WP 2015_03.indb - Wasser
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Nr. 3/2015 JJ Grey & Mofro Jeff Jensen • Andy Fraser - Hans Theessink - Ben Poole - Bluesfestivals: im Mai • Album des Monats: Philipp Fankhauser - Home • Texte von Uwe Saeger, Selma Lagerlöf • Literatur-ABC: C wie Comic & Cartoon • Bücher von John Grisham, Martell Beigang, Inger-Maria Mahlke 2 I N H A LT Anzeige Wasser-Prawda | März 2015 I N H A LT 3 INHALT MÄRZ 2015 3 5 6 15 16 20 23 26 29 38 40 46 Inhalt Editorial Auf Tour Musik Andy Fraser (1952-2015) Festivals: Alles Neu macht der Mai? Frauen im Blues sind etwas Besonderes. Hans Theessink: Kein Rentner in Sachen Blues Jeff Jensen: Memphis, Blues & Elefanten Die Soulseele kocht über: JJ Grey & Mofro in München Ben Poole im Sotano Blueskalender Album des Monats Philipp Fankhauser - Home 47 Rezensionen A bis Z Feuilleton 58 Es ist 2015 und wir sprechen über schwarze und weiße Haut. Warum? 61 Literatur ABC: C wie Comics & Cartoons 62 Kleine Frühjahrsschmökerei 65 Uwe Saeger: Gott In Ketten. Ein Film (Auszüge) 68 Selma Lagerlöf: Die Vogelfreien 80 Die Vestalinnen 88: English Articles Wasser-Prawda | März 2015 4 EDITORIAL IMPRESSUM Die Wasser-Prawda ist ein Projekt des Computerservice Kaufeldt Greifswald. Das pdf-Magazin erscheint in der Regel monatlich. Es wird kostenlos an die registrierten Leser des Online-Magazins www.wasser-prawda.de verschickt. Wasser-Prawda Nr. 3/2015 Redaktionsschluss: 20.03.01.2015 Titelseite: Jeff Jensen Fotos links: Eliza Neals REDAKTION: C he f r e d a k t e u r : R a i mu nd Nitzsche (V.i.S.d.P.) Redaktion: Mario Bollinger, Bernd Kreikmann, Matthias Schneider, Dave Watkins, Darren Weale Mitarbeiter dieser Ausgabe: Iain Patience, Gary Burnett, Christophe Rascle Die nächste Ausgabe erscheint am 23. April 2015. Adresse: Redaktion Wasser-Prawda c/o wirkstatt Gützkower Str. 83 17489 Greifswald Tel.: 03834/535664 redaktion@wasser-prawda.de Anzeigenabteilung: marketing@wasser-prawda.de Wasser-Prawda | März 2015 EDITORIAL 5 EDITORIAL VON MARIO BOLLINGER Ein Konzertbesuch ist auch immer ein Szenebesuch. Man geht auf ein Konzert, um eine Band oder einen Musiker zu sehen, aber auch um gesehen zu werden. Im Publikum findet man Fans, die nichts lieber hätten, als sich mit ihren Star ablichten zu lassen und was ein legitimer Wunsch ist. Man findet bei einem Konzert auch Schauspieler und Musikerkollegen. Auch diese möchten gerne gesehen werden. Und dann haben wir noch die Journalisten mit der ganzen Entourage von Photographen, Sternchen oder Anhängseln, die auch nur von einem Wunsch beseelt: Gesehen zu werden. Und es gibt Journalisten, die sich ernsthaft mit der Musik und den ausführenden Musikern beschäftigen. Ein Gespräch ist wichtiger als das Gruppenbild mit Star, auch wenn es das soundso immer gibt. Die Musiker, die von uns interviewt werden, sind alle sehr freundlich und verständnisvoll. Der Tourmanager von JJ Grey ermahnte uns zwar, beim Interview nicht zu fotografieren. JJ Grey sei nämlich noch nicht geduscht. Der Musiker selbst hatte nichts gegen Fotos, er ist da ganz Naturbursche. Auch helfen wir mal auch einem Kollegen ins Boot, der zum Beispiel keine Akkreditierung bekommen hat. Man kennt sich und bei der Art von Musikern sind Getue und Starfotoalluren nicht angebracht, meist sogar nur widerwillig von den Musikern mitgemacht. Und gerade die Kollegen, denen man dann ins Boot geholfen hat, rempeln dann am Bühnenrand, um das beste Foto zu bekommen oder lassen einen dann bei einem verpatzen Terminabsprache im Regen stehen. Wenn das überhandnimmt, dass in unserer Liga im Photographengraben vor der Bühne Grabenkämpfe und beim Fototermin Starinszenierungen aufgezogen werden, wird es bald vorbei sein, dass wir bei den uns bekannten Musikern per SMS oder Facebook-Chat einen Interviewtermin bekommt. Ich persönlich bevorzuge diese lockere Art der journalistischen Annäherung an den Musiker statt über seine Presseabteilung zu gehen, um die besten Plätze zu erbuhlen. Also, meine lieben Kolleginnen und Kollegen – lasst die Ellbogen unten und nehmt die Musiker so wie sie sind und nicht so, wie Ihr sie hingestellt haben wollt. Auf weiterhin gute Pressetermine und gute Zusammenarbeit. Mario Bollinger Wasser-Prawda | März 2015 6 TERMINE Festivals 24. Rother Bluestage 21.-29. März in der Kulturfabrik Roth 27.03. Layla Zoe/Thobjörn Risager 28.03. Hundred Seventy Split/Vdelli 29.03. Jesper Munk 6. Chemnitzer Blues & More Festival 09.05. (Eiscafé Temmler, Zschopauer Str.) Big Daddy Wilson Trio, Shanna Waterstown & Wet Hands, Earl Thomas & The Royal Gard 26. BluesBaltica/Bluesfest Eutin 13.-17. Mai: „Modern Europe“ 14.05. Petra Börnerova Trio, Joe Colombo, Nick Moss Band 15.05. The Blueskollektivet, The Blues Overdrive, Adriano Ba Tolba Orcherster 16.05. Marcus Levdal Band, Big Creek Slim & The Cockroaches, John F. Klaver Band, Sean Carney Band feat. Shaun Booker 17.05. Krakow Street Band, Egidio Juke Ingala & The Jackknives, Tee Dee Young feat, Henry Carpaneto Band, Earls Thomas & The Royal Guard 13. Internationales Blues & Rock Festival Altzella 14./15.05. Kloster Altzella Jonathan Blues Band mit Beata Kossowska & Mike Kilian, Rich Hopkins & The Luminarios, Kees Schipper & Bemanning, AJ & The Wildgrooves, Sasha Ploner, The Wake Woods, Florian Lohoff Band, Wollmann & Brauner, Flo Kern Muddy Lives Blues Festival 29./30.05. Lieberose Waldbühne Johnny Mastro & Mama‘s Boys, Jürgen Kerth & Band, Nick Moss Band, Kai Strauss Electric Blues, Mason Rack Band, Footsteps, Carolyn Wonderland, Chilly Willy und Micke Bjorklof & Blue Strip. Wasser-Prawda | März 2015 32. Bluesfestival Dresden 30./31.05. Tante Ju Mike Andersen/Mike Seeber Band/Pass Over Blues Band Blues Caravan 2015 Girls With Guitars 08.04. Frick, Monti (CH) 09.04. Rankweil, Altes Kino (A) 10.04. Rubigen, Mühle Hunziken (CH) 11.04. Zug, Chollerhalle (CH) 13.04. Frauental, Bluegarage (A) 14.04. Linz, Kongresssaal (A) 15.04. Wien, Reigen (A) 17.04. Dresden, Tante Ju 18.04. Kellinghusen, PEP 20.04. Koblenz, Café Hahn Auf Tour 3 Dayz Whizkey 30.04. Burglengenfeld, Vaz 09.05. Kufstein, Kulturfabrik (A) 21.6. Regensburg, Bürgerfest Bad Temper Joe 02.04. Gütersloh, Brauhaus 08.04. Paderborn, Kulturwerkstatt 17.04. Ennigerloh, Alte Condorhallen 18.04. Paderborn, Kulturwerkstatt 30.04. Bielefeld, Black rose 08.05. Mühlheim, Musikspektakel 10.05. Osnabrück, Maiwoche B.B. & The Blues Shacks 04.04. Frauenfeld, Dreiegg (CH) 17./18.04. Spiekeroog, 10. Int. Jazzfestival 24.04. Dessau, Sonnenköppe 25.04. Torgau, Kulturbastion (Elbe Day) 30.04. Halle, Objekt 5 01.05. Gronau, Jazzfest Gronau TERMINE Bernard Allison 27.03. Bern-Rubigen, Mühle Hunziken (CH) 28.03. Freiburg, Jazzhaus 29.03. Karlsruhe, Tollhaus Big Daddy Wilson 19.04. Singen / EXIL 20.04. Weinheim / Muddy‘s 23.04. Lorenzberg / Gemeindesaal 08.05. Berlin / Quasimodo 09.05. Chemnitz / Blues + More Festival 10.05. Riesa / Live am Balkon 15.05. Leinzell / Cafe Leinmüller 16.05. Mettlach / De Keller 17.05. Leipheim / Zehntstadel Billy Walton Band 17.04. Berlin, Quasimodo 18.04. Kiel, Räucherei 22.04. Greifswald, Sotano 24.04. Joldelund, Gerd‘s Juke Joint 25.04. Rostock, Pumpe Blue Note Blues Band 25.04. Ingolstadt, Shamrock 05.06. Greifswald, Sotano 06.06. Bielefeld, Extra Blues Bar Blues Company 02.04. Rheine, Hypothalamus 24.04. Dexheim, Kultur im Hof 25.04. Großkarlbach, Siebenmühlen 17.05. Osnabrück, Maiwoche Cologne Blues Club 08.04. Bordesholm, Versorgungsbetriebe 25.04. Schönenberg, Gasthaus Schleppi 24.05. Prisser, Kulturelle Landpartie Festival 30.05. Zyfflich, Bluesfestival 16.07. Maggia, Magic Blues Festival (CH) 7 17.07. Feuerthalen, Kulturzentrum Dolder (CH) 18.07. Winterthur, Music Bar (CH) 05.08. Saarbrücken, Kultur am Schloß David Sinclair & Keith Bennett 08.04.. Mülheim an der Ruhr, Rolo’s House 09.04. Weilburg, Cafe Ententeich, 10.04. Neudrossenfeld, Brauerwerk 11.04. Oberweiling, Kneipenbühne 13.04. Hamburg, Soundyard 17.04. Neuruppin, Seehotel 18.04. Berlin, Berlin Guitars 22.04. Kiel, Kulturforum 23.04. St. Peter Ording, Café Instinkt 24.04. Bornholdt, Kulturkniepe 25.04. Frelsdorf, Kulturtransport 26.04. Ulm, Fiddler’s Green 27.04. Ulm, Sauschdall Ulm 28.04. Augsburg, Der Rabe Abraxas 29.04. Füssen 30.04. Unnersdorf, Gasthof Zur Linde 02.05. Runding-Vierau, Liederbühne Delta Moon 07.04. Bremen, Meisenfrei 08.04. Celle, Herzog Ernst 09.04. Magdeburg, Feuerwache 10.04. Singwitz, Kesselhauslager 11.04. Affalter, Zur Linde 13.04. Wien, Reigen Live (A) 17.04. Herisau, Pontem (CH) 18.04. Bad Reichenhall, Magazin 4 19.04. Habach, Village 21.04. Köln, Yard Club 23.04. Thiersheim, Thorndal Guitars 24.04. Erfurt, Museumskeller 25.04. Ratingen, Manege Lintorf East Blues Experience 27.03. Stralsund, Werkstatt 28.03. Rostock, Pumpe Wasser-Prawda | März 2015 8 TERMINE 04.04. Tanna, Kuhstall 10.04. Aschersleben, Bestehornhaus 11.04. Cottbus, Bebel Engerling 11.04. Frohburg, Rock-Club 18.04. Berlin, Kesselhaus - Kulturbrauerei 30.04. Dresden, Zeitgeist 01.05. Dresden, Bärenzwinger 09.05. Döbeln, KL17 13.05. Wriezen, Scheune Haselberg 15.05. Erfurt, Museumskeller Georg Schroeter & Marc Breitfelder 30.03. Freiberg, Tivoli (feat. T. Zwingenberger) 02.04. Uelzen, Jabelmannhalle 04.04. Lutterbek, Lutterbeker 10.04. Itzehoe, Lauschbar 11.04. Hannover, Alter Bahnhof Anderten 17.04. Kosel, Koseler Hof 22.04. Kiel, Kulturforum (+ David Sinclair & Keith Bennett) 25.04. Wilhelmshorst, Bluesgarage Greyhound George 28.03. Gütersloh, A Tasca 18.04. Apfelstraße, Casa Mia - Solo 23.04. Düsseldorf, Till´s Eleven - Solo 25.04. Münster, Kreuzeck Hamburg Blues Band 02.04. Halle/Saale, „Objekt 5“ 03.04. Berlin, Quasimodo 04.04. Rostock, Pumpe Hundred Seventy Split 28.03. Roth, Bluestage (Kulturfabrik) 30.03. Salzburg, Rockhouse (A) 31.03. Wien, Reigen (A) 09.05. Leinfelden, Guitars United Festival Jeff Jensen Band 07.04. Suhl, Moist Corner Wasser-Prawda | März 2015 08.04. Pfaffenhofen, Hotel Moosburger Hof 13.04. Celle, Herzog Ernst 14.04. Emmendingen, Mehlsack 15.04. Kandern, ChaBah Jessy Martens & Jan Fischer‘s Blues Support 04.04. Wedel, Theaterschiff Batavia 10.04. Lenzburg, Baronessa (CH) 11.04. Celerina, Hotel Cresta Palace (CH) 17.04. Berlin, Ratskeller Köpenick 18.04. Osterode am Harz, Freiheiter Hof Klaus Major Heuser Band 02.04. Köln, Comedia Theater 17.04. Gummersbach, Halle 32 18.04. Bremen, Nachbarschaftshaus 23.04. Bonn, Harmonie 24.04. Bensheim, Musiktheater Rex 25.04. Wermelskirchen, Kattwinckelsche Fabrik Marius Tilly Band 03.04. Berlin, Kiste 04.04. Fehmarn, Eventzelt 26.04. Oslo, Rockefeller (NO) Mike Andersen 28.05. Dortmund, Piano 29.05. Hamburg, Downtown Blues Club 30.05. Dresden, Tante Ju, Bluesfestival 31.05. Greifswald, Sòtano Morblus 11.04. Heerbrugg, Schloss Remise (CH) 29.05. Herisau, Bluesfestival Pontem (CH) Mrs. Greenbird (D) 09.04. Rostock, MAUclub 10.04. Wilhelmshaven, Pumpwerk 11.04. Bremen, Bürgerhaus 15.04. Stuttgart, LKA Longhorn TERMINE 16.04. München, Backstage 17.04. Augsburg, Spectrum Club 23.04. Hannover, Capitol 24.04. Hamburg, Große Freiheit 25.04. Berlin, Postbahnhof 28.04. Nordhorn, Alte Weberei 29.04. Essen, Weststadthalle 30.04. Köln, E-Werk Pass Over Blues 14.04. Rostock, Stadthalle 13.05. Ratzeburg, Jazz in Ratzeburg Patricia Vonne 17.04. Bergheim, BM Cultura 18.04. Goslar, Kubik 19.04. Parchim, Irish Pub 22.04. Schneverdingen, Habana 23.04. Lauenau, Kesselhaus 24.04. Bielefeld, Bielefelder Jazzclub 25.04. Worpswede, Music Hall 26.04. Twist, Heimathaus 29.04. Greifswald,Sotano 30.04. Schonberg, Rathaushotel 01.05. Hamburg, Downtown Blues Club Richard Bargel & Dead Slow Stampede 17.04. Backnang, Kulturgut Hagenbach 18.04. Naunheim, Bürgerhaus 24.04. Berlin, Grüner Salon 25.04. Magdeburg, Songtage @ Feuerwache 08.05. Leverkusen, Scala 14.05. Ingolstadt, Bluesfest 2015 @ Neue Welt 15.05. Ulm, Charivari Bluesfestival 29.05. Eisenach, Alte Mälzerei 25.07. Eitorf, Siegtag Festival @ Theater am Park 26.09. Langen, Jazzclub Alte Ölmühle Thorbjørn Risager & The Black Tornado 15.04. Bremen, Meisenfrei 16.04. Bonn, Harmonie 17.04. Münster, Hot Jazz Club 9 18.04. Meidelstetten, Adler 24.04. Verden, Domgymnasium 25.04. Berlin, Quasimodo 29.04. Hamburg, Downtown Blues Club 30.04. Twist, Heimathaus Tommy Schneller Band 04.04. Münster, Hot Jazz Club 08.04. Bergkamen, Haus Schmülling We Banjo 3 16.04. Leipzig, Moritzbastei 17.04. Dresden, Dreikönigskirche 18.04. Hildesheim, Bischofsmühle 19.04. Oldenburg, Theater Laboratorium 23.04. Waiblingen, Kulturhaus Schwanen 25.04. Ravensburg, Zehntscheuer 26.04. Schopfheim-Fahrnau, Kirche St. Agathe 28.04. Koblenz, Cafe Hahn 29.04. Waldkraiburg, Haus der Kultur 30.04. Offenburg, Salmen 25.06. Bad Rappenau-Bonfeld, Schlosshof Bonfeld Wille and the Bandits (UK) 29.03. Fulda, Kulturkeller 30.03. Stuttgart, Universum 31.03. Fürth, Kofferfabrik 01.04. Wien, Reigen (A) 04.04. Berlin, Supamolly 05.04. Wredenhagen, Cafe Scheune Clubs Barnaby‘s Blues Bar Braunschweig 04.04. Epitaph 10.04. Norman Beaker Trio 11.04. Kingfish Blues Band 17.04. Neal Black & The Healers 18.04. Tim Mitchell Band 24.04. Aynsley Lister Band 30.04. The Legendary Booze Band Wasser-Prawda | März 2015 10 TERMINE 01.05. Daniel Puente Encina 02.05. The Youth Experience Bielefelder Jazzclub 10.04. Blue Moon Quartett 17.04. Mississippi Campfire 24.04. Patricia Vonne Bischofsmühle Hildesheim 02.04. Paul Lamb & Chad Strentz 10.04. Till Seidel Band 11.04. Hiss 17.04. Elmar Braß Trio 18.04. We Banjo Three Blue Notez Dortmund 10.04. Robert Jon & The Wreck 24.04. Richard Güth & the L.A. Blues 15.05. Modern Earl 29.05. The Statesboro Revue Blues & More Eiscafe Temmler, Chemnitz 02.04. Namoli Brennet-Trio (im MiO Minicamping) 24.04. The 44‘s Blues im Bahnhof Mannheim, Hauptbahnhof 17.04. Norman Beaker 08.05. Don P. & The Blue Jags 12.06. Tolo Marton 11.09. Morblus & Justina Lee Brown 16.10. Otis Taylor 06.11. Blues Company (Support: Doctor‘s Order) 27.11. Glen David Andrews & The Sazerac Swingers Bluesgarage Hannover Isernhagen 02.04. Vargas Blues Band Wasser-Prawda | März 2015 10.04. Layla Zoe 11.04. Man 12.04. Tito & Tarantula 18.04. Joe Lynn Turner 24.04. David Grissom 25.04. Danny Bryant 02.05. Lighthouse 08.05. Edo Zanki 09.05. Kai Strauss & Electric Blues Allstars 13.05. Jared James Nichols 15.05. Nick Moss Band 16.05. Lazy Younger Band ChaBah Kandern 01.04. Boogie-Rockets 08.04. Dani & Will Wilde 15.04. Jeff Jensen 22.04. Neal Black & The Healers 29.04. Tim Mitchell Band 06.05. Tomi Leino Trio 13.05. Leif de Leeuf 20.05. Todd Wolfe Band Cotton Club Hamburg 30.03. Blue Silver 31.03. One Trick Pony 04.05. Hans Theessink & Terry Evans 05.05. Hans Theessink & Terry Evans 11.05. Tonky de la Pena & Band 24.05. Jessy Martens & Jan Fischer‘s Blues Support 31.05. Tommy Schneller Band Downtown Bluesclub Hamburg 03.04. Blues Package 08.04. Shelly Bonet 10.04. Man 17.04. Michael van Merwyk & Bluesoul 22.04. Steve Skaith 24.04. Blues Culture 25.04. Aynsley Lister 29.04. Thorbjorn Risager TERMINE 01.05. Patricia Vonne 06.05. Downtown Bluesband feat Herbert Hildebrandt Extra Blues Bar Bielefeld 29.03. The Black Lung 01.04. Krissy Matthews 04.04. The Lone Crows 11.04. One Man 100% Bluesz 18.04. Kevin Johnston‘s The Bright Silence 25.04. Michael van Merwyk & The Snooks 30.04. Pete Anthony Alderton Harmonie Bonn 30.03. John Illsley 01.04. Tamar Eisenmann 13.04. Silje Nergaard 14./15.04. Quadro Nuevo 18.04. THORBJÖRN RISAGER & BLACK TORNADO 19.04. Triosence 21.04. Simon Phillips 22.04. Danny Bryant 23.04. Klaus „Major“ Heuser Band 25.04. Kraan 26.04. King King 27.04. The Levellers Herzog Ernst Celle 01.04. Fowokan 08.04. Delta Moon 13.04. Jeff Jensen 21./22.04. Tim Mitchell Band 27.04. Hungry Cats Kulturbastion Torgau 18.04. DEKAdance 25.04. B.B. & The Blues Shacks 11 30.04. Los Paperboys 02.05. Hannes Bauer‘s Orchester Gnadenlos Kulturspeicher (Bergstraße, Ueckermünde) 28.03. Kaluza & Blondell 18.04. Tonträger 25.04. Tino Martinho Laboratorium Stuttgart 14.04. Fanfare Ciocarlia 16.04. Blues Bones 17.04. Alina Manole & The Square Moon Band 23.04. Paul Lamb & The King Snakes 25.04. Dani & Will Wilde 01.05. The Delta Boys Late Night Blues Loev Hotel Binz/Rügen 09.05. Abi Wallenstein & Micha Maass 13.06. Sandera & Posch Löwenherz Binz 04.04. Namoli Brennet Trio 10./11.04. Muttis Kinder 02.05. The Wild Women Show 22./23.05. The Stimulators 14.06. Abi Wallenstein & All Star Festival Band Meisenfrei Bremen Hankenstr. 07.04. Delta Moon 08.04. Albert Lee & Hogan‘s Heroes 10.04. Wild Black Jets/Honkytonk Bucklers 11.04. Rihm Shots 14.04. Nine Below Zero/Blues am Dienstag 15.04. Thorbjørn Risager 16.04. Mad dog/Mad Dog Blues Band 18.04. Cojack Blues 21.04. Todd Wolfe 22.04. Adwoa Hackman Wasser-Prawda | März 2015 12 TERMINE 29.04. Shelly Bonet/Moody Man Music Hall Worpswede 10.04. Tito & Tarantula 18.04. Die Happy 19.04. Silje Nergaard 24.04. Saga 25.04. Patricia Vonne 30.04. Levellers 01.05. Mop Mop 09.05. Chuck Prophet Musiktheater Piano Dortmund 02.04. Marc Broussard 11.04. Renaissance 16.04. Vargas Blues Band 19.04. Danny Bryant 26.04. The Levellers 06.05. Hans Theessink & Terry Evans Musiktheater Rex Bensheim 03.04. Grand Sheiks 17.04. Friend & Fellow 23.04. Guru Guru 24.04. Klaus „Major“ Heuser Band 29.04. Pippo Pollina Trio O‘ Man River Friedensstraße 27, Heringsdorf 29.03. East Blues Experience 05.04. Sonny & Struch 10.04. O-Man-River-Band 17.04. Rhythm & Voice 21.04. Gotte Gottschalk Quasimodo Berlin 03.04. HAMBURG BLUES BAND 04.04. FUNK DELICIOUS 10.04. Mfa Kera & Black Heritage Wasser-Prawda | März 2015 11.04. Tony Hurdle‘s Guardians of the Groove 17.04. Billy Walton Band 24.04. Della Miles 25.04. THORBJØRN RISAGER 08.05. BIG DADDY WILSON Savoy Bordesholm 28.03. Hamburg Blues Band 08.04. Cologne Blues Club 11.04. Thilo Taylor & Band 18.04. The Shee 24.04. Danny Bryant 30.04. Savoy Rock Company 01.05. Randy Hansen 09.05. Christina Martin & Band Sótano Greifswald, Markt 30.03. QEAUX QEAUX JOANS (Brasserie Hermann) 22.04. Billy Walton Band 23.04. PAPER AEROPLANES & LEE MacDOUGALL (Brasserie Hermann) 25.04. SPACEMAN SPIFF 29.04. PATRICIA VONNE 11.05. Michael McDermott & Heather Horton (Brasserie Hermann) 31.05. Mike Andersen Speicher Schwerin 10.04. Bassa 16.04. Anne Clark 17.04. Purple Schulz 18.04. Ragnaröek 25.04. Marcel Rell & Band Tante Ju Dresden 17.04. Blues Caravan 2015 24.04. Monokel TERMINE 16.05. Schipper & Bemanning/AJ & The Wildgrooves 29.05. MasterPeace Troisdorfer Bluesclub Realschule Heimbachstrasse 17.04. Kris Pohlmann Band 22.05. The Random Players 19.06. The Working Blues Band 13 01.05. Whatever Rita Wants 02.05. Swing Cat Club 03.05. Lenard Streicher Tribute to Dean Martin 06.05. MarKuz 07.05. The Nepenthes 08.05. The Rathaus Ramblers 09.05. The Savoy Satellites Yorckschlösschen Yorckstr. 15, Berlin 01.04. Chris Rannenberg meets Dorry Lyles 03.04. Roger & The Evolution 04.04. Gaunerliebchen und Komlpizen 05.04. Desney Bailey Trio 08.04. Boogie Rockets 10.04. The Toughest Tenors 11.04. Igor Spallati Sextett 12.04. Whatever Rita Wants 17.04. Boogie Blasters 18.04. Helena & The Twilighters 19.04. Chris Rannenberg 22.04. Namoli Brennet Trio 24.04. Scarlett Andrews & Christian Christl 25.04. Lenard Streicher Band 26.04. Donna Brown‘s Black Pearls 29.04. Kat Baloun & Friends Wasser-Prawda | März 2015 14 MUSIK Wasser-Prawda | März 2015 MUSIK 15 A NDY F R A S E R ( 1 9 5 2 - 2 0 1 5 ) VON RAIMUND NITZSCHE Schon als Teenager schrieb er mit „All Right Now“ den größten Hit seiner Karriere. Bevor er zu den Gründungsmitgliedern von Free gehörte, ha e er schon in der Band von John Mayall gehört. Später spielte Bassist und Songwriter Andy Fraser bei Bands wie Shark. Sein letztes Soloalbum war 2005 erschienen. Am 16. März ist Fraser in Kalifornien verstorben. Seit Jahren li er unter AIDS. Geboren wurde Andy Fraser 1952 in London. Schon mit fünf Jahren begann er zu musizieren. Zuerst erhielt er klassischen Klavierunterricht. Doch dann erhielt er mit 12 seine erste Gitarre. Und kurze Zeit später wechselte er zum Bass. Schon mit 14 Jahren spielte er in Londoner Clubs vor allem Soulmusik. Kurz zuvor war er von der Schule geflogen, weil er sich weigerte, seine Haare schneiden zu lassen. Mit 15 schrieb er sich am Hammersmith F.E. College ein, wo er Sappho Korner, die Tochter von Alexis Korner kennenlernte. Korner wurde so etwas wie ein zweiter Vater für ihn und vermittelte ihm den Kontakt zu John Mayall, der grade auf der Suche nach einem neuen Bassisten war. Innerhalb kurzer Zeit bekam Fraser nicht nur einen neuen Bass von Mayall, sondern auch eine gerichtliche Erlaubnis, als professioneller Musiker auf Tour zu gehen. Und ehe er sich versah, stand er gemeinsam mit Mayall und Mick Taylor auf den Bühnen in Europa. Doch schon bald tauschte Mayall die Rhythmusgruppe, zu der auch noch Schlagzeuger Keef Heartley gehörte, wieder aus. Korner vermittelte Fraser jetzt den Kontakt zum Produzenten Mike Vernon. Und so lernte er den Gitarristen Paul Kossoff, Sänger Paul Rodgers und Schlagzeuger Simon Kirke kennen und gründete mit ihnen 1968 Free. Ihr Debütalbum „Tons of Sobs“ wurde mit Songs wie „The Hunter“ ähnlich wie die Alben von Led Zeppelin zum Lehrbuch für nachkommende Gitarristen. Und mit dem zurückgenommenen Tempo, den harten Rhythmen und Kossoffs Gitarrensounds änderte Free die Geschichte des britischen Bluesrock. Die Songs von Free stammten damals zur einen Hälfte von Rodgers, zur anderen von Fraser. Und auch wenn ab und zu die ganze Band als Verfasser aufgeführt wurde, bildeten die beiden in Wahrheit das entscheidende Songwriter-Duo der Truppe. Mit dem dritten Album „Fire and Water“ und vor allem mit dem Lied „All Right Now“ wurde Free weltweit bekannt. Keiner von der Band liebte den Song wirklich, doch von jetzt an wurden sie für immer an dieser Nummer gemessen. 1971 brach Free auseinander. Es gab Differenzen zwischen Rodgers und Fraser. Und Kossoff entwickelte immer stärkere Drogenprobleme. Nur um „Free Live“ zu promoten kam Fraser noch mal kurz zurück. Doch 1972 war es vorbei mit der Urbesetzung der Band. Rodgers zog los, um Bad Company zu gründen. Und Fraser gründete Sharks, nur um gleich nach dem Debüt „First Water“ gleich wieder auszusteigen. Für viele überraschend kam in den 80er Jahren ein Popalbum von Andy Fraser heraus. Aber eigentlich konzentrierte er sich zu der Zeit schon mehr auf seine Arbeit als Songschreiber unter anderem für Joe Cocker, Chaka Khan, Paul Young und Rod Stewart. Robert Palmer hatte mit “Every Kind of People” einen großen Hit. 2005 schließlich erschien mit „Naked an Finally Free“ das persönlichste Werk Frasers. Hier outete er sich als schwul und HIV-infiziert. Vorausgegangen waren lange Gerüchte über seinen Aidstod, der sogar von einigen Medien vermeldet wurde. In den letzten Jahren engagierte sich Fraser für verschiedene politische Themen. Unter anderem setzte er sich für die Wahl von Barack Obama. Wasser-Prawda | März 2015 16 MUSIK Earl Thomas (Foto: Karsten Spehr) ALLES NEU MA C HT D E R M A I ? EIN AUSBLICK AUF DIE FESTIVALS DER NÄCHSTEN WOCHEN VON RAIMUND NITZSCHE Was ist los in Sachen Blues? Den besten Überblick zum Stand der Musik kann man im Frühjahr immer bekommen, wenn man die Fes valprogramme studiert, die spätestens im Mai in ihre Saison starten. Chemnitz, Eu n, Altzella, Schöppingen und Lieberose sind die Orte unserer kleinen Vorschau auf den Bluesfrühling 2015. Wasser-Prawda | März 2015 9. Mai: Blues & More in Chemnitz Klein aber fein: es gibt ein paar Veranstaltungen hierzulande, die ohne großes Budget - und oft auch mit wenig überregionaler Resonanz - den Blues feiern. Im Mai gönnt sich die Veranstaltungsreihe „Blues & More“ in Chemnitz immer ein Festival mit drei Künstlerinnen/Bands an einem Abend. 2015 findet das erstmals im Eiscafé Temmler (Zschopauer Str.) statt, was mittlerweile auch der Hauptspielort der anderen Konzertveranstaltungen ist und es dem Publikum ermöglicht, die auftretenden Musiker ganz aus der MUSIK 17 Tee Dee Young Nähe zu erleben: so eine intensive Klubatmosphäre hat wohl kaum ein anderes Festival zu bieten. Und wer die Reise nach Sachsen macht, der kann unter anderem die Premiere des neuen Albums „Time“ von Big Daddy Wilson erleben. Außerdem werden dort Shanna Waterstown & Wet Hands und Earl Thomas & Royal Gard auftreten. Da der Platz sehr beschränkt ist, sollte man sich sein Ticket rechtzeitig über www. bluesandmore.de/Kontakt reservieren lassen. 13.-17. Mai: Modern Europe in Eutin Spannend wie immer: In Eutin beherrscht man seit mehr als 25 Jahren die Kunst, bekannte und unbekannte Künstler auf die Bühne zu holen und daraus ein Programm zu gestalten, was die ganze Vielfalt des Blues und der verwandten Musik umfasst. Völlig verdient wurden die Macher letztens in Memphis mit dem „Keeping The Blues Alive Award“ ausgezeichnet. 2015 stehen im Mittelpunkt Künstler aus Europa: So steht der Beginn auf der Bühne des Festivals am Donnerstag ganz im Zeichen Europas von der Eröffnung mit der tschechischen Sängerin/ Akkordeonspielerin Petra Börnerová und dem Schweizer Bluesrocker Joe Colombo. Am Freitag sind Norwegen (The Blueskollektivet), Dänemark (The Blues Overdrive) und aus Deutschland das Adriano BaTolba Orchestra zu erleben. Wobei diese Bigband sich ganz dem Rockabilly und weniger den ganz reinen Lehren des Blues verschrieben hat. Aber das dürfte dem Spaß keinen Abbruch tun - ein solches Ensemble ist in Europa wohl ziemlich einzigartig. Dass die polnische Bluesszene immer wieder gut für ganz besondere Projekte ist, konnte man in der Vergangenheit etwa mit Harp Attack erleben. In diesem Jahr kommt die Kraków Street Band nach Eutin mit neun Musikern aus ebensovielen Bands. Ursprünglich spielten sie ihre Kombination aus New Orleans Jazz und Blues nur auf dem dortigen Marktplatz. Mittlerweile waren sie auch schon bei einer polnischen Castingshow dabei. Auf jeden Fall ist gehöriger Spaß angesagt. Das Wasser-Prawda | März 2015 18 MUSIK Nick Moss Band dürfte auch auf den Jumpblues von Egidio Juke Ingala & The Jacknives aus Italien zutreffen. Die bekannten Stars auf dem Programm: Nick Moss Band, Earl Thomas & The Guard und die Sean Carney Band feat. Shaun Booker. Das komplette Programm findet sich unter http://bluesfest-eutin.de/ programm.html. Rechtzeitig vorher werden wir einige der Künstler auch im Crossroad Cafe auf radio 98eins vorstellen. 14./15. Mai: Internationales Blues & Rock Festival im Kloster Altzella Schon zum 13. Mal findet über Himmelfahrt im Kloster Altzella das Wasser-Prawda | März 2015 Festival statt, das in Sachsen von der Bedeutung her das Erbe des scheintoten Dresdner Bluesfestivals weiterführt. Headliner ist in diesem Jahr der Wüstenrocker Rich Hopkins, der mit seinen Luminarios auf großer Jubiläumstour in Europa unterwegs ist. Aber auch die anderen Acts versprechen interessante (und wesentlich bluesigere) Unterhaltung. Gleich zwei Bands aus den Niederlanden stehen mit Kees Schipper & Bemanning und AJ & The Wildgrooves auf dem Programm. Und für die sächsische Szene dürfte einer der selten gewordenen Auftritte der Jonathan Blues Band aus Berlin schon ein Grund zur Anreise sein. Für den Auftritt haben sich die Männer um Peter Papst mit Beata Kossowska (harp) und dem ehemaligen RockhausSänger Mike Kilian als Gäste eingeladen. Das komplette Line-up des Festivals findet sich auf http:// bluesundrock-altzella.de/. 