imZentrum.04 - Helmholtz Zentrum München

Transcription

imZentrum.04 - Helmholtz Zentrum München
das Mitarbeitermagazin
imZentrum.04
Sommer 2010
Gesundheitsforschung
in Deutschland
8
Interview zur Gesundheitsforschung
Ministerialdirektorin Bärbel Brumme-Bothe
26
Ansichten eines Humboldt-Preisträgers
Prof. Dr. Gottfried Otting
imZentrum 32 | 33
Rätsel
Gerätselt
Wissen Sie, wo dieses Foto aufgenommen wurde? Dann tragen
Sie Ihre Lösung unter nip.helmholtz-muenchen.de/imzentrum ein.
Drei Mitarbeiter mit der richtigen Lösung gewinnen!
imZentrum
2|3
Liebe Leserinnen
und Leser,
„Helmholtz Zentrum München – Forschung, die bewegt“ – das war
unser Motto beim Firmenlauf B2RUN und rund hundert Mitarbeiter
liefen mit. Eine derart bewegungsfreudige Community verwirklicht den
Leitgedanken auch im Forschungsalltag: Dank innovativer Konzepte,
exzellenter technischer Ausstattung und einem breiten Angebot an Fortbildungen (S. 24) ist das Deutsche Forschungs­zentrum für Gesundheit
und Umwelt stets in Bewegung – und bietet dadurch ein zukunftsweisendes, inspirierendes Forschungsumfeld.
Ein herausragendes Beispiel für Fortschritt in diesem Sinne ist die
Gradu­ierten-Schule HELENA. Mit der Helmholtz Graduate School Environmental Health bietet das Zentrum Doktoranden die Möglichkeit,
sich strukturiert und fachspezifisch auf höchstem Niveau auszubilden
und von dieser „Poleposition“ aus direkt durchzustarten (S. 14). Doch
nicht nur das persönliche Vorwärtskommen ist garantiert: Die Graduierten-Schule richtet sich auch nach den Bedürfnissen der Gesellschaft und stellt sich zudem den Anforderungen der Industrie, wie der
Wissenschaftliche Geschäftsführer Prof. Dr. Günther Wess im Interview
(S. 15) erklärt. „HELENA“, sagt Wess, „bricht Elfenbeintürme auf“.
Heraus aus dem traditionellen „Denken in Säulen“ – dafür spricht sich
auch unsere neue Aufsichtsratsvorsitzende Ministerialdirektorin Bärbel
Brumme-Bothe aus (S. 8). Das am 12. Juli eröffnete Comprehensive
Pneumology Center (S. 6) ist für sie ein Musterbeispiel für die erfolg­
reiche Vernetzung sowohl von universitärer und außeruniversitärer als
auch klinischer und experimenteller Forschung. Um diese neuen Wege
zu gehen, sind auch Aufsteiger wie Dr. Dr. Melanie Königshoff nötig
(S. 20). Leute wie sie wagen „den entscheidenden Schritt“ in die Zukunft und ermöglichen dadurch Forschung, die wirklich etwas bewegt.
Dass wir schon heute gut unterwegs sind, zeigt nicht zuletzt die Feststellung des renommierten Humboldt-Preisträgers Prof. Dr. Gottfried
Otting: Während seines Forschungsaufenthalts am Bayerischen NMRZentrum bewunderte der Wahl-Australier, dass an dieser vernetzten Institution „Know-how wie nirgendwo sonst auf der Welt“ vereint ist (S. 26).
Sie sehen: Am Zentrum ist viel in Bewegung. Die Redaktion imZentrum
möchte Sie, liebe Leser, auf dem Laufenden halten, indem sie Ihnen
Neuigkeiten, Hintergründe und Bemerkenswertes übersichtlich und unterhaltsam präsentiert. Das Forum Corporate Publishing e. V. hat dieses
Konzept kürzlich mit dem Silber-Award des Best of Corporate Publishing
2010 ausgezeichnet. Das Redaktions-Team weiß, dieser Erfolg konnte
nur durch die Unterstützung vieler Mitarbeiter erzielt werden und sagt
deshalb an dieser Stelle jedem Einzelnen: Herzlichen Dank!
Ihr
Sven Winkler, Leiter Abteilung Kommunikation
sven.winkler@helmholtz-muenchen.de
Unter www.helmholtz-muenchen.de/imzentrum haben Sie die Möglichkeit,
Anregungen zum Mitarbeitermagazin an die Redaktion weiterzuleiten.
INHALT
2
6
8
12
14
13
16
23
20
26
18
30
36
19
24
34
38
39
imZentrum
rum
Im Zent be:
usga
dieser A
t si
e
h
d
n
G es u ch u n g
fors land
ch
in Deuts
Gerätselt
2 Unbekannter Campus
Stattgefunden
6 Eröffnung des Comprehensive Pneumology Center
Wegweiser
8 Interview mit Ministerialdirektorin Bärbel Brumme-Bothe
12 Deutsche Zentren der Gesundheitsforschung
13 Aufsichtsrat: Drei Fragen an Martin Reichel
Durchstarter
14 Ausbildung am Zentrum
16 HELENA
18 Aus- und Fortbildung
Gezählt
19 Die Zahl im Zentrum
Aufsteiger
20 Einfach schwimmen
Bemerkt
23 Von luftigen Höhen und irdischen Gegebenheiten
Schon gewusst
24 Angebote zur Aus- und Fortbildung
Globetrotter
26 Ansichten eines Humboldt-Preisträgers
Hingucker
30 Kunst schafft erweiterte Wahrnehmung
34 Veröffentlicht
Netzwerker
36 Isodetect: Die Grundwasserdetektive
Über die Schulter geschaut
38 Der Lauftreff
39 Aufgefallen
39 Impressum
4|5
stattgefunden
Eröffnung des Comprehensive
Pneumology Center
Prof. Dr. Annette Schavan und der bayerische Wissenschaftsminister, Dr. Wolfgang Heubisch, gaben am 12.
Juli 2010 den offiziellen Startschuss für das Com­pre­
hensive Pneumology Center (CPC). Viel laufen mussten
die Minister bei Ihrem Rundgang nicht, denn Kenn­
zeichen und wesentlicher Pluspunkt des CPC sind die
extrem kurzen Wege: In einem Gebäude und aufs Engste
verknüpft, arbeiten die vier Partner – neben dem Helmholtz Zentrum München sind das die Ludwig-Maxi­
milians-Universität München und ihr Klinikum sowie
die Asklepios Fachkliniken München-Gauting – daran,
Diagnose, Therapie und Prävention der häufig lebensbedrohenden Lungenerkran­kungen zu verbessern.
Gruppenbild mit Ministern, Partnern des CPC und Geschäfts­
führern des Helmholtz Zentrums München (v.l.n.r.): Prof. Dr.
Stefan Endres, Klinikum der Ludwig-Maxi­milians-Universität, Dr.
Nikolaus Blum, Kaufmännischer Geschäftsführer des Helmholtz
Zentrums München, Prof. Dr. Burkhard Göke, Ärztlicher Direktor
des Klinikums der Universität München, Prof. Dr. Annette Schavan,
Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Günther
Wess, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Helmholtz Zentrums
München, Dr. Wolfgang Heubisch, Bayerischer Staatsminister für
Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dr. Tobias Kaltenbach, Vor­
sitzender der Geschäftsführung Asklepios Fachkliniken, Prof. Dr.
Oliver Eickelberg, Leiter des Comprehensive Pneumology Center.
stattgefunden
1
2
4
5
6
8
9
3
7
10
Nach der Pressekonferenz (1) besichtigten die Minister die Patienten-Ambulanz im Erdgeschoss und die experimentellen Labore im ersten Stock
(2, 3). In anschließenden Fachvorträgen betonten die Minister (9: Prof. Dr.
Annette Schavan, 10: Dr. Wolfgang Heubisch), Prof. Günther Wess (6), die
Partner des CPC (5: der Leiter des CPC, Prof. Dr. Oliver Eickelberg), die Leiterin
der Stiftung AtemWeg, Kerstin Freifrau von Aretin (8), und die Patientin
Susanne Link (7) die Bedeutung der Lungen­forschung für die Gesundheit der
Bevölkerung. Auf der von der ZDF-Moderatorin Kay-Sölve Richter moderierten Podiumsdiskussion sprachen die Partner über die exzellenten Möglichkeiten, die durch die Vernetzung am CPC entstehen (4).
imZentrum
Stattgefunden
1. Halbjahr 2010
Aufsichtsratsvorsitzende besucht den Standort Großhadern
2
Die neue Aufsichtsratsvorsitzende Ministerialdirektorin Bärbel Brumme-Bothe
informierte sich am 10. Mai über die Forschungsschwerpunkte Diabetes und
Lungenerkrankungen am Zentrum. Sie betonte, dass „die Erforschung großer
Volkskrankheiten eine zentrale Herausforderung für unsere Gesellschaft ist, der
3
sich das Helmholtz Zentrum
mit Erfolg insbesondere in den Bereichen Lungenund Diabetesforschung stellt.“ Mit Prof. Dr. Oliver Eickelberg besichtigte die Aufsichtsratsvorsitzende die Räume des Comprehensive Pneumology Center (CPC).
Französische Forschungsministerin zu Gast im Zentrum
Die französische Forschungsministerin Valérie Pécresse informierte sich am
18. Mai über die Forschungsinhalte und über die Vernetzung des Zentrums in der
Region München. Sie wurde von einer hochrangigen Delegation aus Vertretern
von Ministerien, Universitäten und weiteren Forschungseinrichtungen begleitet.
Pécresse zeigte sich von der Forschungsdichte und der exzellenten Forschungs­
qualität am Standort München beeindruckt: „München gilt zu Recht als einer der
führenden Biotechnologiestandorte Europas. Das Helmholtz Zentrum München
leistet hierfür einen entscheidenden Beitrag.“
Wissenschaftsreferenten informieren sich über Ziele des Zentrums
Eine Delegation von 22 Wissenschaftsreferenten ausländischer Botschaften
informierte sich am 10. Mai über Organisation und Forschungsschwerpunkte des
Zentrums sowie dessen Vernetzung am Standort München. Der Besuch war
Auf­takt einer vom Internationalen Büro des Bundesministeriums für Bildung
und Forschung organisierten Informationsreise an den Wissenschafts- und
Forschungs­­­­­­­standort München. Ministerialrätin Andrea Noske aus dem BMBFGeschäftsbereich Euro­päische und internationale Zusammenarbeit in Bildung
und Forschung (Referats­leitung Grundsatzfragen, Internationalisierungsstrategie)
begleitete die Delegation.
Tag der offenen Tür im Gästehaus
Am 23. Juni 2010 präsentierte sich das Gästehaus des Helmholtz Zentrums München
in Unterschleißheim: Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen besichtigten
die komfortablen Wohnmöglichkeiten, die allen Gästen des Zen­trums gegen
eine geringe Miete zur Verfügung stehen. Das Gästehaus verfügt über 22 Wohn­
ein­­­heiten (eine Familienwohnung, drei Ein-Zimmer-Appar­tements sowie 18
Einzelzimmer mit Zusatzbett) mit Internetanschluss. Waschmaschinen und Trockner stehen den Gästen kostenlos zur Verfügung, die wöchentliche Reinigung
ist kostenlos. Interessenten können sich informieren unter Tel.: 089 3187 - 2738,
E-Mail: gaestebetreuung@helmholtz-muenchen.de
6|7
Wegweiser
Ministerialdirektorin Bärbel Brumme-Bothe ist die neue Aufsichtsratsvorsitzende des
Helmholtz Zentrums München. Im Interview mit imZentrum erläutert sie, welche
Impulse unser Zentrum der Gesundheitsforschung in Deutschland gibt, warum ein klares
Forschungsprofil so wichtig ist und welche Ziele das Bundesministerium für Bildung
und Forschung für die Zukunft der Gesundheitsforschung in Deutschland verfolgt
imZentrum
8
8|9
Interview
Bärbel Brumme-Bothe
„Den Weg konsequent
weitergehen“
imZentrum: Frau Brumme-Bothe, seit April 2010 sind Sie Aufsichts-
ratsvorsitzende des Helmholtz Zentrums München. Was bedeutet diese
Tätigkeit für Sie?
Brumme-Bothe: Ich freue mich darüber, Aufsichtsratsvorsitzende
des Helmholtz Zentrums München zu sein! Ich kenne das Zentrum
schon sehr lange: Bereits in den 80er und 90er Jahren habe ich mit der
GSF beim Thema Umweltforschung und mit dem Projektträger beim
Thema Klimaforschung eng zusammengearbeitet. In der Zwischenzeit
hat sich viel getan. Das Zentrum hat neue, spannende Aufgaben
übernommen. Ich will mich dafür einsetzen, dass die Wissenschaft
möglichst optimale Arbeitsbedingungen hat und möchte die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung
und den Forschungseinrichtungen fördern. Als Aufsichtsratsvorsitzende
vermittle ich auch zwischen den unterschiedlichen Auf­gaben von Politik
und Wissenschaft.
„Die Zusammenarbeit mit den Zentren geht über die
zwei gemeinsamen Aufsichtsratssitzungen weit hinaus.“
imZentrum: Welche Erfahrungen haben Sie mit der Helmholtz-
Gemeinschaft?
Schon bevor ich die Abteilung 6 im BMBF [ siehe
Kasten S. 11 ] und den Aufsichtsratsvorsitz der Helmholtz-Gesundheits­
zentren übernommen habe, habe ich einen Großteil meiner Arbeitszeit
der Helmholtz-Gemeinschaft gewidmet. In meiner vorherigen Abteilung
habe ich den Aufsichtsgremien der Helmholtz-Zentren in Jülich (FZJ),
Karlsruhe (FZK), Potsdam (GFZ), Bremerhaven (AWI) und Hamburg
(DESY) vorgestanden. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist wichtig für die
deutsche Forschungslandschaft und in der Lage, aktuelle Themen mit
besonderer Bedeutung für unsere Gesellschaft schnell aufzugreifen;
Brumme-Bothe:
so kamen beispielsweise die Allianzen für Klima und Energie zustande.
Innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft hat der Forschungsbereich
Gesundheit eine Vorreiterrolle, was die Abstimmung der Zentren untereinander anbelangt: Das Management Board Gesundheit, in dem sich
die Vorstände der Gesundheitszentren regelmäßig austauschen, sollte
den anderen Forschungsbereichen Vorbild sein.
imZentrum: Wie arbeiten Sie mit den Zentren zusammen?
Brumme-Bothe: Die Zusammenarbeit geht über die zwei gemein-
samen Aufsichtsratssitzungen im Jahr weit hinaus. Mir persönlich ist
ein enger Kontakt wichtig. Deshalb habe ich mich über die Arbeit jedes
Gesundheitszentrums schon vor den ersten Aufsichtsrats- beziehungsweise Kuratoriumssitzungen vor Ort informiert, in München war ich
am 10. Mai. Hier hat mich die Neuausrichtung mit dem Diabeteszen­
trum und dem Translationszentrum CPC sehr beeindruckt. Ich möchte
mich mit den Geschäftsführern regelmäßig austauschen. Dazu ergeben
sich innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft viele Gelegenheiten: Bei
der Zeugnis-Übergabe für die Führungskräfte-Akademie im Juni waren
beispielsweise Vorstände aus allen Gesundheitszentren anwesend. Darüber hinaus telefonieren und mailen wir. Ich nehme meine Funktion
für die Zentren sehr ernst und widme ihnen einen großen Teil meiner
Arbeitszeit. Viel Energie verwende ich derzeit auch auf die künftigen
Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung.
imZentrum: Warum werden die Deutschen Zentren der Gesundheits-
forschung gegründet?
… um die großen Volkskrankheiten – Lungen­
erkrankungen, Diabetes mellitus, Krebs, Infektionen, Herz-Kreislaufund neurodegenerative Erkrankungen – effizient bekämpfen zu können.
