Rechtsextremistische Aktivitäten in Söllingen

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Rechtsextremistische Aktivitäten in Söllingen
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 /
14. Wahlperiode
01. 07. 2010
6578
Kleine Anfrage
des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE
und
Antwort
des Innenministeriums
Rechtsextremistische Aktivitäten in Söllingen (Gemeinde
Rheinmünster)
Kleine Anfrage
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Erkenntnisse gibt es über Musikveranstaltungen mit Gruppen aus
dem rechtsextremistischen Spektrum und die Veranstalter in der früheren
Gaststätte „Zum Rössle“ in Söllingen, Gemeinde Rheinmünster?
2. Welche Musikgruppen sind dort bisher zu welchem Zeitpunkt aufgetreten?
3. Welche Erkenntnisse über weitere Veranstaltungen in dieser Lokalität, z. B.
„Schulungsveranstaltungen“ liegen vor?
4. Welche Erkenntnisse liegen über die Teilnahme von Mitgliedern und Anhängern rechtsextremistischer Gruppen aus dem gesamten Bundesgebiet
und dem europäischen Ausland an diesen Veranstaltungen vor?
5. Auf welcher Rechtsgrundlage haben die einzelnen Veranstaltungen stattgefunden?
6. Was wurde unternommen, wenn eine Genehmigung nicht vorlag?
7. Gab es Kontrollen oder Einsätze der Polizei (mit Angaben über Gründe
und Umfang)?
8. Sind im Zusammenhang mit den genannten Veranstaltungen Straftaten begangen worden (mit Angabe von Art und Zahl)?
Eingegangen: 01. 07. 2010 / Ausgegeben: 30. 07. 2010
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
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Drucksache 14 / 6578
9. Welche Maßnahmen wurden und werden gegen die Nutzung der früheren
Gaststätte als Basis für rechtsextremistische Veranstaltungen ergriffen?
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Sckerl GRÜNE
Begründung
Zahlreichen Medienberichten zufolge haben in diesem Jahr bereits eine Reihe
von Veranstaltungen, insbesondere Konzerte, in den Räumlichkeiten der früheren Gaststätte „Zum Rössle“ in Söllingen (Gemeinde Rheinmünster) stattgefunden, die von der rechtsextremistischen Szene organisiert werden. Im
Mittelpunkt standen Konzertveranstaltungen, bei denen auch Gruppen aufgetreten sein sollen, die unter regelmäßiger Beobachtung stehen. Schon 2003
und 2005 war diese Gaststätte wegen ähnlicher Veranstaltungen ins Visier der
Behörden geraten. In der lokalen und regionalen Öffentlichkeit wird befürchtet,
dass mit diesen neuerlichen Aktivitäten ein erneuter Versuch rechtsextremistischer Gruppierungen verbunden ist, ein sog. „nationales Zentrum“ zu errichten
und zu etablieren, wie es vor wenigen Monaten in Karlsruhe-Durlach vergeblich versucht worden war.
Neben der intensiven politischen Auseinandersetzung müssen hier alle gegebenen Möglichkeiten genutzt werden, um die Errichtung eines derartigen
Zentrums zu unterbinden.
Antwort
Mit Schreiben vom 26. Juli 2010 Nr. 4–1082.2/357 beantwortet das Innenministerium die Kleine Anfrage wie folgt:
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Erkenntnisse gibt es über Musikveranstaltungen mit Gruppen aus
dem rechtsextremistischen Spektrum und die Veranstalter in der früheren
Gaststätte „Zum Rössle“ in Söllingen, Gemeinde Rheinmünster?
2. Welche Musikgruppen sind dort bisher zu welchem Zeitpunkt aufgetreten?
Zu 1. und 2.:
Veranstalter der Musikveranstaltungen mit Gruppen aus dem rechtsextremistischen Spektrum in der Gaststätte „Zum Rössle“ in Rheinmünster-Söllingen
war zumeist die neonazistische Gruppierung „Kameradschaft Rastatt“.
Das erste dem Innenministerium bekannt gewordene rechtsextremistische
Konzert fand dort am 29. Oktober 2005 mit den Skinheadbands „Breakdown“/Rheinland-Pfalz und „Eugenik“/Thüringen statt (ca. 230 Teilnehmer).
Am 7. Februar 2009 wurde ein rechtsextremistisches Konzert mit den Skinheadbands „Propaganda“/Landkreis Freudenstadt, „Radikahl“/Thüringen,
„12 Golden Years“/Thüringen und der australischen Band „Deaths Head“ unter Beteiligung von etwa 240 Personen durchgeführt.
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Im Jahr 2010 fanden bislang folgende rechtsextremistische Skinheadkonzerte
unter Beteiligung rechtsextremistischer Skinheadbands in der Gaststätte
„Rössle“ statt:
• 20. März, ca. 135 Teilnehmer, Bands: „Wolfsgarde“/Sachsen-Anhalt,
„Libertin“/Nordrhein-Westfalen und „Aufbruch“/Mannheim.
• 3. April, ca. 160 Teilnehmer, Bands: „Aufbruch“/Mannheim, „Devil’s
Project“/Raum Stuttgart und „Aristokraken“/Rheinland-Pfalz.
• 17. April, ca. 230 Teilnehmer, Bands: „Kommando Skin“/Raum Stuttgart
und „Endstufe“/Bremen.
• 8. Mai, ca. 130 Teilnehmer, Band: „Noie Werte“/Rems-Murr-Kreis/Raum
Tübingen.
• 15. Mai, ca. 100 Teilnehmer, Bands: „Aristokraken“/Rheinland-Pfalz und
„Devil’s Project“/Raum Stuttgart.
