind. Eigentlich wollten die meisten von ihnen nur ein paar Monate bleiben, um Geld für ihre Familien zu Hause zu verdienen. Doch viele sind schon seit 20 Jahren hier und warten immer noch Trügerische Ruhe: Nachts ist man in Tejarcillos nicht sicher. auf ihre Chance. Fast die Hälfte der 5.000 Bewohner ist jünger als 18 Jahre. In der kleinen Schule wird in vier Schichten unterrichtet, sonst fänden nicht alle Kinder Platz. Die meisten kommen nicht zum Lernen, sagt die stellvertretende Rektorin Dora Solórzano. „Sie kommen, weil es hier eine warme Mahlzeit gibt.“ Vor drei Jahren hat die Regierung versucht, ein bisschen Ordnung nach Tejarcillos zu bringen: Sie hat Häuschen mit Mauern aus Stein und Dächern aus Faserzement bauen lassen. Doch längst nicht alle Familien haben ein neues Zuhause bekommen. Lesbia Rodríguez Martínez zum Beispiel wohnt mit ihren vier halbwüchsigen Jungen noch immer in einer Hütte aus Holzplanken und Wellblech. Um zu ihr zu kommen, muss man durch ein Labyrinth aus ähnlich ärmlichen Unterkünften finden. Es gibt nur schmale Pfade, auf denen modernde Bretter liegen. Die braucht man, um nicht in den auf- Lesbia Rodríguez muss ihre vier Söhne alleine durchbringen. gehäuften Müll oder in tiefe Schlammlöcher zu treten. Perspektiven aufzeigen Im Grunde sind auch die Hütten aus Abfall. Die Bewohner haben sich das Baumaterial auf den Müllhalden der Hauptstadt zusammengesammelt. Strom gibt es, aber nur aus waghalsig angezapften Leitungen. Keine Parks, nicht einmal Bolzplätze. Die Kinder spielen mit ihren verbeulten Bällen in den engen Gassen. Wie so viele hier stammt auch Lesbia, 32, aus Nicaragua. Als sie nach Tejarcillos kam, war sie zehn. Mit 16 brachte sie German zur Welt, ihren Ältesten. Drei weitere Jungen folgten. Vor einem Jahr ließ der Vater die Familie sitzen. Lesbia arbeitete damals in einem Laden für gebrauchte Kleider. Heute ist sie arbeitslos. Trotzdem wirkt sie fröhlich. Doch wenn man sie fragt, wie sie es schafft, ihre Kinder durchzubringen, dann bricht sie in Willkommene Ablenkung: Fußball hilft, die Armut zu vergessen. 38 Tränen aus. „Das weiß ich selbst nicht“, antwortet sie. K I N D E R & J U G E N D L I C H E „Bei uns lernen die Jugendlichen, Regeln einzuhalten“, sagt Trainerin Elieth Artavia. Die 27-Jährige setzt sich durch – auch ohne Pfeife. German war der erste ihrer Söhne, der am Projekt „Fút- mehrmals pro Woche stattfindenden Trainings organi- bol por la Vida“ („Fußball für das Leben“) teilnahm. Das sieren sie Workshops zu Themen wie Freizeitgestaltung, Projekt wurde 2003 von Mitarbeitenden der Lutheri- Drogen, Sexualität, HIV/Aids und häusliche Gewalt. schen Kirche in Costa Rica ins Leben gerufen, um Kinder Lesbia war vom Interesse ihres Sohnes zunächst und Jugendliche aus armen Verhältnissen von der Stra- wenig begeistert. Sie hatte Angst, dass dem Kind etwas ße zu holen und ihnen Perspektiven für eine bessere passieren könne, wenn es Haus und Nachbarschaft ver- Zukunft aufzuzeigen. Inzwischen ist daraus eine profes- lässt. Heute ist sie froh darüber, dass nicht nur German, sionell arbeitende Stiftung geworden, die von „Brot für sondern auch ihre anderen Jungs zu „Fútbol por la Vida“ die Welt“ finanziell unterstützt wird. Für sie arbeiten gehen. „Da kommen sie nicht vom rechten Weg ab.“ An de - ausgebildete Fußballtrainer und Sportlehrerinnen, aber re Jugendliche aus dem Viertel schließen sich in Banden auch Sozialarbeiter und Psychologinnen. Neben den zusammen, überfallen Passanten oder handeln mit Dro- 39 gen. German träumt davon, Fremdenführer zu werden – Platz, bis er sich wieder beruhigt hat. Ein Schiedsrichter oder eben Profifußballer. Jeden Freitag um zehn geht ist überflüssig. Tore haben nur symbolischen Wert. Viel er mit seinen jüngeren Brüdern zum Training. Fußball- wichtiger ist die gemeinsame Analyse am Ende des schuhe haben sie wie die meisten ihrer Mitspieler nicht, Spiels: Was war gut, was war schlecht? Die Mannschaft, die sind zu teuer. Trikots und Bälle stellt die Stiftung. die sich am besten an die selbst auferlegten Regeln gehalten hat, wird schließlich zum Sieger erklärt. Verantwortung übernehmen „Wir wollen hier keine kleinen Maradonas züchten“, „Die Jugendlichen kommen, weil sie Fußball toll finden“, erläutert Norberto Sánchez, ein weiterer Trainer der Stif- sagt die Sportlehrerin Elieth Artavia. Die 27-Jährige trai- tung. „Wir wollen die Jugendlichen erziehen, ihnen Wer- niert zwei Gruppen in Tejarcillos. „Aber bei uns lernen sie te vermitteln.“ Und ihnen helfen, ihr Schicksal in die nicht nur zu kicken, sondern auch Regeln einzuhalten, eigene Hand zu nehmen. Deswegen unterstützt die Stif- die anderen zu respektieren und Verantwortung für sich tung auch eine Gruppe ehemaliger Kicker, die gleich selbst zu übernehmen.“ Elieth ist keine typische Fußball- neben dem Büro von „Fútbol por la Vida“ eine kleine trainerin. Sie erteilt ihre Anweisungen nicht mit der Pfei- Recyclingstelle eingerichtet hat. Verwertbarer Müll wird fe. Wenn es nötig ist, unterbricht die kleine Frau das dort zuerst getrennt und dann verkauft. Zwölf junge Spiel mit ihrer Stimme, oder sie klatscht in die Hände. In Leute verdienen so ein bisschen Geld. Ähnliche selbst den Trainingsstunden wird nicht nach den traditionellen organisierte Projekte sollen folgen. Regeln gekickt. Es geht nicht um Kampf und Sieg. Nach dem Aufwärmen setzen sich die Spielerinnen und Spie- Immer mehr Mädchen ler erst einmal zusammen und stellen ihre eigenen „Inzwischen erreichen wir mit unserem Projekt mehr als Regeln auf. Sie selbst achten dann auf deren Einhaltung. 400 Kinder und Jugendliche in fünf Armenvierteln“, er - Verstößt eine Mannschaft gegen eine Regel, be kommt zählt Eric Chaves, Vorsitzender der Stiftung. Fast die Hälf- die andere einen Freistoß. Beschimpft ein Spieler einen te davon sind Mädchen. Dass die Frauennationalmann- anderen oder greift ihn gar an, muss er so lange vom schaft Costa Ricas zu den besten Mittelamerikas gehört, In der Recyclingstelle trennen die Jugendlichen Müll, um die Wertstoffe anschließend zu verkaufen. 40 K I N D E R & J U G E N D L I C H E Projektträger: FÚTBOL POR LA VIDA (FPV) Finanzierung „Brot für die Welt“ (drei Jahre): w 218.923,– WAS KOSTET WIE VIEL? Netz zum Transport von Bällen: w 10,– Vier neue Fußbälle: w 50,– Trikots für drei Mannschaften: w 100,– Wendoly Guevara (r.) mit ihrer Freundin Jessica Rivera. hat dazu beigetragen, dass Frauen im traditionellen Vater und Mutter, Geschwistern, Schwagern, Cousinen Männersport mittlerweile weitgehend akzeptiert werden und Neffen, insgesamt 17 Personen. Was sie bei „Fútbol – auch wenn es immer noch Jungen gibt, die nicht glau- por la Vida“ gelernt hat? „Zum Beispiel, dass Männer ben wollen, dass Mädchen Fußball spielen können. Frauen nicht schlagen dürfen und dass auch Frauen das Wendoly Guevara kommt seit zwei Jahren zu „Fútbol Recht haben, sich zu vergnügen“, sagt sie. por la Vida“. Zum Training erscheint die 13-Jährige in „Viele Jugendliche sehen ihr Leben inzwischen mit kurzen blauen Hosen, einer schwarzen Bluse und anderen Augen, setzen sich persönliche Ziele und schwarzen Schuhen. Klaglos rennt sie immer wieder den haben einen Plan für die Zukunft“, berichtet Eric Chaves. Abhang am Rand des Spielfelds hinunter, um den Ball zu „Die einen haben beschlossen, eine Ausbildung zu holen, bevor dieser in den kleinen Bach rollt, in dem die machen, andere wollen wenigstens die Mittelschule ab - Bewohner von Tejarcillos ihren Müll abladen. Beim Fuß- schließen. Solche Veränderungen motivieren uns und ball kann Wendoly für kurze Zeit die bedrückende Enge machen uns auch ein bisschen stolz.“ ihres Elternhauses hinter sich lassen: Dort lebt sie mit CECIBEL ROMERO [TEXT] CHRISTOF KRACKHARDT [FOTOS] Stichwort nahe 200 Millionen Heranwachsende zwi- „Brot für die Welt“ setzt sich in vielerlei Kinder und Jugendliche schen fünf und 14 Jahren müssen arbei- Hinsicht für Kinder und Jugendliche ein: ten, ein großer Teil von ihnen unter Bedin- • Wir unterstützen Ernährungs- und Gesund- gungen, die ihre körperliche und geistige heitsprogramme, von denen zuallererst die Unter der Armut in vielen Ländern dieser lionen Kinder und Jugendliche leben ohne • Wir fördern Projekte, die ehemaligen Kinder- Welt leiden Kinder und Jugendliche beson- Schutz und Perspektive auf der Straße. arbeitern, Straßenkindern und Kindersol- ders: Fast zehn Millionen Kinder unter fünf Tausende Jungen und Mädchen werden als daten Schutz und Halt bieten. Entwicklung schädigen. Mehr als 100 Mil- Jahren sterben jedes Jahr an vermeidba- Kindersoldaten missbraucht. Zahlen, die ren Krankheiten und Unterernährung. Bei- wir nicht einfach hinnehmen können! Kinder profitieren. • Wir helfen Kindern und Jugendlichen durch Bildungs- und Ausbildungsprogramme. 41 AUFKLÄRUNG OHNE TABUS Immer noch infizieren sich in Afrika fast zwei Millionen Menschen pro Jahr mit HIV. Mit Offenheit und Beharrlichkeit will die Koptisch-Orthodoxe Kirche den weiteren Vormarsch der Pandemie stoppen. Erste Erfolge sind sichtbar, zum Beispiel in Kenia. —— Schon frühmorgens gesellt sich Patrick zu seinen Trinkkumpanen bei Mama Pima. Seitdem der junge Mann erfahren hat, dass er HIV-positiv ist, hält er sein Leben nüchtern nicht mehr aus. Und jedes Mal, wenn er be trunken ist, schnappt er sich in Mama Pimas Bierpinte ein anderes Mädchen. Heute hat er ein Auge auf Pauline Projektträger: COPTIC ORTHODOX CHURCH (COPTIC) geworfen. Doch bevor er sich ihr nähern kann, stellt sich ihm Victorine in den Weg. „Gönn mir doch meinen Spaß“, lallt Patrick. Doch die resolute Frau gibt nicht nach. „Willst du sie etwa anstecken?