Dafür ist Erfolg in der Translation elementar, also: die Forschungsergebnisse zu den Menschen zu bringen. Die Medizin muss stärker auf den
Brumme-Bothe:
Wegweiser
Deutsche Forschungslandschaft
Die deutsche Forschungslandschaft gliedert sich in universitäre
und außeruniversitäre Forschung. Außeruniversitär bestehen
vier Organisationen: die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher
Forschungszentren e. V., der das Helmholtz Zentrum München
angehört, die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm
Leibniz e. V., die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaften e. V. und die Fraunhofer-Gesellschaft.
Zahlen außeruniversitärer Forschung
Helmholtz-Gemeinschaft:
16 Forschungszentren, ca. 30 000 Beschäftigte,
Gesamt-Jahresbudget ca. 3 Mrd. € (90 % Bund, 10 % Land)
Fraunhofer-Gesellschaft:
über 80 Forschungseinrichtungen, ca. 17 100 Mitarbeiter,
Gesamt-Jahresbudget ca. 1,6 Mrd. € (90 % Bund, 10 % Land)
Leibniz-Gemeinschaft:
86 Einrichtungen, ca. 16 100 Beschäftigte,
Gesamt-Jahresbudget ca. 1,3 Mrd. € (50 % Bund, 50 % Land)
Max-Planck-Gesellschaft:
80 Institute und Forschungseinrichtungen, ca. 13 300 Mitarbeiter,
Gesamt-Jahresbudget ca. 1,3 Mrd. € (50 % Bund, 50 % Land)
Quellen:
www.helmholtz.de, www.leibniz-gemeinschaft.de,
www.mpg.de, www.fraunhofer.de
Erkrankungen (DZNE). Es besteht aus einem Kernzentrum und Außenstellen. Außenstellen sind bei Helmholtz nicht neu: Das Helmholtz­
zentrum für Schwerionenforschung hat Außenstellen in Mainz und Jena,
das Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung eine in Saarbrücken.
imZentrum: Welches ist das zweite Modell und wie unterscheidet es
sich vom DZNE?
Patienten zugeschnitten werden. Dazu bringen wir alle Beteiligten
zusammen: die außeruniversitäre Forschung ebenso wie die medi­
zinischen Fakultäten und die Universitätsklinika. Auch die Arbeitsgruppe des Gesundheitsforschungsrats, die wir zu diesem Thema einberufen haben, vertritt die Ansicht, dass wir nur mit vereinten Kräften
Erfolge erzielen können. Nachhaltige Strukturen dieser Art gibt es
bisher nicht, deshalb will das BMBF jetzt die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen und die Erforschung der großen Volkskrank­
heiten voranbringen.
imZentrum: Wie arbeiten die Deutschen Zentren der Gesundheits­
forschung?
Innerhalb der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG) forschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
gemeinsam an neuen Erkenntnissen zur Vorbeugung sowie an Diagnoseund Therapiemöglichkeiten für die großen Volkskrankheiten. Die DZG
sind der Bundesministerin Frau Professor Schavan ein wichtiges An­
liegen. Also überlasse ich nichts dem Zufall: Ich habe mich intensiv um
die Ausschreibungstexte gekümmert, als nächstes kommt das mehr­
stufige Auswahlverfahren für die Partnerstandorte auf uns zu.
Brumme-Bothe:
Das zweite Modell ist das DZD, das Deutsche
Zentrum für Diabetesforschung e. V., das vom Helmholtz Zentrum
München koordiniert wird und als Verbund angelegt ist. Das Helmholtz
Zentrum München leitet die Mittel als Projektförderung an die Partner
weiter. Es hat hier Vorbildfunktion für den Aufbau der Deutschen
Zentren: Weil bereits Erfahrungen mit dem zweiten Modell bestehen,
kann es für die Organisation der neuen Zentren Pate stehen und sie
unterstützen.
Brumme-Bothe:
imZentrum: Nach welchen Gesichtspunkten wird das Modell für das
jeweilige Deutsche Zentrum der Gesundheitsforschung ausgewählt?
Das jeweilige Modell wird in der Ausschreibung
vorgegeben: Das Deutsche Konsortium für translationale Krebsforschung wird dem DZNE-Modell folgen, die übrigen dem DZD-Modell.
Brumme-Bothe:
„Das Helmholtz Zentrum München hat für den Aufbau
der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung
Vorbildfunktion.“
imZentrum: Wie verändern die Deutschen Zentren der Gesundheits-
imZentrum: Wie werden die Deutschen Zentren der Gesundheits­
forschung aufgebaut?
Brumme-Bothe: Es gibt bereits zwei rechtlich und organisato­risch
unterschiedliche Modelle: Das erste Modell ist das zur HelmholtzGemeinschaft gehörende Deutsche Zentrum für Neurodegenerative
forschung unsere Forschungslandschaft?
Sie wirken der Versäulung, also der Trennung von
außeruniversitärer und universitärer Forschung, entgegen und bündeln
die national vorhandenen Kompetenzen aller an der Forschung beteiligten Partner. Dazu brauchen wir neue Formen der Kooperation, die in
Brumme-Bothe:
imZentrum 10 | 11
den Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung etabliert werden:
institutionalisierte, einrichtungsübergreifende Zusammenarbeit.
imZentrum: Welche Rolle spielt dabei die Helmholtz-Gemeinschaft?
Brumme-Bothe: Die Helmholtz-Gemeinschaft kann neue Koopera-
tionsformen zwischen universitärer und außeruniversitärer Forschung
schaffen und strukturelle Veränderungen positiv begleiten. Das hat
sie schon im Rahmen der bereits bestehenden Deutschen Zentren der
Gesundheitsforschung und bei der Exzellenzinitiative bewiesen: Die
Jülich Aachen Research Alliance (JARA) ist eine Kooperation zwischen
Forschungszentrum Jülich und der Rheinisch-Westfälischen Technischen
Hochschule (RWTH) Aachen, in Karlsruhe haben das dortige Helmholtz
Zentrum FZK und die Universität Karlsruhe sogar fusioniert zum Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Wir können in der HelmholtzGemeinschaft längerfristig an wichtigen Forschungsthemen arbeiten
und große Infrastrukturen aufbauen und nutzen. Auch die Deutschen
Zentren der Gesundheitsforschung sollen deutlich über den üblichen
Förderhorizont von fünf Jahren hinaus bestehen.
Die Helmholtz-Zentren bieten gute Arbeitsbedingungen und eine
hervor­ragende Infrastruktur. Das gilt nicht nur für den Arbeitsplatz des
oder der Berufenen, sondern auch für die sogenannten Soft Skills: Die
Partner werden durch Dual Career Programme unterstützt, den Familien wird bei der Suche nach Kinderbetreuungsplätzen oder nach internationalen Schulen geholfen. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung. Nicht zuletzt ist aber für die Gesundheitsforschung in Deutschland
die Förderung der Nachwuchswissenschaftler entscheidend: Auch die
nächste Generation der Wissenschaftler soll international nicht nur
mithalten können, sondern führend sein. Mit der neuen Helmholtz Graduate School Environmental Health (HELENA) und dem Lungenkolleg
ist das Helmholtz Zentrum München auch hier vorne mit dabei.
imZentrum: Zurück zum Helmholtz Zentrum München: Wie war Ihr
erster Eindruck?
Sehr positiv! Das Zentrum leistet zur Erforschung
der großen Volkskrankheiten schon heute einen wichtigen Beitrag,
insbesondere im Bereich der Lungen- und der Diabetesforschung.
Dafür war die Neuausrichtung der letzten Jahre wichtig, denn im Wettbewerb um die internationale Führungsposition ist neben exzellenter
Forschung ein gutes Profil entscheidend. Verzetteln lohnt sich nicht.
Deswegen möchte ich das Helmholtz Zentrum München ermutigen,
den Weg konsequent weiter zu gehen.
Brumme-Bothe:
„Diabetes und Lunge sollen im Mittelpunkt stehen
und ganz klar auf Translation ausgerichtet sein.“
imZentrum: Was erwarten Sie vom Helmholtz Zentrum München?
Brumme-Bothe: Ich erwarte, dass die Entwicklungen der letzten
Jahre verstetigt werden. Diabetes und Lunge sollten im Mittelpunkt
stehen und ganz klar auf Translation ausgerichtet sein. Das Helmholtz
Zentrum München ist der zentrale Partner beim Aufbau der Deutschen
Zentren für Diabetes- und Lungenforschung. Dazu soll es seine eigene
Kompetenz weiter ausbauen, sich aber auch mit Hilfe von regionalen
und internationalen Kooperationen gezielt stärken.
imZentrum: Wie sehen Sie die Gesundheitsforschung im internationa-
len Wettbewerb?
Bei allen Gesundheitszentren der HelmholtzGemeinschaft beobachte ich, dass der Standort Deutschland attraktiv
ist und konkurrenzfähige Rahmenbedingungen für die Forschung
bietet: Hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen
im Rahmen gemeinsamer Berufungen mit den Universitäten nach
Deutschland. Dies gilt sowohl für Wissenschaftler anderer Nationalitäten als auch für deutsche Wissenschaftler, die zurück kommen.
Brumme-Bothe:
Bärbel Brumme-Bothe wurde zum 13. April 2010 als Vertreterin
des Bundes und als Vorsitzende in den Aufsichtsrat des Helmholtz
Zentrums München entsandt. Sie folgt damit Dr. Peter Lange, der
in Pension gegangen ist. Brumme-Bothe ist Diplom-Meteorologin.
Nach kurzer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim
Deutschen Wetterdienst arbeitete sie als Referentin im damaligen
Bundesministerium für Verkehr (BMV). 1988 wechselte sie in das
spätere Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Dort bekleidete sie Positionen in verschiedenen Referaten.
Ab Oktober 1999 war Brumme-Bothe für die CDU / CSU-Fraktion im
Deutschen Bundestag tätig. Ende 2005 kehrte sie als Leiterin des
Ministerbüros und des Leitungsstabes in das Bundesministerium
für Bildung und Forschung (BMBF) zurück. Im Mai 2007 übernahm
Brumme-Bothe die Leitung der Abteilung „Zukunftsvorsorge –
Forschung für Kultur, Grundlagen und Nachhaltigkeit“. Seit 15. März
2010 leitet sie die Abteilung 6 „Lebenswissenschaften – Forschung
für Gesundheit“ im Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Das Gespräch führten Sven Winkler und Dr. Brigitte Keller
Wegweiser
Deutsche Zentren der Gesundheitsforschung
Sechs Deutsche Zentren für Gesundheitsforschung werden sich auf die großen Volkskrankheiten konzentrieren.
Zwei bestehen bereits: das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Bonn und das Deutsche
Zentrum für Diabetesforschung e. V. als deutschlandweiter Verbund
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative
Erkrankugen (DZNE): Außenstellenmodell
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung e. V. (DZD):
Verbundmodell
Die Forschung im DZNE betreiben folgende Kooperationspartner:
Die Forschung im DZD betreiben folgende Kooperationspartner:
Bonn-Köln-Jülich • Rheinische Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn ­• Universitätsklinikum Bonn
• Stiftung caesar • Forschungs­zentrum Jülich
• Kompetenznetz Degenerative Demenzen (KNDD)
• Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns Köln
Göttingen • Universitätsmedizin Göttingen
Rostock /
Greifswald
Magdeburg • Otto-von-GuerickeUniversität Magdeburg • Universitätsklinikum Magdeburg • Leibniz-Institut
für Neuro­biologie Magdeburg
München • Ludwig-Maxilimians-Universität
• Technische Universität München
• Klinikum rechts der Isar der TU München
• Klinikum der Universität München
• Helmholtz Zentrum München –
Deutsches Forschungszentrum
für Gesundheit und Umwelt
Rostock / Greifswald
• Universität Rostock
• Universitätsklinikum Rostock
• Ernst-Moritz-ArndtUniversität Greifswald
• Universitätsklinikum
Greifswald
Tübingen • Eberhard-KarlsUniversität Tübingen
• Universitätsklinikum Tübingen
• Gemeinnützige Hertie-Stiftung
Potsdam
Magdeburg
Düsseldorf
Bonn-Köln-Jülich
Paul Langerhans Institut Dresden, Universitäts­
klinikum C.G.C. Dresden Erforschung der Patho­
physiologie des Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2.
Schwerpunkt: Mechanismen der Zerstörung und /
oder eingeschränkten Funktion pankreatischer
Betazellen und unzureichender Insulinausschüttung
Witten • Private Universität
Witten /Herdecke
Forschungsschwerpunkte des DZNE
• Das Zusammenspiel zwischen neuronalen
Schäden und deren Reparatur erforschen
DIfE – Deutsches Institut für
Ernährungsforschung PotsdamRehbrücke, Mitglied der LeibnizGemeinschaft Untersuchung
ernährungs­bedingter Erkrankungen wie Diabetes mellitus
Typ 2, um neue Strategien zur
Prävention und Therapie zu
entwickeln. Mausmodelle,
prospektive Kohorten, Interventionsstudien als Präven­
tionsnachweis
Helmholtz Zentrum
München – Deutsches
Forschungszentrum für
Dresden
Gesundheit und Umwelt
Diabetes als Schwerpunkt im
Aufbau. Integrativer Ansatz, der Grundlagenforschung und translationale Forschung
bis hin zu klinischen Studien verbindet
Göttingen
Witten
•N
eue Krankheitsmechanismen aufklären und
experimentelle Krankheitsmodelle entwickeln
Deutsches Diabetes-Zentrum DDZ –
Leibniz-Zentrum für Diabetes­­forschung an der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Beiträge zur Reduzierung der individuellen
und gesellschaftlichen Belastung durch
Diabetes. Vernetzung molekularer,
zellbiologischer, klinischer und epidemiologischer Ansätze
Tübingen
• Neue Risikofaktoren der Neurodegeneration
identifizieren
• Die Rolle gemeinsamer Risikofaktoren wie
Altern, Diabetes und Depression erforschen
München
Paul Langerhans Institut Tübingen,
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Pathogenese des Diabetes mellitus Typ
2. Molekulare Mechanismen der zellulären
Insulinresistenz, insbesondere in Skelettmuskel,
Leber und Gehirn
• Neue Strategien entwickeln, um die Pflege und die Information von Familien
und Pflegern zu verbessern
Weiterhin sind die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V.
und die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung e. V. Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung soll mittelfristig erweitert werden und wird weitere Partner einbeziehen.
Die wissenschaftliche Exzellenz wird durch ein internationales Scientific Advisory
Board gewährleistet. Sitz des Vereins ist Berlin, die Geschäftsstelle ist am Helmholtz Zentrum München angesiedelt.
Quelle: www.dzne.de
Quelle: DZD-Flyer „Diabetes erfolgreich bekämpfen“
• Klinisch relevante Biomarker identifizieren
• Die Gene für Prädispositionen in wichtige biochemische Stoffwechselwege
einordnen
imZentrum 12 | 13
Martin Reichel:
„Im Aufsichtsrat werden
Weichen gestellt“
Im Juli und im Dezember jedes Jahres tagt der
Aufsichtsrat des Helmholtz Zentrums München.
Martin Reichel, Prokurist und Leiter der Abteilung
Recht & Technologietransfer, skizziert Zusammen­
setzung, Aufgaben und Betreuung dieses Gremiums –
und macht deutlich, dass hier Weichen für die
Zu­kunft gestellt und Ideen auf den Weg gebracht
werden können
Martin Reichel kennt die juristischen „Spielregeln“ –
und setzt sie für die Zentrumsziele ein
Ministerialdirektorin Bärbel Brumme-Bothe ist unsere neue Aufsichtsratsvorsitzende. Wer sitzt noch im Aufsichtsrat?
