Kürzung der Pendlerpauschale - bei der Arbeitnehmerkammer
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Kürzung der Pendlerpauschale - bei der Arbeitnehmerkammer
Kürzung der Pendlerpauschale verfassungswidrig? Stellungnahme der Arbeitnehmerkammer Bremen zur aktuellen Debatte Bundestag und Bundesrat haben im Steueränderungsgesetz 2007 neben der Erhöhung der Mehrwertsteuer auch eine drastische Kürzung der Pendlerpauschale beschlossen. Für die ersten 20 Entfernungskilometer ist der pauschale Ansatz von der Fahrtkosten im Rahmen der so genannten Entfernungspauschale ab 2007 entfallen. Dies wurde als notwendiger Schritt in Richtung Abbau von Subventionen und ungerechtfertigten Steuervergünstigungen angesehen. Darüber hinaus werden die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte insgesamt als nicht mehr beruflich, sondern privat veranlasst angesehen. Die Berufssphäre soll begrifflich erst am Werktor beginnen, mit der Folge, dass die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte keine berufsbedingten Aufwändungen mehr sind. Dieser Ansatz lässt unberücksichtigt, dass den Arbeitnehmern eine immer größere Mobilität und Flexibilität abverlangt wird. Nach einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 2004 lag der Anteil der übergemeindlichen Pendler mit 45 Prozent vier Punkte über dem Wert von 1996. Der festgestellte Trend zu deutlich längeren Wegstrecken bei leicht ansteigender Fahrtzeit wird zudem als Indiz dafür gewertet, dass die räumliche Mobilität der Erwerbstätigen zugenommen hat. Die Arbeitnehmer müssen sich aber den veränderten Anforderungen des Arbeitsmarktes stellen und zum Teil weite Anfahrten mit erheblichen Kosten in Kauf nehmen. Die Zunahme von Leiharbeit und Tätigkeiten mit ständig wechselnden Einsatzstellen, die Ausweitung der Ladenschlusszeiten und nicht zuletzt die drastisch ausgeweiteten Zumutbarkeitregeln der Bundesagentur für Arbeit tragen gerade in jüngster Zeit zur Verschärfung der Problematik bei. Die in den letzten Jahren zu verzeichnende Stagnation der verfügbaren Arbeitnehmereinkommen führt bei gleichzeitig steigenden Mobilitätskosten zu einem immer größeren Anteil der Aufwändungen, die zur Sicherung des Einkommens unabdingbar sind. Dies führt insbesondere bei kleineren Einkommen zu einer immer unerträglicher werdenden Belastung des Haushaltsbudgets. Die für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte aufgewandten Kosten sind aber nicht nur nach Auffassung der Arbeitnehmerkammer eindeutig Aufwändungen, die dem Erwerb, der Sicherung oder der Erhaltung von Einnahmen dienen. Aus diesem Grund müssen sie als so genannte Werbungskosten steuerlich absetzbar sein. Aus Sicht der Arbeitnehmerkammer ist die vom Gesetzgeber vorgenommene Verlagerung dieser Fahrten in den Bereich der privaten Sphäre aus steuer- und verfassungsrechtlichen Gründen nicht haltbar. So sieht es auch das Niedersächsische Finanzgericht und stuft die beschlossene Kürzung der Pendlerpauschale für verfassungswidrig ein. Jetzt muss das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, die Sache entscheiden. Bis zu einem abschließenden Urteil kann aber noch einige Zeit verstreichen, so dass in der Zwischenzeit ergehende Bescheide auf jeden Fall im Rahmen eines Einspruchs angefochten werden müssen, um die Rechtsansprüche offen zu halten. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass die Finanzverwaltung von sich aus alle entsprechenden Bescheide mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen wird, um -wie in anderen Fällen auch- massenhafte Einspruchsverfahren zu vermeiden. Die Kürzung der Pendlerpauschale hat aber auch einen rechtssystematischen Hintergrund und ist nicht nur ausschließlich als Maßnahme im Rahmen der Haushaltssanierung einzustufen. Durch die Herausnahme der Aufwändungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte aus der beruflichen Sphäre können die Fahrtkosten ab dem 21. Entfernungskilometer nur noch wie Werbungskosten abgesetzt werden. Damit sind diese dann aber keine berufsbedingten Aufwändungen mehr. Die verbleibenden steuerlichen Vergünstigungen für Pendler mit einer Anfahrtstrecke über 21 km stellen dann aber eine steuerliche Subventionen dar. Dies kann aber in der nächsten Sparrunde die fatale Wirkung haben, dass sie als ungerechtfertigte Subventionen zur Disposition gestellt werden. Insofern kann es sich um einen mehrstufigen Vorgang handeln, der am Ende zur völligen Beseitigung aller steuerlichen Möglichkeiten der Absetzung berufsbedingter Aufwändungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte führt. Darüber hinaus ist es nicht weiter überraschend, dass parallel zu den Beschlüssen im Steueränderungsgesetz 2007 die Arbeitgeberverbände erneut mit Nachdruck, die Herausnahme der Unfallrisiken für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte aus der ausschließlich von den Arbeitgebern finanzierten gesetzlichen Unfallversicherung fordern. Sofern sich dieser Standpunkt durchsetzen sollte, müssten die Arbeitnehmer das berufliche Risiko im Bereich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zusätzlich absichern und finanzieren. In der erneut einsetzenden Diskussion um die Pendlerpauschale weist die Arbeitnehmerkammer ausdrücklich auf den Begründungszusammenhang bei Einführung dieser steuerlichen Vergünstigung hin. So wurde seiner Zeit argumentiert, dass durch die steigenden Energiekosten sowohl die Aufwändungen für die Fahrten mit dem eigenen PKW als auch die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich verteuert wurden. Hierfür sollte durch die Einführung der Pendlerpauschale ein Ausgleich geschaffen werden. Aufgrund der immer weiter ansteigenden Mobilitätsanforderungen an die Arbeitnehmer hinsichtlich der zeitlichen Mobilität und der Mobilitätskosten war und ist dieser Schritt durchaus sinnvoll. Insbesondere die Arbeitnehmer in den Flächenländern müssen einen immer größeren Anteil ihres Einkommens für diesen Teil der Mobilitätskosten aufbringen und insofern berühren diese steuerlichen Veränderungen auch die Frage der grundgesetzlich abzusichernden Vergleichbarkeit der Lebensumstände. Die Arbeitnehmerkammer Bremen fordert daher die Kürzung der Pendlerpauschale zurückzunehmen und die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auch weiterhin zu fördern. Da die Pendlerpauschale aufgrund der steuerlichen Absetzbarkeit im Rahmen der so genannten Werbungskosten Bezieher hoher Einkommen mit entsprechend hohem Steuersatz begünstigt, sollte aber darüber nachgedacht werden, ob pro Entfernungskilometer nicht ein fester, für alle Einkommen gleich hoher, Steuerabzugs- bzw. erstattungsbetrag festgesetzt werden könnte. Hierdurch könnten die kleineren und mittleren Einkommen wirksam von den steigenden Mobilitätskosten entlastet werden. Referat: Finanz- und Steuerpolitik Dr. Peter Flieshardt Tel. 36301-908