“, herrscht sie ihn an. Bedrücktes Schweigen. Gebannt haben rund 20 Men schen die Open-Air-Theateraufführung im Slum Kawangware verfolgt. Doch Victorine Wambura, 29, Aidsberaterin der Koptisch-Orthodoxen Kirche, und ihre Mitarbeitenden haben nicht nur schauspielerisches Talent, sondern auch ein enorm fundiertes Wissen über die Infek- Finanzierung „Brot für die Welt“ (drei Jahre): w 224.423,– WAS KOSTET WIE VIEL? Fahrtkosten für einen Berater pro Woche: w 10,– T-Shirts für das Team in Nairobi: w 50,– Teilzeit-Gehalt für junge Beraterinnen und Berater: w 70,– tionskrankheit. Und so harren die meisten Zuschauer aus, um sich im Anschluss an die Aufführung über An steckungsrisiken und Möglichkeiten der Vorbeugung zu informieren. Kostenlose Aids-Tests Es ist Samstagmorgen. Viele Menschen sind unterwegs, um einzukaufen oder Waren feilzubieten. Manche stehen an der Zapfstelle um Wasser an. Wer Gummistiefel trägt, hat Glück. Am Tag zuvor hat es heftig geregnet, die Straßen in Kawangware, einem von rund 30 Slums der kenianischen Hauptstadt Nairobi, sind matschig. 42 Trotzdem herrscht reger Betrieb: Beladene Schubkarren staatlichen Stelle abseits neben einem kleinen Zelt. „Lasst werden durch den Schlamm geschoben, Lastwagenfah- euch testen“, ermahnt Victorine die Zuschauer immer rer hupen, um sich freie Fahrt zu verschaffen. wieder und zeigt dabei auf das Zelt im Hintergrund. Dort Das Berater-Team um Victorine Wambura wird heute werden kostenlose Aids-Tests durchgeführt. Energisch von jungen Mitarbeitenden einer staatlichen Einrichtung schreitet Victorine mit ihren weißen Lackschuhen über begleitet. Während die Kopten mit ihren Aufführungen den aufgeweichten Boden und redet über Themen wie das Publikum anziehen, sitzen die Mitarbeitenden der sexuelle Gewalt in Verbindung mit HIV, sexuell übertrag- H I V / A I D S Aidsberaterin Beatrice Achieng erklärt jungen Männern den Gebrauch von Kondomen. bare Krankheiten und Alkoholmissbrauch. Denn wo Ar - trum“, eine 2004 auf dem Gelände der Bischofsresidenz mut und Alkoholabhängigkeit groß sind, wächst die Zahl in Nairobi eröffnete Klinik, bietet HIV-Infizierten und der HIV-Infektionen – auch in den Slums von Nairobi. Aidskranken eine ganzheitliche Pflege und Behandlung. Mehr als 15.000 Menschen wurden hier bereits mit Aids- Ganzheitlicher Ansatz medikamenten versorgt. Doch die Kopten engagieren Seit 1994 ist die Koptisch-Orthodoxe Kirche in Kenia im sich nicht nur in Kenia. Auch in Tansania, Sambia, der De - Kampf gegen HIV und Aids aktiv. Das „Hoffnungszen- mokratischen Republik Kongo und Nigeria sind sie aktiv. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie ab 1. 9. 2011 unter: www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/coptic 43 Projektkoordinatorin Victorine Wambura bei der Open-Air-Veranstaltung im Slum ... ... und im Gefängnis. Die Mitarbeiterin der KoptischOrthodoxen Kirche hat keine Angst vor heiklen Fragen. „Die Weißen haben Aids zu uns gebracht“, behauptet ein Mit kleinen Theaterstücken klären die Kopten über HIV und Aids auf. junger Mann dort hartnäckig. Ruhig, aber bestimmt belehrt ihn Victorine, dass das Virus erstmals in Afrika nachgewiesen wurde. „Woran erkenne ich, dass ich eine Geschlechtskrankheit habe?“, möchte ein anderer plötzlich wissen. Die alleinerziehende Mutter weiß auch hier auf eine Antwort. Viele heikle Themen, die im Alltag mit einem Tabu belegt sind, werden offen angesprochen. Victorine reagiert stets souverän. Praktische Hilfe Unterdessen holt Mitarbeiterin Beatrice Kondome und einen Holzpenis aus dem Kleinbus und zieht sich in eine Ecke zurück. Geschützt vor den Blicken der Kinder zeigt sie, wie Kondome sicher angewandt werden. „Da ha ben wir viel falsch gemacht“, geben ein paar junge Män ner anschließend offen zu. Dann kommen drei ältere Frau„Zu viele Menschen in Afrika sterben an Hunger und Aids. en auf Beatrice zu. Eben haben sie zum ersten Mal von Dem stellen wir uns entgegen“, erklärt Bischof Paul, einem Kondom für Frauen gehört. Nun bitten sie die 25- Oberhaupt der Koptisch-Orthodoxen Kirche in Kenia. jährige Koptin nochmals zu erklären, wie man dieses Unermüdlich ist der 62-jährige Arzt und Theologe neben benutzt. Gespannt verfolgen sie Beatrices Handgriffe. seinen seelsorgerlichen Diensten weltweit unterwegs, 44 Zwei Stunden sind vergangen. Das Team packt zu - um Geld für die progressive HIV/Aids-Arbeit der Kopten sammen. Bis auf Victorine Wambura und ihren Kollegen einzuwerben. Mit den Spenden von „Brot für die Welt“ Andrew Okoth arbeiten alle Mitarbeitenden nur in Teil- wird speziell die Beratungsarbeit der jungen Teams fi - zeit. Sie verdienen nicht viel mehr als ein Taschengeld. nanziert. Die treten in Schulen, Kliniken, Firmen und Außerdem werden ihnen die Auslagen für Gespräche mit Gefängnissen auf – und bei Open-Air-Veranstaltungen dem Mobiltelefon und die Fahrtkosten erstattet. Aber ums wie in Kawangware. Geld geht es ihnen nicht, die jungen Leute handeln aus H I V / A I D S tiefer christlicher Überzeugung. Deswegen nehmen sie „Mit diesem Kind wurden mir erneut die Augen für nicht nur regelmäßig an den Gottesdiensten und Ge bets - Gott geöffnet“, blickt Victorine dankbar zurück. Auf die stunden der Koptisch-Orthodoxen Kirche teil, sondern Frage, warum sie sich stark macht für Menschen mit HIV engagieren sich auch weit über das übliche Maß hinaus. und Aids, antwortet sie nachdenklich: „Meine Schwester wäre noch am Leben, hätten wir damals mehr über die Gelebter Glaube Krankheit gewusst.“ Die junge Frau starb bereits vor sie- Victorine zum Beispiel pflegt weiterhin Kontakte zu ben Jahren. Damals mussten die Aids-Medikamente noch Familien, die sie irgendwann einmal bei einer Beratung selbst bezahlt werden. Das Geld dafür kratzte Victorines um zusätzlichen Beistand gebeten haben. So päppelte Familie monatlich zusammen. Als es der Schwes ter bes- sie neun Monate lang einen Säugling auf, nachdem sie ser ging, setzte sie ihre Medikamente ab. Rasch bildete ihn bei einem Hausbesuch weinend in den Armen der der Körper Resistenzen. Aids brach wieder aus. Davon toten Mutter vorgefunden hatte. Die Patientin hatte sie erholte sie sich nicht mehr und starb. Zwei Jahre später bei einer Schwangerschaftsberatung in einem Gesund- führte die Koptisch-Orthodoxe Kirche das Beratungspro- heitszentrum kennengelernt. Der Frau ging es damals gramm für die Slums von Nairobi ein. Victorine bewarb schon sehr schlecht. Sie war an Tuberkulose erkrankt, sich und bekam die Stelle. Seither nimmt die Aidsakti - Aids war schon ausgebrochen. Der Ehemann verbot ihr, vistin regelmäßig an Fortbildungen teil. Irgendwann will darüber zu sprechen und ließ sich nicht testen. Victorine sie ihre eigene Organisation gründen – um das Leben von konnte die werdende Mutter zumindest davon über - noch mehr Menschen zu retten. zeugen, die vorgesehene Dosis an Aids-Medikamenten R E N AT E O F [ T E X T ] K I R S T E N S C H W A N K E - A D I A N G [ F O T O S ] vor und während der Geburt einzunehmen – damit das Baby eine Chance hatte, ohne das HI-Virus auf die Welt zu kommen. Als die Frau kurz nach der Geburt starb, hatte ihr Mann kein Interesse an seinem neugeborenen Sohn. Schnell war er wieder verheiratet. Die neue Frau entsorgte die Aids-Medikamente des Babys. „Ich konnte nicht zusehen, wie Godwin zugrunde geht“, sagt Victorine. Sie nahm den Säugling mit nach Hause und achtete akribisch genau auf die exakte Einnahme der Aids-Medikamente. Sicherheitshalber flößte sie Godwin statt der üblichen sechs Wochen drei Monate lang die lebensrettenden Medikamente ein. „Wir haben immer wie der für Godwin gebetet“, berichtet Andrew. Der Aids-Test fiel negativ aus und Victorine brachte Godwin nach langen Verhandlungen zurück zu seiner Familie. Allerdings nicht ohne die Nachbarschaft eindringlich gebeten zu haben, sich sofort zu melden, sollte der Jun- Auf einer Linie: das junge Beraterteam der Kopten um Victorine Wambura (l.) und Andrew Okoth (r.). ge vernachlässigt werden. Stichwort Folgen der Pandemie leiden Kinder und „Brot für die Welt“ hat deshalb den Kampf HIV/Aids Jugendliche besonders: Millionen von gegen HIV und Aids zu einem Schwerpunkt ihnen wachsen als Waisen auf oder müssen seiner Arbeit gemacht: anstelle ihrer kranken Eltern das Überleben • Wir fördern Selbsthilfegruppen zur Pflege Mehr als 33 Millionen Menschen sind ge - der Familie sichern. Rund 95 Prozent aller genwärtig mit dem HI-Virus infiziert. Ob - Menschen mit HIV und Aids leben in Ent- • Wir unterstützen die HIV/Aids-Aufklärung. wohl es seit Jahren lebensrettende Medi- wicklungsländern. Dort gefährdet die Aus- • Wir setzen uns dafür ein, dass alle HIV-Infi- kamente gibt, starben auch 2009 fast zwei breitung der Epidemie vielerorts jeglichen zierten Zugang zu lebensrettenden Medika- Millionen Menschen an Aids. Unter den wirtschaftlichen Fortschritt. menten erhalten. und Betreuung von Aids-Kranken. 45 LACHEN IST DIE BESTE MEDIZIN In Russland steigt die Zahl von Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, HIV/Aids und Hepatitis deutlich an – auch unter Minderjährigen. Die russischorthodoxe Gemeinschaft zum Heiligen Ioasaf hilft kranken Kindern in Sankt Petersburg. 46 G E S U N D H E I T Die 14-jährige Rada (r.) kämpft tapfer gegen ihre Krankheit. Betreuerin Sascha unterstützt sie dabei. Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie ab 1. 9. 