23./24. Mai Grolsch Blues Festival in Schöppingen Das Grolsch Blues Festival in Schöppingen hat immer einige Acts auf dem Plan, die hierzulande noch nie zu erleben waren. Unter dem Motto „Crossover“ kann man heuer dann nicht nur Blues und Bluesrock hören, sondern auch Einflüsse aus MUSIK Hiphop, Rootsrock, Gospel und afrikanischer Musik. So wird Bassekou Kouyaté aus Mali mit seiner Band Ngoni Ba seine Spielart der Griots aus Westafrika zu Gehör bringen. Als frisch gekürter Sieger der International Blues Challenge ist Eddie Cotton mit Band am Start, um gospelgetränkten Soulblues zu präsentieren. Beim inzwischen bei Alligator gelandeten Jarekus Singleton kann man nicht nur die Tradition der Bluesgitarre zwischen den Kings und SRV hören, sondern immer auch Einf lüsse aus dem Hiphop. Dagegen sind Bands wie Little Hurricane, Heartless Bastards oder Dragondeer auch für die Rockfans die richtige Unterhaltung. Hier treffen mal Rootsrock, mal Psychedelic oder die Rocksounds der Black Keys oder White Stripes auf die klassischen Bluesformeln. Die Homemade Jamz Blues Band wurde nach ihrer Gründung schon als Gruppe musikalischer Wunderkinder gefeiert. Inzwischen sind Ryan, Kyle und Taya Perry nach Alben voller gutem Bluesrock dem „Kindergarten“ entwachsen. Irgendein Kritiker meinte mal, sie könnten die Anführer einer neuen Welle jugendlicher Bluesrocker werden. Gespannt sein darf man auch auf die australische Sängerin und Gitarristin Genevieve Chadwick, die manche schon als das heimliche Kind von Janis Joplin mit John Lee Hooker anpreisen. Auf jeden Fall hat diese Frau nicht nur eine Stimme, die sich sofort ins Herz einschleicht. Sie schreibt auch Lieder zwischen Blues & Roots, die aufregender sind als der 19 Krakow Street Band größte Teil der Songwriter-Platten des letzten Jahres. Natürlich kommt kein Festival ohne die bekannten Namen aus. In Schöppingen wird daher sowohl die Nick Moss mit seiner Band als auch die Texanerin Carolyn Wonderland auftreten. Und nachdem sie 2013 erstmals in Deutschland bei diesem Festival waren (und von vielen als der Höhepunkt gefeiert wurden), wird auch BabaJack aus Großbritannien wieder am Start sein. 29.30. Mai: Muddy Lives Blues Festival Lieberose Neu auf dem Festivalkalender hierzulande und gleich mit einem äußerst spannenden Programm präsentiert sich das Muddy Lives Blues Festival auf der Waldbühne im brandenburgischen Lieberose. Klar dass Organisator Bernd Schulte vor allem die Künstler seiner Agentur Muddy Lives aufgestellt hat: Johnny Mastro & Mama‘s Boys sind da ebenso zu hören wie die Nick Moss Band, Carolyn Wonderland, die australische Mason Rack Band oder die finnischen Bluesrocker Micke Bjorklof & Blue Strip, die gerade erst bei der European Blues Challenge im Wettkampf stand. Hinzu kommen aber auch noch andere hörenswerte Künstler. Kai Strauss etwa wird mit seinen Electric Blues Allstars dabei sein, für die ostdeutschen Fans tritt Jürgen Kerth auf. Und auch auf den Garagenblues von Two Timer aus Polen oder den Sound von Chilly Willy aus Belgien darf man gespannt sein. Für diejenigen, die nicht genügend Zeit für die Reise in die brandenburgischen Wälder haben: Muddy Lives schickt seine Künstler einzeln natürlich noch auf Tour durch die hiesigigen Clubs. Wasser-Prawda | März 2015 20 MUSIK Die Laura Holland Band. F R AUEN IM BLUE S S I ND ETWAS BESONDERES. DARREN WEALES 15. BRIEF AUS DEM VEREINIGTEN KÖNIGREICH. Blues“ -Special ist. Im Vereinigten Königreich ist Kevin Black der DJ, der am meisten die Frauen in der Bluesmusik feiert in seinem Podcast „Black on Blues“. Dort gibt Während dieser Brief geschrieben er häufig den Frauen des Blues das wird, weiß ich, dass Nathan Nörgels Rampenlicht. neueste Show im Crossroad Cafe Diese Frauen waren schon seit den auf radio 98eins ein „Women In frühesten Tagen wichtig, man denke nur an Künstlerinnen wie Memphis WELCOME TO THE LETTER FROM THE UNITED KINGDOM! Wasser-Prawda | März 2015 Minnie und Bessie Smith. Doch ihre Bedeutung reicht bis in die direkte Gegenwart, zu der feurige Gitarristinnen wie Joanne Shaw Taylor und Chantel McGregor gehören. Frauen sind aber nicht auf Gesang oder Gitarre beschränkt. Victoria Smith ist eine weit bekannte Bassistin. Katie Bradley singt nicht nur, sondern spielt auch MUSIK die Harmonica. In Detroit lebt die faszinierende Drummerin Layla Hall von P-A-U-L and the Detroit Breakdown. Ebenso faszinierend ist Donna Peters von der (oft) sehr lauten und sehr guten britischen Band Albany Down. Bei den zeitgenössischen britischen Sängerinnen zählte viele Jahre Connie Lush zu den beliebtesten. Inzwischen kommen da auch jüngere hinzu wie Laura Holland, Malaya Blue und andere. Aber auch hinter der Bühne sind Frauen, die großartige Jobs machen: sie organisieren Festivals wie das in Colne, machen PR für und mit Künstlern (wie für Half Deaf Clatch). Man könnte auch dran denken, wer die Kostüme fertigt, an die Bookerinnen in Clubs und so weiter. So verdienen die Frauen im Blues nicht nur ein Special, sie sind etwas ganz Besonderes. Es ist eine gute Nachricht, dass darüber eine Dokumentation geplant ist (https://w w w.facebook.com/pages/Women-inBlues/1533486130241267?fref=nf) Ebenso erfreut hat mich die Tatsache, dass die Indie B-Bewegung, die nach einer neuen Identität für den Blues sucht, inzwischen schon T-Shirts für Frauen und auch für Männer im Angebot hat. So kann es weiter gehen, Indie B! Die Leute haben auch einen Wettbewerb auf Reverbnation gestartet, der am 1. Mai endet. Das sollte zumindest für Musiker von Interesse sein. BE PROSPEROUS AND ENJOY YOUR LIVE MUSIC AND ALL THAT IS GERMAN! 21 Links Alistair Cooke - http://www.bbc. co.uk/programmes/b00f6hbp Black on Blues - http://blackonblues.com/ Indie B competition - http:// www.makingascene.org/reverbnation-and-making-a-scene-teaming-up-to-find-the-best-indieblues/ Albany Down - http://www.albanydown.com/ Laura Holland - http://www.laurahollandband.co.uk/ Women in Blues im Crossroad Ca fe - ht tp://w w w.m mvm e d i a t h e k . d e /s e n d u n g e n / radio_98eins/14796-crossroad_ caf.html Wasser-Prawda | März 2015 22 MUSIK Wasser-Prawda | März 2015 MUSIK 23 HANS THEE SSINK : K E I N R EN TNE R IN SA CHE N B LU E S VON IAIN PATIENCE. FOTOS: KARSTEN SPEHR Die letzten rund 50 Jahre war Hans Theessink unterwegs auf einer interna onalen BluesRoute, die ihn von seiner niederländischen Heimatstadt Enscheder durch die USA, Großbritannien, Australien und den größten Teil Europas geführt hat. Jedes Jahr bringt neue Herausforderungen und seine weithin bekannten Birthday Bashes haben CDs und DVDs hervorgebracht und sind ein regelmäßiger Teil seines Tourkalenders, der ihn zurückbringt zu seiner Basis in der österreichischen Hauptstadt Wien. vorher schon Mandolinenunterricht bekommen hatte. Anfangs konzentrierte er sich auf die Musik der Zeit, vom Folk inspirierte Musik der 60er Jahre von Pete Seeger, Donovan, Dylan, Woody Guthrie, The Kingston Trio und Joan Baez. Heiß auf Blues wurde er, nachdem er auf Radio Luxemburg des Picking von Big Bill Broonzy gehört hatte, ein zufälliges Erlebnis, das er als Schlüsselerlebnis in seiner musikalischen Entwicklung beschreibt: „Zu der Zeit wusste ich nicht, das es Blues war, aber ich mochte, was ich hörte, wunderbares Fingerpicking (es klang, als würden drei Leute gleichzei g spielen), großar ger Gesang und eine Menge Gefühl,“ erinnert er sich. Es dauerte nicht lang und Teenager Theessink hatte die Musik von Theessink startete als 9-jähriges Mississippi John Hurt, Leadbelly, Kind mit einer Mandoline, ein Lightnin‘ Hopkins, Elizabeth Instrument, das ihm das Spielen Cotton, Sleepy John Estes, Brownie nahebrachte und schließlich dazu McGhee, Fred McDowell und einer führte, dass er ein paar Jahre später Menge anderer entdeckt. Es stimmt, zur Gitarre griff. Im Alter von vielwenn man sagt: Seitdem hat er nicht leicht 12 oder 13 brachte er sich zurück geschaut. selbst seine ersten grundlegenden Ungefähr 1965 machte er seine ersten Gitarrenakkorde bei, nachdem er zögernden Schritte auf die Bühne. Er spielte in Jugendclubs und anderen kleinen Läden, die in der Umgebung seiner niederländischen Heimatstadt und dem benachbarten Deutschland einen Gig organisieren wollten. Von diesen Anfängen an hat er sich eine beneidenswerte Karriere aufgebaut, die seit einem halben Jahrhundert andauert und rund 30 Alben unter eigenem Namen hervorgebracht hat. Nach seiner Erinnerung waren die ersten Aufnahmen 1964 in den Niederlanden mit einer FolkSkiff le-Band. Seine erste SoloVeröffentlichung war 1970 die EP „Next Morning At Sunrise“. Auch wenn er keine Lieblingsplatte hat, hat er in letzter Zeit häufiger eine von den eher jüngeren Veröffentlichungen angehört, das 1992 erschienene „Lifeline“, ein Album, das gemeinsam mit The Holmes Brothers und dem kürzlich verstorbenen Popsy Dixon entstanden ist. Von letzerem sagt Theessink selbstlos, er habe wunderschön auf dem Album gespielt. Jetzt als Pensionär (mehr als 65 Jahre alt) hat er seine Touren von rund 200 Gigs auf etwa 120 im Jahr reduziert. Noch immer eine bemerkenswerte Arbeitsbelastung, aber eine, die ihm mehr Zeit für andere Projekte und Aufnahmen und auch mehr Zeit zu Hause lässt. Wien ist der Ort für seine gelobten Birthday Bashes. Gestartet wurden Wasser-Prawda | März 2015 24 MUSIK sie 1998 zu seinem 50. Dann gab es eine Pause von zehn Jahren bis zum nächsten Bash, um seinen 60. Geburtstag zu feiern. Da kam eine große Liste von Top-Namen Terry Evans, Cowbay Jack Clement, Donovan, The Dubliners und andere - gemeinsam mit ihm auf die Bühne um eine Party zu feiern, die auch als Doppel-CD mit DVD veröffentlicht wurde. Um ein Zeichen zu setzen, dass er 65 wird, spielte er erneut einen Bash, von dem das Livealbum „Hans Thessink‘s 65th Birthday Bash“ herauskam. Im Jahr 2014 veranstaltete er schon einen weiteren Gig zu seinem 66. Geburtstag und dachte, er hätte jetzt eine Pause für einige Jahre. Statt dessen hat man ihn zu Wasser-Prawda | März 2015 einem weiteren überredet, der Teil des bevorstehenden Festivals Vienna Blues Spring ist. Das Festival dauert einen ganzen Monat. Und Hans wird am Ostersonntag, dem 5. April auf die Bühne gehen. „Dran arbeite ich gerade,“ meint er. „Es wird sehr interessant.“ Theessink hat gerade die Arbeiten an seinem nächsten Album abgeschlossen. „True & Blue“ wurde gemeinsam mit dem amerikanischen Bluesman Terry Evans live aufgenommen und soll im April auf den Markt kommen. Dann wird er auch wieder on the road sein für eine Europatour im April und Mai. Da wird er wieder gemeinsam mit Evans auf der Bühne stehen. Evans war auch schon auf einer Reihe jüngerer Alben von Theessink zu hören, etwa auf „Call Me“, „Visons“ oder zuletzt auf dem großartigen „Delta Time“. Theessink traf Evans, der früher als Sänger zur Band von Ry Cooder gehörte, 1991 beim Winnipeg Folk Festival in Kanada. Seit damals sind die beiden enge Freunde und musikalische Partner geworden. „Ich speilte viele Festivals in Nordamerika. Ich traf Terry beim Winnipeg Folk Festival (wo er gemeinsam mit Bobby King als Duo auftrat). Nach unserem Festivalauftritt hatten wir einige großartige Jams im Hotel. Zu der Zeit arbeitete ich an meinem Album „Call Me“ und lud Terry und Bobby MUSIK für ein paar Backup-Vocals ein. Sie machten einen großartigen Job. Seit der Zeit hab ich mit Terry auf verschiedenen Alben gearbeitet. Er war auch Teil meiner Band für einige Touren in Europa und Nordamerika. Wir singen und spielen wirklich gerne zusammen und ich schlug vor, ein „nacktes“ akustisches Album zu machen. Das war „Visions“, aufgenommen in Los Angeles gemeinsam mit Richard Thompson, und es bekam großartige Kritiken. Der Nachfolger war „Delta Time“, wo wir Terrys Sängerkollegen Willie Greene Jr. und Arnold McCuller für einige tolle Backing Vocals einluden. Auch konnten wir Terrys „alten Boss“ Ry Cooder hinzuholen.“ Cooder benötigt keine Vorstellung bei Gitarren- und Bluesfans, allerdings soll er zeitwese etwas schwierig sein. Diesen Mythos allerdings zerstreut Theessink ganz lapidar: „Ich bin ein Fann von Cooder seit den 70ern und es war ein besonderes Vergnügen, mit ihm im Studio zu arbeiten. Er ist solch ein geschmackvoller Spieler - niemals um ein Lick verlegen. Ich war im Himmel.“ Die neue CD „True & Blue“ kommt am 21. April auf den Markt. In Deutschland wird sie bei in-akustik veröffentlicht. 25 Hans Theessink & Terry Evans – TRUE & BLUE Tour 23.04. Oslo, Buckleys (N) 24./25. 04. Trondheim (N), Nidaros Blues Festival 29.04. Esbjerg, Tobakken (DK) 30.04. Roskilde, Gimle (DK) 01.05. Silkeborg, Rampelys (DK) 03.05. Fredericia, Det Bruunske Pakhus (DK) 04./05.05. Hamburg, Cotton Club 06.05. Dortmund, Piano 07.05. Bensheim, Rex 08.05. München, Schlachthof 09.07. Saalfelden, Kunsthaus Nexus (A) 10.05. Fürth, St. Peter + Paul 11.05. Ingolstadt, Neue Welt 13.05. Braunau, Kultur im Gugg (A) 14.05. Kufstein, Kulturfabrik (A) 15.05. Traun, Spinnerei (A) 16.05. Neusiedl am See, Impulse (A) 19.05. Wien, Metropol (A) 21.05. Gleisdorf, Forum Kloster (A) 23.05. Klagenfurt, Volxhaus (A) 25.05. Ehrenhausen, WeinART Zweytick (A) 28.05. Rankweil, Altes Kino (A) 29.05. Rubigen, Mühle Hunziken (CH) 30.05. Baden, Bluesfestival Baden (CH) 01.06. Rovigo Deltablues Festival (I) Wasser-Prawda | März 2015 26 INTERVIEW MEMPHIS, BLUES & ELEFANTEN EIN INTERVIEW MIT JEFF JENSEN VON RAIMUND NITZSCHE WP: Marshall Lawrence aus Kanada hat 2014 eine sehr interessante Video-Serie in Memphis gedreht. Er stellte den Leuten nur eine einzige Frage - und ich will Dir diese Frage auch stellen: Warum liebst Du den Blues? Blues ist ein Gefühl, eine Geschichte und eine Kultur. Es ist wirklich so viel mehr als nur eine Musik. Ich liebe den Blues, weil er für mich der ehrlichste Weg ist, echte Gefühle auszudrücken und zu fühlen auf die natürlichste Art, die es gibt. WP: Mit Deiner Band hast Du dreimal an der International Blues Challenge teilgenommen. Wie wichtig ist so ein Wettbewerb für Bluesmusiker in den Vereinigten Staaten? Hat sich Deine Karriere nach der IBC verändert? Die IBC ist eine fantastische Sache. Wir haben so viele Wasser-Prawda | März 2015 großartige Menschen während der Veranstaltung getroffen: Fans, Talenscouts und andere Blueskünstler von überall auf der Welt. Ich hab eine Menge gelernt, indem ich all den großartigen Musikern bei ihren Auftritten zugesehen hab. Das kann man mit Geld nicht bezahlen und ich würde jedem Fan und Musiker raten, sich das mindestens einmal anzusehen! WP: Ein Musiker hier in Deutschland sagte mir in einem Interwiew: Im Blues ist kein Geld. Wie schwer ist es, mit Deiner Musik den Lebenunterhalt zu verdienen? Oder welche anderen Jobs hast Du? Es kann schwierig sein, aber um ehrlich zu sein, geht es uns ziemlich gut. Ich mache nichts anderes außer Musik. Ich trete viel live auf und hab die großartige Möglichkeit, die Alben anderer Künstler zu produzieren. Wir versuchen, die Dinge gut zu planen und das INTERVIEW 27 Budget einzuhalten, und Jahr für Jahr wachsen wir und bauen unsere Fanbasis immer weiter aus. Und so zahlt sich all die harte Arbeit für uns aus. Luft sind gefüllt mit den Schwingungen der Kreativität. Und um auf die Beale Street zu kommen: Sie wird von vielen Touristen b-esucht. aber das macht die Musik kein bisschen weniger authentisch. Meiner Meinung WP: Im April bist Du für eine Tournee in Europa. nach ist die Beale Street heut wesentlich stärker, als sie Ist das das erste Mal? viele Jahre lang war. An jedem einzelnen Tag treten dort Wir werden das erste Mal in Europa sein und können so viele wunderbare Blues- und Soulkünstler auf. Auch es kaum erwarten. Europa hat einen gut begründeten viele tourende Bluesacts nennen Memphis ihre Heimat. Ruf, Bluesmusik zu unterstützen und wir sind geschmei- Und viele von ihnen spielen auf der Beale Street, wenn chelt, dass Ihr alle uns die Chance gebt, das wir für Euch sie mal nicht auf Tour sind. Wir beispielsweise spielen spielen können. Wir freuen uns drauf, unsere Musik mit ab und zu im Rum Boogie Café, wenn wir zu Hause in Euch zu teilen und gleichzeitig was über die faszinie- Memphis sind. renden Kulturen, Städte und die Musik dort zu lernen. WP: Hören Elefanten Blues? Oder was ist die Story WP: Wie wichtig ist Memphis als Musikstadt für hinter dem Titel Deines neuen Albums? Deine eigenen Songs? Hat die Beale Street noch Das ist von den Texten her das wichtigste Album, das immer ihren eigenen Vibe – oder ist das heute nur wir gemacht haben. Und ich wollte einen Titel, der noch ein Ort für Touristen? dazu passt. Der Albumtitel „Morose Elephant“ fasst Memphis hat eine solch kraftvolle Kultur und Geschichte, den Grundgedanken zusammen. dass es unmöglich ist, dass mein Schreiben und meine „Morose“ (grieskrämig, mürrisch, verbissen) hat eine Musik nicht davon beeinflusst wird. Boden, Wasser und Wasser-Prawda | März 2015 28 MUSIK Menge negativer Bedeutungen und Assoziationen wie bitter, zornig, aufgeregt. Ich wollte dann den „Elefant“ als ein kraftvolles, spirituelles Tier verwenden, das für Kraft, Stärke, Langlebigkeit und Stoizismus steht. Die Idee ist, dass wir alle durch Dinge hindurch müssen, die schlecht oder schwierig sind, das aber macht uns nicht schlecht, wir gehen nur durch einen Prozess. So kann slbst ein Elefant mürrische Tage haben, aber am Ende ist er noch immer ein Elefant. WP: Wenn Du Dich zum Schreiben hinsetzt, was kommmt da zuerst: der Text, die Melodie oder die Idee für einen ganzen Song? Und was ist für Dich wichtiger: Die Musik, oder die Geschichte, die Du in dem Lied erzählst? Für mich ist das wichtigste an einem Song, dass er ehrlich und echt ist. Ich will keine Prosa schreiben. Ich will einen Teil meiner Seele mit der Welt teilen. So verändert sich die Art, wie ich meine Lieder schreibe von mal zu mal. Einige Songs wie „River Runs Dry“ und „Ash and Bone“ kamen zu mir komplett: Musik, Text und alles. Andere Lieder wie „Fall Apart“ wurden über einen ganzen Zeitraum erschaffen, sie wurden geschrieben, geändert, neu geschrieben und dann wieder geändert, bis am Ende alles an seinem Platz war. Wenn es zum Songschreiben kommt, will ich Herz und Verstand offen halten. Ich erzwinge es nicht, halte es aber auch nicht zurüc. Und wenn das bedeutet, dass ich in sechs Monaten kein Lied schreibe oder ich sechs Lieder an einem Tag verfasse, dann soll es so sein. So lange es gefühlvoll, ehrlich Wasser-Prawda | März 2015 und echt ist, ist es gut für mich. WP: Ich höre auf Euerm neuen Album eine Menge verschiedenartiger Musik: Blues, Bluesrock, Boogie Woogie, Soul und auch ein wenig Jazz – hatten Deine Eltern eine große Plattensammlung? Oder wie hast Du Deinen Weg in diese Musik gefunden? Ja, das hatten sie! Als ich aufgewachsen bin, hab ich den Rock & Roll der 50er, 60er und 70er Jahre gehört. Von da aus hab ich all die großartige Musik gefunden, die davor kam wie Blues und Jazz. Auch wenn ich mich selbst zuerst als Bluesmusiker und Bluesfan betrachte, höre ich doch eine großes Sortiment an Musik. Aber all das hat eines gemeinsam: Es hat Soul! Ich mag Musik, die echt, ehrlich und emotional ist. Mir ist es egal, ob es ein Singer/Songwriter ist oder ein Jazz-Saxophon: Wenn es voller Seele ist, werde ich es wahrscheinlich lieben. W P: Wie wichtig ist es, die Geschichte des Blues zu kennen, wenn man ein Bluesman sein will? Das ist das Ein und Alles! Blues ist nicht nur eine Musik, es ist keine Reihe von drei Akkorden, die in einer 12-taktigen Form gespielt wird, es ist eigentlich eine Kultur und eine Geschichte. In ihr dokumentiert eine ganze Gruppe von Menschen ihren Kampf, ihre Blickweise und ihre Gefühle. Zu verstehen, woher und warum alles so gekommen ist, ist der einzige Weg zu erfassen, was der Blues eigentlich ist. Blues ist ein Gefühl, keine Musik! Die Musik ist einfach nur das Mittel, um dieses Gefühl auszudrücken. W P: Welches Album könnte ein guter Start für einen jungen Menschen sein, der den Blues entdecken will? Led Zeppelins frühe Alben sind großartig dafür. Sie sind angefüllt mit einer verrückten Energie und einer Aggressivität, die jüngere Menschen gefangen nimmt. Für mich war Buddy Guy derjenige, der mich wirklich zum Blues gebracht hat. Als ich ihn Gitarre spielen hörte, hing ich am Haken! Wenn man einmal akzeptiert hat, dass der Blues in Ordnung ist, dann kann man ihren Blick dahin wenden, woher alles kam. Wir haben heute viele Künstler, die einen großartigen Job machen, die Tür zum Blues für jüngere Leute zu öffnen. 07.04. Suhl - Moist Corner 08.04. Pfaffenhofen - Hotel Moosburger Hof 09.04. Geneva (CH) - BRASSEUR DES GROTTES 11.04. Ambon (F) - Nuit Du Blues Fes val 13.04. Celle - Herzog Ernst 14.04. Emmendingen (GER) - Mehlsack 15.04. Kandern - ChaBah 16.04. Interlaken (CH) - Brasserie 17 17.04. La Chaux-de-Fonds (CH) Le Pe t Paris 18.04. Lausanne - Taco’s Bar 19.04. Gooreind (B) - Cafe T’Goor 20.04. Ruiselede (B) - Banana Peel Blues Club 22.04. Liege (B) - Blues Sphere Bar 23.04. Menen (B) - CC De Steiger 25.04. Roermond (NL) - Cafe de Weegbrug 26.04. Deume (NL) - Keeping the Blues Alive MUSIK 29 DIE SOUL S E E L E KO CH T ÜBER: JJ G RE Y & MOF R O I N MÜ N CH E N VON MARIO BOLLINGER, FOTOS: CHRISTOPHE RASCLE. Als ich im Backstagebereich beim letztjährigen Tedeschi Trucks Band Konzert erstmals JJ Grey&Mofro als Opener sah und hörte, war klar: Hier müssen wir dran. Sobald der Tourplan 2015 stand, haben wir den Kontakt zum Mascot Management intensiviert und verbunden mit der Interviewzusage auch ein Pre-Release der neuen CD „Ol‘ Glory“ bekommen und rezensiert. Umso mehr waren wir gespannt, ob sich der Eindruck von 2014 auch in diesem Jahr wiederholt. Wasser-Prawda | März 2015 30 MUSIK Marc Broussard Im Programm wurde als Support Act Marc Broussard genannt. Ein Blick in die Medien zeigte, dass dieser Musiker, solo oder mit Band, wohl vom gleichen Schlag wie JJ Grey ist. Pünktlich um 20Uhr kam ein junger, bärtiger Mann im T-Shirt auf die Bühne und glänzte durch einen phantastischen Gesang. Seine Balladen und R&B Stücke, begleitet nur durch seine Akustikgitarre und später durch den Mofro-Keyboarder Anthony Farrell schaff ten es, das Publikum schnell in seinen Bann zu ziehen. Der gespendete Applaus war weit mehr als Höflichkeit des Münchener Publikums. Als dann Mofro komplett auf die Bühne Wasser-Prawda | März 2015 kam, um Marc Broussard als Band zu unterstützen, war klar, was in wenigen Minuten auf das Publikum einprasseln würde: ungebändigter Soul, R&B und eine offen gezeigte Begeisterung für die live gespielte Musik. Marc Broussard stellte sich mir als Opener für JJ Grey&Mofro als die gleiche positive Überraschung dar, wie es bei JJ Grey&Mofro und Der TTB passiert ist. Auch Marc Broussard schreibt Songs mit tiefen Bezug auf seinem Leben: „Paradis“, eine Geschichte über einen Freund, dessen Familie über Generationen im Beerdigungsgeschäft sind: Jeder stirb mal im Leben – der Eine nur ein bisschen, der Andere ganz. Marc Broussard steht definitiv auf meiner CD Shoppingliste. Nach der Umbaupause dann der Headliner – JJ Grey&Mofro. Die Technicum-Halle ist gut gefüllt und ich bin gespannt, wie das Publikum reagieren wird. Ich sage jetzt schon: Da haben sich zwei gesucht und gefunden! Aber davon später. Als erstes Stück „Hide&Seek“ vom „Warhorse“ Album gefolgt von „99 Grades of Crazy“ vom „This River“ Album. JJ Grey gestikuliert, um den Inhalt seiner Songs zu unterstützen. Er diskutiert visuell mit seinem virtuellen Gegenüber des Songs. Was mich wirklich überrascht hat war die Begeisterung der Band. Es MUSIK 31 Wasser-Prawda | März 2015 32 MUSIK gab nur grinsende Gesichter auf der Bühne. Nur die Bläser wirkten reserviert, lediglich Szenenapplaus für deren Solos zauberten eine schüchternes Lächeln auf die Gesichter von Dennis Marion und Art Edmaiston. JJ Grey kündigt jeden Song mit einer Geschichte an. Selbstverständlich spielt er viele Songs aus der neuen CD „Ol‘ Glory“ und jetzt werden viele Dinge viel klarer. Brave Lil‘ Fighter: Die Geschichte eines alten Freundes, der mal eine unwiederbringlich falsche Entscheidung getroffen hat. „The Island“ – ein Platz zum Runter- und Heimkommen. Viele der Songs von JJ Grey&Mofro erzählen von Daheim in Florida und dem Leben dort. Was hat mich aber wirklich überrascht? Das Publikum und JJ Grey&Mofro waren eins. Bei „Brighter Day“ singt das Publikum textsicher den Song mit und das erstaunt selbst JJ Grey, der an dem Abend mehrmals das Mikrophon in Richtung Publikum richtet, um den Gesang einzufangen. Es scheint, dass JJ Grey ein Stein vom Herzen fiel, zu wissen, dass er gut beim Publikum ankommt. Überhaupt ist JJ Grey ein sehr emotioneller Sänger. Da die Songs alle einen direkten Bezug zu ihm haben, kommt es nicht nur einmal vor, dass JJ Grey feuchte Augen hatte. Der Song „Everything is a song“ ist von seiner kleinen, heute sechsjährigen Tochter initiiert, als sie etwas auf der Heimfahrt vom Gemüsehändler summte. Da erschien der Himmel noch blauer, das Gras noch grüner und er als Vater war noch „higher“. Der Drummer Anthony Cole lachte und murmelte was und JJ Grey erwiderte Wasser-Prawda | März 2015 sofort mit Lachen, das der Zustand des „High“-Seins von was ganz anderem herkommt als was Anthony Cole vermutete. Die Erinnerungen und die Publikumsreaktionen hauen JJ Grey nahezu um. Wie sein Tourmanager mir erzählte, kann JJ Grey emotionell schon an seine Grenzen gelangen, wenn ihn seine eigenen Geschichten auf der Bühne einholen. Bei „Country Ghetto“ sind JJ Grey&Mofro und das Publikum wieder komplett eine Einheit. Die Leute singen mit, applaudieren mit Szenenapplaus den Solos und das vor allem der Bläser, die kräftig für Soul sorgen. JJ Grey hat mir im Interview erzählt, dass er viel mit PSR Gitarren spielt. Heute ist er mit einer Starla auf der Bühne, getrieben von einer BOLT Combo. Das Konzert dauert nun schon weit über eine Stunde. Mit „A night to remember“ leitet JJ Grey die Vorstellung der Band ein. Anthony Cole an dem minimalistischen Drums und Todd Smallie wechseln sich mit Solos ab, Todds Bassspiel ist perkussativ und ergänzt sich toll mit den Drums. Es ist erstaunlich, was Anthony Cole aus dem kleinen Drumset an Rhythmus und Drive zaubert. Die Soloteile des Songs haben eine Dynamik sonders gleich: Die Band spielt, das Publikum singt den Refrain mit und dann ein Brake, abbremsten auf null, Ansage der Bandmitglieder um dann wieder die volle Fahrt aufzunehmen. JJ Grey singt, tanzt und grooved. Und dann das warm-schwülstige „Slow, Hot and Sweaty“, man spürt förmlich die Schwüle und Hitze der Sümpfe Floridas. „Ho Cake“, eine weitere schweißtreibende Nummer über die kulinarischen Köstlichkeiten aus JJ’s Heimat. Ein Solo reiht sich an das Andere, JJ Grey am Keyboard und die phantastischen Bläser mit Saxophon und Trompetensolos. Soul und R&B vom Feinsten. „Lochloosa“ und das Publikum singt mit und bringt JJ Grey an den Rand seiner emotionellen Kondition. Das hat er nicht erwartet, hier auf sein Publikum zu treffen. Für das letzte Stück bei den Zugaben holt JJ Grey noch mal Marc Broussard auf die Bühne und die beiden singen im Duo, das aber mehr Shout and Reply ist. Emotionen pur von zwei Vollblutsängern. Die Soulseele kocht über und das Publikum gibt einen frenetischen Abschiedsapplaus. JJ Grey versprach mir im Interview, mit seinem neuen Managment Provogue/Mascot die Türe nach Europa etwas weiter aufgestoßen zu haben. Wir freuen uns, wenn er bald wieder kommt. INTERVIEW 33 EIN „SOUTHY“ VON DER S OUT H E A S T MA F I A JJ GREY IM GESPRÄCH MIT MARIO BOLLINGER. FOTOS: CHRISTOPHE RASCLE. W P: Um Dein neues Album “Ol’ Glory” zu produzieren, bist Du von Alligator Records zu Provogue/Mascot Music gewechselt. Was waren die Gründe dafür? JJ Grey: Ich dachte, es wäre mal Zeit, da ich Ed, den Eigentümer von Mascot, getroffen habe. Ich habe zwei Verträge mit Alligator gehabt und beendet und ich dachte, das ist es was ich tun musste. WP: War es wichtig, eine Firma zu bekommen, die in Europa präsent ist? JJ Grey: Ja, das ist ein Teil vom Ganzen. Mascot hat wesentlich mehr Power mit einer starken Präsenz hier. WP: Heißt das, dass Du öfters nach Europa kommst? JJ Grey: Aber ja, wesentlich regelmäßiger als wir das ab 2010 gemacht haben. Ich weiß nicht, ob wir in jede Stadt kommen können, aber wir werden jedes Jahr kommen. WP: Du bist ein musikalisches Multitalent, singst und spielst alle möglichen Instrumente und komponierst alle Songs selbst. Ab welchen Zeitpunkt kam für „Ol‘ Glory‘“ die Band mit dazu? JJ Grey: Wir waren hier auf Tour und ich hatte schon einige Demoaufnahmen dabei und die Arrangements im Kopf. Ich zeigte den Jungs die Songs. Es war die Tour Wasser-Prawda | März 2015 34 INTERVIEW kurz vor dem Studioaufenthalt und dem Song „Tic-Tac-Toe“? wir nutzen die Soundchecks, um die JJ Grey: Es geht um ein altes Stücke anzuspielen. Sprichwort: Der Mann, der immer nur sein Leben im Bösen gelebt hat WP: Habt Ihr die Tour zum Testen und einen Höllenleben hatte und benutzt? Mann, der immer nur Gutes getan JJ Grey: Ja, wir haben aber nur die hat und ein himmlisches Leben Soundchecks