Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung - Rhein-Erft
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Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung - Rhein-Erft
Rhein-Erft-Kreis Information Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung www.gold-kraemer-stiftung.de www.demenz-service-koeln.de www.rhein-erft-kreis.de Fachtagung am 06. März 2012 in Pulheim (Abtei Brauweiler) Tagungsdokumentation Impressum Herausgeber: Internetpräsenz: Anschrift: Bildnachweis Partner: Rhein-Erft-Kreis Der Landrat 50/Projekt Leben im Alter/Demenz-Wohnen-Pflege Angelika Vosen www.rhein-erft-kreis.de Willy-Brandt-Platz 1 50126 Bergheim Peter Worms Gold-Kraemer-Stiftung Demenz-Servicezentrum Region Köln und das südliche Rheinland Kölner Str. 64 51149 Köln Gold-Kraemer-Stiftung Paul-R.-Kraemer-Allee 100 50226 Frechen Rhein-Erft-Kreis Information Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Fachtagung am 06. März 2012 in Pulheim (Abtei Brauweiler) 9RUwort Tagungsdokumentation VORWORT ____________________________________________________________ Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Fachtagung des Rhein-Erft-Kreises in Kooperation mit dem Demenz-Servicezentrum Region Köln und das südliche Rheinland und der Gold-Kraemer-Stiftung am 06.03.2012 in der Abtei Brauweiler in Pulheim Die zunehmende Lebenserwartung und die mit ihr verbundene steigende Anzahl alter Menschen in der Gesellschaft macht auch vor der Gruppe der Menschen mit geistiger Behinderung nicht halt. Dies bedeutet auch gleichzeitig einen Anstieg der Alterserkrankungen innerhalb dieser Personengruppe. Das Alter ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für das Eintreten einer demenziellen Erkrankung. Dies gilt auch für Menschen mit geistiger Behinderung. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass dieser Prozess bei Menschen mit geistiger Behinderung schneller voranschreitet. Ähnlich wie bei Menschen ohne geistige Behinderung betreffen die Verluste Bereiche wie Orientierung, Gedächtnis und alltagspraktische Fähigkeiten. Die Diagnostik der demenziellen Erkrankung sowie die Versorgung dieser Personengruppe stellt die Träger der Behindertenhilfe, der Altenpflege aber auch die Angehörigen vor große Herausforderungen. Für die Befriedigung der Bedürfnisse von Menschen mit Demenz bei geistiger Behinderung sind nicht mehr allein pädagogische Konzepte erforderlich, sondern es werden notwendigerweise auch Fachkenntnisse aus den Bereichen der Pflege und der Gerontopsychiatrie benötigt. Auch die Abgrenzung der Hilfearten Eingliederung und Pflege stellt die Akteure vor zusätzliche Herausforderungen. Um weitere Erkenntnisse in diesem Themenbereich zu erlangen, fand am 06.03.2012 die Tagung „Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung“ in Kooperation zwischen der Gold-Kraemer-Stiftung, dem Demenz-Servicezentrum Region Köln und das südl. Rheinland und dem Rhein-Erft-Kreis statt. Verschiedene Fachvorträge sowie Foren zu den Themen „Diagnostik“, „Rechtliche Aspekte SGB XI und SGB XII“ sowie “Das Menschenbild in der Alten- und Behindertenhilfe – wie begegnen wir den Menschen mit Demenz/mit Behinderung?“ waren Bestandteil dieser Tagung. Rhein-Erft-Kreis Information Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Fachtagung am 06. März 2012 in Pulheim (Abtei Brauweiler) Referate Tagungsdokumentation REFERAT ____________________________________________________________ Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Fachtagung des Rhein-Erft-Kreises in Kooperation mit dem Demenz-Servicezentrum Region Köln und das südliche Rheinland und der Gold-Kraemer-Stiftung am 06.03.2012 in der Abtei Brauweiler in Pulheim Vortrag I Demenz bei geistiger Behinderung – praktische diagnostische Aspekte Dr. med. Tilmann Fey Chefarzt der Abteilung Gerontopsychiatrie an der LWL-Klinik Münster LWL-Klinik Münster Demenz bei geistiger Behinderung - praktische diagnostische Aspekte Dr. Tilman Fey Abtei Brauweiler, Pulheim Dienstag, den 6. März 2012 LWL-Klinik Münster Spezialbereiche zur Behandlung von psychischen Störungen bei Menschen mit geistiger Behinderung Verteilung in Deutschland 36 Kliniken Stand 4/2011 Quelle: BDK, Arbeitskreis Geistige Behinderung LWL-Klinik Münster LWL-Klinik Münster Prävalenz psychischer Erkrankungen Älterer in Deutschland Berliner Altersstudie: Altersgruppe der 70- bis über 100-Jährigen • 13,9% Demenzen • 9,1% Depressive Störungen • 1,9% Angststörungen • 0,7% Schizophrenie oder wahnhafte Störungen • 0,6% Organisch bedingte wahnhafte Störungen oder Halluzinosen • 0,6% Organisch bedingte Persönlichkeitsstörungen Helmchen et al. 1996 LWL-Klinik Münster LWL-Klinik Münster LWL-Klinik Münster LWL-Klinik Münster Demenz Geschätzte Zunahme der Krankenzahl von 2000 bis 2050 In Deutschland In Münster Jahr ˃65jährige Krankenzahl in Mio. ˃65jährige Krankenzahl in Tsd. 2010 2020 2030 2040 2050 16,8 18,6 22,2 23,8 23,5 58,8 65,1 77,7 83,3 82,2 1.210.000 1.545.000 1.824.000 2.197.000 2.620.000 Nach Schätzungen auf der Basis der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausschätzung Variante 1 W2. Aus Bickel, H: Die Epidemiologie der Demenz, Zahlen zur Häufigkeit der Erkrankung. Informationsblätter der Deutschen Alzheimer Gesellschaft 8/2010 4.200 5.400 6.400 7.700 9.200 Schätzungen auf der Basis der Übertragung der bundesdeutschen Zahlen auf Münster bei Annahme eine gleichbleibenden Einwohnerzahl Münsters von 280000 LWL-Klinik Münster Was ist Demenz? • Nachdem die geistige Entwicklung zunächst unbeeinträchtigt verlaufen ist (oder durch cerebrale Schädigung bis zum 18. Lebensjahr auf einem definierten Niveau fortdauernd beeinträchtigt geblieben ist), kommt es im (fortgeschrittenen) Erwachsenenalter bzw. im Alter zu einem zunehmenden Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit. Demenz