DNA-Verpackung – Ein neuer Ansatzpunkt in der Krebstherapie

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DNA-Verpackung – Ein neuer Ansatzpunkt in der Krebstherapie
GSF-FORSCHUNGSZENTRUM FÜR UMWELT UND GESUNDHEIT
GSF-Forschungszentrum
für Umwelt und Gesundheit
in der Helmholtz-Gemeinschaft
Vom Labor in die Klinik
Translationale Forschung in der GSF
Inhalt
Inhalt
Vorwort
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Brücken bauen für eine Medizin von morgen –
Translationale Forschung in der GSF
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Forschung am Krankenbett –
Die Klinischen Kooperationsgruppen der GSF
Hyperthermie – Hitzeschock für Tumoren
Entzündliche Lungenerkrankungen
Pioniere der Knochenmarktransplantation
Pollen mit Mehrfachwirkung
Husten ist nicht gleich Husten
Wegweisende Strategie zur Entwicklung von Krebsimpfstoffen
Neue Wege in der Depressionsforschung
Gemeinsam stark - Klinische Forschungsplattformen in der GSF
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Technik und Know-how für alle - Die Immunmonitoring-Plattform
Service auf höchstem Niveau - Monoklonale Antikörper nach Maß
Kampf gegen Volkskrankheiten Die Gesundheitsplattformen MONICA und KORA
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Forschung aktuell
Neue HIV-Impfstoffe im klinischen Test
Therapeutische Impfung gegen Nierenkrebs
DNA-Verpackung – Ein neuer Ansatzpunkt in der Krebstherapie
Strahlenreduzierung in der Computertomographie
Glossar
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Impressum
Herausgeber
GSF – Forschungszentrum für Umwelt
und Gesundheit, GmbH in der Helmholtz-Gemeinschaft
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Autoren und wissenschaftliche
Beratung
Sultan Abdul-Rahman, Uta Behrends,
Heidrun Behrendt, Iris Bigalke, Ruth
Brack-Werner, Dirk Busch, Antonio
Cosma, Martin Dietz, Sonja Duggen,
Volker Erfle, Bernhard Frankenberger,
Marion Frankenberger, Monika Gödde,
Martin Göttlicher, Hans Guldner, Martina Hansen, Christoph Hoeschen,
Rolf-D. Issels, Sibylle Kettembeil, Andrea Kleinschmidt, Hans-Jochem Kolb,
Ulrike Koller, Susanne Krauss-Etschmann, Elisabeth Kremmer, Hannelore
Löwel, Ralph Mocikat, Jeans-Charles
Munch, Monika Offenberger, Dolores
Schendel, Claudia Traidl-Hoffmann,
Daniela Vogt Weisenhorn, Horst
Wolff, Wolfgang Wurst
Redaktion
Ulrike Koller, Michael van den Heuvel,
Heinz-Jörg Haury
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53
Internet: http://www.gsf.de
Redaktionsbeirat
Prof. Dr. Dolores Schendel, Dr. Christoph Hoeschen, Prof. Dr. Ralph Mocikat, Dr. Jens Tampe, Dr. Mike Atkinson
Bildredaktion
Michael van den Heuvel, Ulrike Koller
Layout und Grafik
Robert v. Aufschnaiter, kraftwork.,
München
unter Mitwirkung von
Brigitte Schmid, Monika Wiedemann
Litho und Druck
Schoder Druck, Gersthofen
Redaktionsanschrift
GSF – Forschungszentrum für Umwelt
und Gesundheit, Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Ingolstädter Landstraße 1,
85764 Neuherberg
Tel.: 089/3187-2711,
Fax: 089/3187-3324
E-Mail: oea@gsf.de
Auszüge aus diesem Heft dürfen ohne
weitere Genehmigung wiedergegeben
werden, vorausgesetzt, dass bei der
Veröffentlichung der jeweilige Autor
und die GSF genannt werden. Um ein
Belegexemplar wird gebeten. Alle
übrigen Rechte bleiben vorbehalten.
Vorwort
Ein Wort zuvor
ei der GSF arbeiten wir an den Grundlagen einer zukünftigen Medizin und
Versorgung sowie an Ökosystemen
mit wesentlicher Bedeutung für die Gesundheit des Menschen. Durch ein besseres Verständnis der Umwelteinflüsse auf die Gesundheit und Krankheitssysteme können wir
wirkungsvolle Maßnahmen zur Prävention im
Sinne einer kausalen Therapie ableiten. Daher stehen umweltbedingte Erkrankungen im
Mittelpunkt unserer Forschungsarbeiten. Es
kommt uns entscheidend darauf an, dass Ergebnisse aus der biomedizinischen Grundlagenforschung rasch den Patienten zu Gute
kommen.
B
Translationale Forschung – die Umsetzung
von Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung und umgekehrt – ist dabei unser Schlüssel zum Erfolg.
Arzneimittelforschung im klassischen Sinne
ist nicht unsere Aufgabe. Unser Ansatz basiert auf einem sehr interaktiven Netzwerk
von Expertisen und Fähigkeiten, welches von
Grundlagenforschung an biologischen Mechanismen bis zur Phase III-Studie reicht. Wir
verfügen über die Expertise und die
Ressourcen, vom Target bis zur Phase III-Studie, also von der Suche nach dem geeigneten
Wirkmechanismus bis hin zur Anwendung
am Patienten die dafür entscheidende Forschung zu leisten. Mit diesem neuen Ansatz
unterscheiden wir uns von der klassischen
Arzneimittelforschung, z.B. der Pharmaindustrie.
gnostik, Prävention und
kausaler Therapie beschreiten.
Die vorliegende Broschüre
soll Ihnen einen Einblick in
die Vielfalt unseres translationalen Forschungsansatzes geben. Im ersten
Teil lernen Sie einige unserer Klinischen Kooperationsgruppen kennen, die
ganz wesentliche Instrumente translationaler Forschung in der GSF sind. Im
Mittelteil erhalten Sie Einblick in unsere klinischen
Forschungsplattformen, in denen GSF-Wissenschaftler zusammen mit externen Klinikpartnern unter einem gemeinsamen Dach bei
exzellenter wissenschaftlicher Betreuung
neueste Methoden und Techniken für ihre gemeinsame Arbeit vorfinden. Im letzten Teil
dieser Broschüre können Sie vier aktuelle
Highlights aus unserem translationalen Forschungsprogramm genauer unter die Lupe
nehmen.
Prof. Dr. Günther Wess
Wissenschaftlich -Technischer Geschäftsführer
Ganz im Sinne des Leitgedankens der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, der unser Forschungszentrum angehört, wollen wir dazu beitragen, die Lebensgrundlagen des Menschen zu erhalten und zu
verbessern, indem wir auch in Zukunft neue
Wege hin zu einer individualisierten Dia-
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Translationale Forschung
in der GSF
Brücken bauen für eine Medizin von morgen
Erkenntnisse aus der biomedizinischen Grundlagenforschung unmittelbar für die Prävention, Diagnostik und Behandlung von Krankheiten anwenden – das ist der Kerngedanke translationaler Forschung in der Medizin. Kliniker und Grundlagenforscher entwickeln auf der einen Seite neue
Methoden für die Klinik und spiegeln auf der anderen Seite Beobachtungen am Patienten zurück
in das Labor.
Das GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit vereinigt in seinem Forschungsansatz
alle wesentlichen Eckpfeiler für erfolgreiche translationale Forschung: Exzellente Grundlagenforschung, die enge Vernetzung mit Klinikpartnern sowie international genutzte Forschungsplattformen bieten ein gemeinsames Fundament für den Wissensaustausch. Damit leistet die GSF ihren
Beitrag für neue Ansätze einer individualisierten Diagnostik, Prävention und kausalen Therapie.
ontag morgen, 9.00 Uhr, Hämatologikum in München-Großhadern:
Wissenschaftler aus den GSF-Instituten für Molekulare Immunologie sowie
Klinische Molekularbiologie und Tumorgenetik sitzen beim Jour fixe zusammen mit Ärzten aus dem Klinikum Großhadern, der zur
Ludwig-Maximilians-Universität gehörenden
Universitätsklinik. Man bespricht Zwischenergebnisse aus der laufenden klinischen Stu-
M
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die zur Immuntherapie bei NierenkarzinomPatienten. Beide Seiten, Grundlagenforscher
wie Kliniker, schätzen diese Treffen sehr, aus
denen sie jedes Mal neue Anregungen zurück
in ihren Labor- bzw. Klinikalltag nehmen.
Der Brückenschlag vom Labor zur Klinik – in
Fachkreisen unter dem Begriff „Translationale Forschung“ zusammengefasst – ist beim
GSF-Forschungszentrum seit langem vollzo-
Translationale Forschung
in der GSF
gen. Ein in diesem Zusammenhang denkwürdiges Datum war der Tag, an dem im Jahre
1995 die erste Klinische Kooperationsgruppe
(KKG) für Aerosolmedizin gegründet wurde.
Wissenschaftler aus dem GSF-Institut für Inhalationsbiologie und Klinikvertreter aus der
heutigen Asklepios-Fachklinik in Gauting
gründeten eine Projektgruppe mit dem Ziel,
klinisch relevante Fragestellungen aus dem
Klinikalltag mit experimenteller Forschung zu
verknüpfen. Langfristig sollten in Form klinischer Studien neue Diagnose- und Therapiestrategien in die klinische Praxis Eingang
finden.
Das Konzept war erfolgreich und fand innerhalb kurzer Zeit Anklang auch in den wissenschaftspolitischen Entscheidungsgremien.
Bis dato wurden bereits 13 solcher translationaler Arbeitsgruppen etabliert.
Säulen des Erfolgskonzepts
„Die Klinischen Kooperationsgruppen waren
aber nur eine der Säulen, mit denen wir unser
Konzept zur translationalen Forschung erfolgreich etabliert haben und weiter ausbauen
werden“, erklärt Prof. Günther Wess, wissenschaftlich-technischer Geschäftsführer
der GSF. Den zentralen Pfeiler für eine translationale Medizin von morgen bildet die exzellente Grundlagenforschung in den Lebenswissenschaften. Wichtige Bausteine der
translationalen Forschung sind nicht zuletzt
die international genutzten experimentellen
Einrichtungen wie die Deutsche Mausklinik
oder das Genomanalysezentrum sowie Forschungsplattformen in Kliniknähe wie etwa
die Immunmonitoring-Plattform. Eine weitere Säule ist die weltweit einzigartige Verknüpfung von Biomedizin und Umweltforschung im Forschungsprogramm der GSF.
„Und schließlich ermöglicht uns gerade die
langjährige und enge Vernetzung mit zahlreichen externen Klinikpartnern gänzlich neue
individualisierte Ansätze in Diagnostik, Prävention sowie kausaler Therapie,“ führt
Wess aus.
Konzepte sind nicht für die Schublade gedacht, sie müssen auch in die Praxis umgesetzt werden. In der GSF zeugt eine Vielzahl
von Meilensteinen von den Früchten translationaler Forschung. Sie schlagen den Bogen
von der Erforschung grundlegender biologischer Mechanismen hin zum direkten Nutzen
für den Patienten. Dazu zählt etwa die erste
erfolgreiche Knochenmarkstransplantation,
die unter Prof. Hans-Jochem Kolb am GSFInstitut für Molekulare Immunologie in Kooperation mit Kliniken zu einem Durchbruch
in der Behandlung von Leukämien führte. Dazu zählt auch die regionale Tiefenhyperthermie, die von Prof. Rolf Issels vom GSF-Institut
für Molekulare Immunologie entwickelt wurde und heute als Tumorbehandlungsmethode
im Rahmen eines Modellvorhabens durchgeführt wird.
Ideen für morgen
Auf ihren Lorbeeren will sich die GSF aber
nicht etwa ausruhen. In ihrem neuen Forschungsprogramm sind bereits die nächsten
Schritte für eine weitere Ausweitung des
Schwerpunkts „Translationale Forschung“
festgeschrieben.
Das Themenspektrum der 13 Klinischen Kooperationsgruppen soll um neue Fragestellungen erweitert werden. Zu bislang kurzfristig angelegten Projekten werden LangzeitStudien mit multidisziplinärem Charakter
hinzukommen.
In Hinblick auf die zunehmende sozioökonomische Bedeutung von Lungenerkrankungen
plant die GSF, zusammen mit der Ludwig-Maximilians-Universität München ein interdisziplinäres Translationszentrum für Lungenkrankheiten einzurichten. Von dem Zentrum
sollen neue Impulse für die Lungenforschung
in Deutschland ausgehen.
Eine weitere Serviceeinrichtung für Wissenschaftler und klinische
Partner ist bereits im
Aufbau: Das geplante
GMP - Labor (GMP =
Good Manufacturing
Practice) im Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie
(IZB) wird einen Bereich
für die Produktion von
Zellpräparaten und
davon getrennt einen
Qualitätskontrollbereich
enthalten, in dem vor
der Freigabe der Präparate überprüft wird, ob
sie den vorgegebenen
Spezifikationen entsprechen.
Ebenfalls in Vorbereitung ist die Inbetriebnahme einer weiteren Serviceinrichtung für
Wissenschaftler und ihre klinischen Partner,
eine GMP Reinraumanlage zur Herstellung
von Zellpräparaten.
Die GSF wird also auch in Zukunft ihren Beitrag zur Entwicklung translationaler Forschung auf internationaler Ebene leisten.
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Forschung am Krankenbett –
Die Klinischen Kooperationsgruppen der GSF
Forschung am Krankenbett –
Die Klinischen Kooperationsgruppen der GSF
Durch ein noch junges Instrument translationaler Forschung, dem Konzept
der „Klinischen Kooperationsgruppen“, verknüpft die GSF ihre biomedizinische Grundlagenforschung auf ideale Weise mit der klinischen Forschung
in ihrer direkten Umgebung. Klinisch relevante Fragestellungen bilden so
eine fruchtbare Symbiose mit hypothesengeleiteter, experimenteller Forschung. Langfristiges Ziel ist die Translation neuer Diagnose- und Therapiestrategien in die klinische Praxis.
anz im Sinne des Translationsgedankens hat die GSF bereits im Jahre 1994 ein innovatives Konzept zur
Kooperation mit Kliniken entwickelt. Im
Gegensatz zu der bis dahin in den HelmholtzZentren üblichen Zusatzförderung von klinischen Einheiten, etablierte man hier eine gezielte Förderung spezifischer, besonders ausgezeichneter Projekte. Auf Basis der
G
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Exzellenz und der Relevanz für die Aufgabe
der GSF bestehen so derzeit 13 Klinische Kooperationsgruppen (KKG). In vielen Bereichen
sind die KKG zum Kristallisationskern intensiven Ideen- und Gedankenaustausches zwischen Grundlagenforschung und klinischer
Forschung in der GSF geworden. Ganz entscheidend ist dabei, dass sich nicht etwa
voneinander isolierte Forschungsinseln ent-
Forschung am Krankenbett –
Die Klinischen Kooperationsgruppen der GSF
KKG-Schwerpunkt I
KKG-Schwerpunkt II
KKG-Schwerpunkt III
Identifizierung von Genotyp
/ Phänotyp in chronischen
Erkrankungen
Entzündungsreaktionen und
aberrante Immunantworten
Modulation des Immunsystems zur Bekämpfung
chronischer Erkrankungen
Pathogenese der akuten myeloischen
Leukämie
Prof. Hiddemann
Entzündliche Lungenerkrankungen
Dr. Frankenberger
Hämatopoetische Zelltransplantation
Prof. Kolb
Umweltdermatologie und Allergologie
Prof. Behrendt
Tumortherapie durch Hyperthermie
Prof. Issels
Immunregulation im Kindesalter
Dr. Krauss-Etschmann
Antigen-spezifische Immuntherapie
Prof. Busch
Molekulare Onkologie
Dr. Gires
Osteosarkome
Dr. Nathrath
Pädiatrische Tumorimmunologie
Dr. Behrends
Molekulare Neurogenetik
Prof. Wurst
Immuntherapie urologischer Tumoren
Dr. Pohla
Plattform-Technologien
Immunmonitoring-Plattform
Prof. Schendel
GMP - Reinraum mit Qualitätskontrolllabor
I. Bigalke/S. Tippmer
Antikörper-Plattform
Dr. Kremmer
Zentrale Zellsortierung
Dr. Ellwart
Tierhaltung – Immundefiziente und
andere transgene Mäusestämme
Prof. Mocikat
KKG-Schwerpunkt III: Immunmodulation
Als beispielhaft für die translationale Forschung in der GSF können die Arbeiten der Klinischen Kooperationsgruppen gelten, die sich mit Fragen der Immunmodulation beschäftigen. Das Immunsystem des Menschen hat die Aufgabe, Infektionen zu bekämpfen, es
ist jedoch im Prinzip auch in der Lage, bösartige Tumoren abzustoßen. Allerdings vermögen sowohl Tumorzellen als auch Virus-infizierte Zellen dem Angriff des Immunsystems
auszuweichen. Um immunologische Mechanismen als therapeutische Option bei solchen
Erkrankungen nutzbar zu machen, ist es einerseits erforderlich, die zellulären und molekularen Prinzipien besser zu verstehen, mit deren Hilfe der Organismus Krankheitserreger
abwehrt. Andererseits müssen auf der Grundlage dieser Mechanismen Methoden zur
gezielten, spezifischen Stimulation des Immunsystems entwickelt werden. Insofern handelt es sich um eine beispielhafte Vernetzung von experimenteller Grundlagenforschung
und Anwendung am Patienten. Um diesem translationalen Anspruch gerecht zu werden,
hat die GSF fünf Klinische Kooperationsgruppen (KKG) auf dem Gebiet der Immuntherapie eingerichtet. Die KKG „Hämatopoetische Zelltransplantation“, „Immuntherapie urologischer Tumoren“, „Tumortherapie durch Hyperthermie“ „Antigen-spezifische Immuntherapie“ und „Pädiatrische Tumorimmunologie“ beschäftigen sich mit neuen immunologischen Behandlungsverfahren bei Leukämien, Nierenkrebs, Weichteiltumoren bzw.
viralen Infektionen. Als übergreifende Plattform steht die KKG „Immunmonitoring“ allen
an Immuntherapie interessierten Arbeitsgruppen zur Verfügung. Hier werden die Immunantworten gemessen, die die Patienten nach einer Immuntherapie entwickeln. Auch diese KKG ist dem translationalen Gedanken verpflichtet, indem sie auf der Basis neuer
Grundlagenerkenntnisse innovative diagnostische Methoden entwickelt und umgehend
in die Anwendung überführt.
Der größte Forschungsschwerpunkt innerhalb der
Klinischen Kooperationsgruppen der GSF widmet sich der
Modulation des Immunsystems. Eine gemeinsame Basis
bilden die Plattformtechnologien. Sie stehen allen Klinischen Kooperationsgruppen
der GSF, aber auch externen
Klinikpartnern zur Verfügung.
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Forschung am Krankenbett –
Die Klinischen Kooperationsgruppen der GSF
ensverhältnis zu den Patienten – eine wichtige Voraussetzung für deren Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
Klinikum Großhadern
Getragen durch
vier Säulen
GSF-Hämatologikum
In unmittelbarer Umgebung
des Klinikums Großhadern der
Ludwig-Maximilians-Universität München (großer Gebäudekomplex im Bild) haben
sich sechs der insgesamt
dreizehn klinischen Kooperationsgruppen der GSF etabliert. Sie profitieren von der
räumlichen Nähe zum Krankenbett und schlagen gleichzeitig Brücken von der experimentellen zur klinischen Forschung.
Solide Finanzierung auf vier
Pfeilern: Die Klinischen
Kooperationsgruppen (KKG)
werden gemeinsam von der
GSF, dem jeweils beteiligten
klinischen Partner und
Sondermitteln der programmorientierten Förderung der
Helmholtz-Gemeinschaft
getragen. Zusätzlich werben
die KKG selbst Drittmittel ein.
wickelt haben. Vielmehr ist die Mehrzahl der
KKG auf große gemeinsame Themen fokussiert. So ergeben sich viele Berührungspunkte, die zu einer vielfältigen Interaktion auch
der einzelnen KKG untereinander geführt haben.
Starke Partner aus der Klinik
Die Klinischen Kooperationsgruppen in der
GSF werden als zeitlich befristete Projekte
auf der Basis bestehender, wissenschaftlich
exzellenter Teams eingerichtet und sind in
die Helmholtz-Programme integriert. Derzeit
bestehen Klinische Kooperationsgruppen zusammen mit der Ludwig-Maximilians-Universität, der Technischen Universität und
dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie in
München sowie den Asklepios-Fachkliniken
in Gauting.
Viele Forscher der KKG sind auch in den Kliniken tätig und werden so von den Patienten
als kompetente und verantwortungsbewusste Mediziner erlebt: Dies stärkt das Vertrau-
Der Grundgedanke des KKG Konzepts in der GSF ist: Alle
beteiligten Partner bringen
eigene Ressourcen ein und
dokumentieren so ihr Interesse an der Arbeit der KKG. So
hat jede KKG prinzipiell drei
institutionelle Finanzierungsquellen: Erstes und zentrales
Element sind hierbei Mittel,
die speziell für die KKG zur Anstellung von
Personal sowie als Sach- und Investitionsmittel zur Verfügung gestellt werden. Diese
Gelder werden über die GSF im Rahmen der
Programmorientierten Förderung eingeworben und direkt an die KKG weitergeleitet. Als
zweite und dritte Säule stellen Partner und
GSF aus den eigenen Ressourcen jeweils
Personal, weitere Sach- und Investitionsmittel sowie die zur Durchführung der Forschungsarbeiten notwendige Infrastruktur
zur Verfügung. Mit dieser, von allen Partnern
gemeinsam getragenen Finanzierungsstruktur ist eine solide Basis für den erfolgreichen
Brückenschlag zwischen Grundlagenforschung und Klinik gegeben.
Ergänzt wird die institutionelle Förderung
durch die Einwerbung von Drittmitteln als
vierte Säule der Finanzierung. Für die KKG ist
dies ein wichtiger Faktor zur Unterstützung
ihrer Arbeiten, der zusätzlich auch neue Impulse liefert und es häufig ermöglicht, ihre jeweilige Fragestellung zu erweitern.
Klinische Kooperationsgruppe
Ressourcen des
Partners
Ressourcen der
GSF
KKG spezifische
Mittel
über die GSF bereitgestellt
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Drittmittel
Forschung am Krankenbett –
Die Klinischen Kooperationsgruppen der GSF
Die Klinischen Kooperationsgruppen der GSF und ihre Partner
Klinische Kooperationsgruppe
GSF-Institut
Externe Partner
Leitung
Entzündliche Lungenerkrankungen
GSF – Institut für Inhalationsbiologie
Asklepios Fachkliniken
München-Gauting
Molekulare Neurogenetik
GSF – Institut für Entwicklungsgenetik
Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München
Umweltdermatologie und Allergologie
GSF – Institut für Epidemiologie
Tumortherapie durch Hyperthermie
GSF – Institut für Molekulare
Immunologie
Hämatopoetische Zelltransplantation
GSF – Institut für Molekulare
Immunologie
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Techn.