2011 unter: www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/ioasaf 47 Die leitende Ärztin Olga Noskowa schätzt die Arbeit der Gemeinschaft des Heiligen Ioasaf sehr. —— Im Raum herrscht konzentrierte Stille. Fast lautlos an gesteckt, doch davon will der Teenager nichts wissen. tauchen Pinsel in Wassergläser, kreisen in Farbdosen und Radas Mutter hat die eigene Lungenkrankheit verschwie- gleiten über große Bögen von Papier. Rada hat ihren gen. Noch immer gilt TBC in Russland ebenso wie HIV Kopf über den Tisch gebeugt, die langen Haare verhän- und Aids als Pest des „sozialen Abschaums“: der Drogen- gen das Gesicht der 14-Jährigen. Eifrig tupft sie Schnee- abhängigen, Homosexuellen und Prostituierten. Wer sich flocken in ihre blaue Winterlandschaft. „Ja, so wird es mit solch einer Diagnose outet, wird abgeschrieben, ge - schön“, lobt Anna Kulnewa. Die ehrenamtliche Kunst - ächtet, gemieden. Dabei sind die Infektionskrankheiten lehrerin geht von einem Mädchen zum anderen und gibt längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Selbst Ratschläge. Während die Bilder Gestalt annehmen, wer- das Kinderkrankenhaus verzeichnet zunehmend HIV-po - den die Malerinnen immer mutiger. Schließlich lehnt sitive Patienten. Russland hat ein Riesenproblem: Mit der Rada sich zurück, verschränkt die Arme und betrachtet hohen Rate von HIV-Infizierten liegt es im europäischen zufrieden ihr Werk. Dann fängt sie an zu grinsen, stößt Vergleich an dritter Stelle. Nur Estland und die Ukraine Sascha zu ihrer Rechten in die Seite und klekst ihr einen stehen noch schlechter da. Zudem kommen nach An ga - Tupfer Farbe auf die Nase. ben der Weltgesundheitsorganisation auf 100.000 Ein- Rada sitzt nicht in der Schule oder in irgendeinem wohner 83 TBC-Kranke – in Deutschland sind es nur sechs. Kunstseminar. Sie lebt seit 18 Monaten im Kinder- 48 In fektionskrankenhaus Nr. 3 in Sankt Petersburg. Die Mut machen für die Zukunft Ärzte stellten bei ihr eine besonders schwere Form der Radas Mutter hat also geschwiegen, jetzt ist sie tot. Tuberkulose fest. Vermutlich hat sie sich bei der Mutter Der Vater starb einige Jahre zuvor, woran, das wissen die G E S U N D H E I T Projektträger: GEMEINSCHAFT DES HEILIGEN IOASAF Finanzierung „Brot für die Welt“ (drei Jahre): w 60.000,– WAS KOSTET WIE VIEL? Lebenswichtige Vitamintabletten pro Kind und Monat: w 5,– Computertomographie der Brustorgane: Bastel- und Malmaterial für 240 Kinder pro Monat: w 50,– w 100,– Klinikärzte nicht. Und nun lebt Rada, das Waisenkind, im Krankenhaus. Ihre Oma besucht sie manchmal, aber je länger der Aufenthalt dauert, desto seltener werden die Erzieher Andrej ist bei den kleinen Patienten sehr beliebt. Er kümmert sich liebevoll um sie. Besuche. „Ich kann Rada gut verstehen“, sagt Sascha, 24. Sie weiß, was in dem Mädchen vor sich geht. „Die Kinder kommen und gehen, aber Rada bleibt, und sie hat keine Ahnung, wie lange das noch dauern wird.“ Sascha will sie nach Kräften unterstützen, ihr Liebe und Zuwendung geben, Mut machen für die Zukunft. „Rada ist so tapfer“, meint die Ältere. „Sie lächelt immer, selbst wenn es ihr schlecht geht.“ Sascha heißt mit richtigem Namen Alexandra Tichaja. Sie studiert Sozialarbeit und ist als Erzieherin in der Ge meinschaft des Heiligen Ioasaf im Kinder-Infektionskrankenhaus Nr. 3 tätig. Der russisch-orthodoxe Verein kümmert sich seit mehr als einem Jahrzehnt um die Rehabilitation und Förderung der 240 Patienten der Spezialklinik. Ludmilla Sokolowa, Projektverantwort Auch die dreijährige Dascha leidet unter Tuberkulose. liche, und Mitarbeiterin Irina Romadina waren schon da, 49 runter. Galt Sascha als gesund, kam sie zur Kur. Verschlechterte sich ihr Zustand, landete sie wieder im trostlosen Klinikalltag. „Die Situation damals ist nicht mit heute zu vergleichen. Die einzige Abwechslung waren die Besuche in der Kapelle mit Ludmilla und Irina“, erinnert sich Sascha. „Wir haben in der Bibel gelesen, Feste gefeiert und gesungen.“ Die Musikerin Irina sang mit Sascha nach einer Operation regelmäßig, um die Lunge zu stärken. „Wir haben viel geredet. Ich wollte verstehen, warum sie das alles für uns taten“, sagt Sascha. Wohltätigkeit war damals in Russland völlig unbekannt, Religion spielte kaum eine Rolle. Heute weiß sie, warum Irina ihre Freizeit für die kranken Kinder opferte: „Es ist eine große Freude, etwas geben zu können!“ Musik und Tanz für starke Lungen Als Sascha endlich entlassen wurde, zog sie bei der Oma ein und half als Freiwillige im Krankenhaus. Inzwischen ist sie beim Verein angestellt und bekommt ein kleines Gehalt. Spenden aus Deutschland haben die Professionalisierung des Vereins ermöglicht. Der Musikraum ist renoviert, es gibt einen Bewegungsraum, Möbel, SpielDie intensive Betreuung tut den Kindern gut. Sie haben wieder Freude am Leben. zeug und ein Klavier. Neben fünf Angestellten kümmern sich nachmittags mehr als zehn Freiwillige um das Wohl der Kinder. Sie malen, spielen und tanzen mit ihnen. Und sie helfen ihnen, den verpassten Schulstoff nachzuholen – damit die Kinder noch Anschluss finden, wenn sie als Sascha mit 13 Jahren auf die Tuberkulose-Station nach Wochen, Monaten und manchmal auch Jahren das kam. „Bis dahin war ich immer ein gesundes Kind“, er - Krankenhaus verlassen dürfen. Ohne die Mitarbeiter des zählt sie. „Ich lebte mit meiner Familie in Wolgograd, Vereins wären die Kinder und Jugendlichen in den Nach- besuchte jeden Sommer meine Oma in Sankt Peters- mittags- und Abendstunden sich selbst über lassen. Die burg. Aber in den Ferien 2000 ging es mir plötzlich so einzige staatliche Erzieherin für die 80 Kinder der TBC- schlecht, dass ich hier eingeliefert wurde.“ Station geht um 15 Uhr. Am Wochenende hat sie frei. „Es ist eine Freude, geben zu können.“ Arbeit“, meint die leitende Ärztin Olga Noskowa. „Auch „Die Gemeinschaft des Heiligen Ioasaf leistet wich tige Sascha blieb fünf Jahre. Zunächst glaubte sie an eine weil sie den Kindern durch ihre finanzielle Unterstützung schnelle Heilung, doch jeder Rückschlag zog sie weiter kostenintensive Untersuchungen wie eine Computer - Stichwort Kinder unter fünf Jahren. Ursachen für die Die Gesundheitsfürsorge zählt zu den Gesundheit massive Verbreitung von Infektionskrank- Schwer punkten von „Brot für die Welt“: heiten sind vor allem der fehlende Zugang • Wir unterstützen Gesundheitsprogramme, zu sauberem Wasser, unzureichende Hy gie - besonders in ländlichen Regionen. ne, mangelndes Wissen über Ansteckungs- • Wir helfen dabei, die Bevölkerung über Ur- an vermeidbaren Krankheiten wie Tuberku- risiken sowie eine schlechte medizinische sachen von Krankheiten und Möglichkeiten lose, Malaria, Typhus oder Cholera. Beson- Versorgung. Begünstigt wird der Ausbruch der Vorbeugung aufzuklären. Immer noch leiden Millionen von Menschen ders betroffen sind Frauen und Kinder. von Krankheiten zudem durch Hunger und So sterben jedes Jahr fast neun Millionen mangelhafte Ernährung. 50 • Wir sorgen dafür, dass auch die Armen Zugang zu sauberem Wasser erhalten. G E S U N D H E I T tomographie oder teure Medikamente ermöglicht.“ Entlassung kennen gelernt. Er war selbst Patient. Jetzt Ein großes Problem der TBC-Behandlung ist nämlich: arbeitet er ebenfalls im Verein. Sie schlägt auf die Organe. Zusatzmedikamente müssen Neben dem Spielen, Vorlesen und Basteln ist Andrej eingenommen werden, um Herz, Leber oder Lunge zu zusammen mit Sascha für den Einkauf zuständig. Kurz schützen. Diese Kosten sind im russischen Gesundheits- vor Feierabend verteilt er heimlich wie ein Heinzelmänn- system jedoch nicht vorgesehen, und so können sich chen Obst und Getränke in die Körbe der besonders be - nur die wohlhabenderen Familien die teure Zusatzbe- nachteiligten Patienten. „Die Kinder sollen nicht wissen, handlung leisten. Die meisten Kinder stammen aber aus woher alles kommt“, erklärt die Projektverantwortliche armen Familien. Ein Drittel sind Waisen wie Rada. Ludmilla Sokolowa. Niemand soll sich ausgegrenzt fühlen. Alle sollen die gleichen Chancen haben, auch wenn Gleiche Chancen für alle die Familie arm ist. Beim Puppentheater ist Sascha voll in ihrem Element. Sie Am Abend sitzt Rada auf ihrem Bett und knüpft spielt den trotteligen Esel und galoppiert mit der selbst- Freundschaftsbänder. Ihre Handgelenke sind voll davon. genähten Handpuppe hinter der Leinwand auf und ab. Andrej versorgt die Mädels mit Stickgarn gegen die Die Zuschauer jauchzen und kreischen. Rund 30 Jungen Lange weile auf den Dreierzimmern. Die schäkern gerne und Mädchen sitzen auf dem Teppich im Bewegungs- mit dem jungen Mann, kein Wunder, sie sind ja Teenager, raum, manche nuckeln und tragen Windeln, Rada und mitten in der Pubertät. „Wenn ich wieder gesund bin, ihre Freundinnen sind die Ältesten. Alle starren gebannt werde ich hier auf jeden Fall als Freiwillige arbeiten“, nach oben. Der Wolf will den Hasen fressen, aber die sagt Rada. Da ist es wieder: ihr tapferes Lächeln. Radas anderen Tiere führen ihn in die Irre. Irina, 32, spielt den Entlassung kann noch Jahre dauern. Sascha und die Hasen, Ludmilla, 53, den schlauen Igel, und Andrej, 20, anderen werden sich derweil um sie kümmern. den bösen Wolf. Andrej hat Sascha 2005 kurz vor ihrer Die Mitarbeitenden der Gemeinschaft führen ein Puppentheaterstück für die Kinder auf. C O N S TA N Z E B A N D O W S K I [ T E X T ] U TA W A G N E R [ F O T O S ] Gebannt schaut die kleine Katja zu. Auch sie ist Patientin auf der TBC-Station. 51 DIE FRIEDENSFORSCHER In Israel leben Juden und Palästinenser mehr gegen- als mit einander. Die Jugendorganisation Sadaka Reut will dies ändern: Sie macht ihren Namen „Freundschaft“ zum Programm. Und sorgt für Annäherung. —— Das Wunder von Bat Yam ereignet sich jeden Mittwoch um Punkt zehn: Yotam Israeli verwandelt Achtklässler in Friedensforscher. „Schalom Leute“, sagt er zu den neun jüdischen Schülern, die zur freiwilligen Projektstunde in der Ramot-Schule gekommen sind. „Stellt euch doch erst einmal auf euren Stuhl.“ Yotam, 19, arbeitet als Freiwilliger für die jüdischpa lästinensische Jugendorganisation Sadaka Reut. Sadaka und Reut – das sind die Worte in Arabisch und Hebräisch für „Freundschaft“. Die Gruppe bringt Teenager der beiden größten Konfliktgruppen in Israel an einen Tisch, übt An nä herung, wo Unwissenheit und Sprachlosigkeit herrschen. „Steigt von Stuhl zu Stuhl“, fordert Yotam die Ju gend lichen auf. „Und haltet euch gegenseitig fest.