zum Proben verwen- gelebt hat. Und der Song geht det und das eine oder andere Mal darum, dass man am Kampf Aller ein Stück live gespielt. teilnimmt statt 5 Sekunden alleine WP: Ist “Ol’ Glory” mehr als nur zu sein. Als ich jung war, erlebte ich eine berühmte Fahne? Was bedeu- ähnliche Situationen und der Song tet dieser Ausdruck? reflektiert das. Man könnte auch JJ Grey: Ja, aber der Titel hat nichts sagen, dass man nicht alle Menschen mit der Fahne zu tun. Du hast Recht unter einem Mikroskop beobachten mit der Fahne, allerdings habe ich kann, wenn man selbst nicht beobnie über die Fahne nachgedacht. achtet werden will. Mein Onkel hat das während der Beerdigung meiner Großmutter WP: Du singst auf “Ol’ Glory” hinausgerufen, als sie „Fly Away“ wesentlich stärker und melodigespielt haben. Er ist aufgesprun- scher als auf früheren Aufnahmen. gen und hat das laut gerufen. Es ist Die Texte können die Herzen der etwas, was man lange in der Kirche Menschen berühren. sagt, lange bevor man an die Fahne JJ Grey: Der Prozess, die Songs zu „ol‘ glory“ gedacht. Es geht um die schreiben, ist immer der gleiche geblieben. Aber bei den älteren Herrlichkeit des Lebens. Aufnahmen und speziell bei WP: Also etwas aus Deinem perBlack Water und Lochloosa oder sönlichen Umfeld? auch Country Ghetto haben wir JJ Grey: Ja, es geht um die Elektri- z.B. 5 Tage im Studio verbracht. zität, die alles und uns bewegt. Davon haben wir in 4.5 Tage die WP: Was ist das Sinnbild hinter Instrumente aufgenommen und Wasser-Prawda | März 2015 nur einen halben Tag für den gesamten Gesang verwendet. Ich war mit einigen Songs nicht vertraut genug, da wir sie kaum gespielt haben und ich sie nur mit akustischer Gitarre und Piano kannte. Dieses Mal haben wir aufgenommen, habe die Sache über Monate setzen lassen und als ich wusste, wie ich es singen wollte, habe ich es aufgenommen. Ich habe mehr Zeit verwendet, um die Songs zu lernen und um zu wissen, wo ich mit dem Gesang hinwollte. Wenn ich mit die alten Sachen anhöre, möchte ich das eine oder andere oder auch nur den Gesang neu aufnehmen. Im Laufe der Zeit und bei Liveauftritten hat sich meine Stimme verändert oder wo anders hinbewegt. Diese Aufnahme jetzt gibt es das Bild wieder, das ich heute gesanglich bei Liveaufritten abgebe. WP: Die Songs haben Phrasen wie “Home in the sky” oder “I just hear those angels sing” oder Du sprichts vom Schöpfer. Sind Deine Songs spirituell? JJ Grey denkt kurz nach: Ja und das aus mehreren Gründen. Einer der Gründe ist: Ohne Absicht und Zweck schreiben sich die Songs von MUSIK persönliches Bild von Florida? JJ Grey: Es ist anders, als ich es verstehe. Jeder Ort hat schlechte Dinge. Neun meiner Freunde wurden ermordet. Wo ich aufgewachsen bin oder wo ich zu High-School gegangen bin, war es grausam und hart. Genauso wie jeder andere Ort auf der Welt und es gibt sicherlich noch härtere Orte. Aber ich bin da aufgewachsen und es ist eine Hassliebe. Dinge passieren und die Welt dreht sich weiter. Man muss auf hören, diesen Dingen mehr Aufmerksamkeit zu geben als wie es wert ist und darüber hinweg sehen. In anderen Worten: Es gibt auch überall schöne Dinge. WP: Du warst in den neunziger Jahren in Großbritannien. Was hast Du da gemacht? JJ Grey: Meine damalige Frau lebte in Nordlondon. Ich lebte in Jacksonville oder in den Wäldern von Jacksonville. Ich hatte keine Ahnung, was in der WP: Derzeit ist die ganze Welt Musikgeschäftswelt los war und in politischen oder gesellschaft- ich kannte niemand außerhalb von lichen Problemen verstrickt. Jacksonville. London war irgendIst das Leben in Florida, so wie wie ein Ort für das Musikgeschäft. Du es erlebst, ähnlich wie in der Also bin ich dort hingezogen und ganzen Welt oder ist das Dein alleine und das bedeutet für mich, dass sie vom Geist oder der Seele kommen. Wenn ich mich auf meine eigenen Fähigkeiten verlassen würde, Texte zu schreiben, wäre ich verloren. Die Texte schreiben sich von selbst. Das bin nicht ich, der sie schreibt. WP: Glaubst Du an Gott? JJ Grey: Ich weiß nicht. Wenn man damit die Kräfte meint, die größer als die Menschheit sind - Yeah! Was immer das ist. W P: Du bist in Jacksonville/ Florida aufgewachsen. Du beziehst Dich immer auf die Menschen dort, auf den Geist und die Natur dieser Gegend. Kannst Du Dir vorstellen, wo anders zu leben? JJ Grey: Ja, es gibt ein paar Plätze, wo es wärmer ist. Puerto Rico, Trinidad oder sogar Australien. In Florida kann es kalt sein, so 5°F oder -15°C. Nicht ganz so kalt wie in Deutschland. Ich muss da nicht immer leben, gelegentlich langt. 35 hatte einen Plattenvertrag mit einer Firma, die mich rübergeholt hat. Dann waren sie aber zahlungsunfähig. Also blieb ich eineinhalb Jahre. Ich bekam dann Kontakt zu Dan Prothero, der seit dem alle Aufnahmen von mir produzierte und seine eigene Plattenlabel Fog City Records hatte. Und so machte ich dann Black Water und Lochloosa für und mit ihm. W P: Hast Du damals Deine Heimat vermisst? JJ Grey: Manchmal, ich habe Lochloosa in London geschrieben. Ich bin ein Mensch, der dort zu Hause ist, wo er gerade weilt. Ich rufe gerne zu Hause an und würde gerne meine sechsjährige Tochter jeden Tag sehen. Am Ende einer Tour werde ich dann schon ganz nervös, wenn es heim geht. In 2 Tagen wird mein Sohn 27 Jahre. WP: Warum bist Du zurück in die USA? JJ Grey: Weil Dan mir erzählt hat, dass er mit mir eine Platte machen wollte. Ich mochte, was er tut. Seine Platten sind wirklich gut und deshalb kam ich zurück. WP: Welche Gitarren benutzt Du Wasser-Prawda | März 2015 36 MUSIK auf der Bühne? JJ Grey: Ich spiele meist Paul Reed Smith Starlas. Zu Hause habe ich eine wesentlich größere Ausrüstung , hier habe ich ein kleiner Ausrüstung, die ich in Rotterdam deponiere, wo die Plattenfirma ist. Normalerweise spiele ich auf PRS Dallas Combo Amps oder einen Victoria 58 oder 59 Twin. Ich spiele auf Aufnahme und manchmal auch live eine alte 64er Guilt T100D – meine Beste überhaupt. Paul Reed Smith hat mir eine gebaut mit den gleichen Pickups und dem Hollowbody aber die Guilt spielt sich ganz leichter. Die Bilder mit den SG Gitarren sind alt. Ich liebe meine 4 SGs und die Gold Top hat derzeit mein Gitarrist und ich muss schauen, dass ich sie auch wieder zurück bekomme. Ich habe auch eine Gibson ES 175, aber meist spiele ich die PRS WP: Sind das für Dich Werkzeuge oder haben sie einen speziellen Wert für Dich? JJ Grey: In erster Linie sind es Werkzeuge, aber es ist auch ein Kunstwerk, wenn jemand alles in diese Gitarre hineinsteckt, was er kann. Bitte zu 3 Namen einen kurzen Kommentar. BRUCE IGLAUER: Das wird ein längerer Kommentar. Er ist prima. Es ist mir eine Freude, ihn zu kennen. Wir arbeiten immer noch zusammen, weil ich mit ihm den Deal gemacht habe, dass er nach wie vor meine alten Platten noch mal auflegen darf. Ich fühle mich nach wie vor als Mitglied von Bruce und seiner Alligator-Familie DEREK TRUCKS: Einer der größten Gitarristen seit je her, nicht nur von jetzt. Sein Sound W P: Derek T r u c k s ist so ausgeprägt genau so wie Louis Gitarrentechniker hat Bobby Tis Amstrong Spiel auf der Trompete. Er hat mir erzählt, das Derek großen spielt nicht auf der Gitarre sondern Wert auf die Wartung und Pflege singt mit durch seine Gitarre. legt. Teilst Du diese Akribie? MARC BROUSSARD: JJ Grey: Wenn sich da einer aus- Einer der besten Sänger, mit denen kennt, dann Bobby Tis. Er kennt alle ich gespielt habe. Ein wahnsinniDetails der Gitarren. Ich behandle ger Gitarrist, der unendlich viele meine Gitarren nicht schlecht. Zu Akkorde kennt. Ein toller Songwriter Hause sind sie alle in klimatisierten und ein Freund der Familie. Räumen im Studio, weil das Klima WP: Warum haben diese Musiker in Florida die Gitarren kaputt macht. neuerdings solche großen Bärte? WP: Letzter Teil meiner Fragen. Wasser-Prawda | März 2015 JJ Grey lacht: Ich weiß nicht, ich kann da nicht mitreden, weil bei mir da nicht so viel wächst WP: Woher kommt der Name Mofro? JJ Grey: Ein Typ nannte mich jahrelang so „Hey, was machst Du, Mofro?“. Aber es ist ein Ausdruck für schlechte Menschen. Man sagt: Du bist ein schlechter Mofro und man meint einen Motherf… WP: Seit dem ich Dich letztes Jahr bei der TTB gesehen habe, bin ich begeistern und das damals schon bei dem ersten Song. Wir waren der Meinung : Zu gut für einen Support Act. Wir hoffen Du kommst öfters. JJ Grey: Toll, das ist nett. Aber unter Freunden tun wir das. Wir alle, also Susan und Derek, die Allman Brothers, Warren Haynes and Govt Mule und alle die Band da unten sind Freunde. Ich nenne das die South East Mafia. Warren kommt von South Carolina. Wir sind alle “Southies”. MUSIK 37 Wasser-Prawda | März 2015 38 MUSIK B EN POOL E I M S O TA N O VON RAIMUND NITZSCHE.. und in der Auswahl von Coverversionen immer auch seine Liebe zum Soul und anderen Sounds. Und genau diese Mischung konnte man im Sotano auch erleben. Klar: Ben Poole und seine Mitstreiter sind noch jung. Und das merkte man in Greifswald auch daran, dass dieses perfekt aufeinander eingespielte Quartett gerne mal gehörig laut wurde. Um dann ebenso schnell wieder auf leise Klänge zu setzen. Das Publikum im Sotano brauchte eine Weile. Doch dann kannte die Begeisterung irgendwann keine Grenzen mehr. Der Keller am Greifswalder Markt fängt erst an, sich als Location für Blueskonzerte zu etablieren. Doch wenn man nicht nur Für mich stand am Anfang Ben Pooles Livealbum aus auf das erste Konzert mit Ben Poole, sondern auch auf der Royal Albert Hall. Das überzeugte mich vor allem die weiteren geplanten Veranstaltungen schaut, dann damit, dass dieser Junge Gitarrist sich eben nicht in die könnte sich hier ein Ort etablieren, der Bluesmusiker Riege derer einreiht, die bei ihrem Rock immer häufiger auch in den Nordosten Deutschlands locken kann. den Blues vergessen. Nein, Poole zeigt in seinen Songs In seiner Heimat nennt man den Gitarristen BEN POOLE schon mal „Mr. Muscle“. Warum, das konnten die Besucher seines Konzertes am 7. März im Greifswalder Sotano nachvollziehen: Kra voll, voller Energie und mit jeder Menge Spielfreude präsen erte Poole mit seiner Band eigene Songs ebenso wie Klassiker etwa von Jimmy Hendrix. Wasser-Prawda | März 2015 MUSIK 39 Wasser-Prawda | März 2015 40 BLUESKALENDER BLUESKALENDER Zusammenstellung: Matthias Schneider (blueskalender. blogspot.de) 1895 1897 1917 1927 1962 01.04. Alberta Hunter* Lucille Bogan* Scott Joplin+ *zwischen Juni 1867 und Januar 1868 Amos Milburn* Barrelhouse Buck McFarland+ Zakiya Hooker* Brian Kramer* 1918 1952 1952 1996 J. T. Brown* Alex Conti* Dave Bronze* Guitar Gabriel+ 1932 1936 1951 1955 1958 1970 1990 2001 2002 03.04. Leopold von Knobelsdorff * James Harrell „Jimmy“ McGriff * Mitch Woods* John Mooney* Adam Gussow* Rusty Zinn* Sarah Vaughan+ Big Daddy Kinsey+ Big Bad Smitty aka John H. Smith+ 1896 1913 1913 1929 1937 1948 1952 1960 Marion Harris* Muddy Waters* Cecil Gant* John Dee Holeman* Robert Cage* Pick Withers* Gary Moore* Sylvester Weaver+ Alberta Hunter 02.04. Big Daddy Kinsey Memphis Minnie 04.04. Muddy Waters *1940 B L U E S K A L E N D E R 41 1969 1982 Billy Bizor* Jorge Salan* Becky Tate* 05.04. Hans Theessink 1939 1948 1950 1960 1963 Beverly Watkins* Hans Theessink* Paul Oscher* Larry McCray* Tim Mitchell* 1919 1953 1955 1960 1968 1981 06.04. Big Walter Horton* Gisbert „Pitti“ Piatkowski* Blind Mississippi Morris* Warren Haynes* Rosa Henderson+ Bob Hite+ 07.04. 1915 1919 1932 1950 2009 2014 Big Walter Horton 1908 1931 1944 1960 1895 1950 1953 1989 1997 2004 Billie Holiday Billie Holiday* Jimmy Nelson* Louis Bo Collins* Darrell Mansfield* Michael „Dr. Mike“ James+ Tim Kaihatsu+ Reynhard Boegl* 08.04. Tommy McClennan* Robert Lowery* Keef Hartley* Andreas ‘Andi’ Hofmann* 09.04. Mance Lipscomb* Junior Watson (born Michael Watson)* Tom Shaka* Michael Thomas Doyle* Yank Rachell+ Curtis Butler+ 42 BLUESKALENDER 10.04. Shemekia Copeland 1922 1928 1930 1936 1958 1979 2013 John Brim* Rosco Gordon* Ray Agee* Bobby Smith* Chuck Willis+ Shemekia Copeland* Jimmy Dawkins+ 1913 1939 1977 2011 11.04. John Lee Granderson* Luther Johnson* ‚Little Frank‘ Krakowski* Lacy Gibson+ Ryan Hartt* 1867 1915 1921 1929 1929 1945 1945 1954 1979 Luther Johnson Jr. 1922 1944 2005 1954 1992 1894 1906 1931 1936 Johnnie Johnson 12.04. Johnny Watson (Daddy Stovepipe)* Hound Dog Taylor* Shakey Jake Harris* Andrew ‚Blueblood‘ McMahon* John Lee Ziegler* Ann Rabson* Miller Anderson* Pat Travers* Pernell Charity+ Werner Rudigier* 13.04. Roy Dunn* Jack Casady* Johnnie Johnson+ Gary Small* 14.04. Lil Green+ Sammy Price+ Kelly Rucker* 15.04. Bessie Smith* Carl Martin* Little Sonny Jones* Frank Frost* B L U E S K A L E N D E R 43 1943 1955 1955 2014 1931 1937 1954 Tommy Castro J J Milteau 1901 1919 1926 1933 1950 1956 2003 1906 1924 1946 1955 1974 Mighty Sam McClain* Tommy Castro* Jeff Golub* Little Joe Cook+ 16.04. John Littlejohn* Artie „Blues Boy“ White* Texas Alexander+ Patrick Rynn* 17.04. Clifford Gibson* Jimmy Nelson* Sam Carr* Byther Smith* Jean Jacques Milteau* Lonnie Shield* Earl King+ John Parker* 18.04. Little Brother Montgomery* Clarence Gatemouth Brown* Tommy Shannon* Lil‘ Ed Williams* Johnny „Man“ Young+ 19.04. Alexis Korner 1898 1928 1938 1985 1994 2012 Peter Clayton* Alexis Korner* Bee Houston* Willie Mabon+ Larry Davis+ Levon Helm+ Demi Evans* 1875 1929 1940 1940 Cowboy Roy Brown* Johnny Fuller* Calvin Leavy* Tim Drummond* 20.04. ,+unbekannt 44 BLUESKALENDER 1958 1992 2013 Gary Primich* Johnny Shines+ Artie „Blues Boy“ White+ 1938 1944 1946 1964 1969 1970 2003 Eddie King* Paul Geremia* Doug MacLeod* Georg Schroeter* Keri Leigh* Earl Hooker+ Nina Simone+ 1919 1922 1950 1950 1951 1966 1975 1990 22.04. Bull Moose Jackson* George „Harmonica“ Smith* Forrest Howard McDonald* Peter Frampton* Paul Carrack* Hank Shizzoe* Walter Vinson+ Little Joe Blue+ 1894 1929 1944 1980 1995 Cow Cow Davenport* Calvin Owens* Marion Harris+ Luca Giordano* Lonesome Sundown+ 1970 1986 2000 2013 Otis Spann+ Eli Cook* Barkin‘ Bill Smith+ Bob Brozman+ 1913 1923 1950 1965 Earl Bostic* Albert King* Roxy Perry* Paul Lassey* Chris Whiteley* 21.04. Georg Schroeter 23.04. Peter Frampton 24.04. 25.04. Albert King B L U E S K A L E N D E R 45 26.04. 1886 1915 1926 1945 1948 1988 Ma Rainey* Johnny Shines* J. B. Hutto* Mike Finnigan* Luboš Andršt* Arbee Stidham+ 1927 1942 1956 Hop Wilson* Jim Keltner* ‚Sista Monica‘ Parker* 1891 1940 1950 1952 1974 1984 28.04. Charley Patton* Phil Guy* Lloyd Jones* Chuck Leavell* Gary Pushkin oder in Realität Igor Vedeneev* Moses „Whispering“ Smith+ 27.04. Ma Rainey 29.04. Phil Guy 1927 1935 1935 1937 1941 1957 1967 1990 Big Jay McNeely* Otis Rush* Leroy Carr+ Lefty Dizz* Frankie Lee* Pat Cohen* J.B. Lenoir+ Sam Lawhorn+ Johnny Gale* 1896 1917 1931 1970 1983 Gary Davis* Frankie Lee Sims* Jimmie Lee Robinson* Wayne Baker Brooks* Muddy Waters+ 30.04. Wayne Baker Brooks 46 A L B U M D E S M O N AT S PH ILI PP FAN K H A U S E R - HOM E ALBUM DES MONATS MÄRZ 2015 Soulblues, Texasblues und eine akustische Nummer: Seine Herkunft aus der Schweiz hat man seiner Gitarre noch nie angehört. Mit „Home“ hat Philipp Fankhauser ein Studioalbum veröffentlicht, das nah an der Perfektion ist. klingen. Denn selbst wenn Balladen wie „Once Is Not Enough“ hart an der Schmalzgrenze sind. Immer ist der Bluesman zu hören, der einem an seinen Gefühlen teilhaben lässt und damit die Zuhörer in die Lage versetzt, mit dem eigenen Gefühlschaos umzugehen. So kann der Blues seine Funktion als heilende Musik entfalten. „Home“ ist ein zeitlos elegantes Bluesalbum, wie es nicht Wenn die CD mit „Daily Bread“ beginnt, dann wird nur in Europa sehr selten veröffentlicht wird. Schön, sofort klar, dass es Fankhauser ernst damit war, so live dass Fankhauser jetzt endlich auch in Deutschland wie möglich im Studio zu arbeiten. Die akustische einen Vertrieb gefunden hat, der diesen Namen verGitarre springt einem förmlich entgegen und liefert dient. Vielleicht schafft er es ja auch hierzulande, was dem Sänger die perfekte Begleitung für den von Johnny in der Schweiz schon fast zum normalen Zustand gehört: Ein Einstieg in die normalen Charts wäre ihm Copeland geschriebenen Song. Auch bei den anderen Nummern - elektrisch und bei zu wünschen. Raimund Nitzsche Bedarf mit voller Honrsection - ist die Energie und der Druck (und bei Bedarf auch die nötige Zurückhaltung: hört einfach mal, wie sie Musiker bei „Rainy Night in Georgia“ Fankhausers Stimme ganz sanft untermalen, ohne jemals beiläufig oder beliebig zu klingen) der Darbietung einer live spielenden Band sofort zu spüren. Nicht nur als Sänger und Gitarrist ist Fankhauser großartig - nach Jahren, wo er immer wieder auch in den USA unterwegs war, ist er auch ein Songwriter, dem man gerne zuhört. Ob funkige Grooves, treibende Rhythmen oder sanfte Balladen: Fankhauser und seine Band bleiben auf dem Album fern von unvermittelten Stilexkursionen oder Experimenten. Nach Jahrzehnten auf Tour hat dieser Musiker seine musikalische Heimat gefunden und denkt nicht im Traum daran, irgendwelche Rockismen als Zugeständnis an vermeintliche Hörererwartungen zu pflegen. Wie B.B. & The Blues Shacks in Deutschland oder Musiker wie Greg Nagy pflegt er die klassischen Sounds, ohne dabei nach akademischer Lordsiegelbewahrer oder als reiner Retro-Musiker zu Wasser-Prawda | November 2014 P L AT T E N 47 REZENSIONEN A BIS Z B Down Howlin‘ 57 Black Patti: No Milk, No Sugar 50 S C Shoutin‘ Red – Introducing 58 Caro Bluesband - Gezeiten 50 V Chris Foreman - Now ist the Time 51 Various - Movements Vol. 7 58 E Eliza Neals - Breaking and Entering 51 H Henrik Freischlader - Live 2014 52 J Jeff Jensen – Morose Elephant 53 Joe Bonamassa - Muddy Wolf at Red Rocks 54 Jorma Kaukonen – Ain‘t In No Hurry 54 L Laurence Jones – What‘s It Gonna Be 55 Layla Zoe - Live At Spirit of 66 55 M Mitch Hillford - Music From The Front 56 Mojo Juju & The Snake Oil Merchants - Anthology 56 R Reno Jack The Bear - Lightning Fried 57 Ron Hacker & The Hacksaws - Goin‘ Wasser-Prawda | März 2015 48 Black Pa P L AT T E N - No Milk, No Sugar So ist guter Kaffee und so ist der Blues: Schwarz, ohne Milch, ohne Zucker. Nachdem die beiden Musiker Peter Krause aka Peter Crow C. und Ferdinand “Jelly Roll” Kraemer das Land auf und ab bereist haben, gibt es nun das Debutalbum des Roots Blues Duos Black Patti: „No Milk, No Sugar“. Und es hält, was man von den Beiden erwartet: Akustische Bluesnummern, wie sie an einem Juke Point im Delta gespielt hätte werden können. Auf der sparsam dokumentierten CD sind 12 Stücke mit Traditionals und Leihgaben von Muddy Waters, Charley Patton oder Sonny Boy Williamson I. Aber Peter Krause und Ferdinand Kraemer können auch selbst ordentliche und authentische Stücke schreiben. So gehört „I‘m So Worried About My Baby“ zu den eigenen Stücken der Beiden, die aber auch zu meinen Favoriten gehören. Aber warum sind die Stücke so interessant? Weil hier spannend im Duett gesungen wird, weil Jelly Roll die Mandoline geschickt einbringt, weil gepickt, geslided und gestampft und mit der Blues Harp Wasser-Prawda | März 2015 mächtig Fahrt gemacht wird. Das Album ist nie langweilig und immer spannend. Wenn man die Augen spielt, hört man Black Patti an einer heißen Straßenecke spielen, im staubigen Hut die Nickels and Dymes einsammeln und einen T-Model Ford vorbeirattern. Im „Morning Train“ schwer stampfende Gitarrenrhythmen unterlegt mit Jelly Rolls trauriger Mandoline, die den Wunsch äußert, mit dem verspäteten Abendzug bald heimzukommen. Eine Selbstpositionierung in einem weiteren eigenen Stück als Ragtime: „Black Patti Boogie“ Die gesamte Aufnahme ist natürlich analog gehalten, alte Instrumente aus der Vorkriegszeit, Bändchenmikrophone: So haben alle Deltamusiker damals aufgenommen und so kommt es auch rüber. Man kann immer nur ein Wort dazu heranziehen: Authentisch! Erschienen ist die CD „No Milk, No Sugar“ bei Rhythm Bomb Rec. Das Label arbeitet nicht profitorientiert, alle Gewinne werden in Musiker und deren Aufnahmen reinversiert. Auf dem Label sind außer Black Patti Bands und Künstler aus dem Rockabilly- und R&B-Bereich zu hören. Wir werden hier in der nächsten Zeit ein paar CDs von dem Label vorstellen. Mario Bollinger Caro Bluesband - Gezeiten Frauenpower im Blues ist ja momentan stark angesagt. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Caro Bluesband mit der Powerfrau Carin Bertenbreiter hinweisen. Die Band gibt es schon recht lange, feierte sie doch im Jahr 2010 ihr 25-jähriges Bandjubiläum. 25 Jahre Banderfahrung spiegeln sich auch im lupenreinem Sound der Band wieder. Caro steht für Carin und Roland Bertenbreiter. Roland zupft die Gitarre und Frontfrau Carin übernimmt den Gesangspart und spielt die Bluesharp. Ich bezeichne sie einmal als „Stacie Collins“ von Donauwörth. Sie glänzt durch ihre markante Stimme und ihr stilsicheres Blasen auf der Harp. Weiterhin gehören zur Band: Gerhard Winter (Bass), Mathias Netter (Gitarre) und Armin Loder (Schlagzeug). Den Blues präsentiert die Band in ihrer heimischen Mundart. Da muss man durch, auch wenn man Blues nur auf englisch hört und ich verspreche, es lohnt sich. In den Texten werden alltägliche Geschichten aus dem Leben erzählt aber es wird auch schon mal Gesellschaftskritik geübt. Die hier kurz vorgestellte CD P L AT T E N „Gezeiten“ ist auch schon aus dem Jahr 2010 und man kann sie über die Bandseite beziehen. (https:// carobluesband.wordpress.com/ discographie/) Matthias Schneider gen Stücken zwischen der Orgel und einem akustischen Piano wechselt. Obgleich die Orgel im Vordergrund steht, vermeidet er so den Hauch von Langeweile, den ich bei manch anderer Produktion verspürt habe. Dazu tragen seine exzellenten Mitmusiker bei. Andy Brown an der Gitarre und Diane ‚Lil Sax‘ Ellis am Alt Saxophon setzen deutliche Akzente. Bei der Auswahl der Stücke bedient sich Chris Foreman aus dem traditionellen Blues- und Gospelrepertoire. Charlie Parkers ‚Cotton Boy Blues‘ oder Neil Heftis durch Count Basie bekannt gewordene Ballade ‚Lil Darlin‘, Foreman interpretiert alle Stücke auf seine eigene ganz besondere Art. ‚Now ist Chris Foreman - Now is the the Time‘ ist ein zeitloses Album Time für anspruchsvolle, traditionell oriSteven Dolins ist mit seinem fei- entierte, Blues- und Jazzliebhaber. nen, exklusiven Sirens Records Es ist ein audiophiles Album zum Label immer wieder Garant für au- Zurücklehnen und Zuhören. (The ßerordentlich spannende im Blues-, Sirens Records SR 5022) Gospel- und Jazz-Bereich angesieBernd Kreikmann delte Produktionen. Zu Beginn des Jahres überrascht er mit dem ersten Chris Foreman Album, das dieser unter eigenem Namen veröffentlicht hat. Der in Chicago ansässige blinde, 57jährige B3-Virtuose gehört mit Jimmy McGriff und Jimmy Smith zu den ganz Großen Jazz- und Blues Organisten. Weltweit bekannt wurde Chris Foreman durch seine Aufnahmen mit dem Deep Blue Organ Trio und dem Kimberly Gordon Trio. Chris Foreman versteht sich nicht Eliza Neals - Breaking and als Avantgardist – er ist ein technisch Entering brillianter Traditionalist. Ich bin au- Detroit ist für seine großen Musiker ßerordentlich beeindruckt, mit wel- bekannt. John Lee Hooker, Bob cher Leichtigkeit Foreman bei eini- Seger und Mitch Ryder stammen aus der Motor City, Motown 49 Records war in den 60ern und 70ern stilbestimmend. An großen Vorbildern für junge Künstler mangelt es nicht. Jetzt tritt Eliza Neals mit „Breaking and Entering“ an. Die junge Sängerin und Keyboarderin hat bereits mehrere Alben veröffentlicht. 2012 erhielt sie den Detroit Music Award. Mit dem vorliegenden Album sollte ihr der entscheidende Durchbruch gelingen. Das Zeug zu einer internationalen Karriere hat sie allemal. Eliza Neals Stimme eignet sich perfekt für den von ihr bevorzugten Bluesrock. Sie röhrt rauh und ungeschliffen den Opener „Detroit Drive“ um später eher sanft „Sugar Daddy“ zu besingen. Die insgesamt 12 Stücke der CD sind gut geschrieben und eröffnen Eliza die Möglichkeit, Stimme und Temperament voll auszureizen. Ein Paradebeispiel ist das balladenhafte „Spinning“. Begleitet von Howard Glazers schwerem Gitarrenspiel dominiert Elizas Stimme den Song – einfach ganz große Klasse. Das sich anschließende „Breaking and Entering“ ist ebenfalls ein besonderer Leckerbissen. Rezensenten vergleichen Eliza gern mit Janis Joplin. Abgesehen davon, dass ich nun schon jede Menge Janis-Nachfolgerinnen auf der Bühne erlebt (und danach nie wieder von Ihnen gehört) habe, trifft dieser Vergleich auf Eliza nicht zu. Hier steht eine temperamentvolle junge Sängerin auf der Bühne, die ihren eigenen Gesangsstil entwickelt hat. Sie eifert keinem Vorbild nach, sondern sucht und findet erfolgreich ihren Weg im Blues(rock). Wasser-Prawda | März 2015 50 P L AT T E N Eliza hat dreizehn exzellente Musiker für die Mitarbeit am Album gewinnen können. Ganz besondere Erwähnung verdient Detroits Spitzengitarrist Howard Glazer. Sein einfühlsames Dobround Gitarrenspiel setzt die richtigen Akzente, treibt die Songs und unterstützt Elizas Gesang. Howards Begeisterung und Engagement für das Projekt ist spür- und hörbar. Mit Eliza und Howard haben sich zwei Musiker getroffen, deren Zusammenspiel ungeahnte Synergien erzeugt. Ich hoffe, dass die beiden ihre Zusammenarbeit fortsetzen und weitere Alben einspielen. (Selbstveröffentlichung Bezugsquellen über Redaktion zu erfragen) Bernd Kreikmann Greg Nagy - Stranded Verlorene Liebe, zerbrochene Beziehungen: eigentlich ein völlig „normales“ Thema für ein Bluesalbum. Doch die Intensität, wie sich Greg Nagy auf seinem neuestem Album „Stranded“ dem emotionalen Chaos widmet, ist außerordentlich. Ebenso auch wie seine daraus entstandenen Songs. Wasser-Prawda | März 2015 Erst war da diese Single: „I Won‘t Give Up“ erschien vor über einem Jahr und machte seinen Weg durch die diversen Bluessendungen überall auf der Welt: Auch wenn alles dunkel und zweifelhaft erscheint - die Musik gibt die Kraft zum Durchhalten. Ein Song zum Heulen - und zum Heulen schön. Dann folgte eine Kampagne auf Kickstarter, um das Geld für das Album zusammen zu bekommen Doch danach war lange nichts mehr vom Songwriter und Gitarristen aus Flint (Michigan) zu hören. Jetzt aber, wo „Stranded“ sich im Player dreht wird klar: die Single ist beileibe nicht das einzige Highlight auf dieser Scheibe voller Liebesleid. Mit düsterem Groove etwa macht sich Nagy „Ain‘t No Love In The Heart Of The City“ zu eigen. Die erstmals von Bobby Bland aufgenommene Nummer ist auch hier Soulblues in der pursten und eindrücklichsten Form bis hin zum Gitarrensolo, bei dem wirklich keine einzige Note zuviel ist. Auch von Nagy selbst geschriebene Nummern wie der Titelsong oder „Been Such a Long Time“ passen in diese Kategorie. Aber eigentlich sind diese Schubladen überflüssig: „Stranded“ ist persönlich bis weit über die Schmerzgrenze hinaus. Und damit sind die Stücke über Nagys persönliche Kämpfe die richtige Medizin für Menschen, die in ähnlicher Lage sind - oder eben einfach nur unsicher sind über ihre Beziehungen, die einsam sind oder bei denen die Leidenschaft schon lange verloschen ist: Diese Musik reißt einen aus der Erstarrung und Lethargie. Das ist BLUES! Raimund Nitzsche Henrik Freischlader - Live 2014 Für viele Fans kam die Ankündigung überraschend: Die Tour zum Album „Night Train To Budapest“ wurde gleichzeitig als Abschiedstour der Henrik Freischlader Band angekündigt. Nach zehn Jahren schickte Deutschlands zur Zeit bester Bluesrockgitarrist seine Gruppe in den Ruhestand. Ausschnitte der Farewelltour hat er jetzt auf seinem Label Cable Car Records veröffentlicht. Neulich am Tresen während eines Konzertes: „Klar, der Gitarrist ist gut, aber in Deutschland gibt es einfach keinen besseren als Henrik Freischlader.