ist ein Oberbegriff (Demenz-Syndrom). Es gibt verschiedene Demenz-Formen bzw. Ursachen. Die häufigste Form/Ursache ist die Alzheimer-Krankheit bzw. Demenz vom Alzheimer-Typ. LWL-Klinik Münster Symptome von Demenzen Beeinträchtigungen des Gedächtnisses Beeinträchtigungen anderer geistiger („kortikaler“) Funktionen Sprache Rechnen Räumliche Orientierung Signalerkennung/-verarbeitung, Informationsverarbeitung Abstrakt-logisches Denken, Urteilsvermögen usw. Beeinträchtigung der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) Veränderungen von Gefühlsleben und Sozialverhalten LWL-Klinik Münster Gedächtnis episodisch (Ereignisse) semantisch (Wissenssystem) deklarativ (explizit) prozedual (Fertigkeiten) Priming nicht deklarativ (implizit) LWL-Klinik Münster LWL-Klinik Münster LWL-Klinik Münster LWL-Klinik Münster Zunahme von Demenzerkrankungen LWL-Klinik Münster Demenz bei Geistiger Behinderung Demenzielle Symptome finden sich bei Menschen mit geistiger Behinderung Bei 11,4,% der über 50jährigen (Moss, 1997) Bei 22% der über 65jährigen (Lund, 1985) LWL-Klinik Münster Alzheimerdemenz bei Down-Syndrom Demenzielle Symptome finden sich bei Menschen mit Down-Syndrom Bei 42% der 50-60jährigen und Bei 56% der über 60jährigen (Haveman, 1997) 100% aller über 40jährigen mit DS weisen morphologische Zeichen der Alzheimerdemenz auf (Haveman, 1997) LWL-Klinik Münster Alzheimer-Demenz Definition nach DSM-IV Gedächtnisstörung Plus mindestens eines der Symptome: Aphasie, Apraxie, Agnosie, Störungen der Exekutivfunktionen Bedeutsame Beeinträchtigung der Alltagsfunktionen (ADL) Schleichender Beginn, konstantes Vorliegen, progredienter Verlauf Ausschluss relevanter anderer zerebraler, extracerebraler, substanzinduzierter oder psychiatrischer Erkrankungen LWL-Klinik Münster Alois Alzheimer LWL-Klinik Münster • * 1864 in Marktbreit; † 1915 in Breslau • war ein deutscher Psychiater und Neuropathologe • beschrieb als erster eine Demenzerkrankung, die nach ihm bis heute Alzheimersche Krankheit genannt wird • Auguste Deter • 51-jährig bei ihr von A. Alzheimer die „Kankheit des Vergessens“ beschrieben • Später bei mikroskopischen Untersuchung des Gehirns flächenweise zu Grunde gegangene Nervenzellen und Eiweißablagerungen (sog. Plaques) in der gesamten Hirnrinde gefunden • Am 3. November 1906 stellte Alzheimer auf einer Fachtagung in Tübingen das später nach ihm benannte Krankheitsbild als eigenständige Krankheit vor Alzheimerdemenz LWL-Klinik Münster “Neurofibrilläre Tangles” “Amyloid Plaques” LWL-Klinik Münster Demenz vom Alzheimertyp Pathophysiologie LWL-Klinik Münster Alzheimerdemenz Stadien nach Braak LWL-Klinik Münster Alzheimerdemenz Amyloidablagerung und klinische Symptome LWL-Klinik Münster LWL-Klinik Münster Gedächtnis – Störungsformen • • Störung der Einspeicherung (Alzheimerdemenz) führt zu anterograder Amnesie bzw. Lerndefizit Störung des Abrufs (Depression) führt zu retrograder Amnesie bzw. Vergesslichkeit LWL-Klinik Münster Diff.-diagnose Demenz/Depression bzgl. kognitiver Beeinträchtigung Demenz Depression Beginn Schleichend Relativ plötzlich Kognitive Defizite für Bezugspersonen im Vordergrund nicht im Vodergrund Beschwerdeschilderung Bagatellisiernd Aggravierend, detailliert Tagesschwankungen Leistungstief abends Leistungstief morgens Nächtliche Zunahme Ja Nein Bemühen um Kompensation Ja Nein Schlafentzugseffekt Verschlecherung Verbesserung Alltagskompetenz Eingeschränkt Erhalten LWL-Klinik Münster Kognitive Veränderungen im Alter: Was ist “normal”? Verarbeitungsgeschwindigkeit (“Prozessorgeschwindigkeit”) ↓ , linear ab 20.Lj. Sensorische Wahrnehmungsleistung (Sehschärfe, Gehör) Arbeitsgedächtnisleistung ↓ (z.B. Irrelevante Informationen zu unterdrücken) Verhaltensinitierung und Inhibition ↓ Merkfähigkeit ↓ V. a. strategisches Vormerken Behalten von Kontextinformationen. LWL-Klinik Münster “red flags”: Mögliche Frühwarnzeichen Es werden immer wieder dieselben Fragen gestellt Rückzug von gewohnten Aktivitäten, Aufgabe von Hobbies Bezeichnung von alltäglichen Dingen gelingt schlechter Dinge werden an ungewöhnliche Orte verlegt (Aschenbecher im Gefrierfach, Schuhe im Wohnzimmerschrank) Orientierungsprobleme an fremden Orten oder nachts zuhause Probleme bei gewohnten Handlungsabläufen, z. B. beim Schuhe Zubinden Fehlleistungen, wenn mehrere Anforderungen gleichzeitig bestehen („Multitasking-Aufgaben“) LWL-Klinik Münster “red flags” Spezifische Frühwarnzeichen bei Geistiger Behinderung ? LWL-Klinik Münster Klassifikation der geistigen Behinderung nach ICD-10 Klassifikation nach ICD-10 ICD-10-Nr. IQ-Werte Anteil Leichte Intelligenzminderung F 70 IQ 50-69 80% Mittelschwere Intelligenzminderung F 71 IQ 35-49 12% Schwere Intelligenzminderung F 72 IQ 20-34 7% Schwerste Intelligenzminderung F 73 IQ < 20 < 1% LWL-Klinik Münster Häufig auftretendes auffälliges Verhalten bei geistiger Behinderung Rückzugstendenzen (z.B. kommunikative Abkapselung, apathisches Verhalten) Stereotypien, Autostimulation (z.B. rhythmisches Schaukeln, langanhaltendes lautes Schreien) Autoaggressionen (z.B. sich Finger in die Augen drücken, sich blutig kratzen) Fremdaggression (z.B. andere schlagen, kratzen. Gegenstände zerstören) Hyperaktivität (ständiges Hin- u. Herrennen. Gegenstände vom Tisch reißen, Unfähigkeit still zu sitzen) Zwangsartige, wiederholende Handlungsrituale Kontaktdistanzprobleme (z.B. ständig andere umarmen, küssen, an sich drücken) Dissoziales Verhalten (z.B. Zündeln, Diebstähle) Sexuelle Auffälligkeiten (z.B. Exibitionismus, öffentliches Onanieren, sexuelle Übergriffe auf den Partner) LWL-Klinik Münster Verhaltensphänotypen ausgewählter genetischer determinierter Syndrome • Down-Syndrom unfolgsam, stur, unaufmerksam, überaktiv, widersprechend, depressiv • Fragiles-X-Syndrom sozial