Neben Frau Brumme-Bothe ist auch Dr. Michael Mihatsch vom Baye­ri­schen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst neu
in den Aufsichtsrat (AR) als stellvertretender Vorsitzender entsandt
worden. Unser AR hat laut Gesellschaftsvertrag zwölf Sitze: vier wer­den durch den Bund, zwei durch den Freistaat Bayern, drei extern aus
Wissenschaft oder Industrie und drei von unserem Zentrum selbst
vergeben. Von den vier Sitzen des Bundes werden derzeit drei, und
zwar je einer vom Forschungsministerium (BMBF), vom Umweltministerium (BMU) und vom Gesund­heitsministerium (BMG) besetzt. Ein
weiterer Vertreter wird vom BMBF noch benannt. Die Funktion des
oder der Vorsitzenden, derzeit Frau Brumme-Bothe, stellt der Bund,
entsandt vom BMBF. Der Freistaat Bayern bestimmt die Stellvertre­tung. Vorsitz und Stellvertretung haben je zwei Stimmen – also haben
die zwölf Mitglieder insgesamt 14 Stimmen, mit denen durch ein­fache Mehrheit entschieden werden kann. Im Falle der Stimmengleichheit gibt die Stimme des oder der Vorsitzenden den Ausschlag.
Welche Funktion hat der AR?
Als Überwachungs- und Kontrollorgan wacht der AR über die Tätigkeiten des Zentrums und der Geschäftsführung. Beide Geschäftsführer
berichten regelmäßig aus wissenschaftlicher und kaufmännischer Sicht
– schriftlich vor und mündlich während der Sitzung. Der AR will wissen, ob das Zentrum seine Zuwendungen sinnvoll einsetzt – gemessen
wird dies an Publikationszahlen, eingeworbenen Drittmitteln, Patenten
und wissenschaftlichen Erfolgen. Die Geschäftsführer berichten aber
auch über die Planung und Überlegungen für die Zukunft. Ist der AR
mit den getroffenen Entscheidungen und Plänen einverstanden, bringt
er das durch einen Beschluss zum Ausdruck – die Geschäftsführung
wird „entlastet“. Zwei Aspekte sind aus meiner Sicht am AR besonders
interessant: Zum einen genehmigt und unterstützt er die wissenschaftliche Weiterentwicklung des Zentrums. Beispielsweise, indem er der
Ausrichtung der Programmorientieren Förderung, der Einrichtung und
Auflösung von Geschäftsbereichen oder Instituten oder der Berufung
neuer Institutsleiter zustimmt. Der zweite interessante Aspekt ist, dass
im AR die Zuwendungsgeber – also Bundes- und Landesministerien –
vertreten sind: Wichtige Themen und Ideen können ihnen vorgestellt
werden, das Gremium also für Lobbying und Agenda Setting genutzt
werden.
Warum betreuen Sie als Leiter der Abteilung Recht & Technologie­
transfer den AR und wie sieht diese Gremienbetreuung aus?
Die Aufgaben des AR sind im Gesellschaftsvertrag, der juristischen
Grundlage unseres Zentrums, verankert. Die internen Regularien fallen
in den klassischen Aufgabenbereich einer Rechtsabteilung. Aufsichtsratsbetreuung heißt, die notwendigen Beschlüsse für die Weiterentwicklung des Zentrums zu identifizieren und auf dieser Grundlage die
Tagesordnung für die halbjährlichen Sitzungen zu erstellen und
abzustimmen, die entsprechenden Sitzungsunterlagen – Hintergrundinformationen und den jeweiligen Beschlussvorschlag – anzufertigen
und zu versenden. Die Arbeit geht aber über die zwei regulären
Sitzungen im Jahr hinaus: Bei Entscheidungen, die nicht bis zur nächsten Sitzung warten können, wird ein schriftliches Umlaufverfahren
ini­tiiert, in dem die Aufsichtsräte oder, wenn es ganz eilig ist, der ARVorsitzende und sein Stellvertreter um schriftliche Zustimmung ge­beten werden. Es gibt aber auch Entscheidungen, die einen Dialog
zwischen den Aufsichtsratsmitgliedern untereinander und mit der
Geschäftsführung erfordern. Dann wird eine Sondersitzung anberaumt
– das war zum Beispiel der Fall, als wir über die Umbenennung entschieden haben. Neben dem AR betreuen wir auch die Gesellschafterversammlung, die wiederum den AR entlastet.
Durchstarter
14
Strukturierte Ausbildung
ermöglicht SpitzenleistungEN
Das Helmholtz Zentrum München forscht auf höchstem Niveau und auf dem neuesten
Stand. Um den „state of the art“ weiterhin zu gewährleisten, fördert es gezielt die
Aus- und Fortbildung seiner Mitarbeiter. Eine lohnende Investition – sowohl für die
Mitarbeiter als auch fürs Zentrum
imZentrum 14 | 15
HELENA: die Antwort auf Fragen, die sich Doktoranden stellen.
Die Helmholtz Graduate School Environmental Health
bietet eine strukturierte und anwendungsorientierte Ausbildung
mit dreifachem Betreuungsschlüssel.
Prof. Dr. Günther Wess, Wissenschaftlicher Geschäftsführer
Prof. Dr. Günther Wess erklärt im Gespräch mit imZentrum, warum HELENA Elfenbeintürme aufbricht
imZentrum: Herr Wess, die Helmholtz Graduate School Environmental
Health (HELENA) wurde im April 2010 bewilligt. Was wird für die Doktoranden am Zentrum jetzt anders?
Wess: Der positive Bewilligungsbescheid ist ein großer Erfolg für unser
Zentrum. Wir können die Doktoranden jetzt noch zielgerichteter auf ihre
zukünftige Tätigkeit hin ausbilden und ihre späteren Beschäftigungschancen erhöhen: Die Graduierten-Schule bricht Elfenbeintürme auf.
imZentrum: Was bedeutet das konkret?
Wess: Der akademischen Wissenschaft, auch der Gesundheitsfor-
schung, wird häufig vorgeworfen, realitätsfern in einem Elfenbeinturm
zu existieren – also: sich nicht um die Bedürfnisse der Gesellschaft
oder die Anforderungen der Industrie zu kümmern. Natürlich ist Wissenschaft erst mal dem Erkenntnisgewinn gewidmet. Unser Ziel als
Zentrum ist es aber gleichermaßen, im Sinne der translationalen Forschung konkrete Anwendungsmöglichkeiten zu entwickeln, um die
großen Volkskrankheiten in Zukunft behandeln und heilen zu können.
HELENA setzt dieses Ziel in der Ausbildung um: 400 Doktoranden erhalten eine exzellente Ausbildung in je einem der acht EnvironmentalHealth relevanten Themen des Zentrums.
imZentrum: Was hat HELENA, was andere Graduierten-Schulen nicht
haben?
hinaus bietet unser Graduate Student Office der Abteilung Programmplanung und Management persönliche Betreuung und individuelle Unterstützung bei der Karriereplanung.
imZentrum: Eine Promotion ist sehr zeitaufwendig. Haben Doktoran-
den überhaupt noch Kapazitäten für zusätzliche Kurse?
Wess: Die Doktoranden lernen ja nicht fürs Zentrum: HELENA bietet ih-
nen einzigartige Möglichkeiten, um ihrer eigenen Karriere auf die Sprünge
zu helfen! Das Kursangebot ist so breit, dass jeder Doktorand Teile des
Programms nach seinen eigenen Interessen und Bedürfnissen auswählen kann. Und ein paar Wochenstunden über drei Jahre ver­teilt sind doch
eine zeitlich überschaubare Investition in die eigene berufliche Zukunft.
imZentrum: Was bringt HELENA dem Zentrum?
Wess: HELENA wird exzellente, karriereorientierte Studenten aus der
ganzen Welt nach München locken und viele werden sicherlich später
an unserem Zentrum forschen. Das Zentrum wird also vom überdurchschnittlichen Know-how der HELENA-Absolventen profitieren. Außerdem fördert sie Vernetzung – das Lungenkolleg beispielsweise kooperiert neben der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie auch mit ERS
(European Respiratory Society) und Inserm (Institut nationale de la
santé et de la recherche médicale) und fördert so die Internationalisierung des Zentrums.
Wess: Die Ausrichtung unserer Graduierten-Schule und die Kombi­
nation der Themen sind weltweit einzigartig. Durch die Zusammen­arbeit
mit beiden Münchner Universitäten sorgen wir dafür, dass die Doktoranden sich optimal vernetzen können. Durch diese Kooperationen bietet
HELENA den Teilnehmern den Zugang zu exzellenten, hoch­modernen
Technologieplattformen. Außerdem fördern wir Management-, Führungs- und Kommunikationskompetenz. Die Lehr­inhalte sind nicht nur
auf wissenschaftliche Karrieren, sondern auch auf die Anforderungen
der Industrie und der wissenschaftlichen Administration genau ausgerichtet – das erhöht die ‚Employability’ der Abgänger ungemein. Darüber
imZentrum: HELENA fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Wie unterstützt das Zentrum den Nachwuchs in Ausbildungsberufen?
Wess: Das Zentrum bietet 40 Ausbildungsplätze in sieben Berufen.
Wenn möglich, wollen wir unser Angebot hier weiter ausbauen, aber
im ersten Schritt verbessern wir die Rahmenbedingungen: Durch den
Austausch innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft bieten wir den Azubis zum Beispiel einzigartige Vernetzungsmöglichkeiten. Viele bleiben
nach bestandener Prüfung am Zentrum. Mitarbeiter und Arbeitsumfeld
passen dann perfekt zusammen – ein Gewinn für beide Seiten.
Durchstarter
HELENA
Helmholtz Graduate School
Environmental Health
Grundausbildung
HELENA ist eine Investition in die
Zukunft: Die Graduierten-Schule
Environmental Health ist
Systembiologie,
Imaging und
Strukturbiologie
durch exzellente Wissenschaft,
Ausbildung und Vernetzung das
Diabetes und
metabolische
Erkrankungen
optimale Karriere­sprungbrett für
Doktoranden. Wissenschaft und
Industrie profitieren im Gegenzug
Neuro- und
Stammzell­biologie
Strahlen­
forschung
Interdisziplinäre
Aktivitäten und
Technologien
vom Know-how der Absolventen
Infektions-,
Immun- und
Tumorbiologie
Epidemiologie,
Gesundheits­
ökonomie und
Humangenetik
HELENA
Ausbildung in einem von acht thematischen Feldern.
Interdisziplinäre Aktivitäten und Technologien
fördern die Vernetzung der Doktoranden.
Füh
ru
Optimale Vorbereitung auf die spätere Karriere erfolgt
durch die Grundausbildung in Führung, Management
und Kommunikation.
Doktoranden sind die Zukunft – für Forschung, Klinik, Industrie und
Management. Um ihr Potenzial optimal zu fördern, eröffnet das Helmholtz Zentrum München am ersten November gemeinsam mit der
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der Technischen
Universität München (TUM) die erste Helmholtz Graduate School
Environmental Health, kurz HELENA. HELENA hat ihr Programm auf
die Entstehung großer Volkskrankheiten wie chronische Lungen­
erkrankungen, Diabetes und Alzheimer ausgerichtet und untersucht in
diesem Kontext das Zusammenwirken von individueller genetischer
Prädisposition, Umweltfaktoren und Lebensgewohnheiten.
HELENA bietet in den Bereichen Forschung, Betreuung und internationale Vernetzung optimale Voraussetzungen für eine exzellente, interdisziplinäre wissenschaftliche Nachwuchsförderung. Und
punktet mit diesem Konzept auf zweifache Weise: Sie dient jungen
Nachwuchswissenschaftlern als Karrieresprungbrett und sichert
gleichzeitig die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Zentrums.
Die spezifische wissenschaftliche Ausbildung erfolgt in HELENA
über drei Jahre innerhalb eines von acht thematischen Feldern,
die durch interdisziplinäre Aktivitäten und Technologien vernetzt
werden. Aus einem Angebot an Vorlesungen, Kursen, Seminaren,
Biologie und
Erkrankungen
der Lunge
Ökosystemare
Biologie
i
ng, M
ikat
anagement und Kommun
on
Retreats, Summer Schools und der Teilnahme an wissenschaftlichen Tagungen können die Doktoranden ihr individuelles Curriculum selbst zusammenstellen. Eine intensive Betreuung durch ein
persönliches „Thesis Committee“, Vertrauenspersonen und das
Graduate Student Office ermöglicht es den Doktoranden, sich ganz
auf ihre Promotion und Ausbildung zu konzentrieren und diese
zügig auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau abzuschließen.
Die Doktoranden arbeiten am Helmholtz Zentrum München in inter­
disziplinär ausgerichteten Wissenschaftsteams und sind durch ihre Forschungsarbeit am Zentrum direkt in internationale und nationale wissenschaftliche Kooperationen eingebunden. Optimale Voraussetzungen
also, um interdisziplinäres Denken und ein tiefgreifendes wissenschaftliches Verständnis in der umweltbezogenen Gesundheitsforschung zu entwickeln. Darüber hinaus haben sie Zugang zu modernsten Forschungsplattformen und können in Seminaren Kernkompetenzen im Bereich
Kommunikation, Führung und Management entwickeln. Ein weiteres
Plus für ihre zukünftige Karriere: Die Doktoranden promovieren an einer
der beiden renommierten Münchner Exzellenz-Universitäten.
www.helmholtz-muenchen.de/helena
imZentrum 16 | 17
Dreifacher
Betreuungsschlüssel
Thesis Committee
Promotionsarbeiten am Helmholtz Zentrum München werden
von einem persönlichen Thesis Committee begleitet. Es trifft
sich jährlich und hat neben der wissenschaftlichen Betreuung
der Arbeit auch Mentoringfunktion. Es besteht aus dem
direkten Betreuer am Zentrum, dem Doktorvater an der Universität und einem externen Experten.
m
Thesis Co mittee
Grun
dausbildung
ok t
rD
fü
at e
St
n
F
du
üh
t
ru
ika
ng
n
u
,M
ud
anag
mm
ne
ement und Ko
en
tO
rs o
e
ffic
sp
e
ue n
Ver t ra
ion
Gra
o ra
n de n
Wissenschaftliche
Ausbildung
Helmholtz-Kolleg
„Biologie und
Erkrankungen
der Lunge“
Das Helmholtz-Kolleg „Lung Biology and Disease“ geht Ende
Oktober an den Start. Es bildet Doktoranden auf höchstem Niveau
für eine interdisziplinäre und erfolgreiche Karriere im Bereich
Lungenbiologie und Lungenerkrankungen aus und bezieht sie
auf allen Ebenen – bei Seminaren, Konferenzen oder bei der
Be­treuung jüngerer Studenten – ein. „Das Zitat von Benjamin
Franklin ‘Tell me and I forget. Teach me and I remember. Involve
me and I learn’, entspricht unserem Leitmotiv”, erklärt die Kollegdirektorin Dr. Dr. Melanie Königshoff.
Neben der grundlagenorientierten Forschung ist der transla­
tionale An­satz, Erkenntnisse in die Klinik und Industrie zu trans­ferieren, zu gleichen Teilen in der Ausbildung vertreten. Ein
Konzept, das optimale Voraussetzungen für spätere interdiszi­­pli­näre Karrieren in der biomedi­zinischen Forschung bietet.
Vertrauenspersonen für Doktoranden
Die Vertrauenspersonen sind Ansprechpartner für Doktoranden, sie beraten und vermitteln in Konfliktfällen. Die Doktoranden schlagen jeweils zwei Vertrauenspersonen für die
Standorte des Zentrums in Neuherberg und Großhadern vor.
Graduate Student Office
Das Graduate Student Office in der Abteilung Programmplanung und Management ist mit Dr. Monika Beer als Wissenschaftlerin und Gaby Hellmann als Assistenz seit März
2009 direkter Ansprechpartner für alle Fragen rund um die
Doktorandenausbildung. Es koordiniert die Aktivitäten der
Helmholtz Graduate School Environmental Health und unterstützt die Zusammenarbeit mit den Partneruniversitäten.
Doktorandenvertreter
DINI, die Doktorandeninitiative am Helmholtz Zentrum
München, ist ein Zusammenschluss interessierter Doktoranden. Ihr Ziel ist es, gemeinsame Aktionen der Doktoranden
zu organisieren und den Kontakt zur Geschäfts­führung zu
vermitteln.
www.helmholtz-muenchen.de/dini
Sprecher der Graduierten-Schule HELENA ist Prof. Dr.