“ Die Schüler klettern herum, bald füllt Gekicher den Raum. Yotam nimmt jede Minute einen Sitz weg; am Ende halten sich vier Schüler prustend auf einem Stuhl. „So“, klatscht Yotam in die Hände, „und nun erzählt, was euch zum Begriff ‚Schule‘ einfällt.“ Aus den Schülern sprudelt es heraus: Yotam schreibt Worte wie „Regeln“, „Lesen“ und „Noten“ auf ein weißes Plakat. Und dann: „Zäune“. Sofort entbrennt ein Streit darüber, ob „Zäune“ zu einer Schule dazugehören oder nicht. „Ich will doch lernen“, sagt David. „Warum soll man mich dafür einsperren?“ Die Zäune und die Gitterstäbe vor den Fenstern gäben doch Sicherheit, entgegnet Tamara, 14. „Wir müssen uns halt form stecken. So kommt es, dass die Vorurteile und das schützen, vor den Arabern.“ Misstrauen gegenüber den „Anderen“ groß sind – wie überall in Israel. Die „Anderen“ erhalten ein Gesicht 52 Sadaka Reut will dies ändern. Die Organisation, die In Bat Yam, einer Kleinstadt südlich von Tel Aviv, sind seit 2009 von „Brot für die Welt“ unterstützt wird, leis- viele Juden russischer und äthiopischer Herkunft zu tet pionierhafte Basisarbeit: Zunächst gehen die vier Hause. Sie haben kaum Kontakt zu den Palästinensern, Mitarbeitenden sowie ihre Dutzenden ehrenamtlichen die nur einen Steinwurf entfernt im benachbarten Helferinnen und Helfer in die Schulen. Sie bringen den Jaffa leben und wie sie israelische Staatsbürger sind. Die- Jugendlichen bei, ihre eigene Lage kritisch zu beurtei- se wiederum kennen meist nur Juden, die in einer Uni- len – damit sie sensibler für die Sorgen anderer werden. B I L D U N G Kommunikation hilft, Vorurteile abzubauen: Rawan Bisharat (r.) mit palästinensischen Schülern in Qalanswa. „Interessierte Schülerinnen und Schüler laden wir dann getrennt arbeitenden Gruppen zusammen. Die Kids ler- in unsere Jugendgruppen ein“, erzählt Hanna Amouri, nen sich kennen. Die „Anderen“ erhalten ein Gesicht. Leiterin von Sadaka Reut. In derzeit vier jüdischen und sechs palästinensischen Gruppen, quer über das Land Konfliktbewältigung erfordert Koordination verteilt, erfahren die Teenager mehr über Rassismus, Solch ein jüdisch-palästinensisches Treffen will gut vor- über die Ängste der einen und die Nöte der anderen. bereitet sein. Hinter sechs Schreibtischen sitzen die Mit- „Alle wissen, dass etwas nicht stimmt. Aber weder in der arbeitenden von Sadaka Reut an Computern oder tele- Schule noch anderswo reden die Menschen tatsächlich fonieren, hier in der Zentrale der Organisation in Jaffa. über den Konflikt zwischen Juden und Palästinensern.“ „Die Kleinbusse können auch über Kefar Shalem fahren“, Nach einigen Monaten bringt Sadaka Reut die anfangs ruft Noa Nissenboim, eine der Koordinatorinnen, in den Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie ab 1. 9. 2011 unter: www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/sr 53 Unorthodoxe Methoden: Zu Beginn der Projektstunde in Bat Yam klettern die Jugendlichen von Stuhl zu Stuhl. 15 Quadratmeter großen Raum. Für das Treffen über- der Hausmeister mit den Schlüsseln nicht auftreiben morgen im Jugendzentrum von Netanja müssen nicht lässt, klettert sie kurzerhand über das Tor. Im Klassen- nur Kekse und Limo her, auch die Anfahrt muss orga - raum beginnt die junge Frau gleich mit einem Spiel: nisiert werden. „Ich schau nochmal bei der Gruppe in „Stellt euch vor, ich sei ein 17-jähriges Mädchen und will Qalanswa vorbei“, sagt ihre Kollegin Rawan Bisharat und abends ausgehen. Ist das in Ordnung?“ Die Kids teilen steckt ihre Autoschlüssel in die Handtasche. sich in Gruppen. Zwei der 14-Jährigen meinen ja, vier Den eigenen Rassismus erkennen sie angegriffen wird, kann sie sich nicht verteidigen“, Nur vier Kilometer ist Qalanswa von der acht Meter sagt Muhammad. „Außerdem würde man dann schlecht hohen Betonmauer entfernt, die Israel vom Westjordan- über sie reden“, meint Laila. „Bei den Juden gehen die finden nein, und vier zeigen sich unentschlossen. „Wenn land trennt. Über die Hauptstraße haben die palästinen- Mädchen abends aus“, sagt Yasmin. „Aber die haben kei- sischen Einwohner eine Leine mit kaputten Schuhen ne Ehre.“ Rawan blickt in die Runde. „Sind denn Mädchen gespannt, sie protestieren damit gegen die Armut in nicht gleichwertig mit Jungen?“ Und dann erzählt sie, ihrer 15.000 Seelen zählenden Stadt. Rawan Bisharat, dass sie einmal nur mit Mädchen ein ganzes Haus ge baut 28, steuert ihren Kleinwagen zu einer Schule. Da sich hat und dass eine ihrer Freundinnen den schwarzen Gür- Yotam Israeli notiert die Ideen der Schüler. 54 Pnina (l.) und Soumaya freunden sich an. B I L D U N G einem Vortrag über Menschenrechte. Umso interes sierter mustern sie einander, verstohlen durchstreifen Blicke die Aula des Jugendzentrums. Danach bilden sich Kleingruppen: Erst setzen sie aus großen Puzzleteilen Projektträger: Menschenrechtsartikel zusammen. Dann ruft Samir, ein SADAKA REUT (SR) Ehrenamtlicher von Sadaka Reut: „Und nun zu jedem Ar - Finanzierung „Brot für die Welt“ (drei Jahre): ti kel einen Sketch. In zehn Minuten.“ Pnina aus Netanja w 83.002,– ziert sich. Sie soll mit Soumaya aus Qalanswa eine Szene spielen. Aus der zehnminütigen Vorbereitungszeit wird WAS KOSTET WIE VIEL? eine halbe Stunde; immer wieder stiehlt sich Pnina von Sommerlager pro Jugendlichem und Tag: w 10,– der Bühne, beäugt Soumaya mit ihrem Kopftuch. „Sie ist Workshop für acht bis zehn Jugendliche: w 50,– wird sie mitspielen“. einfach schüchtern“, raunt Samir Soumaya zu, „am Ende Und das tut sie. Soumaya hatte ihr schließlich die Hand Wochenendseminar-Teilnahme von zwei Jugendlichen: w 100,– ausgestreckt – und nun lamentieren beide laut auf der Bühne. „Nicht einmal Möbel haben wir“, klagt Soumaya und unterdrückt ein Lachen. „Das Menschenrecht auf an gemessenes Wohnen“, errät das Publikum sofort. Am Ende des Tages stehen die Kids in Kleingruppen in der Eingangshalle und essen Kekse und Nutellabrot – streng nach Herkunft getrennt. In einem Moment aber, beim Gang zur Toilette, fasst Pnina Soumaya am Arm. „Bist du auf Facebook?“, fragt sie. Soumaya nickt. J A N R Ü B E L [ T E X T ] F R A N K S C H U LT Z E [ F O T O S ] tel in Karate hat. Rawans Vorgehen hat ein Ziel: Die Teenager sollen Stellung beziehen, sich andere Meinungen anhören und ihre eigenen Haltungen kritisch beäugen. Das sei der erste Schritt, um Rassismus besser zu erkennen, sagt Rawan, „den eigenen und den anderer“. Die Gruppe in Qalanswa hat sich erst vor zwei Monaten gegründet, noch liegt eine Menge Arbeit vor der jungen Frau. „Sehen wir uns morgen?“, fragt sie die Jugendlichen beim Abschied. Die Kids nicken und winken. „Bist du auf Facebook?“ Am nächsten Tag sind tatsächlich viele von ihnen beim jüdisch-palästinensischen Jugendtreffen in Netanja da bei. Auch aus Jaffa und Kefar Shalem sind Kleinbusse eingetroffen. Eher gelangweilt lauschen 50 Jugendliche Gemeinsam setzen die Jugendlichen Menschenrechtsartikel zusammen. Stichwort Schule. Und mehr als ein Drittel der einge- „Brot für die Welt“ setzt sich dafür ein, Bildung schulten Kinder bricht den Schulbesuch dass möglichst viele Menschen Zugang zu vorzeitig ab. Die Gründe für die Bildungs- guter Bildung bekommen: misere sind vielfältig: So fehlen in vielen • Wir fördern Bildungs- und Ausbildungspro- Immer noch können fast 800 Millionen Ent wicklungsländern Schulen. Zudem Men schen weltweit weder lesen noch herrscht häufig ein Mangel an gut ausge- schreiben. Zwei Drittel der Analphabeten bildeten Lehrern und brauchbaren Unter- • Wir unterstützen unsere Partnerorganisa- sind Frauen. Mindestens 77 Millionen Kin- richtsmaterialien. Und oftmals können tionen dabei, mit ihren Regierungen Refor- der im Grundschulalter gehen nicht zur sich die El tern das Schulgeld nicht leisten. men des Bildungssystems auszuhandeln. jekte, vor allem in ländlichen Gebieten und städtischen Armenvierteln. 55 Foto: Anne Welsing Foto: Gerd-Matthias Hoeffchen Foto: Christoph Püschner KLEINE SCHRITTE – GROSSE WIRKUNG Vor drei Jahren berichteten wir ausführlich über die folgenden Projekte in den Ländern des Südens. Seitdem hat sich eine Menge getan. DR KONGO SIERRA LEONE PHILIPPINEN Urwald in Gefahr Fatmata geht auf Sendung Fairer Lohn für harte Arbeit Dank ihres erfolgreichen Eintretens für Für ihre großartige Arbeit mit ehemaligen Dank der Hilfe des „Brot für die Welt“- den Erhalt des Regenwaldes findet die Kindersoldaten erhielt die Organisation Partners Alter Trade haben sich die „Brot für die Welt“-Partnerorganisation MADAM im Dezember 2008 den Friedens- Lebens bedingungen der Zuckerrohr- CEDEN zunehmend auch international preis „Sievershäuser Ermutigung“. Mit Farmer auf der philippinischen Insel Beachtung. So wurde der Leiter der Or - dem Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro Negros deutlich verbessert. Laut einer ga nisation, Pastor Mathieu Bonketo, im konnte der Grundstein für neue Gebäude kürzlich durchgeführten Studie liegt das Jahr 2010 von der Europäischen Union in der Provinzstadt Makeni gelegt werden. Einkommen der unterstützten kleinbäu- als Experte zu einem mehrtägigen Semi- Diese wurden im Mai 2010 im Beisein des erlichen Familien inzwischen um etwa nar eingeladen, in dem es unter ande- deutschen Botschafters Thomas Freuden - 60 bis 70 Prozent über dem anderer Klein- rem um das EU-Aktionsprogramm gegen hammer und seiner Frau Sieglinde feier- bauernfamilien in ähnlicher Situation. illegalen Holzeinschlag und -handel ging. lich eingeweiht. Inzwischen werden die Mehr als zwei Drittel aller unterstützten Darüber hinaus ist CEDEN an einem Pro- ersten Automechaniker (darunter auch Familien sind heute in der Lage, Geld gramm der Vereinten Nationen beteiligt, zwei junge Frauen) in der neuen Repara- anzusparen und in den kleinbäuerlichen dessen Ziel es ist, die