ängstlich, scheu, blickmeidend, perseverierend, autistisch, unaufmerksam, überaktiv, traurig, verstimmt • Prader-Willi-Syndrom Hyperphagie, Zwangssymptome, Hautzupfen, Wutausbrüche, labil, perseverierend, stur, hyperaktiv • Smith-Magenis-Syndrom unaufmerksam, hyperaktiv, aggressiv, aufmerksamkeitssuchend, selbstverletzend, Stereotypien, Schlafstörungen, Selbstumarmungen LWL-Klinik Münster Zur Diagnostik von Verhaltensauffälligkeiten • • • • Baseline exaggeration: Das Hinzutreten einer psychischen Störung (z.B. Depression) verstärkt vorbestehende Verhaltensauffälligkeiten Diagnostik overshadowing: Zuschreiben des psychopathologischen Verhaltens zur geistigen Behinderung Underreporting: Verminderte Introspektionsfähigkeit, Sprachverständnis und Ausdrucksvermögen bedingen eine verminderte Mitteilung bzw. diagnostische Wahrnehmung psychopathologischer Erlebnisweisen Overreporting: Verhaltensbesonderheiten werden als Symptom einer psychischen Störung gewertet Folge: Eingeschränkte Anwendbarkeit der üblichen diagnostischen Regeln bei operationalisierter Diagnostik (z. B. nach ICD-10, DSM-IV) LWL-Klinik Münster “red flags” einer Demenz Mögliche Frühwarnzeichen bei Geistiger Behinderung Sehr unterschiedliche und unspezifische Symptome, z.B. Rückzug, Apathie Hilflosigkeit, Anhänglichkeit Irritierbarkeit, Ängste Lustlosigkeit, Verweigerung Gereiztheit, aggressive Reaktionen ... LWL-Klinik Münster Hierarchie psychiatrischer Diagnostik (bei Menschen mit Intelligenzminderung) Alltagsverhalten (z.B. Pat. schlägt sich auf die Augen und Ohren, kaum Blickkontakt, schreit, versteckt sich) Symptom-Ebene (z.B. optische oder akustische Halluzinationen, Verfolgungswahn) Syndrom-Ebene (z.B. paranoid-halluzinatorisches Syndrom) Nosologie-Ebene (z.B. Schizophrenie, ICD-Diagnose) LWL-Klinik Münster Ursachen von Demenzen Primär degenerativ: Alzheimer-Krankheit Frontotemporale Demenzen Lewy-Körper/Parkinson-D. ... Vaskulär: Mikroangiopathie (SAE) „Multiinfarktdemenz“ Einzelinfarkte ... Sekundär, z. T. behandelbar Chron. Intoxikationen Stoffwechselst., Vitaminmangel Chron. Subduralhämatom Normaldruckhydrozephalus ... LWL-Klinik Münster Demenz-Diagnostik LWL-Klinik Münster Bestandteile der Diagnostik bei Demenz bei geistiger Behinderung Eigenanamnese Fremdanamnese !!! Patientenbeobachtung / psychopathologischer Befund Psychometrische Testverfahren Bildgebung des Gehirns Laborchemische Untersuchungen (Blut, Liquor) LWL-Klinik Münster Testdiagnostische Instrumente bei geistiger Behinderung Dementia Questionnaire for Mentally Retarded Persons (DMR) Evenhuis 1990 Dementia Scale for Down Syndrom (DSDS) Gedye 1995 Tests zur psychiatrischen Differentialdiagnose Psychiatric Assessment Schedule for adults with Developmental Disability (PAS-ADD) Mental Retardation Depression Scale (MRDS) LWL-Klinik Münster Computertomographie LWL-Klinik Münster Hippokampus(-atrophie) LWL-Klinik Münster Lumbalpunktion LWL-Klinik Münster Wertigkeit spezieller Demenzparameter im Liquor LWL-Klinik Münster Demenz Therapie LWL-Klinik Münster Demenzerkrankungen - Zielsymptome LWL-Klinik Münster Demenz vom Alzheimer Typ Medikamentöse Behandlung der Kognition Nachgewiesene Wirksamkeit: Cholinesterasehemmer Memantin (Ginko biloba) Keine nachgewiesene Wirksamkeit: Lecithin Nootropika/Kalziumantagonisten NSAR (= Nicht-steroidale Antiphlogistika, d.h. in den meisten Fällen frei verkäufliche Schmerzmittel) LWL-Klinik Münster Anwendung von Cholinesterasehemmer bei Alzheimerdemenz und Down-Syndrom? Keine spezifischen Zulassungsstudien Studien mit größerer Fallzahl und Evidensnachweis liegen nur für eine der 3 Cholinesterasehemmer vor In Fachliteratur (Übersichtsarbeiten, Fallbeschreibungen) Einsatz allgemein positiv bewertet LWL-Klinik Münster LWL-Klinik Münster Nichtmedikamentöse Interventionen bei Demenz Realitätsorientierungstraining (ROT) „Gedächtnistraining“, kognitive Stimulation Erinnerungstherapie, Selbsterhaltungstherapie Milieugestaltung Musiktherapie, Tanz (integrative) Validation Psychoedukation Bezugspersonen LWL-Klinik Münster Alzheimerdemenz Risikofaktoren LWL-Klinik Münster Vorbeugung - medizinisch • Blutdruck einstellen • Zuckerkrankheit einstellen • Gewichtsreduktion • Cholesterinwerte einstellen (Sport, Fettsenkende Med.) • Körperliche Aktivität, Sport • Nikotin ˃ REFERAT ____________________________________________________________ Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Fachtagung des Rhein-Erft-Kreises in Kooperation mit dem Demenz-Servicezentrum Region Köln und das südliche Rheinland und der Gold-Kraemer-Stiftung am 06.03.2012 in der Abtei Brauweiler in Pulheim Vortrag II Demenz bei geistiger Behinderung – Impulse aus der Landesinitiative Demenz-Service NRW Gerlinde Strunk-Richter Dipl. Pädagogin, Krankenschwester, DCM-Trainerin (B) Landesinitiative Demenz-Service NRW im Kuratorium Deutsche Altershilfe Fachtagung in Pulheim: Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Impulse aus der Landesinitiative Demenz-Service NRW 06. März 2012 in Pulheim Gerlinde Strunk-Richter, Informations- und Koordinierungsstelle der Landesinitiative Demenz-Service NRW im KDA www.demenz-service-nrw.de Landesinitiative Demenz-Service NRW Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Ein Netzwerk von Akteuren zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Demenz und derjenigen, die sie unterstützen. Ca. 18 000 000 Einwohner Ca. 240.000 Menschen mit Demenz, die überwiegend zu Hause leben www.demenz-service-nrw.de Akteure der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Dialogund Transferzentrum Demenz Informationsund Koordinierungsstelle Landesstelle Pflegende Angehörige 13 DemenzServicezentren Modellprojekte • Land NRW • Pflegekassen Niedrigschwellige Angebote nach §45b SGB XI www.demenz-service-nrw.de Wohnberatungsstellen Bezirksregierung Düsseldorf Genehmigung Beratung