Hans-Werner Mewes. Mewes ist Leiter des Instituts für
Bioinformatik und Systembiologie sowie des Lehrstuhls
für Genomorientierte Bioinformatik an der Technischen
Universität München.
Sprecher des Helmholtz-Kollegs „Lung Biology and Disease“
ist Prof. Dr. Oliver Eickelberg. Eickelberg ist Leiter des Instituts of Lung Biology and Disease am Helmholtz Zentrum
München, Leiter des Comprehensive Pneumology Center
(CPC) sowie Leiter des Lehrstuhls für experimentelle Pneumologie an der Ludwig Maximilians Universität München.
Kollegdirektorin des Helmholtz-Kollegs „Lung Biology and
Disease“ ist Dr. Dr. Melanie Königshoff. Königshoff
ist Leiterin der Nachwuchsgruppe „Lung Epithelial Cell
Plasticity“ am CPC.
Durchstarter
Ausbildung: Frühzeitiges Engagement zahlt sich aus
Das Helmholtz Zentrum München ist ein zertifizierter Ausbildungsbetrieb der Industrie- und Handels­kammer
und hat im Jahr 2008 die bayernweit beste Biologielaborantin ausgebildet. Hier wird in die Zukunft investiert –
in die der Auszubildenden und die des Zentrums
Der optimale Mitarbeiter kennt sich bestens am Zentrum aus, verfügt
über ausgezeichnetes technisches Know-how und umfangreiches Fachwissen, ist mit den Zentrumszielen vertraut und passt von seiner Persönlichkeit perfekt ins Team. „Einen solchen Mitarbeiter muss man sich
backen!“, schießt einem bei dieser Charakterisierung durch den Kopf?
Richtig! Und genau das machen die Ausbilder am Helmholtz Zentrum
München, indem sie junge Auszubildende in acht Ausbildungsberufen
fit für den Arbeitsmarkt machen und ihnen spezielle Expertisen für die
Arbeit am Zentrum mit auf den Weg geben.
Statt aus vielen Bewerbern sich einen mehr oder weniger geeigneten Kandidaten herauszusuchen, bildet Angelika Appold, Leiterin der
Ausbildungsstelle, zusammen mit einer weiteren hauptamtlichen Ausbilderin und acht nebenamtlichen Ausbildern sowie vielen Ausbildungsbeauftragen vor Ort junge Leute selber nach den speziellen Bedürfnissen des Zentrums aus. Ein Prinzip, von dem alle profitieren: Der
fertige Absolvent, der eine exzellente Ausbildung genossen hat, das zukünftige Team, das seinen „neuen“ Mitarbeiter vom ersten Tag an voll
einsetzen kann, und das Zentrum, das gut ausgebildete Mitarbeitern
und leistungsfähige Teams braucht, um sein Ziel one²⁰¹³ – führend in
Environmental Health zu erreichen.
Ein wichtiger Bestandteil des Erfolgsrezepts der Ausbildung ist, dass
neben der dualen Ausbildung, die aus dem theoretischen Teil an einer
Berufsschule und dem praktisch-theoretischen Teil auf dem Campus
besteht, Teamtrainings, speziell auf Azubis ausgerichtete Fachenglischund Computerkurse und ein Austausch innerhalb der Helmholtz-Zentren angeboten werden. „Vor allem der Austausch erweitert den eigenen Horizont und fördert die Selbstständigkeit der jungen Leute“,
erklärt Angelika Appold. Sie weiß, dass sich jede sinnvolle Investition
in die Ausbildung später mehrfach auszahlt.
Ausbildungsberufe
Biologielaborant / in
21 Ausbildungsplätze
Tierpfleger / in
10 Ausbildungsplätze
Bürokaufmann / -frau
10 Ausbildungsplätze
Bachelor of Science
Fachrichtung Umwelt- und Strahlenschutz 6 Ausbildungsplätze
Bachelor of Science
1 Ausbildungsplatz
Fachrichtung Arbeitssicherheit Fachlagerist / in 2 Ausbildungsplätze
Landwirt / in 2 Ausbildungsplätze
Fachinformatiker / in in Systemintegration
2 Ausbildungsplätze
Fortbildung: Employability fördern
Das Helmholtz Zentrum München hat motivierte Mitarbeiter, exzellente Technologien, ein Leitbild und ein Ziel:
im Jahr 2013 führend in der Environmental Health-Forschung zu sein. Die Personalabteilung begleitet diesen
Weg, indem sie ein umfassendes Weiterbildungsprogramm, ergänzt durch Workshops, Team­trainings, Coachings
und zahlreiche externe Fortbildungen, anbietet – und gerne bei der Auswahl berät
Ein Forschungszentrum, das eine weltweite Spitzenposition einnehmen
will, braucht hochqualifizierte Mitarbeiter. Um langfristig ein attraktives
Arbeitsumfeld zu bieten und um Internationalisierung, Serviceorientierung und unternehmerisches Handeln zu verbessern, werden zum Beispiel Team- und Kommunikationsfähigkeit sowie Führungskompetenzen
besonders gefördert. Seit 2009 gibt es auch erstmals das Angebot von
Online-Kursen in Zusammenarbeit mit dem Malik Managementzentrum
St. Gallen (Effective Managing and Performing mit 13 Modulen für Nachwuchsführungskräfte und die weniger umfangreiche Version Effective
Performing für verschiedene andere Zielgruppen). Nach einem Präsenz­
tag eignen sich die Teilnehmer die Lerninhalte im sechsmonatigen
Selbst­­studium an und besprechen sie bei monatlichen Online-Konferen­­­
zen mit dem Tutor. Das interne Weiterbildungsprogramm wird jedes Jahr
über­arbeitet und bedarfsgerecht geplant. Dabei orientiert sich die
Personal­abteilung sowohl am Leitbild und an den strategischen Zielen
des Zen­trums als auch an den Rückmeldungen aus den Mitar­bei­ter­
gesprächen, in denen die Erörterung des Entwicklungs- und Förder­
bedarfs ein wichtiger Bestandteil ist. Das Resultat ist eine Personal­
entwicklung, die Mitarbeiter optimal fördert und damit gleichzeitig das
Zentrum auf dem Weg zu one²⁰¹³ unterstützt.
Auf den Seiten 24 / 25 gibt Ihnen „schon gewusst“ einen Überblick über die Aus- und Fortbildung am Zentrum
gezählt
imZentrum 18 | 19
Die Zahl im Zentrum
In einem Forschungszentrum bedarf es vieler Sonderanfertigungen, die im ­normalen
Handel nicht erhältlich sind. Dass diese dennoch schnell und detailgenau jedem Wissenschaftler zur Verfügung stehen, dafür sorgt am Zentrum die Zentrale Werkstatt der
­Abteilung Zentrale Technische Einrichtungen. Und selbst beim Lösen ganz alltäglicher
Probleme sind diese Mitarbeiter oft Retter in letzter Sekunde
Spitzenforschung wie am Helmholtz Zentrum München zu betreiben,
bedeutet mit Spezialgerät Details zu erkunden. Oft sind für diese Arbeit
Maßanfertigungen nötig. Egal, ob Spezialfilter, Gelkämme und Stechringe für Messungen im Gletscherbereich geordert werden oder Arbeiten an der Lysimeteranlage zu verrichten sind, die Zentrale Werkstatt
hilft schnell und präzise.
Die Zentrale Werkstatt ist eine Schaltstelle zwischen Forschung und
Betrieb: Das zwölfköpfige Team um den Leiter Martin Scherer bearbeitet Aufträge von Mitarbeitern – sowohl aus dem wissenschaftlichen
als auch aus dem administrativen Bereich – und externen Kunden. Und
arbeitet im Zuge dessen eng mit dem Einkauf, der Lagerhaltung und
natürlich auch mit der Finanzabteilung zusammen: Für jeden Auftrag
müssen die besten Konditionen gefunden werden und die monetäre
Machbarkeit mit der Finanzabteilung abgesprochen werden. Verhandlungen, die Fachkenntnis und Diplomatie verlangen: „Wir sehen uns
nicht nur als Fertigungsbetrieb, sondern als Service-Einrichtung für die
Kunden; in erster Linie sind wir Problemlöser“, beschreibt Scherer das
Ethos seines Teams.
Die Zentrale Werkstatt ist eine Service-Einrichtung, die viele Mitarbeiter nutzen: Pro Jahr gehen rund 1400 Aufträge von 53 verschiedenen
Auftraggebern ein – und zwar aus ganz unterschiedlichen Bereichen.
Gut, dass in Scherers Team Schreiner, Feinmechaniker, Schlosser und
Kons­trukteure sind, jeder ein Spezialist auf seinem Gebiet. So stellen
weder schnell notwendige Reparaturen von Elektrophoresekammern,
noch Sonderanfertigungen für Labortische ein Problem für die Zentrale
Werkstatt dar. Durchschnittlich sind 40 Prozent der Aufträge Wartungen
und Instandhaltungen, 60 Prozent zu konstruierende Neubauteile für
wissenschaftliche Apparaturen. Vor allem für letztere ist neben Knowhow auch eine große Portion Kreativität gefragt.
Wie kreativ und mit welch großer Liebe zum Detail gearbeitet wird,
erkennt man sofort, wenn man die zur Geldkasse umgearbeitete Kaffeemühle im Doktorandencafé betrachtet. Dass es bei so viel Sorgfalt
dennoch lustig zu gehen kann, kann man sich denken, wenn man
beispielsweise erfährt, dass einmal „10 Schlitzohre“ bestellt wurden.
Tatsächlich gemeint waren zwar 10 Rohre mit Schlitz, aber der Schreibfehler sorgte für Heiterkeit. „Richtig ernst“ wurde es dagegen beim
Eilauftrag für den Panzerschrank-Knacker Zoltan Berente: Eine Sekre­
tärin hatte beim Umdrehen mit dem Bürostuhl den Schlüssel vom
Schrank abgebrochen. Im Schrank lagen die Flugtickets des Chefs. Geplanter Abflug: in 1,5 Stunden!
Wenn es nicht wie damals um Minuten geht, sollte jeder Mitarbeiter,
sein Anliegen an die Zentrale Werkstatt in einen AVIS-Auftrag formulieren. Komplizierte Sachverhalte und Zeichnungen sollten im Vorfeld
besprochen und dann extra auf Papier skizziert werden. So kann man
sicher sein, dass die „Retter in allen Lebenslagen“ zuverlässig zur
Tat schreiten. Und dabei jede Menge Material verarbeiten: Für durchschnittlich 14 bis 16 Aufträge pro Tag verbraucht die Zentrale Werkstatt
jährlich rund 1,5 Tonnen Buchen- und Eichenholz, 1 Tonne Fichte,
10 Tonnen Spanplatten, 4 Tonnen Labortischplatten, 4,4 Tonnen Edelstahlbleche und – damit die Forschung im Fluss bleibt – 7,3 Kilometer
Edelstahlrohre. „Eine Menge Holz“, das aber nötig ist, um am Zentrum
Forschung auf höchstem Niveau zu betreiben.
Aufsteiger
30
20
Karrierepfad
Dr. Dr. Melanie Königshoff
Einfach schwimmen
„Dorie“ Melanie Königshoff und die Paletten-Doktorfisch-Dame: Ein Team, das für Optimismus, Mut und gute Laune steht
Sie studierte Medizin, und einer Karriere als Lungenfachärztin stand nichts im Weg.
Doch nach zwei Jahren Klinikalltag siegte ihr Wissensdurst nach neuen Erkenntnissen:
Die zweimal mit „summa cum laude“ promovierte Wissenschaftlerin Dr. Dr. Melanie
Königshoff beschloss, die Ursachen von Lungenerkrankungen zu erforschen, um bisher
fehlende Therapiemöglichkeiten zu entwickeln. Und macht nun Karriere als Lungenexpertin am Helmholtz Zentrum München
imZentrum 20 | 21
Wege entstehen dadurch, dass man sie geht – frei nach dem Motto von
Franz Kafka hat sich Dr. Dr. Melanie Königshoff während ihres Medizinstudiums in Gießen einen ganz eigenen Weg in die Biochemie gebahnt:
Das bestehende Lehrmaterial zu ihrem Lieblingsfach fand sie „einfach
schrecklich“, und so tat sie sich mit einem Koautor zusammen, nahm
Kontakt mit dem Thieme-Verlag auf und versprach: „Wir können das
besser“. Parallel zu ihrem Studienabschluss entstand so das 450 Seiten
starke Lehrwerk „Biochemie“. Es trägt das rote „Medi-Learn“-Gütesiegel, ist kürzlich in zweiter Auflage erschienen und gilt für Mediziner
bereits als Grundlagen-Standardwerk der Biochemie.
Den entscheidenden Schritt tun
Mit Freude und aus innerem Antrieb heraus den entscheidenden Schritt
nach vorne zu tun, charakterisiert Königshoff. Und führt dazu, dass sie
innerhalb von sechs Jahren zwei Promotionen mit „summa cum laude“
abschloss, ein Graduiertenprogramm absolvierte, die klinische Ausbildung durchlief und erste eigene Erfahrungen in der Lehre sammelte.
Seit August leitet die 34-Jährige ihre erste unabhängige Nachwuchsgruppe am Comprehensive Pneumology Center (CPC). Experimenteller
Leiter des CPC ist Prof. Dr. Oliver Eickelberg, Leiter des Instituts für Lungenbiologie am Helmholtz Zentrum München und Leiter des Instituts
für Experimentelle Pneumologie der Ludwig Maximilians-Universität.
Mit ihrer Nachwuchsgruppe „Lung Epithelial Cell Plasticity“ untersucht
Königshoff, inwieweit die Schädigung von Lungenepithelzellen an der
Krankheitsentstehung beteiligt ist und über welche speziellen Reparaturmechanismen diese verfügen. Zentrales Forschungsobjekt sind
primäre Epithelzell-Kulturen und sogenannte 3D ex vivo-Modelle, bei
denen Gewebeschnitte kultiviert und analysiert werden. Mit ihnen will
das fünfköpfige Team neuartige Therapieformen für schwere chronische Lungenerkrankungen entwickeln. Zusätzlich treibt Königshoff noch
eine weiteres Forschungsziel an: Sie versucht Proteine zu identifizieren, die Medikamente an ihren vorgesehenen Wirkort, die Lungen­
epitheloberfläche, transportieren und hier binden. „Das CPC bietet für
solche Ansätze optimale Voraussetzungen: Hier arbeiten Kliniker und
experimentelle Forscher unter einem Dach zusammen und die Gewebeproben stammen direkt aus den Kliniken der Kooperationspartner“,
freut sich Königshoff über die ausgezeichnete Vernetzung am CPC.
Königshoff ist eine Aufsteigerin. Doch sie kokettiert weder mit ihrem
Wissen, noch mit ihren Fähigkeiten oder ihren ehrgeizigen Zielen. Im
Gegenteil: Auf dem Schreibtisch steht eine Postkarte mit dem PalettenDoktorfisch Dorie aus dem Zeichentrickfilm „Findet Nemo!“. Freunde
haben ihr den Spitznamen „Dorie“ verpasst, weil sie ähnlich begeistert und schnell spricht wie die hilfsbereite, stets optimistische Fischdame. Ein bisschen auch, weil sie in nebensächlichen Alltagssituationen genauso zerstreut wirken kann wie Dorie – wenn sie mal wieder
ihren Schlüssel oder das Handy verlegt hat. Anders aber als Dorie, die
immer am Ende des Satzes dessen Anfang vergessen hat, ist Königshoff in wichtigen Angelegenheiten sehr strukturiert. Und weiß daher
auch, was sie sich von ihrer beruflichen Zukunft wünscht: zunächst die
erfolgreiche Etablierung ihrer Nachwuchsgruppe und internationale
Sichtbarkeit. Später dann kann sie sich eine Professur vorstellen.
