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6 Agrar-Steuern Agrar-Recht AgrB Agrarbetrieb Agrar-Taxation 1. Jahrgang 2015 ISSN 2199-9376 2015 Gossert Ohne besonderes Format: Saisonarbeitskräfte als Zankapfel für die große Erbschaftsteuerreform Stephany Der Tierwohlzuschuss und seine steuerliche Behandlung Beer Steuerliche Entnahmewerte für die Abgabe von Wärme Hoffmann Erste praktische Erfahrungen mit der Anwendung der Mindestlohnregelung im Gartenbau und in der Landwirtschaft Marburger Besonderheiten im Leistungsbereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung Wenzl / Steinhorst / Thummert 60 HLBS-Tagungen: Entwicklungslinien der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit Spinda / Thummert / Uherek Auskünfte zu Vergleichspreisen für landwirtschaftliche Nutzflächen bei den Gutachterausschüssen Herausgeber-Beirat: Prof. Dr. E. Bahrs Dipl.-Ing. M. Biederbeck RA Dr. M. von Bockum RA, Notar Dr. P. Fiedler RA I. Glas StB E. Gossert Notar Prof. Dr. Dr. H. Grziwotz RA, vBP Dr. Th. Hahn Dipl.-Ing. agr. Dr. H. P. Jennissen Dipl.-Ing. agr. Prof. Dr. A. Mährlein RA Prof. Dr. D. J. Piltz StB W. Stalbold RA, StB R. Stephany RiBFH M. Wittwer Herausgeber: Zeitschrift für das gesamte Recht der Land- und Forstwirtschaft, die Wirtschaftsund Steuerberatung sowie das Sachverständigenwesen im ländlichen Raum r & Partner, Sachverständige ist durch eine Vielzahl von ichungen und Vorträgen der Wertermittlung hervor- bs.de Erbauseinandersetzung zur Pflichtteilsermittlung Matthias Biederbeck, Erbauseinandersetzung zur Pflichtteilsermittlung Schriftenreihe AGRAR-TAX Ertragswertermittlung gemäß § 2049 BGB Sachverständigen-Gutachten Biederbeck Dipl.-Ing. Matthias Biederbeck, ö.b.v. SV Erbauseinandersetzung zur Pflichtteilsermittlung Ertragswertermittlung gemäß § 2049 BGB Biederbeck r: NEUERSCHEINUNG Heft 120 Sachverständigen-Gutachten 04.09.2015 10:05:53 NEUAUFLAGE Landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts HLBS-Musterverträge Mustervertrag mit Erläuterungen Vertragsklauseln auf CD-ROM utor: er Fiedler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und schaftsrecht, Fachanwalt für enrecht; i Dehne, Ringe, Grages, Bolte anwälte und Notare, Elze w.hlbs.de HLBS Verlag / Schriftenreihe AGRAR-TAX Heft 120 1. Auflage 2015 / 124 Seiten ISBN 978-3-89187-406-6 32,00 € (zzgl. Versandkosten) Fiedler Landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts 2., überarbeitete Auflage Mustervertrag mit Erläuterungen Vertragsklauseln auf CD-ROM von Rechtsanwalt und Notar Dr. Peter Fiedler HLBS-Musterverträge / 2., überarbeitete Auflage 2015 40 Seiten / ISBN 978-3-89187-067-9 32,00 € (zzgl. Versandkosten) 29.09.2015 15:06:04 Bestellungen an: HLBS Verlag GmbH Engeldamm 70 • 10179 Berlin • Telefon 030/2008 967-50 • Telefax 030/2008 967-59 • verlag@hlbs.de www.hlbs.de unter Medien/Bücher Editorial Agrarbetrieb Editorial Ohne besonderes Format: Saisonarbeitskräfte als Zankapfel für die große Erbschaftsteuerreform Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater Ernst Gossert, ECOVIS BayLa-Union GmbH Steuerberatungsgesellschaft, München; Vorsitzender HLBS-Fachausschuss Steuerberatung D ie durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 ausgelöste dritte Erbschaftsteuerreform biegt auf die Zielgerade ein. Nachdem das Eckpunktepapier von Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble als Regierungsentwurf abgeändert und in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wurde, liegt zwischenzeitlich die erste Stellungnahme des Bundesrats und die Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu vor. Nach der Anhörung der Verbände am 17. Oktober 2015 sind die Ausschüsse nunmehr mit der Feinabstimmung beauftragt, um parallel dazu einen politischen Konsens zu den noch offenen Differenzen zwischen Bundestag und Bundesrat herbeiführen zu können. Was zunächst als redaktioneller Fehler im Gesetzgebungsverfahren vom Bundesfinanzministerium abgetan wurde, hat sich jedoch zwischenzeitlich zu einem äußerst kritischen Punkt entwickelt. Während die große Erbschaftsteuerreform vorher keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Besteuerung der landwirtschaftlichen Hofübergaben hatte, kann sich nunmehr die Schwierigkeit der Lohnsummenregelung durchaus für künftige Hofübergaben zu einem echten Problemfall entwickeln. Wie ich bereits erläutert habe, bleiben die Bewertungsregelungen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ebenso unverändert wie die grundsätzliche Begünstigung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens im bewertungsrechtlichen Sinne und der selbstbewirtschafteten Grundstücke des Grundvermögens. Der ganze Änderungsbedarf rund um die Frage des schädlichen Verwaltungsvermögens oder die Neudefinition des begünstigten Vermögens betrifft daher die Masse der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe nicht. Lediglich die Betriebe, welche ertragsteuerlich als Gewerbebetriebe einzustufen sind, können hiervon betroffen sein. Vermögen, das bewertungsrechtlich nicht als begünstigtes land- und forstwirtschaftliches Vermögen einzustufen ist, wie zum Beispiel fremdvermietete Immobilien, ist auch bislang schon im landwirtschaftlichen Erbschaftsteuerrecht voll zu versteuern. Die Problematik der Mitbegünstigung von Verwaltungsvermögen ist daher kein Thema für die Land- und Forstwirtschaft. Auch aufgrund der günstigen Bewertung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe werden die zusätzlichen Verschonungsbedarfsprüfungen oder die Abschmelzmodelle bei Übertragung von Großunternehmen mit Unternehmenswerten von mehr als 26 Millionen Euro für die wenigsten land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in Zukunft eine umstrittene Herausforderung darstellen. Auch bei der Lohnsummenregelung war nach bisherigem Recht der Betriebsinhaber nicht gefordert, da insbesondere nicht ganzjährig beschäftigte Arbeitnehmer wie Saisonarbeitskräfte hierbei nicht mit einzurechnen waren. Nachdem im Gesetzesentwurf dieser Halbsatz gestrichen wurde und damit auch nicht ganzjährig Beschäftigte bei der Ermittlung der Lohnsumme mit zu berücksichtigen sind, hat sich hier jedoch eine Wende ergeben. Aus diesem redaktionellen Versehen bei Erstellung des Gesetzestextes wurde dies zu einer Grundsatzfrage hochstilisiert, nachdem ein entsprechender Antrag im Bundesrat, Saisonarbeitskräfte auch weiterhin auszunehmen, mit 15 zu 1 Stimmen abgewiesen wurde. Nach unbestätigten Gerüchten soll der Streitpunkt der Einbeziehung der Saisonarbeitskräfte vonseiten des Bundesrats dazu AgrB 6-2015 Editorial Agrarbetrieb dienen, entsprechende Verhandlungspositionen für die finale Debatte über die letzten offenen Punkte der Erbschaftsteuerreform zu schaffen. Es bleibt an dieser Stelle nur zu hoffen, dass die Thematik der Saisonarbeitskräfte nicht ein Bauernopfer in den politischen Rangeleien zur Erbschaftsteuerreform wird. Denn die Einbeziehung von Saisonarbeitskräften führt dazu, dass eine Vielzahl landwirtschaftlicher Betriebe für die Erlangung der erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen auf die Einhaltung der Lohnsummen achten müssen. Und gerade die Thematik der Saisonarbeitskräfte zeigt deutlich, welchen Schwankungen hier die Beschäftigtenzahlen und als Folge daraus auch die Lohnsummen unterliegen. Die für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft im Prinzip leicht zugängliche Optionsverschonung mit vollständiger Freistellung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens von Erbschaft- und Schenkungsteuerzahlungen hätte dann zur Folge, dass der Übernehmer des landwirtschaftlichen Betriebs in den nachfolgenden sieben Jahren jeweils 100 %, in Summe 700 % der durchschnittlichen Lohnsumme aufzubringen hätte. Alleine durch den Aspekt der steigenden Mindestlöhne im Bereich der Land- und Forstwirtschaft wird den Landwirten mit dieser Forderung eine sehr schwer realisierbare Pflicht auferlegt. So ist zu hoffen, dass die entsprechenden Eingaben des HLBS und des Deutschen Bauernverbands zur Herstellung der ursprünglichen Rechtslage, aber auch zur Nichteinbeziehung von mitarbeitenden Familienangehörigen, bei der Gesetzesbeschlussfassung Berücksichtigung finden. In der Hoffnung, mit meinem Appell keine Fehlbitte an die Politiker geleistet zu haben, wünsche ich Ihnen noch eine spannende Lektüre der neuen Ausgabe unserer Zeitschrift „Agrarbetrieb“. München, im November 2015 Anzeige A9-00.31.11_AZ_Bieterverfahren_184x59,5 4c_ZW.indd 1 23.10.15 14:55 AgrB 6-2015 Agrarbetrieb Inhalt Inhalt Meldungen........................................................................................................................................................................................................................................... 4 Aufsätze und Urteile......................................................................................................................................................................................................................... 9 Agrar-Steuern Stephany, Der Tierwohlzuschuss und seine steuerliche Behandlung................................................................................................................................ 9 Beer, Steuerliche Entnahmewerte für die Abgabe von Wärme.........................................................................................................................................13 BFH, Bewertung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben bei gemeinschaftlicher Tierhaltung (Kretz) .................................................18 BFH, Anforderungen an eine Schätzung durch Zeitreihenvergleich (Beer)..................................................................................................................19 Hessisches FG, Keine Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim bei unentgeltlicher Überlassung (Hettenhausen)...........................22 BFH, Unentgeltliche Übertragung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt (Beer).........................................................................23 BFH, Einspruch durch einfache E-Mail (Glas)..........................................................................................................................................................................24 FG Köln, Keine Fristverlängerung für die Abgabe einer Einkommensteuererklärung bei ausstehenden Grundlagenbescheiden (Beer).....26 FG Schleswig-Holstein, Umsätze eines gemeinnützigen Pferdesportvereins aus Pferdepensionleistungen unterliegen dem Regelsteuersatz (Horn)....................................................................................................................................................................................................................27 BFH, Auflösung einer Ansparrücklage kann zur Überschreitung der Gewinngrenze nach § 7g EStG führen (Barkhaus).............................29 BayLfSt, Altenteilsleistungen: aktuelle Veranlagungshinweise, Nichtbeanstandungsgrenzen (König)...............................................................31 Agrar-Recht Hoffmann, Erste praktische Erfahrungen mit der Anwendung der Mindestlohnregelung im Gartenbau und in der Landwirtschaft.....33 Marburger, Besonderheiten im Leistungsbereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung.......................................................................38 BSG, Hauptberuflichkeit einer Beschäftigung oder einer landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit (Marburger)......................................43 OVG Lüneburg, Zwingende Rückforderung von Fördermitteln bei fehlenden schriftlichen Mitteilungen über Vorhabensänderungen (Leibold)..................................................................................................................................................................................................44 VG Trier, Privilegiertes Bauvorhaben beim landwirtschaftlichen Nebenerwerb (von Bockum)..............................................................................46 BVerwG, Gemeinden dürfen Pferdesteuer erheben (Riegler)............................................................................................................................................47 OLG Jena, Erbteilsübertragung als Umgehung der Genehmigungspflicht nach dem Grundstückverkehrsgesetz (Grziwotz)....................48 BGH, Enteignung zugunsten der Errichtung eines Windparks (von Bockum)..............................................................................................................49 AG Cottbus, Beanstandung von Landpachtverträgen nach dem Landpachtverkehrsgesetz (Nehls)..................................................................50 OLG Hamm, Tücken bei der Hoferbfolge (Lückemeier)........................................................................................................................................................51 LG Berlin, EHEC-Krise: Kein Schadensersatz wegen Umsatzeinbußen (von Bockum)................................................................................................53 Agrar-Taxation Wenzl, Steinhorst, Thummert, 60 HLBS-Tagungen: Entwicklungslinien der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit....................55 Spinda, Thummert, Uherek, Auskünfte zu Vergleichspreisen für landwirtschaftliche Nutzflächen bei den Gutachterausschüssen ........63 OLG Zweibrücken, Kein Vergütungsanspruch des Sachverständigen bei Schätzung des Verkehrswerts (Leisse)...........................................68 OLG Oldenburg, Keine Haftung des Verkäufers für Befunderhebungsfehler des Tierarztes bei Ankaufsuntersuchung (Leisse)...............68 Medien.................................................................................................................................................................................................................................................70 Impressum Die Zeitschrift Agrarbetrieb erscheint zweimonatlich (Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember); Zitierweise: AgrB Ausgabe/Jahrgang/Seite, z.B. AgrB 6-2015 S. 34 Herausgeber: Hauptverband der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen e.V. – HLBS e.V., Berlin Herausgeber-Beirat: Prof. Dr. Enno Bahrs, Universität Hohenheim; Dipl.-Ing. Matthias Biederbeck, ö.b.v. SV; Rechtsanwalt Dr. Modest von Bockum; Rechtsanwalt Dr. Peter Fiedler, Notar; Rechtsanwalt Ingo Glas; Dipl.-Finw. (FH) Ernst Gossert, Steuerberater; Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz, Notar; Rechtsanwalt Dr. Thomas Hahn, vereidigter Buchprüfer; Dipl.-Ing. agr. Dr. Heinz Peter Jennissen, ö.b.v. SV; Dipl.-Ing. agr. Prof. Dr. Albrecht Mährlein, ö.b.v. SV; Rechtsanwalt Prof. Dr. Detlev J. Piltz; Dipl.