Universität (TU) München
Med. Klinik III, Klinikum Großhadern der Ludwig-MaximiliansUniversität (LMU) München
Med. Klinik III, Klinikum Großhadern der LMU München
Pathogenese der akuten
myeloischen Leukämie
GSF – Institut für Klinische Molekularbiologie und Tumorgenetik
Med. Klinik III, Klinikum Großhadern der LMU München
Antigen-spezifische Immuntherapie
GSF – Institut für Molekulare
Virologie
TU München, Klinikum rechts der
Isar, Inst. für Med. Mikrobiologie,
Immunologie und Hygiene
Dr. Marion Frankenberger
frankenberger@gsf.de
Tel.: 089/8932-3730
Prof. Dr. Wolfgang Wurst
wurst@gsf.de
Tel.: 089/3187-2887
Prof. Dr. Heidrun Behrendt
zaum@lrz.tu-muenchen.de
Tel.: 089/4140-3451
Prof. Dr. Rolf Issels
rolf.issels@med.uni-muenchen.de
Tel. 089/7095-4768
Prof. Dr. Hans-Jochem Kolb
hans.kolb@med.uni-muenchen.de
Tel. 089/7095-4241
Prof. Dr. Wolfgang Hiddemann
hiddemann@gsf.de
Tel. 089/7095-2550
Prof. Dr. Dirk Busch
dirk.busch@gsf.de
Tel.: 089/3187-3655
Pädiatrische Tumorimmunologie
GSF – Institut für Klinische Molekularbiologie und Tumorgenetik
Molekulare Onkologie
GSF – Abteilung Genvektoren
Immuntherapie urologischer
Tumoren
GSF – Institut für Molekulare
Immunologie
Kinderklinik und Poliklinik der TU
München im Städt. Krankenhaus
München-Schwabing
Klinik für Hals-Nasen- und
Ohrenheilkunde der LMU
München
Urologische Klinik und Poliklinik,
Klinikum Großhadern der LMU
München
Dr. Uta Behrends
uta.behrends@lrz.tum.de
Tel.: 089/3068-2932
Dr. Olivier Gires
olivier.gires@med.uni-muenchen.de
Tel.: 089/7095-3895
Dr. Heike Pohla
heike.pohla@med.uni-muenchen.de
Tel.: 089/7095-4875
Immunmonitoring
GSF – Institut für Molekulare
Immunologie, GSF-Institut für
Molekulare Virologie
Prof. Dr. Dolores Schendel
schendel@gsf.de
Tel.: 089/7099-301
Immunregulation im Kindesalter
GSF – Institut für Molekulare
Immunologie
Osteosarkom
GSF – Institut für Pathologie
Institut für Med. Mikrobiologie,
Immunologie und Hygiene der
TU München; Labor für Tumorimmunologie (LTI), LIFE-Zentrum
des Klinikums München-Großhadern, LMU München
Dr. von Haunersches Kinderspital, Kinderklinik und Poliklinik
der LMU München
Kinderklinik der TU München im
Städt. Krankenhaus MünchenSchwabing
Dr. Susanne Krauss-Etschmann
susanne.krauss-etschmann@gsf.de
Tel. 089/5160-7706
Dr. Michaela Nathrath
michaela.nathrath@gsf.de
Tel: 089-3068-3076
Bereits im Jahre 1994 entwickelte die GSF ein innovatives Konzept zur Förderung der Kooperation mit Kliniken. Mit der Einrichtung ihrer mittlerweile 13 klinischen Kooperationsgruppen etablierte die GSF Kristallisationskerne intensiven Ideen- und Gedankenaustausches zwischen Grundlagenforschung und klinischer
Forschung.
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Forschung am Krankenbett
Hyperthermie
Hyperthermie – Hitzeschock für Tumoren
Mit seinen Arbeiten zum Nutzen der regionalen Tiefenhyperthermie (RHT)
für die Krebstherapie begann Prof. Rolf Issels, Leiter der Klinischen
Kooperationsgruppe „Hyperthermie“ in der GSF, bereits Mitte der 80er
Jahre. Seit 1993 wird die RHT als Behandlungsmethode im Rahmen eines
Modellvorhabens von den Krankenkassen durchgeführt. 1999 wurde die
KKG gegründet, deren Forschungsspektrum von der klinischen Forschung
zur Tiefenhyperthermie bis hin zur biologischen Forschung auf dem
Gebiet der Immunologie und der Zellbiologie reicht.
rhöhte Körpertemperaturen versetzen
Zellen in Stress, auch Tumorzellen:
Werden diese mit Hilfe elektromagnetischer Wellen auf 40-44 Grad Celsius
erwärmt, beginnt ab 42 Grad Celsius das kollektive Absterben der Zellen. Temperaturen
über 40 Grad machen Tumorzellen angreifbarer für natürliche Abwehrprozesse und
E
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Strahlen- oder Chemotherapie. „Aufgrund
des Abtransports von Wärme aus gut durchbluteten Stellen können wir den Tumor zwar
nicht gleichmäßig erhitzen,“ erläutert Professor Rolf Issels, Leiter der Klinischen Kooperationsgruppe Hyperthermie. „Die durchbluteten Bereiche werden aber dafür von Zytostatika besonders gut erreicht.“
Forschung am Krankenbett
Hyperthermie
Symbiose von biologischer Forschung und Klinik
Ganz im Sinne des translationalen Forschungsansatzes der GSF
haben nicht nur die rein klinischen Untersuchungen, sondern
auch zugehörige biologische Forschungsaspekte in der Klinischen Kooperationsgruppe „Hyperthermie“ einen hohen Stellenwert. Verschiedene Arbeitsgruppen konzentrieren sich vor
allem auf zwei Bereiche: Den Einfluss von Hitzeschockproteinen
auf das Immunsystem und die Liposomenforschung.
Hitzeschockproteine – Aktivatoren des Immunsystems
Biologisch bedeutet eine Behandlung mit Hyperthermie, dass
im Tumor Hitzeschockproteine (HSP), auch Stressproteine genannt, induziert werden. Sie sind für die Krebsforschung interessant, weil sie auf verschiedene Weise in das körpereigene
Immunsystem eingreifen. Unter anderem markieren sie Tumorzellen und machen sie für die Killerzellen des Immunsystems
erkennbar. Zellen, die HSP bilden, können daher stärker von den
Killerzellen zerstört werden und das Immunsystem kann den
Tumor wirksamer bekämpfen. Issels und seine Mitarbeiter fanden bei ihren Untersuchungen, dass die Induktion des Proteins
HSP 70 die Immunantwort gegen den Tumor auf zweierlei
Weise verstärkt. Zum einen wirkt HSP 70 als Gefahrensignal für
natürliche Killerzellen und für dendritische Zellen, wodurch
deren Vermehrung und zytotoxische Aktivität verstärkt wird.
Zusätzlich zu dieser Zytokin-Funktion konnte mit HSP 70 aus
humanen Melanomzellen auch eine antigenspezifische T-Zellantwort erreicht werden: Werden HSP-Komplexe aus den Melanomzellen isoliert und auf dendritische Zellen gegeben, dann
reifen diese aus zu Antigen-präsentierenden Zellen (APC), die
Antigene so verarbeiten und auf ihrer Zelloberfläche vorführen,
dass sie von den T-Zellen erkannt werden können. Die Untersuchungen zu den dendritischen Zellen wurden in enger Kooperation mit Dr. Elfriede Nössner vom GSF-Institut für Molekulare
Immunologie durchgeführt.
Liposomen als Fähren
Das zweite wichtige Standbein der biologischen Forschung in
der KKG „Hyperthermie“ sind Liposomen. Diese künstlichen
Kügelchen aus Phospholipiden, in die Wirkstoffe eingebracht
werden können, sind „höchst interessant“, schwärmt Issels. In
Zusammenarbeit mit dem MPI für biophysikalische Chemie in
Göttingen gelang es seinem Mitarbeiter Dr. Lars Lindner, thermoempfindliche Liposomen herzustellen, die sich bei ganz
bestimmten Temperaturen (41-42°C) öffnen und ihren Inhalt
freigeben. Der Therapie mit Hyperthermie eröffnen sich dadurch
ungeahnte Möglichkeiten: Hochtoxische Zytostatika könnten
mit den Liposomen zum Tumor gebracht und dort durch Erwärmung gezielt freigesetzt werden. Dies wird für die KKG-eigenen
Liposomen am Modell des amelanotischen Melanoms beim
syrischen Goldhamster untersucht. Am selben Modell wird neuerdings auch eine weitere Einsatzmöglichkeit für die Liposomen geprüft: Temperaturempfindliche Liposomen, die mit einem
Kontrastmittel gefüllt sind, sollen die Temperaturkontrolle während der Hyperthermie-Behandlung vereinfachen. Wird das
Kontrastmittel bei definierten Temperaturen freigesetzt und im
Kernspin sichtbar, könnte die invasive Temperaturkontrolle über
Sonden überflüssig werden. Dies wäre eine wesentliche
Erleichterung für die Patienten, denn es würde „eine richtige
nicht-invasive Temperaturmessung erlauben, nicht nur das
Monitoring von Hot Spots“,
blickt Issels in die Zukunft.
Jüngst erhielt die Arbeitsgruppe von Lindner einen
Preis beim Münchener Businessplan-Wettbewerb.
Klinik und Labor
befruchten sich
„Mit den klinischen Untersuchungen und der gleichzeitigen Anbindung an die Grundlagenforschung ist die KKG
ein ideales Instrument translationaler Forschung“ bilanziert Issels. „Ich glaube, dass
gerade die Einrichtung dieser
KKG für das Vorankommen
einer neuen Behandlungstechnik mit allen Facetten der
Forschung hier ganz entscheidend war.“
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Forschung am Krankenbett
Hyperthermie
Neue Form der Teilkörperbehandlung
Prof. Rolf Issels, Leiter der Klinischen Kooperationsgruppe „Hyperthermie“ in der GSF, begann als
einer der Pioniere auf seinem Gebiet erstmals 1986
mit Arbeiten zum Nutzen der regionalen Tiefenhyperthermie (RHT) für die Krebstherapie.
Kontakt
Prof. Dr. Rolf Issels
GSF-Institut für Molekulare
Immunologie
KKG „Hyperthermie“
Tel.: 0 89/70 95-47 69
rolf.issels@
med.uni-muenchen.de
12
Issels begann als einer der Pioniere auf diesem Gebiet erstmals 1986 mit seinen Arbeiten zum Nutzen der regionalen Tiefenhyperthermie (RHT) für die Krebstherapie. Als Modelltumoren dienten Issels von Anfang an
Weichteil- und Knochentumoren, die vom
Binde- und Stützgewebe ausgehen und als
Sarkome bezeichnet werden. Im klinischen
Bereich interessierte Issels und seine Mitarbeiter besonders, wann ein bestimmtes
Weichteilsarkom durch die Kombination von
Hyperthermie mit anderen Therapiemethoden besser behandelbar ist. An HochrisikoWeichteilsarkom-Patienten wurde eine Phase-III-Studie begonnen, die zeigen soll, ob bei
diesen tief lokalisierten, großen Tumoren die
Kombination von Hyperthermie und Chemotherapie die Heilungschancen im Vergleich zu
alleiniger Chemotherapie verbessert. Eine
vorangegangene Phase-II-Studie brachte
hierzu ermutigende Ergebnisse: Es zeigte
sich, dass Patienten, die auf die Hyperthermiebehandlung ansprechen, eine signifikant
höhere Chance haben, nach einem Zeitraum
von fünf Jahren tumorfrei zu leben.
Issels übertrug das bei den Sarkomen erworbene Wissen mittlerweile auch auf Dick- und
Enddarmkrebs sowie zuletzt auf das Pankreaskarzinom im lokoregional fortgeschrittenen Stadium. Auch hier wird untersucht, ob
die Kombination von Chemotherapie bzw.
Radiochemotherapie und Hyperthermie den
Therapieerfolg verbessert. Für diese im
Bauch oder im Becken sitzenden Tumoren besitzt die KKG ein neuartiges Hybridsystem,
das aus dem Hyperthermiegerät und einem
Kernspintomographen besteht. Mit diesem
System kann der gesamte Bereich vom Becken bis unterhalb der Lunge auf einmal erwärmt werden. Mit Hilfe des Kernspintomographen wird dabei gleichzeitig verhindert,
dass in so genannten „Hot Spots“ gesundes
Gewebe durch zu hohe Temperaturen geschädigt wird. „In Deutschland sind unsere
KKG im Klinikum Großhadern und die Charité
in Berlin die einzigen Zentren, die als Modellvorhaben die Teilkörperhyperthermie durchführen“, berichtet Issels stolz. Unter Leitung
der GSF wurde zwischen beiden Zentren über
den Impuls- und Vernetzungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft für vorerst drei Jahre ein
„Virtuelles Institut der Exzellenz“ eingerichtet.
Im SIGMA-EYE-MR-Applikator, einem Hybridsystem
aus Hyperthermiegerät und Kernspintomograph,
erhalten Tumorpatienten Teilkörperbehandlungen.
Die GSF ist neben der Charité in Berlin die einzige
Einrichtung, die diese erweiterte Methode zur Verfügung stellt.
Forschung am Krankenbett
Entzündliche Lungenerkrankungen
Entzündliche Lungenerkrankungen
Chronische Bronchitis und andere Atemwegserkrankungen können auch
durch inhalierte Partikel hervorgerufen werden. Die Klinische Kooperationsgruppe „Entzündliche Lungenerkrankungen“ der GSF analysiert in
Zusammenarbeit mit den Asklepios-Fachkliniken die Mechanismen der
Pathogenese. Mit ihrer Arbeit erschließt die Gruppe neue Wege für die
Diagnostik und Therapie entzündlicher Lungenerkrankungen.
n Gauting bei München hat die GSF auf
dem Gelände der Asklepios-Fachkliniken
die Klinische Kooperationsgruppe (KKG)
„Entzündliche Lungenerkrankungen“ angesiedelt. Die KKG war die erste ihresgleichen,
die Erkenntnisse aus dem Labor in die klinische Praxis überführte und umgekehrt klinische Ergebnisse in ihre weitere Grundlagen-
I
forschung einbaute. Sie ist dem GSF-Institut
für Inhalationsbiologie angegliedert und arbeitet eng mit den Ärzten der Fachkliniken für
Pneumologie und Thoraxchirurgie zusammen. Dadurch können die Forscher zum Beispiel Untersuchungsmaterial von Lungenpatienten der Klinik erhalten.
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Forschung am Krankenbett
Entzündliche Lungenerkrankungen
Im Fokus der Gautinger KKG
„Entzündliche Lungenerkrankungen“ steht die umweltbedingte,
chronisch obstruktive Lungenerkrankung, kurz COPD (chronic
obstructive pulmonary disease).
Es bestehen Überschneidungen
zu anderen Krankheitsbildern
wie chronischer Bronchitis,
Asthma und Emphysem. Die
orangefarbenen Bereiche werden der COPD zugeordnet.
Fatale Folgen feiner Teilchen
Im Fokus der KKG steht die umweltbedingte
chronisch obstruktive Lungenerkrankung,
kurz COPD (chronic obstructive pulmonary disease). Hierzu gehören die chronisch obstruktive Bronchitis und das Lungenemphysem.
Beim Emphysem wird Alveolargewebe abgebaut, was dazu führt, dass sich die für den
Gasaustausch wichtige innere Oberfläche
der Lunge verkleinert. COPD zählt zu den
weltweit häufigsten Erkrankungen und war
im Jahr 2001 die vierthäufigste Todesursache in Deutschland. Das Fatale an diesem
Leiden: Derzeit angewandte Therapieformen
lindern lediglich die Symptome, den Krankheitsverlauf können sie nicht stoppen. Auch
die Diagnose COPD ist schwierig zu stellen.
Die meisten Patienten mit COPD zeigen alle
drei Symptome: Chronische Bronchitis, Emphysem und Schleimüberproduktion.
Im Bronchialsekret von COPD-Patienten wies die
Klinische Kooperationsgruppe eine MakrophagenPopulation nach, deren Zellen kleiner als die bisher
bekannten Makrophagen sind und daher kleine
Sputummakrophagen genannt werden. Der Anteil
dieser Population macht normalerweise nur etwa
zehn Prozent aller Makrophagen aus, kann bei
COPD-Patienten aber auf bis zu 90 Prozent ansteigen. Die am Bildschirm zu erkennenden Zellen
werden aus den Sputumproben isoliert und durch
Zentrifugieren auf einen Objektträger aufgebracht.
Mit Hilfe einer Pappenheim-Färbung können die
zellulären Strukturen sichtbar gemacht werden, so
dass auch eine morphologische Differenzierung
vorgenommen werden kann.
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Forschung am Krankenbett
Entzündliche Lungenerkrankungen
Kleine Sputummakrophagen
verweisen auf COPD
Die KKG erforscht den Einfluss von Partikeln
auf die Mechanismen der Entstehung von
COPD und will neue Diagnose- und Therapieverfahren entwickeln. Dr. Marion Frankenberger, Leiterin der Kooperationsgruppe und
ihr Team analysierten zu diesem Zweck Lungenzellen von COPD-Patienten und wurden
fündig: Die Wissenschaftler wiesen im Bronchialsekret der Patienten eine MakrophagenPopulation nach, deren Zellen kleiner als die
bisher bekannten Makrophagen sind und daher kleine Sputummakrophagen genannt
werden. Bei gesunden Menschen stellen
Makrophagen die Hauptpopulation aller weißen Blutkörperchen in diesem Kompartiment
dar. Ganz anders ist ihr Anteil in den Proben
der erkrankten Patienten: Hier nimmt ihre Population nur 15 Prozent ein, circa 80 Prozent
der Zellen sind neutrophile Granulozyten. Der
Anteil der kleinen Sputummakrophagen, die
normalerweise nur etwa zehn Prozent aller
Makrophagen ausmachen, kann bei COPDPatienten auf bis zu 90 Prozent ansteigen.
„Auch Asthma können wir auf diese Weise
von COPD abgrenzen, da bei Asthmatikern
die Konzentration der kleinen Sputummakrophagen nur wenig erhöht ist“, erklärt Marion
Frankenberger.
Entzündungsfördernde Gene
aktiviert
Makrophagen spielen in den Atemwegen
und in der Peripherie der Lunge, den Alveolen, eine zentrale Rolle: Sie nehmen körperfremde Bakterien, Viren und auch Aerosolpartikel auf. Die bei COPD-Patienten gehäuft
vorkommenden kleinen Sputummakrophagen produzieren große Mengen des TumorNekrose-Faktors (TNF). Dieses Zytokin fördert Entzündungsreaktionen und trägt so dazu bei, dass die chronische obstruktive
Bronchitis entsteht und aufrechterhalten
bleibt. „Wir vermuteten, dass luftgetragene
Partikel bestimmte Gene dieser Makrophagen aktivieren“, so Frankenberger. Die Analyse der Genexpression bestätigte diese Annahme: Dieselruß- und Kohlenstoffpartikel
bewirken hier, dass in der Makrophagen-ähn-
lichen Zelllinie (Mono Mac 6) das Gen COX-2
vermehrt abgelesen wird. Zyklooxigenase-2,
so der vollständige Name des Enzyms, das
nach dem Bauplan des COX-2-Gens synthetisiert wird, ist an Oxidationen in der Lunge beteiligt. Sind viele COX-2-Enzyme aktiv, so entsteht eine große Anzahl oxidativ reaktiver
Substanzen, die zunächst die Entzündungsreaktion in der Lunge verstärken. Daraufhin
werden weitere Botenstoffe wie Leukotrien
B4 (LTB4) und Prostaglandin E2 (PGE2) aktiviert, die ebenfalls die Entzündung beeinflussen. Dabei wirkt LTB4 stimulierend, während
PGE2 eher dazu beiträgt, dass der Entzündungsprozess zum Stillstand kommt. Ob dies
tatsächlich gelingt, hängt von der Verteilung
dieser biologischen Signalstoffe und ihrer
Empfängermoleküle, den Rezeptoren ab. „In
einer Entzündungsreaktion greifen viele verschiedene Schritte ineinander“, so Frankenberger. „Wie dieses Netzwerk genau aufgebaut ist, wissen wir noch nicht. Fest steht
aber, dass irgendwann in dieser Kette auch
das Zytokin TNF aktiviert wird, das seinerseits den Entzündungsstatus in der Zelle aufrechterhält.“ In der untersuchten Zelllinie
Mono Mac 6 fördern ultrafeine Partikel also
die Genexpression entzündungsfördernder
Proben von induziertem Sputum ermöglichen auf nichtinvasivem Wege, zelluläres
Material aus der Lunge zu
gewinnen. Die Ergebnisse
können Aufschluss über den
Entzündungsstatus in der
Lunge geben. Eine neu in der
KKG angewandte Methode,
die Untersuchung von Exhalat - Luft, die beim Ausatmen
aus der Lunge strömt - bereitet den Patienten noch weniger Unannehmlichkeiten.
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Forschung am Krankenbett
Entzündliche Lungenerkrankungen
Auf der Suche nach wirksamen Therapieansätzen für
COPD setzen Marion Frankenberger und ihre klinische
Kooperationsgruppe große
Hoffnung auf Vitamin A. Es
nimmt direkten Einfluss auf
die Enzyme von Makrophagen und kann so Schäden an
Lungengewebe stoppen.
und entzündungshemmender Mediatoren der
Lunge. Ob die kleinen Teilchen auch Gene in
Zellen von COPD-Patienten und in gesunden
Probanden aktivieren, will die Gruppe um
Frankenberger in Zukunft untersuchen. Irgendwann hoffen die Forscher, mit diesem
Wissen entzündungsfördernde Gene stilllegen oder entzündungshemmende Prozesse
verstärken zu können.
Vitamin A gegen den
Gewebeabbau
Kontakt
Dr. Marion Frankenberger
GSF – Institut für Inhalationsbiologie
KKG „Entzündliche Lungenerkrankungen“
Tel.: 0 89/89 32 37-30
frankenberger@gsf.de
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Um den Verlauf von Entzündungserkrankungen in der Lunge zu verfolgen, müssen Ärzte
und Wissenschaftler regelmäßig Entzündungsmarker kontrollieren. Bisher bereiteten
invasive Methoden und auch die Entnahme
von Sputum Patienten mit weit fortgeschrittener COPD große Unannehmlichkeiten.
Doch damit ist nun Schluss: Die Kooperationsgruppe in Gauting kontrolliert anhand
von Markern im Exhalat – in der Luft, die
beim Ausatmen aus der Lunge strömt –, ob
beispielsweise eine Cortisontherapie anschlägt. Nehmen Zytokine und Lipidmediatoren wie LTB4 und PGE2 während der Therapie
ab, ist die Entzündung in der Lunge ebenfalls
zurückgegangen.
Mittels Markern im Exhalat wollen die Forscher der KKG in Zukunft auch kontrollieren,
ob Vitamin A Gewebeschäden stoppen kann,
die zu Emphysemen in den Alveolen führen.
Zunächst transferierten die Wissenschaftler
in Zellkulturtests Vitamin A, verpackt in kleine Fetttröpfchen, den Liposomen, gezielt in
die Makrophagen. Deren Enzyme sind dafür
bekannt, dass sie Lungengewebe abbauen.
Beim gesunden Menschen sind die Protease
MMP9 (Matrix Metalloproteinase 9) und ihr
Inhibitor TIMP1 (Tissue Inhibitor of Matrix
Metalloproteinasis) in gleichen Konzentrationen in den Makrophagen vorhanden. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass gerade
soviel Lungengewebe abgebaut wird, wie
neues gebildet wird. Bei COPD-Patienten
dagegen liegt ein Ungleichgewicht vor: Das
abbauende Enzym MMP9 kommt hier in viel
höheren Konzentrationen vor als sein Gegenspieler TIMP1. „Klar, dass in diesem Fall die
Lunge immer weiter verdaut wird“, sagt Frankenberger. Ein Rettungsanker könnte in diesem Prozess Vitamin A sein: Es senkt in Zelllinien die Protease MMP9 und aktiviert gleichzeitig den Inhibitor TIMP1. Zweifach fördert
Vitamin A so den Schutz des Gewebes. „Wir
planen derzeit entsprechende Phase-II-Studien und hoffen, dass sich unsere bisherigen
Ergebnisse darin bestätigen“, so Frankenberger. COPD-Patienten wäre damit sehr geholfen: Durch gezielte Vitamin A-Therapie wären Gewebe abbauende Mechanismen in der
Lunge herunterreguliert und inhalierte Partikel könnten weniger Schaden anrichten.