Abholzung des turwerkstatt ausgebildet. Und in dem Betrieb oder die Ausbildung ihrer Kinder Regenwaldes zu verhindern oder zumin- angrenzenden Restaurant lernen ange- zu investieren. Alter Trade ermutigt die dest zu verlangsamen. Nachdem die hende Hotelfachkräfte. Neben der Aus- Bauern auch, sich zusätzliche Einkom- Organisation überaus positive Erfahrun- bildung von Jugendlichen widmet sich mensquellen zu erschließen, zum Beispiel gen mit Um weltkursen an Schulen die Partnerorganisation von „Brot für die durch den Anbau von Reis, die Schweine- gesammelt hat, wird sie künftig bereits Welt“ in der aktuellen Projektphase auch oder die Fischzucht. Dabei wird darauf Vorschulkinder auf spielerische Art und der Weiterbildung von Kleinbäuerinnen geachtet, dass die Bauern die Umwelt Weise für Um weltfragen sensibilisieren. und -bauern. So hilft sie ihnen beispiels- schonen, indem sie auf nachhaltige, bio- Mit finanzieller Unterstützung von „Brot weise beim Anlegen von Gemüsegärten, logische Methoden setzen. „Vor dem für die Welt“ sollen sieben Erzieherinnen Fischteichen und Baumschulen. Deswei- Start des Projektes hatten wir nicht ein- eingestellt werden. Geeignete Räumlich- teren werden die Kleinbauernfamilien in mal mehr Träume“, sagt ein Zuckerrohr- keiten für den Unterricht wurden bereits biologischem Landbau geschult. Ziel ist Farmer. „Aber unser Leben hat sich so gefunden, das Inventar stellen die Dorf- die Intensivierung und Diversifizierung verändert, wie wir es niemals für möglich bewohner selbst her. der landwirtschaftlichen Produktion. gehalten hätten.“ 56 Foto: Thomas Lohnes Foto: Gabriele Wägerle Foto: Thomas Lohnes N A C H B E R I C H T E INDONESIEN PERU ECUADOR Miteinander statt nebeneinander Landwirtschaft in dünner Luft Der Regenbogenmann hat Pläne Durch ihr vielfältiges Dialogprogramm Die Ernährung der Andenbevölkerung zu Mehr als beeindruckend fällt die Bilanz ist es der protestantischen Glaubensge- sichern – so lautet das oberste Ziel des des „Brot für die Welt“-Partners „Verti- meinschaft Gereja Toraja in den letzten peruanischen Bauerndachverbands „Con- ente de Vida“ („Quell des Lebens“) aus. Die Jahren gelungen, mehr Verständnis und federación Nacional Agraria“ (CNA). Die Organisation fördert seit 2006 Kleinbau- Toleranz zwischen den verschiedenen „Brot für die Welt“-Partnerorganisation ernfamilien im ecuadorianischen Santo Volksgruppen und Religionsgemein- unterstützt seit 2006 in der 4.000 Meter Domingo. Sieben der 48 unterstützten schaften auf der indonesischen Insel hoch gelegenen Region Junín ein Projekt Familien gehören dem Volk der Tsáchila Sulawesi zu schaffen. Inzwischen ist die zur Förderung der nachhaltigen Land- an. Fast alle Projektbeteiligten konnten Bevölkerung immer häufiger in der Lage, wirtschaft. Mit Erfolg: Inzwischen produ- ihren Gemüseanbau in den letzten Jahren aufkeimende Konflikte selbständig zu zieren die Kleinbäuerinnen und -bauern diversifizieren und ihre Ernte steigern. lösen. Da alle Bewohner der Insel un ab - im Einklang mit der Natur und den andi- Vier von fünf besitzen nun kleine Gemüse- hängig von ihrer Kultur und Religion die nen Traditionen so viele Nahrungsmittel, oder Kräutergärten mit mindestens acht gleichen wirtschaftlichen Probleme haben, dass sie ihre Überschüsse zweimal mo nat - verschiedenen saisonalen Produkten. betrachtet Gereja Toraja das ge meinsame lich auf dem Markt des Distrikts Santa Fast drei Viertel der Familien stellen orga - Arbeiten an der Verbesserung der Le - Maria del Valle verkaufen können. So er - nischen Dünger her und nutzen natür - bens umstände als wichtigen Ansatz, zielen sie zusätzliche Einkünfte für ihre liche Schädlingsvernichtungsmittel auf den Frieden zu fördern. Die Organisation Familien. Die Frauen spielen nicht nur in ihren Anbauflächen. Mehrere Kilometer unterstützt die Menschen daher beim vielen Bereichen der Projektumsetzung Flusslauf wurden durch Wiederauffors- biologischen Anbau von Reis, Gemüse, eine herausragende Rolle, sondern wer- tung aufgewertet. Und das Selbstbe- Kaffee und Kakao. Außerdem hilft sie den mittlerweile auch in ihren Familien wusstsein der Frauen ist durch ihre Ein- ih nen, sich besser auf die zunehmenden und in den Gemeinden stärker anerkannt. beziehung in Entscheidungsprozesse erheblich gestiegen. Da verwundert es Wetterextreme infolge des schleichen- Leiterin Lucinda Quispealaya studiert seit den Klimawandels einzustellen. Für den einigen Semestern Jura und wurde jüngst nicht, dass alle Bauernfamilien inzwischen Fall von Naturkatastrophen plant Gereja in das Regionalparlament von Junín ge - Überschüsse produzieren und auf dem Toraja unter anderem die Errichtung von wählt. So kann sie nun noch wirksamer besten Wege sind, sich durch die Ver- Vorratskammern, in denen Lebensmittel, die Interessen der Kleinbauernfamilien in marktung ihrer Bioprodukte einen verläss - aber auch Saatgut gelagert werden. der Regierung vertreten. lichen Nebenverdienst zu schaffen. 57 DIE UNERMÜDLICHEN Foto: Frank Schultze Jahrelang sind Harald und Karin Rohr kreuz und quer durch Deutschland gereist, um in evangelischen Kirchengemeinden für den Kauf von fair gehandeltem Kaffee zu werben. Nun haben sie ihr Ziel erreicht: „2.000 Gemeinden trinken fair.“ Blickfang: Harald Rohr beim Kirchentag in Köln, 2007. Im Hintergrund: Ehefrau Karin. —— Der Schlag traf ihn aus heiterem der Pfarrer im Ruhestand wortmächtig ihm“, sagt sie. „Bei all seinen Projekten Himmel, mitten im Berliner Zoo. Einen und streitbar wie eh und je. Schließlich war ich eher jemand, der hinterher ging.“ Augenblick lang schwankte die Welt und gibt es noch so viel zu sagen und zu tun. mit ihr all das wilde Getier um ihn herum. Die Positionen eines langen gemeinsamen Wirkens sind abgesteckt: Vier Danach konnte er nur noch hohle Laute An der Seite der Armen er wachsene Söhne und drei Enkel bilden stammeln. „Opa“, sagte der kleine Enkel Morgen wird er hier in Bremen den Ab - den familiären Rahmen, auf mehr als an seiner Hand. „Spanisch klingt aber schluss der Aktion „2.000 Gemeinden zwanzig Kampagnen beläuft sich die anders.“ trinken fair“ feiern, die er nach seiner Bilanz des ehrenamtlichen Engagements. Pensionierung für „Brot für die Welt“ auf Darunter Aktionen, Demos und Boykotte, den Weg und zum Erfolg gebracht hat. die nicht immer das Wohlwollen seines Bremer Hotels und wundert sich, dass er Nein, beteuert er, nicht er allein. Ohne Bischofs weckten, wenn es zum Beispiel nicht für immer verstummt ist. Die Chan- seine Frau hätte er es nicht geschafft, darum ging, Kriegsdienstverweigerer ce, wieder sprechen zu können, habe sogar mehr als zweitausend Gemeinden zu unterstützen, Proteste gegen Land- nur bei eins zu tausend gelegen, sagt er. für das Projekt des fairen Kaffeehandels minen, Kinderarbeit und die südafrikani- Doch er hat sie genutzt. Inzwischen ist zu gewinnen. „Aber die Idee war von sche Apartheid anzuzetteln. Oder mit Sieben Monate danach sitzt Harald Rohr mit seiner Frau Karin im Foyer eines 58 & A K T I Ö N C H E N Foto links: Christoph Püschner, Foto rechts: Michael McKee A K T I O N E N Im Gewand der Heiligen Elisabeth: Karin Rohr beim Kirchentag in Bremen, 2009. Auftritt als Klima-Clown: Harald Rohr beim Kirchentag in München, 2010. einem Hungerstreik das Gesetz anzu- und Alpenrand vom Nutzen des Fairen Rohr endlich zurücklehnen und den prangern, das vorsah, Asylanten zu ver- Handels überzeugt. „Unsere Gemeinde Le bens abend in ihrer stillen, von alten treiben, indem man ihnen Grundnah- trinkt bei ihren Veranstaltungen nur noch Linden und Walnussbäumen gerahmten rungsmittel verweigerte. fair gehandelten Kaffee“, steht auf den Pfarrei genießen, eingebettet in die kleinen Tischaufstellern, die Karin Rohr provinzielle Idylle des Örtchens Niedern- entworfen hat. Und auf der Rückseite wird dodeleben bei Magdeburg. Sand im Getriebe der Welt „Ich war seit je ein linker Pietist“, gesteht das Warum erklärt: „Weil wir das Aro ma er, in der Tat, ein unbequemer Geist, eher der Gerechtigkeit nicht missen möchten.“ Sand als Öl im Getriebe der Welt, auch Es war nicht die einzige Hilfestellung, Doch das hat noch Zeit. Erstmal werden sie durch Thüringen wandern, ihr Gepäck auf zwei Esel verteilt, das Reittier innerhalb der Kirche. Es muss zuweilen die sie geleistet hat. Während er durch Jesu, das Harald Rohr gern als Wappen- anstrengend gewesen sein an seiner Sei- die Lande tourte, hängte sie sich Morgen tier von „Brot für die Welt“ sehen würde. te, aber langweilig war es nie. „Du warst für Morgen ans Telefon und klärte Pasto- Stationen der Reise werden Gemeinden im mer scharf und pointiert“, sagt sie. ren über Sinn und Inhalt der Aktion auf. am Wegesrand sein, in denen er im „Aber manchmal waren wir blauäugig, Und auch auf den evangelischen Kirchen- Clownskostüm die Torheiten der Klima- haben zu sehr in schwarz-weiß gedacht.“ tagen warb sie im Kostüm der Heiligen Eli - politik aufspießen will. Das bunte Out - sabeth unermüdlich für den fairen Kaffee. fit hat sie bereits genäht und auch das Blauäugig oder nicht, den Scharfblick Tableau gemalt, das seine Bänkellieder für das Menschenrecht auf Nahrung hat er sich bewahrt. „Es darf nicht heißen: Unruhiger Ruhestand Brust und Keule für uns, der Abfall für Jetzt, wo sie ihr langjähriges ehrenamtli- die Dritte Welt!“ Er weiß, wovon er redet, ches Engagement für „Brot für die Welt“ hat Unrecht und Elend in Indien, Ma - beenden, könnten sich Harald und Karin illustriert. Ruhestand? Nachspielzeit, sagt er und scharrt mit den Füßen. ERDMANN WINGERT [TEXT] Foto: Christoph Püschner laysia, auf den Philippinen und im Kongo erlebt, an Ufern gestanden, an denen Leichen angeschwemmt wurden. Quälende Erfahrungen, „aber hier in Deutschland spielt die Musik, also hierbleiben, wenn man sich nützlich machen kann.