-Ing. agr. Walter Stalbold, Steuerberater; Rechtsanwalt Ralf Stephany, Steuerberater; Richter am Bundesfinanzhof Meinhard Wittwer Verlag: HLBS Verlag GmbH, Engeldamm 70, 10179 Berlin, Telefon: 030/200 89 67 50 Telefax: 030/200 89 67 59, E-Mail: verlag@hlbs.de, Internet: www@hlbs.de Redaktion: Diplom-Kaufmann Udo Reuß, Philipp-Stöhr-Weg 18, 97447 Gerolzhofen, Telefon: 0170/467 41 67, E-Mail: agrarbetrieb@hlbs.de; Rechtsanwalt Stefan Wiemuth, HLBS Verlag Anzeigenkoordination: ServiceCenter Herrmann GmbH, Oppenhoffallee 115, 52066 Aachen, Telefon: 0241/997 634 11, Telefax: 0241/997 634 12, E-Mail: anzeigen-hlbs@sc-herrmann.de Layout/Satz: Satzkasten, Stuttgart Druck: Ludwig Austermeier Offsetdruck OHG, Berlin Bezugspreis: Der Abonnement-Preis für ein Jahr beträgt 198,- €, für Mitglieder des HLBS e.V. 134,- €, jeweils zzgl. Versandkosten. Für Neuzugänge innerhalb des laufenden Kalender jahres erfolgt die Berechnung anteilig. Die Kündigung des Zeitschriftenabonnements ist mit einer Frist von 6 Wochen zum Ende eines Kalenderjahres möglich. ISSN: 2199–9376 AgrB 6-2015 4 Meldungen Steueränderungsgesetz 2015, Abfärberegelung, Umsatzsteuer und Erbschaftsteuerreform sorgten für rege Diskussionen bei der 66. HLBS-Steuerfachtagung Rund 300 Teilnehmer erlebten am 29./30. Oktober eine interessante und spannende 66. HLBS-Steuerfachtagung in Berlin. Wie jedes Jahr wurden aktuelle und problematische Themenfelder aus der Besteuerung von Land- und Forstwirten fundiert dargestellt. Bei einigen Themen wurden engagierte Diskussionsbeiträge eingebracht. So sorgte insbesondere die gewerbliche Infektion landwirtschaftlicher Einkünfte für zahlreiche Nachfragen. Auch die umsatzsteuerliche Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen gab Anlass zur Diskussion, da die steuerlichen Konsequenzen in der Praxis noch nicht eingängig zur Kenntnis genommen wurden. Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens wird derzeit erarbeitet Mit einem Impulsvortrag über die Chancen und Risiken einer Automatisierung des Besteuerungsverfahrens für den Berufsstand befasste sich WP/StB Dr. Ferdinand Rüchardt. Auf Basis des Beziehungs- und Kommunikationsdreiecks Mandanten, Steuerberater und Finanzamt beleuchtete er bisherige IT-Projekte der Finanzverwaltung und konzentrierte sich dann auf die Vollmachtsdatenbank, die vorausgefüllte Steuererklärung, elektronische Belege sowie auf die anstehenden Änderungen der Abgabenordnung Voraussichtlich im nächsten Jahr wird das „Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens“ verabschiedet, welches dann ab 2017 umgesetzt wird. Voraussichtlich im ersten Halbjahr wird das Gesetzgebungsverfahren hierzu wahrscheinlich abgeschlossen sein. Viele Eckpunkte sind regelungsbedürftig: ●● Vollmachtsdatenbank und Zugriffsrechte werden in § 80a Abgabenordnung normiert; ein darin registrierter Steuerberater darf dann die dort hinterlegten Daten für die Besteuerung abrufen; ●● elektronische Belege; ●● Rückübermittlung von Bescheiddaten; ●● Abfrage von Daten Dritter. Derzeitiger Diskussionsentwurf stellt Rationalisierungsmöglichkeiten in der Finanzverwaltung in den Mittelpunkt Besonders kritisch setzte sich Dr. Rüchardt in seinem sehr visuell einprägsamen und informativen Vortrag mit der Zielstruktur des Risikomanagementsystems der Finanzverwaltung auseinander. Neben der maschinellen Veranlagung wird es – unter Beachtung bestimmter Risikokriterien – auch künftig persönliche Veranlagungen durch Finanzbeamte geben. Die Methodik dahinter müsse jedoch transparent und rechtsstaatlich überprüfbar sein, mahnte der Steuerberater: „Bei Zweifelsfällen muss der Amtsermittlungsgrundsatz gelten.“ Derzeit dränge sich der Eindruck auf, dass die Optimierungsmöglichkeiten der Digitalisierung nur einseitig für die Finanzverwaltung geschaffen würden, stellte HLBS-Präsident Dr. Jürgen Jaeschke im Rahmen seiner Eröffnungsansprache fest. Auch die Steuerberater und Mandanten müssten hiervon stärker profitieren, forderte er. Dr. Rüchardt ergänzte: „Es muss ausgeschlossen werden, dass gesetzlich festgeschrieben wird, was nicht technisch umgesetzt werden kann“. Hierzu wies er auf die verpflichtende Übermittlung der E-Bilanz hin, die das Finanzamt noch nicht nutzen kann. Eine verpflichtende Umsetzung dürfe frühestens nach den Erfahrungen einer Pilotphase vorgeschrieben werden. Zudem „muss der Schutz der persönlichen Daten gewährleistet sein“. Dr. Rüchardt: „Beratung statt Datentypisten“ Der Geschäftsführer der Ecovis BLB Steuerberatungsgesellschaft in München folgerte aus den Digitalisierungsentwicklungen, dass „Steuerberatung 4.0 nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf“. Steuerberater müssten sich jetzt organisatorisch entsprechend aufstellen. Eine reine Datentypistentätigkeit sei nicht mehr zeitgemäß. Die softwaretechnische Bearbeitung von Rechnungswesen- und Steuerdaten würde jedenfalls weiterhin enorm fortschreiten. Die voranschreitende Digitalisierung könnte letztlich viele Steuerberater und Buchhalter in der Existenz gefährden, wenn sie sich nicht rechtzeitig darauf einstellen würden. Dr. Rüchardt: „Beratung statt analoge Dateneingabe“ sei das Gebot der Stunde und sichere die Daseinsberechtigung. Jaeschke antwortete auf Rüchardts aufrüttelnde Hinweise mit den Worten „Die Zukunft hat begonnen und wird immer schneller.“ Heftige Kritik am aktuellen Gesetzentwurf zur Erbschaftsteuerreform Für richtigen Unmut sorgt der Fiskus bei einem anderen Gesetzgebungsverfahren. In einem Parforceritt stellte StB Ernst Gossert den aktuellen Sachstand der bis zum 30.6.2016 umzusetzenden Erbschaftsteuerreform nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil dar. Der aktuelle Gesetzesentwurf wurde im Finanzausschuss des Bundestags von den meisten Sachverständigen regelrecht zerrissen. Folge: Der bisherige Zeitplan der Gesetzgebung wurde außer Kraft gesetzt. Eine rechtzeitige Umsetzung der verfassungsrechtlich gebotenen Änderungen ist derzeit unsicher. Andererseits ist der Problemdruck hoch, weil die Erbschaftsteuer vermutlich ab dem 1.7.2016 nicht mehr erhoben werden dürfte, bliebe sie unverändert. Umso größer sei die Gefahr, dass nicht sachgerechte Lösungen Gesetz werden könnten, um Ausfälle für die Länder zu vermeiden. Gossert, der Vorsitzender des HLBS-Steuerausschusses ist, schlussfolgerte: „Unter der Annahme, dass die Saisonarbeitskräfte wie bisher aus der Lohnsummenregelung ausscheiden, dürfte die Erbschaftsteuerreform die große Masse der landund forstwirtschaftlichen Betriebe nach heutiger Sicht nicht betreffen. Es ist trotzdem unverzichtbar, dass die Verbände auf der Zielgeraden diese aus der Sicht der Landwirtschaft noch erforderlichen Änderungen am Gesetz einfordern. Sollte dies gelingen, besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf, AgrB 6-2015 Meldungen noch überstürzt Vermögen auf die nachfolgende Generation zu übertragen. Ohnehin sollte eine Übergabe niemals aus rein steuerlichen Gründen erfolgen. Erst wenn sichergestellt ist, dass auch die übrigen, außersteuerlichen Aspekte der Betriebsübertragung geklärt sind, kann das Thema Hofübergabe angegangen werden.“ Mehr zum aktuellen Stand in Gosserts Editorial ab Seite 1 in diesem Heft. Steueränderungsgesetz 2015 im Bundesrat verabschiedet Beim Steueränderungsgesetz 2015 (StÄndG) wurde hingegen bereits der Gesetzgebungsprozess abgeschlossen. Am 16.10.2015 hat der Bundesrat zugestimmt. Erst kurz zuvor erhielt das Restantengesetz einen neuen Namen. Zuvor hieß es noch „Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“. RA Stefan Walter, Referatsleiter Steuerpolitik/Steuerrecht beim Deutschen Bauernverband, stellte die wichtigsten Inhalte dieses Gesetzes für Land- und Forstwirte vor: ●● Investitionsabzugsbetrag (§ 7g EStG): Abschaffung der Funktionsbenennungserfordernisse ab 2016: Künftig ist weder Funktionsangabe noch Investitionsabsicht notwendig; der Abzugsbetrag ist dann für bewegliche Wirtschaftsgüter frei verwendbar. Eine Hinzurechnung für ein beliebiges Wirtschaftsgut kann erfolgen (Abs. 2). Eingeführt wird eine Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Abzugsbeträge, die nur bei unbilligen Härten auf Antrag ausgenommen werden kann. ●● Bereits für Umwandlungen seit dem 31.12.2014 wurden Besteuerungslücken in den §§ 20-24 Umwandlungssteuergesetz geschlossen: Einschränkung der Möglichkeiten zur Erbringung steuerneutraler sonstiger Gegenleistungen bei Einbringung von Betriebsvermögen (Hintergrund: „Porsche-Deal“); Begrenzung der Zuzahlungsmöglichkeiten auf 25 % des Buchwerts und maximal 500.000 € (höchstens aber den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens); Grenzen gelten auch für den qualifizierten Anteilstausch. ●● Anpassung des Sachwertverfahrens an die Sachwertrichtlinie (§ 190 BewG): Reduzierung der Nutzungsdauern von Gebäuden; Anpassung der Regelherstellkosten (Anlage 24 Bewertungsgesetz) an den Baukostenindex des Statistischen Bundesamts. ●● Vor allem Gartenbaubetriebe sind vom neu eingefügten § 2b UStG zur Umsatzsteuerbefreiung von Leistungen der öffentlichen Hand betroffen: Neuregelung der Unternehmereigenschaft der öffentlichen Hand (keine Unternehmereigenschaft juristischer Personen des öffentlichen Rechts, jPdöR, bei Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt; Leistungen auf privatrechtlicher Basis bleiben umsatzsteuerpflichtig); keine Befreiung, wenn die Umsatzsteuerfreiheit zu „größeren Wettbewerbsverzerrungen“ führt; dies ist z. B. nicht der Fall, wenn der Jahresumsatz der jPdöR aus gleichartigen Tätigkeiten voraussichtlich nicht mehr als 17.500 € Umsatz beträgt und vergleichbare Leistungen privater Unternehmen AgrB 6-2015 5 aufgrund von Steuerbefreiungen nicht steuerbar sind. Interkommunale Zusammenarbeit wird in § 2b Abs. 3 UStG umsatzsteuerbefreit. Keine Veränderung gibt es bei den Tätigkeiten juristischer Personen des öffentlichen Rechts i.S.d. § 2 Abs. 3 UStG a.F. (BLE-Tätigkeit, Notare in BadenWürttemberg, Leistungen der Vermessungsbehörden usw.). ●● Ausgeweitet wird voraussichtlich bereits in diesem Jahr die Möglichkeit der Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG: Reinvestition in Wirtschaftsgüter einer ausländischen Betriebsstätte war bislang nicht begünstigt; nach dem EuGH-Urteil vom 16.4.2015 – Rs. C 591/13 wird § 6b EStG dementsprechend angepasst. Bei Ersatzinvestitionen in Betriebsstätten im EU/EWR-Raum gibt es ein Wahlrecht: gleichmäßige Gewinnverteilung auf fünf Jahre oder sofortige Besteuerung des Buchgewinns: Dies soll auf alle offenen Fälle rückwirkend anwendbar sein. ●● Neuregelung der Ersatzbemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer: Anpassung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – Beschlüsse vom 23.6.2015 – 1 BvL 13/11 und 1 BvL 14/11; vgl. Urteilskommentierung von Beer in Agrarbetrieb 5/2015, S. 29 ff.; Unvereinbarkeit der Ersatzbemessungsgrundlage §§ 8 Abs. 2 GrEStG, 138 ff. BewG mit dem Grundgesetz; Bewertung künftig nach §§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 157 ff. BewG; Grundbesitzbewertungen nach dem „gemeinen Wert“ (für Erbschaft- und Schenkungsteuer seit 2009); Anwendung rückwirkend für Erwerbsvorgänge, die seit dem 31.12.2008 realisiert wurden; keine rückwirkende Änderung von vorläufigen Steuerbescheiden (§§ 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO); Anwendung der Neuregelung rückwirkend nur möglich, wenn noch keine Steuerfestsetzung erfolgt ist, gegen eine Steuerfestsetzung Einspruch eingelegt wurde, über den noch nicht entschieden wurde (Rücknahme möglich) oder ein Klageverfahren anhängig ist. Die meisten der weiteren Änderungen des StÄndG gelten ab 2016. Walter fasste auch die weiteren in diesem Jahr bereits beschlossenen Gesetzesänderungen zusammen: Bürokratieentlastungsgesetz sowie Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags. Dargestellt sind diese Änderungen in Agrarbetrieb 4/2015, Seite 16-20. Zudem gab der Referatsleiter vom Bauernverband einen Ausblick auf das „Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens“, die Erbschaftsteuerreform und die geplante Neuregelung der Grundsteuer. Detaillierter dargestellt werden das Steueränderungsgesetz und die aktuellen Gesetzesvorhaben in Agrarbetrieb 1/2016. Ebenfalls in den nächsten Heften ausführlich dargestellt werden die Probleme rund um den Nießbrauch im Betriebsvermögen. Prof. Dr. Marcel Krumm von der Universität Münster thematisierte diese aus ertrag- und erbschaftsteuerlicher Sicht, RA/FAStR/StB Arno Ruffer von der BSB-GmbH in Münster aus umsatzsteuerlicher Sicht. 6 Meldungen Wichtige Rechtsprechung für den LuF-Bereich Aktuelle Rechtsprechung im Bereich der landwirtschaftlichen Ertragsbesteuerung stellte Meinhard Wittwer, Richter am IV. Senat des Bundesfinanzhofs, vor. Die angesprochenen Probleme waren: ●● Investitionsabzugsbetrag in Gründungsfällen, ●● Buchwertabspaltung bei Holzeinschlag, ●● Wegfall der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ohne vorherige Mitteilung, ●● keine Pflicht zur Aktivierung eines Instandhaltungsanspruchs, ●● Behandlung von Darlehen einer KG an ihre Kommanditisten, ●● Zuordnung eines Angehörigen-Darlehens zum Betriebsvermögen, ●● Gesamtplanrechtsprechung aus Sicht des IV. Senats: Buchwertübertragung eines Mitunternehmeranteils trotz vorheriger Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen, Tarifbegünstigung des Gewinns aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils und Tarifbegünstigung des Betriebsaufgabegewinns trotz vorheriger Ausgliederung einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, ●● Abschreibungen in Ergänzungsbilanz bei Anteilserwerb. Investitionsabzugsbetrag Auf die Rechtsprechungsentwicklung zum Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG konzentriert hat sich StBin Brigitte Barkhaus von der LBH Steuerberatungsgesellschaft im hessischen Friedrichsdorf. Erst wenige Tage vor ihrem Vortrag veröffentlichte der BFH seinen Beschluss des Großen Senats vom 14.4.2015 – GrS 2/12. Im nächsten Heft wird Frau Barkhaus diesen Beschluss ausführlich darstellen und kommentieren. Probleme bei Mitunternehmerschaften Ebenfalls drei aktuelle, wegweisende – aber noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlichte – BFH-Urteile gaben den Anstoß für das Referat von RA/StB Ralf Stephany, Geschäftsführer der Bonner PARTA Buchstelle für Landwirtschaft und Gartenbau. Dabei geht es um die neuen Geringfügigkeitsregeln des BFH, ab wann gewerbliche Einkünfte LuF-Einkünfte infizieren. Stephany stellte eine nachvollziehbare Prüfungssystematik vor. Demnach ist auf der ersten Stufe bei der Zuordnung gewerblicher Aktivitäten zu differenzieren zwischen LuF-nahe gewerblichen Tätigkeiten (R 15.5 EStR) und originär gewerblicher Tätigkeit (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Auf der zweiten Stufe sind die neuen Größenmerkmale des BFH (absolut und relativ) bezüglich des Umsatzes zu prüfen. Beide Grenzen sind nebeneinander anzuwenden und selbstständig zu prüfen. Stephanys Aussagen zur faktischen Ehegatten-Gemeinschaft trafen auf heftigen Widerspruch von Oberamtsrat a.D. Gerhard Hiller und Steueroberamtsrat Hans-Wilhelm Giere vom Niedersächsischen Finanzministerium. Beide sehen darin eine GbR, sodass eine Ehegatten-Gemeinschaft abfärben könne. Es gäbe keine faktischen Gesellschaften. Stephany vertritt hingegen die Ansicht, dass Abfärberegelungen für faktische LuF-EhegattenGemeinschaften nicht anwendbar seien. Konkretisierende Rechtsprechung zur buchwertverknüpften Übertragung von Wirtschaftsgütern im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 EStG und bei Realteilung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG führte StB Stefan Heins von der Kieler Wetreu aus. Mit forstwirtschaftlichen Steuerfragen setzte sich StB Dr. Richard Moser von Dr. Moser & Collegen aus Göttingen auseinander. Der Kieler StB Helmut Wienroth beantwortete Praxisfragen zur Wohnhausentnahme und zur steuerfreien Entnahme von Grundstücken zur Errichtung von Betriebsleiter- und Altenteilerwohnungen gemäß § 13 Abs. 4 und 5 EStG. In diesem Zusammenhang stellte er u. a. das missliebige Urteil des FG Baden-Württemberg vom 15.5.2012 (EFG 2012, S. 1545) vor. Derzeit ist beim BFH die Revision anhängig (Az. IV R 21/12). Umsatzsteuerliche Zuordnung von Wirtschaftsgütern Anforderungen an die Entscheidung zur