Am 8. März 2006 wurde der Erfindung ein Europäisches Patent für ein „Mittel zur Behandlung von Erkrankungen des Trachen-Bronchialtraktes, insbesondere der COPD“ zugeteilt.
Forschung am Krankenbett
Hämatopoetische Zelltransplantation
Pioniere der Knochenmarktransplantation
Gerade durch die enge Vernetzung von Labor und Klinik haben sich
Grundlagenforscher und Ärzte der GSF als Pioniere der Knochenmarktransplantation hervorgetan: 1975 rettete Prof. Hans-Jochem Kolb, heute
Leiter der Klinischen Kooperationsgruppe „Hämatopoetische Zell-Transplantation“, gemeinsam mit Kollegen vom Krankenhaus Schwabing der
Stadt München, einem Jugendlichen mit Knochenmarkversagen durch
die Übertragung gesunden Knochenmarks das Leben. Es war die erste
erfolgreiche Transplantation dieser Art in Deutschland.
eukämie, eine Störung der Blutbildung
im Knochenmark, führt ohne Behandlung zum sicheren Tod des Betroffenen. Deshalb hat man schon früh versucht,
das kranke Knochenmark des Patienten zu
zerstören und durch gesundes Mark von einem geeigneten Spender zu ersetzen. Ge-
L
meinsam mit Kollegen vom Krankenhaus
Schwabing der Stadt München gelang es
Prof. Hans-Jochem Kolb 1975, einem Jugendlichen mit Knochenmarkversagen
(aplastischer Anämie) durch die Übertragung
gesunden Knochenmarks das Leben zu retten.
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Forschung am Krankenbett
Hämatopoetische Zelltransplantation
Hämatopoetische Zelltransplantation 1979 bis 2005
Seit der ersten erfolgreichen
Knochenmarkstransplantation im Jahr 1975 nahm die
Anzahl der unter Leitung von
Prof. Kolb in München
durchgeführten Transplantationen stetig zu. Ein sprunghafter Anstieg war im Jahr
1997 zu verzeichnen, als mit
Mitteln der Deutschen Jose
Carreras Leukämiestiftung
eine neue Transplantationseinheit gegründet wurde.
Während zuvor Patienten in
München im Durchschnitt
ein Jahr auf ein Bett warten
mussten, gibt es seither
kaum noch Wartezeiten. Pro
Jahr können heute bis zu 170
Patienten transplantiert
werden.
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T-Zellen außer Gefecht
gesetzt
Der spektakulären Behandlung waren langjährige experimentelle Arbeiten am damaligen GSF-Institut für Immunologie unter
Leitung von Prof. Stefan Thierfelder vorausgegangen. Zunächst mussten im Tierexperiment geeignete Bestrahlungsmethoden entwickelt werden. Damit ließen sich die entarteten Blutzellen im Körper leukämiekranker
Patienten vernichten und zugleich Raum
schaffen, den die gesunden Zellen des Transplantats besiedeln konnten. Doch damit war
es nicht getan. Denn das gespendete Knochenmark enthält nicht nur die lebensnotwendigen Blut bildenden Stammzellen, sondern auch so genannte T-Zellen, die den Körper des Empfängers als fremd betrachten und
dessen Organe und Gewebe angreifen. „Prof.
Thierfelder hatte experimentell gezeigt, dass
die Behandlung des Spenders mit Antiserum
gegen T-Zellen diese bedrohliche Immunreaktion des Spenders gegen den Empfänger
verhindern kann“, erinnert sich Prof. Kolb:
Leukämiezellen im Knochenmark eines Patienten
mit myeloblastischer Leukämie
Forschung am Krankenbett
Hämatopoetische Zelltransplantation
„Allerdings kann man schlecht den menschlichen Spender mit Antiserum behandeln, um
die Reaktion beim Patienten zu verhindern.
Prof. Thierfelder hatte die Idee, einfach vor
der Transfusion die T-Zellen aus dem Knochenmark zu entfernen“. 1978 behandelten
die GSF-Ärzte im Haunerschen Kinderspital weltweit zum ersten Mal - ein leukämiekrankes Mädchen mit T-Zell-gereinigtem Spenderknochenmark; heute ist die „T-Zell-Depletion“ eine etablierte Methode bei der Knochenmarktransplantation.
Adoptive Immuntherapie hilft
Bereits ein Jahr später führte Prof. Thierfelder eine weitere Neuerung ein: Die Reinigung des Knochenmarks von Leukämiezellen.
Damit kann auch das eigene Knochenmark
zur Transplantation verwendet werden. Es
wird während einer ruhigen Phase der Leukämie entnommen und mit einem Anti-Leukämie-Serum behandelt, das restliche Leukämiezellen ausmerzt. Das so vorbereitete Knochenmark erhält der Patient nach einer
Ganzkörperbestrahlung zurück. Die Methode
zeigt zwar Erfolge, kann aber nicht alle verbliebenen Leukämiezellen ausschalten. Bei
der Suche nach einer besseren Lösung dieses
Problems kam den Ärzten eine Besonderheit
zugute, die das Knochenmark gegenüber allen anderen Organen auszeichnet: Es wird
vom Immunsystem des Empfängers nur anfangs als Fremdkörper bekämpft und schon
wenige Monate nach der Übertragung toleriert. Diese „Toleranz“ des Patienten gegenüber dem Spender-Knochenmark nutzten
Prof. Kolb und seine Arbeitsgruppe für einen
neuen Ansatz der Leukämie-Behandlung: Die
adoptive Immuntherapie. Dabei werden eben
jene T-Zellen des Spenders, die vor der Transplantation aus dem Knochenmark entfernt
worden waren, dem mittlerweile „toleranten“ Patienten in einem zweiten Schritt wieder zugeführt, damit sie gezielt dessen restliche Leukämiezellen zerstören. „Wir haben
als erste gezeigt, dass man bei einem transplantierten Patienten, bei dem die Leukämie
wiedergekommen ist, mit der Gabe von T-Zellen des Spenders diese Leukämie beseitigen
kann - und zwar ohne Chemo- oder Strahlentherapie“, betont Prof. Kolb. Zwar sind die
KKG Hämatopoetische
Zelltransplantation
Drittmittelgeber
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Krebshilfe
Deutsche José CarrerasLeukämie-Stiftung e.V.
Bundesministerium für Bildung und
Forschung
Selbst eingeworbene
Drittmittel sind neben
Zuwendungen von GSF
und Ludwig-Maximilians-Universität ein
wichtiges Standbein der
Klinischen Kooperationsgruppe „Hämatopoetische Zelltransplantation“.
Kröner Stiftung
Wilhelm Sander Stiftung
Europäische Union (Transeurope, Transnet,
Eurocord)
Nationales Genomforschungsnetzwerk
klassischen Waffen gegen den Krebs, Chemikalien und Strahlen, noch immer unverzichtbar zur Vorbereitung jeder Knochenmarktransplantation. Doch durch anschließende
adoptive Immuntherapie lässt sich die Dosis
der vorangehenden Chemotherapie und Bestrahlung - und damit die Belastung des Patienten - erheblich vermindern.
Über die Therapie der Leukämien hinaus
kann möglicherweise mit Hilfe der von Kolb
entwickelten Methode in Zukunft noch ein
weiteres Problem gelöst werden: Die Transplantation von bislang nicht passenden Organen. Denn im Gegensatz zur klassischen Knochenmarktransplantation, bei der eine möglichst hohe Übereinstimmung zwischen dem
Spender und dem Empfänger gegeben sein
muss, ermöglicht Kolbs Methode auch die
Übertragung von nicht passendem Knochenmark. Patienten, deren Körper solch ein
Transplantat angenommen hat, könnten auch
ein anderes Organ des Knochenmark-Spenders transplantiert bekommen, ohne dieses
als fremd abzustoßen - eine neue Chance für
die Transplantationsmedizin.
Kontakt
Prof. Dr. Hans-Jochem Kolb
GSF-Institut für Molekulare
Immunologie
KKG „Hämatopoetische
Zelltransplantation“
Tel.: 0 89/70 95-42 41
hans.kolb@
med.uni-muenchen.de
19
Forschung am Krankenbett
Umweltdermatologie und
Allergologie
Pollen mit Mehrfachwirkung –
Bahnbrechende Erkenntnisse für die Allergologie
Pollen sind mehr als nur Allergenträger - sie können sich über die Freisetzung von Fettsäuren selbst den Weg für die Entwicklung einer allergischen Reaktion bahnen. Diese wichtige Entdeckung machte jüngst die
Klinische Kooperationsgruppe „Umweltdermatologie und Allergologie“
der GSF unter Leitung von Prof. Dr. Heidrun Behrendt.
ollen gehören - wie man lange weiß zu den wichtigsten Allergie auslösenden Substanzen in der Außenluft.
Nach bisheriger Lehrmeinung wird die allergische Entzündungsreaktion dadurch ausgelöst, dass aus den Pollen freigesetzte Proteine, die Allergene, über Haut oder Schleimhaut in den menschlichen Körper gelangen
und dort eine spezifische allergische Immunreaktion hervorrufen. Warum es jedoch durch
diese Proteine zu einer „abnormen“ Immunreaktion mit der Bildung von ImmunglobulinE-Antikörpern kommt, ist bislang wenig bekannt. Diskutiert wurden T-Zell-abhängige
oder individualspezifische Faktoren. Nun haben Wissenschaftler der Klinischen Kooperationsgruppe „Umweltdermatologie und
Allergologie“ (KKG UDA) am Zentrum Aller-
P
20
gie und Umwelt an der Klinik und Poliklinik
für Dermatologie und Allergologie der Technischen Universität München unter Leitung
von Prof. Heidrun Behrendt eine wichtige
Entdeckung gemacht, welche die Allergologie einen großen Schritt voran bringen könnte: Bei ihren Untersuchungen zur Allergenfreisetzung fanden Dr. Claudia Traidl-Hoffmann und ihre Arbeitsgruppe eine gänzlich
neue biologische Eigenschaft von Pollen:
Diese setzen neben den Proteinen auch eine
Reihe von ungesättigten Fettsäuren frei. „Im
weiteren Verlauf unserer Untersuchungen
stellten wir zu unserer Überraschung fest“,
so Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, Arbeitsgruppenleiterin der KKG UDA, „dass diese Fettsäuren eine direkte immunstimulatorische
und -modulatorische Wirkung auf den
Forschung am Krankenbett
Umweltdermatologie und
Allergologie
KKG Umweltdermatologie und Allergologie
Leitung: Univ. Prof. Dr. med. H. Behrendt
AG Tierexperimentelle Allergiemodelle
PD Dr. T. Jakob
AG Klinisch-experimentelle Forschung
PD Dr. U. Darsow
AG Toxikologie & Expositionsforschung
PD Dr. J. Buters
AG Zelluläre Immunologie
PD Dr. C. Traidl-Hoffmann
menschlichen Organismus ausüben.“ Die
demgemäß als pollenassoziierte Lipidmediatoren oder PALMs bezeichneten Substanzen
sind tatsächlich in der Lage, auf direktem
Wege menschliche Entzündungszellen wie
neutrophile und eosinophile Granulozyten
anzulocken und zu aktivieren. Darüber hinaus
modulieren sie dendritische Zellen – zentrale
Zellen des menschlichen Immunsystems –
so, dass diese eine Allergie-fördernde Immunantwort in Gang setzen. Das heißt, dass Pollen viel mehr als nur Allergenträger sind: Sie
können sich über die PALM-Freisetzung
selbst den Weg für die Entwicklung einer
allergischen Reaktion bahnen.
PALMs – Schlüssel zu vielen
Fragen?
Damit war die Überraschung für die Mitarbeiter der Klinischen Kooperationsgruppe
aber noch keineswegs perfekt: „Die beobachteten Effekte fanden wir nicht nur bei
Allergen
DC
Allergikern, sondern auch bei Nicht-Allergikern“, so Traidl-Hoffmann. Dies eröffnet den
Wissenschaftlern nun gänzlich neue Ansätze. Früher galt das Augenmerk sensibilisierten Patienten mit der Fragestellung, warum
eine Allergie entsteht. Zukünftig kann man
auch der Frage nachgehen, welche Mechanismen es sind, die bei Nicht-Allergikern die
Entstehung einer Allergie verhindern. Möglicherweise können so PALMs zukünftig Antworten darauf geben, warum zu Zeiten starken Pollenflugs auch nicht-allergische Reaktionen des oberen Atemtrakts gehäuft
auftreten.
Noch ein weiteres Rätsel könnte durch die
Entdeckung der PALMs in naher Zukunft gelöst werden: Man weiß aus epidemiologischen Studien, dass in Gebieten mit erhöhter
Luftschadstoffbelastung mehr Menschen an
Allergien leiden. Auch dafür könnten PALMs
mitverantwortlich sein – denn: Die Klinische
Kooperationsgruppe konnte auch nachweisen, dass Pollenkörner, die mit Luftschadstoffen belastet sind, ebenfalls verstärkt
PALMs freisetzen.
IL12niedrig
Th1
(IFN-γ)
(IL4)
Die neu entdeckten PALMs
könnten dafür mitverantwortlich sein, dass in Gebieten
mit erhöhter Luftschadstoffbelastung, wie zum Beispiel
entlang von befahrenen Straßen, mehr Menschen an
Allergien leiden: Die Klinische Kooperationsgruppe
konnte nachweisen, dass
Pollenkörner, die mit Luftschadstoffen belastet sind,
verstärkt PALMs freisetzen.
Kontakt
PALMs
Th2
Die Klinische Kooperationsgruppe Umweltdermatologie und
Allergologie untersucht den Einfluss von Umweltfaktoren auf
allergische Erkrankungen und
entwickelt dabei neue Ansätze
in Diagnostik und Therapie allergischer Erkrankungen. Die vier
Arbeitsgruppen sind sowohl im
Klinikbereich als auch in der
GSF etabliert.
PC
IgE
Neu entdeckte Botenstoffe: Die
von Pollen auf der Schleimhaut
freigesetzten pollenassoziierten
Lipidmediatoren (PALMs) ziehen neben dem spezifischen
Effekt eine unspezifische Aktivierung und Modulierung des
Immunsystems nach sich und
bahnen somit den Weg für die
Entwicklung einer allergischen
Reaktion. (DC = Dendritische
Zelle, Th1/Th2 = T-Helferzellen
des Immunsystems, IgE =
Immonglobulin E-Antikörper)
Prof. Dr. Heidrun Behrendt
ZAUM – Zentrum Allergie
und Umwelt
GSF – KKG „Umweltdermatologie und Allergologie“
Tel.: 0 89/41 40-34 50
Heidrun.Behrendt@lrz.
tu-muenchen.de
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Forschung am Krankenbett
Immunregulation im
Kindesalter
Husten ist nicht gleich Husten –
Erstmals immunspezifische Marker gefunden
Die Klinische Kooperationsgruppe „Immunregulation im Kindesalter“ hat
sich auf die Suche nach immunspezifischen Markern begeben, mit deren
Hilfe eine diagnostische Unterscheidung von allergischem Husten gegenüber Husten anderer Ursachen erleichtert wird und damit gezieltere Therapieansätze als bisher möglich sind. Und sie hat einen ersten Erfolg
erzielt.
usten ist ein weit verbreitetes Symptom, besonders bei Kindern und
Säuglingen. Die Ursachen für Husten können vielfältig sein: So kann Husten
zum Beispiel das alleinige Symptom von allergischem Asthma sein. Eine klare diagnostische Differenzierung ist bislang schwierig.
Sie wäre aber wichtig, da man Husten bei
allergischem Asthma anders behandelt als
H
22
beispielsweise Husten bei viralen Infektionen, wie sie im Kindesalter häufig sind.
Die Klinische Kooperationsgruppe „Immunregulation im Kindesalter“ hat sich auf die
Suche nach immunspezifischen Markern begeben, mit deren Hilfe eine diagnostische
Unterscheidung von allergischem Husten gegenüber Husten anderer Ursachen erleichtert
Forschung am Krankenbett
Immunregulation im
Kindesalter
wird und damit gezieltere Therapieansätze
als bisher möglich sind. Und sie hat einen
ersten Erfolg erzielt: „Ein möglicher Schlüssel liegt in den Th1-/Th2- bezogenen pulmonalen Chemokinen und ihren Rezeptoren“, erläutert Dr. Susanne Krauss-Etschmann, Leiterin der KKG. In einer eben abgeschlossenen
klinischen Studie untersuchte ihre Gruppe 12
Kinder mit allergischem Asthma, 15 Kinder
mit chronischem Husten ohne atopischen
Hintergrund sowie 10 Kinder ohne jegliche
Erkrankung der Atemwege. Unter anderem
bestimmte man die Konzentration der pulmonalen Chemokine und der entsprechenden rezeptortragenden Lymphozyten in der bronchoalveolären Lavage der Kinder. Das Ergebnis: Bei den Kindern mit allergischem Asthma
war der Gehalt zweier Arten von pulmonalen
Chemokinen sowie von spezifischen Lymphozyten deutlich erhöht. Umgekehrt fanden sich
bei den übrigen Kindern ohne asthmatischen
Hintergrund höhere Konzentrationen an anderen Chemokinen sowie spezifischen Lymphozyten.
Die Analyse dieser neu identifizierten Marker
stellt nicht nur einen wesentlichen Beitrag
zur differenzierten Diagnostik von allergischen und nichtallergischen Atemwegserkrankungen in Aussicht. In einem nächsten
Schritt will die KKG nun die Suche nach den
Immunmarkern auch in Sputumproben fortsetzen, so dass zukünftig auf das invasive
Verfahren der Bronchoalveolarlavage verzichtet werden kann. Weiter sollen die Ergebnisse bei einer größeren Fallzahl von Kindern prospektiv überprüft werden, ehe sie
dann im klinischen Alltag eingesetzt werden
können.
Th1 –/Th2 – assoziierte Chemokine und Rezeptoren
Virale Infektionen
Kontakt
Dr. Susanne KraussEtschmann
Asthma
Bei Kindern mit allergischem Asthma ist der Gehalt an den pulmonalen Chemokinen TARC und MDC
sowie an CCR4+CD4+-Lymphozyten deutlich erhöht. Umgekehrt finden sich bei den übrigen Kindern
ohne asthmatischen Hintergrund höhere Konzentrationen an ITAC und IFN- sowie CXCR3+ CD8+-Zellen. Die von der Klinischen Kooperationsgruppe „Immunregulation im Kindesalter“ neu identifizierten
Marker leisten einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung einer differenzierten Diagnostik allergischer gegenüber nichtallergischen Atemwegserkrankungen.
GSF-Institut für Molekulare
Immunologie
KKG „Immunregulation im
Kindesalter“
Tel 089/5160-7706
susanne.krauss-etschmann
@gsf.de
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Forschung am Krankenbett
Pädiatrische
Tumorimmunologie
Epstein-Barr-Viren
Wegweisende Strategie zur Entwicklung von
Krebsimpfstoffen
Um spezifische Impfstoffe gegen bösartige Erkrankungen entwickeln zu
können, müssen geeignete Zielantigene identifiziert werden. Von der
Klinischen Kooperationsgruppe „Pädiatrische Tumorimmunologie“ wurde kürzlich dank eines neuen Verfahrens ein strategischer Durchbruch
bei der Suche nach T-Helferzell-Antigenen von Krebszellen errungen.
Erste so identifizierte Antigene lieferten vielversprechende Ansatzpunkte für die Immuntherapie virusassoziierter Tumoren. Von diesem Verfahren erwartet sich die Gruppe einen entscheidenden Beitrag zur Immuntherapie von Krebs bei Erwachsenen und Kindern.
n rund 15 Prozent aller menschlichen
Tumoren, so schätzt man, sind Viren
als Kofaktoren beteiligt. So spielt
das im Jahr 1964 entdeckte, zu den Herpesviren gehörende Epstein-Barr-Virus (EBV) bei
verschiedenen Krebserkrankungen eine Rol-
A
24
le, unter anderem bei EBV-assoziierten Lymphomen immunsupprimierter Patienten.
Schon lange ist bekannt, dass EBV lebenslang im infizierten Individuum verbleibt, und
dass das Immunsystem bei der Überwindung
der aktiven Infektion eine entscheidende Rol-
Forschung am Krankenbett
Pädiatrische
Tumorimmunologie
Die KKG „Pädiatrische
Tumorimmunologie“ hat entdeckt, dass T-Helferzellen
EBV-infizierte Zellen erkennen können, bevor das Virus
sich in diesen Zellen vermehrt: Sie erkennen Proteine
der Virushülle und können
Zellen, die diese Hüllantigene präsentieren, ausschalten. Auf diese Weise kann
die EBV-Streuung und möglicherweise die EBV-assoziierte Lymphomentstehung
verhindert werden.
le spielt. Welchen Beitrag T-Helferzellen zu
der Kontrolle der Virusinfektion leisten, war
bis heute kaum untersucht worden. Mit ihrer
Klinischen Kooperationsgruppe „Pädiatrische Tumorimmunologie“ hat deren Leiterin
Dr. Uta Behrends die EBV-Immunerkennung
durch T-Helferzellen näher unter die Lupe genommen. Ihr Ziel war es, Antigene des EBV
zu identifizieren, die von T-Helferzellen erkannt werden. Behrends und ihre Mitarbeiter
konnten zeigen, dass T-Helferzellen EBV-infizierte Zellen erkennen, bevor das Virus sich in
diesen Zellen vermehrt. Die T-Helferzellen erkennen Proteine der Virushülle und können
Zellen, die diese Hüllantigene präsentieren,
ausschalten. Diese Ergebnisse weisen auf eine zentrale Bedeutung der T-Helferzellen, sowohl bei der Kontrolle der primären Virusstreuung als auch bei der Elimination von Zellen, in denen die aktive Virusinfektion zu
einem späteren Zeitpunkt wieder aufflackert.
Zu diesen zählen neben gesunden B-Lympho-
zyten die EBV-positiven Tumorzellen. T-Helferzellen mit Spezifität für EBV-Hüllproteine
stellen damit wichtige, neue Ansatzpunkte
für die Immuntherapie von lebensbedrohlichen EBV-assoziierten Erkrankungen dar.
Mittlerweile konnte die Klinische Kooperationsgruppe um Uta Behrends eine Methode
entwickeln, mit der T-Helferzell-Antigene
nicht nur bei EBV, sondern prinzipiell auch bei
anderen Viren, Bakterien und z.B. Tumorzellen sehr schnell und zuverlässig identifiziert
werden können. Dieses so genannte DANIVerfahren wurde kürzlich zum Patent angemeldet und als wegweisend für eine Anwendung in der Medizin anerkannt. Uta Behrends
und ihre Arbeitsgruppe hoffen, dass sie mit
dem neuen Verfahren in nächster Zeit verschiedene Zielantigene für Vakzine gegen infektiöse Erreger und Tumoren identifizieren
und so zur verbesserten Behandlung der betroffenen Patienten beitragen können.