Statement Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Der demografische Wandel vollzieht sich auch bei Menschen mit Behinderung, es zeichnet sich eine vollständige demografische Altersstruktur ab. Eine „Pioniergeneration im Ruhestand“ (Dr. Michael Wunder) www.demenz-service-nrw.de Die UN-Behindertenrechtskonvention Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Inhalte, Leitmotive und Konsequenzen: …Nicht die Tatsache, dass jemand einen Rollstuhl benutzt oder langsamer und anders denkt oder fühlt, verursacht die Aussonderung aus der Gesellschaft, sondern Diskriminierungen und die Vorenthaltung von Menschenrechten. Dieser Paradigmenwechsel vom medizinischen zum menschenrechtlichen beziehungsweise sozialen Modell von Behinderung kann als Leitmotiv der BRK betrachtet werden. S. 8 Recht | ProAlter | November/Dezember 2010 www.demenz-service-nrw.de Das ganzheitliche Modell der Demenz nach Tom Kitwood Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Neurologische Beeinträchtigung Sozialpsychologie der Umgebung Gesundheit 6 Biographie DEMENZ Persönlichkeit www.demenz-service-nrw.de Aktivitäten der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Arbeitsgruppe mit LWL & LVR Ermitteln der Bedarfe Befragung TagungsteilnehmerInnen Arbeitspapier LWL Gemeinsame Strategie- und Konzeptentwicklung www.demenz-service-nrw.de Aktivitäten der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Arbeitsgruppe mit LWL & LVR Ermitteln der Bedarfe Mitarbeitende in Einrichtungen: Modul zu Demenz in Ausbildung/Studium Interdisziplinäre Teams (Pädagogen + Pflege) Höhere Personalausstattung (z.B. für Nachtwachen) www.demenz-service-nrw.de Aktivitäten der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Arbeitsgruppe mit LWL & LVR Ermitteln der Bedarfe Ärzte: Voraussetzung: geeignete Ärzte finden Anforderungen an Ärzte: gute Kommunikation mit betroffenen und Angehörigen/Mitarbeitenden aus Einrichtung Fortbildungen zum Thema Demenz bei GB www.demenz-service-nrw.de Aktivitäten der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Arbeitsgruppe mit LWL & LVR Ermitteln der Bedarfe Angehörige: Infoveranstaltungen über Demenz (in Zusammenarbeit mit Werkstätten) mit dem Ziel der Früherkennung www.demenz-service-nrw.de Aktivitäten der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Arbeitsgruppe mit LWL & LVR Ermitteln der Bedarfe Mitbewohner/innen: Informationen über Demenzerkrankung und mögliche Auswirkungen (in einfacher Sprache mit Praxisbeispielen etc.) www.demenz-service-nrw.de Aktivitäten der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Arbeitsgruppe mit LWL & LVR Ermitteln der Bedarfe Wohnen: Konzepte für Wohneinrichtungen der Eingliederungshilfe Vorab: Bestandsaufnahme www.demenz-service-nrw.de Aktivitäten der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Arbeitsgruppe mit LWL & LVR Ermitteln der Bedarfe Arbeit: Informationen an Kollegen und Vorgesetzte Konzepte zur Gestaltung des Übergangs in den Ruhestand Sowie zur Alltagsgestaltung/Tagesstruktur www.demenz-service-nrw.de Aktivitäten der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Fachtagungen mit unterschiedlichen Kooperationspartnern zum Thema Demenz und geistige Behinderung Wissensvermittlung Erfahrungsaustausch Sensibilisierung www.demenz-service-nrw.de Aktivitäten der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Praxiswerkstätten für Mitarbeitende aus dem Bereich der Behindertenhilfe Themen Kollegiale Fallbesprechung Innere Erlebniswelt von Menschen mit Demenz „Wie geht es Ihnen?“ Verstehender Umgang in der Betreuung demenzerkrankter Menschen – akzeptieren statt korrigieren Wege der Kommunikation mit Menschen mit Demenz bei geistiger Behinderung www.demenz-service-nrw.de Aktivitäten der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Konzeptentwicklung für Schulungen der Mitarbeitenden geistige Behinderung Gehörlose www.demenz-service-nrw.de Aktivitäten der Landesinitiative Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen Beratung/Begleitung Stationäre Einrichtungen Werkstätten Verbände Telefonische und vor Ort Kollegiale Beratung Fallbesprechung www.demenz-service-nrw.de Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen “Jede menschliche Situation kann von außen betrachtet werden – so, wie andere sie empfinden und von innen heraus, so, wie das Individuum, das sie durchlebt, sie empfindet.” (Simone de Beauvoir) www.demenz-service-nrw.de REFERAT ____________________________________________________________ Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Fachtagung des Rhein-Erft-Kreises in Kooperation mit dem Demenz-Servicezentrum Region Köln und das südliche Rheinland und der Gold-Kraemer-Stiftung am 06.03.2012 in der Abtei Brauweiler in Pulheim Vortrag III Rechtliche Rahmenbedingungen – Eingliederungshilfe und Pflege Daniel Heinisch Wissenschaftlicher Referent im “ Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.“ Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. Rechtliche Rahmenbedingungen – Eingliederungshilfe und Pflege vorgestellt von Daniel Heinisch wissenschaftlicher Referent im Deutscher Verein e.V. Vortrag zum Diskussionspapier des Deutschen Vereins zur Gestaltung der Schnittstelle zwischen Eingliederungshilfe und der (Hilfe zur) Pflege unter Berücksichtigung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und der Reform der Eingliederungshilfe (NDV 2010, 527) Abtei Brauweiler in Pulheim, 6.März 2012 Gliederung I. Überblick der relevanten Normen und ihre Definition 1. Eingliederungshilfe 2. Pflege 3. Hilfe zur Pflege II. Schnittstellenproblematik III. Perspektiven und Szenarien aufgrund des Diskussionspapiers des Deutschen Vereins vom 21.9.2010 (NDV 2010, 527) 2 Eingliederungshilfe • Eingliederungshilfe ist die Hilfe in besonderen Lebenslagen zur Teilhabe an der Gesellschaft § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. 