“ Diese Aussage, besonders wenn sie von einem großartigen Gitarristen kommt, ist ebenso bezeichnend wie die besorgte Anfrage, die mich kurz nach Ankündigung der Abschiedstour von Freischlader aus Großbritannien erreichte: Wird er jetzt nie wieder spielen? Bei Fans und Kollegen gleichermaßen Respekt und Anerkennung, ja Verehrung zu finden - und das über die Grenzen Deutschlands hinaus - ist in den letzten Jahren P L AT T E N wohl wirklich nur ihm geglückt. Und das liegt nicht nur an seiner technischen Brillanz, sondern vor allem daran, dass Freischlader auch als Songwriter zwischen sämtlichen Stilen immer den richtigen Ton findet. Wie vielseitig er war, das zeigen die zehn Stücke auf „Live 2014“ wunderbar: Ob der jugendliche Überschwang von „Dissapointed Woman“ im zeitlichen Abstand mit gehöriger Selbstironie aufgenommen oder das lyrische „A Better Man“ den Beginn des Albums markiert: Hier wird Bluesrock ohne zu viele Schörkel gespielt, manchmal wirds funky. Immer aber ist da diese gut eingespielte Band, die das rhythmische und musikalische Fundament für die gitarristischen Exkursionen des Chefs liefert: Ohne Organist Moritz Fuhrhop und die Rhythmusgruppe von Theofilo Fotiadi (b) und Schlagzeuger Dirk Sengotta wäre das Hörvergnügen nur halb so groß. Zehn Songs zum Abschiednehmen und Erinnern an eine der besten deutschen Bands im Bluesrock: Man darf gespannt sein, was Freischlader nach der selbst auferlegten Pause für neue Wege einschlagen wird. Dieser Band jedenfalls wird mir fehlen! (Cable Car Records) Raimund Nitzsche Jeff Jensen – Morose Elephant Schon auf dem Vorgänger „Road Worn And Ragged“ hatte Jeff Jensen für mich seine Vielseitigkeit und absolute Qualität als Songwriter und Bluesgitarrist unter Beweis gestellt. Auf dem Nachfolger „Morose Elephant“ zieht er die musikalischen Grenzen so weit wie die seiner Wahlheimat Memphis: Vom klassischen Blues über Bluesrock bis hin zum Soul und jazzigen Klängen reicht das Spektrum auf einem der Highlights des bisherigen Bluesjahres 2015. Wenn ich etwas bedauere, dann das Jeff Jensen live lediglich in einer reduzierten Bandbesetzung zu erleben ist. Zu gerne würde ich ihn so erleben, wie er sich etwa im Opener „Make It Through“ anhört: Gitarrenriffs tief aus dem Mississippi-Delta treffen auf Keyboards direkt aus einem Gospelgottedienst und Horns aus dem Memphis Soul. Das ist ein Song nahe an der Perfektion! Andere Stücke des Albums (neben seiner eingespielten Rhythmusgruppe war unter anderem auch wieder Victor Wainwright am Piano wieder mit von der Partie) sind defti- 51 ger Bluesrock, zeigen Jensens überragendes Können, atmosphärische Balladen zu singen und mit seiner Gitarre meisterlich zu begleiten oder bringen Klassiker des Genres in die heutige Zeit. „What‘s The Matter With The Mill“ etwa ist einfach umwerfender boogielastiger Blues. Keine Ahnung, was Jensen auf den Elephanten btingt - wahrlich kein Tier, was man gemeinhin mit dem Blues in Verbindung bringt. Oder ist es das sprichwörtliche lange Gedächtnis dieser Tiere? In seinen Songs zeigt sich ein ähnliches Gedächtnis in Sachen verschiedener Spielarten des Blues, die alle zu einem großartigen Personalstil zusammenfinden. Und so ist „Morose Elephant“ ein Album, das die gesamte Bluesgemeinde ansprechen und begeistern kann. Raimund Nitzsche Joe Bonamassa - Muddy Wolf at Red Rocks Als exzellenter Gitarrist war uns Joe ja bekannt, jetzt können wir ihn auch als großartigen Bluesman bezeichnen. „Muddy Wolf At Red Rocks“ ist wohl die bluesigste CD, die Joe je gemacht hat. Das Wasser-Prawda | März 2015 52 P L AT T E N Konzert vor über 9000 begeisterten Bluesfans war eine Hommage an seine Vorbilder Muddy Waters und Howlin´ Wolf. Das exklusive Konzert wurde am Labor-DayWochenende 2014 im spektakulären Red Rocks Amphitheatre gespielt und aufgenommen. Dass das Album so bluesig rüber kommt liegt zum einem am Thema und zum anderen an der Besetzung: Der Einsatz einer Bläsergruppe und vor allem einer Bluesharp machen dieses Konzert zu einem bluesigem Ereignis. Zur Band dieses Konzerts gehörten Anton Fig (Schlagzeug), Michael Rhodes (Bass), Reese Wynans (Klavier, Hammondorgel), Lee Thornburg (Trompete, BläserArrangements), Ron Dziubla (Saxofon), Nick Lane (Posaune), Mike Henderson (Mundharmonika) und Kirk Fletcher (Gitarre). Joe spielt je eine halbe Stunde Titel von Muddy Waters und von Howlin´ Wolf gemischt mit Originalaufnahmen der beiden Blueser. Ein sehr gutes Beispiel ist hier „Tiger in your tank“. Es geht mit Muddy Waters‘ Originalaufnahme des Songs los, ehe Joe den Song übernimmt. Das ist sehr gelungen gemacht. Ausgezeichnet gefallen hat mir auch die Fassung von „Spoonful“. Erstmals wurde der von Willie Dixon geschriebene Song 1960 von Howlin Wolf aufgenommen. Durch zahllose Cover anderer Blues- und Rockmusiker wurde er zu einem Standard. Das Konzert ist als CD, LP, DVD und als Blue-Ray erhältlich. Matthias Schneider Wasser-Prawda | März 2015 Jorma Kaukonen – Ain‘t In No Hurry Ein neues Album von Jorma Kaukonen ist immer willkommen und wird freudig von der Legion seiner Fans in aller Welt erwartet. „Ain‘t No Hurry“ ist ein typisch entspanntes Werk mit Kaukonens patentiert würzigem Gitarrenspiel und packend rauhem Gesang, die hervorragend zusammen passen. Wie mittlerweile üblich wird er von alten Kumpels aus den RockstarZeiten von Jefferson Airplane und Hot Tuna begleitet. Am Bass ist der unvergleichliche Jack Casady. Und an der Mandoline hört man Berry Mitterhoff von Hot Tuna. Im Ergebnis verbreitet das Album ein fast Tunaesques Feeling. Einen guten Beitrag zu der Mixtur des Albums leisten auch Larry Campbell und Teresa Williams. Die elf Titel umfassen Standards wie „Nobody Knows You When You‘re Down And Out“, Thomas Dorseys witzige Nummer „The Terrible Operation“ und eine glanzende Fassung von Yip Harburgs uraltem Song „Brother Can You Spare A Dime“. Auch Woody Guthries selten gehörtes und aufgenommenes Stück „Suffer The Little Children To Come Unto Me“ hat seinen Platz gefunden. Und die meisten anderen Stücke stammen von Kaukonen selbst. Thema des Albums ist, wie Kaukonen in den Liner Notes erklärt, seine Dankbarkeit für einen relativ friedlichen, ereignisreichen und reichhaltigen musikalischen Lebensstil, den er jetzt schon seit mehr als 50 Jahren pflegen kann. Mittlerweile fühle er sich relaxed und zufrieden, habe er kein Bedürfnis oder fühle den Druck sich hektisch anzupassen oder zu experimentieren. Wie bei einem Puzzle fügen sich Leben und Musik bei ihm in eines zusammen mit der Unterstützung seiner ältesten und verlässlichsten musikalischen Freunde. Dies ist eines der Alben, die wir nur bewundern können – und wie wir es erwarten konnten von einem echten Meister des akustischen Blues. Iain Patience Laurence Jones – What‘s It Gonna Be Das neueste Album (das dritte) des heißen jungen britischen Bluesrockers ist ein echter Kracher. Ein wunderbares Album voll feuri- P L AT T E N gem Gitarrenspiel gepaart mit einigen gekonnten Texten, die geprägt sind von Selbstbewusstsein und Reife. Und das in einer Weise, die vergessen lässt, dass er noch wirklich jung an Jahren ist. Das spricht Bände darüber, was man in den kommenden Jahren noch erwarten kann. Alle elf Stücke sind stark, voller positiver treibender Gitarrenriffs, -läufe und -phrasen, die viele seiner frühen persönlichen Einflüsse widerspiegeln: Walter Trout (mit dessen Band er bereits gespielt hat), old Slowhand Clapton, Albert Collins und Rory Gallagher. Ich bin sicher, auch Anklänge an Stevie Ray Vaughan entdeckt zu haben. Jones ist im letzten Jahr heftig besprochen worden, einerseits mit seinem eigenen Album „Temptation“, aber auch für sein Mitwirken am Album (und der Tour) Blues Caravan 2014 von Ruf Records. Kein Zweifel: Dieser Typ hat eine wunderbare musikalische Zukunft vor sich, wenn er jetzt schon von musikalischen Weggefährten, den Medien und einer wachsenden Fanarmee weltweit gelobt wird. Wenn man Jones‘ Lyrics, das großartige Gitarrenspiel und eine kraftvolle, reife Stimme addiert, kommt wie hier ein eigenständiges Qualitätswerk heraus. Bei einem Stück singt die Schottin Sandi Thom mit, bei einem anderen die New Yorker Sirene Dana Fuchs. Ein höchst empfehlenswertes Album! (Ruf Records) Iain Patienc 53 Sängerin, die bei aller Power auf der Bühne doch immer noch Sehnsucht danach hat, Weihnachten zu Hause bei Mutter und Schwestern zu sein, die Liebeslieder an einen grünäugigen Gitarristen singt. Wenn sie sich den Ereignissen außerhalb des privaten Umfelds widmet, dann sind ihre Schlussfolgerungen kein Aufruf zur Revolution sondern zum kleinen Beginn im persönlichen Umfeld. Und das macht diese Sängerin noch sympathischer. Layla Zoe - Live At Spirit of 66 Zwei CDs voller kraftvoller Nach „Sleep Little Girl“ und Rockmusik mit einer der besten „The Lily“ (bei Downbeat immer- Sängerinnen im Bluesrock begleitet hin auf der Liste „Best Albums of von einer sie perfekt begleitenden 2014) kommt jetzt bei Hendrik und vorantreibenden Band: „Live Freischladers Cabel Car Records At Spirit of 66“ ist ein Live-Album, ein Doppel-Live-Album der kana- wie es sein sollte. Sehr empfehlensdischen Bluesrocksängerin Layla wert! (Cable Car Records) Nathan Nörgel Zoe heraus. Mitgeschnitten wurde es 2014 in Belgien. Der Name der Location ist schon mal passend für Layla Zoe. Denn die Sängerin verkörpert mit ihren Songs immer wieder verblüffend den Geist der späten 60er, wo Blues, Rock, Psychedelic und jede Menge Optimismus zusammenkamen. Nein - ich will hier nicht die oft gezogene Janis-Joplin-Karte spielen (damit kann man eine Sängerin schneller als Nachahmer abqualifizieren, als sie es verdient hätte. Nein: Mitch Hillford - Music From Ob Layla Zoe, Dana Fuchs oder an- The Front dere junge Sängerinnen: Sie spie- Aus Bremen stammt Gitarrist/ len und singen ihren Bluesrock mit Songwriter Mitch Hillford. Schon ähnlicher Leidenschaft wie Janis da- seit zehn Jahren ist er dort unter anmals. Aber sie erzählen ihre eigenen derem mit seiner Band „The Mitch Geschichten. Und bei Layla Zoe sind Hillford Front“ unterwegs. Schon das Geschichten, die oftmals weit 2013 erschien das Album „Music weg sind von der selbstzerstöreri- From The Front“. schen Unrast von Janis - hier ist eine Bluesrockgitarristen scheinen eine Wasser-Prawda | März 2015 54 P L AT T E N natürliche Disposition hin zur Triobesetzung zu haben. Jedenfalls die Gitarristen, die sich selbst für unwiderstehlich halten. Dabei ist das Konzept des Power-Trio eigentlich schon seit Cream bis an die Grenzen ausgereizt. Und die immer größere Annäherung an Hardrock und Metal macht den Bluesrock auch nicht aktueller und publikumswirksamer. Wirklich große Bluesrock-Gitarristen wie Henrik Freischlader oder Alan Nimmo haben daher schon lange auch Organisten/Keyboarder an ihrer Seite, die den nötigen Kontrast zu den sechs Saiten setzen können. Auch die Mitch Hillford Front ist seo eine Kapelle, wo nicht nur der namensgebende Star wichtig ist, sondern eben auch der Rest der Truppe (und hier besonders der Tastenmann Andreas Hölscher). Die Musik ist eine feine Mixtur: Blues und Bluesrock treffen auf Fusionjazz, Soul und Funk. Ganz klassisch etwa die Akustiknummer „I Am A Pilgrim“, während der nächste Titel „Hoochie“ als funkiger Soulblues daherkommt. Meist wird die Musik dargeboten in einer sehr relaxten Stimmung. Und noch dazu klingt „Music From The Front“ blitzsaube produziert und druckvoll. Eine Scheibe für all die, die gerne auch jenseits der Genregrenzen ihre Unterhaltung suchen. Raimund Nitzsche Wasser-Prawda | März 2015 ger als so ziemliche jede der RetroSwing-Bands in den 90er Jahren. Einfach auch deswegen, weil hier nichts Retro ist, weil die Band um die charismatische Sängerin sich eben nicht für eine kurz- oder längerlebige Welle und ihre Fans muszieren sondern in ihren Liedern viel tiefer graben. Stücke wie „God & the Devil“ oder „Sacred Heart of Mary“ gehen viel tiefer und machen klar, weshalb die Mojo Juju auf Facebook schreibt: „Mojo Juju sings songs that sound just like that night Mojo Juju & The Snake Oil you can´t quite remember, in that Merchants - Anthology Düster, sündig, verrucht und un- bar you swear you weren´t at, with geheuer lebendig: Was Mojo Juju that girl you promise you´ve never vor dem Beginn ihrer Solokarriere met.“ Düster, lebendig und fasziniemit den Snake Oil Merchants in rend - und wer nicht reinhört, verAustralien auf Platte gebannt hatte, passt wirklich großartige Musik. (off war hierzulande noch nicht erhält- label/Timezone) Nathan Nörgel lich. Jetzt hat Off Label Records eine Sammlung der besten Nummern neu veröffentlicht. Denn die Musik der Band spielt eine Hauptrolle im Film „bestefreunde“, der zur Zeit in den Programmkinos des Landes läuft. Die Energie des Punk bleibt. Auch oder gerade auch wenn die Musik sich wandelt. Mojo Juju & The Snake Oil Merchants können das kaum verheimlichen: Ihr Jazz Noir (oder wie soll man diese Musik aus Reno Jack The Bear - Lightning Swing, Jazz, Musette, Tango und Fried Soundtrack eigentlich nennen?) In den letzten 50 Jahren hat Reno klingt gleichzeitig nach düsteren Jack schon auf diversen Platten mitFlüsterkneipen der 30er Jahre, nach gespielt. Aber erst jetzt veröffentPunkschuppen Ende der 70er und licht er sein erstes eigenes Album. nach wilden Parties irgendwann in „Lightning Fried“ (produziert von der letzten Woche: Zeitlos ist das im Reno Jack, Sunday Wilde und besten Wortsinne. Und Stücke wie Rusty McCarthy), ist eine Mixtur „Transient Being“ oder der wilde aus Blues, Country und Rockabilly, „Scat Song“ sind wilder und deftibei der der Songwriter unter ande- P L AT T E N rem von Watermelon Slim, Rusty McCarthy, Robert Hiughes und Janelle Frost begleitet wird. Schneidend rauh und gleichzeitig sanft kommt diese Stimme daher. Und die Geschichten, die Reno Jack erzählt, sind auch nicht die alltägliche Radiokost (auch nicht bei Country- oder Bluessendern im Internet): Es geht um den Irrsinn des Internetzeitalters ebenso wie um die Wirkungen von Salz auf den menschlichen Körper, um die Zerstörungen, die ein Tornado anrichten kann wie um Marotten der heutigen Gesellschaft. Reno Jack will zum Denken anregen. Und das gelingt ihm mit seinen Liedern auf jeden Fall. Zwischendurch spielt er auf „Lightning Fried“ auch noch paar seiner Lieblingssongs, etwa „Trying To Get To You“ von Elvis, Arthur Alexanders „Baby This Baby That“ oder Herald Nix‘ „Such A Funny Little Thing“. Mit letzterem hatte er schon in den 80ern Rockabilly gespielt und in Vancouver gar ein Konzert von The Clash eröffnet. Vom Cowpunk der 80er und 90er hört man jetzt allerdings weniger: Eher kann man schon eine gewisse Altersweisheit in Renos Songs hören. Ja, Reno Jack hat beides zu bieten: Country und Western, aber auch Blues, Folk und etwas Jazz sind zu hören. Aber vor allem ist er ein großartiger und meist relaxter Geschichtenerzähler, dem mit „Lightning Fried“ ein tolles Album gelungen ist. (Hwy 11 Records) Nathan Nörgel Ron Hacker & The Hacksaws - Goin‘ Down Howlin‘ Um es gleich vorwegzunehmen, der 1945 geborene Ron Hacker ist für mich einer der überzeugendsten und ehrlichsten Blueser unserer Zeit. Der seit langen Jahren in San Francisco ansässige Slide Virtuose wird nicht umsonst als der „White Trash Blues Man“ bezeichnet. Er benennt in seinen Texten deutlich, was ihn und seine Mitmenschen berührt und scheut sich nicht vor klaren Aussagen. Auch bei ihm kann das Baby mal gehen oder der Whisky zu gut schmecken, das sind aber nicht seine Themen. Überzeugen kann man sich davon auf den mittlerweile (mir bekannten) sieben Alben, die er teils als Ron Hacker oder Ron Hacker & The Hacksaws eingespielt hat. Den Freunden der etwas härteren Gangart seien besonders die Alben „Back Door Man“ (2000) und „Burnin‘„ (2003) empfohlen. Für Freunde von Club- und Soloauftritten sind die Alben „Mr. Bad Boy“ (2007) und „Live in San Francisco“ (2012) ein Muß. Ron ist bei sämtlichen großen West Coast Festivals einschließlich des Monterey Jazz Festivals sowie in 55 Europa (auch in Deutschland) aufgetreten. Leider hat es bei uns noch nicht den großen Durchbruch gegeben - Ron Hacker ist unverändert ein Geheimtipp. Hoffentlich ändert seine gerade erschienene CD „Goin‘ Down Howlin‘„ etwas daran. Ron Hacker (guit., voc.) und seine Hacksaws Artis Joyce (bass) und Ronnie Smith (drums) greifen überwiegend auf große Songs der Bluesmusik zurück. Ron steuert mit dem Opener „Evil Hearted Woman“ (akustisch) und „Big Brown Eyes“ gelungene Eigenkompositionen mit dem Zeug zum Klasssiker bei. Die anderen 9 Stücke wurden von Little Walter („Hate to see you go“), Sleepy John Estes („Ax sweet Mama“), Jimmy Reed („Baby what you want me to do“) und anderen geschrieben. Chuck Berry’s „Nadine“ ist ebenso vertreten wie Chester Burnett’s „Howling for my Darling“. Ron Hacker präsentiert eine stimmige Mischung aus Eigenkompositionen und bekannten Songs auf seine sehr eigene, mitreißende Art. Hacker ist ein gestandener, gereifter Musiker jenseits des Mainstreams und jeglicher Profilneurose. Ihm zuzuhören ist ein großes Erlebnis, ihn live zu erleben, einer meiner bislang unerfüllten Wünsche. (Hacksaw Music/ Bear Family) Bernd Kreikmann Wasser-Prawda | März 2015 56 P L AT T E N Shou n‘ Red – Introducing „Introducing“ ist genau das: Eine Einführung eines neuen Gesichts in der skandinavischen Bluesszene. Felicia Nielsen aka Shoutin‘ Red kommt aus Schweden, eine neue, junge Performerin mit einem Debütalbum, das mit zwölf Songs traditionellen Blues der 1930er Jahre mit einigen Folk-Standards vereint. Red wird bereits ziemlich prominent in der dynamischen BluesSzene Schwedens mit Auftritten bei Festivals und anderen Gigs. Und mit diesem interessanten, frischen Album sollte sie auch jenseits des Baltikums einen größeren Hörerkreis gewinnen. Die Tracks umfassen beispielsweise Tom Dicksons „Labour Blues“, „When The Levee Breacks“, „Hesitation Blues“, Willie McTells Klassiker „Statesboro Blues, den „Millman Blues“ von Bily Bird, den „Crazy Blues“ von Perry Bradford (ein guter und starker Opener!= und John Hurts „Frankie and Albert“. Schon von Anfang an ist klar, woher der Name „Shoutin“ kommt: Nielsons Stimme hämmert die Texte förmlich heraus zu einem passenden Spiel auf der akustiWasser-Prawda | März 2015 schen Gitarre. Zeitweise errinnert der Gesang an Rory Block, eine andere tolle Bluessängerin mit starker Stimme und positiver Ausstrahlung. Auch wenn Reds Gitarrenspiel noch die Höhen von Blocks Picking erreichen muss, gibt es doch hier deutliche Anzeichen für eine Weiterentwicklung in der nächsten Zeit. Mit emotionaler und enthusiastischer Unterstützung eines weiteren Paars von Schwedens bekannteren Spielern, die an ihre Chance in der großen, böden Blueswelt glauben – Brian Kramer und Sofie Reed – sieht es so aus, als würde Shoutin Red bald nur noch wenig Vorstellung in nächster Zeit brauche. Wenn es eine Schwäche bei diesem Album gibt, liegt sie am ehesten bei dem Folk-Material, das hier zum größten Teil unnötig ist. Insgesamt: Eine neue Stimme, die es wert ist, entdeckt zu werden und ein mehr als annehmbares erstes Album. (Rootsy 117) Iain Patience Various - Movements Vol. 7 Tramp Records fordert wieder zum Tanz auf. Teil sieben der Reihe Movements ist wieder randvoll mit jazzigen, souligen und funkigen Grooves aus Vergangenheit und Gegenwart. Wo bekommt Tobias Kirmayer nur immer diese wundervollen Songs her? Bobby Wade etwa macht aus T-Bone-Walkers „Stormy Monday Blues“ eine dahinjahgende Soulnummer. „California Dreamin“ wird mit der Orgel des Nu Art Quartett zu einer eleganten BarJazz-Nummer. Und Al Jarreau dreht völlig frei bei seiner Vokalarkustik zu Dave Brubecks „Take Five“. Das sind einfach so tolle Stücke, die jedes für sich den Kauf wert wären. Und auch die „Neulinge“ der Eminent Stars (eine der tollsten Neuentdeckungen des Labels im letzten Jahr) passen mit ihrem „Hearts Are Jumping“ genau in die Mixtur. Wer auf der Suche nach dem Tanzalbum des Frühlings ist Movements 7 könnte genau der richtige Kauf sein. Jedenfalls dann, wenn man nicht gerade nach Musik für den gepflegten Discofox sucht. Aber die Fans dieser Musik lesen meine Empfehlungen ja eher selten. (Tramp Records) Raimund Nitzsche 58 F E U I L LTO N E S IST 2015 UND W I R S PR ECHE N ÜBER S CHWA R Z E UND WE ISSE HAU T. WA R U M ? VON GARY BURNETT Ich habe mir letztens den Film „Selma“ angeschaut. Er ist einfach gesagt herausragend - absolut fesselnd, aber ebenso auch inspirierend und herausfordernd. Aufstieg der Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten in den 50er und 60er Jahren geführt hat, ist es ein Film, den jeder gesehen haben sollte. Nicht zuletzt auch deshalb, weil der Rassismus eindeutig nicht verschwunden ist in den USA und auch nicht in Europa. Gerade in dieser Woche wurde ein Franzose, Der Film funktioniert auf einer Vielzahl von Ebenen, der von der Arbeit nach Hause kam, von einer Gruppe zu der auch die gehört, uns einen faszinierenden Blick englischer Fußballfans in der Metro misshandelt. Er auf Martin Luther King Jr. zu bieten. Schon allein weil wurde aus dem Zug geworfen und verbal angegriffen er uns an den brutalen Rassismus erinnert, der zum Wasser-Prawda | März 2015 F E U I L LTO N mit rassistischen Gesängen. Der Vorfall wurde mit einem Mobiltelefon aufgenommen und weit verteilt. Das Opfer, Souleymane, der nicht will, dass man seinen Nachnamen kennt, sagte: „Es ist 2015 und wir sprechen über schwarze und weiße Haut. Warum?“ In der Tat: Warum? Immer noch begleitet der Rassismus unsere Gesellschaften. In einem erzählenden Artikel im Guardian berichtet Chris Amade: „Eine Woche nachdem Barack Obama zum Präsidenten gewählt worden war, ging ich in die Bar in meiner alten Heimatstadt in Zentral-Florida und bekam zu hören: Wenn ein Nigger Präsident werden kann, dann kann ich auch noch einen trinken. Reich mir doch gleich noch nen Whiskey! Ich war nur einen Tag in der Stadt und dachte: Verdammter Süden.“ Frau Arnade arbeitet an der Wall Street in New York City, erkennt aber selbst dort, dass „die arme Seite der 59 Stadt in New York noch immer fast komplett dunkelhäutig ist.“ Sie weist darauf hin, dass Amerika die Geschichten von Schwarzen und Hispanics feiert, die es geschaff t haben. Die, die es geschaff t haben machen es den Leuten möglich, die anderen zu vergessen, die nicht in der Lage sind, die schlechten Chancen und all die Dinge zu überwinden, die sich ihnen in Nachbarschaften voller Armut, Arbeitslosigkeit, Verbrechen und Drogen entgegen stellen. „Gegangen ist der offene, gewalttätige und legale Rassismus meiner Kindheit“, sagt sie „Er wurde ersetzt von eine wesentlich subtileren Version.“ Aber vielleicht ist sie gar nicht so subtil: Schwarze Demographen weisen darauf hin, dass über 28 Prozent der schwarzen Familien in Armut leben, verglichen zu den ungefähr 12 Prozent über alle Rassen, dass Schwarze dreimal häufiger von Polizisten angehalten und durchsuchtwerden Wasser-Prawda | März 2015 60 F E U I L LTO N als Weiße. Und sie machen 38 Prozent der Bevölkerung in den Gefängnissen aus, obwohl sie nur 13 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Und wir haben noch gar nicht angefangen, die jüngsten Ereignisse in Ferguson oder New York City zu diskutieren. Der Song, der während des Abspanns von Selma läuft, ist „Glory“, gesungen von Common und John Legend. Es verursacht einem Gänsehaut, wie es nach vorn zu einem Tag ohne Rassismus und Ungerechtigkeit schaut: One day, when the glory comes It will be ours, it will be ours Oh, one day, when the war is one Faszinierend die Worte: „Ein Sohn starb, sein Geist besucht uns.“ Das ist ganz klar ein Hinweis auf Martin Luther King und seine noch immer andauernde Inspiration im fortgesetzten Kampf gegen Rassismus. Man kann es aber in diesem Kontext auf auf Jesus beziehen, der gesagt hat: „Selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit“, und der in seiner Zeit durch die Hände eines Unterdrückerregime gestorben ist, um einen neuen Tag des Friedens und der Gerechtigkeit zu bringen. Sein Geist ist da, um all diese zu inspirieren und zu stärken, die seinen Weg des Friedens und der Suche nach Gerechtigkeit gehen wollen. Ich war sehr ergriffen von den Worten von Martin Luther Kings in einer seiner Reden in Selma: “A man dies when he refuses to stand up for that which is right A man dies when he refuses to stand up for justice A man dies when he refuses to stand up for the truth.” Das sind Worte, die inspiriert sind von Kings Verständnis der Bibel und von Jesus. David Oyelowo, der King in dem Film so überzeugend spielt, sagt über ihn: „Das war ein Man, der von seinen Überzeugungen angetrieben wurde. Jeder, der diese Reden erlebt hat, kann bestätigen, dass da durch diesen Mann mehr geflossen ist als nur Intellekt. Da ist ein tiefer spiritueller Antrieb in ihm, der will, dass alle Menschen Gerechtigkeit erfahren… Ich teile seinen Glauben. Als Christ weiß ich, wie es ist, Wasser-Prawda | März 2015 wenn man durch mehr als seine eigenen intelligenten Gedanken ergriffen wird.