Kontakt
Dr. Uta Behrends
GSF-Institut für Klinische
Molekularbiologie und
Tumorgenetik
KKG „Pädiatrische Tumorimmunologie“
Tel.: 0 89/30 68-2932
uta.behrends@lrz.tum.de
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Forschung am Krankenbett
Neurogenetik
Vom Modell zum Patienten –
Neue Wege in der Depressionsforschung
Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon aus, dass Depressionen zusammen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Jahr 2020 die größte
Gruppe von Erkrankungen bilden werden. In der Klinischen Kooperationsgruppe „Molekulare Neurogenetik“ versuchen GSF- und Max-PlanckWissenschaftler gemeinsam, die molekularen Mechanismen und Ursachen von Depression und Angststörungen aufzuklären und damit neue
Ansätze für geeignete Therapieformen zu finden. Nun haben sie in einer
klinischen Studie festgestellt, dass der Hormonhaushalt bei Patienten mit
psychiatrischen Erkrankungen deutliche Veränderungen aufweist. Damit
Kontakt
Prof. Dr. Wolfgang Wurst
könnten vielleicht schon in naher Zukunft Medikamente auf hormoneller
Ebene als Alternative zu klassischen Antidepressiva zum Einsatz kommen.
GSF-Institut für Entwicklungsgenetik
KKG „Molekulare Neurogenetik“
Tel.: 0 89/31 87-41 11
wurst@gsf.de
26
mmer noch hält sich eine Reihe von Vorurteilen, die Depression mit Charakterschwäche oder Versagen gleichsetzen
und Vorstellungen von einem unbehandelbaren Schicksal nach sich ziehen. Was aber
sind Depressionen im medizinischen Sinne?
Das Krankheitsbild umfasst affektive Störun-
I
gen, die sich durch deutlich ausgeprägte und
fortdauernde gereizt-gedrückte Stimmung
oder den Verlust von Interessen und Freude
an üblichen Aktivitäten kennzeichnen lassen.
Bei der Suche nach Ursachen für Depressionen geht man grundsätzlich von einem multifaktoriellen Zusammenwirken genetischer
Forschung am Krankenbett
Neurogenetik
Wolfgang Wurst und seine Mitarbeiter erstellten nun auf der Grundlage dieser Beobachtung ein Mausmodell: Durch gezielte genetische Veränderung des CRH-Rezeptors
Typ 1 (CRH-R1) in der Maus konnten sie auf-
zeigen, dass dieser in einem bestimmten Gehirnareal, dem limbischen System, das
Angstverhalten reguliert – und zwar unabhängig von seiner Rolle im Rahmen der HHNAchse. Überdies konnte die KKG auch zeigen,
dass der CRH-R1 eine wichtige Rolle bei
Stress-induziertem Alkoholkonsum spielt.
Diese Ergebnisse untermauern die Bedeutung des CRH-R1 für die Entstehung psychiatrischer Erkrankungen. „Mit dieser Erkenntnis gehen wir nun wieder zurück in die
Klinik,“ schildert Dr. Jan Deussing vom MaxPlanck-Institut das Vorgehen. „In ersten klinischen Studien konnten wir schon bestätigen,
dass spezifische CRH-R1-Antagonisten einen
antidepressiven Effekt haben.“ Damit ist der
Weg bereitet, um vielleicht schon in naher
Zukunft über weitere Studien CRH-R1-Antagonisten als Alternative zu klassischen Antidepressiva zu etablieren.
Crhr1 loxP/loxP CaMK
Bei Patienten mit Depression
findet man, ähnlich wie in
Stresssituationen, in welchen die körpereigene
Stressachse (Hypothalamus –
Hypophyse – Nebenniere)
aktiviert wird, eine Erhöhung
des Cortocotropin-Releasing
Hormons (CRH) im Gehirn. Im
Tiermodell konnte gezeigt
werden, dass die Erhöhung
von CRH im Gehirn zu Verhaltensänderungen führt, die
auch bei der Depression
beobachtet werden können.
Crhr1 loxP/loxP CaMK
CRHR1
Hier setzt die Arbeit der Klinischen Kooperationsgruppe „Molekulare Neurogenetik“ an,
die gemeinsam von dem GSF – Institut für
Entwicklungsgenetik unter Leitung von Prof.
Wolfgang Wurst und dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie unter Leitung von Prof. Florian Holsboer getragen wird. „Unser Ziel ist
es, die molekularen Mechanismen und Ursachen von Depression und Angststörungen
aufzuklären und damit neue Ansätze für geeignete Therapieformen zu finden“, so Wolfgang Wurst. Zu diesem Zweck überprüfen die
GSF-Wissenschaftler zusammen mit den Kollegen vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie Befunde an eigens dafür entwickelten
Mausmodellen, welche die Klinikstudien
nachbilden. Jüngst haben sie einen Anhaltspunkt aus der klinischen Forschung erhalten,
der möglicherweise die Ursachenforschung
bei Depressionen einen großen Schritt voranbringen könnte: Sie untersuchten bei den
Teilnehmern einer klinischen Studie deren
Hormonhaushalt und entdeckten Veränderungen im komplexen Wechselspiel zwischen dem Corticotropin-Releasing Hormon
(CRH) und seinen Rezeptoren. Das CRH spielt
eine Schlüsselrolle bei der Koordinierung der
physiologischen Antwort des Organismus auf
Stress, indem es die Stresshormon-Antwort
über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren- (HHN-) Achse reguliert. Darüber hinaus ist das CRH aber auch in der Lage, direkt
im Gehirn Verhaltensweisen zu beeinflussen,
die bei der Stressbewältigung von Bedeutung sind. Die Beobachtung, dass Patienten
mit psychiatrischen Erkrankungen vermehrt
CRH in der Hirnflüssigkeit, eine verminderte
Dichte von CRH-Rezeptoren im frontalen Kortex und erhöhte Stresshormon-Spiegel (Cortisol) im Blut aufweisen, lassen auf eine zentrale Rolle des CRH bei der Entstehung und
dem Verlauf von Depressionen und Angsterkrankungen schließen.
Stress/Depression
CRHR1
Vorbelastungen und unbewältigter Belastungen in der Lebensumwelt aus.
Mäuse (Crhr1loxp/loxpCaMKCre), denen durch gezielte genetische Veränderung der
Rezeptor1 für CRH im Vorderhirn - speziell dem limbischen System – fehlt (c,d,f im
Vergleich zu a,b,e), sind im Gegensatz zu ihren genetisch nicht veränderten
Geschwistertieren (Crhr1loxp/loxpCaMK), weniger ängstlich.
27
Technik und Know-how für alle
Klinische Forschungsplattformen in der GSF
Gemeinsam stark
Klinische Forschungsplattformen in der GSF
Neu ist der Gedanke keineswegs: Wissenschaftler verschiedener Disziplinen betreiben eine gemeinsame Forschungseinheit, in welcher sie auf
gemeinsame Ressourcen zugreifen, gemeinsame Kommunikationswege
nutzen und gemeinsame Studien entwerfen. Ziemlich neu ist aber die Einrichtung von Forschungsplattformen an der Schnittstelle zwischen Labor
und Krankenbett. Die GSF unterhält bereits drei davon – Instrumente der
Translationsforschung par excellence.
ie GSF unterhält – neben wichtigen
experimentell ausgerichteten Einrichtungen wie der deutschen
Mausklinik oder dem Genomanalysezentrum
– auch drei Forschungsplattformen in Kliniknähe. Diese widmen sich jeweils interdisziplinär speziellen Fragestellungen und setzen
gemeinsam ihre Erkenntnisse konsequent für
Prävention, Diagnose und Therapie von
Krankheiten um. Es sind dies die Immunmonitoring-Plattform, die Antikörper-Plattform,
sowie das Untersuchungszentrum KORA.
D
28
Unter Leitung von Prof. Dr. Dolores Schendel
entwickeln, standardisieren und validieren
die Mitarbeiter der Immunmonitoring-Plattform laufend neue Verfahren zur bestmöglichen Überwachung der Immunantwort im
Rahmen klinischer Studien. Denn nur mit einer Vielfalt von Methoden können die individuell an den Patienten angepassten Therapieformen auch optimal in ihrer Wirkung kontrolliert werden. Klinische Partner profitieren
von den neuesten Technologien der Plattform, ohne selbst die komplexen Verfahren
bei sich etablieren zu müssen.
Technik und Know-how für alle
Die ImmunmonitoringPlattform
In der Forschungsplattform Monoklonale
Antikörper produzieren Dr. Elisabeth Kremmer und ihre Arbeitsgruppe bereits seit 1995
Antikörper in hoher Qualität und in großem
Maßstab. In engem Austausch mit den Auftraggebern aus der Forschung entwickeln sie
für jeden Bedarf die am besten geeigneten
Antikörper. Für die besondere Qualität der
Antikörper hat die Medizinerin zusammen
mit Kollegen im Jahr 2000 den Erwin-Schrödinger-Preis erhalten.
Ebenfalls in Kliniknähe hat die Gesundheitsplattform KORA der GSF ihren Sitz. Die Wissenschaftler verwalten dort einen Datenschatz, den sie zusammen mit ihrem Partner
vor Ort, dem Zentralklinikum Augsburg, über
einen Zeitraum von über 20 Jahren gesammelt haben. Dank der detaillierten Untersuchung und Befragung von mittlerweile rund
18.000 Studienteilnehmern können vielfältige Fragestellungen zu den Risikofaktoren
sämtlicher Herz-Kreislauf-Erkrankungen bearbeitet werden. An den Studien beteiligen
sich zahlreiche externe Partner aus anderen
Forschungseinrichtungen, Kliniken und Universitäten. Sie profitieren von dem exzellenten Datenmanagement und der großen Expertise der Mitarbeiter der KORA-Plattform.
Alle drei Einrichtungen kooperieren weltweit
vernetzt mit Forschungspartnern und bringen
so immer wieder ganz neue Strategien zur
klinischen Anwendung.
Technik und Know-how für alle
Die Immunmonitoring-Plattform der GSF
Mit Hilfe neuester Technologien können heute Immunantworten bei
Patienten, die im Rahmen klinischer Studien behandelt werden, zuverlässig überwacht werden. Zu diesem Zweck richteten die GSF-Institute für
Molekulare Immunologie und für Molekulare Virologie im Jahre 2004
gemeinsam eine Immunmonitoring-Plattform ein, die heute allen Klinischen Kooperationsgruppen der GSF, aber auch externen Klinikpartnern
zur Verfügung steht.
ie wachsende Kenntnis über die Rolle des Immunsystems bei der Entstehung von malignen und infektiösen
Erkrankungen hat zu neuen Ansätzen für deren Behandlung geführt. So hofft man heute,
mit Immuntherapien das körpereigene Abwehrsystem bald gezielt gegen Viren und Tumorzellen mobilisieren zu können. Über die
Hälfte der von der GSF eingerichteten Klini-
D
schen Kooperationsgruppen widmet sich
schwerpunktmäßig diesem Forschungsbereich. Ihr gemeinsames Ziel ist es, neue Immuntherapien zu entwickeln und in der klinischen Anwendung umzusetzen sowie im
Rahmen der klinischen Studien Immunreaktionen bei Patienten zu erkennen und sie
quantitativ zu bewerten.
29
Technik und Know-how für alle
Die ImmunmonitoringPlattform
Zellsortierung in der Immunmonitoring-Plattform der GSF:
Zellen, die zuvor mit Fluoreszenzfarbstoffen markiert wurden, werden im Zellsortierer (Bild oben) mit Hilfe
eines abreißenden Flüssigkeitsstrahls sortiert. Die sortierten Zellen stehen nun für weitere Experimente
oder Messungen zur Verfügung.
Stationen der Zellsortierung
Durchflusszytometer
Laserstrahl
1. Zellsuspension
4. Zellkultur,
Analyse, etc.
2. Anfärbung
3. Zellsortierung
Für eine exakte Überwachung dieser Immunantworten hat die GSF im Jahr 2004 eine eigene Immunmonitoring-Plattform in Kliniknähe geschaffen. Kollegen aus der Klinik erhalten hier nicht nur Zugang zu neuesten und
30
leistungsfähigsten Technologien. Sie haben
auch stets hoch spezialisierte Experten an ihrer Seite, die mit ihnen gemeinsam maßgeschneiderte Monitoringverfahren für ihre klinischen Studien entwickeln.
Technik und Know-how für alle
Die ImmunmonitoringPlattform
Methode der Wahl für jeden
Bedarf
Meist reicht ein einzelnes diagnostisches
Verfahren nicht aus, um die vielschichtigen
Folgen verschiedener therapeutischer Maßnahmen auf das Immunsystem zu erfassen.
Denn das Besondere an diesen Behandlungen ist, dass sie für jeden Patienten individuell angepasst sind. „Wir brauchen in der
Tat ein ganzes Methodenarsenal, aus dem
wir nach Bedarf die jeweils geeigneten Verfahren auswählen“, erklärt Prof. Dolores
Schendel, Direktorin des GSF-Instituts für
Molekulare Immunologie und Leiterin der Immunmonitoring-Plattform.
Einerseits stehen hierfür etablierte Methoden zur Verfügung, andererseits werden die
Verfahren fortwährend weiterentwickelt und
verbessert. „Wenn uns beispielsweise bei einer Therapiestudie die Antigene nicht bekannt sind, kontrollieren wir mit Hilfe von TZell-Untersuchungen, Zytokinmessungen im
Mikromilieu und PCR-Analysen den Verlauf
der Immunantwort“, erklärt Schendel. Sind
dagegen die immunogenen Antigene bereits
definiert, ohne dass man die individuellen
MHC-Restriktionselemente kennt, werden
andere Vorgehensweisen nötig. Und schließlich: Kennt man bereits die spezifischen
Epitope und MHC-Restriktionselemente, bedient man sich fluoreszenzmarkierter MHCPeptid-Komplexe als Marker für das Monitoring.
Auch externe Klinikpartner
profitieren
Die Gruppe um Schendel bildet einen wichtigen Bestandteil der gesamten PlattformTechnologie für die translationale Medizin:
Eine Kerneinheit von qualifizierten Wissenschaftlern und technischem Personal standardisiert und validiert vielfältige Immunmonitoring-Tests und stellt dadurch sicher, dass
die klinischen Partner die neuesten Technologien nutzen können, ohne selbst viele komplizierte Methoden etablieren zu müssen. Dies
gilt natürlich nicht nur für die GSF-eigenen
Klinischen Kooperationsgruppen, sondern
auch für externe Kooperationspartner: Seit
langem mit im Boot sind das Institut für Me-
Monitoringverfahren auf der GSF – Plattform
Sterile Zellsortierung
T-Zell-Rezeptor-Analysen
Multiparameter-Zytometrie
Untersuchung des T-Zell-Rezeptor-Vorrats
Nachweis spezieller Zellpopulationen durch Antikörperfärbung
Typisierung von Zytokinen und humanen Leukozyten-Antigenen
ELISPOT-Quantifizierung der Immunantwort spezifischer T-Lymphozyten anhand
ihrer Zytokinproduktion
Bildgebung für lebende Zellen
dizinische Mikrobiologie, Immunologie und
Hygiene der Technischen Universität München sowie das Labor für Tumorimmunologie
der Urologischen Klinik des Klinikums Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität
München.
Neben der Betreuung klinischer Studien betreiben die Mitarbeiter in der Immunmonitoring-Plattform auch Grundlagenforschung,
die wertvolle Beiträge für das grundlegende
Verständnis der zellulären und molekularen
Regulation der menschlichen Immunantwort
liefert.
ELISPOT
vorher
nachher
Immunmonitoring
Anhand ihrer Zytokinproduktion wird mittels
ELISPOT die Immunantwort spezifischer TLymphozyten quantifiziert: Eine Farbreaktion
macht die aktivierten Lymphozyten (Spots)
sichtbar (rechtes Bild), ihre Anzahl dient als
Maß für die Reaktivität des Immunsystems
und ermöglicht so eine standardisierte Beurteilung der Immunreaktion im Therapieverlauf.
Kontakt
Prof. Dr. Dolores Schendel
GSF-Institut für Molekulare
Immunologie
Tel.: 0 89/70 99-3 01
schendel@gsf.de
31
Technik und Know-how für alle
Die Antikörper-Plattform
Service auf höchstem Niveau
Monoklonale Antikörper nach Maß
Vom Immunsystem seit Jahrmillionen etabliert, sind Antikörper schon seit
langem nicht mehr aus Forschung und Therapie wegzudenken. Gute Antikörper herzustellen ist aber eine Sache für Spezialisten – und nicht jede
Einrichtung hat dafür so hervorragende Möglichkeiten wie die GSF. Mit
ihrer Forschungsplattform Monoklonale Antikörper stellt sie eine wichtige Schnittstelle im Netzwerk der Gesundheits- und Umweltforschung dar.
ereits Anfang der 80er Jahre gründete Dr. Manfred Eulitz, damals als Wissenschaftler am GSF-Institut für Immunologie tätig, eine Lehrgruppe, die monoklonale Antikörper produzierte. Grundidee
der Lehrgruppe war, dass sich jeder daran
interessierte GSF-Wissenschaftler das nötige Wissen aneignen konnte, um die von ihm
gewünschten monoklonalen Antikörper
B
32
selbst entwickeln zu können. Bald stellte sich
jedoch heraus, dass die hierbei zu bewältigenden logistischen Anforderungen für die
meisten Labore zu hoch waren. Daher wurde
die Lehrgruppe in eine Serviceeinrichtung
umgewandelt. Heute leitet Dr. Elisabeth
Kremmer die Forschungsplattform Monoklonale Antikörper am GSF-Institut für Molekulare Immunologie.
Technik und Know-how für alle
Die Antikörper-Plattform
Produktion im großen
Maßstab
„Unsere Arbeitsgruppe ist heute in der Lage,
kontinuierlich die Antikörper herzustellen,
die genau auf die Bedürfnisse der anfragenden Wissenschaftler abgestimmt sind“, erklärt Kremmer. „Mit dem neuen Servicekonzept produzieren wir seit 1995 in kurzer Zeit
maßgeschneiderte monoklonale Antikörper
in hoher Qualität, pro Jahr gegen 300 verschiedene Antigene, Tendenz steigend.“ Dabei ist die Gruppe um Kremmer äußerst flexibel: Gemeinsam mit dem Auftraggeber besprechen sie, welches Antigen sich für die
Produktion der gewünschten Antikörper am
besten eignet. „Manche Proteine lösen keine
oder nur eine sehr schwache Immunantwort
aus, sie sind nicht immunogen“, erläutert
Kremmer. „Gegen sie kann man keine Antikörper herstellen. Mit den Partnern zusammen suchen wir dann nach geeigneteren
Antigenen.“
Hat man eine immunogene Substanz gefunden, wird gegen diese im Tiermodell eine Immunantwort erzeugt. Die dabei aktivierten
und gegen das Antigen gerichteten B-Zellen
der Körperabwehr werden entnommen und
mit einer Tumorzelllinie, einer so genannten
Myelomzelllinie, verschmolzen. „Dabei geht
die gewünschte Eigenschaft der B-Zelle, einen spezifischen Antikörper zu produzieren,
auf die Myelomzelle über und es entsteht ein
so genanntes Hybridom“, erläutert Kremmer.
Dieses wird nun in der Zellkultur vermehrt,
die ins Medium abgesonderten Antikörper
entnommen und zu dem Antigen gegeben.
„Bindet der Antikörper spezifisch und stark
an das eingesetzte Antigen, so hat es die gewünschte hohe Affinität und Spezifität. Für
die weitere Charakterisierung werden die
Antikörper an die Partner verschickt“, so
Kremmer.
Gute Antikörper herzustellen ist eine Sache
für Spezialisten – und über die verfügt die
Serviceeinheit der GSF: Mit erfahrenem Blick
erkennen ihre Mitarbeiter, welche Zellen so
gut gewachsen sind, dass es sich lohnt, sie
zu testen. „Alle Wachstumsmedien und Reagenzien werden von uns auf ihre Eignung für
die Hybridomherstellung überprüft“, sagt
Kremmer. „Dadurch sparen wir Zeit.“ Weniger die Laborausstattung als dieses Können,
Sorgfalt und langjährige Erfahrung verbunden mit einem feinen Gespür dafür, ob etwa
eine Kultur noch einen zusätzlichen Mediumwechsel braucht, gewährleisten den hohen
Qualitätsstandard der Serviceeinheit.
Wissenschaftler aus aller Welt
lassen bei der GSF-Antikörperplattform ihre Antikörper anfertigen. Mit nur vier Mitarbeitern
stellt Dr. Elisabeth Kremmer,
Leiterin der Plattform, jährlich
etwa 300 hochspezifische Antikörper her. Neben den hohen
Qualitätsstandards schätzen
die Auftraggeber an der Service-Plattform besonders die
intensive Betreuung noch lange
nach der Produktion.
Hohe Effizienz auch ohne
Hightech
„Besonders effektiv sind wir, obwohl oder
gerade weil wir ohne spezielle Geräte wie Pipettierroboter, Einfriermaschinen und Bioreaktoren arbeiten“, sagt Kremmer. „Mit nur
vier Mitarbeitern stellen wir etwa 30 unterschiedliche Hybridome pro Woche her, die
wir in Kulturflaschen vermehren.“ Viel zu aufwändig wäre es, einen Bioreaktor für die geringen Antikörpermengen, die angefordert
werden, zu bestücken. Außerdem kann, falls
versehentlich mal eine Kulturflasche mit Bakterien verunreinigt wurde, diese eine Kultur
schnell entsorgt werden, während alle anderen weiter wachsen können. „Ein Bioreaktor
müsste in diesem Fall komplett gereinigt
werden und alle zu dieser Zeit darin befindlichen Zellen wären auf einen Schlag unbrauchbar“, so Kremmer.
Für die besonders hohe Qualität der Antikörper hat die Medizinerin bereits zusammen
mit ihren Kollegen Dr. Martin Lipp und Dr.
Reinhold Forster vom Max-Delbrück-Zentrum
Mit erfahrenem Blick erkennen
die Spezialisten der Antikörperplattform, welche Zelllinien
so gut gewachsen sind, dass es
sich lohnt, sie für die Antikörperherstellung zu testen. Langjährige Erfahrung zählt dabei
mehr als jede hochtechnische
Laborausstattung.
33
Technik und Know-how für alle
Die Antikörper-Plattform
Detektive für die Forschung
Antikörper sind komplizierte Proteinstrukturen, die durch die Variation von Aminosäuren in bestimmten Bereichen der Proteinketten mit chemischen Strukturen verschiedenster Art reagieren können. Die Fähigkeit des Organismus, auf eingedrungene Noxen mit Antikörperbildung zu reagieren, hat sich im Laufe vieler Millionen Jahre entwickelt. Vorläuferstrukturen der Antikörper haben schon Knorpelfische. Dass
sie viele verschiedene chemische Strukturen sehr spezifisch binden können, macht
die Antikörper zusammen mit immunologischen Nachweisverfahren wie Radio- und
Enzymimmunoassays „RIA“ und „ELISA“ zu einmaligen Detektiven in der Forschung.
Die normale Antikörperantwort des Körpers nach Antigen- Die Fähigkeit des Organismus, auf eingekontakt hat jedoch einen Nachteil: Sie ist inhomogen, weil drungene Fremdstoffe mit der Bildung von
Antikörpern zu reagieren, hat sich im Laufe
sie aus einem Gemisch spezifisch und weniger spezifisch von Jahrmillionen entwickelt. Vorläufer der
bindender Antikörper besteht. Hieraus hochreine Moleküle klassischen Y-Struktur von Antikörpern, die
zu isolieren ist mühsam, zeitaufwändig und nicht selten sehr viele chemische Strukturen an sich
erfolglos. Dank der Arbeiten von Georges Köhler und Cesar binden können, finden sich schon in KnorMilstein können heute aus der Vielzahl möglicher Antikör- pelfischen wie dem Ammenhai.
per diejenigen ausgewählt werden, die das gewünschte Antigen mit hoher Spezifität
binden. Für diese 1975 veröffentlichte Hybridom-Technologie erhielten beide Forscher 1984 den Nobelpreis für Medizin. Als Endprodukt dieses Verfahrens werden Zellen ausgewählt, die nur noch einen einzigen Antikörper der geforderten Spezifität produzieren.