3 Pflege • Pflegebegriff = Pflegebedürftigkeitsbegriff • §§ 14 Abs. 1 SGB XI iVm. Stufeneinteilung des § 15 SGB XI § 14 Abs. 1 SGB XI Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15) der Hilfe bedürfen. 4 Hilfe zur Pflege • § 61 SGB XII als Sozialhilfeleistung • Pflegebedürftigkeitsbegriff wie § 14 SGB XI • Erweiterung § 61 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 SGB XII: – Kurze Dauer – Pflegebedürftigkeit unter Stufe 1 (§ 15 SGB XI) – Andere Verrichtungen als § 61 Abs. 5 SGB XII Gewöhnliche Verrichtung iSd. § 61 Abs. 5 SGB XII Außergewöhnliche Verrichtung Zahnpflege, Aufnahme der Nahrung Strukturieren des Tagesablaufs Treppensteigen, Reinigen der Wohnung Schutz vor Selbst- und Fremdgefährdung 5 Schnittstellenproblematik 1. 2. 3. 4. Normierte Abgrenzungen Querschnittsnormen Gemeinsamkeiten „faktische“ Abgrenzung 5. Rechtstechnische Probleme 6. Umsetzungsprobleme 6 Abgrenzung der Normen zueinander Gesetzgeber zu Verhältnis Eingliederungshilfe und Pflege • § 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII: Eingliederungshilfe als Sozialhilfe soll von Pflege unabhängig machen (so auch § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX) • § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI: Eingliederungshilfe nicht nachrangig Gesetzgeber zu Verhältnis Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege • § 13 Abs. 3 SGB XI findet keine Anwendung auf das Verhältnis der Hilfearten der Sozialhilfe (SGB XII) zueinander • Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege gleichrangig (inhaltlich abzugrenzen) Gesetzgeber zu Verhältnis Pflege und Hilfe zur Pflege: § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB XI: Vorrang Pflege 7 Querschnittsnormen § 43a SGB XI, § 55 SGB XII • Benachteiligung von stationär betreuten Beziehern der Eingliederungshilfe gegenüber stationär betreuten Beziehern der Pflege – Einrichtungen der Behindertenhilfe: § 43a SGB XI: Ausschluss von Leistungen des SGB XI außerhalb des Abgeltungsbetrags von max. 256 € im Monat (p.P.) – Einrichtungen der Pflege: bis zu 1.688 € im Monat (p.P.) • Korrektur (2001) § 40a BSHG/§ 55 SGB XII: Pflegeleistung in Eingliederungshilfe enthalten • Weiter ungelöst: Welche Leistungen gehören zur Pflege (Hilfe zur Pflege) und welche zur Eingliederungshilfe? • ASMK 2011: Streichung des § 43a SGB XI von den Bundesländern empfohlen 8 Gemeinsamkeiten • großer Überschneidungsbereich • Kontextabhängigkeit der Leistungen – Integrationshelfer in der Schule – Mittagessen in WfbM • Teilhabeverluste als Vorstufe 9 „Faktische“ Abgrenzung • Bislang überwiegend favorisierte Methode zur Abgrenzung: Unterscheidung nach der jeweiligen Zielsetzung der Leistung (Deutscher Verein: Empfehlungen zur Abgrenzung von Arten der Sozialhilfe untereinander, 2. Aufl. 1978, S. 17 f.) • zusätzlich Schwerpunkt der Leistung – Pflege bewahrender Charakter – Eingliederungshilfe dynamischer Prozess Problem • Zeitgemäß? • Wandel der Gesellschaft und des Stands der Technik • § 28 Abs. 4 S. 1 SGB XI sog. aktivierende Pflege 10 Rechtstechnische Schwierigkeiten • Kein einheitlicher Pflegebedürftigkeitsbegriff (auch nicht innerhalb des SGB XI; vgl. §§ 14, 15 ↔ 45a SGB XI) • Einordnung der Leistung erschwert durch systematischen Unterschied (vgl. auch DV 29/08) Sozialhilfe Eingliederungshilfe SGB XII Sozialversicherung Pflegeversicherung SGB XI Bedarfsdeckung Deckelung/ feste Bemessung Umfassende Hilfsgestaltung Modulartigkeit Einsatz von Einkommen und Vermögen regelmäßige Beiträge 11 Schwierigkeiten in der Umsetzung (Praxis) • Einordnung zwischen Pflege und Eingliederungshilfe: – Menschen mit Pflegestufe sind meistens wesentlich behindert – Umkehrschluss gerade nicht zielführend • Unterschied bei Leistungen: – ältere, geistig behinderte Menschen – ältere Menschen mit Demenz • Unterschied zwischen ambulant und stationär, wenn Leistungen der Eingliederungshilfe und Pflegeleistungen jeweils kombiniert werden 12 Schwierigkeiten in der Umsetzung (Praxis) • Wahlentscheidung der verschiedenen Träger für eines der Leistungssysteme • Wahlentscheidung der Betroffenen über das Regime • Abgrenzungsfragen zwingend unvollständig • Andere Verrichtungen iSd. § 61 SGB XII tatbestandlich unbestimmt (Hilfe zur Pflege) • Neue Abgrenzungsfragen zwischen aktivierender Pflege und Eingliederungshilfe 13 Mögliche Lösungsansätze • Muss die Schnittstelle notwendig neugestaltet werden, selbst ohne Durchsetzung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs? • Ziel Veränderung: Verbesserung/Vereinfachung Strukturen für bedarfsgerechte Unterstützung Szenarien des Deutschen Vereins vom 21.9.2010 (DV 23/09, NDV 2010, 527) I. Veränderungsmöglichkeiten im Rahmen der jetzigen Begriffe II. Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff III. Reform der Eingliederungshilfe 14 Fortentwicklung des Persönlichen Budgets (Szenario 1 bei Beibehaltung der heutigen Begriffe) • Förderung des trägerübergreifenden persönlichen Budget (§ 17 Abs. 2 SGB IX) • Bisher kaum trägerübergreifend, u.a. wegen Gutscheinmodell aus § 35a SGB XI • Pflegesachleistung könnte als Geldleistung einfließen • Für Personen mit Eingliederungshilfe und zusätzlichen Leistungen aus der Pflegeversicherung – Sachleistungsprinzip wird flexibler – Keine (verfassungswidrige) Ungleichbehandlung von Beziehern von Leistungen der Pflege einerseits und Beziehern von Pflege und Eingliederungshilfe anderseits 15 Zusammenführung von Pflege & Eingliederungshilfe (Szenario 1 bei Beibehaltung der heutigen Begriffe) • Systemwandel • Beibehaltung der Gesamterrungenschaften • Teilhabeversicherung mit (individueller) ergänzender Bedarfsfeststellung Auswahl zu klärender Fragen: • Wie viel Personal benötigt man dafür? • Was für eine Organisation ist dafür nötig? • Wer