“ Kings Worte sind eine Herausforderung an uns alle, ob wir glauben oder nicht: In einer Welt voller Ungerechtigeit, wie werden ihr und ich aufstehen für Gerechtigkeit, für Frieden, für Wahrheit und für das, was richtig ist? F E U I L LTO N 61 L ITER ATUR A BC : C W I E COMIC S & C A RTOONS die Textfragmente den Charakteren zu. Die Frage, ob Comics und Cartoons zur Literatur gehören, steht schon lange im Raum. Die FAZ hatte sich diesem Thema angeund Comics sind für Nerds! Das nommen und eine Rubrik eingeführt mit dem Titel: „Klassiker der Comic-Literatur“. Ziel war es Comics als nimmt man allgemein an. Literatur zu etablieren und sie aus ihrer Nische herausDabei sind Cartoons im ursprünglichen Sinne durch zuholen. Ob das gelungen ist, bleibt zu urteilen, da sich eine komische oder satirische Note geprägt und sollten doch noch viele Klischees um Comics und Cartoons mit einer Pointe enden. Also doch gar nicht nur halten. Sie werden weiterhin als ‚Literatur‘ für kleine Kinderkram… und große Kinder angesehen. Der Definition nach sind Cartoons eine Unterart der Comics. Ihre Gemeinsamkeiten sind offensichtlich: mehr Bild als Text, und Denk- oder Sprechblasen ordnen Cartoons sind etwas für Kinder Wasser-Prawda | März 2015 62 BÜCHER K LEINE FRÜHJAHR S S CHM ÖK E R E I VON RAIMUND NITZSCHE ex Machina der russische Gangster auf? Der Wechsel hin zu einem Gangsterplot bekommt dem Buch überhaupt nicht – diese Wendung ist derartig unglaubwürdig, dass man sich als mitdenkender Leser verarscht vorkommen muss. Schade drum! Martell Beigang: Viel Lärm um mich Europa Verlag Zürich 2015 ISBN: 978-3906272269 € 18,00 Martell Beigang: Viel Lärm um mich Was macht man als Rockgitarrist, wenn das Gehör nicht mitspielen will? Erst hatte Sebastian, Gitarrist bei Voodoo Psycho lediglich ein nervenzerfetzendes Pfeifen im Ohr. Doch nach einer experimentellen Behandlung hört er plötzlich alles überlaut. Schluss mit „Lautstärke ist Sex“, was er im Interview gesagt hat. Schluss mit dem Leben in der Großstadt. Vielleicht bringt ja die Flucht in die Einsamkeit des Gebirge Erholung? Doch noch mehr hoff t er, die Frau zu der Stimme zu finden, in die er sich bei der Telefonauskunft verliebt hat. Martell Beigang, Schlagzeuger bei m. walking on the water und Dick Brave & The Backbeats hat mit „Viel Lärm um mich“ einen flott geschriebenen Unterhaltungsroman veröffentlicht. Gerade die Vergleiche zwischen dem unbewussten Lärmpegel der Stadt und der für Städter unfassbaren Stille weit oben in den Bergen des Nationalparks Bayrischer Wald ist faszinierend zu lesen. Auch die Bemerkungen über das Rockerleben zwischen Bühnenextase, Groupies, Tourbuslangeweile und Kreativgezänk sind amüsant zu lesen. Doch leider vertraute der Autor seinem Plot nicht wirklich. Denn warum sonst taucht plötzlich wie der Deus Wasser-Prawda | März 2015 Inger-Maria Mahlke: Wie Ihr wollt Verbittert lebt sie im Hausarrest. Und nichts kann sie dagegen tun. Denn Elisabeth I. hat Mary Gray die unerlaubte Eheschließung nicht verziehen. Zu groß wäre die Gefahr, dass plötzlich doch noch Erben auftauchten, die die Thronfolge durcheinander bringen. Es ist kein historischer Roman, den Inger-Maria Mahlke hier zu Papier gebracht hat. Die historische Konstellation ist für sie lediglich die Folie, auf der sie den unerbittlichen Machtkampf zweier Frauen schildert. In bitterbösen Formulierungen lässt sie die kleinwüchsige Mary Grey Bilanz ziehen über ein völlig verpfuschtes Leben. In einer höchst modernen Sprache schreibt sie über die Ränkespiele damals, über Intrigen, den Kampf BÜCHER um Macht und Einfluss und über eine völlig verloren gegangene Moral. Bei Mahlke gibt es keine positiven Heldenfiguren, weder Glanz noch Gloria, nur Gier, Verfall und Verbitterung. Und diese Schilderungen passen nicht nur auf das elisabethanische Zeitalter in England sondern letztlich auch auf das 21. Jahrhundert. Denn auch wenn heute andere Ziele für Machtgierige vorhanden sind als die Nähe zum Königshof und dessen Familienclan: Wo der eigene Anspruch aufs private Glück verwechselt wird mit dem Streben nach persönlicher Macht, wo Liebe keine Rolle zu spielen scheint und Sex nur dem Ausbau der persönlichen Netzwerke, da sind wir nahe dran an dieser von Mahlke treffend düster gezeichneten Welt. Inger-Maria Mahlke: Wie Ihr wollt Berlin Verlag 2015 ISBN: 978-3827012135 € 19,99 John Grisham: Anklage Nachdem John Grisham zuletzt mit „Die Erbin“ an sein Frühwerk und die Auseinandersetzung um den Rassismus angeknüpft hatte, ist er bei seimem 27. Buch wieder in der Gegenwart der Vereinigten Staaten angekommen. „Anklage“ (im englischen Original: Gray Mountain) setzt sich mit den verheerenden ökologischen und sozialen Folgen des Kohletagebaus in den Appalachen auseinander. Aus den Romanen von John Grisham hab ich in den letzten Jahren mehr über die Mentalität und letztlich 63 auch die Realität der Vereinigten Staaten gelernt als in ach so gut recherchierten Reportagen europäischer Journalisten. Vor allem in den letzten Jahren hat sich der Bestseller-Autor immer mehr zu einem scharfen Kritiker des Rechtssystems der USA entwickelt. Und das hat er in spannende und unterhaltsame Romane verpackt, die zum Besten gehören, was es an Justizthrillern derzeit zu kaufen gibt. Samantha, von ihrer großen New Yorker Anwaltskanzlei nach der Pleite der Lehman-Brothers für ein Jahr freigestellt, landet bei den Hinterwäldlern, um kostenlos in einer „Law Clinic“ auszuhelfen. So richtig kann sie sich nicht mit ihrer neuen Situatin anfreunden - auch wenn sie voller Erstaunen feststellt, dass sie, die sonst lediglich Schriftsätze in ihrer Firma gegenlesen und prüfen musste, plötzlich ganz reale Fälle auch vor Gericht vertreten kann. Das Leben fern der Großstadt allerdings entwickelt für sie überhaupt keinen Reiz. Und auch als sie sich für Opfer des Kohletagebaus einsetzt und damit plötzlich unter Beobachtung mysteriöser Firmen steht, ist sie kaum wirklich aus der Reserve zu locken. „Anklage“ ist als Roman eine herbe Enttäuschung. Das Thema des Kohletagebaus und seine Auswirkungen auf die Natur in den Appalachen wird in aller technischen Ausführlichkeit geschildert. Und auch die Folgen für die von Umweltvergiftung oder Staublungen geschädigten Bewohner des Gebirges werden dargestellt. Doch eine wirklich überzeugende Geschichte wird daraus nicht. Nein: in dem Moment, wo die eigentliche Entwicklung der Heldin und der Geschichte sich andeutet, bricht der Roman unvermittelt ab. So was hab ich bei Grisham noch nie erleben müssen: Ein wirklich absolut missratenes Buch! John Grisham: Anklage Originaltitel: Gray Mountain Aus dem Amerikanischen übersetzt von Kristiana DornRuhl, Bea Reiter und Imke Walsh-Araya Heyne Verlag 2015 ISBN: 978-3453269095 € 22,99 Wasser-Prawda | März 2015 64 SPRACHRAUM In der Gedenkstätte Ravensbrück trifft die Enkelin von Danuta Sombrowicz auf einen Fürstenberger Historiker. Dani, deren Baba im Konzentrationslager die eigene Identität aufgeben musste, und Simon, dessen Großvater einst den Lagerkommandanten die Haare schnitt, kommen sich auf ihrem Weg durch die Geschichte näher. Zwei Generationen später findet etwas zusammen, was lange nicht zusammen gedacht werden konnte. Wasser-Prawda | März 2015 Uwe Saeger: Gott in Ketten. Ein Film Erscheinungstermin: 17. April 2015 freiraum-verlag Greifswald 114 Seiten; Softcover ISBN: 978-3-943672-59-6 13,95 EUR (D) SPRACHRAUM 65 GO T T I N KE T TE N . E I N F ILM (A U S Z Ü GE ) VON UWE SAEGER 12 Danuta Sombrowicz auf der Terrasse ihre Wohnung. Sie blickt auf den Stettiner Hafen – ein Panorama der Weltläufigkeit. Sie legt das schnurlose Telefon griff bereit auf dem Tisch vor sich ab. Sie hält ihr Gesicht in die Sonne, schließt die Augen, wischt über die Lider, als würde ein feines Gespinst ihr dort lästig sein. Rückblende Ein ähnlicher schöner Sommertag. Der Transportzug, mit dem die achtzehnjährige Danuta Sombrowicz nach Ravensbrück verbracht wird, fährt in den Bahnhof ein, ist im Abbremsen begriffen. Danuta blickt aus dem Fenster, sieht das aufgestellte Wachpersonal und die SS-Leute, die kläffenden Schäferhunde und im Hintergrund einige Gaffer aus Fürstenberg. Der Zug hält. Die Türen werden von außen aufgerissen und das Gebrüll beginnt. Danuta wird mit den anderen Häftlingsfrauen aus dem Waggon getrieben. Es wird geschlagen und getreten. Die wütend gemachten Hunde sind mit ihren Mäulern immer nah dran am Fleisch der Frauen. Über sechshundert Frauen werden so auf dem Bahnsteig zu einer Kolonne in Fünferreihen formiert. Panik wird mit Terror erledigt, genauso Schwäche, Weigerungen, Unkonzentriertheiten. Danuta erhält von einer Aufseherin einen Schlag auf den Rücken und wird beinahe zu Boden getreten, weil die Szene, die sie mit ansehen muss, sie lähmt in ihrer widerlich brutalen Art. Sie hat in der Hektik nicht mitbekommen, in welche Richtung sie selektiert wurde, nun aber blickt sie zurück und sieht: Vor den SS-Leuten, die die Häftlinge selektieren, stehen eine Mutter und ihre Tochter eng umschlungen, sie wollen sich nicht trennen, was ihnen aber die Aufseherin Binz befiehlt – sie befiehlt es und schlägt zu, aber Mutter und Tochter lassen nicht von einander, die Tochter schreit „Mama! Mama!“, die Mutter weint, bleibt aber stumm, streicht ihrer Tochter das Haar. Da kommt der zweite Befehl der Aufseherin: „Auseinander!“ Und ein Schlag zwischen die beiden und ein Zerren, das sie auseinanderbringt. Die Mutter stolpert zur Seite. Die Tochter schreit wieder „Mama! Nein!“, will der Mutter nach, will mit ihr zusammenbleiben. Doch da stößt die Aufseherin die Tochter zu Boden, tritt sie nieder, trampelt auf ihr rum, bringt das Kind vor den Augen der Mutter mit ihren Tritten um. Das wird von den Aufseherinnen und den SS-Leuten ohne Regung geduldet, ihr Geschäft ist die Selektion und der Marsch ins Lager Ravensbrück. Und den Häftlingsfrauen bleiben nur das Entsetzen und das Sich-Fügen, es geht für sie ums eigene Überleben. Der Marsch vom Bahnhof Fürstenberg ins Lager Ravensbrück. Durch Fürstenberg. Es stehen einige Fürstenberger Spalier. „Was sind das für Menschen?“, fragt ein vielleicht fünfjähriges Mädchen einen alten Mann, der es bei der Hand hält, es mag ihr Großvater sein. Der winkt ab. Aber eine Frau, die neben ihm steht, antwortet dem Mädchen: „Das sind Verräter, Verbrecher und Huren, das sind unsere Feinde.“ Danuta marschiert in der äußeren Reihe der Fünferformation an dem Mädchen vorbei. Und das Mädchen weist auf sie und fragt: „Ist das eine Hure?“ Der alte Mann zieht das Mädchen zurück, womöglich schämt er sich? Danuta, die das Mädchen gehört hat, stolpert. Sofort wird sie von einem Hund angebellt und angesprungen, dem die Aufseherin dafür mehr Leine gibt. Und die Frau sagt: „Das sind alles Huren. Das sind alles Verbrecher.“ Danuta passt sich verängstigt in den Gleichschritt der Kolonne. Die Kolonne marschiert durch das Tor ins Lager Ravensbrück. Aus dem Schlot des Krematoriums quillt Rauch, der vom Wind auf die Lagerstraße gedrückt wird. Und so, wie die ersten Füße auf den staubigen Schlackebelag der Lagerstraße gesetzt werden, wirbelt der trockene schwarze Staub auf und hüllt die Kolonne bis über die Köpfe ein. Die Häftlingskolonne im Stillgestanden. Der Staub wird durch den Wind verweht und in Wirbeln über den Boden getrieben. Danuta wird von einer Aufseherin mit einem Stoß in Wasser-Prawda | März 2015 66 SPRACHRAUM die Seite zu aufrechter Haltung gezwungen. Gespräche mit anderen Häftlingen werden sofort unterbunden – das einzige, was sie verbindet, ist das Entsetzen. Der Lagerkommandant Fritz Suhren, flankiert von seinen Chargen, tritt vor die angetretenen Häftlinge. Seine Aussage ist zynisch und er will das Ganze schnell hinter sich bringen. KOMMANDANT SUHREN: Es gefällt euch hier. Das ist verständlich. Die Unruhe unter den Häftlingsfrauen wird von den Aufseherinnen niedergebrüllt, niedergeschlagen, niedergehetzt. Suhren beobachtet mit beifälliger Miene. KOMMANDANT SUHREN: Aber ich habe für einige von euch noch Besseres. Saubere Luft. Schönere Unterkünfte. Und eine Arbeit, die eurer Natur entspricht. Und diejenige von euch, die ein halbes Jahr lang ohne Beanstandung erfüllt, kriegt ihre Papiere und ist frei. – Also! Freiwillige vortreten! Danuta blickt scheu um sich – sie reflektiert, dass sie nichts zu verlieren hat, stellt vorsichtig einen Fuß vor. Da wird ihr zugeflüstert: Tu’s nicht. Das ist eine Finte. Besser ist’s nirgendwo. Danuta will darauf reagieren. Aber schon ist eine Aufseherin bei ihr und drückt Danuta einen Schlagstock an den Hals. rempelt die Aufseherin dabei an. DANUTA: Ich! Ich melde mich freiwillig. Und da steht Danuta einsam vor den anderen im Kreuzfeuer der Blicke und im Staub, der um ihre Füße gewirbelt wird. Für den Moment Stille. Noch eine weitere junge Frau tritt vor. Der Kommandant Suhren winkt, dass die drei Frauen zur Seite abgehen sollen, wo sich zwei SS-Leute postieren, um die „Freiwilligen“ zu empfangen. Es folgt den dreien noch eine Frau nach. Als sie an den SS-Leuten vorbeigehen, stoppt einer Danuta. SS-MANN: DANUTA: SS-MANN: DANUTA: Wie alt? Neunzehn. Hast du Erfahrung? gespielt selbstbewusst Ich bin neunzehn. Der SS-Mann zuckt mit den Schultern, winkt sie weiter. Danuta geht weiter, die anderen „Freiwilligen“ sind nun vor ihr. Sie blickt auf die Lagerstrasse zurück. Eine Böe wirbelt den Staub über die Angetretenen, verhüllt sie. 13 Danuta sitzt noch immer auf der Terrasse. Und noch immer hält sie die Augen geschlossen. Mit einer Hand tastet sie über ihr Gesicht. Das schnurlose Telefon klingelt. Danuta öffnet wie in einem heftigen Erwachen die Augen, greift nach dem Telefon, stößt es vom Tisch auf den Boden. Das Telefon klingelt. Danuta hat Mühe, es aufzuheben. Ihre Stimme klingt angestrengt. DANUTA: Hallo! Dani in der Bibliothek der Gedenkstätte. Auf dem Tisch vor ihr liegen Bücher, Fotos, Aktenauszüge. Sie hat das Handy am Ohr, durch das Fenster hat sie den Blick auf juckt’s? Welche will was zwischen die Zähne? noch erhaltene Gebäude aus der Lagerzeit. Sie schlägt unbedacht und nicht sonderlich kräftig nach den Seiten. Inzwischen ist eine einzelne DANI: Baba? – Endlich. Das dauerte ja ewig, bis du am Frau vorgetreten, die vom Aussehen und Alter Telefon warst. – Was heißt das konkret, es geht dir das Gegenteil von Danuta ist, die trotz der phynicht gut? – Soll ich zu dir kommen? sischen Strapazen und seelischen Peinigungen noch immer ihre jungmädchenhafte Ausstrahlung Danuta ist aufgestanden, geht mit ihrer Gehhilfe in die Wohnung zurück. besitzt. Zu Danuta: Dich merke ich mir vor. Sie schlägt DANUTA: Nein. So schlimm ist es nicht. Ich bin eben eine den Stock pfeifend vor Danuta durch die Luft. sehr alte Frau. – Was gibt es? Und ich habe noch nie ein Gesicht vergessen. DANI: Sag mal, Baba! Und also vergesse ich auch deins nicht. Auch Sie schiebt die Papiere auf dem Tisch durcheinanwenn du hier in einer Stunde nur noch eine der. Kann es sein, dass es damals hier im Lager Nummer sein wirst. noch eine Danuta Sombrowicz gab? Da tritt Danuta schnell vor, reißt einen Arm hoch, Sie horcht, es kommt keine Antwort. AUFSEHERIN: Was gibt’s? Zu den anderen Frauen ringsum: Wen Wasser-Prawda | März 2015 SPRACHRAUM Baba! Hast du gehört, was ich gefragt habe? DANUTA: Was hast du gesagt? Sie setzt sich, hört auf das, was Dani sagt, und streicht mit der freien Hand 67 Nacht. FRAU: wie erschrocken Was? ihre Beine dort, wo die Narben sind unter dem Stoff. Resolut: Nein. Nein. Das ist ausgeschlossen. Nein. DANI: nicht so entschieden wie Danuta Woher willst du das so genau wissen? Warum sollte das nicht möglich gewesen sein? Es waren zigtausende Frauen hier. Und es gibt Unterlagen … DANUTA: Nein. Sie legt das Telefon zur Seite, greift mit beiden Händen in das Fleisch an ihren Beinen, als wolle, als müsse sie es sich von den Knochen reißen. Sie hört Danis Stimme aus dem Telefon, aber darauf reagiert sie nicht mehr. Dani legt das Handy irritiert ab. Was sie vor dem Fenster sieht, das Gedenkstättenambiente, verärgert sie. Sie schiebt, was vor ihr auf dem Tisch liegt zusammen, schlägt die Hände darauf. Die Frau, die Aufsicht hat, blickt zu ihr, sagt: FRAU: Vorsicht, bitte! Das sind Dokumente von historischem Wert. Dani blickt die Frau an, fragt provokant: DANI: Was ist ein historischer Wert? Die Frau ist überrumpelt, weiß nichts zu antworten. Dani bleibt in ihrer gespielt naiven Haltung. DANI: Was ist an einem Eintrag in einer Sterbeliste des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück vom 31. März 1945, der vermerkt, dass Danuta Sombrowicz an einer Lungenentzündung verstorben sei, ein historischer Wert? FRAU: nun sofort Sie sollten nicht scherzen mit den tragischen Schicksalen und den Namen dieser bedauernswerten Frauen. Dani geht auf die Frau zu, steckt dabei ihr Handy ein. Dani bricht die Situation mit einem Celan-Zitat, das wie ein Axthieb wirken mag: Lesetermine Uwe Saeger 17.04. Kulturspeicher Ueckermünde 8 € 25.04. Literaturzentrum Vorpommern 5/3 € 28.04. Literaturhaus Rostock 7/5 € DANI: Im Spätrot schlafen die Namen: Einen weckt deine Wasser-Prawda | März 2015 68 SPRACHRAUM DIE VOGELFREIEN VON SELMA LAGERLÖF Ein Bauer, der einen Mönch ermordet hatte, floh in die Wälder und wurde geächtet. Er traf dort einen anderen Vogelfreien an, einen Fischer von den äußersten Inseln in den Schären, der wegen Diebstahls eines Heringsnetzes angeklagt war. Die beiden taten sich zusammen, wohnten in einer Höhle, legten Schlingen, schnitzten sich Pfeile, backten Brot auf einem flachen Granitblocke und wachten für einander. Der Bauer verließ den Wald nie, doch der Fischer, der kein so schweres Verbrechen begangen hatte, nahm bisweilen das erlegte Wildbret auf die Schulter und schlich sich in die Wohnungen der Menschen. Dort vertauschte er den schwarzen Auerhahn und das blauglänzende Birkhuhn, den langohrigen Hasen und das zarte Reh gegen Milch und Butter, Pfeilspitzen und Kleider. Hierdurch waren die Vogelfreien imstande, ihr Leben zu fristen. Die Höhle, in der sie wohnten, war in einen Hügel gegraben. Breite Steinplatten und struppige Schlehdornsträucher schützten den Eingang. Auf dem Hügel stand eine riesengroße Fichte. An ihrer Wurzel war der Rauchfang der Höhle. Der emporsteigende Rauch zog durch die dichten, mit Nadeln besetzten Zweige und verschwand unbemerkt in der Luft. Um ihre Wohnung zu erreichen, wateten die Männer in dem Waldbache, der am Abhange des Hügels entsprang. Keiner suchte in dem munter rieselnden Bache die Spur der Friedlosen. – Anfangs wurden sie wie wilde Tiere gehetzt. Die Bauern versammelten sich wie zu einer Treibjagd auf Bären oder Wölfe. Bogenschützen umringten den Wald. Speerträger betraten ihn und ließen keine dunkle Kluft, kein dichtes Gebüsch undurchsucht. Während die Treibjagd lärmend über die Waldberge dahinzog, lagen die beiden Friedlosen in ihrer dunklen Höhle und lauschten atemlos und vor Entsetzen keuchend. Der Fischer hielt es einen ganzen Tag aus, den Mörder aber trieb die unerträgliche Angst in das Freie, wo er seinen Feind sehen konnte. Da wurde er entdeckt und gehetzt, doch dies war ihm siebenmal lieber als das Stilliegen in ohnmächtiger Untätigkeit. Er Wasser-Prawda | März 2015 floh vor seinen Jägern, er glitt Abhänge hinunter, sprang über Ströme, kletterte lotrechte Bergwände hinauf. Alle in ihm liegende Kraft und seine ganze Geschicklichkeit machte sich unter dem Sporne der Gefahr geltend. Sein Körper wurde so elastisch wie eine Stahlfeder, der Fuß glitt nicht ab, die Hand ließ nicht los, Auge und Ohr waren doppelt so scharf wie gewöhnlich. Er verstand das Flüstern des Laubes und die warnenden Rufe der Steine. Wenn er einen Abhang erklommen, wandte er sich nach seinen Verfolgern um, sie mit Spottliedern in beißenden Reimen begrüßend. Wenn die sausenden Speere in der Luft pfiffen, griff er sie blitzschnell und schickte sie seinen Feinden wieder. Wenn er sich durch die ihn ins Gesicht schlagenden Zweige drängte, sang etwas in seinem Innern ein Loblied auf sein Tun. Da lief der kahle Bergrücken durch den Wald, und einsam auf seinem Kamme stand die himmelhohe Föhre. Der rötlich braune Stamm war kahl, doch in dem astreichen Gipfel schaukelte das Raubvogelnest. So überaus mutig war nun der Flüchtling, daß er dort hinauf kletterte, während seine Verfolger ihn auf den bewaldeten Abhängen suchten. Dort sah er, den jungen Habichten den Hals umdrehend, indes die Hetzjagd tief unter ihm dahinzog. Der Habicht und die Habichtin stießen rachgierig auf ihn hinab. Sie flatterten ihm vor dem Gesichte, sie zielten mit dem Schnabel nach seinen Augen, schlugen ihn mit den Flügeln und kratzten ihm die wettergebräunte Haut blutig. Er kämpfte lachend mit ihnen. Aufrecht in dem schwankenden Neste stehend, hieb er mit seinem scharfen Messer nach ihnen und vergaß über der Lust des Spieles die Lebensgefahr und die Verfolger. Als er Zeit fand, sich nach diesen umzusehen, waren sie in einer andern Richtung fortgezogen. Keiner hatte daran gedacht, die Jagdbeute auf dem kahlen Bergrücken zu suchen. Keiner hatte die Augen zu den Wolken erhoben, um ihn Knabenstreiche und Nachtwandlertaten verüben zu sehen, während sein Leben in größter Gefahr schwebte. Der Mann zitterte, SPRACHRAUM 69 Prinz Eugen, Ansicht von Vadstena (1920) als er sich gerettet sah. Mit bebenden Händen griff er nach einer Stütze, schwindelnd maß er die Höhe, die er erklettert. Und aus Angst vor dem Fallen stöhnend, bange vor den Vögeln, bange vor der Möglichkeit, gesehen zu werden, bange vor allem, glitt er am Stamm hinunter. Er legte sich auf die Erde, um ungesehen zu bleiben, und kroch über das Berggeröll dahin, bis ihm das Unterholz Schutz gewährte. Dort verbarg er sich unter den verworrenen Zweigen der jungen Fichten. Schwach und kraftlos sank er auf das Moos nieder. Ein einzelner Mann hätte ihn fangen können. Tord war der Name des Fischers. Er war erst sechzehn Jahre alt, aber stark und kühn. Er hatte schon ein Jahr im Walde gelebt. Der Bauer hieß Berg, mit dem Beinamen »der Riese«. Er war der größte und stärkste Mann im ganzen Gaue, dazu schön und gut gewachsen. Er war breitschultrig und doch schlank. Seine Hände waren so fein gebildet, als hätten sie sich nie an harter Arbeit versucht. Das Haar war braun, das Gesicht aber zart gefärbt. Nachdem er einige Zeit im Walde gelebt hatte, erhielt er in jeder Hinsicht ein furchteinflößenderes Aussehen, als er sonst gehabt. Sein Blick wurde stechend, die Augenbrauen buschig, und die Muskeln, die sie zum Runzeln brachten, lagen fingerdick über der Nasenwurzel. Es trat auch deutlicher als früher hervor, daß der obere Teil seiner Athletenstirn über den untern vorgeschoben war. Die Lippen schlossen sich jetzt fester als früher, das ganze Gesicht wurde magerer, die Grübchen an den Schläfen vertieften sich und die kräftig entwickelten Kinnbacken traten deutlicher hervor. Sein Körper verlor an Fülle, die Muskeln aber wurden stahlhart. Das Haar ergraute schnell. An diesem Manne konnte der junge Tord sich nicht satt sehen. Etwas so Schönes und so Gewaltiges hatte er Wasser-Prawda | März 2015 70 SPRACHRAUM noch nie erblickt. In seiner Phantasie stand er hoch wie der Wald, stark wie die Brandung da. Er diente ihm wie einem Herrn und verehrte ihn wie einen Gott. Es war so natürlich, daß Tord den Jagdspeer trug, das Wildbret heimschleppte, Wasser holte und Feuer anfachte. Berg der Riese ließ sich alle seine Dienste gefallen, gönnte ihm aber beinahe nie ein freundliches Wort. Er verachtete ihn, weil er ein Dieb war. Die Friedlosen führten kein Räuber- oder Weglagererleben, sondern ernährten sich durch Fischfang und Jagd. Hätte Berg der Riese nicht einen heiligen Mann erschlagen gehabt, würden die Bauern bald mit der Verfolgung aufgehört und ihn oben in den Bergen in Frieden gelassen haben. Doch nun fürchteten sie großes Unheil für die Gegend, weil derjenige, welcher Hand an einen Diener Gottes gelegt, noch ungestraft umherging. Wenn Tord mit Wildbret ins Tal kam, boten sie ihm Geld und Gut und Vergebung für sein eigenes Verbrechen, falls er ihnen den Weg nach der Höhle des Riesen zeige, damit sie diesen, während er schlief, greifen könnten. Der Knabe sagte jedoch stets nein, und wenn sich ihm jemand nach dem Walde hinauf nachschlich, so führte er ihn so schlau in der Irre herum, daß er die Verfolgung aufgab. Einmal fragte ihn Berg, ob die Bauern ihn nicht zum Verrate überreden wollten, und als er erfuhr, welche Belohnung sie ihm versprochen hatten, sagte er höhnisch, daß Tord dumm sei, wenn er ein solches Anerbieten nicht annehme. Tord sah ihn da mit einem Blicke an, wie ihn Berg der Riese noch nie gesehen hatte. So hatte ihn kein schönes Weib in seiner Jugend, so hatten seine Kinder, seine Gattin ihn nicht angeblickt. »Du bist mein Herr, der von mir selbst erwählte Herrscher,« sagte der Blick. »Wisse, daß du mich schlagen und schimpfen darfst, soviel du willst. Ich bleibe dir doch treu!« Von nun an gab Berg mehr acht auf den Knaben und merkte, daß er Mut zum Handeln hatte, zum Reden aber zu schüchtern war. Der Tod flößte ihm kein Entsetzen ein. Wenn die Seen eben übergefroren oder das Sumpfland im Frühlinge am gefährlichsten waren, wenn sich die Schwankmoore unter reich blühenden Moltebeeren und üppigem Wollgrase verbargen, schlug er am liebsten den Weg über diese ein. Es schien ihm Wasser-Prawda | März 2015 ein Bedürfnis zu sein, sich der Gefahr auszusetzen; er fand darin gleichsam einen Ersatz für die Stürme und das Grausen auf dem Meere, denen er jetzt nicht mehr entgegenging. Nachts war er bange im Walde, und selbst am hellen Tage konnte das dunkle Dickicht oder die weitgreifenden Wurzeln einer umgestürzten Föhre ihn erschrecken. Doch wenn Berg ihn darüber ausfragen wollte, schwieg er verlegen. Tord pflegte nicht auf dem hinten in der Höhle dicht beim Herde aus weichem Moose und warmen Fellen gebetteten Lager zu schlafen, sondern kroch allnächtlich, sobald Berg eingeschlafen war, nach dem Eingange und legte sich dort auf eine Steinplatte. Berg merkte dies und fragte ihn, obwohl er den Grund erriet, was dies heißen solle. Tord gab ihm hierüber keine Auskunft. Um dem Fragen ein Ende zu machen, lag er zwei Nächte nicht an der Tür, dann nahm er seinen Wachtposten wieder ein. Eine Nacht, als der Schneesturm in den Wipfeln des Waldes wirbelte und selbst durch das am besten vor dem Winde geschützte Dickicht brauste, drangen die tanzenden Schneeflocken in die Höhle der Friedlosen. Tord, der vor dem von Steinen verdeckten Eingänge lag, befand sich, als er am Morgen erwachte, mitten in einer schmelzenden Schneewehe. Einige Tage darauf erkrankte er. Die Lungen pfiffen, und wenn sie sich beim Atmen erweiterten, empfand er stechende Schmerzen. Er hielt sich aufrecht, solange es seine Kräfte erlaubten, doch eines Abends, als er sich niederbeugte, um das Feuer anzublasen, fiel er um und blieb liegen. Berg trat zu ihm und bat ihn, sich auf sein Bett zu legen. Tord stöhnte vor Schmerzen und war außerstande. sich zu erheben. Berg schob da den Arm unter seinen Rücken und trug ihn dahin. Er hatte dabei das Gefühl, als fasse er eine feuchtkalte Schlange an, und einen Geschmack im Munde, als hätte er von dem unheiligen Pferdefleische gegessen, so zuwider war es ihm, diesen gemeinen Dieb anzurühren. Er deckte ihn mit seinem eigenen, großen Bärenfelle zu und gab ihm Wasser, mehr konnte er nicht tun. Es wurde auch nicht schlimm. Tord war bald wieder hergestellt. Doch dadurch, daß Berg seine Arbeit verrichten und ihn bedienen mußte, waren sie einander nähergetreten. Tord wagte nun, ihn anzureden, wenn er des Abends in der Höhle Pfeile schnitzte. SPRACHRAUM »Du bist von guter Herkunft, Berg,« sagte Tord. »Die Reichsten im Tale sind deine Verwandten. Die Männer deines Stammes haben Königen gedient und in ihrer Schildburg gestritten.« »Meistens haben sie unter den Aufrührern gekämpft und den Königen viel Schaden zugefügt,« erwiderte Berg. »Deine Vorfahren hielten in der Weihnachtszeit große Gelage, und das tatest auch du, als du auf deinem Hofe saßest. Hunderte von Männern und Weibern konnten auf den Bänken in deiner großen Halle, die schon erbaut war, ehe Sankt Olaf hier in Viken [Fußnote] taufte, Platz finden. Du besaßest uralte Silberschalen und große Trinkhörner, die, mit Met gefüllt, im Kreise herumgingen.« Wieder mußte Berg den Knaben ansehen. Er saß mit über den Rand herabhängenden Beinen aufrecht im Bette und stützte den Kopf in die Hände, mit denen er zugleich das wirre Haar, das ihm über die Augen fallen wollte, zurückhielt. Das Gesicht war unter der Verheerung der Krankheit fein und bleich geworden. Die Augen glänzten noch fieberisch. Er lächelte über die Bilder, die er heraufbeschworen: die geschmückte Halle, die Silberschalen, die festlich gekleideten Gäste und Berg den Riesen, in der Halle seiner Väter auf dem Ehrenplatze sitzend. Der Bauer dachte, daß ihn noch nie jemand mit solchen vor Bewunderung leuchtenden Augen angesehen oder ihn in seinen Feierkleidern so herrlich gefunden habe, wie ihn dieser Knabe in seinem abgetragenen Lederwamse fand. Er war gerührt und zugleich gereizt. Der gemeine Dieb hatte kein Recht, ihn zu bewundern. »Gab es in deinem Hause denn kein Gelage?« fragte er. Tord lachte. »Draußen auf der Klippe bei Vater und Mutter! Vater ist ja Wrackplünderer und Mutter eine Hexe. Zu uns will niemand kommen.« »Ist deine Mutter eine Hexe?« »Das ist sie,« antwortete Tord ohne jegliche Verlegenheit. »Bei stürmischem Wetter reitet sie auf einem Seehunde den Schiffen entgegen, über welche die Sturzwellen hinspülen, und diejenigen, welche da über Bord gerissen werden, gehören ihr.« »Was macht sie damit?« fragte Berg. »Oh, eine Hexe braucht stets Leichen. Sie kocht wohl Salben davon oder ißt sie vielleicht auf. Während der 71 Mondscheinnächte sitzt sie draußen in der Brandung, wo die Wellen am weißesten stürmen und der Schaum über sie hinspritzt. Sie soll dort nach den Fingern und Augen ertrunkener Kinder suchen.« »Das ist scheußlich!« sagte Berg. Der Knabe antwortete mit unbeschreiblicher Zuversicht: »Bei andern wäre es das, aber nicht bei Hexen. Sie müssen so handeln.« Berg fand, daß er hier auf eine neue Art, die Welt und die Dinge anzuschauen, stoße. »Müssen auch Diebe stehlen, so wie Hexen zaubern müssen?« fragte er scharf. »Ja freilich,« antwortete der Knabe, »ein jeder muß das tun, wozu er bestimmt ist.« Doch mit verstohlenem Lächeln fügte er hinzu: »Es gibt auch Diebe, die nie gestohlen haben.« »Was meinst du damit, sprich!« sagte Berg. Der Knabe behielt sein geheimnisvolles Lächeln und war stolz, dem andern ein unlösbares Rätsel zu sein. »Wie man von Vögeln spricht, die nicht fliegen, kann man auch von Dieben reden, die nicht stehlen.« Berg der Riese stellte sich dumm, um etwas zu erfahren. »Niemand kann wohl Dieb heißen, ohne gestohlen zu haben,« sagte er. »Nein, nein!« erwiderte der Knabe und kniff die Lippen zusammen, wie um die Worte zurückzudrängen. »Wenn nun jemand einen Vater hätte, der stiehlt,« warf er nach einer Weile hin. »Gut und Hof erbt man,« erwiderte Berg, »aber den Namen »Dieb« trägt nur der, welcher ihn selbst verdient hat.« Tord lachte leise. »Wenn nun jemand eine Mutter hat, die einen bittet und anfleht, das Verbrechen des Vaters auf sich zu nehmen. Und wenn einer dann dem Henker eine Nase dreht und in die Wälder flieht. Wenn einer um eines Fischnetzes willen, das er nie gesehen hat, für vogelfrei erklärt wird?