Bewusst treiben lassen
Einen solch rasanten Aufstieg ließ der Anfang ihrer Laufbahn nicht
gleich erkennen: In anfänglicher Bescheidenheit wollte die gebürtige
Wilhelmshavenerin nach dem Abitur Medizinisch Technische Assistentin werden, bis Freunde sie überredeten, Medizin zu studieren. Und
auch während des Studiums beeinflusste einige Male der Zufall ihren
Weg: Als sie ein Appartement in Gießen suchte, wollte Dr. Meinhard
Hahn von der biologischen Fakultät gerade seines vermieten und hatte
darüber hinaus ein Thema für eine Doktorarbeit zu bieten, wonach Königshoff „nebenbei“ auch Ausschau hielt. So wurde Königshoffs Vermieter gleichzeitig ihr Doktorvater und sie promovierte – als einzige
­Medizinerin unter Biologen und Biochemikern – über die Rolle von
Wachstumsfaktoren bei Brustkrebs. Mit der Einstellung, „sich nicht im
Voraus zu viele Gedanken zu machen, sondern einfach mal loszulegen
Aufsteiger
Dr. Dr. Melanie Königshoff hat im Juni einen
Starting Grant des European Resarch Council
(ERC-Starting-Grant) bekommen. Das Talentförderprogramm der EU unterstützt Spitzenforscher mit jeweils bis zu 1,5 Millionen Euro
beim Aufbau eines neuen unabhängigen
Forschungsteams.
Neu eingerichtet: Melanie Königshoff mit ihrem Team in den neuen Laboren des CPC
und dann zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln“, ähnelt Königshoff
ein weiteres Mal der Paletten-Doktorfisch-Dame Dorie, wenn diese dem
ängstlichen und frustrierten Clownfisch-Papa Marlin auf der Suche
nach seinem Sohn rät: „Schwimmen, schwimmen, einfach schwimmen!“
Dass Königshoff trotz glücklicher Fügungen ihre Entscheidungen
dennoch immer sehr bewusst trifft, zeigte sich beispielsweise, als sie
Angebote für eine zweite Doktorarbeit aus Hannover und Hamburg
ablehnte und sich stattdessen für die Dissertation bei Prof. Dr. Werner
Seeger, diesmal an der Fakultät für Medizin der Universität Gießen,
erfolgreich bewarb. Königshoff reizte die damals in Deutschland einmalige Chance, eine ausgezeichnete klinische Ausbildung zu bekommen und gleichzeitig am Graduiertenprogramm „Molecular Biology
and Medicine of the Lung“, zu der Zeit von Eickelberg geleitet, wissenschaftliches Know-how zu erwerben.
Nach Abschluss dieser zweiten „summa cum laude“-Dissertation ging
sie als Postdoc zu Eickelberg und wirkte nun selber auch an der Gestaltung und Lehre des Graduiertenprogramms mit: Sie leitete Seminare,
organisierte Konferenzen, unterrichtete und war Supervisorin für PhDStudenten. Heute setzt Königshoff diese Expertise als Direktorin des
Lungen-Kollegs „Lung Biology and Disease“, einem zentralen Bestandteil der Graduierten-Schule HELENA des Helmholtz Zentrums München,
ein: Sie ist verantwortlich für die akademische Ausbildung der Doktoranden am Lungen-Kolleg.
Königshoff sieht HELENA als große Chance – für die Doktoranden und
fürs Zentrum. Die große Bandbreite an Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten am Zentrum ist ihr sofort positiv aufgefallen, als sie vor rund
eineinhalb Jahren hierher kam: „So vielseitig und strukturiert wie hier
hat man an keiner Uni die Möglichkeit sich sowohl fachliches Knowhow als auch Soft Skills wie Führungsqualifikationen, Zeitmanagement
und Kommunikationsfähigkeiten anzueignen“, resümiert Königshoff.
Die neue Graduiertenschule und das Lungen-Kolleg ergänzen dieses
Portfolio ihrer Meinung nach ideal.
Entscheidend ist der eigene Charakter
Trotz der vielen Tipps, die man in diesen Kursen erhält, entscheide ihrer Meinung nach aber letztlich der eigene Charakter, wie man eine Arbeitsgruppe leitet. Ihr eigener Führungsstil jedenfalls ist geprägt
von Offenheit und Transparenz, ihre Bürotür steht immer offen. Allerdings nicht für Mitarbeiter, die jeden Satz mit „Das Problem ist nur, …!“
beginnen und keine eigene Lösungsstrategie entwickeln. Denn aus dem
Malik-Management-Programm der Helmholtz-Gemeinschaft hat Königshoff einen wichtigen Grundsatz mitgenommen: „Man kann einen
Menschen nicht motivieren. Man muss ihm Möglichkeiten geben, seine
Motivation zu leben.“ Wer dann nicht Selbstständigkeit und Neugier an
den Tag legt, ist bei Königshoff falsch.
Sie selber jedenfalls ist neugierig: auf neue Forschungsergebnisse, interessante Kollegen, andere Länder. Konferenzen rund um den Globus
sind für sie eine ideale Gelegenheit, diesen Wissensdurst zu stillen.
Zum Beispiel die alljährliche Lungenkonferenz der American Thoracic
Society (ATS) in den USA, von der Königshoff schwärmt, sie sei „eine
hervorragende Möglichkeit, um den neuesten Stand der Lungenforschung aus erster Hand zu erfahren und sich in den bizarren Sandlandschaften des Death Valley oder den Sweet Water Mountains beim
Wandern zu erholen“. In der Natur entspannen kann sich „Dorie“
Königshoff aber auch anders: Sehr gerne geht sie im riff- und entsprechend fischreichen Roten Meer auf Tauchstation. Aber nicht um besonders tief zu tauchen oder verwinkelte Wracks zu erkunden. Sie will
einfach nur „schöne Fische sehen“ – und braucht immer den freien
Blick nach oben.
Bemerkt
imZentrum 22 | 23
Von luftigen Höhen
und irdischen Gegebenheiten
Gerolf Schmidl gehört seit 20 Jahren der Finanzabteilung des Helmholtz Zentrums
München an, seit acht Jahren leitet er sie als Prokurist. Dass er sich als harter Rechner
nicht immer bei allen beliebt macht, nimmt er in Kauf. Sein Hobby, das Fliegen, ist
das eines Einzelgängers, der genau weiß, woher der Wind weht und wie er seinen Treibstoffbedarf kalkulieren muss – wenn er eine Bruchlandung verhindern will
Wer die Finanzabteilung eines Forschungszentrums mit einer Bilanzsumme von mehreren hundert Millionen Euro leiten will, muss vor
allem kühl kalkulieren und den einzelnen Abteilungen sagen können:
„So viel und nicht mehr!“ Gerolf Schmidl, bodenständiger Oberbayer
aus Erding, ist seit 2002 Herr über die Finanzen des Helmholtz Zen­trums
München. Als solcher maßt er sich zwar nicht an, zu wissen, wofür wie
viel ausgegeben werden soll; er weiß aber, welche Mittel insgesamt
bereit stehen und erstellt den Wirtschaftsplan des Zentrums. Inhaltlich
einigen müssen sich die verantwortlichen Wissenschaftler dann selbst.
Gefragt sind Augenmaß und Kalkül
Für Schmidl ist es in dieser Position wichtig, ab und zu auf Distanz gehen
zu können. Nicht immer müssen es gleich 5000 Fuß sein – jene Höhe, in
der sich Schmidl häufig befindet, wenn er im Cockpit seines Motorseglers
sitzt. Dennoch sind viele Gegebenheiten und Befähigungen aus seinem
Fliegeralltag auch in seiner Funktion als Leiter der Finanzabteilung wichtig: In beiden Fällen sind beispielsweise Augenmaß und Kalkül gefragt
und die Fähigkeit, externe Einflüsse – beim Fliegen zum Beispiel das Wettergeschehen – richtig einschätzen und nutzen zu können.
Was passiert, wenn er nicht die volle Verantwortung für sein Handeln
übernimmt, hat Schmidl schon als Flugschüler vor rund dreißig Jahren
erfahren. Zu jener Zeit hatte er sich auf seinen Lehrer verlassen und dieser
sich auf ihn. Das Ergebnis: ein leerer Tank, hereinbrechende Dunkelheit
Wenn Gerolf Schmidl abhebt, dann nur für eine kurze Zeit – in einem Motor- oder Segelflieger
und kein Flugplatz in Sicht. Zwar konnte Schmidl damals ohne Schaden
notlanden, in lebhafter Erinnerung ist dem 47-Jährigen aber bis heute,
welch folgenschwere Konsequenzen es haben kann, wenn man nicht
selbst für sein Tun einsteht.
In brenzligen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren, das ist auch
eine Fähigkeit, die Schmidl sowohl im Job als auch bei seinem Hobby
nützt. Obwohl er, wie er sagt, ein „Schönwetter-Kaffee-Flieger“ ist, ist
auch er schon ein paar Mal beim Segelfliegen in eine Wolke geraten.
„Panik ist da fehl am Platz. Nur Ruhe und die entsprechende Instrumentierung helfen einem weiter und zeigen, wo oben und unten ist“, erzählt
der erfahrene Pilot, der schon mehrere hundert Stunden im Logbuch
stehen hat. Glücklicherweise hielten sich solche Gefahrensituationen bisher in Grenzen. Überwogen hat der Genuss, „den es bereitet, mal eben
in einen Motorsegler zu steigen, in eineinhalb Stunden die Zugspitze
zu überfliegen und bei ein paar Runden über dem Voralpenland die irdischen Probleme eine Zeit lang ganz klein werden zu lassen.“
Am Helmholtz Zentrum München ist Schmidl nicht nur der Mann, der für
die harten Finanzdaten verantwortlich ist, gerne hat er durch sein Hobby
auch viele hervorragende Luftbildaufnahmen vom Zentrum ermöglicht. Ein
Großbild-Exponat hängt beispielsweise im Gebäude 31 im Erdgeschoss.
Und der Finanzchef kommentiert: „Mit Abstand relativiert sich einiges und
man bekommt wieder den Blick fürs Ganze.“
Schon gewusst?
Aus- und Fortbildung am Zentrum
Schon gewusst …
… dass das Helmholtz Zentrum München
über 80 interne Fortbildungen anbietet?
Ein umfangreiches Programm an zielgruppenorientierten Weiterbildungs­angeboten
sorgt dafür, dass in Zeiten schnellen technologischen und gesellschaftlichen Wandels
alle Mitarbeiter am Zentrum auf dem neuesten Stand sind – um kompetent am Puls
der Zeit zu forschen
Veranstaltungen für neue Mitarbeiter
Kontaktdaten
Dr. Leslie Schwarz
Fortbildungsbeauftragter
Methoden-, Kommunikations-, EDV- und Fachseminare
Weiterbildungsangebote für PhDs und Postdocs
(erreichbar dienstags, mittwochs und donnerstags)
Telefon: -2661
E-Mail: schwarz@helmholtz-muenchen.de
Nadja Eisenschink
Administration / Assistenz
(erreichbar montags und freitags)
Telefon: -2661
E-Mail: nadja.eisenschink@helmholtz-muenchen.de
Heidi Grohs
Personalentwicklung
Sprachkurse und Personalentwicklungsveranstaltungen
(Sekretärinnenforum, Welcome Day u. a.)
(erreichbar dienstags – freitags)
Telefon: -3774
E-Mail: grohs@helmholtz-muenchen.de
Alle neuen Mitarbeiter sollen am „Welcome Day“ und der Sicherheitsunterweisung teilnehmen. Darüber hinaus wird unter anderem eine
spezielle Einführungsveranstaltung für Aus­zubildende angeboten.
Welcome Day
Die Geschäftsführung begrüßt neue Mitarbeiter des Zentrums mit
dieser Veranstaltung und informiert sie über Leitbild, Ziele, Strategien,
Strukturen und Kommunikationswege. Beim anschließenden Marktplatz besteht die Möglichkeit, sich an den verschiedenen Ständen über
Ansprechpartner, Förder­programme sowie Arbeits- und Alltagshilfen
zu informieren. Zum Abschluss der Veranstaltung findet eine Campusführung statt.
Informationen zum Thema Sicherheit
Stefan Hifinger, Infrastruktur und Sicherheit, weist auf gefährliche
Situationen am Arbeitsplatz hin und erläutert wichtige Bestimmungen
aus den Bereichen Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit.
Sabine Härtel
Führungskräfteentwicklung
Beratung zum Coaching und zu Malik-Kursen
Telefon: -2266
E-Mail: sabine.haertel@helmholtz-muenchen.de
„Was die Zukunft anbelangt, so haben wir nicht die Aufgabe
sie vorherzusehen, sondern sie zu ermöglichen.“
Antoine de Saint-Exupéry
imZentrum 24 | 25
Angebote für Auszubildende
Ein Teamtraining zu Ausbildungsbeginn sowie speziell ausgerichtete
Fach­englisch- und Computerkurse ermöglichen Auszubildenden, sich
neben den vorgeschriebenen Lehrinhalten für die Arbeitswelt bestmöglich zu qualifizieren.
Kommunikations- und Methodenkompetenz
Team-, Kommunikations- und Führungskompetenzen werden gefördert,
um Serviceorientierung und unternehmerisches Handeln zu verbessern. Seit 2009 gibt es erstmals auch das Angebot von Online-Kursen
in Zusammenarbeit mit dem Malik Managementzentrum St. Gallen
„Effective Managing and Performing“, kurz EMP, mit 13 Modulen für
Nachwuchsführungskräfte und die weniger umfangreiche Version
„Effective Performing“, kurz EP, für verschiedene andere Zielgruppen.
Teilnehmer eignen sich hier nach einem Präsenztag sechs Monate lang
im Selbststudium die Lerninhalte an und besprechen diese bei monatlichen Online-Konferenzen mit dem Tutor.
Sprachkurse
Das Helmholtz Zentrum München ist ein international führendes
Forschungszentrum mit weltweiten Vernetzungen. Gute Englischkenntnisse sind deshalb eine Voraussetzung für die erfolgreiche Arbeit am
Zen­trum. Daher werden berufsspezifische Kurse wie „scientific writing“
und „successful intercultural communication“ angeboten.
EDV-Kurse
Helmholtz-Akademie für Führungskräfte
Die Helmholtz-Akademie bietet neben Schulungen für Programmsprecher und Nachwuchsgruppenleiter auch eine 18-monatige, berufsbegleitende Ausbildung für Nachwuchsführungskräfte an. Die Teilnehmer
werden von den Geschäftsführern und Vorständen der Zentren nominiert und durch einen Ausschuss ausgewählt. Wer seine Kenntnisse
weiter vertiefen möchte, kann nach dem erfolgreichen Abschluss zusätzlich den Malik-Master of Management absolvieren. Alle Kurse der
Helmholtz-Akademie werden derzeit vom Malik Management Zentrum
St. Gallen (MZSG) als Dienstleister durchgeführt.
Damit jeder Mitarbeiter die ihm zur Verfügung ­stehenden Betriebssysteme und Softwarepakete optimal für seine Arbeit ­nutzen kann, bietet
das Zentrum für das gesamte Portfolio Kurse an.
Labortechnik und -themen
Das Angebot umfasst unter anderem Bereiche wie Durchflusszytometrie, Anatomie und Physiologie von Labortieren, Grundlagen der Statistik, und biowissenschaftliches Intensivtraining.
Wissenschaftliche Fachworkshops
Angebote für PhD-Studenten und Postdocs
Um PhD-Studenten und Postdocs optimal auf ihre wissenschaftliche
Karriere vorzubereiten, werden in speziell auf ihre Bedürfnisse aus­
gerichteten Seminaren unter anderem Kenntnisse in den Bereichen
Präsentation, Rhetorik, Publizieren und BWL vermittelt.
Interne und externe Fortbildungen vor allem im Bereich Strahlen- und
Umweltschutz stellen den fachkundigen Umgang mit gefährlichen
Stoffen am Arbeitsplatz sicher. Eine externe Weiterbildung ermöglicht
das Zertifikat zum Fachtoxikologen.