Kontakt
Dr. Elisabeth Kremmer
GSF-Institut für Molekulare
Immunologie
Tel.: 0 89/70 99-3 21
kremmer@gsf.de
34
für Molekulare Medizin sowie Dr. Eckhard
Wolf vom Genzentrum der Universität München den Erwin-Schrödinger-Preis 2000 erhalten. Dass neben GSF-Forschern auch Wissenschaftler verschiedenster Universitäten
und Forschungseinrichtungen weltweit ihre
Antikörper von der GSF-Plattform anfertigen
lassen, liegt auch an der speziellen Betreuung nach dem Versand: Noch viele Jahre später kann die Arbeitsgruppe einmal in Auftrag
gegebene Antikörper nachliefern, weil sie alle bisher hergestellten Hybridome, eindeutig
gekennzeichnet, in flüssigem Stickstoff aufbewahrt. Außerdem unterstützen die GSFMitarbeiter ihre Partner bei der nachfolgenden eingehenden Charakterisierung der Antikörper, etwa indem sie so genannte
Sekundärantikörper zum Markieren der ursprünglich eingesetzten Proteine liefern. Diese und weitere Hilfestellungen lassen letztlich so hochwertige Produkte entstehen.
„Monoklonale Antikörper erkennen die gewünschten Proteine so zielsicher, weil das
System Antigen-Antikörper sehr alt ist und
von der Natur mit der Zeit immer mehr perfektioniert wurde“, resümiert Kremmer.
„Deshalb funktionieren die mit ihnen entwi-
ckelten Methoden auch so gut und gelangen
vermehrt von der Forschung in die klinische
Anwendung.“
Zielsicher in die klinische
Anwendung
So vielleicht auch bald jener Antikörper, der
eine Deletionsmutante des Proteins E-Cadherin erkennt. E-Cadherin ist ein Protein, das
mitverantwortlich ist, dass die Zellen in Kontakt bleiben. Das deletierte E-Cadherin, das
ausschließlich auf Krebszellen vorkommt, besonders häufig beim diffusen Magenkrebs,
wird durch einen monoklonalen Antikörper
erkannt. Werden an den Antikörper -Strahler gekoppelt, so sterben nur die Krebszellen
ab, weil der Antikörper ausschließlich an sie
bindet. Was im Labor bereits gelingt, heilt
hoffentlich auch bald Krebspatienten in den
Kliniken.
Technik und Know-how für alle
KORA und MONICA
Kampf gegen Volkskrankheiten
Die Gesundheitsplattformen MONICA und KORA
Seit bereits gut 20 Jahren betreibt die GSF eine Gesundheitsforschungsplattform im Raum Augsburg. Ärzte, Epidemiologen, Statistiker und Genetiker nehmen dort gemeinsam Volkskrankheiten wie Diabetes, Herzkreislauferkrankungen oder Allergien unter die Lupe. In großen, für die Bevölkerung repräsentativ ausgewählten Studienpopulationen untersuchen
die Wissenschaftler neben den klassischen Risikofaktoren auch Ernährungsgewohnheiten, körperliche Aktivität, psychosoziale Faktoren oder
die Inanspruchnahme der medizinischen Versorgung.
egonnen hatte das erste Großprojekt
in den 70er Jahren mit dem Ziel, ein
international verbindliches, einheitliches Studienprotokoll zur Messung der wichtigsten Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck und Übergewicht zu entwickeln.
Weltweit nahmen 28 Länder aus vier Kontinenten mit über 40 Regionen an dieser für
zehn Jahre geplanten MONICA-Studie der
Weltgesundheitsorganisation teil. MONICA
steht für Monitoring of Trends and Determinants in Cardiovascular Disease. Dr. Ulrich
B
Keil, Leiter der Arbeitsgruppe Epidemiologie
vom damaligen GSF-Institut für Medizinische
Informatik und Systemforschung wählte die
Region Augsburg als Standort für eines der
vier deutschen MONICA-Zentren aus gutem
Grund: Augsburg besitzt ein modernes Großklinikum als Behandlungszentrum, die Bevölkerungsstruktur entspricht den Verhältnissen
der Bundesrepublik, und es wandern aus dieser Region besonders wenig Menschen ab
oder zu.
35
Technik und Know how für alle
KORA und MONICA
Im so genannten Herzinfarktregister Augsburg erfasst die Leiterin des Herzinfarktregisters Dr. Hannelore Löwel vom GSF-Institut für
Epidemiologie, seit 1985 alle Patienten mit
einem tödlichen oder nicht tödlichen Herzinfarkt sowie alle vor Erreichen einer Klinik
plötzlich Verstorbenen.
Gesundheitsbewusstein nach
wie vor schlecht
Aus den Einwohnermelderegistern der Region Augsburg wurden in der KORA-Gesundheitsplattform bis dato bereits über
18.000 25- bis 74-jährige Probanden als repräsentative
Stichprobe ausgewählt. Die
KORA-Mitarbeiter erheben an
ihnen Daten zu den klassischen
Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Übergewicht, aber
auch psychosoziale Faktoren
und verschiedene Blutparameter. Die anonymisierten Daten
stehen allen wissenschaftlichen KORA-Partnern verschiedener Teilstudien zur
Verfügung.
36
„Das Herzinfarktrisiko beginnt bei Männern
etwa vom 40. Lebensjahr, bei Frauen vom 55.
Lebensjahr an deutlich zu steigen“, konstatiert Löwel. „Bei Frauen ist diese Gefahr
grundsätzlich viel geringer. Allerdings steigt
das immer noch sehr niedrige Risiko der jüngeren Frauen kontinuierlich an – vermutlich
weil sie zunehmend früher anfangen zu rauchen und viele auch die Pille nehmen. Insgesamt aber ging die Rate der Herzinfarkte bei
Männern und älteren Frauen zurück. Das Gesundheitsbewusstsein ist dennoch nach wie
vor indiskutabel schlecht. Das erinnert oft an
Glücksspielverhalten: „Die meisten hoffen,
trotz des Risikos nicht zu erkranken“, kritisiert Löwel. Diese Passivität lässt sich insbesondere bei Patienten mit hohem Blutdruck
beobachten, bei denen unverändert viele Erkrankungsfälle auftreten. Nur etwa die Hälfte der Personen weiß von ihrem Bluthochdruck, davon werden nur etwa 50 Prozent
medikamentös behandelt und wiederum nur
die Hälfte von diesen erreicht damit normalisierte Blutdruckwerte.
Kooperative Gesundheitsforschung in großem Stil
Als die MONICA-Studie der WHO auslief,
entschied sich die GSF 1996, die Gesundheitsforschung in der Region Augsburg ihm
Rahmen von KORA (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg)
weiterzuführen. So wurde die erste deutsche, fast 14.000 Personen einschließende,
Kohortenstudie zu der Frage, wie typische Risikofaktoren und Herzinfarkt zusammenhängen, langfristig etabliert. Die wissenschaftliche Federführung des Gesamtvorhabens liegt
– wie schon bei MONICA – bei der GSF, das
Zentralklinikum Augsburg ist weiterhin Partner für die meisten Laboranalysen. KORA erhielt ein eigenes Untersuchungszentrum, das
von Dr. Christa Meisinger geleitet wird. KORA-Sprecher ist Prof. H.-Erich Wichmann,
Leiter des GSF-Instituts für Epidemiologie.
Um die zeitlichen Trends der Risikofaktoren
für Herzkreislauferkrankungen beurteilen zu
können, kann KORA auf die MONICA-Daten
zurückgreifen. Besonders hilfreich dabei ist,
dass alle Daten der Studienteilnehmer von
Anfang an elektronisch erhoben und gespeichert wurden. „Dank dieses einmaligen exzellenten Datenqualitätsmanagements können wir die alten Proben und Daten auch heute noch nach neuen Gesichtspunkten
Technik und Know how für alle
KORA und MONICA
Mehr Herzinfarkte bei hoher Luftverschmutzung
20 Jahre MONICA / KORA heißt in erster Linie wissenschaftliche Kleinarbeit, die aber spektakuläre Erfolge lieferte. „Vor einigen Jahren erkannte man, dass Arteriosklerose nicht nur eine Ablagerung von Plaques in den Gefäßen, sondern eine Entzündungskrankheit ist. Das war ein wissenschaftlicher Durchbruch, zu dem die GSF-Wissenschaftler des KORA-Teams einen großen Beitrag
geleistet haben“, erinnert sich Löwel. Die Langzeitbeobachtung der MONICA/KORA-Probanden
bietet die in ihrer Komplexität einmalige Möglichkeit, zeitnah aus eingefrorenen Blutproben der
Basisuntersuchung die neuen als relevant eingeschätzten pro- oder anti-inflammatorischen sowie
genetische Parameter zu bestimmen und mit den inzwischen eingetretenen Krankheitsereignissen
in Beziehung zu setzen. Zunehmend werden die KORA-Studien auch in internationale Meta-Analysen einbezogen, wodurch der Forschungsstandort Deutschland stärker sichtbar wird.
Ein weiteres international relevantes Ergebnis der Wissenschaftler in der KORAGesundheitsplattform war der Nachweis, dass Luftverschmutzung und Arteriosklerose beziehungsweise Herzinfarkt zusammenhängen. Dieser Befund stieß zwar
anfangs auf größte Skepsis, mittlerweile ist er aber die Grundlage für weltweite Forschungsaktivitäten. Es zeigte sich, dass in Phasen hoher Luftverschmutzung – vor
allem mit ultrafeinen und lungengängigen Teilchen – vermehrt Herzinfarkte auftreten. „Für dieses
erhöhte Risiko könnten auch die Gene eine wichtige Rolle spielen“, mutmaßt Löwel. Deshalb sollen in der noch laufenden, von der
EU geförderten AIRGENE-Studie zum Komplex „Entzündungsreaktionen und Luftverschmutzung“ auf Grundlage von Genotypisierungen in sechs europäischen Großstädten besonders empfindliche Personen definiert werden. So wurden bei den entsprechenden
Patienten regelmäßig Entzündungsmarker bestimmt und zeitlich mit den Luftschadstoffwerten korreliert. Auch die Fäden dieses Projekts laufen in der GSF zusammen: Dr. Annette Peters, GSF-Institut für Epidemiologie, koordiniert das internationale Projekt.
auswerten. Weitere Partner können auf der
Basis wissenschaftlicher Kooperationsaufträge in das Projekt einsteigen“, erklärt Löwel.
So beteiligen sich an den KORA-Studien auch
Wissenschaftler aus vielen Forschungsinstituten in Kliniken, Universitäten und anderen
Einrichtungen mit dem Ziel Versorgungsstrukturen und -prozesse zu bewerten, Entscheidungsträger wissenschaftlich zu unterstützen und die Gesundheitsforschung in den
Bereichen Epidemiologie und Gesundheitsökonomie zu fördern. Ermöglicht wird die erfolgreiche Zusammenarbeit auch durch das
große finanzielle Engagement der GSF und
das Einwerben weiterer Fördermittel des
Bundes, der DFG, der EU und anderer internationaler Geldgeber. Den Erfolg dieser Forschungsplattform zeigen nicht zuletzt zahlreiche Publikationen in hochkarätigen internationalen Zeitschriften.
Neben KORA lebt auch das ursprüngliche
Projekt MONICA weiter: Nach immer gleichem, aber um aktuelle Parameter erweiterten Protokoll wurden 1999-2001 weitere
6.000 Bürger zufällig aus der Adressdatei der
Einwohnermeldeämter ausgewählt und zur
Studienteilnahme eingeladen, ausführlich
untersucht und befragt. Sie gaben Auskunft
über Lebensgewohnheiten wie Rauchen, Ernährung, Alkoholkonsum, sportliche Betätigung, das berufliche Umfeld sowie über chronische Erkrankungen. Alle Blutproben, aus
denen die Wissenschaftler zahlreiche Laborparameter erheben, wurden wie seit Beginn
der Studie für spätere Analysen tiefgefroren.
So haben die GSF-Forscher mittlerweile einen Datenschatz von rund 18.000 Personen
erhoben, den sie über Befragungen und Folge-Studien weiter verfolgen wollen.
Dass gerade die Genforschung stark von den
KORA-Daten profitiert, zeigen die über 30
Studien im Genomforschungsnetz. In der Infarktforschung lässt die gezielte Kombination
genetischer Parameter mit immer mehr Einzelfaktoren zunehmend maßgeschneiderte
Rezepte erwarten. „Heute wollen wir nicht
mehr nur allgemeine Aussagen treffen, sondern das Herzinfarktrisiko Einzelner abschätzen und gefährdete Menschen in die Lage
versetzen, ihr ganz persönliches Risiko zu erkennen und gezielt zu senken“, so Löwel.
Kontakt
Dr. Hannelore Löwel
GSF – Institut für Epidemiologie
Tel. 08 21/4 00-43 72,
0 89/31 87-41 52
hannelore.loewel@gsf.de
37
Forschung aktuell –
Neue HIV-Impfstoffe
Mit den eigenen Waffen schlagen
Neue HIV-Impfstoffe im klinischen Test
Die Entwicklung eines Impfstoffs, der das Immunsystem zum Kampf
gegen HIV stimuliert, ist eine der größten Herausforderungen in der
AIDS-Forschung. Dabei steht die Impfstoffforschung vor der großen Aufgabe, einen therapeutischen Impfstoff gegen eine schon bestehende
Infektion zu entwickeln. Erste Erfolge erzielten Wissenschaftler nun am
GSF-Institut für Molekulare Virologie mit einem Impfstoff auf Basis eines
gentechnisch veränderten Vaccinia-Virus, der nun mit einem weiteren
Impfstoff zu einer schlagkräftigen Verbindung kombiniert werden soll. Mit
Hilfe solcher Kombi-Impfstoffe hoffen die Wissenschaftler, eines Tages
Gesunde vor einer Infektion schützen zu können.
38
Forschung aktuell –
Neue HIV-Impfstoffe
rotz aller Aufklärungskampagnen ist
AIDS weltweit auf dem Vormarsch.
Vor allem im südlichen Afrika hat die
Krankheit katastrophale Ausmaße angenommen, aber auch in zahlreichen anderen Ländern steigt die Zahl der Neuinfektionen rapide. Zwar gibt es mittlerweile hoch wirksame
antivirale Therapien, aber besonders für
Drittweltländer sind diese unerschwinglich weltweit stehen diese Medikamente nur etwa fünf Prozent aller Infizierten zur Verfügung. Zudem halten moderne Therapien
(HAART – Hochaktive anti-retrovirale Therapie) die Viruslast zwar lange Zeit niedrig und
verhindern damit einen Ausbruch der Krankheit, sie können jedoch das Virus nicht vollständig aus dem Körper entfernen.
T
HIV-Infektionsraten 2005
HIV-Infizierte, weltweit
>>> 40,3 Mio (36,7-45,3 Mio)
HIV-Neuinfektionen 2005
>>> 4,9 Mio (4,3-6,6 Mio)
HIV-bedingte Todesfälle (2005) >>> 3,1 Mio (2,8-3,6 Mio)
HI-Viren im Rasterelektronenmikroskop: Nach
rasanter Vermehrung in den Zellen des menschlichen Immunsystems bahnen sich die HI-Viren den
Weg zu neuen Wirtszellen.
Vektor-Impfstoff mit
speziellem Bauplan
„Ziel einer Impfung muss es sein, das Immunsystem bereits HIV-infizierter Patienten mit
Hilfe des Vektor-Impfstoffs so zu stimulieren,
dass der Ausbruch von AIDS hinausgezögert
oder sogar verhindert wird“, erklärt Professor
Volker Erfle, kürzlich verabschiedeter Direktor des GSF-Instituts für Molekulare Virologie. Die Wissenschaftler des Instituts entwickelten dazu zunächst einen Vektor-Impfstoff
auf der Basis harmloser gentechnisch veränderter MVA-Viren (modifiziertes Vacciniavi-
rus Ankara), in die der Bauplan für das HIVProtein Nef eingeschleust wurde. Nef wurde
gewählt, weil es im Lebenszyklus des Virus
eine entscheidende Rolle spielt: Nef wird von
infizierten Zellen bald nach der Infektion gebildet und sorgt für eine effektive Vermehrung des Virus. Ohne Nef bricht AIDS nicht
aus. Funktioniert die Impfung, schlägt sie den
Erreger mit seinen eigenen Waffen: Die eingeimpften Vektoren befallen Körperzellen
und regen sie zur Bildung von Nef an, wodurch die Immunantwort gegen Nef stimuliert wird und dieses ausgeschaltet wird. Dabei werden sowohl Antikörper gegen Nef gebildet (= humorale Abwehr), als auch
spezifische Abwehrzellen aktiviert, die infizierte Zellen zerstören (= zelluläre Abwehr).
„Unsere Idee war, nach einer therapeutischen Impfung zu suchen, die die Immunantwort so stimuliert, dass die Zahl der virusspezifischen CD4-positiven T-Zellen hoch
bleibt“, erklärt Dr. Antonio Cosma vom GSFInstitut für Molekulare Virologie.
Allein im Jahr 2005 infizierten sich weltweit 4,9 Millionen Menschen mit dem
HI-Virus.
Als ersten Praxistest führte Erfle gemeinsam
mit Professor Frank Goebel, dem Leiter der
AIDS-Ambulanz an den Münchner Innenstadt-Kliniken und Wissenschaftlern des
Münchner Klinikums rechts der Isar eine kli-
39
Forschung aktuell –
Neue HIV-Impfstoffe
Helferzellen im Einsatz
Anstieg der HIV-Nef spezifischen CD4-T-Zellen nach Immunisierung () mit einer Vaccinia Virus (MVA)- basierten
HIV-Nef-Vakzine
Den Erreger mit seinen eigenen Waffen
schlagen: Nach Immunisierung mit einer
Vaccinia-virus (MVA-)basierten HIV-NefVakzine werden spezifische CD4-Abwehrzellen aktiviert, die infizierte Zellen zerstören.
CD4-positive T-Zellen sind so genannte
Helferzellen, die das Immunsystem stimulieren und für die Ausbildung schützender
Immunantworten eine entscheidende Bedeutung haben. Bei Infektionen produziert
das befallene Gewebe bestimmte Antigene, die von T-Zellen erkannt werden. Die
Zahl der spezifisch auf das jeweilige Antigen reagierenden T-Zellen ist daher ein
gutes Indiz für die Abwehrbereitschaft des
Immunsystems.
HIV attackiert diese Zellen, deswegen
sinkt ihre Zahl nach einer Infektion in der
Regel ab. Dass das Immunsystem prinzipiell HIV auch aus eigener Kraft kontrollieren kann, zeigen so genannte LNTP-Patienten („Long-term non-progressors“), bei
denen AIDS auch ohne Therapie nicht ausbricht, obwohl sie teilweise seit mehr als
20 Jahren infiziert sind. Sie schaffen es,
das Virus in Schach zu halten, weil ihr
Immunsystem anders auf eine HIV-Infek-
Prof. Dr. Volker Erfle, früherer Direktor des GSFInstituts für Molekulare Virologie (rechts im Bild)
entwickelte mit der Vektorgruppe einen therapeutischen Impfstoff gegen HIV. Dieser stimuliert die
Immunantwort dahingehend, dass die Zahl der
virusspezifischen CD4-positiven Zellen hoch bleibt
und infizierte Zellen zerstört werden. Dr. Antonio
Cosma (links im Bild) führt bei den klinischen Studien das Immunmonitoring durch.
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tion reagiert: Normalerweise steigt die
Zahl der CD4-Zellen nach der Infektion
zwar an, fällt dann aber auf sehr niedrige
Werte ab. Im Gegensatz dazu bleibt bei
LNTP-Patienten die Anzahl der CD4-positiven T-Zellen nach der Infektion konstant
erhöht.
nische Phase-I-Studie zur Impfung mit MVANef durch. Das Ergebnis war schon bei einmaliger Immunisierung ermutigend: Bei vier
der zehn geimpften Patienten stieg die Zahl
der Nef-spezifischen CD4-Zellen an. „Bei keinem Patienten war dieser Zelltyp vorher
nachweisbar, es zeigte sich somit eine deutliche Immunreaktion auf die Zielstruktur HIVNef“ erklärt Cosma. Alle Probanden waren
seit längerem HIV-infiziert und wurden mit
HAART behandelt, was auch während der klinischen Studie zunächst fortgesetzt wurde.
Nach der Impfung waren sieben der zehn Patienten damit einverstanden, die antivirale
Therapie zu stoppen. Zwar nahm bei allen die
Zahl der HI-Viren daraufhin zu, aber auch die
Immunantwort gegen Nef steigerte sich – ein
Beweis dafür, dass der Patient von der Impfung profitiert. Dennoch mussten sechs Patienten nach einigen Wochen die medikamentöse Therapie wieder aufnehmen.
Impfstoff im Praxistest
Der am besten auf die Impfung ansprechende
Patient schafft es seit fast drei Jahren, das
Forschung aktuell –
Neue HIV-Impfstoffe
Virus aus eigener Kraft zu kontrollieren. Bei
diesem Patienten ist nicht nur die Zahl der
CD4-Zellen hoch und stabil, sondern er zeigt
auch eine starke CD8-Immunantwort. CD8-TZellen sind zytotoxische Zellen, die infizierte
Zellen erkennen und vernichten. CD4-T-Zellen produzieren Wachstums- und Signalfaktoren, die dafür sorgen, dass CD8-T-Zellen
gebildet und erhalten werden. Für eine erfolgreiche Immunabwehr müssen beide Zelltypen ausreichend vorhanden sein. „Dieser
Patient ist für uns natürlich sehr interessant,
denn wenn wir herausfinden, warum seine
Immunantwort so stark ist, können wir eventuell auch anderen Patienten besser helfen“,
erklärt Cosma.
Die Immunantwort im Auge
behalten
Da sich am klinischen Zustand geimpfter Patienten oft wenig ändert, ist es wichtig, den
Zustand des Immunsystems durch ein gutes
Immunmonitoring zu erfassen. Um den Impferfolg zu bewerten und um Marker für die Immunantwort zu finden, entwickelten die Wissenschaftler neue Methoden, die einen tieferen Einblick in immunologische Vorgänge
erlauben. „Mit Hilfe neuer Methoden der
Durchflusszytometrie beispielsweise können
wir den Phänotyp einzelner T-Zellen erfassen
und exakt bestimmen, welche Marker diese
Zellen exprimieren – und zwar bis zu 13 Marker gleichzeitig“, erklärt Cosma. Auf diese
Weise können die Wissenschaftler untersuchen, wie T-Zellen auf die Impfung reagieren
und die Immunantwort einzelner Patienten
charakterisieren. „Um Marker für eine besonders gute Immunantwort zu finden, wollen wir beispielsweise herausfinden, inwiefern sich die Immunantwort des Patienten,
der am besten auf die HIV-Nef-Impfung reagierte, von der anderer Patienten unterscheidet“, so Cosma.
T - Zellen besser
charakterisieren
Ein wesentlicher Durchbruch für das Monitoring von Immuntherapien war die Etablierung
der MHC-Tetramer-Technologie durch die Klinische Kooperationsgruppe „Antigen-spezifi-
sche Immuntherapie“ unter Leitung von Prof.