« Berg schlug mit der Faust auf den Steintisch. Er war wütend. Da hatte dieser schöne Jüngling sein ganzes Leben fortgeworfen. Weder Liebe noch Reichtum, noch Ansehen unter den Männern konnte er hinfür gewinnen. Die elende Fürsorge für Speise und Kleider war alles, was ihm blieb. Und der Tor hatte ihn, Berg den Riesen, einen Unschuldigen verachten lassen. Er fuhr Wasser-Prawda | März 2015 72 SPRACHRAUM ihn mit strengen Worten an, aber Tord wurde nicht einmal so bange, wie das kranke Kind vor der Mutter, wenn sie es schilt, weil es sich im Frühlinge beim Waten im Bache erkältet hat. Auf einem der breiten, bewaldeten Berge lag ein dunkler Sumpfsee. Er war viereckig und hatte so gerade Ufer und so scharfe Winkel, als sei er von Menschen gegraben. Auf drei Seiten umschlossen ihn steile Felswände, an denen sich die Fichten mit armdicken Wurzeln anklammerten. Unten am Sumpfsee, wo die Rasenplagge nach und nach fortgespült worden war, guckten diese nackten und eigentümlich ineinander verschlungenen Wurzeln aus dem Wasser empor, einer unendlichen Menge Schlangen gleich, die auf einmal hatten aus dem See kriechen wollen, sich aber ineinander verwickelt hatten und so erstarrt waren. Oder war es eine Masse dunkelgewordener Skelette ertrunkener Riesen, die der Sumpfsee hatte auswerfen wollen? Arme und Beine krümmten sich umeinander, die langen Finger gruben sich sogar in den Felsen ein, um dort Halt zu finden, die ungeheuren Rippen bildeten Rundbogen, die uralte Bäume trugen. Es war jedoch vorgekommen, daß die eisenharten Arme, die stählernen Riesenfinger, mit denen die Fichten sich festhielten, nachgegeben hatten, und der gewaltige Nordwind einen Baum vom Bergkamme in weitem Bogen in den Sumpf geschleudert hatte. Mit der Spitze voran war er tief in den schlammigen Boden eingedrungen und dort stecken geblieben. Nun fand die Fischbrut einen guten Zufluchtsort zwischen seinen Zweigen, während die Wurzel, einem vielarmigen Ungeheuer gleich, über das Wasser emporragte und mit ihren schwarzen Wurzelzweigen dazu beitrug, den Sumpfsee häßlich und furchteinflößend zu machen. Auf der vierten Seite des Sumpfsees senkte sich das Gebirge. Dort trug ein kleiner schäumender Fluß sein Wasser fort. Ehe dieser Strom den einzig möglichen Weg finden konnte, mußte er zwischen Steinen und Erdschollen umhersuchen und bildete so eine kleine Welt von Inseln, von denen einige nur die Größe eines Erdhaufens hatten, andere hingegen wohl zwanzig Bäume trugen. Hier, wo die umgebenden Felsen die Sonne nicht verdeckten, gedieh auch Laubholz. Hier standen durstige, graugrüne Erlen und Weiden mit glatten Blättern. Die Birke war da, wie sie überall zur Stelle ist, wo es gilt, das Nadelholz zu verdrängen, sowie der Faulbaum und die Eberesche, die die Waldwiesen einzufassen pflegen, sie mit Duft erfüllen und ihnen Anmut verleihen. Hier beim Ausflusse gab es auch einen manneshohen Binsenwald, durch den das Sonnenlicht grün auf Wasser-Prawda | März 2015 das Wasser fiel, wie es im eigentlichen Walde über das Moos fällt. Im Schilfe gab es freie Stellen, kleine, runde Teiche, und dort schwammen Wasserrosen. Die hohen Binsen sahen mit mildem Ernst auf diese empfindlichen Schönheiten nieder, die übellaunig ihre weißen Blätter und gelben Staubfäden in der lederharten Hülle verwahrten, sowie die Sonne sich nicht zeigen wollte. An einem sonnigen Tage kamen die Vogelfreien an diesen Teich, um zu angeln. Sie wateten nach zwei hohen Steinen im Binsenwalde hin und saßen dort, den großen, grüngestreiften Hechten, die dicht unter der Wasserfläche schliefen, Lockspeise hinwerfend. Diese Männer, welche beständig im Gebirge und in den Wäldern umherstreiften, waren, ohne daß sie darum wußten, ebenso unter die Herrschaft der Naturmächte geraten, wie die Pflanzen und die Tiere. Bei Sonnenschein waren sie offenherzig und mutig, doch abends, sowie die Sonne untergegangen war, wurden sie still, und die Nacht, die ihnen viel größer und gewaltiger erschien als der Tag, machte sie beängstigend kraftlos. Nun versetzte das grüne Licht, das durch die Binsen fiel und das Wasser goldstreifig, braun und schwarzgrün färbte, sie in eine Art Wunderstimmung. Jegliche Aussicht war verdeckt. Bisweilen wogte das Schilf in kaum bemerkbarem Winde, die Binsen pfiffen und die langen, bandähnlichen Blätter schlugen ihnen ins Gesicht. Sie saßen in grauen Lederanzügen auf den grauen Steinen. Die verschiedenen Farben des Leders stimmten in der Schattierung mit den Steinen überein. Ein jeder sah den Kameraden in seiner stummen Unbeweglichkeit in ein Steinbild verwandelt. Doch drinnen im Schilfe schwammen Riesenfische, deren Rücken in allen Farben des Regenbogens glänzten. Als die Männer die Angeln auswarfen und die Ringe sich bis in die Binsen hinein ziehen sahen, schien es ihnen, als würde die Bewegung immer stärker, bis sie merkten, daß dies nicht allein von ihrem Wurfe herkam. Eine Nixe, halb Mensch, halb glitzernder Fisch, lag schlafend im Wasser. Sie lag auf dem Rücken mit dem ganzen Leibe unter der Wasserfläche. Die Wellen schmiegten sich so dicht an ihren Körper an, daß die Männer sie nicht eher erblickt hatten. Es waren ihre Atemzüge, die den Wellen nicht erlaubten, stille zu stehen. Doch es war nichts Wunderbares darin, daß sie da lag, und als sie im nächsten Augenblicke SPRACHRAUM 73 Prinz Eugen, Ankernde Schiffe, Winter (1908( Wasser-Prawda | März 2015 74 SPRACHRAUM verschwunden war, wußten sie nicht recht, ob daß ganze nicht nur eine Sinnestäuschung gewesen war. Das grüne Licht drang durch die Augen in das Gehirn wie ein sanfter Rausch. Die Männer starrten stumpfsinnig vor sich hin und sahen in den Binsen Gesichte, die sie einander nicht anzuvertrauen wagten. Aus dem Angeln wurde nicht viel. Der Tag war Träumereien und Offenbarungen gewidmet. Drinnen im Schilfe ertönten Ruderschläge, und sie schreckten aus einem Taumel auf. Im nächsten Augenblicke zeigte sich ein schwerer, kunstlos aus einem Stamme ausgehöhlter und in den Fugen mit Moos bewachsener Kahn mit Rudern so schmal wie Stöcke. Ein junges Mädchen, das Teichrosen geholt hatte, ruderte ihn. Sie hatte dunkelbraune, lange Zöpfe und große dunkle, Augen, war aber eigentümlich bleich. Doch ihre Blässe hatte einen rosa, keinen grauen Ton. Die Wangen hatten keine lebhaftere Farbe als das übrige Gesicht, die Lippen waren ebenfalls kaum röter. Sie trug eine Bluse von weißem Leinen und einen Ledergürtel mit goldenem Schlosse. Der Rock war blau mit rotem Saume. Sie ruderte dicht an den Vogelfreien vorüber, ohne sie jedoch zu sehen. Sie verhielten sich still, weniger aus Furcht entdeckt zu werden, als um sie wirklich gut sehen zu können. Sowie sie verschwunden war, wurden sie aus Steinbildern wieder zu Menschen und blickten einander lächelnd an. »Sie war so weiß wie die Wasserrosen,« sagte der eine. »Sie war so dunkeläugig wie das Wasser dort hinten unter den Fichtenwurzeln.« Sie waren so heiter, daß sie hätten lachen mögen, wirklich lachen, wie sie nie zuvor an diesem Sumpfe gelacht, so lachen, daß die Felswände widerhallten und die Wurzeln der Fichten sich vor Schreck lösten. »Fandest du sie schön?« fragte der Riese. »Oh, ich weiß es nicht, ich sah sie so flüchtig. Vielleicht war sie es.« »Du wagtest sie natürlich nicht anzuschauen. Du hieltest sie wohl für die Nixe?« Und wieder wurden die beiden von derselben unerklärlichen Lachlust ergriffen. jede Woge einen Toten vor die Füße warf. Er sah auch alle Holme und Inseln der Schären mit Ertrunkenen bedeckt, die tot waren und dem Meere angehörten, sich aber dennoch bewegen und sprechen konnten und ihm mit den starren, weißen Händen drohten. So ging es ihm auch jetzt. Das Mädchen, das er im Schilfe gesehen, erschien ihm im Traume. Er begegnete ihr am Boden des Sumpfsees, wo die Beleuchtung noch grüner war als in den Binsen, und er hatte dort Zeit zu sehen, daß sie schön war. Er träumte sich auf der großen Fichtenwurzel mitten in dem dunklen See sitzend, doch der Baum schwankte und schaukelte so, daß er manchmal ganz unter Wasser war. Da zeigte sie sich auf den kleinen Holmen. Sie stand unter den roten Ebereschen und lachte ihn aus. Im letzten Traumbilde brachte er es so weit, daß sie ihn küßte. Da war es Morgen, und er hörte Berg aufstehen, doch er hielt eigensinnig die Augen geschlossen, um weiter träumen zu können. Als er erwachte, war er wie schwindlig und betäubt von dem, was ihm über Nacht erschienen war. Er dachte nun viel mehr an die Maid als am Tage vorher. Gegen Abend fiel es ihm ein, Berg zu fragen, ob er ihren Namen wisse. Berg blickte ihn wie prüfend an. »Es ist vielleicht am besten, daß du es gleich erfährst,« sagte er. »Es war Unn. Wir sind miteinander verwandt.« Da wußte Tord, daß diese bleiche Maid an Bergs friedlosem Umherwandern in Gebirg‘ und Wald schuld war. Er suchte sich ins Gedächtnis zurückzurufen, was er von ihr wußte. Unn war die Tochter eines Freibauern. Ihre Mutter war tot, und sie führte das Regiment auf dem Hofe ihres Vaters. Dies gefiel ihr, denn sie war herrschsüchtig und hatte keine Lust, einen Mann zu nehmen. Unn und Berg waren Geschwisterkinder, und es war schon lange das Gerede gegangen, daß Berg lieber bei Unn und ihren Mägden sitze und mit ihnen scherze, als auf seinem Hofe arbeite. Als bei Berg das große Weihnachtsgelage gegeben wurde, hatte seine Gattin einen Mönch aus Draksmark eingeladen, denn sie wollte, daß dieser Berg vorhalte, wie unrecht er tue, sie einer andern wegen zu vernachlässigen. Dieser Mönch war Berg und manchen andern seines Äußern wegen Tord hatte einmal als Kind einen Ertrunkenen gesehen. verhaßt. Er war sehr feist und vollständig weiß. Der Er hatte die Leiche bei hellem Tage am Strande gefunden und seinen kahlen Scheitel umgebende Haarkranz, die sich gar nicht erschrocken, des Nachts aber hatte er entsetz- Brauen seiner wässerigen Augen, die Gesichtsfarbe, die liche Träume gehabt. Er sah in ihnen ein Meer, in dem ihm Hände und die Kutte, alles war weiß. Viele konnten Wasser-Prawda | März 2015 SPRACHRAUM 75 Prinz Eugen - Sommernacht bei Tyresö (1895) seinen Anblick kaum ertragen. Bei Tisch, in Gegenwart aller Gäste sagte nun dieser Mönch, denn er war furchtlos und glaubte, daß seine Worte größeren Eindruck machen würden, wenn viele sie hörten: »Man pflegt den Kuckuck den schlechtesten der Vögel zu nennen, weil er seine Jungen nicht im eigenen Neste aufzieht, doch hier sitzt ein Mann, der nicht für Haus und Kinder sorgt, sondern seine Lust bei einem fremden Weibe sucht. Ihn will ich den schlechtesten der Männer heißen.« – Unn stand da auf. »Dies, Berg, ist dir und mir gesagt,« rief sie aus. »Nie bin ich so beschimpft worden, aber mein Vater ist ja auch nicht hier.« Sie wollte gehen, doch Berg eilte ihr nach. »Rühre dich nicht!« sagte sie. »Ich will dich nicht mehr vor Augen sehen.« Er hielt sie in der Vorhalle auf und fragte, was er tun solle, damit sie bleibe. Mit funkelnden Augen hatte sie geantwortet, das müsse er selbst am besten wissen. Da ging Berg hinein und erschlug den Mönch. Nun waren Berg und Tord mit denselben Gedanken beschäftigt, denn nach einer Weile sagte Berg: »Du hättest sie sehen sollen, als der weiße Mönch gefallen war. Meine Hausfrau versammelte die Kleinen um sich und verfluchte Unn. Sie wandte die Gesichter der Kinder ihr zu, damit sie sich stets derjenigen erinnern möchten, die ihren Vater zum Mörder gemacht. Doch Unn stand so ruhig und schön da, daß die Männer bebten. Sie dankte mir für die Tat und bat mich, gleich in die Wälder zu ziehen. Sie ermahnte mich, kein Räuber zu werden und zum Messer nur für eine ebenso gerechte Sache zu greifen.« »Deine Tat hatte sie erhoben,« sagte Tord. Hier stand Berg der Riese nun vor demselben, was ihn schon früher bei dem Knaben in Erstaunen versetzt hatte. Er war ein Heide, ja schlimmer als ein Heide, er verurteilte nie das, was unrecht war. Er kannte keine Verantwortlichkeit. Was kommen mußte, das geschah. Gott, Christus und die Heiligen kannte er, aber nur dem Namen nach, wie man die Götter fremder Länder kennt. Die Gespenster der Schären waren seine Götter. An die Geister der Toten hatte seine zauberkundige Mutter ihn glauben gelehrt. Da unternahm Berg eine Arbeit, die ebenso töricht war, als wenn er sich einen Strick für seinen eigenen Hals Wasser-Prawda | März 2015 76 SPRACHRAUM gedreht hätte. Er zeigte den Augen dieses Unwissenden den großen Gott, den Herrn der Gerechtigkeit, den Rächer der Missetaten, der die Schuldigen in die ewige Höllenpein niederstößt. Und er lehrte ihn Christus und seine Mutter lieben und die heiligen Männer und Frauen, welche mit erhobenen Händen vor Gottes Thron liegen, um den Zorn des großen Rächers von den Sündenscharen abzuwehren. Er lehrte ihn alles, was die Menschen tun, um Gottes Zorn zu versöhnen. Er beschrieb ihm die nach heiligen Stellen wallfahrenden Pilgerzüge, die sich selbst peinigenden Büßer und die Flucht der Mönche aus dem Weltleben. Je länger er sprach, desto bleicher und aufmerksamer wurde der Knabe, und seine Augen erweiterten sich wie vor entsetzlichen Gesichten. Berg wollte aufhören, doch der Strom der Gedanken riß ihn fort und er mußte weitersprechen. Die Nacht senkte sich auf sie herab, die schwarze Waldesnacht, in der die Eulen und der Uhu kreischen. Gott kam ihnen so nahe, daß sie seinen Thron die Sterne verdunkeln und die Engel der Strafe sich bis auf die Waldgipfel herablassen sahen. Doch unter ihnen flackerten die Flammen der Unterwelt bis an die platte Scheibe der Erde und leckten gierig an diesem bebenden Zufluchtsorte des von Weh bedrückten Menschengeschlechts. Der Herbst war gekommen und mit ihm der scharfe Sturm. Tord ging allein in den Wald hinaus, um die Dohnen und Fallen zu untersuchen. Berg blieb zu Hause, um seine Kleider zu flicken. Tords Weg ging eine bewaldete Höhe hinan. Es war ein breiter Pfad. Jeder Windstoß, der durch die dichten Bäume dringen konnte, jagte das welke Laub in raschelnden Wirbeln den Weg entlang. Tord hatte einmal über das andere das Gefühl, daß jemand hinter ihm gehe. Er sah sich mehrmals um. Bisweilen blieb er stehen, um zu lauschen, doch sowie er sich überzeugt hatte, daß es der Wind und die Blätter waren, ging er weiter. Sowie er wieder im Gehen war, hörte er jemand in seidenen Schuhen den Hügel hinauftanzen. Kleine Kinderfüße kamen getrippelt. Elfen und Kobolde spielten hinter ihm. Wandte er sich um, so war da keiner, immer wieder keiner. Er drohte den raschelnden Blättern mit der Faust und ging weiter. Sie waren dadurch nicht zum Schweigen gebracht, nahmen aber einen andern Ton an. Sie begannen hinter Wasser-Prawda | März 2015 ihm zu schnauben und zu zischen. Eine große Kreuzotter schlängelte sich heran. Die geifernde Zunge hing ihr aus dem Munde, und der glänzende Leib hob sich blank gegen die dürren Blätter ab. Neben der Schlange tappte ein Wolf, ein großer, magerer »Graubein«, der sich anschickte, ihn im Nacken zu packen, sobald die Kreuzotter sich ihm zwischen die Füße schlängelte und ihn in die Ferse stach. Manchmal waren sie beide ganz still, wie um ihn unbemerkt einzuholen, doch gleich darauf verriet sie ihr Schnauben und Zischen, und bisweilen schlugen die Krallen des Wolfes klingend gegen einen Stein. Tord beschleunigte unwillkürlich seine Schritte, doch die Tiere eilten ihm nach. Als er glaubte, daß sie nur zwei Schritt hinter ihm seien und sich zum Sprunge anschickten, drehte er sich um. Dort war keiner, und das hatte er die ganze Zeit über gewußt. Er setzte sich auf einen Stein, um sich auszuruhen. Da spielten die dürren Blätter zu seinen Füßen, wie um ihn zu erfreuen. Da waren sie, alle Blätter des Waldes: hellgelbes, kleines Birkenlaub, rotbunte Ebereschenblätter, die trockenen, schwarzbraunen Blätter der Ulme, die zähen, hellroten der Espe und die gelbgrünen der Palmweide. Verwandelt und verschrumpft, benarbt und eingebrochen waren sie und glichen nicht mehr den dunenweichen, hellgrünen, zarten Scheiben, die sich vor einigen Monaten den Knospen entrollt hatten. »Sünder,« sagte der Knabe, »Sünder, nichts ist rein vor Gott. Die Flammen seines Zornes haben euch schon erreicht.« Als er weiter wanderte, sah er den Wald unter sich wie ein Meer im Sturm wogen, doch auf dem Pfade war es still und ruhig. Er aber hörte, was er nie vernommen. Der Wald war voller Stimmen. Es tönte wie Flüstern, wie Klagelieder, wie grobe Drohungen, wie lautes Fluchen zu ihm herüber. Es lachte und es klagte, es war wie der Lärm vieler Leute. Dieses Unbekannte, das hetzte und aufreizte, prasselte und zischte, das etwas zu sein schien und doch nichts war, machte ihn wild. Er empfand wieder Todesangst, wie damals, als er auf dem Boden seiner Höhle lag und die Menschenjagd durch den Wald stürmte. Er hörte wieder das Knacken der Zweige, die schweren Schritte der Volksmenge, das Klirren der Waffen, die widerhallenden Rufe, das wilde, blutdürstige Stimmengewirr des Haufens. SPRACHRAUM Doch nicht nur dies allein lag im Waldessturme. Es lag darin noch etwas anderes, etwas noch Schrecklicheres: Stimmen, die er nicht deuten konnte, ein Gewirr von Lauten einer, wie es ihm schien, fremden Sprache. Er hatte gewaltigere Stürme als diesen durch Takelwerk und Taue brausen hören. Doch nie hatte der Wind auf einer so vielseitigen Harfe gespielt. Jeder Baum hatte seine Stimme, die Fichte sauste anders als die Espe, die Pappel nicht wie die Eberesche. Jede Kluft hatte ihren Ton, das laute Echo jeder Bergwand seinen eigenen Klang. Und das Murmeln der Bäche sowie das Bellen der Füchse vermischten sich mit dem wunderlichen Waldessturme. Doch alles dies konnte er deuten, er hörte aber auch andere, noch seltsamere Laute. Und diese waren daran schuld, daß es in ihm um die Wette mit dem Sturme schrie, hohnlachte und jammerte. Allein im Waldesdunkel hatte er sich stets gefürchtet. Er liebte das offene Meer und die nackten Klippen. Geister und Schatten schlichen zwischen den Bäumen umher. Da auf einmal wußte er, wer im Sturm zu ihm sprach. Gott war es, der große Rächer, der Gott der Gerechtigkeit. Er verfolgte ihn um seines Kameraden willen. Er forderte, daß er den Mörder des Mönches der Rache überantworte. Tord begann mitten im Sturm zu reden. Er sagte Gott, was er habe tun wollen, aber nicht vermocht. Er habe mit dem Riesen sprechen und ihn bitten wollen, sich mit Gott zu versöhnen, sei jedoch zu blöde gewesen. Die Schüchternheit habe ihn stumm gemacht. »Als ich erfuhr, daß ein gerechter Gott die Welt regiert,« rief er aus, »sah ich ein, daß er ein verlorener Mann ist. Ich habe Nächte hindurch über meinen Freund geweint. Ich wußte, daß Gott ihn findet, wo er sich auch verstecke. Doch ich vermochte weder zu reden, noch ihn dies einsehen zu lehren. Ich fand keine Worte, weil ich ihn so sehr liebe. Begehre nicht, daß ich mit ihm rede; fordere nicht, daß das Meer sich so hoch wie die Gebirge erhebe.« Er verstummte, und die tiefe Stimme im Sturme, die ihm Gottes Stimme erschienen, schwieg. Es wurde auf einmal Windstille und grelles Sonnenlicht, ein Plätschern wie von Rudern und ein stilles Rascheln wie von steifen Schilfblättern. Diese milden Töne zauberten ihm Unns Bild hervor. – Der Vogelfreie kann nichts 77 gewinnen, nicht Gut, nicht Frauen, nicht Ansehen bei den Männern. – Wenn er Berg verriete, würde er wieder unter den Schutz des Gesetzes aufgenommen werden. – Doch Unn mußte Berg lieben, nach allem, was er für sie getan. Aus allem diesen gab es keinen Ausweg. Als der Sturm wieder zunahm, hörte er wieder Schritte hinter sich und von Zeit zu Zeit ein atemloses Keuchen. Jetzt wagte er sich nicht umzusehen, denn nun wußte er, daß er den weißen Mönch hinter sich hatte. Er kam vom Gelage in Bergs Halle, blutbespritzt und mit einem klaffenden Axthiebe in der Stirn. Und er flüsterte: »Gib ihn an, verrate ihn, rette seine Seele. Überantworte seinen Leib dem Scheiterhaufen, auf daß die Seele verschont bleibe. Überliefere ihn der langsamen Qual der Folter, damit seine Seele Zeit zur Reue habe.« Tord lief. Alles dies Schreckenerregende, das an und für sich nichts war, wuchs, da es so unaufhörlich auf das Gemüt wirkte, zu einem großen Entsetzen heran. Er wollte ihm entfliehen. Als er zu laufen begann, erdröhnte wieder die tiefe, fürchterliche Stimme, die Gottes Stimme war. Gott selbst jagte ihn mit Schreckschüssen, damit er den Mörder ausliefere. Bergs Verbrechen erschien ihm abscheulicher als je zuvor. Ein waffenloser Mann war ermordet, ein Gottesmann mit blankem Stahle durchbohrt worden. Das hieß dem Herrn der Welt trotzen. Und der Mörder wagte zu leben! Er freute sich des Sonnenlichtes und der Früchte des Bodens, als sei der Arm des Allmächtigen zu kurz, ihn zu erreichen. Er blieb stehen, ballte die Fäuste und stieß kreischend eine Drohung aus. Dann lief er wie ein Wahnsinniger aus dem Walde, dem Reiche des Schreckens, in das Tal hinab. Tord brauchte sein Anliegen nur anzudeuten, gleich waren zehn Bauern bereit, ihm zu folgen. Es wurde beschlossen, daß Tord allein nach der Höhle zurückkehren solle, damit Berg keinen Verdacht schöpfe. Doch er sollte unterwegs Erbsen ausstreuen und so den Bauern den Weg zeigen. Als Tord in die Höhle trat, saß der Geächtete auf der Steinbank und nähte. Das Feuer gab schwaches Licht, und mit der Arbeit schien es nicht recht gehen zu wollen. Dem Knaben schwoll das Herz von Mitleid. Der herrliche Riese schien ihm arm und unglücklich zu sein. Und sein einziges Gut, das Leben, sollte ihm nun auch genommen werden. Er mußte weinen. »Was ist das?« fragte Berg. »Bist du krank? Hast du dich gefürchtet?« Zum erstenmale sprach da Tord über seine Furchtsamkeit. Wasser-Prawda | März 2015 78 SPRACHRAUM »Es war unheimlich im Walde. Ich hörte Geisterstimmen und sah Gespenster. Ich sah weiße Mönche.« »Bei Gott, Bube!« »Sie sangen mir auf dem ganzen Wege nach der Breitalp hinauf die Messe vor. Ich lief, aber sie begleiteten mich singend. Kann ich das Unwesen nicht los werden? Was habe ich mit ihnen zu schaffen? Ich meine, sie könnten einem, dem es nötiger ist, die Messe lesen.« »Du bist heute abend wohl verrückt, Tord?« Tord redete, ohne recht zu wissen, welcher Worte er sich bediente. Seine Schüchternheit hatte ihn verlassen. Die Rede floß ihm ungehemmt von den Lippen. »Es sind weiße Mönche, weiße, leichenblasse. Alle haben Blut auf der Kutte. Sie ziehen die Kapuze in die Stirn, aber die Wunde leuchtet doch darunter hervor. Die große, rote, klaffende Wunde von dem Beilhiebe.« »Die große, rote, klaffende Wunde von dem Beilhiebe?« »Habe ich sie denn geschlagen? Weshalb soll ich sie sehen?« »Das mögen die Heiligen wissen, Tord,« sagte der erbleichende Riese mit finsterm Ernste, »weshalb du Wunden von Beilhieben siehst. Ich erstach den Mönch mit einem Messer.« Bebend und die Hände ringend stand Tord nun vor Berg. »Sie fordern dich von mir. Sie wollen mich zwingen, dich zu verraten.« »Wer? Die Mönche?« »Ja freilich, sie, die Mönche. Sie zeigen mir Gesichte. Sie zeigen mir Unn. Sie zeigen mir das glatte, sonnenbeglänzte Meer. Sie zeigen mir die Lagerplätze der Fischer, wo Tanz und Munterkeit herrscht. Ich schließe die Augen und sehe doch alles. Laßt mich zufrieden, sage ich. Mein Freund hat einen Mord begangen, aber er ist nicht schlecht. Laßt mich in Ruhe, so will ich mit ihm sprechen, damit er bereue und Buße tue. Er wird sein Unrecht einsehen und nach dem heiligen Grabe ziehen. Wir werden beide nach Orten pilgern, die so heilig sind, daß alle Sünde von dem genommen wird, der sich ihnen naht.« »Was antworteten die Mönche darauf?« fragte Berg. »Sie wollen meine Absolution nicht. Sie wollen mich auf der Folterbank und auf dem Scheiterhaufen sehen.« »Soll ich meinen teuersten Freund verraten? fragte ich sie,« fuhr Tord fort. »Er ist mein Alles auf der Welt. Wasser-Prawda | März 2015 Er hat mich von dem Bären befreit, dessen Tatze mich an der Kehle packte. Wir haben zusammen gefroren und mancherlei Not gelitten. Er hat mich mit seinem eigenen Bärenfell zugedeckt, als ich krank war. Ich habe ihm Holz und Wasser geholt, seinen Schlaf bewacht und seine Feinde irregeführt. Weshalb halten sie mich für einen, der seine Freunde verrät. Mein Freund wird bald von selbst zum Priester gehen und ihm beichten, und dann begeben wir uns zusammen in das Land der Versöhnung.« Berg lauschte ernst, die scharfen Augen forschend auf Tords Antlitz gerichtet. »Du sollst selbst zum Priester gehen und ihm die Wahrheit sagen. Du mußt wieder unter Menschen.« »Was habe ich davon, wenn ich allein gehe? Um deiner Sünde willen verfolgen mich die Schatten und der Tote. Siehst du nicht, wie mir vor dir graut. Du hast gegen Gott selbst die Hand erhoben. Kein Verbrechen kommt dem deinen gleich. Ich meine, es müsse mich freuen, dich unter dem Rade zu sehen. Wohl dem, der hier auf Erden seine Strafe erhält und dem künftigen Zorne entgeht. Weshalb erzähltest du mir von dem gerechten Gotte? Du zwingst mich, dich zu verraten. Erlasse mir diese Sünde. Gehe zum Priester!« Und er sank vor Berg auf die Knie. Der Mörder legte ihm die Hand auf den Kopf und blickte ihn an. Er maß seine Sünde an der Angst des Gefährten, und sie wuchs vor seinem geistigen Auge zu fürchterlicher Größe heran. Er sah sich im Streite mit dem Willen, der die Welt regiert. Die Reue zog in sein Herz ein. »Weh mir, daß ich tat, was ich getan,« sagte er. »Was mich erwartet, ist zu schwer, als daß ich ihm freiwillig entgehen könnte. Überliefere ich mich den Priestern, so werden sie mich in stundenlangen Qualen foltern. Sie werden mich in langsamem Feuer braten. Und ist dieses elende Leben, das wir voll Angst und Not führen, nicht Buße genug? Habe ich nicht Haus und Hof verloren? Lebe ich nicht von Freunden und allem, was die Freude des Mannes ausmacht, getrennt? Wessen bedarf es mehr?« Als er so redete, fuhr Tord in wildem Entsetzen auf. »Kannst du bereuen?« rief er aus. »Können meine Worte dein Herz bewegen? Komm sofort mit! Wie hätte ich dies ahnen können? Komm, laß uns fliehen! Noch ist es Zeit.« SPRACHRAUM Berg, der Riese, sprang ebenfalls auf. »Du hast es also getan – « »Ja, ja, ja. Ich habe dich verraten. Doch komm schnell! Komm nun, da du bereuen kannst! Sie müssen uns gehen lassen. Wir werden ihnen entkommen.« Der Mörder beugte sich da zum Boden herab, wo seine, ihm von den Vätern vererbte Streitaxt ihm zu Füßen lag. »Du, Sohn eines Diebes!« sagte er, die Worte zwischen den Zähnen hervorzischend. »Dir habe ich vertraut! Dich habe ich lieb gehabt!« Da aber Tord ihn sich nach der Axt bücken sah, wußte er, daß es jetzt sein Leben galt. Er riß seine eigene Axt aus dem Gürtel und hieb auf Berg ein, ehe dieser sich aufrichten konnte. Die Scheide fuhr sausend durch die Luft in den niedergebeugten Kopf. Berg fuhr mit dem Haupte voran zu Boden, der ganze Leib fiel hinterdrein. Blut und Hirn spritzten hervor, das Beil fiel aus der Wunde. Zwischen den zottigen Haarbüscheln sah Tord eine große, rote, klaffende Wunde von einem Beilhiebe. Nun stürmten die Bauern in die Höhle. Hocherfreut priesen sie die Tat. »Jetzt steht deine Sache gut,« sagten sie zu Tord. Tord blickte auf seine Hände nieder, als sehe er daran die Fesseln, an denen er dazu herbeigezogen worden war, den, welchen er liebte, zu töten. Sie waren wie die Bande des Fenrirwolfes aus nichts geschmiedet. Aus dem grünen Lichte im Schilfe, aus dem Spiel der Schatten im Walde, aus dem Gesange des Sturmes, aus dem Rascheln der Blätter, aus dem Zauber der Träume waren sie gemacht. Und er sagte laut: »Gott ist groß.« Doch dann verfiel er wieder in seine früheren Gedanken. Er kniete neben der Leiche nieder und schob den Arm unter den Kopf des toten Freundes. »Tut ihm nichts,« sagte er. »Er bereut, er will nach dem heiligen Grabe pilgern. Er ist nicht tot, doch fesselt ihn nicht. Wir wollten gerade gehen, als er fiel. Der weiße Mönch wollte wohl nicht, daß er bereuen solle, aber Gott, der Gott der Gerechtigkeit, liebt die Reue.« Er blieb neben der Leiche liegen, sprach weinend mit dem Toten und bat ihn, zu erwachen. Die Bauern machten eine Bahre aus Speeren. Sie wollten die Leiche des Freibauern nach seinem Hofe tragen. Sie empfanden Ehrfurcht vor dem Toten und dämpften ihre Stimmen in seiner Nähe. Als sie ihn auf die Bahre hoben, stand 79 Tord auf, schüttelte das Haar aus dem Gesichte und sprach mit vor Schluchzen bebender Stimme: »Sagt Unn, die Berg, den Riesen, zum Mörder gemacht, daß Tord, der Fischer, dessen Vater Wrackplünderer und dessen Mutter eine Hexe ist, ihn erschlagen hat, weil er ihn lehrte, daß der Grundpfeiler dieser Erde Gerechtigkeit heißt.