umsatzsteuerlichen Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmensvermögen und ihre rechtliche Konsequenzen erläuterte Oberamtsrätin Nicola Reiling vom Umsatzsteuerreferat der OFD Karlsruhe. Die Probleme der Praxis ergäben sich vor allem aus den teils privat und betrieblich genutzten Wirtschaftsgütern. Sie mahnte eindrücklich den 31. Mai des Folgejahres als verbindliche Frist für die Zuordnung gegenüber dem Finanzamt an. Zu dokumentieren sei dies entweder im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung in Form eines Vorsteuerabzugs oder per schriftliche Erklärung. Bei einer bilanziellen Behandlung sei die Gefahr des Fristversäumnisses hoch. Konsequenz: Mindestens für ein Jahr könnte der Vorsteuerabzug verloren gehen. Bei einer teilweisen Nutzung bei Durchschnittssatzbesteuerung und privater Zwecke verbleibe nur die schriftliche Erklärung als nachvollziehbare Dokumentation. Reilings Tipp: Grundstücke sollten immer komplett dem betrieblichen Bereich zugeordnet werden, weil diese steuerfrei veräußert werden können. In einem Aufsatz können die weiteren Ausführungen der Umsatzsteuerexpertin demnächst im Agrarbetrieb nachgelesen werden. Mindestlohn und Mindestlohndokumentations-Verordnung Bereits in dieser Ausgabe zu finden sind die wichtigsten Informationen und ersten Urteile zur Anwendung der Mindestlohnregelung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die RA Romana Hoffmann, Justiziarin des Zentralverbands Gartenbau, gab. Ausführlich ging sie auch auf die Dokumentationserleichterungen ein. Demnach gibt es keine Aufzeichnungspflichten mehr für Ehegatten oder Lebenspartner, Eltern und Kinder des Arbeitsgebers. Die weiteren Erleichterungen der Mindestlohndokumentations-Verordnung gelten jedoch nicht für Betriebe, die unter den Geltungsbereich des Mindestentgelttarifvertrags fallen. Dazu zählen aber bäuerliche Betriebe. Fachausstellung Neben den umfassenden Fachvorträgen konnten sich die Besucher in der Ausstellung über spezielle Software für das Rechnungswesen und die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Unternehmen, Verlagslösungen und weitere Dienstleistungen informieren. Es stellten aus: HLBS Verlag, Addison AgrB 6-2015 Meldungen 7 Anzeige Agrosoft, Datev, Formatic, Neue Landbuch Gesellschaft (nlb), Land-Data, Atikon und Simba. Rahmenprogramm Am Abend des ersten Tags der Steuerfachtagung konnten die Teilnehmer Teilbereiche des Deutschen Technikmuseums während einer Führung kennenlernen, etwa den Bereich Flugzeug, Auto oder Eisenbahn. Im Hauptstadtrestaurant Gendarmerie fand der Tag einen stilvollen und angenehmen Ausklang bei einem ansprechenden Abendessen. Insgesamt überzeugte die 66. HLBS-Steuerfachtagung mit profunden Fachvorträgen und den Möglichkeiten untereinander zu netzwerken. Davon machten viele der 300 Besucher regen Gebrauch und hatten so doppelten Gewinn aus dieser Jahresveranstaltung für Steuerexperten im Agrarbereich. Autor: Udo Reuß, verantwortlicher Redakteur Agrarbetrieb Umsatzsteuer für Pferdepensionsleistungen Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 27.8.2015 zur „Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung (§ 24 UStG) auf Umsätze an Nichtlandwirte“ Stellung genommen. Das Schreiben nimmt Bezug auf die Urteile des BFH vom 10.9.2014 – XI R 33/13 und vom 21.1.2015 – XI R 13/13. In dem Schreiben wird geregelt, wann eine begünstigte landwirtschaftliche und eine nicht begünstigte gewerbliche Pferdepension vorliegt. Mehr Freude an der Buchführung … mit den flexiblen nlb-Software-Assistenten für Steuerberater und deren Mandanten Quelle: www.bundesfinanzministerium.de Neue Vordrucke für die landwirtschaftliche Gewinnermittlung In einem Schreiben vom 22.10.2015 hat das BMF die Vordrucke „Anlage 13a“ und „Anlage AV 13a“ für das Wirtschaftsjahr 2015 bzw. die abweichenden Wirtschaftsjahre 2015/2016 veröffentlicht. Sie dienen der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG. Zur Übermittlung der Gewinnermittlung gemäß § 13a Abs. 3 Satz 4 EStG hat das BMF ein gesondertes Schreiben angekündigt. Unsere Buchführungsprogramme werden speziell für die Anforderungen der Landwirtschaft entwickelt – leistungsstark und anwenderfreundlich. Mit unserem Modular-Konzept haben Sie immer Ihre passenden nlb-Software-Assistenten zur Verfügung – stets aktuell! Zu diesem Software-Paket bieten wir Ihnen einen umfassenden Support und Schulungen. Verlassen Sie sich auf unsere Kompetenz – wir freuen uns auf eine Zusammenarbeit! Quelle: BMF-Schreiben vom 22.10.2015 – IV C7 - S 2149/15/10002 Steuerliche Hilfen für süddeutsche Landwirte Durch die Trockenheit und die Hitze geschädigte landwirtschaftliche Betriebe in Süddeutschland erhalten Hilfe im steuerlichen Bereich: Baden-Württemberg und Bayern haben die Finanzämter angewiesen, das steuerrechtliche Instrumentarium soweit wie möglich auszuschöpfen. AgrB 6-2015 chst freundli nlb Neue Landbuch Gesellschaft Tel. 04231 9552-0 info@nlb.de www.nlb.de 8 Meldungen Damit soll dabei geholfen werden, die teilweise erheblichen finanziellen Belastungen und Ernteeinbußen abzufedern. Infrage kommen insbesondere Maßnahmen wie Steuerstundungen ohne Stundungszinsen, Herabsetzungen der Vorauszahlungen für Einkommen- und Körperschaftsteuer oder auch ein vorübergehender Aufschub von Vollstreckungsmaßnahmen unter Verzicht auf Säumniszuschläge. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen das zuständige Finanzamt durch entsprechende Anträge über die durch die Trockenheit hervorgerufenen Belastungen informieren. In begründeten Fällen werde den Betroffenen umgehend geholfen, so Schmid. Auf die steuerlichen Hilfsmaßnahmen in Bayern soll durch Presseveröffentlichungen, Aushang im Finanzamt oder in anderer geeigneter Weise hingewiesen werden. Quellen: Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg und Bayerisches Finanzministerium Informeller EU-Agrarrat: Hogan verteilt Hilfen Deutschland soll 69 Mio. € aus dem EU-Agrarhaushalt für notleidende Landwirte bekommen. Die EU-Kommission legt vor allem die nationale Milcherzeugung für die Verteilung der Mittel zugrunde. EU-Agrarkommissar Phil Hogan verteilte 420 Mio. € an die 28 EU-Mitgliedstaaten als wesentlichen Bestandteil seines Hilfspakets. Für Deutschland sind 69 Mio. € vorgesehen, für Frankreich 62 Mio. €, für das Vereinigte Königreich 36 Mio. €, für die Niederlande 30 Mio. €, Polen 29 Mio. €, für Spanien und Italien jeweils 25 Mio. € und für Österreich 7 Mio. €. Die EU-Kommission musste schnell handeln, um den zusätzlichen Finanzbedarf noch im EU-Haushalt 2016 zu verankern. In Deutschland soll das Geld für zinsverbilligte Kredite für Landwirte mit Liquiditätsschwierigkeiten verwendet werden. Hogan will die Kontrollen für die Direktzahlungen einschränken, damit die EU-Mitgliedstaaten pünktlich zum 16. Oktober den Landwirten eine Abschlagszahlung von 70 % gewähren können. Auf Vor-Ort-Kontrollen will die EU-Kommission eventuell verzichten. Weiterhin soll die private Lagerhaltung (PLH) für Milchpulver verbessert werden. Längere Einlagerungen von bis zu einem Jahr sind vorgesehen, wobei sich die monatlichen Lagerbeihilfen verdoppeln sollen. Für die PLH-Schweinefleisch soll die Einlagerung von Speck zugelassen werden, was bisher nicht möglich war. Quelle: Agrarzeitung.de vom 15.9.2015 EU-Agrarministerrat: Schmidt gegen Lagerhilfen Die private Lagerhaltung für Schweinefleisch soll bald wieder bezuschusst werden. Die EU-Kommission will damit den Markt entlasten. Agrarminister Christian Schmidt widerspricht. Eine breite Mehrheit im EU-Agrarrat begrüßte die Entscheidung, die private Lagerhaltung insbesondere für Schweinefleisch (PLH) wieder zu öffnen. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt gehörte zu den wenigen, die die Lagerhilfen für Schweinefleisch ablehnen. Die Auslagerung der im Frühjahr abgeschlossenen PLH-Verträge habe die übliche Belebung in der Grillsaison im Sommer deutlich gebremst, kritisierte der deutsche Minister die mangelnde Wirksamkeit der Maßnahme. Längere Einlagerungszeiten seien für Schweinefleisch aber nicht möglich, weil darunter der Qualität der Ware leide. Die PLH-Schweinefleisch kann nun mit einem Beschluss im Verwaltungsausschuss kurzfristig wieder geöffnet werden. Verbesserungen sieht die EU-Kommission auch für die Einlagerung von Magermilchpulver und Käse vor. Höhere Beihilfesätze und längere Einlagerungsperioden sieht die EU-Kommission für Molkereiprodukte vor, um einen Bumerangeffekt zu vermeiden. Die PLH-Käse beschränkte sich bisher auf Sorten mit geschützten Herkunftsbezeichnungen. Sie soll jetzt auch auf andere haltbare Sorten ausgeweitet werden. Für die PLH-Maßnahmen schätzt die EU-Kommission den Finanzbedarf auf ungefähr 50 Mio. €. Quelle: Agrarzeitung.de vom 8.9.2015 Investitionsförderung in Brandenburg: Ställe müssen mehr fürs Tierwohl bieten In Brandenburg sollen Stallneubauten nur noch dann staatlich bezuschusst werden, wenn besonders hohe Tierwohlstandards eingehalten werden. Landwirte, die in Brandenburg für einen Stallneubau Subventionen in Anspruch nehmen wollen, müssen ab 2017 besonders hohe Tierwohlstandards einhalten. Schon heute würden bei zwei Dritteln der Anträge die Höchstkriterien der Premiumförderung erfüllt, teilte das Landwirtschaftsministerium mit. Die Basisförderung, für die auch über die gesetzlichen Forderungen hinausgehende Kriterien festgelegt wurden, solle ab 2017 entfallen, erklärte Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger. Die Entscheidung sorge für Planungssicherheit und stärke das Tierwohl, so der Minister. Quelle: Agrarzeitung.de vom 7.9.2015 Bildung: Thüringen fördert den Agrarbereich Bis 2020 stellt der Freistaat 4 Mio. € für Bildungsmaßnahmen in der Forst- und Agrarbranche bereit. Besonders im Fokus stehen Auszubildende sowie der Ökosektor. In Thüringen hat die Antragsfrist auf Unterstützung von Bildungsmaßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft begonnen. In der neuen Förderperiode bis 2020 stehen dafür insgesamt 4 Mio. € zur Verfügung. Betriebsinhaber und Beschäftigte der Land- und Forstwirtschaft können für Weiterbildungsmaßnahmen Zuschüsse von bis zu 70 % erhalten. Besonders im Fokus stehen Vorhaben zum ökologischen Landbau und Bildungsmaßnahmen, die sich ausschließlich an Auszubildende richten. Hier wird ein erhöhter Fördersatz von 90 % gewährt. Quelle: Agrarzeitung.de vom 24.8.2015 AgrB 6-2015 Agrar-Steuern Der Tierwohlzuschuss und seine steuerliche Behandlung Aufsatz 9 Der Tierwohlzuschuss und seine steuerliche Behandlung von Rechtsanwalt, Steuerberater Ralph Stephany, Bonn D ie Grüne Woche 2015 war der Startschuss für die Initiative Tierwohl. Es handelt sich dabei um eine von Institutionen und Verbänden aus der Landwirtschaft, der Fleischwirtschaft und des Lebensmitteleinzelhandels getragene Initiative mit dem Ziel, Maßnahmen für Schweine und Geflügel in der Tierhaltung, der Tiergesundheit und dem Tierschutz zu verbessern. Die von den Landwirten zusätzlich ergriffenen Maßnahmen werden dadurch vergütet, dass die Verbraucher einen um 4 Cent pro Kilogramm höheren Preis an der Ladentheke zahlen. Mittlerweile sind schweinehaltende Betriebe zertifiziert worden und das Verfahren bei Geflügelbetrieben läuft an. Die Finanzverwaltung hat sich bereits zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Zahlung des Tierwohlzuschusses geäußert. Übersicht 1. Funktionsweise der Initiative Tierwohl 2. Steuerliche Beurteilung des Tierwohl-Zuschusses 2.1. Abwicklung der Auszahlung 2.2. Ertragsteuerliche Behandlung 2.3. Umsatzsteuerliche Behandlung 3.Fazit 1.Funktionsweise der Initiative Tierwohl Trägergesellschaft der Initiative Tierwohl ist die Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH (GmbH) mit Sitz in Bonn. Gesellschafter sind Verbände und Institutionen der Land- und Ernährungswirtschaft sowie aufseiten des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) u. a. die großen bekannten Ketten. Die GmbH nutzt eine Clearingstelle, die das Liquiditätsmanagement und die Zahlungsabwicklung durchführt. Der Tierwohl-Zuschuss wird vom LEH aufgebracht. Dieser zahlt bereits seit dem 1.1.2015 je kg verkauftem Schweine- und Geflügelfleisch 4 Cent in einen Tierwohl-Fonds ein. Zugesagt ist vom LEH ein garantierter Betrag von 255 Mio. € für die ersten drei Jahre, also 85 Mio. € pro Jahr. Die Zahlung des LEH in den Fonds erfolgt unabhängig davon, ob das jeweils verkaufte Schweine- oder Geflügelfleisch von Tierhaltern stammt, die sich der Initiative Tierwohl angeschlossen haben oder nicht. Ebenfalls erfolgt die Zahlung von 4 Cent/kg losgelöst vom jeweiligen Marktpreis für Schweine- oder Geflügelfleisch. Für die Initiative Tierwohl war es beim Start nicht planbar, wie viele Landwirte sich an den jeweiligen Verfahren im Schweine- und Geflügelbereich beteiligen, sodass nur so viele Tierhalter zugelassen werden können, wie prognostizierte Einnahmen vonseiten des LEH zu erwarten sind. Deshalb ist es dazu gekommen, dass viele Landwirte trotz einer Bewerbung nicht für eine Teilnahme zugelassen worden sind. Landwirte als Tierhalter mussten sich für eine Teilnahme an der Initiative Tierwohl bewerben und dafür ein Registrierungs- AgrB 6-2015 und Zulassungsverfahren, das sog. Audit, durchlaufen. Die landwirtschaftlichen Betriebe kennen diese Zertifizierungsverfahren bereits aus dem QS-Prüfsystem. Von den 2.142 teilnehmenden Betrieben mit Schweinehaltung haben 1.989 Betriebe das Erstaudit bestanden und sind nunmehr anspruchsberechtigt. Die Teilnahme der Landwirte ist unbefristet und kann mit sechsmonatiger Frist gekündigt werden, wobei eine Kündigung erst nach Ablauf von drei Jahren möglich ist. Mit der Teilnahme geht jeder Landwirt Verpflichtungen ein, die ihm von der Initiative Tierwohl entsprechend der Ausrichtung seines Betriebs (Schweinemast, Sauenhaltung, Ferkelerzeugung) auferlegt werden. Es handelt sich dabei um Grund- und Wahlpflichtkriterien (Tierwohlkriterien). Diese Kriterien müssen mindestens drei Jahre eingehalten werden. Sie werden von der Trägergesellschaft kontrolliert. Die teilnehmenden Landwirte erhalten für die Erfüllung der Tierwohlkriterien einen Tierwohl-Zuschuss. Dieser besteht für schweinehaltende Betriebe aus einem pauschalen Grundbetrag von 500 €/Jahr pro Standort sowie einem individuellen Zuschlag, der entsprechend der Wahlpflichtkriterien vergütet wird. Die Grundanforderungen für schweinehaltende Betriebe differieren geringfügig je nach Ausrichtung des Betriebs (Schweinemast, Ferkelaufzucht, Sauenbetrieb) und umfassen im Wesentlichen Kriterien zur Tierhaltung, Hygiene, Tiergesundheit, die Teilnahme am Antibiotika-Monitoring, ein Stallklimacheck mit Tränkewassercheck sowie die Erfüllung von Tageslichtanforderungen. Bei den Wahlpflichtkriterien muss eines der beiden Kriterien „10 % mehr Platzangebot“ oder „ständiger Zugang zu gesundheitlich unbedenklichem Raufutter“ verbindlich gewählt werden. Zudem können Landwirte wahlweise weitere Kriterien, wie z. B. zusätzliches organisches Beschäftigungsmaterial, eine weitere Anhebung des Platzangebots um 20 % oder 40 %, mehr Auslauf oder Außenklimareize wählen. Geflügelhaltende Betriebe konnten sich im Juni 2015 erstmals registrieren lassen und werden derzeit auditiert. Es handelt sich dabei um Hähnchen- und Putenmastbetriebe. Der Tierwohl-Zuschuss beträgt hier eine noch zu bestimmende Summe pro kg Lebendgewicht der verkauften Tiere, gestaffelt nach Hähnchenmast- und Putenmastbetrieben. Landwirte kennen Zertifizierungsstellen, Bündler und Auditoren bereits seit einigen Jahren. Es ist also kein neues Verfahren, 10 Aufsatz Der Tierwohlzuschuss und seine steuerliche Behandlung was hier auf die Beine gestellt wird, sondern es wird auf bekannte Verfahren in der Landwirtschaft zurückgegriffen. Neu an diesem Verfahren ist, dass der LEH sich verbindlich verpflichtet hat, 4 Cent/kg gekauften Schweine- oder Geflügelfleisch einzubehalten, unabhängig vom tatsächlichen Marktpreis. Dieser Aufschlag auf den Marktpreis ist für den Verbraucher erkennbar und transparent, und dieser weiß somit, dass der von ihm entrichtete Betrag unmittelbar in die Verbesserung der Tierhaltung fließt. 