ist für das Verfahren, die Ermittlung, die Planung zuständig? • Wie stelle ich Anbietervielfalt und Qualität der Leistung her? 16 Änderung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs (Szenario 2) • ASMK 2011 fordert neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff (unter Vorarbeit und Mitwirkung des Deutschen Vereins) • Ziele der ASMK: – Förderung der ambulanten Versorgung und wohnortnahen Leistungen – Vernetzung von ambulanten/stationären Leistungen – Stärkung der Infrastruktur (z.B. durch den Ausbau der Pflegeberatung) • Instrument: Neue Bestimmung des Grades der Pflege im NBA – maßgeblich: Grad der Selbstständigkeit (Teilhabeorientierung) 17 Änderung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs (Szenario 2) Erhebliche Unterschiede zwischen alten Pflegestufen und neuen Bedarfsgraden • Anderer Maßstab: Zeitaufwand vs. Grad der Selbständigkeit • Andere Inhalte: Begrenzung auf Alltagsverrichtungen vs. umfassendes Verständnis von Pflegebedürftigkeit • Andere Spreizung der Stufen bzw. andere Abstände zwischen den Stufen (!) 18 Änderung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs (Szenario 2) Acht Module zur Bestimmung der Pflegebedürftigkeit 1. Mobilität 2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten 3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen 4. Selbstversorgung 5. Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen und Belastungen 6. Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte 7. Außerhäusliche Aktivitäten 8. Haushaltsführung 19 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt Daniel Heinisch wissenschaftlicher Referent Arbeitsfeld IV – Alter, Pflege, Rehabilitation und Gesundheit Tel.: (030) 62 980 309 Fax: (030) 62 980 350 heinisch@deutscher-verein.de Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. Michaelkirchstr. 17/18 D - 10179 Berlin www.deutscher-verein.de 20 Rhein-Erft-Kreis Information Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Fachtagung am 06. März 2012 in Pulheim (Abtei Brauweiler) Foren Tagungsdokumentation FORUM I ____________________________________________________________ Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Fachtagung des Rhein-Erft-Kreises in Kooperation mit dem Demenz-Servicezentrum Region Köln und das südliche Rheinland und der Gold-Kraemer-Stiftung am 06.03.2012 in der Abtei Brauweiler in Pulheim Forum I: Das Menschenbild in der Alten- und Behindertenhilfe – wie begegnen wir den Menschen mit Demenz/mit Behinderung? Moderatoren: Änne Türke, Demenz-Servicezentrum Susanne Röbel, Landesinitiative Demenz-Service-NRW Gerlinde Strunk-Richter, Landesinitiative-DemenzService-NRW Einführung in den Workshop Die Alten- und Behindertenhilfe ist in ihrem Selbstverständnis und der Frage „Wie begegne ich meinen Klient(inn)en, Bewohner(inne)n oder Patient(inn)en“ durch eine historische Entwicklung der jeweiligen Fachdisziplinen geprägt. Und auch in unserem beruflichen und/oder ehrenamtlichen Handeln spiegeln sich diese Prägungen, die eine Ausbildung, ein Studium oder einfach eine bestimmte Zeit mit sich bringen, wider. Während die Behindertenhilfe in der Vergangenheit nach dem zweiten Weltkrieg zunächst von Verwahrung, später jedoch mehr und mehr von Bestrebungen zu Selbstbestimmung und Normalisierung für Menschen mit geistiger Behinderung bis hin zu Integrations- und Inklusionsbemühungen geprägt war, zeigt sich in der Kranken- und Altenpflege eine starke christliche Prägung. Das Menschenbild bezieht sich hier auf den caritativen Aspekt der Nächstenliebe und führt dies bis heute im Sinne von Fürsorge als implizites Handlungsprinzip weiter. Dass der jeweilige Zugang zu Menschen mit Behinderung und Demenz sehr stark vor dem Hintergrund eines fachbezogenen Selbstverständnisses zu sehen ist, soll im Workshop anhand sehr unterschiedlicher Schlagworte diskutiert werden. FORUM I ____________________________________________________________ Die Schlagworte lauten: Ganzheitlichkeit Tagesstrukturierung Assistenz Normalitätsprinzip Fürsorge Personenzentrierung Begleitung/Betreuung Förderung Biografieorientierung Rehabilitation Pflege Integration/Inklusion Diskussion: Anhand dieser Schlagworte konnten die Teilnehmenden ihren Zugang zu Menschen mit Demenz und/oder geistiger Behinderung umreißen. In der Diskussion wurde folgende handlungsleitende Frage erörtert: Mit welchem dieser Schlagworte aus den Berufsfeldern Heilpädagogik bzw. (Kranken-)Pflege identifizieren Sie sich beruflich oder in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit am stärksten? Warum identifizieren Sie sich mit diesem Schlagwort? Aus den einzelnen Diskussionsbeiträgen sollte in einem zweiten Schritt nach den Schnittstellen zwischen den zugrundeliegenden fachspezifischen Prägungen gesucht werden. (Wo gibt es Schnittstellen zwischen beiden Berufssparten? Was können wir voneinander lernen?) Ergebnisse: Die Mehrzahl der Diskussionsteilnehmer/innen entschied sich bei ihrer Wahl für die Worte „Betreuung und Begleitung“. Vor allem Menschen, die im Ehrenamt für Menschen mit Demenz engagiert sind, sehen ihre Rolle in der Begleitung. Die Tätigkeit in zum Beispiel einem niedrigschwelligen Betreuungsangebot zielt auf die Gewährung von Lebensqualität der erkrankten Menschen. Als wichtiger Punkt wurde im Plenum auch der Normalisierungsgedanke für Menschen mit Behinderung und Menschen mit Demenz erachtet. FORUM I ____________________________________________________________ Das Leben mit einer Behinderung und/oder einer Demenz sollte keinen Sonderstatus verbunden mit Einschränkungen und Tabuisierung innerhalb der Gesellschaft einnehmen. Damit eng zusammenhängend erschien den Teilnehmenden auch der Integrationsund Inklusionsgedanke. Ausgehend von diesen Aspekten stellt sich die Frage, ob Mitarbeitende aus der Altenhilfe und Mitarbeitende