« Carl Larsson, Selma Lagerlöf Wasser-Prawda | März 2015 80 SPRACHRAUM DIE VESTALINNEN Eine Reise um die Erde. Abenteuer zu Wasser und zu Lande. Erzählt nach eigenen Erlebnissen. Band 1. Von Robert Kra 22. EVELYN UND CHARLES Die Gesellschaft war schon vor zwei Stunden zur Jagd aufgebrochen. Im Arbeitszimmer des Obersten war dessen Ordonnanz damit beschäftigt, die Fenster zu putzen, wobei ihm der eingeborene Diener des Kapitäns O‘Naill half. Die beiden schienen sich nicht eben gut zu verstehen; denn es wurde zwischen ihnen während der Beschäftigung kein Wort gewechselt. Da jagte plötzlich durch das offene Hofthor des Quartiers ein mit Schaum bedecktes Roß, dessen Reiter von dem Posten nicht aufgehalten wurde; denn er trug die weiße Tropenuniform eines englischen Kavallerieregiments. Das Gesicht des Mannes war mit einer Schichte von Staub bedeckt, welcher an dem Schweiß hängen geblieben war. Jedenfalls hatte er einen weiten Weg mit Aufbietung aller Schnelligkeit seines Pferdes zurückgelegt. »Oberst Walton da?« rief er, ehe er noch das Tier vor dem Eingang des Hauses pariert hatte, dem herzuspringenden Reitknecht zu. »Nein, ist fort!« »Nein? Wo ist er?« Der Reiter schien es sehr eilig zu haben. Seine Augen hingen an den Lippen des Eingeborenen. »Weiß nicht, ist heute morgen mit noch vielen anderen zur Jagd geritten.« Da öffnete sich ein Fensterflügel des Hauses, und Wasser-Prawda | Januar 2015 Evelyns Stimme sagte: »Kommen Sie ins Arbeitszimmer des Obersten; er muß jeden Augenblick zurückkommen.« Der Reiter sprang vom Pferde und betrat das Zimmer des Obersten, dessen Thür ihm Evelyn selbst öffnete. »Was wollen Sie von ihm?« fragte sie. »Ich habe einen Brief an den Obersten persönlich abzugeben, Fräulein.« »Geben Sie ihn mir,« sagte Eveline ruhig und streckte die Hand nach dem versiegelten Schreiben aus, welches der Bote aus der Brusttasche gezogen hatte. »Kann ich nicht, Fräulein, es ist mir aufgetragen worden, ihn persönlich abzugeben.« »Ich bin vom Obersten ermächtigt, für ihn die Briefe einstweilen anzunehmen. Wissen Sie, was drinnen steht?« Der Bote lächelte. »Das weiß ich natürlich nicht, es ist ein geheimer Eilbrief.« »So geben Sie ihn mir,« sagte Evelyn wieder, die noch immer die Hand ausgestreckt hielt. »Ich kann ihn nicht eher aus der Hand geben, als bis diese Quittung mit dem britischen Gouvernementssiegel von Sabbulpore gestempelt worden ist,« meinte der Bote zögernd. »Sie mißtrauen mir wohl?« fragte Evelyn lächelnd. »Sehen Sie hier den Beweis, daß ich die Vollmacht dazu SPRACHRAUM habe, Briefe in Empfang zu nehmen.« Sie zog einen Schlüsselbund aus der Tasche, suchte einen Schlüssel und öffnete den Schreibtisch des Obersten. »Nimm mir das Fenster ab, Ramel,« fuhr die Ordonnanz ihren Gehilfen an, der ganz ins Träumen gesunken zu sein schien. Willig griff dieser nach dem hingehaltenen Fensterflügel, um ihn abzuwaschen, aber da flog ihm plötzlich der Schwamm aus den Händen und zum Fenster des Hochparterres hinaus. »Wohin willst du, Ramel?« fragte die Ordonnanz den Burschen, der nach der Thür ging. »Ich will meinen Schwamm holen, komme gleich wieder,« sagte Horatios Diener, der der verkleidete Williams war. Evelyn, welche auf die beiden Diener gar nicht achtete, von denen der eine nicht einmal ein Wort englisch verstand, schloß ein Kästchen auf und entnahm ihm den 81 Stempel von Sabbulpore, welcher nur im Besitze des Obersten war. »Geben Sie mir die Quittung!« Die Ordonnanz reichte sie ihr. Sie drückte den Stempel darunter. »So – hier haben Sie die Quittung, geben Sie mir jetzt den Brief!« Ohne jedes Zögern reichte ihr der Bote den Brief; er hatte keine Verantwortung mehr. Evelyn betrachtete den Brief; er war als Geheimsendung an Oberst Walton adressiert und trug das britische Staatssiegel. »Wann reiten Sie wieder fort? Heute noch?« fragte sie den Boten. »Es ist nicht möglich; ich habe die 32 englische Meilen von der nächsten Bahnstation in zwei Stunden gemacht, und mein Pferd ist völlig erschöpft. Vor morgen früh kann ich es nicht mehr benutzen.« »Ordonnanz,« rief sie dem noch im Zimmer befindlichen Diener zu, »führe diesen Mann in die Bedientenstube und sorge für ihn!« Der Reiter grüßte militärisch und ging in Begleitung des Burschen hinaus. Sinnend blickte Evelyn ihm nach. »Sein Verhängnis will es, daß auch er bald nicht mehr unter den Lebenden sein wird,« murmelte sie. »Doch mag er in den Tod gehen; die Engländer haben das Leben meines Vaters auch nicht geschont.« Sie betrachtete wieder den Brief, und ein häßliches Lächeln entstellte ihre Züge. »Es ist ganz gleich, ob ihn Walton empfängt oder nicht, und enthielt das Schreiben auch den für uns schlimmsten Befehl, deckte er auch alles auf, die Sache wird dadurch nicht anders. Oberst Walton wird diese Stube nur als Gefangener betreten, und ich werde von jetzt ab für ihn unterschreiben. Allerdings ein gewagtes Spiel, aber es ist nötig, um die anderen Gouvernements in Sicherheit zu wiegen. Hahaha, ich werde günstige Berichte über die hier herrschende Ruhe abgehen lassen.« Eben wollte sie das Schreiben erbrechen, als die Thür plötzlich aufgerissen wurde und Leutnant Werden, ein blutjunger, knabenhaft aussehender Mann ins Zimmer stürzte. »Wo ist der Brief, Miß Valois, den eben der Kavallerist brachte?« rief er atemlos, noch halb im Thürrahmen Wasser-Prawda | Januar 2015 82 SPRACHRAUM stehend. »Wie,« fuhr er fort, mitten im Zimmer plötzlich stehen bleibend, »der Schreibtisch des abwesenden Obersten offen! Wie soll ich mir dies erklären, Miß Valois?« Evelyn hatte für einen Moment die Fassung verloren; aber sofort war sie wieder gesammelt. »Was haben Sie hier zu suchen, Leutnant Werden?« fuhr sie ihn in herrischem Tone an. »Ist Ihr Dienst nicht auf der Festung. Warum sind Sie hier im Quartier?« »Den Brief, den Brief,« drängte dieser. »Kümmern Sie sich nicht um Angelegenheiten, die Sie nichts angehen! Zum letzten Male, geben Sie mir den Brief, oder ...« Die letzten Worte wurden drohend hervorgestoßen. Evelyn hatte diesem jungen Manne, den sie immer nur halb als Kind betrachtete, ein solches Auftreten nicht zugetraut. »Oder was?« fragte sie mit finster gerunzelter Stirn. »Oder ich brauche Gewalt!« »Leutnant Werden, vergessen Sie nicht, vor wem Sie stehen!« »Den Brief her! Sie haben keine Befugnis, ein Schreiben für den Obersten in Empfang zu nehmen. Ich weiß, daß er schon lange auf einen Eilbrief wartet.« »Leutnant Werden, Sie benehmen sich manchmal noch sehr kindlich,« sagte Evelyn völlig ruhig. »Allerdings hat mich der Oberst damit betraut, diesen Brief anzunehmen und ihm denselben nachzuschicken. Ich selbst hätte Sie gebeten, zu mir zu kommen und die Weiterbeförderung desselben zu befehlen. Sie hätten diese Szene vermeiden können, wenn Sie nicht so hitzig gewesen wären. Hier haben Sie den Brief!« Freundlich lächelnd reichte sie ihm das Schreiben hin. »Entschuldigen Sie meine Heftigkeit, Miß, ein plötzlicher Gedanke beunruhigte mich,« bat der Offizier. »Der Oberst selbst hat mich beauftragt, wenn ein Bote ins Quartier kommen sollte, denselben zu ihm zu führen. Da die Quittung nun aber bereits gestempelt und der Reiter sehr ermüdet ist, so werde ich ihm das längst ersehnte Schreiben selbst bringen. Nochmals, entschuldigen Sie mein Betragen!« »Fragen Sie den Obersten auch, ob ich wirklich die Befugnis hatte, den Stempel zu benutzen,« rief Evelyn lachend dem Hinauseilenden nach. Sie sah durch das Fenster, wie der pfl ichtgetreue Wasser-Prawda | Januar 2015 Offizier ein Pferd bestieg und in Karriere aus dem Hof sprengte. »So oder so, murmelte sie höhnisch, »deinem dir bestimmten Schicksal entkommst du nicht, thörichter Knabe! Fällst du nicht in meine Hände, so fällst du in die des Rajah. Doch wer mag ihn so schnell benachrichtigt haben, daß ich dem Boten den Brief abgenommen? Es muß mich jemand verraten haben; seine Aufregung, als er ins Zimmer stürzte, läßt darauf schließen.« Evelyn sollte nicht lange auf die Beantwortung dieser Frage warten. – Sir Charles Williams, der als eingeborener Diener Verkleidete, hatte sich höchlichst gewundert, daß Evelyn in der Abwesenheit des Obersten einen für diesen bestimmten Brief dem Boten durchaus abnehmen wollte, und als sie sogar den Schreibtisch öffnete, schoß ihm ein Gedanke durch den Kopf, an den er bis jetzt noch gar nicht gedacht hatte. Nick Sharp, der Detektiv, hatte abends sein Liebesspiel mit Evelyn regelmäßig fortgesetzt, und ebenso in der Bedientenstube mit ihm in der gewohnten scherzhaften Art geplaudert. Charles wußte wohl, daß der Detektiv ein Geheimnis Evelyns ergründen wollte, aber nicht welches, darüber sprach sich der schlaue und manchmal sehr grob werdende Detektiv nicht aus. Jedenfalls aber mußte es irgend eine private Sache sein, für die er bezahlt wurde, denn umsonst that Sharp nichts. Da hatte eines Abends der Detektiv so nebenbei gemeint, er glaube fest, Evelyn halte es mehr mit den Indiern, als mit den Engländern, ja, er habe sogar die Vermutung, das Mädchen führe die Engländer an der Nase herum, suche ihre Geheimnisse zu erforschen, denn auch an ihn, den vermeintlichen Kapitän der Festung, stellte sie manchmal so harmlos verfängliche Fragen. Sharp kümmerte sich nicht darum, denn er war Amerikaner, er gab sich prinzipiell nicht mit Sachen ab, die ihn nichts angingen. Seinetwegen hätten die Indier ganz Sabbulpore in die Luft sprengen können, er würde ruhig zugesehen und seine Pfeife geraucht haben. Dies zu verhüten, war Angelegenheit der Offiziere, und so lange diese ihn nicht aufforderten, ihnen zu helfen, verbrenne er seine Finger nicht an fremden Geschäften, wie er oft sagte. Ganz anders dachte Charles. Er war Engländer, und SPRACHRAUM zwar mit Leib und Seele, er wäre für sein Vaterland durchs Feuer gegangen, und seit der Detektiv ihm seinen Argwohn mitgeteilt hatte, beobachtete er Evelyns Thun und Treiben aufs genaueste, ohne aber etwas Verdächtiges zu bemerken. Als er jedoch sah, wie Evelyn den Brief mit dem britischen Siegel dem Boten abnahm und selbst den Schreibtisch des Obersten aufschloß, bestätigte sich seine Vermutung, daß das Mädchen ein doppeltes Spiel trieb, denn nie glaubte er, daß der Oberst dem Mädchen die Schlüssel zum Schreibtisch anvertraut habe, welcher alle geheimen Schriftstücke barg. Nein, Evelyn wollte den Brief lesen, ohne wahrscheinlich den Siegelabdruck zu verletzen, und das so erfahrene Geheimnis zu irgend etwas Schlechtem anwenden. Dem mußte er vorbeugen. Aber wie? Hätte er als Eingeborener ihr den Brief einfach entrissen, so wäre er im nächsten Augenblick von herbeigerufenen Dienern festgenommen worden; gab er sich als Engländer zu erkennen, so war seine Rolle hier ausgespielt, er konnte nicht mehr auf Ellens Wunsch beobachten, wer im Hause des Obersten ausund einging, was unter den Eingeborenen in der Festung und auf dem Lande für Gerüchte über den Rajah zirkulierten. Beides ging also nicht. Er warf absichtlich den Schwamm hinaus und lief aus dem Hause, vorgebend, er wollte das Verlorene wiederholen, thatsächlich aber, um irgend einen Engländer, womöglich einen Offizier zu suchen, der Evelyn am Erbrechen des Briefes hinderte. Glücklicherweise traf er den jungen Werden, der von der Festung aus den Boten ansprengen gesehen hatte. Er war vom Oberst beauftragt worden, ihm eventuell einen Boten nachzusenden und befand sich jetzt zu diesem Zwecke unterwegs. Da kam der Diener des Kapitäns O‘Naill gerannt. »Leutnant Werden,« rief der Indier, von dem jener wußte, daß er kein Wort englisch verstand, in dieser Sprache, »schnell in das Arbeitszimmer des Obersten! Evelyn will einen Brief mit dem britischen Siegel erbrechen.« »Was,« rief der Leutnant erstaunt, »du, Ramel ...?« »Wundern Sie sich nachher, nur schnell ins Zimmer, das Weib hat den Schreibtisch des Obersten geöffnet!« und Charles schob den Zögernden in die Thür. Jetzt wurde der Leutnant stutzig und eilte in das Zimmer, wo sich die eben geschilderte Szene abspielte. 83 Was sollte aber nun Charles beginnen? Er sah sich in einer Klemme, aus der er nicht so leicht wieder herauskommen konnte. Doch langes Besinnen war nicht seine Sache. Mit harmloser Miene, ganz unbefangen, trat er wieder in das Haus zurück. Da fühlte er sich plötzlich von einem Dutzend Armen gepackt. Vergebens suchte sich Charles seiner Gegner zu erwehren, alle seine Gewandtheit half ihm nichts – nach kurzem Ringen lag er gebunden am Boden und, was das Schlimmste war, einer der Inder hielt den kurzen, falschen Vollbart von Charles in der Hand, seine Verkleidung war verraten, denn unter dem aufgerissenen Hemd konnte man die weiße Haut schimmern sehen. Die Ordonnanz des Obersten, welche selbst bei der Überwältigung mit thätig gewesen, trat in das Zimmer, in dem Evelyn eben einem Indier einen Brief abnahm. »Miß Valois,« meldete er, »der Mann, der Sie soeben verraten hat, des Kapitäns Diener, ist gar kein Hindu, sondern ein Engländer, denn er flucht in seiner Sprache.« »Was,« rief Evelyn erstaunt, »er ist kein Hindu?« Sie sann einen Augenblick nach, dann sagte sie, während sie den Brief öffnete: »Haltet ihn einstweilen in sicherem Gewahrsam; ich habe jetzt keine Zeit, ihn zu verhören. Du bürgst mir mit Deinem Leben dafür, daß er vor mir steht, wenn ich ihn rufen lasse.« Evelyn überflog die ihr gesandten Zeilen. Sie lauteten: »Alle sind gefangen, mit Ausnahme des Burschen des Kapitäns. Er entfloh, ich schoß nach ihm und sah selbst, wie er in eine Schlucht stürzte. Also ist kein Verrat zu fürchten. Leutnant Werden brachte einen Brief für den Obersten, wurde von einem Tiger angefallen und liegt auf den Tod. Ich fing den Brief noch rechtzeitig auf, ehe der Oberst durch ihn gewarnt wurde; denn er enthielt den Rat, auf der Hut zu sein. Sorge dafür, daß heute Nacht das Fort planmäßig genommen wird! Abudahm.« »Abudahm,« flüsterte Evelyn, »er bemüht sich um meine Gunst und immer vergebens. Er wäre es wert, daß ich ihm meine Liebe schenkte. Aber Horatio!« Sie seufzte. »Ich kann sein Schicksal nicht wenden. Man sagt, des Weibes Liebe sei das mächtigste aller Gefühle. Bei mir wird es übertroffen durch die Sucht nach Befriedigung Wasser-Prawda | Januar 2015 84 SPRACHRAUM meiner Rache. Ich werde seinen Tod weder verhindern können -noch wollen.« Finster schritt sie ihren Gemächern zu. Unterdes wurde der gebundene Charles emporgehoben und in ein vollständig zugemauertes Kellerverließ getragen. Nachdem die schwere Thüre verschlossen worden war, blieb er die erste Zeit wie betäubt liegen, dann aber begann er über seine Lage nachzudenken. Verrat! Das war sein erster Gedanke! Die Indier in Sabbulpore hatten einen Aufstand vor, um die Herrschaft der verhaßten Engländer abzuschütteln. Evelyn, das teuflische Weib, stak mit den Indiern unter einer Decke und verriet ihnen die Absichten des Obersten. Er hatte manchmal Mitleid mit dem Mädchen gehabt, wenn der unbarmherzige Detektiv, der gar keine Gefühle besaß, mit der liebenden Evelyn spielte, aber jetzt – Charles knirschte kochend vor Wut laut mit den Zähnen. Was sollte nur sein Schicksal sein? Unwiderruflich der Tod; Charles zweifelte nicht im geringsten daran. Gut, sie sollten einmal sehen, wie ein rechter Mann sterben könne! Was aber war inzwischen aus der Jagdgesellschaft geworden? Was war aus seinen Freunden, was war aus den Damen und vor allen Dingen aus Miß Thomson geworden? Was war deren Schicksal? Hölle und Teufel! Charles strengte vergeblich alle seine Kräfte an, um die Hanfstricke zu zerreißen, sie schnitten nur ins Fleisch ein, ohne einen Millimeter nachzugeben. Die Einsamkeit ließ ihm genügend Zeit, sein vergangenes Leben noch einmal durchzuträumen. Fast nur heitere Bilder tauchten vor seinen Augen auf. Waren doch einmal Sorgen an ihn getreten, so hatte er sie immer wieder fortzuscherzen gewußt. Dies war das erste Mal, daß er fast den Mut verlor. Was hatte er sich daraus gemacht, wenn er draußen von einem ganzen Hundert Menschen verfolgt worden wäre. Den Tod fürchtete er nicht, er hatte ihm schon unzählige Male in‘s Auge gesehen, aber gefangen zu sein, während er wußte, daß andere ihn notwendig brauchten und herbeisehnten, das war zu viel für ihn. Wasser-Prawda | Januar 2015 Doch es dauerte nicht lange, so fand Charles selbst in diesem finsteren, dumpfen und nassen Kerker seine gute Laune wieder. Er hätte sich ja vor sich selbst schämen müssen, wenn er mit hängendem Kopfe aus diesem Leben geschieden wäre. Noch lebte er ja, noch atmete er, und noch hatte er Aussicht, befreit zu werden; von wem, wußte er allerdings nicht, aber er hoff te, und Hoffnung läßt nicht zu Schanden werden. »Wenn sie mich belauschen, dann sollen sie wenigstens denken: das ist ein verfluchter Kerl,« dachte Charles und fing an, Walzermelodien zu pfeifen. Er wußte nicht, wie lange er so gelegen hatte, als plötzlich draußen ein Kanonenschuß ertönte. Gleich darauf erschallte das Knallen von Flinten; er hörte Schwertgeklirr, Geschrei und gellendes Geheul, den Kriegsruf der Indier. Charles war sich gar nicht im Unklaren darüber, was dieser kurze, nur einige Minuten währende Kampf bedeutete. Die aufrührerischen Indier hatten die Festung überrumpelt; die führerlosen Engländer, nur eine Handvoll, konnten ihnen natürlich keinen Widerstand leisten. Das alles war ein wohlüberlegter Plan, wahrscheinlich ausgeheckt von dieser Teufelin, der Evelyn. Sie war eine Französin und haßte die Engländer. Ach, hätte doch Charles mit draußen sein können! Wie hätte er diesen verdammten Indiern auf den Köpfen SPRACHRAUM herumpochen wollen. Seufzend wälzte er sich auf die andere Seite und pfi ff die englische Nationalhymne. Plötzlich horchte er auf, ohne aber das Pfeifen einzustellen: es näherten sich der Zelle Schritte. Die Thür wurde aufgerissen, mehrere Männer mit Laternen traten ein und hoben den an Händen und Füßen Gebundenen auf. »Jetzt geht‘s an den Kragen,« dachte Charles. »Na meinetwegen, meinen Gefährten geht es auch nicht anders. Ob ich nun ein paar lumpige Jahre mehr oder weniger lebe, darauf kommt es nicht an; die Weltgeschichte steht deshalb noch nicht still.« Charles ward aus dem Keller herausgetragen, durch den Korridor – er merkte dabei, daß die Nacht bereits angebrochen war – und dann durch das Arbeitszimmer des Obersten direkt nach den Gemächern Evelyns. Alles sah in dem Hause so friedlich aus, daß Charles fast daran zu zweifeln begann, daß wirklich ein Aufstand hier stattgefunden habe. In einem Zimmer – es war ihre Schlafstube – stand Evelyn vor ihrem Sekretär und starrte mit glanzlosen Angen in die geöffneten Fächer. Sie bemerkte gar nicht, wie die Indier den gebundenen Engländer an eine Wand lehnten und sich wieder entfernten. Im Nu hatte Charles begriffen, um was es sich hier handelte. Evelyn hatte etwas in ihrem Sekretär gesucht, sie hatte ihn aufgeschlossen und fand, daß jemand ihre Papiere, wahrscheinlich für sie sehr wertvolle, entwendet hatte, und dieser jemand war Nick Sharp gewesen, der Detektiv, mit dem sie so manche Nacht als vermeintlichem Horatio gekost, und der nach und nach Abdrücke von ihren Schlüsseln genommen hatte. Charles gab sich für verloren; die Jagdgesellschaft war jedenfalls vernichtet, die englische Besatzung überrumpelt, und auch ihn erwartete wahrscheinlich der Tod, so oder so. Aber an diesem Mädchen wollte er noch einmal seinen ganzen Spott auslassen, er wollte sie so lange reizen, bis sie den dort auf dem Tische liegenden Dolch in sein Herz stieß, und mit einem höhnischen Lachen wollte er von dieser Welt scheiden. Seinem bisherigen Leben sollte auch sein Tod entsprechen. Jetzt deutete Evelyn mit der ausgestreckten Hand nach dem offenen Sekretär und wandte den Kopf langsam dem Gefangenen zu, bis sich beider Augen begegneten. Charles konnte sehen, wie die ihrigen halb fragend, 85 halb entsetzt blickten. »Guten Abend,« sagte Charles im ruhigsten Tone, »schönes Wetter heute.« Evelyn überhörte ihn ganz. »Was ist das?« fragte sie langsam, jedes Wort betonend. »Ein Sekretär.« Sie ließ die Hand sinken und trat mit drohend gefalteter Stirn auf den an der Wand Lehnenden zu. »Glaubst Du, ich treibe mit Dir Scherz?« In furchtbar drohendem Tone wurde diese Frage hervorgestoßen, aber sie vermochte nicht, Charles einzuschüchtern. »Wenn Du keinen Spaß machst, ich mache welchen!« Er redete sie ebenso mit »Du« an, wie sie ihn. »Wer bist Du? Sprich!« – »Sir Charles Williams, Baronet von England, zu dienen.« Erstaunt betrachtete Evelyn den Gefesselten. »So sind Sie jener Herr, von dem sich die amerikanischen Damen so oft unterhalten?« »Habe die Ehre! Können Sie mir vielleicht auch sagen, ob eine Miß Thomson öfters von mir gesprochen hat?« Evelyn schritt nach dem Tische und nahm den Dolch. »Ich habe keine Lust zu scherzen. Sehen Sie diesen Dolch?« »Halt, zeigen Sie mir ihn genauer,« unterbrach sie Charles. »Geben Sie mir keine Antworten auf meine Fragen, so stoße ich Ihnen denselben in‘s Herz!« »Danke, nun fragen Sie mal los.« »Was veranlaßte sie in dieser Verkleidung in unser Haus zu kommen?« »Ich wollte ein bißchen spionieren, mit wem Sie verkehren.« »Wer veranlaßte Sie dazu?« »Stellen Sie eine andere Frage, die beantworte ich nicht!« Evelyn spielte sinnend mit dem Dolche, sie bemerkte nicht, wie Charles‘ Augen seltsam aufleuchteten. »Weiter, weiter,« drängte er, »ich habe nicht lange Zeit, ich will heute abend noch verreisen!« »Sind Sie verrückt, daß Sie angesichts des Todes noch spaßen können, oder glauben Sie, Sie werden dieses Haus lebendig verlassen? Antwort! Wer hat dort den Sekretär erbrochen und mir Papiere geraubt? Ich halte Wasser-Prawda | Januar 2015 86 SPRACHRAUM Sie, den verkleideten Indier, für den Thäter.« »Da sind Sie allerdings auf einer ganz falschen Spur, mein liebes Fräulein. Nicht ich war es, sondern Ihr Geliebter, mit dem Sie abends immer im Garten schäkerten. Der hat sich die Freiheit genommen, sich etwas für Ihre Korrespondenz zu interessieren.« »Horatio? Sie lügen!« rief das Weib außer sich. »Horatio?« spottete Charles. »Wer sagt Ihnen denn, daß es Horatio war? Nein, nicht der Kapitän war es, in dessen Armen Sie gelegen, dessen Lippen Sie geküßt haben, verehrtes Fräulein, sondern es war sein Bursche, der sich als Horatio O‘Naill verkleidet hatte. Hahaha!« Atemlos hatte ihm Evelyn zugehört: »Nicht möglich,« hauchte sie, »es war Horatio.« »Trauen Sie meinem Wort! Sein Bursche war der Detektiv Nick Sharp, von dessen Verstellungskunst Sie vielleicht schon gehört haben. Während nun der Kapitän ruhig schlief, verkleidete er sich als solchen und gab Ihnen die Rendezvous. Sie herzten sich und drückten sich und küßten sich, und dabei machte Ihr Geliebter hinter Ihrem Rücken immer Wachsabdrücke von den Schlüsseln.« Charles weidete sich an dem Entsetzen, welches sich auf dem Antlitz des Weibes abspiegelte. »Und Sie wußten davon?« sagte sie endlich. »Gewiß, ich freute mich herzlich darüber, daß eine Verräterin, wie Sie, von einem Schlaueren betrogen wurde.« »Schurke,« schrie Evelyn und hob den Dolch. »Schurkin, Verräterin,« entgegnete Charles ebenso schreiend. Fast war es, als ob Evelyn ihm den Dolch in die Brust stoßen wollte, aber sie hielt noch einmal inne. »Wußte Horatio davon, daß ein solches Spiel mit mir getrieben wurde?« fragte sie tonlos. »Er hat den Detektiven dazu engagiert.« »Unglücklicher, weißt Du auch, daß Horatio tot ist, und alle die, welche heute dieses Haus zur Jagd verließen, und daß auch jener Detektiv mit zerschmetterten Gliedern in einer Schlucht liegt? Nur wenige Augenblicke noch, und Du wirst ihnen nachfolgen!« »Was wetten wir, daß der Detektiv nicht tot ist?« sagte Charles kaltblütig. »Was wetten wir, daß Sie mich ebensowenig morden werden?« Wasser-Prawda | Januar 2015 Evelyn schaute zweifelnd diesen Mann an, der eine Minute vor seinem Tode noch wetten konnte. War er verrückt, oder hatte er irgendwelche Hoffnung, sein Leben erhalten zu sehen? Langsam hob sie den Dolch. »Es ist genug!« zischte sie. »Recht so! Setze deinem Verbrechen die Krone auf! Erst Mädchenraub, dann Verrat an deinen Beschützern und zuletzt Mord an einem Wehrlosen. Pfui, du Scheusal!« Charles spuckte dem Weibe ins Gesicht. Ein Wutschrei rang sich von Evelyns Lippen. Blitzend fuhr der Dolch durch die Luft auf das Herz des Gefesselten zu. Charles lächelte kalt. Aber das Erwartete geschah nicht. Im letzten Moment wurde Evelyns Handgelenk von einem eisernen Griff gepackt, ein anderer schnürte ihr die Kehle zu, sodaß sie keinen Laut von sich geben konnte. Ehe sie eigentlich wußte, wie ihr geschah, lag sie auf dem Rücken, und ein Mann, um den Kopf einen Verband, beugte sich über sie, um ihr einen Knebel in den Mund zu stoßen. Im nächsten Augenblick waren ihr die Hände gebunden und Charles‘ Bande zerschnitten. »Meine süße Braut,« flüsterte der Mann, der sich über Evelyn beugte, zärtlich, »kennst du mich denn nicht nicht, deinen Horatio? Komm, wir wollen ein Viertelstündchen kosen!« Wie ein Kind wurde Evelyn emporgehoben. Entsetzt starrte sie den Mann an, der sie auf den Armen hielt. Es war die Stimme Horatios, das Gesicht aber das eines Bedienten, dieses dumme Gesicht, über das sie so oft gespottet hatte. Das war also der Detektiv, von dem Williams vorhin gesprochen. Ein dumpfes Röcheln entrang sich ihrem Munde. »Jetzt schnell!« flüsterte Nick Sharp dem Befreiten zu, der durch Beweguugen das stockende Blut wieder in Umlauf brachte. »Sie haben die Unterhaltung zu sehr ausgedehnt. Alles ist zur Flucht bereit. Steigen Sie aus Fenster, ich werfe Ihnen das Mädchen herunter.« »Sie wollen Evelyn mit sich nehmen?« fragte Charles erstaunt. »Ich werde doch meine Braut nicht im Stich lassen,« lachte der Detektiv, »der ich Treue bis in den Tod geschworen habe!« Einige Minuten später war in Evelyns Zimmer niemand mehr zu sehen. SPRACHRAUM 87 Wasser-Prawda | Januar 2015 88 ENGLISH Wasser-Prawda | März 2015 ENGLISH 89 Hans Theessink BY IAIN PATIENCE For the past fifty years or so Hans Theessink has been on the road, an international blues-trail that has taken him from his hometown of Enschede in the Netherlands through the USA, UK, Australia and most of Europe. Each year brings fresh challenges and his well-known Birthday Bashes have spawned CDs, DVDs and become a regular feature in his touring calendar, taking him back home to his base in Austria‘s capital city, Vienna. Theessink started out as a 9-year-old kid with a Mandolin, an instrument that introduced him to playing and which eventually led to his picking up a guitar a few years later. At around the age of 12 or 13, he taught himself his first few basic guitar chords, having previously taken Mandolin lessons. Initially he concentrated on the music of the time, sixties folk-inspired stuff from Pete Seeger, Donovan, Dylan, Woody Guthrie, The Kingston Trio and Joan Baez. He was turned-on to blues after hearing the picking of Big Bill Broonzy on Radio Luxemburg, a chance encounter he describes was ‚a key experience‘ in his musical development: ‚At the time I didn‘t know it was blues but I liked what I heard, beautiful fingerpicking (sounded like three people playing at once), great singing and lots of emotion.‘ He recalls. Before long, the teenage Theessink had discovered the work of Mississippi John Hurt, Leadbelly, Lightin‘Hopkins, Elizabeth Cotton, Sleepy John Estes, Brownie McGhee, Fred McDowell and a raft of others. It would be true to say he never looked back. In about1965 he took his first faltering stage-steps playing in youth-clubs etc., small venues willing to organise a gig, around his Dutch hometown and in neighbouring Germany. From this beginning he has gone on to carve an enviable career for half a century with around 30 albums to his name. He recalls his first recording was in Netherlands with a folk-skiffle band in 1964, his first solo release being an EP, ‚Next Morning At Sunrise‘ in 1970. Although he has no favourite recording, recently he finds himself listening to one of his fairly recent releases, from 1992 , ‚Lifeline‘, an album featuring The Holmes Brothers with Popsy Dixon, who passed recently and Theessink generously says, ‚plays beautifully on that album.