2.Steuerliche Beurteilung des TierwohlZuschusses Die steuerliche Beurteilung des Tierwohl-Zuschusses hängt im Wesentlichen von der Art der Leistungsbeziehung zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb und insbesondere der Initiative Tierwohl ab. Landwirte haben zu Beginn einen zusätzlichen Aufwand, der sich in höheren Betriebsausgaben niederschlägt. Diese Aufwendungen werden erbracht, um auf der Einnahmenseite ein zusätzliches Entgelt, nämlich den Tierwohl-Zuschuss, für die veräußerten Tiere unabhängig vom Marktpreis zu erzielen. Der individuelle Tierwohl-Zuschuss jedes einzelnen Betriebs stellt sich demnach als Festbetrag dar, der zusätzlich zum Marktpreis für das verkaufte Tier in definierter Höhe gezahlt wird. Die Auszahlung selber wickelt die Initiative Tierwohl im Gutschriftsverfahren ab. Der Tierwohl-Zuschuss ist ein Nettobetrag, sodass die Umsatzsteuer auf die genannten Nettobeträge zusätzlich aufgeschlagen wird. 2.1 Abwicklung der Auszahlung Die Initiative Tierwohl hat sich ein relativ kompliziertes Verfahren zur Auszahlung ausgedacht, um die sich erst langsam aufbauende Liquidität des Fonds zu berücksichtigen. So stellt die Initiative Tierwohl bzw. die Clearingstelle nach Ablauf eines Quartals am 1. Kalendertag des Folgequartals fest, wie hoch der jeweilige Tierwohl-Zuschuss des teilnehmenden Betriebs ist. Die Auszahlung dieses so festgestellten Tierwohl-Zuschusses erfolgt aber erst sechs Monate nach der Festsetzung, also zwei Quartale später. Agrar-Steuern Beispiel: Schweinehalter S hat sich im Rahmen der Anmeldefrist beworben und hat am 2.5.2015 die Mitteilung erhalten, dass er teilnehmen kann. Ab diesem Zeitpunkt beginnt auch die Frist zur Einhaltung der Tierwohl-Kriterien. Am 1.7.2015 teilt ihm die Clearingstelle mit, wie hoch sein Anspruch auf Auszahlung seines Tierwohl-Zuschusses für das 2. Quartal 2015 ist. Der Tierwohl-Zuschuss wird dann am 2.1.2016 ausgezahlt. Danach ergibt sich folgende Feststellungs- und Auszahlungstabelle: Erfüllung der Feststellung Auszahlung Tierwohl-Kriterien des Auszahlungsanspruchs I. Quartal 1. April 1. Oktober II. Quartal 1. Juli 1. Januar des Folgejahres III. Quartal 1. Oktober 1. April des Folgejahres IV. Quartal 1. Januar 1. Juli 2.2 Ertragsteuerliche Behandlung Zu differenzieren sind hier die Betriebsausgaben sowie die Betriebseinnahmen. 2.2.1.Betriebsausgaben Sämtliche Maßnahmen, die der landwirtschaftliche Unternehmer ergreift, sind ohne Weiteres als Betriebsaufwand geltend zu machen. Soweit Wirtschaftsgüter angeschafft werden, wird es sich im Wesentlichen um geringfügige Wirtschaftsgüter wie z. B. das zusätzliche organische Beschäftigungsmaterial handeln. Gegebenenfalls ist darauf zu achten, ob durch Veränderungen an der Gebäudesubstanz Erhaltensaufwand oder aktivierungspflichtiger Aufwand entsteht. Bei der Gewinnermittlung gem. § 13a EStG sind solche Aufwendungen mit dem Grundbetrag abgegolten und können daher nicht gesondert in Abzug gebracht werden. AgrB 6-2015 Agrar-Steuern 2.2.2.Betriebseinnahmen Die Zahlungen der Initiative Tierwohl bzw. der Clearingstelle an die beteiligten Landwirte stellen zusätzliches Entgelt für die Erzeugung und Veräußerung von Tieren dar. Es handelt sich um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 13 EStG. Betriebe mit gewerblicher Tierhaltung, die also die Vieheinheitengrenzen überschritten haben, werden generell nicht zur Teilnahme zugelassen, da die Flächen-Tier-Relationen nicht eingehalten werden. Abhängig von den einzelnen Gewinnermittlungsarten für landwirtschaftliche Betriebe ist der Tierwohl-Zuschuss ertragsteuerlich folgendermaßen zu behandeln: Gewinnermittlung gem. § 13a EStG Auch nach der Neufassung des § 13a EStG ist der TierwohlZuschuss mit dem Grundbetrag abgegolten. Der TierwohlZuschuss ist übliches Entgelt für die Tierzucht und die Tierhaltung und fließt damit bereits in die Grundbetragsermittlung ein. Die zusätzlichen Maßnahmen, die die landwirtschaftlichen Betriebe zur Erfüllung der Tierwohl-Kriterien ergriffen haben, können bei dieser Gewinnermittlungsart nicht als Betriebsaufwand geltend gemacht werden. Die Ausgaben sind ebenfalls mit dem Grundbetrag abgegolten. Zu berücksichtigen ist bei § 13a EStG, dass ab dem Wirtschaftsjahr (WJ) 2015/2016 ab der 26. VE/Betrieb ein Zuschlag von 300 € je weitere VE zu erfolgen hat (Anlage 1a zu § 13a EStG). Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG Erfolgt die Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG, gilt das Zufluss- und Abflussprinzip des § 11 EStG. Der Tierwohl-Zuschuss ist daher erst bei Zufluss zu erfassen. Die Zuflusstermine ergeben sich aus der vorgenannten Tabelle. Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG Soweit die Betriebe gem. § 141 AO zur Buchführung verpflichtet sind oder freiwillig Bücher führen, ist zu prüfen, ob zum Ende des jeweiligen WJ am 30.4. oder 30.6 eines Jahres eventuell entstandene und bereits festgesetzte Quartale durch die Initiative Tierwohl gewinnerhöhend als Forderung zu erfassen sind. Für das Regelwirtschaftsjahr in der Land- und Forstwirtschaft vom 1.7. bis zum 30.6. werden dies das IV. Quartal und das I. Quartal sein, weil hier zum 1.1. bzw. 1.4. Zahlungen festgesetzt werden, die aber erst sechs Monate, also nach Ablauf des WJ, zur Auszahlung gebracht werden. Greift das Weidewirtschaftsjahr vom 1.5. bis zum 30.4., betrifft dies ebenfalls das IV. und I. Quartal, da auch hier zwar die Festsetzung des auszuzahlenden Tierwohl-Zuschusses am 1.1. bzw. 1.4. erfolgt, die Auszahlung selber jedoch erst sechs Monate später, also nach Ablauf des WJ, vollzogen wird. Der jeweilige Tierwohl-Zuschuss für das II. und III. Quartal fällt sowohl hinsichtlich der Festsetzung als auch der Auszahlung in das jeweilige WJ, sodass insoweit keine Abgrenzung zu erfolgen hat. Die am 1.7. bzw. am 1.10. festgesetzten Beträge werden am 2.1. bzw. 1.4. des Folgejahres ausgezahlt, aber innerhalb des laufenden WJ. AgrB 6-2015 Der Tierwohlzuschuss und seine steuerliche Behandlung Aufsatz 11 2.3 Umsatzsteuerliche Behandlung Die Initiative Tierwohl ist so konzipiert, dass die GmbH im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelt. Dadurch sollen teilnehmende Landwirte einen individuellen Zahlungsanspruch gegenüber der GmbH erhalten. Ebenso hat die GmbH einen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegenüber dem LEH. Leistungsbeziehungen der GmbH (Trägergesellschaft) bestehen daher einerseits mit dem LEH, andererseits mit dem Tierhalter. 2.3.1. Leistungsbeziehung mit dem LEH Die Leistungsbeziehung zwischen der GmbH und dem LEH ist davon gekennzeichnet, dass sich die Initiative Tierwohl verpflichtet hat, die teilnehmenden Landwirte als Tierhalter regelmäßig zu kontrollieren, Öffentlichkeitsarbeit durchzuführen und das Markenzeichen „Initiative Tierwohl“ dem LEH zur Verfügung zu stellen. Als Gegenleistung dafür entrichtet der LEH den bereits genannten Betrag von 4 Cent/kg verkauften Schweine- und Geflügelfleisch. Nach Auffassung der Finanzverwaltung (Schreiben des BMF vom 12.8.2015 an die Initiative Tierwohl, n.v.) erfolgt die Zahlung des LEH als Gegenleistung für sonstige Leistungen der GmbH. Deshalb unterliegen die Leistungen der GmbH dem Regelsteuersatz, sodass der LEH den Betrag von 4 Cent/kg verkauften Schweine- und Geflügelfleisch zuzüglich Umsatzsteuer abzuführen hat. Anzusetzen ist der Regelsteuersatz von 19 %. Diese Behandlung erscheint auch sachgerecht, weil ein entsprechender Leistungsaustausch zwischen der Trägergesellschaft und dem LEH dem Rahmen eines gegenseitig geschlossenen Vertrags vorliegt, in dem Leistung und Gegenleistung definiert werden. 2.3.2. Leistungsbeziehung mit den landwirtschaftlichen Betrieben Zunächst ist zu prüfen, ob überhaupt ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gegeben ist. So fehlt es z. B. bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen an einem Leistungsaustausch, wenn die Zahlung der Förderung der Tätigkeit des Empfängers aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen dient (FG Düsseldorf vom 23.5.2014 – 1 K 4581/12 U, EFG 2014 S. 1519). Solche Zuschüsse werden zur Förderung des leistenden Empfängers erbracht und nicht im überwiegenden Interesse des Leistungsempfängers. Auch eine Erfolgskontrolle führt allein nicht zu einem Leistungsaustausch. Allerdings hat der BFH auch entschieden, dass bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, immer von einem Leistungsaustausch auszugehen ist (BFH vom 18.12.2006 – V R 38/06, BStBl II 2009 S. 749). Von daher ist hier von einem Leistungsaustausch auszugehen, zumal die Zahlungen nicht von der öffentlichen Hand, sondern von einem privaten Unternehmen stammen. Bei dem steuerbaren und – mangels Steuerbefreiung – steuerpflichtigen Tierwohlzuschuss kann es sich um eine Zahlung von dritter Seite gem. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG oder ggf. um einen Zuschuss als zusätzliches Entgelt eines Dritten gem. Ab- 12 Aufsatz Der Tierwohlzuschuss und seine steuerliche Behandlung schn. 10.2 Abs. 4 UStAE handeln. Dies deshalb, weil die beteiligten Landwirte unabhängig von der Teilnahme an der Initia tive Tierwohl die von ihnen erzeugten Tiere an die nächste Erzeugerstufe oder die Schlachtbetriebe veräußern wollen und werden. Die beteiligten Landwirte erhalten daher mit dem Tierwohl-Zuschuss ein zusätzliches Entgelt für die von ihnen veräußerten Tiere. In der Sache spielt die Unterscheidung aber keine Rolle, denn es ist jedenfalls von einem steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungsaustausch auszugehen. Aus Sicht der teilnehmenden Landwirte ist aber von entscheidender Bedeutung, ob auf diese Leistungsbeziehung die Sonderregelung der Umsatzsteuerpauschalierung gem. § 24 UStG angewendet werden kann oder nicht. Die Finanzverwaltung (Schreiben des BMF vom 12.8.2015 an die Initiative Tierwohl, n.v.) ist der Auffassung, dass die Zahlungen der GmbH an die beteiligten landwirtschaftlichen Betriebe nicht in den Anwendungsbereich der Durchschnittssatzbesteuerung gem. § 24 UStG fallen und daher den allgemeinen Regeln des UStG zu unterwerfen sind. Die Finanzverwaltung begründet dies damit, dass die von der GmbH empfangene Leistung in deren Sphäre nicht zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt wird. Aufgrund der Stellungnahme der Finanzverwaltung wird die Initiative Tierwohl den Tierwohl-Zuschuss bei der Auszahlung nicht der Umsatzsteuerpauschalierung gem. § 24 UStG unterwerfen, sondern den allgemeinen Regeln des UStG. Die Auffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich des Tierwohl-Zuschusses steht im Widerspruch zur Regelung des § 24 UStG sowie Art. 295 MwStSystRL. In den Anwendungsbereich der Umsatzsteuerpauschalierung gem. § 24 UStG fällt die Vermarktung der typischen Erzeugnisse eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Dies folgt aus Anhang VII, dem Verzeichnis der Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung i.S.d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 MwStSystRL. Maßnahmen der Tierproduktion, also der Tierzucht und der Tierhaltung i.V.m. der Bodenbewirtschaftung, fallen danach ausdrücklich in den Anwendungsbereich der Umsatzsteuerpauschalierung. Nach den vertraglichen Vereinbarungen verpflichten sich die teilnehmenden landwirtschaftlichen Betriebe gegenüber der Initiative Tierwohl, einen bestimmten Mehraufwand zu tragen, um einen höheren Veräußerungserlös für die von ihnen produzierten und zum Verkauf vorgesehenen Tiere zu erzielen. Es spielt dabei keine Rolle, dass dieser zusätzliche Veräußerungserlös unabhängig vom Marktpreis ausgeglichen wird. Die teilnehmenden Betriebe erhalten daher für die Gesamtmenge der von ihnen veräußerten Tiere den Tierwohl-Zuschuss und zusätzlich für jedes verkaufte Tier den entsprechenden individuell errechneten Verkaufserlös, der zum Stichtag des Verkaufs am Markt erzielbar ist und von den Schlachthöfen ausgekehrt wird. Die von den beteiligten landwirtschaftlichen Betrieben ergriffenen Tierwohl-Maßnahmen stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang zu Maßnahmen der Tierzucht und Tierhaltung, also der Tierproduktion insgesamt, sodass insoweit die Umsatzsteuerpauschalierung gem. § 24 UStG greift. Dies steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zur Frage der Unmittelbarkeit der Leistungen eines Land- und Forstwirts (BFH, Urteil vom 16.1.2014 – V R 26/13, BStBl. II S. 350). So hat der BFH aus- Agrar-Steuern geführt, dass die Unmittelbarkeit voraussetzt, dass die von der Vorschrift begünstigten Zwecke durch die jeweilige Leistung selbst gefördert oder begünstigt werden. Dies ist hier gewährleistet, denn die Vergütungen, die die teilnehmenden Betriebe für die Umsetzung der Tierwohl-Kriterien erhalten, dienen unmittelbar der Veräußerung der durch Tierzucht und Tierhaltung gewonnenen tierischen Produkte. Die Investitionen der landwirtschaftlichen Betriebe gemäß den Kriterienkatalogen, z. B. Verbesserung der Tierhaltung, Hygiene und Tiergesundheit, fördern den Zweck der Tierhaltung direkt und unmittelbar, sodass es sich um hierauf gerichtete Leistungen (BFH, Urteil vom 18.12.1996 – XI R 19/96, BStBl. II 1997 S. 334) handelt. Bei den Leistungen der landwirtschaftlichen Betriebe im Zusammenhang mit dem Tierwohl-Zuschuss handelt es sich daher um eine klassische und typische Tätigkeit der landwirtschaftlichen Erzeugung, die gem. § 24 UStG i.V.m. Art. 295 Abs. 1 Nr. 4, Anhang VII der MwStSystRL in den Anwendungsbereich der Umsatzsteuerpauschalierung fällt. Soweit der Betrieb zur Regelbesteuerung optiert hat, ist gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 von einem ermäßigten Umsatzsteuersatz i.H.v. 7 % auszugehen. 