aus der Behindertenhilfe für ihre tägliche Arbeit verbindende Elemente in ihrer Grundhaltung den Menschen mit geistiger Behinderung/mit Demenz gegenüber erkennen und für den Umgang mit ihren Klient(inn)en nutzen können. Sowohl in der Arbeit mit geistig behinderten Menschen als auch in der Arbeit mit dementiell erkrankten Menschen ist ein einfühlsamer und wertschätzender Umgang sowie eine vertraute bzw. Vertrauen-schaffende Umgebung wesentlicher Bestandteil der Arbeit und Begleitung. Um dieser Herausforderung begegnen zu können, erscheint die Einbeziehung und das Wissen um die Biografie der Klientinnen und Klienten von entscheidender Bedeutung zu sein. Da sowohl die Behindertenhilfe als auch die Altenhilfe dieses Grundprinzip ihres Handelns kennen und nutzen, stellt es eine besondere Ressource für die Arbeit mit Menschen dar, die eine geistige Behinderung haben und zusätzlich eine Demenz entwickeln. Der Zugang zu den Menschen kann damit wesentlich erleichtert werden. Nichtsdestotrotz sind darüber hinaus weitere pflege- bzw. demenzspezifische Kompetenzen für Vertreter/innen beider Berufsgruppen von Bedeutung, die zum Beispiel im Rahmen der Aus- und Weiterbildung stärker vermittelt werden müssten. Für das Forum I: Frau Türke FORUM II ____________________________________________________________ Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Fachtagung des Rhein-Erft-Kreises in Kooperation mit dem Demenz-Servicezentrum Region Köln und das südliche Rheinland und der Gold-Kraemer-Stiftung am 06.03.2012 in der Abtei Brauweiler in Pulheim Forum II: Diagnostische Aspekte Moderatoren: Dr. med. Tilmann Fey Ute Hauck In Forum II waren Mitarbeiter des stationären und ambulanten Bereiches der Eingliederungshilfe, verschiedener Beratungsangebote, Vertreter des Kreises und ehrenamtlich Engagierte vertreten. Die Lebenserwartung von Menschen mit geistiger Behinderung ist deutlich gestiegen und gleicht sich allmählich der durchschnittlichen Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung an. Dadurch kommen zunehmend auch bei ihnen demenzielle Erkrankungen vor. Da dies oftmals früher und im Vergleich mit der entsprechenden Altersgruppe der Gesamtbevölkerung häufiger auftritt, wird es immer notwendiger, Demenzerkrankungen bei Menschen mit einer geistigen Behinderung frühzeitig zu erkennen, um eine angemessene Behandlung und Betreuung ermöglichen zu können. Demenzielle Erkrankungen werden bei Menschen mit geistiger Behinderung oftmals nicht direkt erkannt, da die Symptomatik der geistigen Behinderung oder dem Alter zugeschrieben werden. Aufgrund bereits bestehender kognitiver Einschränkungen sind Symptome schwieriger zuzuordnen. Gängige Testungen setzen eine durchschnittliche Leistungsfähigkeit vor Ausbruch der Erkrankung voraus, weshalb sie bei Menschen mit einer geistigen Behinderung keinen oder nur bedingt Einsatz finden können. Gleich zu Beginn des Austausches wurde deutlich, dass bei den Anwesenden bisher noch große Unsicherheit in Bezug auf die Diagnostik einer Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung besteht. Nur wenige der Anwesenden konnten von konkreten Praxisbeispielen mit einer gesicherten Diagnose berichten. FORUM II ____________________________________________________________ Vielmehr wurde bei einer Vielzahl der von den Anwesenden betreuten Menschen mit geistiger Behinderung eine Demenz vermutet, eine diagnostische Abklärung war jedoch noch nicht erfolgt. Allen gemeinsam war der Wunsch nach Handwerkszeug, welches einerseits auf dem Weg zu einer gesicherten Diagnose hilfreich ist und anschließend auch einen adäquaten Umgang mit den betroffenen Personen ermöglicht. Herr Dr. Fey erläuterte in diesem Zusammenhang noch einmal die Wichtigkeit der Fremdbeobachtung bei der Erstellung der Diagnose Demenz im Bereich der Betreuung und Begleitung von Menschen mit geistiger Behinderung. Die üblichen diagnostischen Regeln, Testverfahren und die Auswertung von Frühwarnzeichen finden bei Menschen mit geistiger Behinderung nur bedingt Anwendung, da die Symptome sehr unterschiedlich und eher unspezifisch sind. Vielmehr kann auftretendes auffälliges Verhalten, das in Verbindung mit der geistigen Behinderung steht, mit den Frühwarnzeichen einer Demenz verwechselt werden (z.B. Rückzugstendenzen, Stereotypien, Autoaggressionen, Fremdaggressionen, Hyperaktivität, Kontaktdistanzprobleme). Der Abbau kognitiver und körperlicher Funktionen bei Menschen mit geistiger Behinderung ist einfacher bestimmbar, wenn Vergleichsdaten aus Zeiten vorliegen, in denen noch keine Anzeichen einer Demenz vorhanden waren. In einigen Fällen bietet es sich zudem an, mit Hilfe der Lumbalpunktion eine größere Trennschärfe in Bezug auf die Diagnose Demenz zu erhalten. Insgesamt besteht bei Menschen mit einer geistigen Behinderung verstärkt die Gefahr, dass psychiatrische Diagnosen „übersehen“ werden. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass nahezu alle psychiatrischen Diagnosen bei Menschen mit geistiger Behinderung viermal so häufig auftreten. Anschließend wurde der Einsatz und die Wirksamkeit der unterschiedlichen Medikamente zur Behandlung einer Demenz näher erläutert. Herr Dr. Fey ging in diesem Zusammenhang auf den Einsatz der Cholinesterasehemmer intensiver ein. Er wies darauf hin, dass das zwischenzeitliche Absetzten der Medikamente zur Behandlung einer Demenz zwar deren Wirksamkeit verdeutlicht, nach der erneuten Einnahme das gleiche Wirkungsniveau aber oftmals nicht mehr erreicht werden kann. Auf die Frage des Umgangs im Alltag mit Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz betonte Herr Dr. Fey, dass der Zugang vornehmlich auf der emotionalen FORUM II ____________________________________________________________ Ebene gelingen kann und der Schwerpunkt demzufolge weniger auf dem Training