Umfassende Informationen zum Aus- und
Weiterbildungsangebot am Zentrum finden Sie unter:
http://nip.helmholtz-muenchen.de/weiterbildung
Antrag auf externe Fortbildung:
http://nip.helmholtz-muenchen.de/fortbildung_extern
Antrag auf interne Fortbildung:
http://nip.helmholtz-muenchen.de/fortbildung_intern
Globetrotter
26
Ansichten eines
Humboldt-Preisträgers
Stockholm
Heidelberg
Freiburg
München
Zürich
Canberra
imZentrum 26 | 27
Gottfried Otting hat Weitblick – und zwar nicht nur über den Pazifik oder wie hier über den Starnberger See
Prof. Dr. Gottfried Otting von der Australian National ­University
(ANU) in Canberra erforscht mittels magnetischer Kernspin­
resonanz (NMR) die Strukturen von Proteinen. Ende 2009 kehrte
der renommierte Wissenschaftler mitsamt Familie für ein ­halbes
Jahr zum fachlichen Austausch zurück nach Deutschland und
lernte so auch das Helmholtz Zentrum München von innen kennen –
und schätzen. Ottings Fazit: Die Ausstattung ist „Weltspitze“
Zwei Tipps hat Prof. Dr. Gottfried Otting für all jene, die eine ForscherKoryphäe werden wollen: Man finde – cum grano salis – als Doktorand
einen Doktorvater, „der kurz davor ist, den Nobelpreis zu erhalten“,
und gerade ein bahnbrechendes Buch schreibt – dann habe man wie
in seinem Fall in einem exzellenten Umfeld viel Freiraum für selbst­
ständige Forschungsarbeit. Und: Man ziehe um. Ottings eigener akademischer Weg führte zunächst von Heidelberg über Freiburg nach Zürich
– 18 Jahre bevor Professor Kurt Wüthrich für seine 3-D-Bestimmung der
Raumstruktur von Biomolekülen den Nobelpreis erhielt – und von dort
über Stockholm bis nach Canberra. In der australischen Hauptstadt lebt
der Humboldt-Preisträger nun seit acht Jahren, leitet die Arbeitsgruppe
für Strukturbiologie und Biophysik an der Australian National University
(ANU) und erforscht mittels Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) die
Strukturen von Proteinen. Er ist glücklich über die h­ ervorragenden Arbeitsbedingungen und das kollegiale Klima in Down Under. Von dieser
Warte aus wirft er nun einen Blick auf den Forschungsstandort München.
Know-how wie sonst nirgendwo
Otting kam Ende Dezember mit Frau und Söhnen erstmals für längere
Zeit zurück nach Deutschland: In München wirkte er ein halbes Jahr
lang im Hintergrund am Bayerischen NMR-Zentrum (BNMRZ). Das
BNMRZ ist eine 2001 gemeinsam vom Helmholtz Zentrum München und
der Technischen Universität München (TUM) gegründete Einrichtung,
deren Aufgabe es ist, eine „state-of-the-art NMR-Infrastruktur“ für biologische Makromoleküle zu schaffen. Der Biophysiker ist fasziniert: Das
hier integrierte Institut für Strukturbiologie unter Leitung von Prof. Dr.
Michael Sattler vereinigt zusammen mit dem ebenfalls von Sattler geleiteten Lehrstuhl für Biomolekulare NMR-Spektroskopie der Technischen
Universität München „Know-how wie nirgendwo sonst auf der Welt“.
Wenn Otting an einem frostigen Frühlingsmorgen am Rande eines
­Treffens der Humboldt-Gesellschaft am Starnberger See vom Aus-
Globetrotter
Gottfried Otting, Leiter der Arbeitsgruppe für Strukturbiologie
und Biophysik an der Australian National University, trägt seit 25
Jahren maßgeblich zur Entwicklung von NMR-spektroskopischen
Methoden bei und gilt als einer der weltweit produktivsten und
einflussreichsten NMR-Spektroskopiker. Bekannt machten Otting
seine bahnbrechenden Entdeckungen zur Bestimmung der Lebensdauer von Protein- und DNA-Hydraten. Seine Studien sind in
der Medizin bei der Interpretation von kerntomografischen Bildern
von grundlegender Bedeutung. Otting wurde 2009 für die Entwicklung zahlreicher neuer NMR-Methoden, unter anderem im
Bereich Strukturbiologie, mit dem Humboldt-Preis ausgezeichnet.
Humboldt-Preis
Der Humboldt-Preis zeichnet ausländische Wissenschaftler aus,
die durch grundlegende Entdeckungen, Erkenntnisse oder neue
Theorien das eigene Fachgebiet nachhaltig geprägt haben. Die
Preis­träger sind eingeladen, in Deutschland ein selbst gewähltes
länger­fristiges Forschungsvorhaben in Kooperation mit Fachkollegen durchzuführen.
Nuklear-Magnet-Resonanz-Zentrum
Das Bayerische Nuklear-Magnet-Resonanz-Zentrum ist eine gemeinsame Einrichtung der Technischen Universität München
(TUM) und des Helmholtz Zentrums München mit Sitz am Department Chemie der TUM. Die 2001 mit Unterstützung vom Land
­Bayern gegründete und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Einrichtung erforscht biologische Makromoleküle
auf Basis der existierenden Hochfeld-NMR-Spektrometer (750 und
900 MHz).
tausch berichtet, gerät der sonst eher sachliche Mann ins Schwärmen:
Auf den üblichen Konferenzen bekomme man doch nur mit, ­welche
Probleme bereits gelöst sind – bei einer sechsmonatigen ­Begegnung
könne man dagegen „noch mitgestalten“. Und das tut Otting: Er stellt
mithilfe des 800-Megahertz-Geräts am BNMRZ bewegliche ­Strukturen
von ­Biomolekülen in Lösung dar, um molekulare Grundlagen biochemischer Prozesse des Lebens, aber auch von Krankheiten besser verste­
hen zu können. Für Otting ist diese Forschung eine wichtige Basis für
die Entwicklung neuartiger Medikamente. Denn: Die Pharmaindus­
trie habe bisher auf das Röntgen-kristallographische Verfahren gesetzt.
Eine Methode, die – im Gegensatz zur NMR – nicht die Flexibilität der
Moleküle berücksichtige, NMR sei hier überlegen. Ottings spezieller
Part in München: „Wir können durch paramagnetische Metalle, sogenannte Metall-Tags, nicht nur zeigen, dass kleine Moleküle sich an Proteine binden, sondern auch, wie sie das tun.“ Die dafür notwendigen
Tags lässt Otting in seinen Labors an der ANU synthetisieren und per
Post an Sattlers Adresse liefern.
Die Helmholtz-Gemeinschaft ist optimal ausgestattet
und bietet einmalige Vernetzungsmöglichkeiten
Otting könnte sich vorstellen, ganz nach Deutschland zurückzuziehen – ihn persönlich reizen die Möglichkeiten am Helmholtz Zentrum
München. Auch für Australien würde er sich die einmalige technische
Ausstattung und die Vernetzungsmöglichkeiten wünschen, die das
Helmholtz Zentrum München bietet. Doch er hat sich in Canberra gut
­eingelebt: „Man hat mir vor acht Jahren einen roten Teppich ausgerollt.“ Und auch seine Familie zieht es nach einem langen Winter und
einem regenreichen Frühling in Deutschland zurück in die warme Klimazone. Und das, obwohl es dort manchmal „australische“ Probleme
zu bewältigen gibt: Beispielsweise einen Buschbrand, der drei Wochen
nach Ottings Einzug in Canberra wütete und nur dank des ­beherzten
Eingreifens eines Nachbarn, im Nebenjob Mitglied der Freiwilligen
Feuerwehr, wenige Meter vor Ottings Haus halt machte – der Garten
brannte zum großen Teil ab. Er selbst war nicht zuhause, Frau und Kinder ergriffen mit dem Auto die Flucht. Heute kann Otting diese Katastrophe mit einem verschmitzten Lächeln als „Housewarming“ bezeichnen. Damals ist er lieber schnell selber in
die Freiwillige Feuerwehr eingetreten.
Mit den weiterhin noch trockeneren Aussichten in Canberra kann sich
Otting auch arrangieren: „Der
Rasen ist im Sommer eben vertrocknet.“ Gegen Magpies, eine
angriffslustige Elsternart,
die sich zur Brutzeit ge-
Australian life: Fast hätte ein Buschfeuer Ottings Haus abgebrannt
imZentrum 28 | 29
zielt auf die Augen von Passanten stürzt, schützen Fahrradhelme mit oben aufgemalten Augen. Und auch mit
giftigen Redback-Spinnen lebt Otting nach acht Jahren in
Einklang: „Man schaut halt erst in die Schuhe rein, bevor
wenn man sie anzieht.“
Der schwedische König Carl XVI. Gustaf überreicht Gottfried Otting 1996 den
Wallmarkska-Preis der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften
Auch Einstein hätte Probleme gehabt
Bevor Otting 2002 den Ruf nach Australien erhielt, hatte es den Weltenbummler nach Norden gezogen: Er war vom Karolinska Institut in
Stockholm rekrutiert worden. Was zunächst als ehrwürdiges Nobelpreis-Institut schillerte, zeigte sich auf den zweiten Blick als wenig befriedigend: Finanzielle Zusagen galten nur für die Startphase, schon
bald musste er mit einem Etat von 50 000 Euro pro Jahr forschen. Pro
Jahr hatte er eine Reihe wissenschaftlicher Paper zu veröffentlichen,
um im Gegenzug einen PhD-Studenten finanziert zu bekommen.
„Auch Einstein wäre mit diesem System nicht zurechtgekommen“,
resümiert Otting. Die guten Arbeitsbedingungen an der ANU in Australien schätzt er nach dieser Erfahrung umso mehr. Hier haben die Professoren alle Zeit, die sie brauchen, um zu forschen und sich um die einzelnen Mitarbeiter zu kümmern. Er selber
pflegte während
seines Austauschs in old Europe den
Kontakt zu
seinen Kollegen in Canberra via Skype –
täglich zwischen halb sieben und neun Uhr.
Während seines Aufenthalts in
München logierte seine Familie in einem Wohnhaus des Internationalen
Begegnungszentrums der Wissenschaft
e. V. (IBZ) in der Amalienstraße mitten im Uni-
viertel Schwabings. Die beiden Söhne Markus (14) und Niklas (12)
gingen in ­München zur Schule, der Ältere am naturwissenschaftlichtechnologischen Gisela-Gymnasium in der Innenstadt. Der „schlackerte
mit den Ohren“, sagt Otting, „was die hier in den Naturwissenschaften
alles machen“. Anders als in Australien nämlich sogar eigenständige
Experimente. Und so kam es, dass Professor Otting nicht nur ein halbes
Jahr Grundlagenforschung auf höchstem Niveau betrieb, sondern auch
Nachwuchsförderung: „Ich habe jede Menge Nachhilfe gegeben.“
Auf die Frage, welche Kriterien weltweit gelten, damit gute Forschung
betrieben werden kann, nennt der Globetrotter zwei Voraussetzungen:
Kleine Arbeitsgruppen, die von Professoren mit Zeit für die Forschung
geleitet werden, und Räumlichkeiten, die es erlauben, sich ständig
über den Weg zu laufen. Denn Ottting hat festgestellt, dass nur die persönliche Nähe einen ehrlichen Austausch ermöglicht. „Man muss seine
Kollegen sehr gut kennen und einschätzen können, um sich zu trauen,
auch mal eine ‚dumme Frage’ zu stellen. Wenn dieses Vertrauen einmal da ist, kann man darauf jahrelang aufbauen und sehr gut auch per
Skype und E-Mail kommunizieren.“ Otting ist sich sicher, dass er diese
Basis während seines Besuchs in Deutschland geschaffen hat und freut
sich nun auf gute transkontinentale Zusammenarbeit.
Hingucker
Kunst schafft ­
erweiterte
­Wahrnehmung
Wissenschaftliches Arbeiten und die Beschäftigung mit
Kunst ­erfordern eine ähnliche mentale Grundhaltung:
hohe Konzen­tration und geistige Kreativität. Inten­sives
Auseinandersetzen mit Kunst fördert diese Fähig­keiten
zusätzlich und unterstützt ­darüber hinaus Offenheit und
Neutralität. Weil davon wiederum wissenschaftliches
Arbeiten profitiert, bietet eine zentrumseigene Artothek
Mitarbeitern die Möglichkeit, sich Kunst auszuleihen.
­Hingucker ­präsentiert einige dieser Werke – als Vorgeschmack auf den im Herbst erscheinenden Katalog
Prof. Dr. Joachim Heyder habilitierte 1973 im Fachbereich Physik der Frankfurter Universität. 1986 baute er das
„Projekt Inhalation“ auf dem Campus Neuherberg auf, von 1993 bis zu seiner Emeritierung 2004 leitete er das
daraus entstandene Institut für Inhalationsbiologie.
1994 übernahm Heyder den Vorsitz der Kunstkommission am Zentrum. Ihn selber reizt die Symbiose, die Kunst
und Wissenschaft eingehen: „Kunst erweitert unsere Wahrnehmung und stimuliert unsere Kreativität – Fähigkeiten, die dem wissenschaftlichen Forschen zugutekommen. Und dass Wissenschaft auch künstlerische Aspekte hat,
zeigt nicht zuletzt die Rubrik ‚Hingucker’“.
imZentrum 30 | 31
Das Bild „epicenter“ zeigt das „Zentrum des Zitterns“:
Blau und rot eingefärbt ist die „schwarze Substanz“ des Gehirns, in welcher im Verlauf der Parkinsonschen ­Erkrankung
Dopamin produzierende Nervenzellen absterben. Ein gelb
­eingefärbter imaginärer Strahl richtet die Aufmerksamkeit auf
dieses „Zentrum der Zerstörung". Vorlage der künstlerischen Interpretation war die Hälfte eines horizontalen Gehirnschnitts
Hommage à Uecker (Eugen Gomringer)
wie weiss ist
wie weiss ist
wie weiss ist
wie weiss ist
wie weiss ist
wie weiss ist
wissen die weisen
wissen weisen die
die weisen wissen
die wissen weisen
weisen wissen die
weisen die wissen
Bildbeschreibung Tue eros augiam, quis nullute tie molor sustrud dolorerosto conse tat, sum in ute magnisl dit wis auguer
aliqui tat, sequism odigna consequis dolesti ncidunt velis augait
wis nim dolore venibh eu faccum doluptat.
Günther Uecker: Reihung
Hingucker
Kunst und Wissenschaft
als kreativer Akt
Anlässlich des 40-jährigen Bestehens des Forschungszentrums im Jahr
2000 hatte Walter Grasskamp, Kunstkritiker und Professor für Kunstgeschichte an der Akademie der Bildenden Künste München, festgestellt:
„Kunst und Wissenschaft sind verwandte Spielarten der Neugier: Sie
betrachten Ausschnitte und erforschen Zusammenhänge; sie zerstören
Weltbilder und entwerfen neue Modelle; sie verfeinern die Wahrnehmung und vergrößern das Rätsel. Kunst und Technik sind ebenbürtige
Macharten der Erfindung. Sie ergänzen das Vorhandene und verwerfen
das Herkömmliche; sie erobern neue Räume und erhalten vergangene;
sie schaffen die Herausforderungen, denen eine moderne Gesellschaft
sich stellen muss.“
Leena van der Made
„Das Bild ist ein Ganzes und gleichzeitig besteht es aus vier Teilen. Jede
einzelne Farbe hat genauso viel Wichtigkeit und Bedeutung wie alle
anderen. Jede ist unterschiedlich und hat doch den gleichen Wert. Eine
jede hat nur Bedeutung, insofern sie zu den anderen Bezug nimmt und
durch die anderen erkannt wird.“ Leena van der Made
Wenn man vier durch 31 und Farbe durch Institute und selbstständige Abteilungen ersetzt, könnte das abstrakte Gemälde von Leena van der Made
für das Selbstverständnis des Helmholtz Zentrums München stehen.