Dr. Dirk Busch. Diese Methode zur Charakterisierung Antigen-spezifischer T-Zellpopulationen nutzt die so genannte MHC-Restriktion: T-Zellen erkennen Antigene nur, wenn
diese durch ein MHC-Molekül präsentiert
werden. Allerdings werden einzelne MHCAntigen-Komplexe nur schwach gebunden
und dissoziieren schnell. Die Wissenschaftler vernetzen deshalb mehrere Komplexe miteinander, wodurch Strukturen mit stabilerer
Bindung entstehen. In der Regel werden vier
Komplexe zu so genannten Tetrameren zusammengeschlossen. An T-Zellen gebundene
Tetramere wiederum können mit Hilfe von
Fluoreszenz-Farbstoff direkt sichtbar gemacht werden. „Die Tetramer-Technologie ist
Einen wesentlichen Durchbruch für die direkte Untersuchung von Antigen-spezifischen T-Zellen erzielte Prof. Dr.
Dirk Busch mit seiner Klinischen Kooperationsgruppe
„Antigen-Spezifische Immuntherapie“: Mit der von ihm entwickelten MHC-Multimer-Technologie ist es jetzt möglich,
epitop-spezifische T-Zellen
sichtbar zu machen und mit
hoher Reinheit zu isolieren.
Europaweite Suche nach therapeutischem Impfstoff
Die Vakzinierungsstudien waren und sind
Teil europäischer Kooperationen. Um nun die
Entwicklung eines neuen Kombi-Impfstoffs
gegen HIV noch besser zu koordinieren und
Im Rahmen des europäischen
zu beschleunigen, wurden europaweit alle
Großprojekts AVIP (AIDS Vaccibestehenden und geplanten Aktivitäten in
ne Integrated Project) arbeiten
einem großen gemeinsamen Projekt
Wissenschaftler des GSF-Instizusammengefasst. Im Rahmen von AVIP
tuts für Molekulare Virologie an
(„AIDS Vaccine Integrated Project“) wollen
der Entwicklung eines neuen
Kombi-Impfstoffs. Er soll als the15 verschiedene Arbeitsgruppen und Institurapeutischer Impfstoff für infitionen, darunter auch eine Arbeitsgruppe
zierte Patienten eingesetzt werdes GSF-Instituts für Molekulare Virologie,
den, eines Tages aber auch
vier neue Impfstoffe gegen HIV entwickeln
Gesunde vor einer Infektion mit
und in klinischen Phase-I- Studien mit gesunHIV schützen.
den Probanden testen. Allen Impfstoffen
gemeinsam ist die Kombination von regulatorischen und strukturellen HIV-Proteinen. 2009, wenn die fünfjährige Förderperiode endet, will AVIP eine Vakzine
präsentieren, die sich für den Einsatz als therapeutischer Impfstoff in klinischen
Phase-II- und -III-Studien bei HIV-infizierten Patienten eignet. Für dieses Ziel stehen dem AVIP-Konsortium insgesamt mehr als 20 Millionen Euro zur Verfügung,
die Hälfte davon aus dem 6. Rahmenprogramm der EU.
41
Forschung aktuell –
Neue HIV-Impfstoffe
Patent für HIV-Diagnose im Frühstadium
Wenn HIV-Impfstoffe bei infizierten
Patienten erprobt werden, ist es
besonders wichtig, den Verlauf der HIVInfektion im Auge zu behalten. Dies
geschieht durch die regelmäßige Überprüfung der Viruslast im Blut, bei der die
Genome der HI-Viren im Plasma quantitativ erfasst werden. Mit dieser Methode
wird jedoch nur freies Virus nachgewiesen, die in Zellen „versteckten“ Viren werden so nicht entdeckt. Die Arbeitsgruppe
von Dr. Ruth Brack-Werner, der neuen
kommissarischen Leiterin des GSF-InstiMit einem neu bei der GSF entwituts für Molekulare Virologie, entwickelte
ckelten und bereits patentierten
und patentierte deshalb ein Verfahren, um
Verfahren lässt sich in frisch infiinfizierte Zellen im Blut von HIV-Patienten
zierten Patientenzellen die Aktivität
nachzuweisen. Dafür werden die Patien(im Bild rot) früher regulatorischer
Proteine von HIV quantitativ erfastenzellen isoliert und gentechnisch
sen. Dr. Ruth Brack-Werner, neue
behandelt. In der Folge dieser Behandlung
kommissarische Leiterin des GSFfärben sich infizierte Zellen, in denen die
Instituts für Molekulare Virologie,
frühen, regulatorischen Proteine von HIV
will damit die Wirkung von HIVaktiv sind, rot und können somit quantitaImpfstoffen noch früher und exakter
dokumentieren.
tiv erfasst werden. „Diese hoch-sensitive
Methode erlaubt zum ersten Mal den
Nachweis einzelner HIV-infizierter Zellen, in denen die Virusproduktion gerade
erst begonnen hat“, erklärt Brack-Werner, „sie wird uns helfen, die Wirkung HIVhemmender Substanzen oder Impfstoffe noch früher und exakter zu erfassen und
zu dokumentieren.“
ein sehr nützliches Werkzeug, um virusspezifische T-Zellen zu finden, die anschließend
weiter untersucht werden sollen“, erzählt
Busch.
Hoffnungen auf KombiImpfstoff
Kontakt
PD Dr. Ruth Brack-Werner
GSF-Institut für Molekulare
Virologie
Tel.: 0 89/31 87-29 23
brack@gsf.de
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Ein Problem aller bisher entwickelten HIVImpfstoffe ist die Wandelbarkeit des Virus:
Es mutiert sehr schnell und schon kleinste
Veränderungen seiner Oberflächenproteine
können dafür sorgen, dass es von T-Zellen
nicht mehr erkannt wird. Um für die Zukunft
einen noch wirksameren Impfstoff zu gewinnen, planen die Wissenschaftler daher, verschiedene HIV-Impfstoffe zu kombinieren,
die das Virus auf unterschiedliche Art und
Weise attackieren: Einige Impfstoffe enthalten strukturelle Virus-Bestandteile, andere
wirken über regulatorische Proteine, die den
Vermehrungszyklus des Virus oder die Ex-
pression seiner Gene steuern. Enthält der
neu entstandene Impfstoff sowohl strukturelle als auch regulatorische Bestandteile,
liefert er dem Immunsystem ein breites Spektrum an Angriffspunkten, da der Körper eine
Immunabwehr gegen alle geimpften Komponenten aufbaut.
Die GSF-Wissenschaftler werden noch 2006
in einer neuen klinischen Studie die Kombination von MVA-Nef mit einem weiteren
Impfstoff testen, der das Immunsystem mit
dem HIV-Hüllprotein Env konfrontiert. „Auf
diese Weise aktivieren wir das Immunsystem
einerseits über Nef zu zellulären Abwehrmechanismen und verstärken andererseits über
das Env-Protein die Antikörperbildung, denn
das Hüllprotein wird auf der Oberfläche exprimiert und gibt daher ein gutes Ziel für spezifische Antikörper ab“, erklärt Cosma. In Zusammenarbeit mit Professor Goebel wird die
klinische Studie mit 50 Probanden starten,
die in kleine Gruppen aufgeteilt werden, um
alle möglichen Kombinationen der Impfstoffe
untersuchen zu können. „Wenn beides gemeinsam geimpft wird, ist oft ein Impfstoff
dominant und der andere fällt unter den
Tisch“, bedauert Cosma, „daher ist es besser,
die verschiedenen Impfstoffe nach und nach
zu impfen: Wenn ein Impfstoff angeschlagen
hat, folgt die nächste Impfung“.
Die neue Kombi-Impfung wird zunächst an
gesunden Personen getestet. Während
MVA-Nef als therapeutischer Impfstoff für
bereits HIV-Infizierte gedacht war, hoffen die
Wissenschaftler, mit den neuen Kombi-Impfungen eines Tages Gesunde vor Ansteckung
schützen zu können. Ob es in absehbarer Zeit
tatsächlich gelingt, solch einen wirksamen
Impfschutz gegen HIV zu entwickeln, ist noch
unsicher. Aber schon ein Impfstoff, der das
Immunsystem so weit aktiviert, dass das Infektionsrisiko sinkt, wäre eine große Hilfe bei
der Bekämpfung der AIDS-Pandemie – vor allem in Drittweltländern, wo die medikamentöse HIV-Therapie aus finanziellen und logistischen Gründen für die meisten Infizierten
nicht in Frage kommt.
Forschung aktuell –
Impfung gegen Nierenkrebs
Das Immunsystem in Schwung bringen
Therapeutische Impfung gegen Nierenkrebs
Das Nierenzellkarzinom ist der häufigste bösartige Nierentumor. In
Deutschland gibt es pro Jahr etwa 14.000 Neuerkrankungen, die meist
durch Zufall entdeckt werden. Bisher sind Patienten mit metastasierendem Nierenzellkarzinom kaum therapierbar, da die Tumorzellen auf
Bestrahlung oder Chemotherapie praktisch nicht ansprechen. Wissenschaftler am GSF-Institut für Molekulare Immunologie entwickeln neue
Therapieformen, die das Immunsystem des Patienten aktivieren sollen,
um Tumorzellen effektiv zu bekämpfen.
as Nierenzellkarzinom oder kurz RCC
(Renal cell carcinoma) ist eine äußerst aggressive Krebsform. „Häufig liegen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose eines Nierenzellkarzinoms schon Metastasen
z.B. in Knochen, Lunge oder Gehirn“, so Dr.
D
Bernhard Frankenberger vom GSF-Institut für
Molekulare Immunologie. Die Prognose ist
schlecht – über drei Viertel der Erkrankten
mit Metastasen sterben innerhalb von zwei
Jahren. Gemeinsam mit Institutsleiterin Professor Dolores Schendel setzt er große Hoff-
43
Forschung aktuell –
Impfung gegen Nierenkrebs
tem besonders gut ankurbeln können“, erklärt Frankenberger. Tumorantigene sind spezifische Proteine, durch die sich Krebszellen
von gesunden Zellen unterscheiden. Eigentlich sollte das Immunsystem die Krebszellen
anhand dieser Antigene als entartet erkennen und vernichten können. Das Problem dabei: Die Tumoren haben verschiedene Mechanismen entwickelt, die ihnen helfen, den
Immunzellen zu entkommen.
So fehlen beispielsweise den RCC26-Zellen
bestimmte kostimulatorische Moleküle, die
notwendig sind, um eine Immunantwort auszulösen. Ohne diese Moleküle wandern zwar
Abwehrzellen - hauptsächlich zytotoxische
CD8-positive T-Zellen – zu den Tumorzellen
hin, dort werden sie aber abgeschaltet, anstatt zum Kampf gegen die Tumorzellen aktiviert zu werden.
Computertomographischer
Schnitt durch eine Niere mit
RCC-Nierenzellkarzinombefund
(Pfeile).
nungen auf die Immuntherapie, denn es gibt
Hinweise darauf, dass der Tumor prinzipiell
eine Immunantwort auslösen kann: Er wird
häufig von Abwehrzellen des Immunsystems
infiltriert, und bei etwa zwei Prozent der Patienten kommt es zu einer spontanen Rückbildung des Tumors. Die Aktivierung des Immunsystems mit Zytokinen wie Interferon-alpha und/oder Interleukin-2 als klassische
Immuntherapie kann manchmal zu partiellen
oder sogar kompletten Remissionen führen,
ist für die Patienten aber oft mit massiven
Nebenwirkungen verbunden.
Langzeitüberlebende im
Dienste der Forschung
Oft ist bei einer Krebserkrankung der Tumor nicht das alleinige Übel. Einzelne Tumorzellen breiten sich im Körper aus
und führen in anderen Organen
zu Metastasen. So finden sich
zum Zeitpunkt der Erstdiagnose
eines Nierenzellkarzinoms häufig schon Metastasen z.B. in
Knochen, Lunge oder Gehirn.
44
Die Wissenschaftler arbeiten deshalb an einer therapeutischen Vakzine, die das Immunsystem mit Hilfe von gentechnisch veränderten Tumorzellen stimulieren soll. Zur Impfung
verwenden sie Tumorzellen der Zelllinie
RCC26, die von einem Patienten stammt,
dessen Immunsystem den Tumor offensichtlich besonders gut bekämpfen konnte, da er
als „Langzeitüberlebender“ den Ausbruch
der Erkrankung um mehr als zehn Jahre überlebte. „Möglicherweise präsentieren diese
Tumorzellen immundominante Tumorantigene auf ihrer Oberfläche, die das Immunsys-
Um die Immunreaktion gegen die Tumorantigene zu verbessern, schleusten Prof. Schendel und ihre Mitarbeiter in Kooperation mit
Prof. Blankenstein und seiner Gruppe am
Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in Berlin deshalb sowohl das Gen für
das kostimulatorische Molekül B7.1 in
RCC26-Tumorzellen ein als auch Gene für bestimmte Zytokine (wie Interleukin-2 und -7),
die dafür sorgen sollen, dass sich tumorspezifische T-Zellen besser vermehren können
und eine lang anhaltende Immunreaktion
aufrechterhalten.
Präsentierteller für
Tumorantigene
Die eigentlichen Tumorantigene der Zelllinie
RCC26, die die T-Zellen auf den Tumor „abrichten“, können bei dieser Art der therapeutischen Impfung unbekannt bleiben, da sie
von der Tumorzelle selbst präsentiert werden. Glücklicherweise scheinen die von der
Zelllinie RCC26 präsentierten Tumorantigene
auch von Nierenzelltumoren anderer Patienten erkannt zu werden, da sie auch von T-Zellen anderer Patienten erkannt wurden. Allerdings erkennen T-Zellen tumorspezifische
Antigene nur, wenn die Tumorzelle sie ihnen
auf bestimmten Präsentierschalen, den
MHC-Molekülen, anbietet. RCC26-Zellen
Forschung aktuell –
Impfung gegen Nierenkrebs
präsentieren die Antigene auf einem MHCMolekül des Typs HLA-A2. Damit die Kommunikation zwischen Antigen-präsentierender
Tumorzelle und T-Zelle klappt, müssen die TZellen der Patienten so genannte HLA-A2restringierte Zellen sein, die dieses Molekül
zusammen mit einem Fragment der Tumorantigene erkennen.
Hier kommt den Forschern ein Zufall zugute:
„Glücklicherweise ist das HLA-A2-Molekül
bei etwa 50 Prozent der kaukasischen Bevölkerung exprimiert, so dass unsere genmodifizierte RCC26-Vakzine bei etwa der Hälfte
aller Patienten eingesetzt werden kann“, erklärt Frankenberger. Neben den zytotoxischen T-Zellen der adaptiven Immunabwehr
können RCC26-Zellen auch natürliche Killerzellen (NK) und nicht-MHC-restringierte (NKähnliche) T-Zellen des angeborenen Immunsystems aktivieren. NK-Zellen können veränderte oder körperfremde Zellen auch dann
erkennen, wenn diese ihre MHC-Moleküle
herunterregulieren. Deshalb sind sie für die
Eliminierung entarteter, körpereigener Zellen
ebenso wichtig. Die RCC26-Zellen besitzen
anscheinend eine natürliche Immunogenität,
so dass der Tumor von verschiedenen Effektorzellen des Immunsystems erkannt werden
kann.
Erste Schritte in die Klinik
In einer im letzten Jahr begonnenen klinischen Phase-I/II-Studie werden in der Urologischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität in Kooperation mit der Klinischen Kooperationsgruppe von Dr. Heike Pohla zwölf
Patienten mit der RCC26-Vakzine behandelt.
„Der Impfstoff zeigte bei diesen Patienten
bislang keine toxischen Nebenwirkungen.
Über einen Effekt der Impfung kann aber
noch keine endgültige Aussage getroffen
werden, da das begleitende Monitoring zu
dieser Studie noch läuft“, so Frankenberger.
Trotz der vergleichsweise guten immunogenen Eigenschaften der RCC26-Vakzine kann
die Impfung mit Tumorzellen auch Nachteile
haben, denn Tumorzellen sind generell eher
schwache Antigen-präsentierende Zellen, da
sie aufgrund häufig fehlender MHC-Klasse-
II-Moleküle oft keine CD4-positiven Helfer-TZellen ansprechen können. Deshalb verfolgen die Wissenschaftler parallel zur Impfung
mit gentechnisch veränderten RCC26-Zellen
einen weiteren Ansatz: „Professionelle Antigen-präsentierende Zellen wie z.B. dendritische Zellen (DC) können das Immunsystem
viel besser stimulieren: Sie induzieren sowohl CD8- als auch CD4-T-Zellen, sie tragen
kostimulatorische Moleküle auf ihrer Oberfläche und sie produzieren für das Immunsystem eher förderliche Stoffe“, erklärt Frankenberger. Daher sollen auch DC im Kampf gegen das Nierenzellkarzinom zum Einsatz
kommen. Anders als bei der Impfung mit
RCC26 ist es für die Entwicklung einer DC-basierten Vakzine allerdings von Vorteil, wenn
die RCC-assoziierten Tumorantigene bekannt
sind. Dann könnte ganz spezifisch die RNS,
die für diese Tumorantigene kodiert, in die DC
Um die Immunreaktion gegen
die Tumorantigene zu verbessern, schleusten Prof. Schendel
und ihre Mitarbeiter das Gen
für das kostimulatorische
Molekül B7.1 in RCC26-Tumorzellen ein sowie Gene für
bestimmte Zytokine (wie Interleukin-2 und -7). Sie sollen die
Vermehrung tumorspezifischer
T-Zellen stimulieren und damit
eine lang anhaltende Immunreaktion aufrechterhalten.
Schematische Darstellung der Regulation MHCrestringierter und nicht-MHC-restringierter T-Lymphozyten. Klassische zytotoxische T-Zellen erkennen über ihren spezifischen T-Zellrezeptor (TCR)
den auf Tumorzellen exprimierten HLA/Peptid-Komplex. Diese Interaktion ist Voraussetzung für die
Aktivierung dieser Killerzellen. Nicht-MHC-restringierte T-Zellen dagegen werden über MHC/PeptidKomplexe spiegelbildlich reguliert: Über die Bindung an inhibitorische Rezeptoren (KIR) werden
negative Signale induziert, die nicht-MHC-restringierte T-Zellen abschalten.
45
Forschung aktuell –
Impfung gegen Nierenkrebs
eingebracht werden. „Die DC produzieren die
von der RNS kodierten Antigene und präsentieren sie auf ihrer Oberfläche, wo sie im Idealfall von tumorspezifischen T-Zellen erkannt
werden. Dadurch kann eine Stimulation des
Immunsystems und eine spezifische Reaktion
auf den Tumor erfolgen“, so Frankenberger.
Neue Spürhunde im Einsatz
Wesentlich vorangetrieben wird dieser Therapieansatz durch große Fortschritte in den
Methoden, mit denen potenzielle tumorassoziierte Antigene (TAA) identifiziert werden
können: Welche Antigene von den Tumorzel-
len präsentiert werden, untersucht die Gruppe von Prof. Schendel in Zusammenarbeit mit
Laboratorien in Tübingen und in den USA, wo
die von den Tumorzellen auf HLA-A2 präsentierten Peptide isoliert und sequenziert werden. Differenzielle Transkriptom-Analysen,
bei denen die Transkriptmengen der potenziellen TAA in Tumorzellen und normalen Nierenzellen verglichen werden, helfen dabei,
überexprimierte tumorspezifische Antigene
zu entdecken, die in normalen Zellen nicht
oder nur in geringer Menge vorkommen. Die
Proben dazu erhielten die Wissenschaftler
vom GSF-Institut für Pathologie. „Unser Ziel
ist, möglichst viele tumorassoziierte Antige-
Nach guter handwerklicher Praxis – Das künftige
GMP-Labor der GSF
Kontakt
Iris Bigalke
GSF - Forschungszentrum
GMP-Labor
Am Klopferspitz 19
D-82152 Martinsried
Tel.: 0 89/70 07 68-20
iris.bigalke@gsf.de
46
Die Herstellung von mit RCC-Antigenen beladenen dendritischen Zellen (DC) wird innerhalb eines Sonderforschungsbereichs verfolgt. „Zurzeit testen wir die Herstellung und
Beladung der DC im Sinne höchsten Qualitätsmanagements nach „Good Manufacturing Practice“ (GMP), damit sie möglichst
schon 2007 in einer klinischen Studie eingesetzt werden können“ sagt Iris Bigalke, Leiterin des derzeit im Aufbau befindlichen neuen GMP-Labors der GSF. Ihre Aufgabe wird
es sein, mit ihrer Arbeitsgruppe die DC für
Alle Arzneimittel, die am Patienten eingeden Einsatz bei Patienten unter den Bedinsetzt werden sollen, müssen in einer Umgegungen der GMP zu generieren: Alle Arzneibung hergestellt werden, die frei von baktemittel, die am Patienten eingesetzt werden
riellen Kontaminationen und Partikeln ist.
Mit ihrer Arbeitsgruppe stellt Iris Bigalke,
sollen, unterliegen strengen gesetzlichen
Leiterin des im Aufbau befindlichen GMPAuflagen. Da Zelltherapeutika sterile ProdukLabors der GSF Zelltherapeutika zukünftig
te sind, müssen sie unter Reinraumbedinunter solchen Reinraumbedingungen her. Ein
gungen, das heißt in einer Umgebung hergeÜberdrucksystem sorgt dafür, dass keine
stellt werden, die frei von bakteriellen Konkontaminierte Luft von außen eindringen
kann.
taminationen und Partikeln ist. Ein Überdrucksystem sorgt dafür, dass keine
kontaminierte Luft in die Reinräume von außen eindringen kann. Seit zwei Jahren wird bei der
GSF eine solche Reinraumanlage zur Herstellung von Zellpräparaten auf die Inbetriebnahme
vorbereitet.
Die Herstellungsprotokolle und die entsprechenden Standard-Arbeitsanweisungen für die DC
werden parallel hierzu in einem Vorbereitungslabor entwickelt. Bevor eine Labormethode in die
Praxis der GMP umgesetzt werden kann, vergehen oft ein bis zwei Jahre, da nicht alle Methoden bzw. Reagenzien, die in der Forschung eingesetzt werden, auch für eine GMP-Produktion
geeignet sind. Für eine therapeutische Anwendung sind außerdem wesentlich größere Zellzahlen erforderlich als für wissenschaftliche Ansätze, so dass zum Teil eine nahezu neue Etablierung von bereits bestehenden Methoden mit anderen Reagenzien oder Geräten erforderlich
wird. Hinzu kommen eine aufwändige Dokumentation und Qualitätskontrolle.
Forschung aktuell –
Impfung gegen Nierenkrebs
Parallel zur Impfung mit gentechnisch veränderten
RCC26-Zellen verfolgen die
GSF-Immunologen im Kampf
gegen das Nierenzellkarzinom einen weiteren aktuellen Ansatz: Sie verwenden
dendritische Zellen aus dem
Blut der Patienten, die durch
effektive Antigen-Präsentation eine wichtige Funktion
in der Immunabwehr
erfüllen.
ne zu finden und in Form von RNS in die DC
einzubringen, um dem Immunsystem viele
verschiedene Angriffspunkte gegen den Tumor zu bieten“, erklärt Frankenberger.
Dieselben Antigene können auch für die
Erfolgskontrolle nach einer Impfung des Patienten verwendet werden: Schlägt die Impfung an, müssen sich im Blut des Patienten
antigenspezifische zytotoxische T-Zellen befinden, die bei Kontakt mit den entsprechenden Antigenen zur Vermehrung angeregt
werden und immunologische Botenstoffe
produzieren.
„Als drittes Standbein bei der Immuntherapie
von Nierenzellkarzinomen wollen wir an unserem Institut in naher Zukunft auch eine
Therapie mit tumorspezifischen transgenen
T-Zellen entwickeln“, erläutert Frankenberger. Die Wissenschaftler bringen auf gentechnischem Wege tumorspezifische Rezeptoren in T-Zellen ein, die dann – ähnlich wie
bei einer passiven Immunisierung mit Antikörpern – ganz spezifisch vereinzelte Tumorzellen im Blut des Patienten bzw. Mikrometastasen aufspüren und bekämpfen.