“ Von der Ostsee bis zu den Alpen Wie im Fall der dreißig Millionen armen Kaffeebauern in den Ländern des Südens. Bei ihnen einzukaufen bedeutet, ihr Überleben zu sichern. Allein bei kirchlichen Festen rund ums Jahr fließen stattliche Kaffeeströme und damit respektable Gelder. Jahrelang ist Harald Rohr deswegen im Dienst von „Brot für die Welt“ kreuz und quer durch Deutschland gereist und Hier wird überall fairer Kaffee getrunken: Harald Rohr mit Jugendlichen, 2009. hat Kirchengemeinden zwischen Ostsee 59 Foto: Montessori-Schule Dachau Foto: Volksschule Winkelhaid-Penzenhofen Foto: Kirchengemeinde Bobingen Fairer Kaffee und Kuchen Benefizflohmarkt für Aidswaisen Kreative Jugendliche Sage und schreibe 75 Kuchen hatten flei- Nach einem erfolgreichen Afrika-Projekt- Um Spenden für „Brot für die Welt“ zu ßige Mitglieder der evangelisch-lutheri- tag beschlossen Schülerschaft und Lehr- sammeln, setzten Schülerinnen und schen Kirchengemeinde Bobingen geba- kräfte der Volksschule Winkelhaid-Penzen - Schüler der Montessori-Schule Dachau cken, um sie auf dem örtlichen Laurenti- hofen, für bedürftige afrikanische Kinder gleich drei verschiedene Ideen in die usmarkt zusammen mit fair gehandeltem zu sammeln. Sie organisierten einen Be - Tat um: Zunächst verkauften sie selbst- Kaffee zu verkaufen. Inmitten des Trubels nefizflohmarkt, zu dem die Klassen eins gemachte Marmelade, dann organisier- erinnerte die Gemeinde daran, dass vielen bis vier gebrauchte Spiele und Bücher ten sie am „Tag der offenen Tür“ einen Menschen auf der Welt das Lebensnotwen - beisteuerten. Neben den Schülerinnen, Flohmarkt und schließlich verkauften sie dige fehlt und dass sie unsere Unterstüt- Schülern und Lehrkräften nutzten auch Weihnachtsbäume. Ihre Aktionen waren zung benötigen. Die ehrenamtlichen Hel- viele Eltern dieses Angebot. So kamen so erfolgreich, dass sie insgesamt 3.400 ferinnen und Helfer nahmen 1.200 Euro 1.050 Euro zusammen, mit denen „Brot Euro sammeln konnten. Die Hälfte davon ein, die sie „Brot für die Welt“ spendeten. für die Welt“ Aidswaisen in Afrika einen spendeten sie an „Brot für die Welt“. Foto: Brot für die Welt zeitangeboten ermöglichen kann. Foto: Eileen Bott Foto: Beate Ney-Janßen Schulbesuch und die Teilnahme an Frei- Sportliche Helfer Schwimmen für Brunnen in Ruanda Unter dem Motto „Brot für die Welt – 383 Schwimmerinnen und Schwimmer sportiv“ organisierten die 15 Gemeinden Aktiver Landkreis folgten der Einladung der Äbtissin des des Kirchenkreises Stolzenau-Loccum Keine drei Wochen nach dem schweren Klosters Mariensee, Bärbel Görcke, und ein Sportfest zu Gunsten eines Projektes Erdbeben in dem Karibikstaat beteiligte der Stadtwerke Neustadt, und nahmen in Tansania. 7.000 Kilometer, die Entfer- sich ein ganzer Landkreis an der Hilfsak - am Weltwassertag an einer Benefizaktion nung zwischen Deutschland und dem tion „Rhön-Grabfeld hilft Haiti“. Die Kreis- im Neustädter Hallenbad teil. Für jeden ostafrikanischen Staat, wollten die Teil - stadt Bad Neustadt, der Landkreis Rhön- geschwommenen Meter spendeten die neh menden zurücklegen: zu Fuß oder Grabfeld sowie örtliche Banken und Zei- Stadtwerke einen Cent für ein Projekt von schwimmend, mit dem Fahrrad oder dem tungen hatten dazu aufgerufen. Zentrales „Brot für die Welt“, pro geschwommener Rollstuhl – oder auch schwer beladen wie Ereignis war eine Spendengala in Bad Bahn also einen halben Euro. Insgesamt tansanische Frauen beim Wasser- und Neustadt, bei der unter anderem zwei legten die sportlichen Badegäste eine Holzholen. Sponsoren hatten sich bereit Big Bands auftraten. Viele Schulen, Kin- Distanz von 181.200 Metern zurück. Die Stadtwerke rundeten den entsprechen- erklärt, für jeden erreichten Kilometer dergärten, Firmen und Privatpersonen einen Euro zu spenden. Dank der sportli- führten aber auch eigene Aktionen durch. den Betrag auf und überreichten dem chen Leistungen aller Teilnehmenden wur- So kamen am Ende mehr als 118.000 „Brot für die Welt“-Beauftragten der Ev.- de die 7.000-Kilometer-Marke sogar über - Euro für das „Bündnis Entwicklung hilft“ luth. Landeskirche Hannovers, Uwe Becker, troffen, so dass am Ende 7.300 Euro für zusammen. Mehr als 33.000 Euro davon einen Scheck über 2.000 Euro. Davon kön - den Bau von Lehmöfen zusammenkamen. gingen an „Brot für die Welt“. nen in Ruanda vier Brunnen ge baut werden. 60 & A K T I Ö N C H E N Foto: Heilbronner Stimme Foto: Manfred Lehmann Foto: St. Petri Kinder- und Jugendhilfe A K T I O N E N Hoffnungslauf für Hungernde Autowaschen für Haiti Erfolgreicher Spendenmarathon Um ein „Brot für die Welt“-Projekt in Eine ganz besondere Idee, um Geld für Einen Spendenmarathon für die Opfer Angola zu unterstützen, machten sich behinderte Kinder in Haiti zu sammeln, des Erdbebens in Haiti organisierten mehr als 350 Konfirmandinnen und hatten Kinder und Jugendliche der acht Zwölftklässler des Elly-Heuss-Knapp- Konfirmanden des Kirchenkreises Fries- St. Petri Kinder- und Jugendhilfe. Ihr Gymnasiums Heilbronn. Sie verteilten an land-Wilhelmshaven auf den Weg von An gebot: Autoputzen gegen eine Spen- jede der insgesamt 35 Klassen der Schule der Zeteler St. Martinskirche ins fünf de. Einen ganzen Samstag lang putzten eine Spendendose und zählten täglich, Kilometer entfernte Bockhorn. Sponso- und polierten sie und sammelten so wie viel die jeweilige Klasse gespendet ren, Eltern und Jugendliche spendeten 320 Euro, die der Organisation CES in hatte. Den Schülerinnen und Schülern der - für die Teilnahme an diesem Hoffnungs- Haiti zugutekommen. CES fördert behin- jenigen Klasse, die insgesamt am meisten lauf insgesamt mehr als 6.300 Euro. derte Kinder und Jugendliche. Bei dem gab, winkte am Ende eine Einladung zum Bischof Jan Janssen lobte die Aktion mit Beben im Januar 2010 wurden die Pizzaessen. Mit 548 Euro Spendengeld den Worten: „Ihr lauft für diese Menschen Gebäude der Organisation vollständig erreichte die Klasse 6c den ersten Platz. und gegen den Hunger.“ zerstört, der Unterricht konnte eine Insgesamt kamen 4.700 Euro zusammen. Foto: Kirsten Schwanke-Adiang Foto: Diakonie Sachsen Foto: Sascha Sauer Weile nicht fortgeführt werden. Emsige Brotbäcker Zirkuskinder halten zusammen Mit einer Benefizvorstellung vor 120 be - Fleißige Schüler Seit 1971 verkaufen Mitglieder der evan- geisterten Zuschauern unterstützte der Sogar der Bürgermeister kam in die Evan - gelischen Kirchengemeinde Schopfloch Kinderzirkus Miracolix der Hofgarten- gelische Mittelschule Lunzenau, um ein jedes Jahr an Erntedank selbstge ba cke nes Grundschule Welzheim die Spendenakti- paar der 80 selbstgebackenen Kuchen Brot zugunsten von „Brot für die Welt“. on der Diakonie Stetten. Da der Erlös und Torten zu probieren, die die Schüler - Waren es im ersten Jahr noch 120 Brote, der Aktion für den „Brot für die Welt“- innen und Schüler zugunsten der Erdbe- kamen bei der 40. Aktion im ver gan ge - Partner SINANI in Südafrika bestimmt benopfer in Haiti verkauften. Auch viele nen Jahr mehr als 1.000 Laibe aus dem war, passte die Vorführung der jungen Eltern, Freunde und Nachbarn folgten Holzofen des Gemeindebackhauses. Dafür Artisten perfekt. Denn auch SINANI bie- der Einladung. So konnten die 12 Schü - waren rund 70 Frauen und einige Männer tet ein Zirkusprojekt für junge Menschen lerinnen und Schüler, die eine Woche drei Tage lang beschäftigt. Ihr Einsatz hat an. In dem Projekt können traumati- später in Begleitung zweier Lehrerinnen sich gelohnt: Der Verkauf brachte 2.173 sierte Kinder und Jugendliche mit Spielen, und des Direktors in das Diakonische Amt Euro ein, die einem Projekt in Äthiopien Kunststücken und Akrobatik ihr Selbst- in Radebeul kamen, „Brot für die Welt“ zugutekommen. In den 40 Jahren der vertrauen stärken, ein Gemeinschafts- fast 900 Euro überreichen. Dort erfuhren Schopflocher Brotbackaktion wurden ins- gefühl entwickeln und für eine Weile sie von Referentin Jutta Berndt, was ihre gesamt bereits über 30.000 Brote geba- ihren Alltag vergessen. Die Veranstaltung Spende in dem vom Erdbeben getroffe- cken und mehr als 63.000 Euro für „Brot brachte 845 Euro ein. nen Land bewirkt. für die Welt“ gesammelt. 61 Foto: Jörg Böthling U N S Foto: Florian Kopp Ü B E R DEN ARMEN GERECHTIGKEIT Seit mehr als 50 Jahren setzt sich „Brot für die Welt“ für Arme und Benachteiligte in den Ländern des Südens ein. Dabei arbeitet die Aktion der evangelischen Landes- und Freikirchen eng mit einheimischen Partnerorga ni sationen zusammen. „Hilfe zur Selbsthilfe“ lautet das Motto. „Brot für die Welt“ ist eine Hilfsaktion der allen Projekten wird auf das Geschlechter - In der Regel beträgt die Projektlaufzeit evangelischen Landes- und Freikirchen verhältnis geachtet, um Frauen wie Män- drei Jahre. Die Gelder werden in Raten in Deutschland. Sie wurde 1959 gegründet nern die Möglichkeit zu geben, gleich - ausbezahlt. Die Partnerorganisation und ist Teil der Ökumenischen Diakonie, berechtigt an der Gestaltung ihrer Gesell- ist verpflichtet, einmal im Jahr Bericht eines Arbeitsbereichs des Diakonischen schaft mitzuwirken. „Brot für die Welt“ zu erstatten und eine unabhängige Buch - Werks der EKD mit Sitz in Stuttgart. Die unterstützt die Projekte seiner Partner prüfung durchführen zu lassen. Hinzu Aktion leistet in mehr als 1.000 Projekten finanziell und begleitet sie mit fachlichem kommen regelmäßige Besuche der Pro- in Afrika, Asien, Lateinamerika und Ost- Rat. Transparenz, gegenseitiges Vertrauen, jektverantwortlichen von „Brot für die europa Hilfe zur Selbsthilfe. Schwerpunkte aber auch regelmäßige Kontrollen sind Welt“. So ist die zweckbestimmte Ver - der Arbeit sind Ernährung, Bildung und maßgeblich für eine gute Zusammenarbeit. wendung der Mittel sichergestellt. Nach Beendigung des Projektes legt die Part- Gesundheit, Frieden und