2.3.3Vorsteuerabzug Soweit nach der Auffassung des BMF von einem den allgemeinen Regeln des UStG zu unterwerfenden Umsatz auszugehen ist, haben die Betriebe im Gegenzug einen entsprechenden Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 UStG. Dies gilt in den Fällen, in denen der landwirtschaftliche Betrieb die Durchschnittssatzbesteuerung abgewählt und zur Regelbesteuerung optiert hat, oder auch in allen anderen Fällen, falls die Auffassung der Finanzverwaltung in dem BMF-Schreiben vom 12.8.2015 zutreffend sein sollte. Zum Vorsteuerabzug zuzulassen sind all die Maßnahmen, die unmittelbar ergriffen werden, um den Kriterienkatalog der Initiative Tierwohl zu erfüllen. Darüber hinaus ist aus den mittelbar angefallenen Kosten ebenfalls ein anteiliger Vorsteuerabzug geltend zu machen. Dabei handelt es sich insbesondere um die Maßnahmen, die für die Grundanforderungen des Kriterienkatalogs der Initiative Tierwohl zu erfüllen sind. Ohne die Einhaltung dieser Grundanforderungen, deren Rechtsgrundlage sich auch aus anderen Gesetzen ergibt, können die Betriebe aber nicht den Tierwohl-Zuschuss empfangen. Daher sind diese Kosten – anteilig – ebenfalls zum Vorsteuerabzug zuzulassen. In der Praxis wird es schwierig sein, eine genaue Abgrenzung zu finden. Deshalb wäre hier vorzuschlagen, einen pauschalen Vorsteuerabzug in Höhe von 10,7 % der Bruttozahlung der Initiative Tierwohl anzusetzen. Bekannterweise handelt es sich bei dem Satz von 10,7 % um die makroökonomisch berechnete Vorsteuerbelastung des Sektors Land- und Forstwirtschaft (Riegler, Besteuerung landwirtschaftlicher Umsätze nach Durchschnittssätzen, UR 2015, 329). Da alle Maßnahmen der tierhaltenden Betriebe mit der Erlangung des TierwohlZuschusses im Zusammenhang stehen, also z. B. auch der Einbau von Lüftungs- und Fütterungseinrichtungen in den Ställen, sodass ein anteiliger Vorsteuerabzug auch für diese Kosten zu erfolgen hätte. AgrB 6-2015 Agrar-Steuern Steuerliche Entnahmewerte für die Abgabe von Wärme 3.Fazit Land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die an der Initiative Tierwohl teilnehmen und einen entsprechenden TierwohlZuschuss erhalten, haben diese Zahlung entsprechend ihrer individuellen Gewinnermittlung ertragsteuerlich zu erfassen. Bilanzierende Landwirte gem. § 4 Abs. 1 EStG müssen insbesondere entstandene Forderungen im Jahresabschluss bereits berücksichtigen, die erst im Folgewirtschaftsjahr ausgezahlt werden. Umsatzsteuerlich ordnet die Finanzverwaltung die Zahlung den allgemeinen Grundsätzen zu und lehnt die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung gem. § 24 UStG ab. Diese Auffassung ist, wie aufgezeigt, nicht zutreffend, denn es handelt sich bei der Leistung der landwirtschaftlichen Betriebe um eine typische Erzeugertätigkeit im Rahmen von Tierzucht und Tierproduktion, auf welche die Umsatzsteuerpauschalierung Aufsatz 13 Anwendung findet. Für regelbesteuernde Betriebe greift der ermäßigte Steuersatz von 7 %. Aufgrund des Antwortschreibens des BMF an die Initiative Tierwohl ist gleichwohl davon auszugehen, dass die Auszahlung zunächst nicht mit dem Pauschalierungssatz gem. § 24 UStG erfolgt. Landwirte und ihre steuerlichen Berater sollten daher abwägen, ob gegen entsprechende Gutschriften ein Widerspruch gem. § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG einlegt wird. Soweit die Regelbesteuerung zur Anwendung kommt, darf auf keinen Fall ein entsprechender Vorsteuerabzug aus den durchgeführten Maßnahmen versäumt werden. Ralf Stephany, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Agrarrecht, Steuerberater Geschäftsführer der PARTA Buchstelle für Landwirtschaft und Gartenbau, Bonn Steuerliche Entnahmewerte für die Abgabe von Wärme von Diplom-Finanzwirt, Steuerberater Matthias Beer, Lüneburg E ntnahmewerte für die Abgabe von Wärme haben sowohl für die Einkommensteuer als auch für die Umsatzsteuer Bedeutung. Durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12.12.2012 – XI R 3/10, Bundessteuerblatt 2014, Teil II, Seite 809, und durch Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 19.9.2014, Bundessteuerblatt 2014, Teil I, Seite 1287) ist diese Frage vorrangig für umsatzsteuerliche Zwecke beleuchtet worden. In einer kritischen Prüfung geht der Beitrag der Frage nach, welche Folgen in einkommensteuerlicher und umsatzsteuerlicher Hinsicht aus dieser Rechtsentwicklung erwachsen, und fordert eine pragmatische Besteuerung auf der Grundlage des Menschenbilds vom „mündigen Bürger“ ein. Übersicht 1.Einführung 1.Einführung Nach der einkommensteuerlichen Dogmatik dürfen Entnahmen die betrieblichen Einkünfte, den „Gewinn“, nicht mindern. Nach R 4.3 Abs. 2 Satz 1 EStR wird ein Wirtschaftsgut entnommen, wenn es aus dem betrieblichen in den privaten oder einen anderen betriebsfremden Bereich übergeht. Abs. 3 dieser Fundstelle regelt, dass eine Entnahme regelmäßig eine Entnahmehandlung erfordert, die von einem Entnahmewillen getragen wird. Umsatzsteuerlich werden Entnahmen eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, einer entgeltlichen Lieferung gleichgestellt (§ 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG). Wärme gilt als Gegenstand im Sinne des Umsatzsteuerrechts (Art. 5 Abs. 2 der 6. Richtlinie 77/388/EWG des Rats vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer – Richtlinie 77/388/EWG). 2. Grundsatzentscheidung des BFH vom 12.12.2012 3.Umsetzung dieses Urteils durch das BMF-Schreiben vom 19.9.2014 4. Fallgruppe 1: Entnahme von Wärme bei Lieferung an Dritte gegen marktübliches Entgelt 5. Fallgruppe 2: Entnahme von Wärme ohne Lieferung an Dritte 6.Fallgruppe 3: Lieferung von Wärme an verbundene/nahestehende Personen ohne Entgelt bzw. ohne marktübliches Entgelt 7. Kritisches Fazit AgrB 6-2015 14 Aufsatz Steuerliche Entnahmewerte für die Abgabe von Wärme § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG verlangt, dass bei unentgeltlichen Wertabgaben im Sinne des § 3 Abs. 1b UStG die Selbstkosten anzusetzen sind, wenn es an einem Einkaufspreis mangelt. Die Selbstkosten lassen sich anhand der vom Unternehmer konkret getroffenen Investitionen hinlänglich sicher ermitteln. Daher verwundert es nicht, dass sich Rechtsprechung und Verwaltung gerade aus umsatzsteuerlicher Sicht mit der Bewertung „entnommener“ Wärme befasst haben. In praxi schlägt der für umsatzsteuerliche Zwecke nach Selbstkosten ermittelte Entnahmewert für Wärme auch auf die Einkommensbesteuerung durch. Hier ergibt sich oft eine von der Finanzverwaltung angenommene Gleichstellung von einkommensteuerlichem Teilwert und umsatzsteuerlichen Selbstkosten. 2. Grundsatzentscheidung des BFH vom 12.12.2012 Der für umsatzsteuerliche Zwecke beurteilte Fall betraf den Betreiber eines Blockheizkraftwerks. Dieses war in seinem Einfamilienhaus installiert und erzeugte neben Wärme auch Strom, der teilweise in das allgemeine Stromnetz eingespeist wurde. Der Kläger hatte das Blockheizkraftwerk zu 100 % seinem Unternehmensvermögen zugeordnet und dementsprechend aus den Eingangsleistungen zur Herstellung dieses Unternehmensgegenstands eine vollständige Vorsteuererstattung erlangt. Für die Verwendung der bei der Stromerzeugung erzeugten Wärme in seinem Einfamilienhaus setzte der Kläger einen deutlich unterhalb der Selbstkosten liegenden Entnahmewert an. In der Betriebsprüfung und auch im nachfolgenden Klageverfahren hatte das Finanzamt aber die Selbstkosten als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage verlangt. Diesen Ansatz hielt das Finanzamt für geboten, weil der Kläger die Wärme nicht eingekauft, sondern selbst hergestellt habe. Schon deshalb – so der Verwaltungsansatz – könnten als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe keine auf dem Energiemarkt angebotenen Preise anzusetzen sein. Ansonsten könne der von dem sich selbst versorgenden Unternehmer vorgenommene Vorsteuerabzug nicht in der Weise neutralisiert werden, dass dieser hinsichtlich der unentgeltlich abgegebenen Gegenstände wie ein vom Vorsteuerabzug ausgeschlossener privater Konsument behandelt werde. Eine Umsatzbesteuerung liefe nach den vom Gesetz vorgesehenen Selbstkosten ins Leere. Außerdem argumentierte das Finanzamt weiter, für mit Blockheizkraftwerken erzeugte Wärme lägen „mangels Markt“ überhaupt keine Einkaufspreise vor. In seiner Revisionsentscheidung hat der BFH vor seiner Prüfung des Entnahmewerts für Wärme eine grundsätzliche Beurteilung getroffen. Soweit bei der Wärmeenergiegewinnung aus technischen Gründen nicht zur Heizung nutzbare Abwärme anfällt, können diese Energiemengen nach Ansicht der Richter nicht als unentgeltliche Wertabgabe im Sinne von § 3 Abs. 1b UStG behandelt werden, weil insoweit keine willentliche Entnahme aus dem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, gegeben ist (vergleiche dazu Agrar-Steuern BFH-Urteil vom 3.11.1983 – V R 4-5/73, Bundessteuerblatt, Teil II, 1984,169). In der Wertfrage selbst verweist der BFH darauf, dass nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG vorrangig der Einkaufspreis anzusetzen ist; die Bewertung der unentgeltlichen Wertabgabe mit den Selbstkosten ist nur subsidiär vorzunehmen. Grundsätzlich soll der Unternehmer, der einen Gegenstand aus seinem Unternehmen für Zwecke entnimmt, die außerhalb des Unternehmens liegen, mit der Umsatzsteuer belastet werden, die im Zeitpunkt des Verbrauchs tatsächlich auf einem derartigen Gegenstand oder einem gleichartigen Gegenstand gemäß der aktuellen Marktsituation lastet. Danach wird auch der sich selbst versorgende Unternehmer wie ein sich fremd versorgender Käufer behandelt, der den ( je nach Marktsituation niedrigeren oder höheren) aktuellen Preis bezahlen müsste. Auch, so die Richter, gebe Art. 74 der Richtlinie 2006/112/ EG des Rats vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nicht her, dass immer die Selbstkosten anzusetzen sind, wenn der Unternehmer Gegenstände entnimmt, die im Unternehmen selbst hergestellt wurden. Grundsätzlich ist nach dieser europäischen Rechtsquelle die unentgeltliche Wertabgabe nach einem vergleichbaren Einkaufspreis zu bemessen. Dabei ist der BFH auch der Ansicht des beklagten Finanzamts entgegengetreten. Dieses hatte vorgetragen, dass der Ansatz von Einkaufspreisen schon daran scheitere, dass solche Preise für die vom Kläger produzierte Wärme nicht vorlägen, weil ausschließlich mit Blockheizkraftwerken produzierte Wärme am Markt nicht angeboten würde. In ihrer Gegenargumentation verwiesen die Richter auf die Behandlung von Wärme als vertretbare Sache. Diese unterscheide sich in physikalischer und technischer Hinsicht nicht von Wärme, die in anderen Kraftwerken erzeugt würde. Bei vertretbaren Gütern, so der BFH, sei es grundsätzlich unerheblich, in welchem Produktionsprozess sie geschaffen wurden. Für den Ansatz des Einkaufspreises als Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe verlangten die höchsten Finanzrichter allerdings eine Marktsituation. Der Kläger hatte vorgetragen, die unentgeltliche Wertabgabe für umsatzsteuerliche Zwecke anhand der Preise zu bemessen, die von dem örtlichen Fernwärmeanbieter verlangt würden. Dazu urteilten die Richter, dass die von einem Fernwärmeversorger produzierte und angebotene Fernwärme nur dann als „gleichartiger Gegenstand“ im Sinne von § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG angesehen werden könne, wenn sie für den betroffenen Verbraucher zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Wertabgabe grundsätzlich ebenso erreichbar und einsetzbar wäre wie die selbst erzeugte Wärme. An dieser Stelle forderte der BFH einen Anschluss des Klägers an das Fernwärmenetz (welcher höchstwahrscheinlich nicht vorhanden war). Auch eine Bemessung des Umsatzes nach den Einkaufspreisen anderer Energieträger (etwa Heizöl oder Gas) lehnte der BFH ab, weil eine Wärmeerzeugung auf deren Basis weitere aufwändige Investitionen in Form der Heizungsanlage voraussetzen würde. AgrB 6-2015 Agrar-Steuern In der Sache selbst hat der BFH allerdings den Entnahmewert für die im Einfamilienhaus des Klägers verwendete Wärme auf die Selbstkosten nicht fixiert, sondern die Sache an das Finanzgericht zur weiteren Aufhellung des Sachverhaltes zurückverwiesen. 3. Umsetzung dieses Urteils durch das BMFSchreiben vom 19.9.2014 In Unterabschnitt IV (umsatzsteuerrechtliche Behandlung von KWK-Anlagen) greift die Finanzverwaltung das BFH-Urteil vom 12.12.2012 (a.a.O.) auf. Unter Bezugnahme auf den Urteilssachverhalt fordert auch die Finanzverwaltung für den Ansatz eines Einkaufspreises den tatsächlichen Anschluss an das Fernwärmenetz eines Energieversorgungsunternehmens. Die Ableitung des Einkaufspreises aus anderen Energieträgern (etwa Heizöl oder Gas) kommt nach Ansicht der Finanzverwaltung nur dann in Betracht, wenn eine darauf basierende Wärmeerzeugung keine aufwändigen Investitionen voraussetzt, d. h. die Inbetriebnahme der anderen Wärmeerzeugungsanlage muss jederzeit möglich sein. Nach umfangreicher Beschreibung, welche Aufwendungen Bestandteil der Selbstkosten im umsatzsteuerlichen Sinne sind, bietet die Finanzverwaltung eine Vereinfachungsregelung an: So heißt es unter Abschnitt IV Tz. 2 letzter Satz, es sei aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, wenn der Unternehmer die unentgeltliche Wärmeabgabe nach dem bundesweit einheitlichen durchschnittlichen Fernwärme- oder Heizölpreis des jeweiligen Vorjahres auf Basis der jährlichen Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (sogenannte Energiedaten) bemisst. Ein Blick auf die Webseite des Bundesministeriums für Wirtschaft, welches diesen Datenbestand pflegt, offenbart etwa für 2011 einen Einkaufspreis von 0,84 € für einen Liter Heizöl. Unter Berücksichtigung einer physikalischen Energieausbeute von etwa 11 kWh je Liter Heizöl resultiert daraus ein Einkaufspreis für Wärme von ca.7,6 Cent je Kilowattstunde. Nach Tz. 3 letzter Satz dieser Rechtsquelle soll diese Vereinfachungsregel auch für Sachverhalte im Sinne von § 10 Abs. 5 UStG gelten, wenn Wärme an nahestehende Personen abgegeben wird und demnach die Mindestbemessungsgrundlage zu prüfen ist. Dieses BMF-Schreiben und auch die darin enthaltene vorstehend beschriebene Vereinfachungsregelung hat die Finanzverwaltung in den Anwendungserlass zur Umsatzsteuer übernommen. 4. Fallgruppe 1: Entnahme von Wärme bei Lieferung an Dritte gegen marktübliches Entgelt Der Betreiber einer Biogasanlage erzeugt Strom über ein Blockheizkraftwerk. Dieses versorgt über ein Nahwärmenetz nahe gelegene Ein- und Mehrfamilienhäuser. Mit den Wärmekunden hat der Anlagenbetreiber einen Preis von 0,05 € netto je Kilowattstunde Wärmeabnahme vereinbart. Auch das private AgrB 6-2015 Steuerliche Entnahmewerte für die Abgabe von Wärme Aufsatz 15 Wohnhaus des Anlagenbetreibers ist an das Wärmenetz angeschlossen. Es wird unentgeltlich mit Wärme versorgt. Einkommensteuerlich liegt unstreitig ein Fall der Entnahme vor, da die betrieblich erzeugte und dem gewerblichen Betriebsvermögen zuzurechnende Wärme für außerbetriebliche (private) Zwecke verwendet wird. In der einkommensteuerlichen Gewinnermittlung ist daher der Teilwertansatz geboten. Umsatzsteuerlich liegt unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG vor, da die Beheizung des Privatwohnhauses außerhalb des Unternehmens liegt. Nach den vorstehend in Tz. 2 und 3 beschriebenen Rechtsquellen kommt umsatzsteuerlich der Einkaufspreis von hier 0,05 € je Kilowattstunde als Bemessungsgrundlage in Betracht. Bei einem für ein Einfamilienhaus angenommenen Wärmeverbrauch von etwa 25.000 kWh jährlich ergebe sich nach der Formel 25.000 kWh x 0,05 € je Kilowattstunde eine jährliche umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage von 1.250 €. Nach dem auf die Wiederbeschaffungskosten abzielenden Teilwertbegriff dürfte auch einkommensteuerlich kein Hinderungsgrund bestehen, diesen Wert für Zwecke der Gewinnermittlung zu übernehmen. 