Neuer Sonderforschungsbereich für die
Immunitätsforschung
Grundlegende Arbeiten von Prof. Kolb hatten gezeigt, dass eine Infusion von Spender-Lymphozyten nach Knochenmarktransplantation die Eliminierung von Leukämiezellen herbeiführen
kann, dass dies auf eine T-Zell-vermittelte Immunität zurückzuführen ist und dass das Immunsystem also die Fähigkeit besitzt, Krebs zu heilen. Ausgehend von dieser Entdeckung ist jüngst
ein neuer Transregio-Sonderforschungsbereich zwischen zwei Helmholtz-Zentren - der GSF und
dem Max-Delbrück-Centrum in Berlin, den beiden Münchener Universitäten, der Humboldt-Universität Berlin sowie der Berliner Charité etabliert worden.
Ziel der Arbeiten ist es, die Grundlagen der durch spezifische T-Lymphozyten vermittelten
Immunität zu verstehen sowie neue Formen der Therapie maligner Erkrankungen und chronischer Infektionen durch Übertragung solcher T-Zellen in den Patienten zu entwickeln.
Kontakt
Dr. Bernhard Frankenberger
GSF-Institut für Molekulare
Immunologie
Tel. 0 89/70 99-3 62
b.frankenberger@gsf.de
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Forschung aktuell –
Eingriff in die
DNA-Verpackung
DNA-Verpackung –
Ein neuer Ansatzpunkt zur Krebstherapie
Die Therapie von Krebserkrankungen ist eine der großen Herausforderungen für die moderne Wissenschaft. Es gilt, die Ursachen der Tumorbildung zu verstehen und Methoden zu entwickeln, die es erlauben, entartete Zellen wieder in ihre gesunden Vorläufer zurückzubilden oder sie
selektiv abzutöten. In den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass die
Verpackung der Erbsubstanz DNA im Chromatin eine zentrale Rolle im
Krebsgeschehen spielt. Wissenschaftler am GSF-Institut für Toxikologie
untersuchen eine Klasse von Enzymen – die Histon-Deacetylasen –, die
die Verpackung der DNA maßgeblich beeinflussen und somit einen
potenziellen Angriffspunkt für eine Krebstherapie darstellen.
48
Forschung aktuell –
Eingriff in die
DNA-Verpackung
eit über 30 Jahren ist ein Medikament
auf dem Markt, mit dem Patienten, die
an Epilepsie erkrankt sind, erfolgreich
behandelt werden können. Es ist die Valproinsäure, ein kleines organisches Molekül,
das bei über 60 Prozent der Patienten zu einer
dauerhaften Anfallsfreiheit führt. Valproinsäure ist gut verträglich und arm an Nebenwirkungen, allerdings mit einer markanten
Ausnahme: Die Substanz ist teratogen, das
heißt ihre Einnahme während der Schwangerschaft kann zu einer schweren Schädigung des Embryos führen. Der Rückenmarkskanal des Embryos wird nicht korrekt geschlossen und der Schädel entwickelt sich
unproportional.
S
Lange war unklar, weshalb Valproinsäure eine solch fatale Wirkung auf die Embryonalentwicklung hat, im erwachsenen Organismus aber keine gravierenden Schädigungen hervorruft. Gemeinsam mit seinen
damaligen Kollegen am Forschungszentrum
Karlsruhe und am Georg-Speyer-Haus in
Frankfurt/Main hat der Toxikologe Prof. Dr.
Martin Göttlicher die molekularbiologischen
Vorgänge untersucht, die der teratogenen
Wirkung von Valproinsäure zugrunde liegen.
Die Ergebnisse dieser Arbeiten erregten viel
Aufsehen. Die Wissenschaftler fanden nämlich nicht nur die Erklärung dafür, wie die
Substanz in die Embryonalentwicklung eingreift, sie zeigten zugleich Möglichkeiten
auf, wie mit diesem Wirkstoff bestimmte Formen von Krebs behandelt werden könnten.
Die Verpackung macht‘s
„Unsere damaligen Untersuchungen ergaben, dass Valproinsäure die Verpackungsdichte der Erbsubstanz DNA verändert und
dadurch eine verstärkte Aktivität einer Vielzahl von Genen möglich wird“, erläutert Göttlicher, der seit 2003 das GSF-Institut für Toxikologie leitet und den Lehrstuhl für Toxikologie an der Technischen Universität München
innehat. „In der Embryonalentwicklung verursacht diese erhöhte Genexpression Fehlbildungen, bei bestimmten Krebserkrankungen
scheint sich die Aktivierung von Genen jedoch vorteilhaft auszuwirken: Tumorzellen
werden im Wachstum gehemmt oder sie
sterben durch Induktion des programmierten
Zelltodes ab.“
DNA-Moleküle liegen im Zellkern – zusammen mit einer Reihe von Proteinen – in einer
hoch organisierten Struktur vor, dem Chromatin. In der ersten Verpackungsstufe wird die
DNA-Doppelhelix in so genannte Nukleosomen gepackt: Jeweils etwa 200 Basenpaare
der DNA sind um einen Kern aus acht Proteinen, den Histonen, gewunden. Aufgrund ihrer Aminosäurezusammensetzung sind die
Histon-Proteine positiv geladen, allerdings
können sie durch Enzyme so modifiziert werden, dass sich ihre Gesamtladung ändert. So
bewirkt eine bestimmte Enzymklasse – die
der Histon-Acetyltransferasen –, dass Acetyl-Gruppen angeheftet werden und dadurch
die Eigenladung der Histone neutralisiert
wird. Eine andere Klasse von Enzymen – die
Histon-Deacetylasen – können diese AcetylGruppen wieder entfernen und damit die positive Eigenladung der Histone wieder freilegen. Da die Bausteine der DNA – die Nukleotide – negativ geladen sind, hat der
Ladungszustand der Histone einen erheblichen Einfluss auf die Packungsdichte der
DNA im Chromatin und somit auch auf die
Zugänglichkeit der darauf lokalisierten Gene
für die Transkriptionsmaschinerie. Mit anderen Worten: Gene in einer locker gepackten
DNA auf acetylierten Histonen sind aktiver
als Gene in einer dicht gepackten DNA auf
nicht-acetylierten Histonen.
Valproinsäure, ein erfolgreich eingesetztes Epilepsiemedikament, zeigt teratogene
Wirkung: Die Einnahme während der Schwangerschaft
kann zu schweren Schädigungen des Embryos führen,
der Rückenmarkskanal wird
nicht korrekt geschlossen.
Die zwei Seiten des Wirkstoffs bildeten den Ausgangspunkt für die bahnbrechenden Arbeiten von Prof. Göttlicher und seinen Kollegen.
Im Bild: Mäuseskelette (li:
gesund, re: Fruchtschädigung
nach Behandlung mit Valproinsäure).
Fotos: Prof. Dr. H. Nau,
Dr. K. Hoffmann, Tierärztliche
Hochschule Hannover
49
Forschung aktuell –
Eingriff in die
DNA-Verpackung
Die Verpackung der DNA im
Chromatin. Etwa 200 Nukleotide sind pro Nukleosom um
einen Kern (grünblau) von acht
Histonproteinen gewunden. Die
Histone können enzymatisch
durch Ubiquitin, Phosphat-,
Methyl- und Acetyl-Reste modifiziert sein. Dadurch ändert
sich die Verpackungsdichte der
DNA im Chromatin.
Göttlicher und Kollegen konnten in
ihren früheren Arbeiten zeigen,
dass das Anti-Epileptikum Valproinsäure die Aktivität der
Histon-Deacetylase-Enzyme
hemmt. Die Acetyl-Gruppen können daher nicht
mehr von den Histonen
entfernt werden, die
Histone liegen ungeladen vor, das Chromatin ist weniger dicht
gepackt, und viele
Gene, deren Kontrolle von der Histon-Acetylierung abhängt,
sind folglich aktiver. In der
Embryonalentwicklung, die durch ein empfindliches Gleichgewicht von aktiven und passiven Genen charakterisiert ist, führt diese
‚ungeplante‘ Genaktivierung zu Fehlbildungen von Neuralrohr und Schädel. Der erwachsene Organismus kann die Hemmung
der Histon-Deacetylasen in gewissen Grenzen offensichtlich besser ausgleichen als der
Embryo.
Genaktivierung zur Kontrolle
von Krebszellen
Die durch Hemmung von Histon-Deacetylasen verursachte Genaktivierung könnte – so
spekulierten die Wissenschaftler – aber auch
ein vielversprechendes Konzept zur Therapie
von bestimmten Tumorerkrankungen darstellen.
Kleines Molekül mit großer Wirkung: Valproinsäure
50
Zellkernproteine von menschlichen Kulturzellen
nach gelelektrophoretischer Auftrennung.
Linke Spur: Größenstandards; mittlere Spur: Leicht
lösliche Zellkernproteine; rechte Spur: Schwerlösliche Zellkernproteine. Die vier prominenten Banden im unteren Bereich der schwerlöslichen Proteine sind die Histon-Proteine H2A, H2B, H3 und
H4, die den inneren Kern der Nukleosomen bilden.
In allen Körperzellen kontrolliert ein hochkomplexes Programm, welche Gene wann
an- beziehungsweise abgeschaltet sein müssen. Dieses Programm ist jedoch störanfällig.
Umwelteinflüsse oder Fehler im Erbgut können bewirken, dass Gene abgeschaltet werden, obwohl ihre Expression eigentlich wichtig ist – zum Beispiel um die Zelle vor unkontrolliertem Wachstum zu schützen, sich
entsprechend ihrer Bestimmung zu differenzieren oder den programmierten Zelltod auszulösen. Sind solche Gene fälschlicherweise
ausgeschaltet, kann sich aus einer gesunden
Körperzelle eine Krebszelle entwickeln, die
sich unter Umständen ungehindert vermehrt.
Aus der Tumorforschung war bekannt, dass
in vielen Arten von Krebszellen die Modifikation des Chromatins gestört und daher die Expression zahlreicher Gene fehlreguliert ist.
Forschung aktuell –
Eingriff in die
DNA-Verpackung
Beispielsweise ist in bestimmten Leukämiezellen die Maschinerie für die Acetylierung
beziehungsweise Deacetylierung von Histonen defekt – es wird offensichtlich zu viel
Histon-Deacetylase-Aktivität an bestimmte
Gene gebunden. Dadurch wird die Chromatinstruktur derart verändert, dass wichtige
regulatorische Gene ‚stumm‘ bleiben.
Für die Therapie von solchen Tumorerkrankungen wäre es ideal, wenn Veränderungen
des Chromatins, die bedingt durch HistonDeacetylasen zu einer irregulären Stummschaltung von Genen führen, rückgängig gemacht werden könnten. Es existieren eine
ganze Reihe von natürlichen und synthetischen Substanzen, die diese Enzyme hemmen können, darunter eben auch die Valproinsäure. Ihr besonderer Vorteil als Therapeutikum wäre, dass sie schon lange als
Medikament zugelassen ist und – wenn auch
für eine andere Anwendung – umfangreiche
Erfahrungen über Wirkungen und Nebenwirkungen vorliegen.
Die Wissenschaftler prüften die AntitumorWirksamkeit von Valproinsäure zunächst an
Tiermodellen für Brust- und Darmkrebs, an
Karzinom-Zellkulturen und an menschlichen
Leukämiezellen. Die Ergebnisse waren äußerst vielversprechend: Viele Tumorzellen bildeten sich zurück, redifferenzierten sich zu
normalen Zellen oder wurden durch den programmierten Zelltod eliminiert. Allerdings
gab es auch Krebszellen, die nicht auf die
Hemmung von Histon-Deacetylasen reagierten.
Viel versprechender Baustein
für die Therapie
Mittlerweile haben auch Partner in der Klinik
Studien mit Valproinsäure als Antitumor-Medikament auf den Weg gebracht. Am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt/Main läuft eine Phase I/II-Studie zur Dosisfindung und
Verträglichkeit und an der Universität Ulm
untersucht die AML-Studiengruppe (AMLSG)
in einer Phase II- und Phase III-Studie an Patienten mit akuter myeloischer Leukämie,
welche Wirksamkeit Valproinsäure in Kombination mit konventionellen und anderen inno-
vativen AntitumorMedikamenten hat.
Zum gegenwärtigen
Zeitpunkt sehen die
Studienergebnisse
ermutigend aus, und
es ist zu hoffen, dass
sich Valproinsäure
als ein Baustein in
der Kombinationstherapie bestimmter
Leukämien etablieren
wird.
Solide Tumoren
In einer Kooperation mit dem Forschungszentrum Karlsruhe fanden Göttlicher und seine
Mitarbeiter vom GSF-Institut für Toxikologie
kürzlich auch einen Zusammenhang zwischen einer Fehlfunktion von Histon-Deacetylasen und der Entstehung von soliden Dickdarm-Tumoren. Solche Tumoren entwickeln
sich häufig auf der Basis eines Defektes im
so genannten APC- (adenomatosis polyposis
coli) Tumorsuppressor-Gen. Der Ausfall dieses Gens führt unter anderem dazu, dass verstärkt eine bestimmte Histon-Deacetylase,
die HDAC-2, gebildet wird. Offensichtlich haben erhöhte HDAC-2-Mengen eine große Bedeutung für das weitere Schicksal der Krebszellen. An isolierten Dickdarm-Tumorzellen
wurde nämlich beobachtet, dass sie nur dann
überleben können, wenn erhöhte Mengen an
HDAC-2 vorhanden sind. Aktuelle Forschungsarbeiten gehen der Frage nach, warum eine Hemmung von Histon-Deacetylasen
zum Tod dieser Tumorzellen führt. Die genomweite Suche nach Genen, die durch Hemmung von Histon-Deacetylasen in DickdarmTumorzellen aktiviert werden, zeigt, dass offensichtlich die Balance zwischen Induktoren
und Inhibitoren des programmierten Zelltodes maßgeblich durch die Histon-Deacetylase-Aktivität gesteuert wird. Ferner hängen
auch Komponenten, die an der Erkennung der
Tumorzellen durch das Immunsystem beteiligt sind, von der Aktivität der Histon-Deacetylasen ab.
Bereits seit über 30 Jahren wird Valproinsäure
erfolgreich bei der
Behandlung von Epilepsie eingesetzt. Prof. Dr.
Martin Göttlicher, heute
Leiter des GSF-Instituts
für Toxikologie, hat
zusammen mit Kollegen
entdeckt, dass Valproinsäure auch Wirkung
gegen Tumorzellen zeigt.
Mittlerweile laufen dazu
ermutigende Phase I-, IIund III-Studien an
Patienten mit akuter
myeloischer Leukämie.
Das verstärkte Auftreten der Histon-Deacetylase HDAC-2 in Dickdarm-Tumoren wirft die
51
Forschung aktuell –
Eingriff in die
DNA-Verpackung
Dickdarm
normal
Karzinom
Immunfluoreszenz HDAC2
Die Expression von Histon-Deacetylase 2 (HDAC2) in Normalund Tumorgewebe bei einem
Patienten mit Dickdarmkarzinom. Das Enzym wurde durch
Immunfluoreszenz mit HDAC2spezifischen Antikörpern sichtbar gemacht. In Tumorgeweben
wird HDAC2 deutlich stärker
exprimiert als in gesundem
Gewebe.
Kontakt
Prof. Dr. Martin Göttlicher
GSF-Institut für Toxikologie
Tel.: 0 89/31 87-24 46
goettlicher@gsf.de
52
Frage auf, ob dieses Enzym einen entscheidenden Beitrag zur Tumorentstehung leistet
und ob sich ohne HDAC-2 überhaupt Tumoren
bilden können. Die Verfügbarkeit von genetisch veränderten Mäusen erlaubt es nun,
dieser Frage mit Hilfe von Maus-Tumormodellen nachzugehen.
Im Hinblick auf eine in der Zukunft eventuell
mögliche Hemmung von HDAC-2 zu therapeutischen Zwecken ist es wichtig, dass der
Gesamtorganismus diese Hemmung des Enzyms in gewissem Umfang tolerieren kann.
Hier geben die genetisch veränderten Mäuse
schon jetzt wichtige Hinweise: Sie sind nämlich trotz Fehlens von HDAC-2 lebensfähig.
Zwar sind sie von Geburt an kleiner als ihre
nicht veränderten Geschwister und durchlaufen auch die Embryonalentwicklung nicht
ganz ohne Fehler, dennoch geben diese Analysen Anlass zur Hoffnung, dass eine Hemmung von HDAC-2 im erwachsenen Organismus, der einen Tumor entwickelt hat, keine gravierenden Schädigungen nach sich
zieht. Die Bildung von Darmtumoren ist in
Mäusen ohne HDAC-2 vermindert, auch
wenn sie – bis zum Stadium von gutartigen
Polypen – nicht ganz ausbleibt. Offen ist die
Frage, inwieweit die Weiterentwicklung solcher Adenome hin zum bösartigen Karzinom
durch das Fehlen von HDAC-2 beeinflusst
wird, und ob es eine lohnende Perspektive
ist, selektiv wirkende Hemmstoffe für die
HDAC-2 zu entwickeln.
In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München und dem Klinikum rechts
der Isar werden die in der Grundlagenforschung entwickelten Konzepte durch Studien
an Tumorpatienten überprüft. Die Wissenschaftler untersuchen an Proben von
menschlichen Dickdarm-Tumoren, ob sich die
Vorhersagen aus Zellkultur- und Mausexperimenten bestätigen lassen und tatsächlich ein
Zusammenhang zwischen erhöhten HistonDeacetylase-Mengen und der Reduktion bestimmter Wachstumsbremsen und Auslösern
von Zelltod besteht. Sie erwarten, dass diese
Untersuchungen Indikatoren für diejenigen
Tumoren liefern, die auf eine Behandlung mit
Hemmstoffen für Histon-Deacetylasen ansprechen. Die Arbeiten werden durch die
Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 456
„Zielstrukturen für selektive Tumorinterventionen“ gefördert.
Mit Krebspreis geehrt
Im März 2006 wurden Prof. Martin Göttlicher und Prof. Thorsten Heinzel, früherer
Mitarbeiter am Georg-Speyer-Haus in
Frankfurt am Main, jetzt Universität Jena,
mit dem experimentellen Krebspreis 2006
der Deutschen Krebsgesellschaft ausgezeichnet. In der Begründung heißt es unter
anderem: ‚Die Arbeiten der Preisträger
haben dazu geführt, dass ein grundlegender Mechanismus der Krebsentstehung
besser verstanden wurde und – basierend
auf diesen Erkenntnissen – (...) in absehbarer Zeit ein neues Krebsmedikament
zugelassen werden wird.‘
Forschung aktuell –
Strahlenreduzierung in der
Computertomographie
Bilder besser berechnen –
Strahlenreduzierung in der Computertomographie
Ob gebrochenes Bein, schmerzende Zahnwurzel, Verdacht auf Brustkrebs oder Lungenentzündung - der Arzt röntgt. Die energiereichen Strahlen sind heute aus dem medizinischen Alltag nicht mehr wegzudenken.
Knapp 40 Prozent der medizinischen Strahlenbelastung stammen aus
computertomographischen Untersuchungen und die Anzahl der CT-Aufnahmen wird in Zukunft weiter steigen - damit verbunden auch die Strahlenexposition. Wissenschaftler im GSF – Institut für Strahlenschutz haben
ein neues Verfahren entwickelt, das mit deutlich geringerer Strahlendosis
Aufnahmen hoher Qualität liefert.
m Jahr 2001 hat jeder Bundesbürger, so
wird geschätzt, im Durchschnitt bei medizinischen Untersuchungen eine mittlere
effektive Röntgendosis von etwa zwei MilliSievert (mSv) erhalten. Bei einer mittleren
Gesamtexposition von 4,7 mSv ist das Rönt-
I
gen damit für den größten Teil der Strahlenbelastung verantwortlich. Nach Angaben des
Bundesamts für Strahlenschutz stammen
knapp 40 Prozent der zwei mSv aus computertomographischen (CT-) Untersuchungen,
die allerdings nur rund fünf Prozent aller
53
Forschung aktuell –
Strahlenreduzierung in der
Computertomographie
Bei der Computertomographie
werden Bilder von scheibenförmigen Schichten des Körpers
aufgenommen. Zusammengesetzt liefern sie dem Arzt ein
genaues Abbild des Körperinneren. Die vor wenigen Jahren
eingeführte Mehrschicht-CT
ermöglicht es, mehrere aneinander angrenzende Schichten
des Körpers gleichzeitig zu
betrachten.
Röntgenuntersuchungen ausmachen. Bei der
Computertomographie werden Bilder von
scheibenförmigen Schichten des Körpers
aufgenommen. Zusammengesetzt liefern sie
dem Arzt ein genaues Abbild des Körperinneren. Die CT ist stetig auf dem Vormarsch, zumal neue Verfahren sie immer leistungsfähiger machen: Mehr Aufnahmen in kürzerer
Zeit, mehr diagnostische Möglichkeiten. So
erlaubt die vor wenigen Jahren eingeführte
Mehrschicht-CT, mehrere aneinander angrenzende Schichten des Körpers gleichzeitig
zu betrachten. Die Anzahl der CT-Aufnahmen
wird also in Zukunft weiter steigen.
Nachteilig wirkt sich aus, dass die CT eine
vergleichsweise hohe Strahlenbelastung mit
sich bringt: Anders als beim klassischen
Röntgen können nicht interessierende Körperregionen schlechter abgeschirmt werden,
sämtliche in Abtastrichtung liegenden Körperanteile werden bestrahlt; zudem ist die
Strahlendosis am Eintrittspunkt in den Körper
etwas höher. Aufnahmen von ein bis zwei CTSchichten bedeuten eine ähnliche Strahlenbelastung wie eine konventionelle Großaufnahme der gleichen Körperregion.
Technische Verbesserungen konnten die Dosis pro CT bisher um maximal 30 Prozent senken. Mit einer weiteren Minderung der
Strahlendosis würde aber, vor allem bedingt
54
durch erhöhtes Bildrauschen, die Bildqualität
leiden. Einen Weg zu finden, trotz geringerer
Dosis Aufnahmen hoher Qualität zu erzeugen, ist Ziel der GSF-Arbeitsgruppe Medizinphysik. Ihr Vorgehen fasst der Leiter der Arbeitsgruppe, Dr. Christoph Hoeschen, zusammen: „Wir wenden für die notwendige
Rekonstruktion der Bilder aus CT-Daten einen
neuartigen Algorithmus an, der die in den
Rohdaten steckende Information besser ausnutzt.“ Damit können die Wissenschaftler
aus der Hälfte der Daten - entsprechend einer halbierten Strahlenbelastung - bei vergleichbarem Rechenaufwand mindestens
gleich gute Bilder rekonstruieren wie mit
dem bisherigen Standardverfahren, der „Filtered Back Projection“ (FBP). Auf Basis des
neuen Algorithmus haben sie zudem verschiedene neue Aufnahmegeometrien entwickelt, die helfen könnten, ohne Qualitätsverlust die Dosis weiter zu senken.