3. Welche Erkenntnisse über weitere Veranstaltungen in dieser Lokalität, z. B.
„Schulungsveranstaltungen“ liegen vor?
Zu 3.:
Über weitere Veranstaltungen in dieser Lokalität liegen folgende Erkenntnisse vor:
• Am 6. März 2010 fand eine Feier im Anschluss an eine szeneinterne Sportveranstaltung statt.
• Am 26. März 2010 wurde eine sogenannte Rechtsschulung durchgeführt.
Als Referent trat ein szeneangehöriger Rechtsanwalt auf.
• Am 10. April 2010 wurde eine Rednerveranstaltung mit einem Publizisten
durchgeführt, der bereits auf rechtsextremistischen Internetportalen Beiträge
veröffentlicht hat.
• Am 11. und 12. Juni 2010 fand ein „Soli-Wochenende“ zum Erhalt des
„Rössle“ statt.
• Am 26. Juni 2010 fand eine Mobilisierungsveranstaltung zum „Nationalen
Antikriegstag“ am 4. September 2010 in Dortmund statt.
Bei diesen Veranstaltungen bewegten sich die Teilnehmerzahlen jeweils im
unteren bis mittleren zweistelligen Bereich. Daneben wird die Lokalität auch
für kleinere Partys genutzt, die bislang keine Außenwirkung entfaltet haben.
4. Welche Erkenntnisse liegen über die Teilnahme von Mitgliedern und Anhängern rechtsextremistischer Gruppen aus dem gesamten Bundesgebiet
und dem europäischen Ausland an diesen Veranstaltungen vor?
Zu 4.:
Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1. und 2. verwiesen. Von einer weitergehenden Beantwortung der Frage wird abgesehen, um der rechtsextremistischen Szene nicht den Kenntnisstand der Sicherheitsbehörden zu offenbaren
und dadurch die weiteren Ermittlungen zu erschweren.
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5. Auf welcher Rechtsgrundlage haben die einzelnen Veranstaltungen stattgefunden?
6. Was wurde unternommen, wenn eine Genehmigung nicht vorlag?
Zu 5. und 6.:
Die Lokalität „Zum Rössle“ wird im Rahmen einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis betrieben. Bei den bisher stattgefundenen Veranstaltungen handelte
es sich überwiegend um Musikveranstaltungen der rechten Szene, teilweise
in Verbindung mit privaten Geburtstagsfeiern, in denen der Musikkonsum
und/oder Kommerz im Vordergrund standen. Für die rechtliche Beurteilung
waren insoweit die Vorschriften des allgemeinen und besonderen Polizeirechts (insbesondere Gaststättenrecht, Baurecht, Brandschutzbestimmungen)
maßgeblich. Einige Veranstaltungen (z. B. Rednerabende) waren darüber hinaus nach den Vorschriften des Versammlungsgesetzes zu beurteilen.
Die Gemeinde Rheinmünster-Söllingen und das zuständige Landratsamt Rastatt
haben inzwischen auf gaststättenrechtlicher Basis alle Konzerte bis 30. September 2010 untersagt, da diese nicht durch die Gaststättenkonzession gedeckt seien. Eine entsprechende Verfügung wurde dem Eigentümer am 22. Mai
2010 ausgehändigt. Seit dem 23. Mai 2010 wurden keine Konzerte mehr
durchgeführt.
Der Eigentümer und die Betreiber der ehemaligen Gaststätte haben gegen die
Verfügung des Landratsamts Rastatt Rechtsmittel eingelegt, da sie die Aktivitäten im bisherigen Umfang weiterführen wollen. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom
13. Juli 2010 den Sofortvollzug der angeordneten Nutzungsuntersagung für
Musikveranstaltungen aufgehoben. Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus.
7. Gab es Kontrollen oder Einsätze der Polizei (mit Angaben über Gründe
und Umfang)?
Zu 7.:
Bei allen in der Gaststätte „Zum Rössle“ bekannt gewordenen Konzerten und
Liederabenden zeigte die Polizei ständige Präsenz am Veranstaltungsort und
führte Einsatzmaßnahmen mit der Zielrichtung lageangepasster Aufklärung
im unmittelbaren Umfeld des Objektes durch. Es erfolgten Personen- und
Fahrzeugkontrollen, insbesondere an An- und Abfahrtswegen. Zum Umfang
der jeweiligen Kontrollen können aus einsatztaktischen Gründen keine Angaben gemacht werden.
8. Sind im Zusammenhang mit den genannten Veranstaltungen Straftaten begangen worden (mit Angabe von Art und Zahl)?
Zu 8.:
Im Rahmen der Veranstaltung am 3. April 2010 konnten von der Polizei
10.000 Aufkleber sichergestellt werden, bei denen der Verdacht des Verstoßes
gegen § 90 a StGB (Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole) und
§ 90 b StGB (verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen) begründet war.
Bei der Veranstaltung am 17. April 2010 wurde eine größere Anzahl von Tonträgern wegen des Verdachts des Verstoßes gegen den § 86 a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) beschlagnahmt.
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Ferner wurde bei der Veranstaltung am 8. Mai 2010 ein Pressevertreter durch
eine Person des rechten Spektrums bedroht (§ 241 StGB) und beleidigt
(§ 185 StGB).
9. Welche Maßnahmen wurden und werden gegen die Nutzung der früheren
Gaststätte als Basis für rechtsextremistische Veranstaltungen ergriffen?
Zu 9.:
Es wird auf die Antwort zu den Fragen 5. und 6. verwiesen.
Rech
Innenminister
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