Menschenrechte Vom Antrag zum Projekt nerorganisation einen Schlussbericht vor. Vor der Bewilligung eines Projektes müs- Darin analysiert sie die geleistete Arbeit Hilfe für die Ärmsten sen die Partnerorganisationen bei „Brot und beschreibt ihre Wirkung auf die Ziel- In allen Projekten arbeitet „Brot für die für die Welt“ einen Antrag stellen, in dem gruppe. Sollte weitere finanzielle Hilfe Welt“ eng mit einheimischen Partnerorga - Ziele und einzelne Arbeitsschritte klar nötig sein, um das Projekt fortzusetzen nisationen zusammen. Diese kennen die definiert und die Kosten genau aufgelis- oder auszubauen, kann die Organisation Probleme vor Ort am besten. Viele Part- tet werden. Der Antrag wird in der Pro- einen er neuten Antrag stellen. Dieser durchläuft wiederum alle Prüfschritte. sowie HIV/Aids. nerorganisationen haben einen kirchlichen jektabteilung von „Brot für die Welt“ Hintergrund. Gefördert werden aber auch eingehend geprüft. Ist er schlüssig, so Selbsthilfeinitiativen, Menschenrechts- wird er in den Ausschuss für Ökumeni- Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit gruppen und andere nicht staatliche Or ga - sche Diakonie (AÖD) eingebracht. Dieses Nicht immer sind Probleme auf lokaler nisationen, die sich für mehr soziale Gremium besteht aus Vertretern und oder regionaler Ebene zu lösen. „Brot für Gerechtigkeit einsetzen. „Brot für die Vertreterinnen der Landes- und Freikir- die Welt“ betreibt daher auch Lobby- Welt“ hilft allen Menschen – unabhängig chen. Stimmt der Bewilligungsausschuss und Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland von ihrer Volks- oder Religionszugehörig - zu, so wird mit dem Projektpartner ein und Europa. So sollen politische Entschei- keit. In erster Linie profitieren die beson- Kooperationsvertrag abgeschlossen, in dungsträger und die Öffentlichkeit für ders armen Bevölkerungsgruppen. In dem die Einzelheiten geregelt werden. die Nöte der Armen sensibilisiert werden. 62 S P E N D E K O M M T A N Foto: Helge Bendl I H R E HILFE ZUR SELBSTHILFE MIT GÜTESIEGEL Für das Vertrauen, das Sie „Brot für die Welt“ mit Ihrer worten zusammengefasst. Die folgenden Stichworte Spende entgegenbringen, möchten wir Ihnen ganz können Sie bei Ihrer Überweisung angeben. Wir garan- herzlich danken. Ohne Ihre Großzügigkeit könnten wir tieren Ihnen, dass die Mittel dann nur für diesen Zweck Pro jekte, wie sie in diesem Magazin vorgestellt werden, eingesetzt werden. nicht fördern! Umso wichtiger ist uns, dass die uns anvertrauten Gelder sachgerecht verwendet werden. ERNÄHRUNG SICHERN Daher haben wir auf verschiedenen Ebenen Kontroll- RECHT AUF LAND verfahren eingerichtet – von der unabhängigen Buch- KLIMASCHUTZ prüfung unserer Projektpartner bis hin zur Begutach- BILDUNG tung unserer eigenen Jahresrechnung durch eine GESUNDHEIT Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die ordnungsgemä- MENSCHENRECHTE UND FRIEDEN ße Verwendung der Mittel bestätigt uns das Deutsche HIV/AIDS Zentralinstitut für soziale Fragen jedes Jahr durch die KINDER UND JUGENDLICHE Verleihung des DZI-Spendensiegels. FRAUEN Spenden ohne Zweckbindung KLEINKREDITE Alle hier vorgestellten Projekte haben be reits eine WASSER FAIRER HANDEL Finanzierungszusage bekommen, auf die sich unsere Partnerorganisa tionen verlassen können. Wir sind Der Weg Ihrer Spende in der Lage, solche Zusagen zu geben, weil der größte Spenden für „Brot für die Welt“ nehmen entgegen: Teil unserer Spenden ohne Zweck bindung ist. Diese leisten, wo sie notwendig ist. Und sie tragen dazu bei, · alle evangelischen Pfarrämter · die Diakonischen Werke der Landeskirchen · alle beteiligten Freikirchen den Verwaltungsaufwand niedrig zu halten. Außerdem besteht folgendes zentrale Spendenkonto: Spenden ermöglichen es uns, überall dort Hilfe zu Für besondere Anliegen spenden Manche Spenderinnen und Spender möchten mit ihrem Geld jedoch ein be stimmtes Anliegen unterstützen. Daher haben wir Projekte, die in ihrer Ausrichtung und BROT FÜR DIE WELT POSTBANK KÖLN, BLZ 370 100 50 KONTO-NR. 500 500 500 IBAN: DE93 3701 0050 0500 5005 00 BIC: PBNKDEFF Zielsetzung ähnlich sind, unter verschiedenen Stich- Sie können natürlich auch online spenden: www.brot-fuer-die-welt.de/spenden 63 K O N T A K T · I M P R E S S U M IMMER GUT BERATEN Benötigen Sie weitere Informationen zu unseren Projekten? Planen Sie eine Spendenaktion? Oder möchten Sie eine Veranstaltung über die Arbeit von „Brot für die Welt“ durchführen? Wir unterstützen Sie gerne. Auch helfen wir Ihnen weiter, wenn Sie Fragen zu Ihrer Spende haben. Sprechen Sie uns an: CLAUDIA FLÜGE JANINE MOZER CLAUDIA SCHRÖDER 0711/2159-545 0711/2159-217 0711/2159-187 Oder schreiben Sie uns: kontakt@brot-fuer-die-welt.de Regionale Ansprechpersonen finden Sie auf der Innenseite des Umschlages ››››››››››››››››››› Materialien zu den Projekten DIASERIEN FOTOSERIEN Zu allen Projekten in diesem Magazin bie- Wenn Sie eine Ausstellung in Ihrer Kirche, POWERPOINT-PRÄSENTATIONEN Zu jedem Projekt gibt es eine Powerpoint- ten wir Diaserien mit Begleittext an. Jede in Gemeinderäumen oder in der Schule Präsentation, die Sie für Vorträge einset- Serie besteht aus 20 Dias und beschreibt machen wollen, können Sie zu den Projek- zen können. Jede Präsentation besteht neben der Projektarbeit auch die Situation ten eine Fotoserie mit dazugehörigen aus 20 Folien. Die Präsentationen können im Land. Die Diaserien sind geeignet für Bildtexten bestellen. Jede Serie umfasst Sie ab September kostenlos von unseren Vorträge in Gemeinden, Schulklassen sowie zehn Fotos im Format 20 x 30 cm. Internetseiten herunterladen. in Konfirmanden- und Jugendgruppen. FILME FALTBLÄTTER GEMEINDEBRIEFVORLAGEN Zu einigen Projekten in diesem Heft bieten Zu den meisten der in diesem Magazin vor- Eine Kurzbeschreibung des Projektes und wir Filme an. Diese können Sie auf unse- gestellten Projekte bieten wir auch Faltblätter im Format DIN lang an. Diese eig- ein Foto für Ihren Gemeindebrief oder ren Internetseiten anschauen oder als andere Publikationen finden Sie ab Sep- DVD bei den oben genannten An sprech - nen sich insbesondere zur Auslage bei Ver- tember auf unseren Internetseiten. partner innen bestellen. anstaltungen und Spendenaktionen. Redaktion Thorsten Lichtblau, Thomas Sandner (V.i.S.d.P.) Druck Bechtle, Esslingen Impressum Herausgeber Diakonisches Werk der EKD e. V. für die Aktion „Brot für die Welt“ Postfach 10 11 42 70010 Stuttgart Telefon: 0711/2159-568 E-Mail: kontakt@brot-fuer-die-welt.de Internet: www.brot-fuer-die-welt.de Titelfoto Florian Kopp Lektorat Agentur Spu.K, Dana Haralambie Stuttgart, März 2011 2011/22.000 Art.-Nr. 119 101 411 64 Gestaltung und Layout Bohm und Nonnen, Büro für Gestaltung GmbH, Darmstadt, Steven Dohn Papier Circle matt white, Recycling-Papier, hergestellt aus 100 % Altpapier, ausgezeichnet mit dem „Umweltengel“ M A T E R I A L I E N TELEFON 0711/21 59-777 F A X 071 1 / 7 9 7 7 50 2 · D I A K O N I S C H E S W E R K D E R E K D E . V. · ZENTRALER VERTRIEB E - M A I L v e r t r i e b @ d i a k o n i e .de · · P O S T FA C H 1 0 1 1 4 2 Gruppe /Gemeinde /Schule Kundennummer Name Vorname · 70010 S T U T T G A R T (falls bekannt) Straße PLZ Ort Telefon E-Mail Anzahl Artikel-Nr. Diaserien Schutzgebühr € 5,00 je Serie erhältlich ab 1.9.2011 Anzahl Artikel-Nr. Weitere Materialien ___ Argentinien: „Mutig gegen den Landraub“ 119 303 660 KAMPAGNE „NIEMAND IS(S)T FÜR SICH ALLEIN“ ___ Indien: „Der Aufstand der Ausgebeuteten“ 119 303 740 ___ „Wenn das Land knapp wird“, Heft, DIN A4, 24 S. kostenlos 129 500 290 ___ Südafrika: „Auf eigenen Füßen“ 119 303 750 ___ „Wenn das Land knapp wird“, Faltblatt, DIN lang kostenlos 129 500 300 ___ Peru: „Das Comeback der tollen Knolle“ 119 303 730 ___ „Wenn das Land knapp wird“, CD-ROM, erhältlich ab 1.9.2011 ___ DR Kongo: „Nein zur Gewalt“ 119 303 710 ___ „Land ist Leben“, Dossier, DIN A4, 24 S. kostenlos 129 500 650 ___ Vietnam: „Frauen sind keine Ware“ 119 303 680 ___ „Die neue Landnahme“, 2 Plakate, DIN A3, gefalzt auf DIN A4 kostenlos 129 500 710 ___ Costa Rica: „Fußball für das Leben“ 119 303 720 ___ „Wer will schon Hunger tanken?“, kostenlos 129 500 310 ___ Kenia: „Aufklärung ohne Tabus“ 119 303 700 ___ „Agroenergie in Lateinamerika“, ___ Israel: „Die Friedensforscher“ 119 303 690 ___ „Kampagnenthemen kurz und bündig“, Mappe, DIN A4 ___ Russland: „Lachen ist die beste Medizin“ 119 303 670 ___ „Nahrung. Eine globale Zukunftsfrage“, Faltblatt, DIN lang Postkarte, DIN lang Broschüre, DIN A4, 84 S. ___ „Nahrung. Eine globale Zukunftsfrage“, Heft, DIN A4, 54 S. Fotoserien Schutzgebühr € 5,00 je Serie € 3,00 129 600 670 € 3,00 122 314 018 € 3,00 121 311 050 kostenlos 121 111 010 € 3,00 121 311 010 ___ „Kirchengemeinden bitten zu Tisch“, Heft, DIN A4, 12 S. kostenlos ___ Argentinien: „Mutig gegen den Landraub“ 119 303 560 ___ „Schmeckt’s?“, Jugendbuch, 160 x 235 mm, 138 S. € 12,90 110 105 060 ___ Indien: „Der Aufstand der Ausgebeuteten“ 119 303 590 ___ „Gerecht handeln. Beispiel Ananas“ , Heft, DIN A4, 40 S. kostenlos ___ Südafrika: „Auf eigenen Füßen“ 119 303 580 ___ Peru: „Das Comeback der tollen Knolle“ 119 303 600 ZUKUNFT FAIR TEILEN ___ DR Kongo: „Nein zur Gewalt“ 119 303 620 ___ „Wegmarken für einen Kurswechsel“, Broschüre, 40 S. ___ Vietnam: „Frauen sind keine Ware“ 119 303 650 ___ „Diskutieren – Mitdenken – Einmischen!“, ___ Costa Rica: „Fußball für das Leben“ 119 303 610 ___ „Der Ecological Footprint“, Buch, 135 x 207 mm, 244 S. € 19,90 119 303 160 ___ Kenia: „Aufklärung ohne Tabus“ 119 303 630 ___ „Den Kurs wechseln – neue Wege gehen“, kostenlos 117 110 050 ___ Israel: „Die Friedensforscher“ 119 303 640 ___ „Mach mal Zukunft!