‘ Now a pensioner (65+years old), he has cut his touring from around 200 gigs to about 120 gigs a year. Still a significant workload but one that gives him more time for other projects and recording, together with more time at home. Indeed Vienna is the venue for his lauded Birthday Bashes. Starting in 1998, his 50th, there then followed a ten year gap till his next bash to celebrate his 60th birthday when an array of top names - Terry Evans, Cowboy Jack Clement, Donovan, The Dubliners and others - joined him onstage, for a party and double-CD release plus DVD recording of the performance. To mark turning 65, he again played a Bash with the live album, ‚Hans Theessink‘s 65th Birthday Bash‘ following on its heels. Last year, 2014, he hosted anoWasser-Prawda | März 2015 90 ENGLISH ther gig for his 66th birthday and thought to have a break for a few years. Instead, he has been ropedin to another as part of Vienna‘s forthcoming ‚Vienna Blues Spring‘ festival (a month-long music feast), where he will take to the stage on April 5th (Easter Sunday). ‚I‘m working on that right now,‘ he confirms. ‚It‘s going to be interesting.‘ Theessink confirms he has just completed recording his next album ‚ True & Blue‘, with US bluesman Terry Evans, due for release in April. To coincide with the launch, he will again take to the road with a European tour in April and May,with Evans, who has also featured on a number of recent recordings by Theessink., ‚Call Me‘, ‚Visions‘, and ‚Delta Time‘. Theessink first met Evans, a former vocalist with US bluesman Ry Cooder‘s band, at the Winnepeg Folk Festival in Canada in 1991. Since then, they have become firm friends and musical associates: ‚I used to play many festivals in N America. I met Terry at the Winnepeg Folk Festival (he performed in a duo with Bobby King). After our festival performance we had some great jams in the hotel. Around that time I was working on my album, ‚Call Me‘, and invited Terry and Bobby for some backing vocals. They did a great job. Since that time I‘ve worked with Terry on several albums; he was also part of my band for some Wasser-Prawda | März 2015 European and N. American tours. We enjoy singing and playing together and I suggested we do a ‚naked‘ acoustic album. This was ‚Visions‘ recorded in LA it featured Richard Thompson and got great reviews. The follow up was ‚Delta Time‘, where we invited Terry‘s singing colleagues Willie Greene Jnr and Arnold McCuller for some serious backing vocals. We also got Terry‘s ‚old boss‘ Ry Cooder involved.‘ Cooder needs no introduction to both guitar and blues fans, though he does appear to have something of a reputation as being at times difficult. Theessink dispels this myth succinctly: ‚I‘ve been a fan of Cooder since the 1970s and it was a treat to work with him in the studio. He‘s such a tasty player - never stuck for a lick. I was in heaven‘. For now, Theessink is preparing for the Vienna Blues Spring Festival, his Spring tour with Terry Evans in April/May, appearances at Denmark‘s premiere roots music festival in Tonder in August, followed by a transatlantic trip with tour dates in America in October/November. Meantime, the new CD/album, ‚True & Blue‘ hits the market on April 21st, so, far from cutting-back, he seems to have plenty to keep him occupied. Hans Theessink & Terry Evans – TRUE & BLUE Tour 23.04. Oslo, Buckleys (N) 24./25. 04. Trondheim (N), Nidaros Blues Festival 29.04. Esbjerg, Tobakken (DK) 30.04. Roskilde, Gimle (DK) 01.05. Silkeborg, Rampelys (DK) 03.05. Fredericia, Det Bruunske Pakhus (DK) 04./05.05. Hamburg, Cotton Club 06.05. Dortmund, Piano 07.05. Bensheim, Rex 08.05. München, Schlachthof 09.07. Saalfelden, Kunsthaus Nexus (A) 10.05. Fürth, St. Peter + Paul 11.05. Ingolstadt, Neue Welt 13.05. Braunau, Kultur im Gugg (A) 14.05. Kufstein, Kulturfabrik (A) 15.05. Traun, Spinnerei (A) 16.05. Neusiedl am See, Impulse (A) 19.05. Wien, Metropol (A) 21.05. Gleisdorf, Forum Kloster (A) 23.05. Klagenfurt, Volxhaus (A) 25.05. Ehrenhausen, WeinART Zweytick (A) 28.05. Rankweil, Altes Kino (A) 29.05. Rubigen, Mühle Hunziken (CH) 30.05. Baden, Bluesfestival Baden (CH) 01.06. Rovigo Deltablues Festival (I) ENGLISH 91 Memphis, Blues & Elephants AN INTERVIEW WITH JEFF JENSEN BY RAIMUND NITZSCHE WP: Marshall Lawrence from Canada did a very interesting video-series in Memphis in 2014. He asked the people only one question - and I want to ask this question: Why do you love the blues? Blues is an emotion, a history, and a culture. It’s truly so much more than just a ‘music’. I love the Blues because it’s the truest way for me to express and feel real emotion in the most organic way possible. WP: You played the International Blues Challenge three times with your band. How important is such a challenge for blues musicians in the US? Did your carrer was changed after the IBC? The IBC is an amazing thing! We have met so many great people during this event; fans, talent buyers, and other blues artists from around the world. I have learned so much from watching all the great musicians perform, it’s truly priceless and I encourage every blues fan and artist to come to at least one of these! WP: Some musician here in Germany told me in an interview: There‘s no money in the Blues. How difficult is it, to make a living with your music? Or what other jobs do you do? It can be difficult, but to be honest, we are doing just fine. I don’t do anything other than music, I perform lots of live shows and I’ve been blessed with the opportunity to produce albums for some other artist as well. We try to plan well and budget well, and year after year we are growing and we continue to increase our fan base and all that hard work is paying off for us. WP: Starting in April you‘ll come to Europe for a tour. Is this the first time? This will be our first time in Europe and we cannot wait. Europe has a well-founded reputation for supporting Blues music and we are honored that y’all are Wasser-Prawda | März 2015 92 ENGLISH giving us a chance to come perform for you. We are excited to share our music with you as well learn about your amazing cultures, cities and music. WP: How important is Memphis as a music city for your own songs? Has the Beale Street still his own vibe - or is it just a place for tourists today? Memphis has such a powerful culture and history it’s impossible for it not to influence my writing and my music. The soil, water, and air are filled with the vibes creativity. And as for Beale Street, It is frequented by many tourists, but that doesn’t make the music any less authentic. In my opinion, Beale Street today is stronger than it has been in years. There are so many amazing blues and soul artists that perform there every single day. There are also a lot of international touring blues acts that call Memphis home, and many of them play Beale when not on tour. As a matter of fact, we play Rum Boogie Café from time to time when we are home in Memphis. WP: I‘m getting a lot of different music on your new album: Blues, Bluesrock, Boogie Woogie, Soul and also some Jazz - did your parents have a great record collection or how did you find your way into this kind of music? YES they did! I grow up listening to 50’s, 60’s and 70’s rock’n’roll. From there I found all the great music that came before that, like Blues and Jazz. Even though I consider why self a blues artist and a blues fan first and foremost, I do listen to a huge assortment of music, but it all has one this in common; It has soul! I like music the is real, honest and emotional, I don’t care if it’s a singer-song writer or jazz saxophone; if it’s soulful I will probably love it. WP: How important is it, to know the history of the Blues when you want to be a bluesman? It is EVERYTHING! Blues is not just a music, it’s not a series of three chords played in a 12-bar form, it truly is a culture and a history. It is an entire group of people documenting their struggle, view point and emotion. To understand where it all came from and WHY, is the only way to grasp what the point actually is. BLUES IS AN EMOTION, NOT A MUSIC; the music is simply the outlet for expressing it. WP: Which album would be a good start for a young Wasser-Prawda | März 2015 guy who wants to discover the Blues? Led Zeppelin’s early albums are great for that. They are filled with a crazy energy and aggression that captivates younger people. Buddy Guy was the one that really got me in to the blues. When I heard him play the guitar I was hooked!!! Once it’s accepted that ‘blues is alright’ then one can open their minds to where it all came from. We have many artists today that are doing a GREAT job of opening the ‘blues door’ for younger folks. WP: Are Elephants listening to the Blues? Or what‘s the story behind the title of your new album? This is the most lyrically significant album we’ve done and I wanted a title that matched it. The album title “Morose Elephant” is a concept idea. “Morose” having lots of very negative connotations such as; bitter, angry, upset. I then want to use “Elephant” as a powerful spiritual animal representing power, strength, longevity, and stoicism. The idea is we all go through things that are bad or tough, but that doesn’t make us bad, we are just going through a process. So even an Elephant, can have his Morose days, but in the end, he’s still an Elephant. WP: When you sit down to write, what comes first the lyrics, the tune or an idea for a whole song? And what‘s more important for you: the music or the story do you tell in the song? The most important thing to me in a song is that it is honest and real. I don’t want to write fiction, I want to share a part of my soul with the world. So how I write my songs changes from song to song, some songs like “River Runs Dry” and “Ash and Bone” have come to me all at once, music, lyrics, everything. Other songs like “Fall Apart” were created over time. They were written, changed, re-written and then changed again, until they finally fell in place. I try to keep an open mind and an open heart when it comes to song writing, I don’t push it, and I don’t hold it back either, I just let it flow as it will. And if that means I don’t write a song for 6 months or I write 6 songs in one day, so be it. As long as it’s emotional, honest and real, I’m good with it. ENGLISH 93 Laura Holland Band Women in Blues are Special LETTER FROM THE UK #15 BY DARREN WEALE Willkommen zum Brief aus dem Vereinigten Königreich. the Blues. Those ladies have been important since the earliest days, with performers like Memphis Minnie and As this Letter is written, I know Bessie Smith, through to the latest that Nathan Norgel‘s newest show crop, which include fierce guitar on Crossroad Cafe at radio98eins is players like Joanne Shaw Taylor a ‚Women In The Blues‘ special. In and Chantel McGregor. Nor are the UK, the DJ who most celebrates women confined to vocals and women in Blues music is Kevin Black guitar. Victoria Smith is a wellwith his Black on Blues podcast known bassist; Katie Bradley both (http://blackonblues.com/) which sings and blows the harmonica. In frequently showcases the ladies of Detroit, Layla Hall of P-A-U-L and the Detroit Breakdown is an exciting drummer, as is Donna Peters of a (frequently) very loud and very good British act, Albany Down. Of contemporary British vocalists, Connie Lush has been much respected for many years, and younger ones are coming though, such as Laura Holland, Malaya Blue, and more. Behind the scenes, there are ladies who do a great job in other ways. Organise festivals – Colne. Do PR for and with acts - Half Deaf Clatch. More and more could Wasser-Prawda | März 2015 94 ENGLISH be thought up who make costumes, or are the bookers at venues, and so on and on. So, the women in Blues don‘t just deserve a Special, they are Special. It is good news that there is a documentary on the subject coming – see https://www. facebook.com/pages/Women-inBlues/1533486130241267?fref=nf. So I was pleased to see that the Indie B movement which is aiming to provide a hot new identity for the Blues has a T-shirt for the ladies as well as for men. Way to go, Indie B. They have a competition ending on 1st May with Reverbnation that should be of interest to musicians as well. Wasser-Prawda | März 2015 Seid glücklich und erfreut Euch an Eurer Live-Musik und allem was Deutsch ist! Links Alistair Cooke - http://www.bbc. co.uk/programmes/b00f6hbp Indie B competition - http:// www.makingascene.org/reverbnation-and-making-a-scene-teaming-up-to-find-the-best-indieblues/ Albany Down - http://www.albanydown.com/ Laura Holland - http://www.laurahollandband.co.uk/ ENGLISH 95 The Cast of „Selma“. IT’S 2015 AND WE ARE TA LK ING A BOUT B LA CK A ND WH ITE SKIN. WH Y? BY GARY BURNETT I went to see the movie Selma recently. It was quite simply outstanding – utterly engrossing, but also inspiring and challenging. The movie works at a number of levels, including giving us a fascinating insight into Rev. Martin Luther King Jr., but simply in terms of reminding us of the brutal racism that gave rise to the Civil Rights movement in the 1950s and 60s in the US, it is a film that everybody should see. Wasser-Prawda | März 2015 96 ENGLISH Not least because racism has clearly not gone away, not in the United States and not in Europe. Just this past week, a French man returning home from work was abused by a group of visiting English football fans on the French Metro. He was bundled off the train and assaulted verbally with racist chanting. The incident was caught on a mobile phone video and then widely distributed. The victim, Souleymane, who doesn’t want his surname known, said, “It’s 2015 and we are talking about black and white skin. Why?” racism and injustice: One day, when the glory comes It will be ours, it will be ours Oh, one day, when the war is one Intriguingly its says, “One son died, his spirit is revisitin’ us,” clearly a reference to Martin Luther King and his continuing inspiration in the continuing struggle against racism. It’s equally applicable, though, in this context to Jesus, who said “blessed are those who hunger and thirst Why indeed. Yet racism continues to dog our socieafter justice,” and died at the hands of the oppressive ties. In a telling article in the Guardian, Chris Arnade regime of his day, to bring in a new day of peace and recounts: “A week after Barack Obama was elected prejustice. His spirit is available to inspire and empower all sident in 2008, I walked into my old hometown bar in those who would walk in his way of peace and in the central Florida to hear, “Well if a nigger can be presipursuit of justice. dent, then I can have another drink. Give me a whiskey I was greatly taken by the words of Martin Luther King straight up.” Only one day in the town and I thought, in one of his Selma speeches: “Damn the south.”” “A man dies when he refuses to stand Ms Arnade works in Wall Street in New York City, up for that which is right but recognizes that even there, “the poor side of town A man dies when he refuses to stand in New York is still almost entirely dark skinned.” She makes the point that America celebrates the stories of up for justice self-made blacks and Hispanics, the ones who make it, A man dies when he refuses to stand to enable people to forget the others who are not able to up for the truth.” overcome the long odds and everything stacked against them in neighborhoods racked by poverty, unemploy- These are, in fact, words inspired by King’s understanment, crime and drugs. ding of the Bible, of Jesus. David Oyelowo who plays King so convincingly in the movie says of King, “This “Gone,” she says, “is the overt, violent, and legal was a man driven by his spiritual convictions. Anyone racism of my childhood. It has been replaced by a who has seen those speeches can tell there is something subtler version.” But maybe it’s not so subtle – Black flowing through this man other than just intellect. There Demographics suggests that over 28% of black families is a deep spiritual drive within him to see all peoples are living in poverty, compared to around 12% percent experience justice…I share his faith, in terms of being across all races, that blacks are three times more likely a Christian myself, so I know what it is to be taken to be stopped and searched by the police than whites up by something else other than your own intellectual and they constitute 38% of the prison population whilst thoughts.” only accounting for 13% of the population. And that’s before we start discussing recent events in Ferguson or King’s words are a challenge to all of us, of faith or no New York City. faith – in a world full of injustice, how are you and I The song that plays out during the credits for Selma is Glory performed by Common and John Legend. It’s spine-tingling, as it looks forward to a day without Wasser-Prawda | März 2015 going to stand up for justice, for truth, for what is right? ENGLISH 97 Reviews Excellent musicians contribute to the album. Andy Brown on guitar and Diane, Lil Sax ‚Ellis on Alto Saxophone reinforced the message. When selecting the pieces Chris Foreman uses the traditional blues and gospel repertoire. Charlie Parker’s ,Cotton Boy Blues’, ‚Neil Hefti’s ballad ,Lil Darlin‘ (known by Count Basie), Foreman interpreted all the pieces in his very own special way. ,Now is the Time‘ is a timeless Chris Foreman - Now Is The album for demanding, traditionally Time oriented blues- and jazz-lovers. It is Steven Dolins with its fine, exclu- an audiophile album – you should sive Sirens Records label always gua- lean back and listen. rantees extremely exciting and thril- For Chicago travelers: Chris ling album productions in the blues-, Foreman performs each Friday at gospel- and jazz-area. the Green Mill Jazz Club (5 pm to At the beginning of the year he sur- 8 pm). (The Sirens Records SR 5022) prised with the first album that Chris (BK) Foreman has released under his own name. The Chicago bound, blind, 57 year-old B3 virtuoso belongs like Jimmy McGriff and Jimmy Smith to the greatest jazz and blues organists of our time. Chris Foreman became known worldwide through his recordings with the <Deep Blue Organ Trio> and the <Kimberly Gordon Trio>. Foreman does not see himself as the avant-garde - he is a technically brilliant traditionalist. I am extremely impressed with the ease with Eliza Neals - Breaking and which Foreman changes in some of Entering his pieces between the organ and an Detroit is known for its great musiacoustic piano. Although the organ cians. John Lee Hooker, Bob Seger is in the foreground, so it avoids the and Mitch Ryder come from the hint of boredom, I have felt at some Motor City, Motown Records was other production. the dominant style in the 60s and 70s. So great role models for young artists do not lack. Now Eliza Neals occurs with „Breaking and Entering“. The young singer and keyboardist has already released several albums. In 2012 she received the Detroit Music Award. The new album should succeed in Eliza’s decisive breakthrough. The requirements of an international career, she has them all. Eliza Neals voice is perfect for her preferred Blues Rock. She roars rough and unpolished the opener „Detroit Drive“ to sing rather gently „Sugar Daddy“ later. The 12 pieces on the CD are well written and open for Eliza the possibility of using her voice and temperament fully unlocked. A prime example is the ballad-like „Spinning“. Accompanied by Howard Glazer‘s heavy guitar playing Eliza‘s voice dominates the song really great. The subsequent „Breaking and Entering“ is also a special treat. Reviewers compare Eliza with Janis Joplin. Besides the fact that I have been through a lot of Janis successors on stage (and then never heard anything again from most of them), this comparison does not meet Eliza. Here is a spirited young singer on stage, that has developed an own style of singing. She does not copy any model, but seeks and finds its own successfully way in blues(rock). Eliza has won thirteen excellent musicians for collaboration on the album. Very special attention should be given to detroit’s top guitarist Wasser-Prawda | März 2015 98 ENGLISH Howard Glazer. His empathetic dobro- and guitar-play sets the right tone, drives the songs and supports Eliza‘s vocals at it’s best. Howard‘s enthusiasm and commitment to the project is felt and heard. With Eliza Howard and Howard Glazer two musicians cooperate in a way that their interaction produces amazing synergies. I hope that the two will continue their cooperation – it is worth it. (BK) Jorma Kaukonen – Ain‘t In No Hurry feature in the stew to good effect. Eleven tracks include standards like ‚Nobody Knows You When You‘re Down And Out‘; Thomas Dorsey‘s wisecracker, ‚The Terrible Operation‘ and a splendid take on Yip Harburg‘s classic old perenniel, ‚Brother Can You Spare A Dime‘. Woody Guthrie‘s seldom heard/ recorded ‚Suffer The Little Children To Come Unto Me‘ also earns its place. Most of the remainder come from Kaukonen himself. The theme of the album, explains Kaukonen in the sleeve notes, is his thanks for a relatively peaceful, eventful and affluent musical lifestyle that now spans some fifty-plus years. Nowadays, he feels relaxed and content, with no need or pressure to rush around or experiment. Like a jigsaw, his life and music merge as one with tangential support from his oldest and most trusted musical buddies. This is very much an album of the kind that we‘ve come to admire and expect from a genuine acoustic blues master. Iain Patience A new release from Jorma is always welcome and eagerly anticipated by his legion of fans worldwide. ‚Ain‘t In No Hurry‘ is a typically laid-back bit of work with Kaukonen‘s trademark, spicy guitar-work and gripping gritty vocals both working full tilt. As usual these days, he‘s joined by his old buddy from Jefferson Airplane rock-star days, and Hot Tuna Bassman the incomparable Jack Casady together with Tuna Mando-man, Barry Mitterhoff. As a result, there is a clear Tunaesque feel and aim to the album. Larry Laurence Jones – What‘s It Campbell and Teresa Williams also Gonna Be Wasser-Prawda | März 2015 The latest, third, release from young, hot-shot British rock-bluesman, Laurence Jones is a true cracker. A wonderful album of searing guitar work coupled with some deft lyrics that have a stamp of confidence and maturity about them that simply belie his relatively tender years and must speak volumes of what might yet lie tantalisingly in store for the years ahead. All eleven tracks are solid, full of positively pounding guitar riffs and runs and licks that echo many of his personal early influences - Walter Trout (whose band he has already played with); old Slowhand Clapton; Albert Collins and Rory Gallaher. There are also shades of Stevie Ray Vaughan there, I‘m sure. Jones featured heavily in last year‘s blues charts with both his own album, ‚Temptation‘ gathering accolades worldwide and his participation on German record company Ruf‘s talent showcase album ‚ Blues Caravan 2014‘. There‘s no doubt this guy has a warm, wonderful musical future ahead of him, with praise coming from his musical peers, the media and a growing army of global fans. When you take Jones‘ lyrics, great fretwork and add a powerful, mature voice to the mix, you end up, as here, with a genuine bit of quality. On one track he is joined on support vocals by Scot, Sandi Thom, and on another by New York siren, Dana Fuchs. Both lend a strength and purpose to the project. A highly recommended release. (Ruf Records) Iain Patience ENGLISH Ron Hacker & The Hacksaws - Goin‘ Down Howlin‘ Ron Hacker, born in 1945, for me is one of the most compelling and honest blues men of our time. The Slide Virtuoso, who is based since long years in San Francisco is not known in vain as the ‚White Trash Blues Man>. He calls in his texts clearly what touches him and his fellow man and he is not afraid before clear statements. The Baby is gone or the whiskey tastes too well, those are not his subjects. You can convince yourself by listening to the seven albums he has recorded - partly as Ron Hacker & the Hacksaws or Ron Hacker. Friends of something harder pace will be happy with the albums <Back Door Man> (2000) and <Burnin‘> (2003). For friends of solo or Club performances <Bad Boy> (2007) and ‚Live in San Francisco> (2012) is a must. Ron has occurred in all major West Coast festivals including the Monterey Jazz Festival, as well as in Europe (including Germany). Unfortunately, it has not yet given the big breakthrough in our area Ron Hacker is still an insider’s tip. Hopefully his just-released CD <‘Goin‘ Down Howlin ‚> will change 99 that marries traditional 1930s acoustic blues with a few standard traditional folk songs to provide this 12-track album. Red is already gaining prominence in the vibrant Swedish blues scene with festival appearances and gigs and with this interestingly, fresh release should also now reach a wider blues audience beyond the Baltic. Tracks covered include Tom Dickson‘s ‚Labour Blues‘; When the Levee Breaks‘; ‚Hesitation Blues‘; Willie McTell‘s classic ‚Statesboro Blues‘; ‚Millman Blues‘ from Bily Bird; ‚Crazy Blues‘ by Perry Bradford - a good, strong opener here - and John Hurt‘s ‚Frankie and Albert‘. From the very off it‘s apparent where the moniker ‚Shoutin‘ originates, as Nielsson‘s voice hammers out the lyrics alongside some fine, well aimed acoustic guitar-work. At times, the vocal delivery is reminiscent of Rory Block, another fi ne blues-woman with a strong voice and positive presence. And while Red‘s fretwork has yet to reach the heights of Block‘s picking, there is clearly scope and time for development in that department. With strong emotional and enthusiastic support from another couple of Sweden‘s better known players who both fancy her chances in the big, bad blues world, - Brian Kramer and Sofie Reed - Shoutin‘ Red looks like she‘ll be needing little more introduction in the near future. If there‘s Shou n‘ Red – Introducing a weakness in this release, it probably ‚Introducing‘ is exactly that, an intro lies in the folk-based material which to a new kid on the Scandinavian is largely unnecessary here. Overall blues block. From Sweden, Felicia a new voice worth catching and a Nielsen, aka Shoutin‘ Red, is a new, more than decent first album. young performer with a debut release Iain Patience that. Ron Hacker (guit., voc.) & his Hacksaws - Artis Joyce (bass) and Ronnie Smith (drums) - engage extent on great songs of blues music. Ron contributes with the opener <Evil Hearted Woman> (acoustic) and <Big Brown Eyes> successfully own compositions that have a good chance to become classics itself. The other 9 pieces are written by Little Walter (<Hate to see you go>), Sleepy John Estes (<Ax sweet Mama>), Jimmy Reed (<Baby what you want me to do>) and others. Chuck Berry‘s <Nadine> is represented as well as Chester Burnett‘s‘ <Howling for my Darling>. Ron Hacker presents a harmonious blend of some classic popular songs on his very own, intoxicating nature. Hacker is a seasoned, mature musician far from mainstream and any image complexes. Listening to him is a great experience to see him live on stage is one of my unmet needs. (BK) Wasser-Prawda | März 2015 In der Gedenkstätte Ravensbrück trifft die Enkelin von Danuta Sombrowicz auf einen Fürstenberger Historiker. Dani, deren „Baba“ im Konzentrationslager die eigene Identität aufgeben musste, und Simon, dessen Großvater einst den Lagerkommandanten die Haare schnitt, kommen sich auf ihrem Weg durch die Geschichte näher. Zwei Generationen später findet etwas zusammen, was lange nicht zusammen gedacht werden konnte. Uwe Saeger nähert sich dieser Vergangenheit mit der ihm ganz eigenen Sprache – zuweilen schroff wie die Landschaft, in der er geboren ist, derb wie die Menschen dort und immer einfühlsam und treu seinen Figuren gegenüber. Ihm gelingt ein Text, der die individuellen Traumata und die der Region beschreibt. Dabei stellt er die großen Fragen im Kleinen, ganz subjektiv und persönlich. Ab 17.04.2015 ihm Handel Uwe Saeger: Gott in Ketten 114 Seiten; Softcover; 14,8 x 21,0 cm ISBN: 978-3-943672-59-6 13,95 EUR (D)