5. Fallgruppe 2: Entnahme von Wärme ohne Lieferung an Dritte Hier sei an den Sachverhalt zu vorstehend 4. gedacht, allerdings mit der Maßgabe, dass abgesehen von der Wärmeversorgung des privaten Einfamilienhauses ein weiteres Wärmenutzungskonzept nicht besteht. In dem Fall kann der Unternehmer die konkrete Ermittlung der Selbstkosten durch Anwendung der Vereinfachungsregelung vermeiden. Nach dem in Tz. 3 genannten Rechenbeispiel der Energiepreise für 2011 ergibt sich eine umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage von rund 7,6 Cent je Kilowattstunde. Auch einkommensteuerlich dürfte dieser Wert als Teilwert zu übernehmen sein. 6. Fallgruppe 3: Lieferung von Wärme an verbundene/nahestehende Personen ohne Entgelt bzw. ohne marktübliches Entgelt Hier sei der Biogasanlagenbetreiber vorgestellt, der die Anlage in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG auf der Hofstelle seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs betreibt. Die bei der Verstromung anfallende Wärme nutzt er zum einen durch den Betrieb einer gesellschaftseigenen Trocknungsanlage und zum anderen durch unentgeltliche Lieferung an den Schweinemaststall seines land- und forstwirtschaftlichen Einzelbetriebs. Einkommensteuerlich liegt unstrittig Entnahme im Sinne von R 4.3 Abs. 2 EStR vor, da die Wärme für einen anderen betriebsfremden Bereich entnommen wird. Dafür ist der Teilwert anzusetzen. Für diese Betrachtung ist ebenfalls die umsatzsteuerliche Sicht hilfreich, da das in Tz. 3 vorgestellte BMF-Schreiben vom 19.9.2014 auch hier die Vereinfachungsregelung zulässt. Somit kann der durchschnittliche Fernwärme- oder Heizölpreis 16 Aufsatz Steuerliche Entnahmewerte für die Abgabe von Wärme angesetzt werden. Es ergibt sich in diesem Fall nach Selbstkostenansatz eine Bemessungsgrundlage im Sinne von § 10 Abs. 5 UStG von etwa 7,6 Cent je Kilowattstunde. Mangels Entgeltlichkeit und damit verbundener ordnungsgemäßer Rechnungsstellung steht der sich aus dieser unentgeltlichen Wärmeabgabe für außerunternehmerische Zwecke entstehenden Umsatzsteuerschuld kein korrespondierender Vorsteuerabzug beim empfangenden Einzelunternehmen gegenüber. Gegen eine Übernahme dieses Werts für Zwecke des einkommensteuerlich für die Entnahme anzusetzenden Teilwerts bestehen – soweit ersichtlich – keine Bedenken. In diesem Zusammenhang sei noch die Fallvariante untersucht, wonach der Biogasanlagenbetreiber die Wärme an „sein“ Einzelunternehmen zwar gegen Entgelt liefert, dieses Entgelt jedoch deutlich unter dem Wert gemäß der Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung liegt. Das tatsächlich berechnete Entgelt soll 0,02 € netto je Kilowattstunde betragen. Aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht vertritt das Finanzamt hier die Auffassung, aufgrund des Selbstkostenverweises in § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG sei ebenfalls die schon mehrfach beschriebene Vereinfachungsregelung anzuwenden, d. h. im Beispiel seien etwa 7,6 Cent je Kilowattstunde als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage anzusetzen. Bei dieser Einschätzung schuldet der Biogasanlagenbetreiber die (höhere) Umsatzsteuer nach dieser Bemessungsgrundlage, während der Leistungsempfänger aufgrund der geringeren In-Rechnung-Stellung einen deutlich niedrigeren Vorsteuerabzug hat. Problematisch ist, ob der für umsatzsteuerliche Zwecke laut Vereinfachungsregelung gefundene Entnahmewert auch als einkommensteuerlicher Teilwert angesehen werden kann. So stellt sich, aus der Sicht des Biogasanlagenbetreibers, die Frage der „Wiederbeschaffung“ nicht, da er aus seiner Perspektive die für den Schweinestall abgezweigte Wärme für seine Trocknungsanlage nicht benötigt und diese somit Abwärme darstellt. Mangels anderweitigen betrieblichen Nutzens dieser Wärme wäre folglich deren Wiederbeschaffungswert aus betriebswirtschaftlicher Sicht gleich Null. Gemäß der dem Einkommensteuerrecht innewohnenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise müsste das durchaus beachtet werden. Gleichwohl besteht die Vermutung, dass die Finanzverwaltung auch hier den nach der umsatzsteuerlichen Vereinfachungsregelung gefundenen Wert als Teilwert ansetzen will. 7. Kritisches Fazit Nach Einschätzung des Autors sind umsatzsteuerlich in jedem Fall und wohl auch einkommensteuerlich die Sachverhalte nach den beschriebenen Fallgruppen 1 und 2 geklärt. Sie sind vor allem praktisch zu handhaben, da der Steuerpflichtige bzw. sein Berater mit der Vereinfachungsregelung eine aufwändige Ermittlung der Selbstkosten vermeiden kann. Nach der umfänglichen Beschreibung zu Selbstkostenermittlung in Abschnitt IV Tz. 2 des BMF-Schreibens vom 19.9.2014 wird der Praktiker durch die anschließend angebotene Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung überrascht. Agrar-Steuern Aus einer Vielzahl von Betriebsprüfungen und sicherlich auch durch hausinterne Berechnungen dürfte dem Fiskus allerdings bekannt sein, zu welchen zum Teil abstrusen Ergebnissen die Bemessung der Umsatzsteuer für unentgeltliche Wertabgaben beziehungsweise Wertabgaben an nahestehende Personen nach den Selbstkosten führt. Dem Autor selbst sind aus der Praxis konkrete Sachverhalte bekannt, wonach der Ansatz der Selbstkosten zu einer umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage für die Abgabe von Wärme von 60 oder mehr Cent je Kilowattstunde geführt hat. Diese Wertvorstellungen sind wirtschaftenden und am Markt tätigen Betriebsleitern und Unternehmern nach allgemeinen Denkgesetzen nicht vermittelbar. Insbesondere aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht besteht dazu auch überhaupt keine Veranlassung. Einerseits lässt die europäische Prägung des Umsatzsteuerrechts zu, dass auch teilweise für unternehmensfremde Zwecke genutzte Unternehmensgegenstände insgesamt dem Unternehmen zugeordnet und ein vollständiger Vorsteuerabzug aus deren Beschaffung oder Herstellung geltend gemacht werden kann. Über die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG nach den Selbstkosten kann die Umsatzbesteuerung andererseits nicht zu einer Strafsteuer führen, soweit diese gedanklich auf den bei Anschaffung oder Herstellung dieses Unternehmensgegenstands geltend gemachten Vorsteueranspruch auf dessen privaten Anteil entfällt. Diese Sicht des Autors hofiert dem Grundsatz, dass die Umsatzbesteuerung nicht nach fiskalischer Gewinnorientierung vorzunehmen ist. Eine Umsatzsteuerschuld steht dem Finanzamt nur dann zu, wenn eine Wertabgabe aus der unternehmerischen Sphäre in die Privatsphäre erfolgt; die davorliegenden Leistungsketten im unternehmerischen Bereich sind grundsätzlich umsatzsteuerlich aufkommensneutral. Hier gilt der Grundsatz: „Die Umsatzsteuerschuld des einen ist die Vorsteuer des anderen Unternehmers“. Diese Rechtsauffassung führt den Verfasser insbesondere zu einer kritischen Sicht der Fallvariante 3 (zu Tz. 6), bei welcher der Biogasanlagenbetreiber die Wärme zu einem „verbilligten“ Preis an sein Einzelunternehmen liefert. An dieser Stelle ist ausschließlich die Unternehmenssphäre (und nicht der Privatbereich) betroffen. Hier ist es Aufgabe von Verwaltung und Rechtsprechung, den betroffenen Unternehmern gestalterische Freiheit zu gewähren. Die Ausgestaltung einer verbilligten Lieferung von Wärme an nahestehende Personen innerhalb des umsatzsteuerlichen Unternehmensbereichs führt einerseits zwar zu höheren Umsatzsteuerschulden des leistenden, jedoch korrespondierend zu einer Erhöhung des Vorsteueranspruchs beim empfangenden Unternehmer. Der Vorgang ist also – egal wie abgerechnet wird – umsatzsteuerneutral. An dieser Stelle ist die grundsätzliche Kritik angebracht, dass § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG auf Leistungen an die dort genannten Personen überhaupt nicht anwendbar ist, soweit sich diese Leistungen ausschließlich im unternehmerischen Bereich des Umsatzsteuergesetzes abspielen. Da das Umsatzsteueraufkommen bei diesen Sachverhalten nicht betroffen ist, muss den beteiligten Unternehmern auch eine entsprechende („mündi- AgrB 6-2015 Agrar-Steuern Steuerliche Entnahmewerte für die Abgabe von Wärme ge“) Freiheit zur Gestaltung ihrer betrieblichen Sachverhalte gewährt und respektiert werden. Abschließend sei noch auf eine drohende Konterkarierung der durch die Verwaltungsvereinfachung laut BMF-Schreiben vom 19.9.2014 eingetretenen praktischen Handhabung verwiesen. Diese ist durch das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28.11.2013 – 16 K 247/12, eingetreten. Dort wurde entschieden, dass der dem Betreiber eines Blockheizkraftwerks gewährte KWK-Bonus als Entgelt eines Dritten für die Wärmelieferung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zu behandeln sei. Nach dieser Dogmatik müssten die Sachverhalte der vorstehenden Fallgruppen 2 und 3 komplett anders gelöst und als voll entgeltliche Vorgänge behandelt werden. Einer umsatzsteuerlichen Diskussion über unentgeltliche Wertabgabe im Sinne von § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG entzieht diese Rechtsprechung vollständig den Boden. Soweit ersichtlich, ist die gegen dieses Urteil eingelegte Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 2/14 noch anhängig. Der Verfasser hat Zweifel an der Sichtweise des Niedersächsischen Finanzgerichts, wonach der dortige Kläger die Wärme nur deshalb zu 0 € an Dritte abgegeben habe, weil er dafür den KWK-Bonus Aufsatz 17 erhielt. Ist diese Auffassung richtig, müsste aufgrund der so gesehenen engen Verknüpfung zwischen der Zahlung des KWKBonus einerseits und der Wärmelieferung andererseits auch in den Fällen, in denen tatsächlich ein Markt für Wärmelieferungen im Umfeld eines Blockheizkrafttags besteht, der Unternehmer aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf eine gesonderte Vergütung der Wärmelieferung verzichten. Dies erscheint wirklichkeitsfern. Natürlich lässt sich der Betreiber eines Blockheizkraftwerks bei vorhandener örtlicher Marktlage seine Wärmelieferung ordentlich vergüten, obwohl er den KWK-Bonus erhält. Die Trennung dieser Vorgänge erfordert m. E. auch eine vom KWK-Bonus losgelöste umsatzsteuerliche Beurteilung der unentgeltlichen Wertabgabe bei außerunternehmerischer Lieferung von Wärme. Mit Spannung bleibt abzuwarten, ob sich der BFH der Sichtweise des Niedersächsischen Finanzgerichtes anschließen wird. 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Bestellen Sie jetzt unter www.nwb.de/go/shop Bestellungen über unseren Online-Shop: Lieferung auf Rechnung, Bücher versandkostenfrei. AgrB 6-2015 18 Urteil Bewertung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben bei gemeinschaftlicher Tierhaltung Agrar-Steuern Rechtsprechung Bewertung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben bei gemeinschaftlicher Tierhaltung Leitzsatz Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb bei gemeinschaftlicher Tierhaltung (§ 51a BewG) ist auch dann im sog. vergleichenden Verfahren gem. § 37 Abs. 1 Satz 1 BewG zu bewerten, wenn die Eigenfläche ausschließlich als Hof- und Gebäudefläche genutzt wird und der Tierhaltungsgemeinschaft nicht als zivilrechtliche Eigentümerin gehört, sondern gem. § 34 Abs. 6 BewG zuzurechnen ist. Hierbei sind zudem die für die Eigenfläche anzusetzenden Vergleichswerte von 0,00 DM Viehzuschläge wegen überhöhter Tierbestände vorzunehmen. Mit diesem Urteil bestätigt der BFH die Entscheidung der Vorinstanz (Finanzgericht Hannover vom 30.5.2013 – 1 K 268/12 – EFG 2013, 1473). BFH, Urteil vom 9.3.2015 – II R 23/13 Der Sachverhalt Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Kommanditgesellschaft (KG), wurde zum 1. Juni 2007 von den Landwirten A als Komplementär und B als Kommanditist errichtet. Ein weiterer Landwirt C ist als atypisch stiller Gesellschafter an der KG beteiligt. A, B und C, die die Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes erfüllen, verpflichteten sich, jährlich eine bestimmte Anzahl von Vieheinheiten (§ 51 Abs. 1a BewG) auf die Klägerin zu übertragen. Die KG betrieb einen Ferkelaufzuchtstall. Sie verfügte über keine regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Eigenflächen. Die Stallgebäude, welche auf fremdem Grund und Boden errichtet waren, einschließlich der Einrichtungen und Betriebsvorrichtungen hat die KG zur alleinigen Nutzung vom Komplementär A gepachtet. Weiterhin wurden Güllebehälter und notwendiger Hofraum vom Komplementär A angepachtet. Der Stall sowie Güllebehälter und Hofraum des Komplementär-Gesellschafters wurden der Tierhaltungsgemeinschaft gem. § 34 Abs. 6 BewG zugerechnet. Im Rahmen der Einheitsbewertung des Betriebs erfolgte seitens des Finanzamts eine Bewertung gem. den §§ 36 i. V. m. § 37 Abs. 2 BewG im Einzelertragswertverfahren. Das Finanzamt legte dabei die im Wirtschaftsjahr 2007/2008 erzeugten Tiere zugrunde und setzte gem. dem bundeseinheitlich abgestimmten Erlass des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 26.06.1975 einen Ausgangswert von 500,00 DM je Vieheinheit an. Der daraus resultierende Einheitswert wurde in Höhe von abgerundet 58.000,00 DM, entspricht 29.654,00 €, festgesetzt. Das Finanzgericht Hannover (Urteil vom 30.05.2013 – 1 K 268/12 – EFG 2013, 1473) gab der eingereichten Klage gegen die Einheitswertfeststellung statt. In seinem Urteil vertrat das Finanzgericht die Auffassung, dass der Betrieb nicht im Einzelertragswertverfahren zu bewerten sei. Vielmehr hat eine Bewertung des Betriebs im verglei- chenden Verfahren gem. den §§ 36 i. V. m. § 37 Abs. 1 BewG zu erfolgen. Der Vergleichswert sei hierbei mit 0,00 DM anzusetzen. Weiterhin sei an diesem Vergleichswert ein Zuschlag gem. § 41 Abs. 1 Nr. 1 BewG wegen des Überbestands an Vieh vorzunehmen. Der Wertansatz für den Viehbestand betrage je Vieheinheit 650 DM (gem. Abschnitt 2.20 Abs. 2 Nr. 3 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift über Richtlinien zur Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens vom 17.11.1967). Dieser Ansatz sei weiterhin gem. § 41 Abs. 2a BewG um 50 % zu vermindern. Der Einheitswert sei somit auf 116,04 Vieheinheiten x 325 DM/Vieheinheit = abgerundet 37.700 DM (=19.725 €) festzusetzen. Das dagegen gerichtete Revisionsverfahren des Finanzamts hatte keinen Erfolg. Der BFH bestätigte die Auffassung des Niedersächsischen FG. Das Urteil Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb sei bei gemeinschaftlicher Tierhaltung (gem. § 51a BewG) auch dann im vergleichenden Verfahren gem. § 37 Abs. 1 Satz 1 BewG zu bewerten, wenn die Eigenflächen ausschließlich als Hof- und Gebäudeflächen genutzt werden und nicht der Tierhaltungsgemeinschaft als zivilrechtlichem Eigentümer gehören, sondern lediglich nach § 34 Abs. 6 BewG zuzurechnen sind. Gemäß § 51a Abs. 2 BewG kann abweichend von dem § 13 Abs. 1 EStG und 51 BewG ein Betrieb der land- und forstwirtschaftlichen Tierhaltung auch ohne Bewirtschaftung eigener land- und forstwirtschaftlicher Flächen vorliegen. Voraussetzung ist, dass alle Gesellschafter bzw. Mitglieder der Tierhaltungsgemeinschaft die persönlichen Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 BewG erfüllen. Ist dies nicht der Fall, so liegt eine gewerbliche Tierhaltung vor. Bei der Einheitsbewertung von landwirtschaftlichen Betrieben zu Zwecken der Grundsteuererhebung ist zunächst grundsätzlich das vergleichende Verfahren gem. §§ 36 i. V. m. 37 Abs. 1 BewG anzuwenden, wenn dieses durchführbar ist. Hier besteht ein Anwendungsvorrang gegenüber dem Einzelertragswertverfahren gem. §§ 36 i. V. m. 37 Abs. 2 BewG. Beim vergleichenden Verfahren handelt es sich um ein flächenbezogenes, an die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Gewinn von lebenden Pflanzen und Tieren angeknüpftes Wertermittlungsverfahren. Diese Voraussetzungen werden von Mastbetrieben (hier ein Ferkelaufzuchtstall) in der Regel nicht erfüllt. Allerdings führte der BFH in seiner Urteilsbegründung aus, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe bei gemeinschaftlicher Tierhaltung auch dann im vergleichenden Verfahren zu bewerten sind, wenn die Eigenflächen ausschließlich als Hof- und Gebäudefläche genutzt werden und nicht der Tierhaltungsgemeinschaft als zivilrechtlichem Eigentümer gehören. Es könne für die Anwendbarkeit des vergleichenden Verfahrens keine Rolle spielen, ob der Grund und Boden bei der Einheitsbewertung einer Tierhaltungsgemeinschaft als Eigentümerin oder gemäß § 34 Abs. 6 BewG als Eigenflächen zuzurechnen ist. Der BFH sieht hierfür AgrB 6-2015 Agrar-Steuern Anforderungen an eine Schätzung durch Zeitreihenvergleich