“, Aktionsmappe, DIN A4, 120 S. kostenlos 117 110 030 ___ Russland: „Lachen ist die beste Medizin“ 119 303 570 kostenlos 119 102 300 erhältlich ab 1.9.2011 121 111 070 121 111 150 kostenlos 117 110 140 Faltblatt, DIN lang kostenlos 119 101 430 9 Hefte, DIN A4 MATERIALVERZEICHNIS 2011/2012 Faltblätter ___ Überblick, DIN A4, 84 Seiten Ab dem 1. September 2011 gibt es zu den Projekten aus diesem Magazin auch kostenlose Faltblätter. ELEKTRONISCHE ARBEITSHILFEN Diese können einzeln und als Satz bestellt werden. ___ Gemeinde-CD-ROM 2011 erhältlich ab 15.10.2011 € 2,55 119 302 291 Unsere Preise enthalten sämtliche Preisbestandteile einschließlich der gesetzlichen Mehr wertsteuer. Bei kostenpflichtigen Artikeln berechnen wir zusätzlich eine Versandkosten-Pauschale: Bestellwert bis € 20,00: Versand € 2,00; Bestellwert bis € 50,00: Versand € 3,50; Bestellhinweis: Zwischen Ihnen und uns kommt ein Kaufvertrag zustande, wenn wir Ihre Bestellung durch Lieferung der Artikel annehmen. Unsere ladungsfähige Anschrift lautet: Diakonisches Werk der EKD e.V. als Rechtsträger der Aktion „Brot für die Welt“, ansässig in 70184 Stuttgart, Stafflenbergstr. 76. Ihre Bestellung wird direkt von unserem Zentralen Vertrieb bearbeitet, an den Sie sich bei Fragen wenden können unter: Diakonisches Werk der EKD e.V., Zentraler Ver trieb, Karlsruher Str. 11, 70771 Echterdingen. Tel.: 0711/2159-777; Fax: 0711/7977502; E-Mail: vertrieb@diakonie.de. Unsere Artikel liefern wir auf Rechnung; der Rechnungsbetrag ist 14 Tage nach Erhalt der Ware fällig. Unsere Lieferung erfolgt, solange der Vorrat reicht. Unseren Warenlieferungen legen wir unsere AGB zugrunde, die wir unserer Lieferung beilegen. Datenverwendung: Ihre Daten wollen wir auch nach Abwicklung Ihrer Bestellung bei uns speichern und dazu nutzen, Ihnen schriftlich oder per E-Mail Werbeangebote zukommen zu lassen. Dieser Nutzung können Sie jederzeit widersprechen, indem Sie diesen Passus durchstreichen oder uns eine entsprechende Mitteilung senden. Widerrufsbe lehrung: Sie können Ihre Bestellung zwei Wochen nach Erhalt der Ware und Vorliegen dieser Information ohne Angabe von Gründen wider rufen. Dazu senden Sie einfach die Artikel oder Ihren Widerruf ohne Begründung innerhalb dieser Frist per Post, Telefax oder E-Mail an die im Bestellhinweis genannte Adresse; Rücksendung der Ware erfolgt auf unsere Gefahr und für Sie kostenfrei. Bis zu einem Be stellwert von =C 40,00 und ordnungsgemäßer Lieferung durch uns tragen Sie die Kosten der Rücksendung. Alle oben aufgeführten Materialien können Sie auch online bestellen: www.brot-fuer-die-welt.de/shop Bestellwert ab € 50,00: Versand € 5,00 BREMEN Spendenkonto: 4 100 000 Angela Hesse Ev. Kreditgenossenschaft Frankfurt Diakonisches Werk Bremen e. V. (BLZ 520 604 10) BADEN Contrescarpe 101 Vermerk: Brot für die Welt Volker Erbacher 28195 Bremen Diakonisches Werk Baden e. V. Telefon: 0421/16384-14 KURHESSEN-WALDECK Vorholzstraße 3 Telefax: 0421/16384-20 Claus-Dieter Suß 76137 Karlsruhe E-Mail: hesse@diakonie-bremen.de Diakonisches Werk in Kurhessen-Waldeck e. V. Telefon: 0721/9349-219 Spendenkonto: 1125 400 Kölnische Straße 136, 34119 Kassel Telefax: 0721/9349-202 Sparkasse Bremen (BLZ 290 501 01) Telefon: 0561/1095-303 NAMEN UND ADRESSEN Telefax: 0561/1095-295 E-Mail: erbacher@diakonie-baden.de Spendenkonto: 34 01 751 HAMBURG E-Mail: c.suss@dwkw.de Postbank Karlsruhe (BLZ 660 100 75) Susanne Hesemann Spendenkonto: 200 000 Telefon: 040/30620-232 Evangelische Kreditgenossenschaft Kassel BAYERN Telefax: 040/30620-340 (BLZ 520 604 10) Karin Deraëd E-Mail: hesemann@diakonie-hamburg.de LIPPE Telefon: 0911/9354-223 Telefax: 0911/9354-34223 Linda Corleis Sabine Hartmann E-Mail: deraed@diakonie-bayern.de Telefon: 040/30620-341 Lippisches Landeskirchenamt Telefax: 040/30620-340 Referat Ökumene und Mission E-Mail: corleis@diakonie-hamburg.de Leopoldstraße 27 Jan Kemnitzer 32756 Detmold Telefon: 0911/9354-224 Telefax: 0911/9354-34224 Diakonisches Werk Hamburg e. V. Telefon: 05231/976-864 E-Mail: kemnitzer@diakonie-bayern.de Nordelbische Evang.-Luth. Kirche Telefax: 05231/976-850 Königstraße 54 E-Mail: Diakonisches Werk Bayern e. V. 22767 Hamburg sabine.hartmann@lippische-landeskirche.de Pirckheimerstraße 6 Internet: 90408 Nürnberg www.brot-fuer-die-welt.de/hamburg MECKLENBURG Internet: www.brot-fuer-die-welt.de/bayern Spendenkonto: 23 000 Carsten Heinemann Spendenkonto: 555 550 Evangelische Darlehnsgenossenschaft Kiel Diakonisches Werk der Evangelisch-Lutheri- Evang. Kreditgenossenschaft eG (BLZ 210 602 37) schen Landeskirche Mecklenburgs e. V. (BLZ 520 604 10) Vermerk: Brot für die Welt Körnerstraße 7 BERLIN-BRANDENBURG- HANNOVER Telefon: 0385/5006-147 SCHLESISCHE OBERLAUSITZ Uwe Becker Telefax: 0385/5006-100 Resi Michel Diakonisches Werk der Evangelisch- E-Mail: Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg- Lutherischen Landeskirche Hannovers e. V. c.heinemann@diakonie-mecklenburg.de schlesische Oberlausitz e. V. „Brot für die Welt” Internet: www.diakonie-mv.de Paulsenstraße 55 – 56 Ebhardtstraße 3 A Spendenkonto: 6 301 150 12163 Berlin 30159 Hannover Evangelische Kreditgenossenschaft eG Telefon: 030/82097-203 Telefon: 0511/3604-166 (BLZ 520 604 10) Telefax: 030/82097-105 Telefax: 0511/3604-119 Vermerk: Mecklenburg hilft! E-Mail: michel.r@dwbo.de E-Mail: uwe.becker@diakonie-hannovers.de 19055 Schwerin Internet: www.diakonie-portal.de Internet: MITTELDEUTSCHLAND Spendenkonto: 48 48 48 www.brot-fuer-die-welt.de/hannovers Detlef Harland Bank für Sozialwirtschaft (BLZ 100 205 00) Spendenkonto: 620 Diakonisches Werk Evangelischer Kirchen EKK Kassel (BLZ 520 604 10) in Mitteldeutschland e. V. Vermerk: Brot für die Welt Merseburger Straße 44 BRAUNSCHWEIG 06110 Halle Jürgen Lausch Diakonisches Werk der Evangelisch-Lutheri- HESSEN UND NASSAU Telefon: 0345/12299-231 schen Landeskirche in Braunschweig e. V. Dr. Ute Greifenstein E-Mail: harland@diakonie-ekm.de Klostergang 66 Zentrum Ökumene der Evangelischen Spendenkonto: 800 8000 38104 Braunschweig Kirche in Hessen und Nassau Evang. Kreditgenossenschaft Telefon: 0531/3703-202 Praunheimer Landstraße 206 (BLZ 520 604 10) Telefax: 0531/3703-199 60488 Frankfurt am Main Vermerk: Brot für die Welt E-Mail: j.lausch@diakonie-braunschweig.de Telefon: 069/976518-35 Spendenkonto: 822 858 Telefax: 069/976518-29 Norddeutsche Landesbank Braunschweig E-Mail: ute.greifenstein@zoe-ekhn.de (BLZ 250 500 00) Internet: www.zentrum-oekumene-ekhn.de OLDENBURG Bank für Kirche und Diakonie eG – KD-Bank Telefon: 0251/2709-790 Frerk Hinrichs (BLZ 350 601 90) Telefax: 0251/2709-904 E-Mail: s.portmann@diakonie-rwl.de Diakonisches Werk Oldenburg e. V. Kastanienallee 9 – 11 SACHSEN Internet: www.diakonie-rwl.de 26121 Oldenburg Jutta Berndt Spendenkonto: 35 351 KD-Bank eG Dortmund (BLZ 350 601 90) Telefon: 0441/21001-14 Diakonisches Werk der Evangelisch- Telefax: 0441/21001-99 Lutherischen Landeskirche Sachsens e. V. E-Mail: frerk.hinrichs@diakonie-ol.de Obere Bergstraße 1 Bernd Schütze Spendenkonto: 142 133 0001 01445 Radebeul Amt für Mission, Ökumene und Oldenburgische Landesbank Telefon: 0351/8315-129 kirchliche Weltverantwortung (BLZ 280 200 50) Telefax: 0351/8315-3129 Olpe 35 E-Mail: oekumene@diakonie-sachsen.de 44135 Dortmund PFALZ Internet: Telefon: 0231/5409-71 Dieter Weber www.diakonie-sachsen.de/Spenden/Ausland Telefax: 0231/5409-21 Diakonisches Werk Pfalz Spendenkonto: 100 100 100 E-Mail: bernd.schuetze@moewe-westfalen.de Internet: www.moewe-westfalen.de Karmeliterstraße 20 LKG Sachsen – Bank für Kirche und Diakonie 67346 Speyer (BLZ 350 601 90) Telefon: 06341/5566-27 Vermerk: Brot für die Welt Telefax: 06341/5566-26 WÜRTTEMBERG Thomas Blickle E-Mail: dieter.weber@diakonie-pfalz.de SCHAUMBURG-LIPPE Diakonisches Werk Württemberg Spendenkonto: 10 009 Günter Hartung Heilbronner Straße 180 Kreis- und Stadtsparkasse Speyer Diakonisches Werk Schaumburg-Lippe e. V. 70191 Stuttgart (BLZ 547 500 10) Bahnhofstraße 16 Telefon: 0711/1656-121 31655 Stadthagen Telefax: 0711/1656-49121 Telefon: 05721/9930-0 E-Mail: blickle.t@diakonie-wuerttemberg.de POMMERN Telefax: 05721/9930-66 Spendenkonto: 85 85 87 Holger Kummerow E-Mail: info@diakonisches-werk-stadthagen.de Evangelische Kreditgenossenschaft Diakonisches Werk – Landesverband – in der Spendenkonto: 470 142 787 Stuttgart (BLZ 520 604 10) Pommerschen Evangelischen Kirche e. V. Sparkasse Schaumburg Vermerk: Brot für die Welt Grimmer Straße 11 – 14 (BLZ 255 514 80) 17489 Greifswald Vermerk: Brot für die Welt Vermerk: Brot für die Welt Telefon: 03834/8899-11 FÜR DIE FREIKIRCHEN: Telefax: 03834/8899-33 SCHLESWIG-HOLSTEIN Gyborg Beschnidt E-Mail: kummerow@diakonie-vorpommern.de Christel Kohnert Diakonische Arbeitsgemeinschaft Internet: www.diakonie-vorpommern.de Telefon: 04331/593-194 evangelischer Kirchen Telefax: 04331/593-139 Reichensteiner Weg 24 E-Mail: kohnert@diakonie-sh.de 14195 Berlin REFORMIERTE KIRCHE Telefon: 030/83001-356 Wolfgang Wagenfeld Diakonisches Werk der Evangelisch- Gudrun Nolte-Wacker Telefax: 030/83001-8356 reformierten Kirche Telefon: 04331/593-195 E-Mail: daek@diakonie.de Saarstraße 6 Telefax: 04331/593-139 Internet: www.daek.de 26789 Leer E-Mail: nolte-wacker@diakonie-sh.de Telefon: 0491/9198-203 Telefax: 0491/9198-148 Diakonisches Werk Schleswig-Holstein e. V. E-Mail: diakonischeswerk@reformiert.de Ökumenische Diakonie Spendenkonto: 907 006 Kanalufer 48 Sparkasse LeerWittmund (BLZ 285 500 00) 24768 Rendsburg RHEINLAND schleswig-holstein Internet: www.brot-fuer-die-welt.de/ Ulrich T. Christenn Spendenkonto: 90 000 Claudia Broszat Evangelische Darlehnsgenossenschaft eG Diakonisches Werk im Rheinland e. V. (BLZ 210 602 37) Lenaustraße 41 Vermerk: Brot für die Welt 40470 Düsseldorf Telefon: 0211/6398-219 WESTFALEN Telefax: 0211/6398-277 Sabine Portmann E-Mail: bfdw@diakonie-rwl.de Diakonisches Werk Westfalen e. V. Internet: www.diakonie-rwl.de Friesenring 32 – 34 Spendenkonto: 1015 48147 Münster