kognitiver Fähigkeiten liegen sollte. Zum Abschluss wurde das Recht des Einzelnen auf eine gesicherte Diagnose diskutiert. Hierbei wurde deutlich, dass nur eine abgesicherte Diagnose eine adäquate Behandlung ermöglicht. Zudem ermöglicht sie dem Umfeld, Verhaltensweisen besser einordnen zu können und im Umgang mit den Betroffenen zu berücksichtigen, um Überforderungen im Alltag entgegenzuwirken. Für das Forum II: Ute Hauck FORUM II III ________________________________________ ________________________________________ ____________________ ____________________ ____________________ Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Fachtagung des RheinRhein-ErftErft-Kreises in Kooperation mit dem Demenz--Servicezentrum Region Köln und das südliche Rheinland Demenz Gold--Kraemer Kraemer--Stiftung am 06.03.2012 und der Gold in der Abtei Brauweiler in Pulheim Forum II III: Rechtliche Aspekte SGB XI/SGB XII Moderatoren: Moderatoren: KarlKarl-Ernst Forisch Daniel Heinisch Grundlage des Forums war der Vortrag "Rechtliche Rahmenbedingungen Eingliederungshilfe und Pflege" von Herrn Daniel Heinisch (Hinweis: Dieser ist Bestandteil der Niederschrift der Fachtagung). Als Ergebnis des Dialogs wurde festgestellt, dass ein "Systemwechsel" hin zur Zusammenführung der Eingliederungshilfe und der (Hilfe zur) Pflege unter Berücksichtigung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs notwendig ist. Hierbei handelt es sich um die Eckpunkte für die Reformgesetzgebung, die von der Bund--Länder nder--Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe bereits Bund 2009 der Arbeits-/Sozialministerkonferenz vorgelegt wurden. Sie enthalten für den Prozess der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe grundlegende Richtungsvorgaben und regen die Verknüpfung der beiden Reformprozesse in der Eingliederungshilfe und in der Pflege an. Für die zukünftige Gestaltung der Schnittstelle zur Pflege sind folgende Punkte bedeutsam: Die Leistungen sollen personenorientiert sein, d.h. sich an dem individuellen Unterstützungsbedarf des Menschen ausrichten und nicht mehr nach der Wohnform unterscheiden. Bei weiterhin offenem Leistungskatalog sollen die Leistungen der Eingliederungshilfe daher als individuelle, bedarfsdeckende Fachleistungen ausgestaltet sein in Abgrenzung zu den allgemeinen, daneben möglichen, existenzsichernden Leistungen zum Lebensunterhalt und zum Wohnen. FORUM II III ________________________________________ ________________________________________ ____________________ ____________________ ____________________ Die Kriterien der individuellen Bedarfsermittlung sollen nach bundeseinheitlichen Maßstäben entwickelt werden und sich auf alle Lebenslagen des Menschen erstrecken. Zusätzlich soll der Mensch mit Behinderungen während des gesamten Prozesses im erforderlichen Umfang durch ein partizipativ gestaltetes Teilhabemanagement unterstützt und begleitet werden. Die Gesamtsteuerungsverantwortung der Teilhabeleistung von der Bedarfsfeststellung bis zur Wirkungskontrolle soll den Trägern der Sozialhilfe obliegen. Dazu sollen diese eine trägerübergreifende Koordinations- und Strukturverantwortung unter Beteiligung des jeweiligen Menschen mit Behinderungen erhalten. Die besondere Bedeutung der Herstellung eines inklusiven Sozialraums wird betont und als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe qualifiziert. Der hierzu ergangene Beschluss der ASMK (Arbeits-/Sozialministerkonferenz) 2009 den Bund um die Vorlage eines Reformgesetzes zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zu bitten - wurde von den Forumsteilnehmern einhellig begrüßt. Der Erfolg der angestrebten Weiterentwicklungen ist in der Pflege und der Eingliederungshilfe gleichermaßen von einer am Leitbild der Inklusion und möglichst weitgehenden Barrierefreiheit ausgerichteten Sozialraumgestaltung abhängig. Vor dem Hintergrund der zukünftigen Herausforderungen einer älter werdenden Gesellschaft nimmt die Sozialraumorientierung nicht nur zugunsten von Menschen mit Behinderungen einen zentralen Stellenwert ein. Dabei handelt es sich um den Aus- und Aufbau sozialräumlicher Unterstützungsstrukturen wie Barrierefreiheit, ehrenamtliche Aktivitäten und wohnortnahe Begegnungs- und Beratungsangebote im Rahmen der Daseinsvorsorge. Den Kommunen kommt für die grundlegende Sozialraumgestaltung die entscheidende Bedeutung zu. Zugleich sind aber auch die Rahmenbedingungen für eine Steuerung und Koordinierung auf Kreis-, auf Landesund auf Bundesebene darauf auszurichten, um eine inklusive sozialräumliche Gestaltung auf lokaler Ebene soweit wie möglich zu unterstützen. Dazu bedarf es eines Bewusstseins um die Wirkungszusammenhänge der unterschiedlichen Politikbereiche auf den verschiedenen Ebenen. Die jeweiligen Maßnahmen müssen auf das gemeinsame Ziel einer den Bedürfnissen pflegebedürftiger und behinderter Menschen entsprechenden sozialräumlichen Gestaltung abgestimmt werden sowie FORUM II III ________________________________________ ________________________________________ ____________________ ____________________ ____________________ in ihrer jeweiligen Wirkung aufeinander. Dieser Auftrag erfordert die Zusammenarbeit vieler Akteure sowie eine Bewusstseinsbildung zum alltäglichen, respektvollen Umgang und Miteinander aller Menschen und somit eine inklusive Gesellschaft aft. Gesellsch aft Für das Forum III: Karl-Ernst Forisch Rhein-Erft-Kreis Information Demenz bei Menschen mit geistiger Behinderung Fachtagung am 06. März 2012 in Pulheim (Abtei Brauweiler) Bilder Tagungsdokumentation BILDER ____________________________________________________________ BILDER ____________________________________________________________ BILDER ____________________________________________________________ BILDER ____________________________________________________________