keine gesetzliche Grundlage für eine unterschiedliche Bewertung und sieht demnach die Anwendung des vergleichenden Verfahrens als gegeben. Gemäß der Regelung des § 34 Abs. 6 EStG sind Wirtschaftsgüter, die einem oder mehreren Gesellschaftern gehören, in die Einheitsbewertung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs mit einzubeziehen, wenn der Betrieb von einer Gesellschaft oder Gemeinschaft des bürgerlichen Rechts betrieben wird. Dies soll der neueren Entwicklung in der Landwirtschaft Rechnung tragen und die Bildung von wirtschaftlichen Einheiten erleichtern. Weiter führte der BFH aus, dass das Finanzamt sowie das Bundesministerium der Finanzen (dieses ist dem Verfahren beigetreten) im Revisionsverfahren nicht dargelegt haben, aus welchen Gründen es sachlich gerechtfertigt sein solle, für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Tierhaltungsgemeinschaft deshalb einen höheren Einheitswert festzusetzen, weil der von ihr für den Stall genutzte Grund und Boden nicht ihr, sondern einem Gesellschafter der Tierhaltungsgemeinschaft als zivilrechtlichem Eigentümer gehöre. Darüber hinaus bestätigte der BFH die Auffassung der Vorinstanz, dass der Vergleichswert der Eigenflächen ohne landwirtschaftliche Nutzung 0,00 DM betrage. Dies entspreche dem vom Gesetzgeber geforderten Maßstab der entsprechenden Ertragsfähigkeit solcher Flächen. Der Vergleichswert betrage 0,00 €, weil er aufgrund seiner Nutzung keine natürliche Ertragsfähigkeit aufweist. Zu diesem Vergleichswert von 0,00 DM ist gem. § 41 BewG ein Zuschlag wegen verstärkter Tierhaltung zu machen. Bei der Bemessung des Zuschlags sei im vorliegenden Fall ein gegendüblicher Bestand von „0“ zugrunde zu legen und diesem der Viehbestand der Tierhaltungsgemeinschaft in vollem Umfang gegenüberzustellen. Der Wertansatz des FG für den Viehbestand nach der zutreffenden Regelung in Abschnitt 2.20 Abs. 2 Nr. 3 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift über Richtlinien zur Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (vom 17.11.1967) und der darin enthaltenen Tabelle L 30 beträgt je Vieheinheit 650,00 DM. Weiterhin sei der Ansatz des Vergleichswerts nach § 41 Abs. 2a BewG um 50 % zu mindern. Auch dem hat der BFH zugestimmt. Urteilsanmerkungen von Marius Kretz, Steuerberater, Landwirtschaftliche Buchstelle bei Burkart Völlinger & Partner in Karlsruhe, www.burkart-voellinger.de Die Halbierung der vorzunehmenden Viehzuchtzuschläge nach § 41 Abs. 2a BewG bewirkt einen niedrigeren Einheitswert für den landwirtschaftlichen Betrieb, was sodann eine niedrigere Grundsteuerbelastung zur Folge hat. Mit seiner Entscheidung stellt sich der BFH erneut gegen die Auffassung der Finanzverwaltung. Im Urteil des BFH blieb allerdings die Frage offen, wie der Fall zu entscheiden wäre, wenn sich die Nutzflächen AgrB 6-2015 Urteil 19 nicht im Eigentum der Tierhaltungsgemeinschaft befinden würden und auch keine Zurechnung der Nutzflächen als Eigenfläche gem. § 34 Abs. 6 BewG (Eigentum der Gesellschafter bzw. Beteiligten) gegeben wäre. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung ihre Auffassung nunmehr insoweit ändert und der BFH-Entscheidung folgt. Dies hätte zur Folge, dass die Notwendigkeit des Vorhandenseins von Eigentumsflächen mit landwirtschaftlicher Nutzung bei Tiermastbetrieben entfällt. Folgt die Finanzverwaltung der BFH-Entscheidung nicht, so könnten betroffene Steuerpflichtige die Anwendung des (günstigeren) vergleichenden Verfahrens erst im Klageweg erwirken. Anforderungen an eine Schätzung durch Zeitreihenvergleich Leitsätze (gekürzt) 1. Die Durchführung eines Zeitreihenvergleichs setzt voraus, dass im Betrieb das Verhältnis zwischen dem Wareneinsatz und den Erlösen im betrachteten Zeitraum weitgehend konstant ist. Es darf zudem im maßgebenden Zeitraum nicht zu solchen Änderungen in der Betriebsstruktur gekommen sein, die – nicht anderweitig behebbare – wesentliche Unsicherheiten bei der Aufstellung und Interpretation des Zahlenwerks mit sich bringen. 2. Bei einer Buchführung, die formell ordnungsgemäß ist oder nur geringfügige formelle Mängel aufweist, kann der Nachweis der materiellen Unrichtigkeit grundsätzlich nicht allein aufgrund der Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs geführt werden. 3. Ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten der Einnahmenerfassung nicht konkret nachgewiesen, können die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs nur dann einen Anhaltspunkt für die Höhe der erforderlichen Zuschätzung bilden, wenn andere Schätzungsmethoden, die auf betriebsinternen Daten aufbauen, nicht sinnvoll einsetzbar sind. BFH, Urteil vom 25.3.2015 – X R 20/13 Der Sachverhalt Im Fokus der BFH-Entscheidung stand der Betreiber einer Schank- und Speisewirtschaft. Dieser ermittelte seinen gewerblichen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Den überwiegenden Teil seiner baren Einnahmen rechnete er über eine elektronische Registrierkasse ab. Bei einer Außenprüfung beanstandete das Finanzamt die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung und wies auf folgende Mängel hin: ●● Für ein geprüftes Jahr lagen zwar vollständige Tagesendsummenbons vor; diese waren jedoch nicht laufend durchnummeriert. ●● Für ein anderes geprüftes Jahr konnte der Gastwirt nur Tagesendsummenbons ohne Datum vorlegen. 20 Urteil Anforderungen an eine Schätzung durch Zeitreihenvergleich ●● Programmierprotokolle der Registrierkasse und Speisekarten waren nicht vorhanden. ●● Die Warenendbestände hatte der Gastwirt durch Schätzung statt Inventur ermittelt. Der Prüfer erhöhte die erklärten Betriebseinnahmen um Hinzuschätzungen, die er durch einen sogenannten „Zeitreihenvergleich“ ermittelte. Dabei ermittelte er aus Liefer- bzw. Eingangsdatum der Eingangsrechnungen den Wareneinkauf für jede Kalenderwoche des Prüfungszeitraums. Nach Abzug der Sachentnahmen der Klägerfamilie und Verteilung des vom Kläger geschätzten Warenendbestands des letzten Prüfungsjahres auf die einzelnen Kalenderwochen ergab sich ein konkreter wöchentlicher Wareneinsatz. Diesen verglich der Prüfer mit den deklarierten Betriebseinnahmen. Aus diesem Vergleich ergab sich für jede Woche des Prüfungszeitraums ein Rohgewinnaufschlagsatz. Sodann berechnete der Prüfer für jede Kalenderwoche den Durchschnittswert aus den Rohgewinnaufschlagsätzen dieser Woche und der 9 vorangehenden Wochen. In seiner Schätzung berücksichtigte der Prüfer den höchsten 10-Wochen-Durchschnittswert, der sich im jeweiligen Kalenderjahr ergab. Für das letzte Prüfungsjahr waren dies die Kalenderwochen 28 bis 37 mit einem Rohgewinnaufschlagsatz von rund 263 %. Diese Rohgewinnaufschlagsätze wendete der Prüfer für das gesamte jeweilige Prüfungsjahr auf den tatsächlich vom Kläger erklärten Wareneinsatz an. Seine Ergebnisse präsentierte der Prüfer in Form von umfänglichen Excel-Tabellen. Für jedes Prüfungsjahr beinhalteten diese etwa 1.100 Zeilen zu je 10 Spalten, d. h. insgesamt ca. 11.000 Eintragungen. Im vorangegangenen Einspruchs- und Klageverfahren kritisierte der Kläger, dass für die Durchführung des Zeitreihenvergleichs die exakte Zuordnung des wöchentlichen Wareneinsatzes zu den Erlösen der jeweiligen Woche von entscheidender Bedeutung sei. Ein Schluss von dem (gesetzlich aufzeichnungspflichtigen) Wareneinkauf auf den wöchentlichen Wareneinsatz sei aber wegen des Fehlens einer Verpflichtung zu wöchentlichen Inventuren mit großen Unsicherheiten belastet. Insbesondere könnten zufällige Verschiebungen am Anfang oder Ende eines solchen 10-Wochen-Zeitraums erhebliche rechnerische Auswirkungen auf den Rohgewinnaufschlagsatz haben. Ferner würden bereits die betriebs- und saisonüblichen Schwankungen in der Lagerhaltung sowie hinsichtlich der Ein- und Verkaufspreise nach der Systematik des Zeitreihenvergleichs zwingend zu rechnerischen Mehrergebnissen führen. Ihm – dem Kläger – erschließe sich weder Ablauf noch das Ergebnis dieser Schätzungsmethode, welche damit gegen das Begründungserfordernis des § 121 AO und den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verstoße. Das Finanzamt hielt dem entgegen, dass der Zeitreihenvergleich auf betrieblichen Daten des geprüften Betriebes beruhe und daher eine geeignete Schätzungsmethode darstelle. Daraus sich ergebende Unschärfen gingen zulasten des Klägers. Das Urteil Der BFH gab der vom Kläger eingelegten Revision statt und verwies den Fall an die Vorinstanz zurück. Grundsätzlich be- Agrar-Steuern jahten die Richter eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts wegen der Mängel in der Buchführung. Wegen der besonderen Problembereiche sei der Zeitreihenvergleich sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im Urteilsfall nicht die geeignete Schätzungsmethode gewesen. In der Urteilsbegründung wägte der BFH zunächst die festgestellten Buchführungsmängel ab. Die teilweise Unvollständigkeit der Tagesendsummenbons sahen die Richter als gravierenden Mangel an – obwohl das Finanzamt dem Kläger keine konkreten Einnahmeverkürzungen hatte nachweisen können. Die fehlende Datierung der Tagesendsummenbons eines anderen Prüfungsjahres werteten die Richter dagegen als geringfügigen formellen Mangel. Aus der lückenlosen Nummerierung der Bons ergäbe sich zumindest ihre zeitliche Reihenfolge. In der fehlenden Dokumentation zur Kassenprogrammierung erblickten die Richter wiederum einen schweren Verstoß gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Schließlich verwies der BFH auf den Grundsatz, wonach formelle Buchführungsmängel nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nur insoweit zur Schätzung berechtigen, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln. Vor diesem Hintergrund untersuchte der BFH sodann den vom Finanzamt konkret angewandten Zeitreihenvergleich unter methodischen Aspekten sowie unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzes. Das im Urteilsfall angewendete Schätzungsverfahren ermittelte den wöchentlichen Wareneinsatz sowie auch den Betrag der wöchentlichen Einnahmen, ohne dass in der Buchführung des Klägers Daten vorhanden waren, aus denen sich die wöchentlichen Wareneinsätze konkret entnehmen ließen. Die Richter beanstandeten die Schlussfolgerung des Finanzamts, den höchsten Rohgewinnaufschlagsatz, der sich für einen beliebigen 10-Wochen-Zeitraum eines Kalenderjahres ergibt, als maßgebend für das Gesamtjahr zu behandeln. Auch bei einer formell und materiell ordnungsmäßigen baren Kasse führe ein so eingesetzter Zeitreihenvergleich zwingend logisch immer zu einem Mehrergebnis gegenüber der Buchführung, da der höchste Rohgewinnaufschlagsatz aller 10-Wochen-Perioden des Jahres auf den Wareneinsatz für das gesamte Jahr angewendet wird. Wegen der unterjährigen Veränderung der Rohgewinnaufschlagsätze muss der höchste Rohgewinnaufschlagsatz aller 10-Wochen-Perioden eines Jahres denknotwendig über dem durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz des Gesamtjahres liegen, selbst wenn dieser sich aus einer zutreffenden Buchführung ergibt. Aus den sich so rechnerisch ergebenden Mehrerlösen könne noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit darauf geschlossen werden, dass diese rechnerische Differenz auf dem Verschweigen von Betriebseinnahmen beruhe. Hier widersprechen die BFH-Richter deutlich der finanzgerichtlichen Vorinstanz. Ganz konkret untersuchte der BFH sodann die mathematischen Hebelwirkungen, welche im Urteilsfall die Ergebnisse des Zeitreihenvergleichs beeinflussten. Zu Beginn und am Ende der vom Finanzamt ermittelten 10-Wochen-Periode ergaben sich sehr hohe rechnerische Rohgewinnaufschlagsätze. Diese trieben den 10-Wochen-Durchschnitt in die Höhe. In seiner Alternativbetrachtung verschob der BFH den Betrach- AgrB 6-2015 Agrar-Steuern Anforderungen an eine Schätzung durch Zeitreihenvergleich tungszeitraum um nur 2 Wochen. Dadurch ergab sich ein um rund 32 % niedrigerer Rohgewinnaufschlagsatz. Nach dem in den Urteilsgründen hierzu konkret ermittelten Zahlenwerk hatte diese Verschiebung erhebliche Auswirkung auf die Höhe der Hinzuschätzungen. Mit der aufgezeigten Hebelwirkung insbesondere hoher rechnerischer Wochen-Rohgewinnaufschlagsätze zu Beginn und am Ende der herausgegriffenen 10-Wochen-Periode machen die Richter deutlich, wie wesentlich eine sorgfältige Ermittlung der Schätzungsgrundlagen (hier des Wareneinkaufs und seine Verteilung zum Zwecke der Gewinnung des Wareneinsatzes) für eine methodisch korrekte Durchführung des Zeitreihenvergleichs ist. Die Richter hielten dem beklagten Fiskus vor, dass der nach dieser Schätzungsmethode grundlegende Wareneinsatz eben nicht den eigenen Buchführungsdaten des Klägers entnommen worden sei. Weiterhin forderte der BFH von der Finanzbehörde eine nachprüfbare Darlegung ihrer Schätzungsgrundlagen. Dies betrifft insbesondere auch eine Schlüssigkeitsprüfung des Zahlenwerks der Schätzung. Hierzu verlangten die Richter, es müssen sowohl die Kalkulationsgrundlage, die Ergebnisse der Kalkulation sowie auch die Ermittlungen, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, offen gelegt werden. Die im Zeitreihenvergleich anfallenden umfangreichen Datenmengen seien für Steuerpflichtige, Berater und Finanzgerichte nur beschränkt nachprüfbar. Im Urteilsfall verwiesen die Richter das Finanzamt darauf, noch nicht einmal das vollständige Zahlenwerk der Betriebsprüfung vorgelegt zu haben. Der fehlende Einblick in den Verteilungsvorgang hindere letztendlich auch das Gericht daran, Erkenntnisse über die Größenordnung der im konkreten Fall anzunehmenden Fehlermarge des Zeitreihenvergleichs zu gewinnen. Auch gewinne das Finanzamt – so der BFH – durch die Anwendung mathematisch-statistischer Methoden aufgrund der ihnen innewohnenden Datenmengen eine gewisse technischrechnerische Überlegenheit gegenüber dem Steuerpflichtigen. Diesen zwinge das Finanzamt damit in die Pflicht, „Auffälligkeiten“ in den Ergebnissen des Zahlenwerks zu erklären bzw. zu widerlegen, ohne dass dieser – rechtlich nicht vorwerfbar – möglicherweise gar nicht über das umfangreiche Zahlenmaterial bzw. über das statistisch-methodische Wissen verfüge, um seinerseits eine sachgerechte Analyse der Datenmengen vornehmen zu können. In dieser Konstellation verletze das Finanzamt seine Darlegungspflicht, sodass ein angemessener Rechtsschutz des Steuerpflichtigen nach Ansicht des BFH nicht gewährleistet sei. Aus diesen Betrachtungen schlussfolgern die Richter, dass das Finanzamt in der Wahl seiner Schätzungsmethode nicht frei ist. Der im Urteilsfall angewendete Zeitreihenvergleich beruhte auf der Annahme, dass im Betrieb des Klägers das Verhältnis zwischen Wareneinsatz und den Erlösen im betrachteten Zeitraum weitgehend konstant war. Dieses sah der BFH als nicht gegeben an. Nach seiner Ansicht steht es dem Finanzamt zwar frei, moderne Prüfungsmethoden zu nutzen – bei der Auswahl zwischen verschiedenen Schätzungsmethoden ist laut BFH AgrB 6-2015 Urteil 21 jedoch das pflichtgemäße Ermessen beachtlich. Ermessensleitend ist dabei das Ziel, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Im Urteilssachverhalt war die Buchführung zwar formell nicht ordnungsgemäß, materielle Unrichtigkeiten in der Einnahmenerfassung konnten dem Kläger aber nicht konkret nachgewiesen werden. Grundsätzlich – so der BFH – ist das Finanzamt bei diesem Sachverhalt gemäß § 162 AO zur Vornahme von Hinzuschätzungen berechtigt gewesen, weil eine Richtigkeitsvermutung der Buchführung nach § 158 AO nicht gilt. Allein die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs – so das Fazit der Richter – lassen aufgrund der dieser Verprobungsart innewohnenden methodenbedingten Unsicherheiten aber noch keinen sicheren Schluss auf das Vorliegen und den Umfang auch materieller Unrichtigkeiten der Buchführung zu. Im Urteilsfall – so der BFH – hätte aufgrund der Unschärfen des Zeitreihenvergleichs eine Vergleichsrechnung vorgenommen werden müssen. Urteilsanmerkungen von Diplom-Finanzwirt, Steuerberater, Landwirtschaftliche Buchstelle Matthias Beer, Lüneburg; www.beer-steuerberatung.de Soweit ersichtlich, liegt jetzt erstmalig ein tiefgreifend analytisches höchstrichterliches Urteil zur Besteuerung nach dem Zeitreihenvergleich vor. Der Urteilstenor überzeugt durch die Widerlegung des Grundsatzes „juris non calculat“ – der rund 30 Druckseiten umfassende Umfang der Entscheidung ist wesentlich dem Umstand geschuldet, dass sich die Richter auch intensiv mathematisch mit dem im Klagefall angewendeten Zeitreihenvergleich auseinandersetzen und auch der zurückverwiesenen Vorinstanz entsprechende Prüfungsauflagen machen. Durch die perspektivische Verwerfung der im Zeitreihenvergleich gewonnenen Besteuerungsgrundlagen gewinnen die vom BFH herausgearbeiteten Rechtsgrundsätze zur Schätzungsmethodik und zur Gewährung von Rechtsschutz für den betroffenen Steuerpflichtigen eine nicht widerlegbare Schärfe. Einer Betriebsprüfungspraxis, wonach den Steuerpflichtigen auf „einer Seite“ die Prüfungsfeststellung zu Buchführungsmängeln und sodann auf weiteren „49 Seiten“ auf Zeitreihenvergleich basierende umfassende „Eintragungen“ präsentiert werden, sind jetzt enge Grenzen gesetzt worden. Mit Spannung bleibt abzuwarten, ob und wie die Finanzverwaltung den sich nach diesem Urteil ergebenden Anpassungsbedarf bei der Prüfung von buchführungsmängelbehafteten Betrieben umsetzen wird. Dem steuerlichen Praktiker sei hiermit ein intensives Studium der Entscheidung empfohlen. 