Bereits seit 50 Jahren beflügelt Kunst wissenschaftliches Arbeiten am
Zentrum. Begonnen hatte alles mit „Kunst am Bau“, einer Maßnahme
der öffentlichen Hand, die bis zu zwei Prozent der Kosten bei Neubauten für Kunst vorsieht. In diesen Genuss kam auf dem Campus als eines
der ersten Bauten das zentrale Rechenzentrum: Hier wurde eine überdimensionale Lochkarte als Symbol für die Frühzeit der Datenverarbeitung aufgestellt (Ben Muthofer: Stele). Es folgten Ausstellungen am
Zentrum unter anderem mit Werken von Eberhart Lorenz und Folker
Lerche. Der Kunstfundus vergrößerte sich – und eine Kunstkommission
wurde gegründet, um die Sammlung zu verwalten und auszubauen.
Später erhielten Kunststudenten die Möglichkeit, ihre Werke auf dem
Campus auszustellen und gleichzeitig Einblicke in wissenschaftliches
Arbeiten zu erhalten. Ihre Antworten auf Fragen und Standpunkte der
Wissenschaft wandelten sie in die Sprache der Kunst um und erweiterten dadurch den Kunstfundus des Zentrums. Mitte der 90er Jahre
stand, nach Einstellung der biologischen Strahlenexperimente, mit dem
oktogonalen Raum des Biologikums eine hervorragende Möglichkeit
für raumspezifische Installationen – beispielsweise von Benedikt Birckenbach oder Dirk Rathke – zur Verfügung. Das Oktogon wurde bei
diesen Werken Teil der künstlerischen Arbeit.
Karel Appel: Köpfe
Folker Lerche: Schwarze Landschaft / Diptychon
imZentrum 32 | 33
Dirk Rathke: Raumzeichnung für Neuherberg
Benedikt Birckenbach: Borobudur
Kunst befähigt, neue
Blickwinkel einzubeziehen
Als Prof. Dr. Joachim Heyder 1994 den Vorsitz der Kunstkommission übernahm, gab es bereits einen beträchtlichen Fundus zu verwalten. Den
emeritierten Wissenschaftler fasziniert diese Aufgabe damals wie heute:
Einerseits kann er jungen Künstlern eine Plattform bieten, auf der sie
ihre Werke in einem wissenschaftlichen Umfeld präsentieren können
und mit ihnen einen Dialog über die unterschiedlichen Wege der Aus­
einandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Themen führen. Andererseits stellt er den Mitarbeitern
eine zentrumseigene Artothek zur Verfügung. Ein Angebot, das sehr
gerne angenommen wird: Dauerhaft sind mehr als 90 Prozent der zur
Verfügung stehenden Kunstwerke von den Mitarbeitern ausgeliehen.
Ben Muthofer: Stele
Veröffentlicht
Forschungshighlights
APRIL 2010 – JULI 2010
ruar
Feb
März Ap
ril
Jan
ua
r
Dezember
i
Ma
Terrestrische umwelt
Terrestrial Environment
e
emb
Nov
r
Juni Umweltbedingte Störungen der Gesundheit
Environmental Health
Jul
i
Systemische Analyse
multifaktorieller Erkankungen
Systemic Analysis of
Multifactorial Diseases
ust
Aug
Ok
tob
er
Septembe
r
Drei Programme tragen das Helmholtz Zentrum München: ­
Umweltbedingte Störungen der Gesundheit, Systemische Analyse Multifaktorieller
Erkrankungen und Terrestrische Umwelt. Hier die wissenschaftlichen Highlights
der letzten Monate aus dem ­Helmholtz Zentrum München
imZentrum 34 | 35
+++ 13. April 2010 +++
Diabetes
Korrelation zwischen
niedrigem Geburtsgewicht
und Typ-2-Diabetes
EPI | Eine große internationale Forschergruppe hat unter Beteiligung des Teams
um Dr. Joachim Heinrich herausgefunden, dass das Gen ADCY5 sowohl mit
einem niedrigen Geburtsgewicht korreliert als auch in Zusammenhang mit
Diabetes-Typ-2 steht. Dies ist eine mögliche Erklärung dafür, dass Neugeborene
mit niedrigem Geburtsgewicht später im
Alter von 50 bis 60 Jahren eine höhere
Wahrscheinlichkeit haben, an Typ-2Diabetes zu erkranken.
+++ 16. April 2010 +++
Lunge
Einblick in Mechanismen von
Entzündungsvorgängen
+++ 13. April 2010 +++
Stoffwechsel
Genvarianten zur Regulation
der Nierenfunktion
EPI | PD Dr. Thomas Illig identifizierte
mit seinem Team und Partnern aus zwölf
Ländern 13 neue Genvarianten, die die
Nierenfunktion und das Risiko für eine
dauerhafte Niereninsuffizienz in der Allgemeinbevölkerung beeinflussen. Aus
der groß angelegten internationalen
Studie mit rund 90 000 Teilnehmern aus
Europa und den USA können sich in
Zukunft neue Ansätze in der Erforschung
von Nierenkrankheiten ergeben.
+++ 18. Mai 2010 +++
Neurobiologie
Therapie für geschädigte
Hirnzellen
ISF | Einem Team um Prof. Dr. Magdalena Götz und Forschern der LMU ist
es gelungen, Stützzellen des Gehirns
in zwei verschiedene funktionelle Hauptklassen von Nervenzellen umzuwandeln.
Dies ist ein entscheidender Schritt
auf dem Weg zur Therapie neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer
und Schlaganfall. Die Umprogrammierung gelang durch das selektive Einschleusen einzelner Proteine, sogenannter Trans­kriptionsfaktoren, die das
Ablesen der Erbsubstanz regulieren.
Während der Transkriptionsfaktor Neurogenin 2 die Bildung von erregenden
iLBD | CPC | Ein Team um Dr. Marion
Frankenberger und Prof. Dr. Loems
Ziegler-Heitbrock zeigten zusammen
mit Wissenschaftlern der Mount Sinai
School of Medicine, New York, dass die
immunologisch besonders aktiven
Monozyten bei Mensch und Maus zwar
grundsätzlich ähnlich sind, sich aber
hinsichtlich wichtiger Oberflächen­
rezeptoren stark unterscheiden. Die
Wissenschaftler erhoffen sich von den
Erkenntnissen ein besseres Verständnis
von Entzündungsprozessen, die auch
bei Lungenerkrankungen eine wichtige
Rolle spielen.
+++ 21. Juli 2010 +++
Immunsystem
Molekularer Mechanismus für
Autoimmunität entschlüsselt
IMI | Ein Wissenschaftlerteam unter
Leitung von Dr. Vigo Heissmeyer hat
den molekularen Mechanismus für die
Entstehung von Lupus–ähnlicher Auto­
immunität entschlüsselt. Die Forscher
konnten belegen, dass im Gegensatz
zur bisherigen Annahme das Protein
Roquin und nicht microRNAs die entscheidende Rolle spielt.
München und des Klinikums der LMU
zeigen, dass die Kombination Regionaler
Tiefenhyperthermie (RHT) und systemischer Chemotherapie bei der Behandlung bösartiger Weichteiltumore der
alleinigen Chemotherapie klar überlegen
ist. Die RHT macht sich zunutze, dass
Temperaturen zwischen 40° C und 43° C
Tumorzellen bilden Hitzeschockproteine
aus, die in das körpereigene Immunsystem eingreifen. Dadurch werden die Zel-
+++ 21. MAI 2010 +++
Diabetes
Kurzzeit-Immuntherapie
wirkt langfristig
len angreifbarer für natürliche Abwehr-
+++ 21. MAI 2010 +++
Diabetes
Passivrauch erhöht Risiko
für Typ-2-Diabetes
prozesse, Chemo- oder Strahlen­therapie.
Institut für Diabetesforschung Typ-1 |
EPI | In der bevölkerungsbezogenen
Eine kurzzeitige Immuntherapie kann
KORA-Studie unter Leitung von Prof.
bei Patienten mit Typ-1-Diabetes den oft
Dr. Dr. H.-Erich Wichmann wurde fest-
rasanten Rückgang der körpereigenen
gestellt, dass neben Aktivrauchen auch
Insulinproduktion auch langfristig brem-
Passivrauchen zu einem erhöhten Risiko
sen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Wis-
für Typ-2-Diabetes führt. An der Studie
senschaftlerteam mit Beteiligung von
war neben dem Helmholtz Zentrum
Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler, Leiterin
München das Deutsche Diabetes Zent-
des vor kurzem neu gegründeten Insti-
rum in Düsseldorf beteiligt.
+++ 28. Juni 2010 +++
Diabetes
Zwölf neue Risikofaktoren für
Typ-2-Diabetes
EPI | Ein internationales Konsortium unter Beteiligung des Helmholtz Zentrums
München hat zwölf neue Genvarianten
entdeckt, die einen Einfluss auf das individuelle Risiko für eine Typ-2-Diabetes-
tuts für Diabetesforschung am Helmholtz
Erkrankung haben. Elf der identifizieren
Zentrum München.
Gene beeinflussen die Insulinproduktion
beziehungsweise -wirkung. Erstmals
gleichen Astroglia-Zellen nach Einin hemmende Neuronen um.
IMI | Prof. Dr. Rolf Issels konnte mit
einem Team des Helmholtz Zentrums
Tumorzellen in Stress versetzen. Die
Neuronen aktiviert, wandeln sich die
schleusen des Transkriptionsfaktors D1x2
+++ 7. Mai 2010 +++
Krebs
Hyperthermie verbessert
Therapie von Weichteiltumoren
wurde außerdem eine genetische Assozi-
+++ 21. Juli 2010 +++
Stammzellen
Entstehung von Ziliopathien
ISF | Dr. Heiko Lickert hat mit seinem
+++ 27. Juli 2010 +++
Mikrobiologie
Neuer Abwehrmechanismus
bei Pflanzen
Team eines der ersten Gene gefunden,
IBÖ | Ein Team um Dr. Karin Schreiner
das entscheidend für den physiologisch
und Prof. Dr. Michael Schloter fand
korrekten Abbau von Zilien ist. Ist das
gemeinsam mit Kollegen der Universität
Gen defekt, entstehen doppelte und ge-
Lyon heraus, dass Pflanzen in der Lage
gabelte Zilien – daher sein Name Pitch-
sind, sich gegen Krankheitserreger zu
fork (Heugabel). Folgen sind eine für
schützen, indem sie biokontrollaktive
viele Ziliopathien typische Störung der
Mikroorganismen fördern. Sie zeigten
Links-Rechts-Symmetrie des Körpers oder
am Beispiel der Schwarzbeinigkeit,
Herzversagen.
einer folgenschweren Getreideerkran-
ation von Typ-2-Diabetes mit dem X-Chromosom nachgewiesen: Ein erster möglicher Hinweis auf geschlechts­spezifische
Unterschiede beim Diabetes-Risiko.
kung, dass eine bestimmte Mikroflora
im Boden auf natürlichem Weg die
Aus­breitung von pflanzenpathogenen
Mikroorganismen verhindert.
www.helmholtz-muenchen.de/presse-und-medien
Netzwerker
workshop
Isodetect –
die Grundwasser­
detektive
Drei junge Forscher reisten einst gemeinsam durch die Wüste Sinai. Sie ­ritten auf
Kamelen von Wasserstelle zu Wasserstelle, tranken Tee mit Beduinen, bewunderten
deren sparsamen Umgang mit Wasser als Kostbarkeit – und sprachen in langen
Nächten am Lagerfeuer über ihre Zukunftspläne
Wieder in Deutschland, verloren sie sich aus den Augen. Zwei verfolgten ihre wissenschaftliche Karriere. Dr. Heinrich Eisenmann, der
Dritte im Bunde, kam seiner Leidenschaft für das Theater nach: Er
arbeitete an mehreren Häusern als Assistent – unterbrochen von
Ausflügen zurück in die Forschung. Heute bildet er zusammen mit
Prof. Dr. Rainer Meckenstock, Leiter des Instituts für Grundwasser­
ökologie und Inhaber des Lehrstuhls für Grundwasserökologie an
der Technischen Universität München, und Dr. Hans Richnow vom
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung das Herz der Firma Isodetect – ein Spin-off des Helmholtz Zentrums München und des UFZ.
Mit Isotopen­verfahren analysieren sie den natürlichen Schadstoffabbau von Altlasten.
Geschäftsführer Eisenmann sitzt in einem Café im Münchner Stadtteil
Nymphenburg und erinnert sich: „Wir besuchten 1998 gemeinsam
eine Tagung und Meckenstock und Richnow waren ganz euphorisch.
Beide waren damals junge Postdocs und hatten gerade ein Patent
angemeldet.“ Meckenstock, der Mikrobiologe, und Richnow, der Isotopenspezialist, hatten herausgefunden, wie sich in einer Grundwasser-Schadstofffahne die biologische Selbstreinigung nachweisen und
quantifizieren lässt. Experimentierfreudige Tüftler waren sie damals,
die das Anwendungspotenzial ihrer Arbeit sofort erkannten.
Mikroorganismen reinigen kostenlos
Einsatzmöglichkeiten für so ein Verfahren gibt es mehr als genug:
Bis in die 80er-Jahre gelangten aus Deponien, Kokereien, Tankstellen, Lackierereien und anderen Industriebetrieben Giftstoffe ins
Grundwasser und verursachten gewaltige Umweltschäden. Mehr als
300 000 Areale deutschlandweit sind heute im Altlastenkataster registriert und gefährden potenziell unser Trinkwasser. „So eine Altlas-
tensanierung ist kein Pappenstiel“, sagt Eisenmann. Um kontaminierte Standorte zu sanieren, wird meist das Wasser aus dem Boden
gepumpt, mit Aktivkohlefiltern gereinigt und zurück in den Boden
geleitet – eine teure und umweltbelastende Methode. Schadstoff­
abbauende Organismen knacken die schädlichen Moleküle dagegen
dort, wo sie sind, und entfernen die Kontamination kostenlos und
umweltverträglich.
Anhand der Anreicherung von schweren stabilen Isotopen in den
Schadstoffen lässt sich ableiten, wie weit ein Abbauprozess schon
fortgeschritten ist. Das entdeckten Meckenstock und Richnow in ihren
ersten Arbeiten. Sie validierten ihre Forschungsergebnisse in den
nächsten Jahren und zeigten, dass die Quantifizierung des Schadstoffabbaus über Isotope unter verschiedenen Bedingungen, mit
unterschiedlichen Stoffen und an verschiedenen Standorten funktionierte. Nur leider waren das immer noch Laborergebnisse: Grundlagenforschung – verständlich für Wissenschaftler, Fachchinesisch für
die meisten Ingenieure und Behörden. Eine Firma musste her, die
das neue Verfahren vermarkten und den Anwendern in ihrer Sprache
vermitteln konnte.
Auf einer Nikolausfeier trafen sich Eisenmann und Meckenstock 2004
wieder. Da hatte Meckenstock gerade die Leitung des Instituts für
Grundwasserökologie am Helmholtz Zentrum München übernommen.
Richnow leitete die Abteilung Isotopenbiogeochemie am UFZ in Leipzig.
Ein Jahr später gründeten die drei Wissenschaftler die Firma Isodetect.