Forschung aktuell –
Strahlenreduzierung in der
Computertomographie
Bisheriger Standard
Der Algorithmus der FBP besteht aus zwei
Hauptschritten: der Rückprojektion und einer
Filterung. „Die Daten werden aus verschiedenen Winkeln als Projektionsradiographien
aufgenommen. Zur Vereinfachung nehmen
wir an, die zu einem Winkel gehörenden
Strahlen würden parallel verlaufen“, erläutert Hoeschen. „Dann bildet der gesamte Datensatz ein so genanntes Sinogramm. Anschließend projizieren wir das Ergebnis zurück: Wir weisen allen Elementen, die auf der
jeweiligen Projektionslinie liegen, einen Absorptionswert zu, so dass sich insgesamt der
gemessene Absorptionswert ergäbe. Tun wir
dies für alle Projektionsradiographien, so erhalten wir eine Annäherung an das ursprüngliche Bild.“ Aus je mehr Winkeln man die
Strahlen „abschießt“, je mehr Projektionsradiographien man also anfertigt, desto besser
wird das Bild. Allerdings hat es die Form eines Sterns. Die Filterung macht daraus wieder eine Scheibe, bringt dabei jedoch eine
gewisse Unschärfe ins Bild. Um diese gering
zu halten, muss man möglichst hoch auflösend messen, und zwar - damit nun das Bildrauschen nicht zu groß wird - mit photonenreichen Strahlen. Sprich: Man muss eine hohe Strahlenbelastung in Kauf nehmen.
Gemeinsam mit Kollegen von der Universität
Oregon in Eugene, USA, haben die GSF-Wissenschaftler einen neuartigen Rekonstruktionsalgorithmus geschaffen, der aus den
Rohdaten eines CT-Scans Bilddaten errechnen kann.
Neu: Der Algorithmus OPED
Sein Prinzip, eine „orthogonale polynomiale
Erweiterung auf der Einheitsscheibe“ (Orthogonal Polynomial Expansion on the Disc,
OPED), ist für Nicht-Physiker nicht leicht
nachzuvollziehen. Das Prinzip beruht darauf,
dass sich eine Funktion, die das Objekt beschreibt, näherungsweise durch ein Polynom
wiedergeben lässt. Durch geschickte Auswahl der benötigten Basisfunktionen schaffen es die Experten, mit relativ geringem Rechenaufwand und auf einfache Weise aus
Rohdaten eines CT-Scans eine äußerst genaue Näherung der tatsächlichen Eigenschaften des Objekts zu rekonstruieren. Voraussetzung ist eine korrekte Datenaufnahme
- für das CT bedeutet das: Es müssen genügend Photonen durch das absorbierende Medium hindurchgelangen, damit messbare Signale entstehen.
Für die Rekonstruktion von Bildern aus CT-Daten wenden die
Wissenschaftler des GSF-Instituts für Strahlenschutz nun
einen neuartigen Algorithmus
an, der die in den Rohdaten
steckende Information besser
ausnutzt. Damit können sie aus
der Hälfte der Daten - entsprechend einer halbierten Strahlenbelastung - bei vergleichbarem Rechenaufwand mindestens gleich gute Bilder rekonstruieren wie mit bisherigen
Standardverfahren.
55
Forschung aktuell –
Strahlenreduzierung in der
Computertomographie
a)
b)
c)
diese Bilder vermitteln den Eindruck, dass
OPED sehr gut abschneidet - das OPED-Bild
gibt Details schärfer wieder, ohne ein deutlich verstärktes Rauschen zu zeigen. Quantitative Auswertungen technischer Phantome
zeigen: Mit OPED ist bei halber Dosis mindestens dasselbe Signal-Rauschverhältnis
erreichbar wie mit FBP bei voller Dosis. Mit
Hilfe des neuen Algorithmus lässt sich also
die Dosis ohne jegliche Qualitätseinbuße um
die Hälfte reduzieren.
Vorteilhafte Geometrien
f)
d)
e)
Bildentstehung im Computertomogramm mit Filtered Back
Projection: a) Objekt, b) Projektion, c) Sinogramm (Darstellung
aus allen Projektionen), d) eine
Rückprojektion, e) Summe
vieler Rückprojektionen und f)
gefiltertes Ergebnisbild.
Bei Rekonstruktion mittels FBP gibt es neben
dem Problem der Unschärfe, die das notwendige Filtern hervorruft, eine weitere Schwierigkeit: Die nicht parallel, sondern fächerförmig verlaufenden Strahlen. Da die meisten
gängigen FBP-Versionen aber parallele
Strahlen zwingend erfordern, müssen diese
aus dem Strahlenfächer berechnet werden,
was zu Fehlern in der Rekonstruktion führen
kann. Mit dem OPED-Algorithmus lassen sich
Rohdaten aus Strahlen mit unterschiedlichem Abstand verwenden: Man kann die benötigten Daten direkt aus den mit gefächerten Strahlen aufgenommenen Scans gewinnen. Die Daten müssen nur umsortiert
werden, dann kann die Rekonstruktion sofort
beginnen.
Bessere Bilder bei halber
Strahlendosis
Dass OPED den Vergleich mit FBP nicht
scheuen muss, beweisen die GSF-Wissenschaftler in Testsimulationen: Anhand von
technischen Objekten und Schichten der von
ihnen selbst erstellten Voxelmodelle
menschlicher Körper simulieren sie Ursprungsdaten, wie sie ein tatsächliches CT
liefern würde. Diese Daten werden dann einmal mit FBP und einmal mit OPED aus der
Hälfte der FBP-Daten rekonstruiert. Bereits
56
Ein Ziel in der medizinischen Bildgebung ist
es, immer mehr Schichten des Körpers
gleichzeitig aufzunehmen, um durch Bewegungen hervorgerufene Artefakte klein zu
halten, beispielsweise bei Untersuchungen
des Herzens. Dazu wäre es wünschenswert,
die CT mit modernen digitalen Röntgenbilddetektoren zu kombinieren, so genannten
Flächendetektoren. Dabei ergeben sich allerdings vor allem zwei gravierende Probleme.
Das eine hängt damit zusammen, dass die
Detektorelemente nicht mehr auf einem
Kreis angeordnet sind, sondern in einer ebenen Fläche; eigentlich müssten sie deshalb
unterschiedlich groß sein - nach außen zu
größer werdend. Denn fällt beim herkömmlichen Verfahren der gefächerte Strahl, nachdem er den Patienten durchdrungen hat, auf
gleich große, kreisförmig angeordnete Detektorelemente, sind alle dort ankommenden
Teilstrahlen gleich breit. Beim Flächendetektor dagegen ergeben sich unterschiedlich
breite Teilstrahlen. „Das bringt eine Menge
Probleme ein,“ sagt Hoeschen. „Doch die
können wir lösen, weil OPED nicht auf gleich
breite Strahlen angewiesen ist - insbesondere, weil ja die Strahlen nicht im gleichen Abstand voneinander angeordnet sein müssen.
Wir variieren also ihren Abstand und damit
auch ihre Breite. Wenn man das geschickt
macht, kann man es so einrichten, dass nach
dem Gang durch den Patienten doch wieder
gleich breite Strahlen auf den Detektor treffen - der damit optimal ausgenutzt wird.“
Die zweite Schwierigkeit ist, dass beim Flächen-CT ein großer Teil der Körperoberfläche
des Patienten bestrahlt wird. Dabei entsteht
Forschung aktuell –
Strahlenreduzierung in der
Computertomographie
viel Streustrahlung, die das eigentliche
Messsignal überlagert. Während beim herkömmlichen CT die Streustrahlung ein Viertel
des Direktstrahls ausmacht, ist sie beim Flächen-CT viermal so groß wie dieser. „Wir haben also quasi ein Streustrahlbild. Aber auch
das bekommen wir in den Griff, und zwar mit
Hilfe von Masken, die nicht benötigte Strahlen ausblenden. So lässt sich der Anteil der
Streustrahlung drastisch reduzieren“, so
Hoeschen.
Positionen einer Röntgenquelle (= schwarze Punkte), von denen fächerförmig Strahlen ausgehen.
Die weißen Punkte sind Detektoren. Das Neusortieren der Strahlen (rote Linien) ergibt parallele,
allerdings nicht äquidistante, Punkte.
Noch einen weiteren Nachteil heutiger CTAufnahmesysteme könnte OPED ausgleichen
- indem man den Algorithmus mit einer gänzlich neuen Aufnahmegeometrie koppelt. Im
Sinne möglichst kurzer Aufnahmezeiten
strahlen die CT-Röhren nämlich nicht nur, solange die Detektoren auslesen, sondern im
Allgemeinen durchgängig. Da für OPED weniger Strahlen ausreichen und insbesondere
Strahlen mit variablem Abstand, könnte man
in ein vorhandenes CT-System einen inneren
festen Ring einbauen, der zwei Funktionen
ausübt: Er ist Maske und zugleich Detektor für eine zweite Aufnahmeebene.
Damit stünden zwei Datensätze
für Rekonstruktionen zur Verfügung. Zudem würde sämtliche den Patienten treffende
Strahlung zur Bildgebung
verwendet, was erlauben
würde, die Dosis ohne
Qualitätsverlust weiter
entscheidend zu vermindern. Ein entsprechender
Prototyp wird zurzeit von
den GSF-Wissenschaftlern
aufgebaut.
Noch hat das neue Verfahren
OPED den Sprung in die kommerzielle Anwendung vor sich. Doch entsprechende Tests sind angelaufen und bisher
deutet vieles darauf hin, dass OPED die Evaluierungsphase erfolgreich bestehen wird.
So ist zu hoffen, dass schon in absehbarer Zukunft eine schonendere Computertomographie in die Arztpraxen und Kliniken Einzug
halten kann.
Das an der GSF entwickelte
Voxelmodell GODWIN
beruht auf Standardwerten
und repräsentiert einen
Durchschnittsmenschen. Die
Internationale Strahlenschutzkommission hat Godwin zum zukünftigen Referenzmenschen gewählt, um
Dosisabschätzungen vornehmen zu können. Im Bild:
Eine rekonstruierte Schicht
aus dem Voxelmodell GODWIN: a) Rekonstruktion
mittels Standardverfahren
(Filtered Back Protection,
FBP); b) Rekonstruktion
mittels neuem Algorithmus
(OPED), aus der Hälfte der
FBP-Daten.
Kontakt
Dr. Christoph Hoeschen
GSF-Institut für Strahlenschutz
Tel.: 0 89/31 87-45 60
christoph.hoeschen@gsf.de
57
Glossar
Glossar
Allergie
spezifische Änderung der Immunitätslage im Sinne einer krankmachenden Überempfindlichkeit.
Allergien richten sich gegen
Fremdstoffe (Allergene), die auf
den Körper einwirken.
allogen
von einem genetisch nicht verwandten Individuum derselben
Art stammend.
Alveolen
Lungenbläschen, die am Ende des
Bronchialbaums im Lungengewebe, an den Bronchiolen sitzen.
autolog
zum selben Individuum gehörig.
Antigene
Moleküle, die von einem spezifischen Antikörper gebunden werden. Antikörper werden beim
ersten Kontakt des Körpers mit
dem als „fremd“ erkannten Antigen durch das Immunsystem
gebildet.
Antikörper
Proteine mit einer spezifischen
Bindungsstelle für Antigene. Antikörper sind meist im Blut gelöst,
können aber auch an Membranen
gebunden vorliegen. Beim Kontakt des Körpers mit Antigenen
werden in einer komplexen
Immunreaktion Antikörper synthetisiert.
Bronchoalveolarlavage
Lungenspülung mit physiologischer Kochsalzlösung zur Gewinnung von Lungenflüssigkeit mit
ihrem Eiweiß- und Zellmaterial.
Chemokine
chemotaktisch wirkende Zytokine,
58
die von vielen Zelltypen abgesondert werden können. Chemokine können z.B. Leukozyten anlocken und aktivieren.
DNA
Desoxyribonucleic acid (Desoxyribonukleinsäure), chemische Bezeichnung für den Träger der Erbinformation. Sie besteht aus den
Basen Adenin, Thymin, Cytosin
und Guanin, die über ein ZuckerPhosphat-Gerüst miteinander verknüpft sind. Die lineare Abfolge
der Basen ist die „Sequenz“ der
DNA. Die DNA weist als Raumstruktur eine Doppelhelix auf.
Emphysem
auch: Lungenemphysem, abnorm
vermehrter Luftgehalt der Lunge
infolge einer Überdehnung bzw.
Blähung, die zum Zerplatzen von
Lungenbläschen führen kann.
Epithel
Zellverband, der innere oder äußere Körperoberflächen bedeckt.
Gen
Ein Gen ist ein Abschnitt der DNA,
der für ein bestimmtes Protein
kodiert und zudem regulatorische
Elemente enthält.
Genom
Gesamtheit des genetischen
Materials einer Zelle oder eines
Individuums.
Granulozyten
eine von drei Arten weißer Blutkörperchen. Granulozyten werden,
wie auch die Monozyten im Knochenmark gebildet.
Histamin
Botenstoff, der nach Kontakt mit
Allergenen und IgE-Antikörpern
freigesetzt wird. Er ist für Symptome wie Juckreiz oder Schnupfen
verantwortlich.
Histone
Proteine, um die der Erbgut-Faden
– die DNA – gewunden ist.
Hybridom
Zelle, die durch Fusion von zwei
Zellpopulazionen entstanden ist,
die monoklonale Antikörper produziert und in der Lage ist, sich zeitlich unbegrenzt zu vermehren.
IgE
Abkürzung für Immunglobulin E.
Klasse von Antikörpern, die für die
Vermittlung allergischer Sofortreaktionen verantwortlich sind. Sie
treten bei Allergikern in erhöhter
Konzentration im Blut auf und eignen sich gut für die Diagnostik (z.
B. RAST).
Immunglobuline (Ig)
Proteine, die i.d.R. als Antikörper
wirken. Sie werden in unterschiedliche Klassen eingeteilt, je nach
Form und Funktion (z.B. IgM, IgE).
Immunmodulation
Beeinflussung des Immunsystems.
Interferone
zelleigene Glykoproteine, die bei
einem Virusbefall speziell von Leukozyten und Fibroblasten gebildet
werden. Sie besitzen unspezifisch
antivirale Eigenschaften. HumanInterferone für medizinische Zwecke können heute gentechnologisch hergestellt werden.
Lipide
Fette; vielseitige Gruppe von Biomolekülen, die eine wichtige Rolle
beim Aufbau von Zellwänden, bei
der Energiespeicherung und Ernährung und bei der Kommunikation
von Zellen spielen.
Liposomen
Durch Einschließen in L. können
Medikamente zielgenau zu ihrem
EinsatzorttransportiertundihreWirkung dadurch verbessert werden.
Lymphozyten
eine von drei Gruppen weißer Blutkörperchen.
Makrophagen
Fresszellen. Makrophagen sind
wichtige Vermittler der Immunabwehr und können Mikroorganismen und Zellbestandteile nach
Aufnahme eliminieren (sog. Phagozytose).
Nukleosom
Komplex aus DNA und Histonen,
die erste Verpackungsstufe der
DNA.
PCR
polymerase chain reaction, Polymerase-Kettenreaktion. Verfahren
zur Vermehrung (Amplifizierung)
geringer Mengen einer DNA für
diagnostische, analytische oder
forensische Zwecke.
Proliferation
Zellteilung, Zellwachstum.
Protein
Molekül, das durch die Verknüpfung zahlreicher Aminosäuren
mittels Peptidbindung entstanden
ist. Proteine haben beispielsweise
als Strukturproteine oder als Biokatalysatoren (Enzyme) im Stoffwechsel lebender Zellen eine entscheidende Bedeutung.
RNA (ribonucleic acid, Ribonukleinsäure)
Nukleinsäure-Moleküle, bestehend aus einer Zucker-PhosphatKette, an die die Basen Adenin,
Uracil, Guanin und Cytosin gebunden sind. RNAs übertragen die
Erbinformation von der DNA auf
Proteine. (Translation)
Sequenzierung
1. Sequenzierung von Nukleinsäuren: Verfahren zur Bestimmung der
Abfolge der Basen.
2. Sequenzierung von Peptiden/
Proteinen: Verfahren zur Bestimmung der Aminosäurenabfolge.
Sputum
Auswurf; Absonderungen aus den
Bronchien; die Untersuchung des
Sputums dient der Diagnose von
Erkrankungen der Atemwege.
Glossar
T-Helfer-Zellen (T-Lymphozyten)
Zelltyp, welcher für die zelluläre
Immunantwort mit verantwortlich
ist.
Transkription
Übertragung des genetischen
Codes von der doppelsträngigen
DNA auf einen RNA-Einzelstrang
unter Beteiligung von zahlreichen
Enzymen (Transkriptasen); erster
Schritt der Gen-Expression.
Tumornekrosefaktor (TNF)
zu den Zytokinen zählender, körpereigener Botenstoff der Zellen
des Immunsystems.
Tumorvirus
Virus, das in die Wachstumskontrolle einer Zelle eingreift und zu
einer unkontrollierten Vermehrung
der Zelle führt, wie beispielsweise das Epstein-Barr-Virus, das
einen schnell wachsenden Tumor
(das Burkitt-Lymphom) auslöst.
Virus
nicht zelluläre biologische Einheit;
besteht aus nicht an Chromosomen gebundene Nukleinsäuren
(DNA oder RNA) in einer schützenden Hülle aus Proteinen, Lipiden etc. Viren können sich nur in
einer Wirtszelle unter Verwen-
dung der Enzymausstattung des
Wirts vermehren.
Zytokine
Proteine, die von Immunzellen,
aber auch von nicht immunologischen Zellen gebildet und freigesetzt werden. Die Zytokine dienen
den Immunzellen als „Botenstoffe“, sie steuern und koordinieren
die Abwehr von Krankheitserregern. Zytokine sind mitverantwortlich für den erfolgreichen
Ablauf einer Immunreaktion.
Bei der GSF können Sie erhalten
Aus der Reihe
mensch+umwelt spezial:
Nahrungsmittel zwischen Natur
und Retorte (Heft 14/2000)
Informationsmaterial über das
GSF – Forschungszentrum für
Umwelt und Gesundheit:
GSF-Jahresbericht
(deutsch/ englisch)
Die Deutsche Mausklinik (GMC)
und das Europäische MausMutanten-Archiv (EMMA) im
GSF – Forschungszentrum
Asthma und Allergien – Wenn die
Luft zum Atmen fehlt
(Heft 15/2002)
Was verraten unsere Gene?
(Heft 16/2003)
Grüne Gentechnik in Forschung
und Anwendung (Heft 17/2005)
Strahlung von Röntgen bis Tschernobyl (Heft 18/2006)
Faltprospekt GSF in Kürze
(deutsch und englisch)
Vom Schlüssel zur Funktion – Genforschung in der GSF
Großes Netzwerk mit kleinen Teilchen – Aerosolforschung in der
GSF
Das Genomanalysezentrum im
GSF – Forschungszentrum
Experimentelle Umweltsimulation
im GSF – Forschungszentrum
Anforderung per Postkarte an:
GSF – Forschungszentrum für
Umwelt und Gesundheit
Öffentlichkeitsarbeit
Ingolstädter Landstraße 1
85764 Neuherberg
E-Mail: oea@gsf.de
Als pdf-Download über
www.gsf.de
Bildnachweis
Titelbild: AOK, DAK/Scholz, B.
Müller (2), GSF-Archiv; M.: R. v.
Aufschnaiter; S. 6: DAK/Scholz,
B. Müller; M.: R. v. Aufschnaiter;
S. 8: GSF-Archiv; S. 10: R. Issels;
S. 12: U. Baumgart, Goddeng/
GSF-Archiv (2); S. 13: B. Müller; S.
14/15: B. Müller (2); S. 16: M. van
den Heuvel, B. Müller; S. 17: Goddeng/GSF-Archiv (2), M.: R. v.
Aufschnaiter; S. 18: H.-J. Kolb,
GSF-Archiv; S. 20: H. Behrendt; S.
21: Photocase, privat, C. TraidlHoffmann, A. Kaschke, T. Jakob;
S. 22: DAK; S. 23: S. KraussEtschmann, U. Baumgart; S. 24:
G. W. Bornkamm; S. 25: J. Mautner, U. Baumgart, DAK; S. 27: D.
Vogt Weisenhorn (2); S. 29: B.
Müller; S. 30: B. Müller, D. Schendel; S. 31: U. Baumgart; S. 32: Roche; S. 33: B. Müller (2); S. 34/35:
Zoo-Aquarium Berlin, GSF-Archiv,
B. Müller (2); S. 36: B. Müller (3);
S. 37: M. van den Heuvel, UFZ –
Umweltforschungszentrum Leipzig Halle; S. 38: B. Müller; S. 39:
Institut für Molekulare Virologie,
privat, UNAIDS/WHO; S. 40: A.
Cosma, B. Müller; S. 41: D. Busch;
S. 42: GSF-Institut für Molekulare
Virologie, privat; S. 43: B. Müller;
S. 44: H. J. Klose, Philipps-Univ.
Marburg; S. 45: H. Pohla, GSF-Archiv, C. S. Falk, D. Schendel/
mensch + umwelt; S. 46: B. Müller (2), D. Schendel; S. 47: U.
Baumgart, J. Hopkins, Univ. of
Edinburgh; S. 48: M. Göttlicher; S.
49: H. Nau, K. Hoffmann; S. 50:
M. Göttlicher, H. Guldner; S. 51:
M. van den Heuvel; S. 52: U.
Baumgart, Deutsche Krebsgesellschaft, GSF-Institut für Toxikologie; S. 53: Siemens – Somatom
Definition; S. 54/55: AOK (3); S.
56: C. Hoeschen; S. 57: U. Baumgart, C. Hoeschen, M. Zankl; hinterer Umschlag: Fotag Luftbild
GSF-Forschungszentrum
für Umwelt und Gesundheit
in der Helmholtz-Gemeinschaft
In Neuherberg, im Norden Münchens, befindet sich auf einem 50 ha großen Gelände der Hauptsitz des GSF – Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit. Zudem unterhält die GSF das
Forschungsbergwerk Asse in Remlingen bei Wolfenbüttel sowie Institute in der Stadt München.
Das GSF – Forschungszentrum erforscht die Grundlagen einer zukünftigen Medizin und Versorgung sowie Ökosysteme mit wesentlicher Bedeutung für die Gesundheit. Im Mittelpunkt stehen
chronische, degenerative Krankheiten wie Lungenerkrankungen, Allergien, Krebs und HerzKreislauf-Erkrankungen, die in erheblichem Maße durch persönliche Risikofaktoren, Lebensstil
und Umweltbedingungen beeinflusst werden. Zur Entwicklung neuer individualisierter Ansätze
in Prävention, Diagnostik und kausaler Therapie als Merkmale einer zukünftigen Medizin analysiert die GSF Interaktionen zwischen genetischer Disposition, biologischen Systemen und Umweltfaktoren. Ziel ist die enge Verknüpfung von Forschung und Anwendung, welches die GSF mit
einem indikations- und disziplinübergreifenden Forschungsansatz verfolgt.
Die Forschungsprojekte der GSF lassen sich in vier Themenfelder aufteilen:
• Umweltfaktoren und Gesundheit
• Mechanistische Grundlagen von Gesundheit und Erkrankung
• Infektion und Immunität
• Ökosysteme und Gesundheit
Fächerübergreifende Vernetzung sorgt für Wissensaustausch und Wertschöpfung. GSF-Wissenschaftler/innen stellen durch ihre Mitarbeit in nationalen und internationalen beratenden Kommissionen sicher, dass neueste Forschungsergebnisse in Richtlinien und Gesetzesvorhaben einfließen können. In besonderem Maße fühlt sich die GSF der fachlichen Exzellenz in ihren Instituten und Abteilungen und der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses verpflichtet.
Die GSF ist eine Einrichtung des Bundes und des Freistaates Bayern und gehört der HelmholtzGemeinschaft Deutscher Forschungszentren an. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
beträgt rund 1700, das Gesamtbudget beläuft sich auf 177 Millionen Euro.