„Der Markt war zu diesem Zeitpunkt reif für die neue Technologie“, sagt
Eisenmann. Der Allrounder war allerdings schon eine Weile aus dem
Wissenschaftsbetrieb ausgestiegen und deshalb nicht sicher, ob sein
wissenschaftliches Know-how für eine erfolgreiche Firmengründung
ausreicht. Doch Meckenstock und Richnow vertrauten auf seine kommunikativen Fähigkeiten und die „Power des alten Wüstenteams.“
imZentrum 36 | 37
Meilenweit für einen Tropfen Wasser: Heinrich Eisenmann (l.), Rainer Meckenstock (vorne) und Hans Richnow (nicht auf dem Foto) schweißten gemeinsame Wüstenerfahrungen zusammen
Und die Isodetect-Gründer hatten gut entschieden. Denn während
seiner Arbeit bei Theaterproduktionen hatte Eisenmann eine Reihe
wichtiger Qualifikationen erworben, die ihm jetzt zugute kamen:
„Wenn ein Theaterstück zur Premiere kommen soll, muss man unterschiedlichste Leute miteinander arrangieren, Programmhefte schreiben, Öffentlichkeitsarbeit machen, Krisen managen. Das ist eine gute
Schule für eine Spin-off-Firma.“
Austausch beim Mittagessen
Nachdem die Helmholtz-Gemeinschaft den Businessplan begutachtet
und durch Fördermittel aus „Helmholtz Enterprise“ finanziell unterstützt hatte, konnten die Isodetect-Gründer mit dem guten Gefühl
ans Werk gehen, dass ihre Unternehmensstrategie Hand und Fuß
hat. Bis heute profitiert Isodetect auch von der räumlichen Nähe
zum Helmholtz Zentrum München. Gegen eine entsprechende Gebühr können die Ressourcen des Zentrums und die teuren Analysegeräte genutzt werden. Die insgesamt fünf Mitarbeiter sitzen in Räumen des Helmholtz Zentrums München sowie am Leipziger UFZ und
haben unmittel­baren Kontakt zu den dortigen Wissenschaftlern. Man
tauscht sich beim Mittagessen in der Mensa oder bei der Arbeit im
Labor über die aktuellen Wissensfortschritte aus. Doktoranden und
Postdocs können einfach mal vorbeischauen und so den Alltag einer
Spin-off-Firma miterleben.
Das Helmholtz Zentrum München erzielt mit seiner Ausgründung
wissenschaftliche Synergien, eine wirtschaftliche Geräteauslastung
und auch einen indirekten finanziellen Gewinn. Die Ascenion GmbH,
spezialisiert auf Technologietransfer, half bei der Ausarbeitung
von Gründungsverträgen, in Patentfragen – und hält Anteile an der
Firma. In absehbarer Zeit will Isodetect un­abhängig von der großen
Mutter Helmholtz werden. „Es dauert aber, bis eine neue Technologie den Markt erobert, und sei sie noch so toll“, sagt Eisenmann.
Workshop schafft Vernetzung
Bei einem Workshop im Oktober in München werden die Entwickler und Anwender von Isotopenverfahren im Grundwasserschutz aufeinander treffen. „Damit erreichen wir die ganze deutschsprachige
Altlastenszene. Wir sind davon überzeugt, dass es einen echten Austausch gibt, der die Technologie wirtschaftlich und wissenschaftlich
weiter voranbringt“, sagt Eisenmann. Isodetect ist dabei die Brücke
zwischen Industrie und Forschung. „Wir sprechen einfach beide Sprachen.“ Die Anwender sollen sehen, dass Isotopenverfahren inzwischen keine absolute Neuheit mehr sind, sondern etablierte Standardverfahren mit einem hohen wirtschaftlichen Nutzen. So wird auf
dem Workshop ein Sanierungsfall vorgestellt, bei dem die natürliche
Selbstreinigung mit Isotopen nachgewiesen wurde und die Kosten
dadurch um 90 Prozent gesenkt werden konnten. Mittlerweile hat
Isodetect Aufträge aus ganz Europa. Dass sauberes Wasser eine Kostbarkeit ist, mit der man intelligent umgehen muss, wissen längst
nicht mehr nur Wüstenbewohner.
Der Workshop „Isotopenschutz im Grundwasser – Anwendung
und Forschung“ der Spin-off-Firma Isodetect findet am 20.
und 21. Oktober 2010 auf dem Campus des Helmholtz Zentrums
München statt.
Anmeldung unter: EUROKONGRESS GmbH,
Tel: +49 (0)89 210 9860, www.grundwasser-isotopen.de
Über die Schulter geschaut
Das Helmholtz Zentrum München ist quer durch
alle Abteilungen vernetzt. Und auch auf sportlicher
Ebene wird Networking betrieben. Diesmal:
Teamfeeling: Diese Kollegen haben Spaß
daran, gemeinsam zu trainieren.
Kleines Foto: Die Event-Koordinatorin,
Julia Nagl, kurz vor dem Start des B2RUNFirmenlaufs am 22. Juli 2010 in München
Den Läufern
über die Schulter geschaut
Wenn Julia Nagl nach der Arbeit nach Hause kommt, schmeißt sie ihre
Tasche in die Ecke, zieht ihr Lauf-Equipment an und rennt los: Seit etwa
zehn Jahren trainiert die 33-Jährige regelmäßig eine Stunde. Laufen ist
für die Veranstaltungskoordinatorin der Abteilung Kommunikation Teil
des Alltags, es gehört dazu wie das tägliche Zähneputzen. Ihr Trick, den
inneren Schweinehund zu überwinden: Loslaufen, ohne zu überlegen,
was potenziell dagegen sprechen könnte. Und während sie zu Beginn
noch den Arbeitsalltag Revue passieren lässt – und ihr dabei manchmal bessere Einfälle kommen, als zuvor am Schreibtisch – ist ihr Kopf
nach dem Laufen frei und der Körper ausgeglichen.
Carboloading und das Nibbling-Prinzip
Damit die Kohlenhydrat-Speicher auch für den nächsten Tag wieder auf­
gefüllt sind, trinkt Nagl im Anschluss eine Schorle, in dem Frucht und
Wasser im Verhältnis eins zu zwei gemischt sind, und isst eine Banane,
Pasta oder Reis mit Gemüse. Carboloading nennt die studierte Ernährungswissenschaftlerin eine solche Mahlzeit, die vor allem am Abend
vor einem Wettkampf auf dem Speiseplan stehen sollte. Und erklärt,
warum sie so wichtig für den Erholungsprozess ist: „Im Gegensatz zum
unbegrenzten Fassungsvermögen der Fettdepots kann der Körper Kohlenhydrate nur in Form des relativ schnell aufgebrauchten Muskel- und
Leberglykogens speichern. Um bei regelmäßigem Training leistungs­
fähig zu bleiben, ist die Menge des im Muskel mobilisierbaren Glykogens ausschlaggebend. Denn diese sogenannte tierische Stärke ist der
Energielieferant der Muskeln, der verhindert, dass bei starker Beanspruchung die Beine schwer werden“. Leberglykogen hingegen dient
der Blutzuckerregulation, versorgt also Gehirn- und Nervenzellen und
befähigt zu einer guten Konzentrations- und Koordinationsfähigkeit.
Optimal ernährt sich ein Freizeitsportler, wenn er die Hauptnährstoffe
Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße im prozentualen Verhältnis von 50
zu 35 zu 15 zu sich nimmt – am Wettkampftag bestenfalls nach dem
„Nibbling-Prinzip“: Über den Tag verteilt werden viele kleine Happen
gegessen beziehungsweise kleine Schlucke getrunken. So wird die
Verdauung nicht überfordert und der Körper erhält trotzdem alle wichtigen Nährstoffe.
Der Münchner Firmenlauf B2Run am 22. Juli stand für Julia Nagl nicht
nur aus persönlichen Gründen auf der Agenda: In ihrer Funktion als
Veranstaltungskoordinatorin organisierte sie in diesem Jahr gemein­­
sam mit Dr. Bettina Ruth Lauf-Shirts für den einheitlichen Look der
112 Zentrums-Teilnehmer und ein professionelles Laufcoaching. An
den drei verein­barten Treffen klärte die Diplom-Sportwissenschaftlerin
Karin Gmelch unter anderem über typische Anfangsfehler wie zu
schnelles Loslaufen auf. Ihr Vergleich: „Auf einem wackligen Grund
gerät jedes Haus ins Wanken. Auf einem soliden Fundament jedoch
kann ein stabiles Haus gebaut werden.“ Aufs Lauftraining übertragen
bedeutet das: Läuft man untrainiert zu schnell los, ist man entweder
gleich nach ein paar Minuten kaputt, weil die Muskeln übersäuern,
oder man schafft zwar ein paar Trainingseinheiten, schädigt aber –
womöglich dauerhaft – die zu schwache Muskulatur, Gelenke und das
Herz-Kreislauf-System.
Wer zusätzlich noch Nagls finale Ernährungstipps befolgt – die obli­
gatorische Pasta-Party am Vorabend, die letzte Mahlzeit aus leicht­
verdaulichen Kohlenhydraten spätestens zweieinhalb Stunden vor dem
Start zelebri­eren und ausreichend trinken – ist auf Dauer fit wie ein
Turnschuh.
Aufgefallen
Ministerialdirektorin
Bärbel Brumme-Bothe
Leiterin der Abteilung 6, Lebenswissenschaften – Forschung für Gesundheit, im
Bundesministerium für Bildung und Forschung, ist seit dem 13. April Vorsitzende
des Aufsichtsrats. Sie übernimmt das Amt
von Dr. Peter Lange.
Dr. Stefan Kunis
Nachwuchsgruppenleiter am Institut für
Biomathematik und Biometrie, hat einen
Ruf auf eine W2-Professur für Angewandte
und Numerische Analysis an der Universität Osnabrück erhalten.
Dr. Christian Pötzsche
Institut für Biomathematik und Biometrie,
hat sich im Fach Mathematik an der Technischen Universität München habilitiert.
Prof. Dr. Werner Rühm
Leiter der Arbeitsgruppe Personendosi­
metrie am Institut für Strahlenschutz,
wurde in den Beirat von EURADOS gewählt. EURADOS, die European Radiation
Dosimetry Group, fördert die Zusammenarbeit europäischer Einrichtungen auf dem
Gebiet der Dosimetrie. Rühm leitet die
EURADOS-Arbeitsgruppe „High Energy
Radiation Fields“, in der Wissenschaftler
aus 14 Ländern zusammenarbeiten.
Prof. Dr. Magdalena Götz
Leiterin des Instituts für Stammzellforschung und des Lehrstuhls für Physiologische Genomik an der Ludwig-MaximiliansUniversität, wurde von Wissenschafts­
minister Dr. Wolfgang Heubisch das Verdienstkreuz am Bande verliehen.
Prof. Dr. Oliver Eickelberg
Institut für Lungenbiologie / Comprehensive
Pneumology Center, wurde in das Editorial
Board des American Journal of Respiratory
and Critical Care Medicine (IF 10,689) der
American Thoracic Society berufen.
Prof. Dr. Jürgen Ruland
Leiter der Arbeitsgruppe Signalleitung am
Institut für Toxikologie und Lehrstuhlinhaber für Molekulare Immunologie an
der Technischen Universität München,
wurde mit dem mit 10 000 Euro dotierten
Wilhelm-Warner-Preis 2009 und dem mit
25 000 dotierten Paul-Martini-Preis 2010
ausgezeichnet.
Dr. Christoph Hoeschen
Leiter der Arbeitsgruppe Medizinphysik am
Institut für Strahlenschutz, wurde zum Leiter der neu gegründeten selbstständigen
Abteilung Medizinische Strahlenphysik und
Diagnostik (AMSD) berufen. Stellvertreterin
ist Maria Zankl.
Prof. Dr. Carsten Schmidt-Weber
hat die Leitung des Zentrums Allergie und
Umwelt (ZAUM) des Helmholtz Zentrums
München und der Technischen Universität
München von Prof. Dr. Heidrun Behrendt
übernommen. Zugleich folgt SchmidtWeber dem Ruf auf den neu eingerichteten
Lehrstuhl für Molekulare Allergologie
und Umweltforschung an der Technischen
Universität München.
Dr. Matthias Heikenwälder,
Dr. Dr. Melanie Königshoff,
Dr. Daniel Razansky,
Prof. Dr. Dr. Fabian Theis
Institut für Virologie, Institut für Lungenbiologie, Institut für Biologische und
Medizinische Bildgebung, Institut für Bioinformatik und Systembiologie, haben den
ERC-Starting-Grant – eine Forschungs­för­
derung des Europäischen Forschungs­rates
(European Research Council – ERC) – in
Gesamthöhe von vier Millionen Euro eingeworben. Das Talentförderprogramm der EU
unterstützt Spitzenforscher beim Aufbau
eines neuen unabhängigen Forscherteams.
Heikenwälder konzentriert sich im Rahmen
des ERC-Projekts auf Gewebeschäden und
Krebs, die in Folge chronischer HepatitisInfektionen auftreten, und wie entzündliche
Prozesse dazu beitragen.
Königshoff wird im Rahmen des ERC-Grants
die Mechanismen der Lungenregeneration
untersuchen. Die Wissenschaftlerin ist außer­
dem in das Programm „Young Leaders in
Science“ der Schering Stiftung aufgenommen
worden. Königshoff leitet seit Juli die Nachwuchsgruppe „Lung Epithelial Cell Plasticity“
am Comprehensive Pneumology Center.
Razansky hat sich die Darstellung molekularer Abläufe in Echtzeit zum Ziel gesetzt:
Mithilfe eines neuen optoakustischen Verfahrens will er neurodegenerative und kardiovaskuläre Mechanismen nachvollziehen.
Theis wird eine statistische Methode zur
Erweiterung bestehender SystembiologieModelle entwickeln und dabei Entwicklungsbiologie als Anwendungsbeispiel nutzen.
PD Dr. Markus Brielmeier
ist zum Leiter der selbstständigen Abteilung
für Vergleichende Medizin berufen worden.
Brielmeier hat einen Ruf auf eine W3-Professur in Ulm zugunsten der Position am Helmholtz Zentrum München ausgeschlagen. Er
wird die Leitung der Abteilung, die er bereits
seit 1999 stellvertretend inne hat, nach dem
Ausscheiden von Prof. Jörg Schmidt voraussichtlich im April 2011 übernehmen.
Dr. Volker Stümpflen und
Prof. Dr. Hans-Werner Mewes
Institut für Bioinformatik und System­
biologie, erhalten aus dem Impuls- und
Vernetzungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft eine Ausgründungsförderung. Die
Wissenschaftler wollen damit ihr Unternehmen InfoDabble, das Software lizenziert und
Dienstleistungen zum Betrieb eines Wissensmanagementsystems bietet, ausbauen.
Impressum
imZentrum, das Magazin für M
­ itarbeiterinnen
und Mitarbeiter des Helmholtz Zentrums
­München, erscheint dreimal pro Jahr. Einzelhefte können bei der Abteilung Kommunikation
angefordert werden.
Herausgeber
Helmholtz Zentrum München
Deutsches Forschungszentrum
für Gesundheit und Umwelt
Ingolstädter Landstr. 1
85764 Neuherberg
Tel.: 089-3187-0
Fax: 089-3187-3324
nip.helmholtz-muenchen.de/imzentrum
presse@helmholtz-muenchen.de
Redaktionsanschrift
wie Herausgeber
Verantwortlich
Sven Winkler,
Leiter der Abteilung Kommunikation
Chefredaktion
Sonja Duggen
Redaktion und Texte
a-quadrat: corporate communications, ­
Christian Bleher, Sonja Duggen,
Dr. Brigitte ­Keller, Michael van den Heuvel
Wegen der leichteren Lesbarkeit umfassen Bezeichnungen von Personengruppen in der Regel
weibliche und männliche Personen.
Titelfoto
Luise Heine
Fotos
Ulla Baumgart, Michael Haggenmüller,
Jan Roeder
Abonnement
Brigitte Schmid, Tel. 089-3187-2711,
brigitte.schmid@helmholtz-muenchen.de
Gestaltung und Titel
Fuenfwerken Design AG
Druck
Graphic Druck Bad Kreuznach
Archiv
Alle Ausgaben von „imZentrum“ sind auf
­unserer Homepage und im NIP intern abrufbar:
www.helmholtz-muenchen.de/imzentrum
© Helmholtz Zentrum München 2010.
Nachdruck nur mit Genehmigung
der Redaktion sowie Angabe der Quelle;
Belegexemplar erbeten.
Models des aktuellen Covers:
Mitarbeiter des Helmholtz Zentrums München vor dem
Start des diesjährigen B2RUN-Firmenlaufs am 22. Juli.
www.helmholtz-muenchen.de