22 Urteil Keine Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim bei unentgeltlicher Überlassung Keine Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim bei unentgeltlicher Überlassung und nur gelegentlicher Nutzung Die Gewährung der Steuerbefreiung wegen Erwerbs eines Familienheims greift ein, wenn die Wohnung beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist und die erworbene Wohnung den Mittelpunkt des familiären Lebens darstellt. Die gelegentliche Nutzung zweier Räume stellt ebenso wie die unentgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken an Angehörige keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S. der Norm dar. Hessisches FG, Urteil vom 24.3.2015 – 1 K 118/15 Der Sachverhalt Die Klägerin ist Alleinerbin ihres im Jahre 2010 verstorbenen Vaters, nachdem ihre Mutter als testamentarisch eingesetzte Erbin die Erbschaft ausgeschlagen hat. Nach dem Erbfall überließ die Klägerin ihrer Mutter den zum Nachlass gehörenden Miteigentumsanteil von ½ an dem Wohnungseigentum unentgeltlich zur Nutzung. Vor dem Erbfall hatten beide Eltern dort gewohnt. Da die Klägerin der Ansicht war, die unentgeltliche Überlassung des Miteigentumsanteils an ihre Mutter stelle eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar, machte sie in der Erbschaftsteuererklärung eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG geltend. Bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer berücksichtigte das Finanzamt die beantragte Steuerbefreiung nicht, da es die Voraussetzungen dafür als nicht gegeben ansah. In ihrer Einspruchsbegründung bezog sich die Klägerin auf alte Rechtsprechung zu § 10e EStG a.F., nach der eine Selbstnutzung nicht grundsätzlich anders zu sehen sei als eine unentgeltliche Überlassung. Weiterhin war sie der Auffassung, dass der Sinn und Zweck des § 13 Abs. 1 Nr. 4a-c ErbStG keine zu enge Auslegung des Begriffs des Familienheims rechtfertige. So dürfe das bisher bestehende Familienheim seine Einordnung nicht allein deswegen verlieren, weil die Klägerin ihrer Mutter, die ihrerseits, wenn sie nicht die Erbschaft ausgeschlagen hätte, die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG in Anspruch hätte nehmen können, die Wohnung zur Nutzung unentgeltlich überlasse. Hinzu komme, dass sie selbst zwei Räume der Wohnung regelmäßig zur Betreuung ihrer Mutter sowie zur Verwaltung des Nachlasses des Vaters nutze. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück und begründete dies damit, dass die Voraussetzung der Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken auf die Person des Erwerbers bezogen sei und nicht auf Familienangehörige. Dass sowohl die Klägerin als auch ihre Mutter jede für sich die Voraussetzung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b und c ErbStG erfüllen, reiche für das Vorliegen einer Selbstnutzung durch die Klägerin nicht aus. In der Begründung der nun folgenden Klage ergänzt die Klägerin, dass sie als Erbin nur einen Miteigentumsanteil erworben habe und daher auch nur zu einer gemeinschaftlichen Nutzung von höchstens 50 % berechtigt sei. Agrar-Steuern Das Urteil Das Finanzgericht hält die Klage für unbegründet und argumentiert wie folgt: 1. Nach dem Gesetzestext ist die Steuerfreiheit bei Erwerb eines Familienheims sowohl durch Kinder (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG) als auch durch den Ehegatten (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a und b ErbStG) immer davon abhängig, dass die Wohnung „beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist“ bzw. – beim Erwerb unter Lebenden –, dass die Wohnung „zu eigenen Wohnzwecken“ genutzt wird. Der BFH hat mit seinem Urteil vom 18.7.2013 – II R 35/11 darüber hinaus gesagt, dass sich in der erworbenen Wohnung der Mittelpunkt des familiären Lebens befinden muss. 2.Allein die gelegentliche Nutzung von zwei Räumen durch die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung, da damit das Kriterium „Lebensmittelpunkt“ gerade nicht vorliegt. Da der Gesetzeswortlaut nicht zwischen Alleineigentum und Miteigentum unterscheide, sei auch für den Fall, dass nur Miteigentum vorliege, zur Erlangung der Steuerbefreiung erforderlich, dass die Wohnung den Mittelpunkt des familiären Lebens bilde. 3.Auch die unentgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken an ihre Mutter stellt keine „Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken“ der Klägerin dar. Eine entsprechende Anwendung der Regelung des § 4 Satz 2 EigZulG komme bereits deswegen nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber – abweichend von § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG – im EigZulG die unentgeltliche Überlassung an Angehörige als Sonderfall geregelt habe. Auch eine planwidrige Regelungslücke sieht das Finanzgericht nicht. Urteilsanmerkungen von Steuerberaterin Kirsten Hettenhausen, Wetreu LBB Betriebs- und Steuerberatungsgesellschaft KG, Oldenburg (Holstein), www.LBB-Oldenburg.wetreu.de Dieses Urteil fügt sich ein in eine Reihe von Urteilen, mit denen sowohl die Finanzgerichte als auch der BFH der Steuerbefreiung für das selbstgenutzte Familienheim nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a–c ErbStG enge Grenzen setzen: BFH vom 18.7.2013 – II R 35/11 (Mittelpunkt des familiären Lebens, keine Begünstigung von Zweitoder Ferienwohnungen); BFH vom 3.6.2014 – II R 45/12 (zivilrechtliches Eigentum erforderlich); FG München vom 22.10.2014 – 4 K 2517/12 (besuchsweise Nutzung nicht ausreichend). Der BFH spricht sich damit klar für eine einschränkende Auslegung der Steuerbefreiungsvorschriften für Familienheime aus. In seiner Begründung führt das Hessische Finanzgericht noch aus, dass es zwar Sinn und Zweck der Steuerbefreiung sei, den gemeinsamen familiären Lebensraum nicht nur bei Ehegatten, sondern auch bei Hausgemeinschaften von Eltern und Kindern krisenfest zu erhalten AgrB 6-2015 Agrar-Steuern Unentgeltliche Übertragung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt (Bundestagsdrucksache 16/11107, S. 9) und dass es diesem Zweck nicht widersprechen würde, wenn nicht das erwerbende Kind, sondern der – bei eigenem Erwerb ebenfalls steuerfrei zu stellende Ehegatte – das Familienheim zu eigenen Wohnzwecken nutzen würde. Gleichwohl kommt das Finanzgericht zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber bewusst entschieden hat, nur die in § 13 Abs. 1 Nr. 4a–c ErbStG genannten Alternativen zu begünstigen. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (Az.: BFH – II R 32/15). Der Referentenentwurf zur Neuregelung der Erbschaftsteuer sieht für die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a–c ErbStG keine Änderungen vor. Somit wird die Rechtsprechung auch nach Inkrafttreten eines neuen ErbStG von Bedeutung bleiben. Unentgeltliche Übertragung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt Leitsätze 1. Die freigebige Zuwendung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt ist nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a. F. nur steuerbegünstigt, wenn der Bedachte Mitunternehmer wird. 2. Behält sich der Schenker die Ausübung der Stimmrechte auch in Grundlagengeschäften der Gesellschaft vor, kann der Bedachte keine Mitunternehmerinitiative entfalten. 3. Für die Beurteilung, ob der Beschenkte mit der Übertragung des Gesellschaftsanteils Mitunternehmer geworden ist, ist der Zeitpunkt der Übertragung maßgeblich. BFH, Urteile vom 6.5.2015 – II R 34/13, II R 35/13 und II R 36/13 Der Sachverhalt Alle drei Entscheidungen betreffen offensichtlich denselben Sachverhalt. Der Kläger hatte von seinem Vater in 2005 Kommanditanteile einer GmbH & Co. KG unentgeltlich und unter Vorbehalt eines Nießbrauchs erhalten. Nach dem Gesellschaftsvertrag der KG war an dieser die KomplementärGmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger bereits war, nicht beteiligt. Ihr oblag jedoch die Geschäftsführung für die KG. Allerdings benötigte die Komplementär-GmbH nach dem Gesellschaftsvertrag der KG die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung bei näher definierten außergewöhnlichen Geschäften. Zudem sah der KG-Vertrag vor, dass die Gesellschafterversammlung für die Überwachung und Entlastung der Geschäftsführung, für die Vorstellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwendung, für Satzungsänderungen, die Aufnahme und Ausschluss von Gesellschaftern und auch die Liquidation der Gesellschaft zuständig war. Die Nießbrauchsregelung in der Abtretungsvereinbarung zum Kommanditanteil sah vor, dass der Übertragsgeber als Nießbrauchsberechtigter weiterhin vollumfänglich das Stimmrecht ausübte. Insoweit erteilte der Kläger dem Übertragsgeber Stimmrechtsvollmacht, AgrB 6-2015 Urteil 23 welche ausdrücklich auch alle oben genannten außergewöhnlichen Geschäfte gemäß Gesellschaftsvertrag der KG umfasste. In der Schenkungsteuererklärung machte der Übertragsgeber den Freibetrag und den geminderten Wertansatz nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG in voller Höhe zugunsten des Übertragsnehmers und Klägers geltend. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht Münster als Vorinstanz lehnten die Gewährung dieser Vergünstigungen ab. Sie argumentierten, der Kläger sei mangels Mitunternehmerinitiative bei Übertragung des Kommanditanteils nicht in eine Mitunternehmerstellung eingerückt. Dem Vortrag des Klägers, die im Nießbrauch geregelte Stimmrechtsübertragung „per Vollmacht“ beinhalte keine unmittelbare Stimmrechtszuordnung auf den Vorbehaltsnießbraucher, folgten die Richter nicht. Das Urteil Der Bundesfinanzhof hat diese Rechtsauffassung bestätigt. Dabei unterschieden die Richter genau zwischen dem Gegenstand der Schenkung einerseits und der Steuerbegünstigung des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a. F. andererseits. Die unentgeltliche Zuwendung von Anteilen an Personengesellschaften umfasst die Vermögensverschiebung zwischen Schenker und Beschenktem. Eine solche Schenkung setzt voraus, dass dem Empfänger das Mitgliedschaftsrecht an der Gesellschaft zivilrechtlich wirksam übertragen wird – anderenfalls erlangt der Beschenkte keinen Anteil am Gesellschaftsvermögen. Dafür sahen es die BFH-Richter als unbeachtlich an, ob dem Beschenkten mit der Abtretung der Anteile auch ertragsteuerlich eine Unternehmerstellung im Sinne des § 15 EStG verschafft wurde. Folglich bejahte der BFH eine Bereicherung des Klägers auf Kosten des Übertragsgebers in Höhe des Werts des Kommanditanteils sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Im weiteren Verlauf der Urteilsgründe untersuchte der BFH sodann konkret die Voraussetzungen der Steuervergünstigung nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG. Diese – bis Ende 2008 geltende – Vorschrift sah vor, dass der Beschenkte zur Inanspruchnahme des dort geregelten Freibetrags bei Erlangung eines Anteils an einer Gesellschaft auch ausdrücklich Mitunternehmer im ertragssteuerrechtlichen Sinne werden musste. Danach ist Mitunternehmer derjenige, der Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. In dem Zusammenhang verweist der BFH auf seine frühere Rechtsprechung, wonach Mitunternehmerinitiative Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen zumindest in dem Umfang der Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte eines Kommanditisten nach den Regelungen des Handelsgesetzbuches oder der gesellschaftlichen Kontrollrechte nach § 716 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches bedeutet. Nach Auffassung der Richter war mit der Gewährung der Steuervergünstigung des § 13 Abs. 4 Nr. 1 ErbStG durchaus vereinbar, dass der Übertragsgeber sich einen Nießbrauch am übertragenen Gesellschaftsanteil vorbehielt. Verbleiben allerdings nach den Regelungen des Nießbrauchsvorbehalts sämtliche Stimmrechte beim Schenker, führt dies dazu, dass der Bedachte nicht Mitunternehmer im einkommensteuerli- 24 Urteil Agrar-Steuern Einspruch durch einfache E-Mail chen Sinne wird. An dieser Stelle verweist der BFH auf frühere höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der die Freibetragsregelung des § 13a Abs. 4 ErbStG in diesen Fällen nicht gewährt werden kann. Diese Rechtslage soll laut BFH jedenfalls immer dann gelten, wenn der Gesellschafter die Ausübung der Stimmrechte dem Nießbraucher umfassend überlassen hat und dies auch für die Grundlagengeschäfte der Gesellschaft gilt. Im Urteilsfall fehlte es im Abtretungsvertrag über die KGAnteile an einer Regelung zur „Verteilung“ der Stimmrechte auf Beschenkten und Vorbehaltsnießbraucher. Die dem Schenker im Urteilssachverhalt erteilte Vollmacht umfasste vielmehr sämtliche Stimmrechte und somit auch die, welche die Grundlagengeschäfte der Gesellschaft berührten. Für die Beurteilung, ob der Beschenkte mit der Übertragung des Gesellschaftsanteils Mitunternehmer im ertragssteuerrechtlichen Sinne geworden sei, sahen die Richter den Zeitpunkt der Übertragung, d. h. hier der wirksamen Abtretungsvereinbarung aus 2005, an. Eine wirtschaftlich davon abweichende tatsächliche Ausübung der Stimmrechte in der Folgezeit werteten die Richter ausdrücklich als unbeachtlich. Für die schenkungsteuerrechtliche Beurteilung seien auch allein die vertraglichen Regelungen im Zeitpunkt der Übertragung und nicht das tatsächliche Verhalten der Beteiligten nach Übertragung des Gesellschaftsanteils maßgeblich. Da der Kläger nach dem Wortlaut der Abtretungsvereinbarung zum KG-Anteil durch den vollumfänglichen Vorbehaltsnießbrauch zugunsten des Schenkers praktisch seine Gesellschafterrechte überhaupt nicht wahrnehmen und dementsprechend auch keine Mitunternehmerinitiative entfalten konnte, verneinten die Richter das nach § 13 Abs. 4 a. F. erforderliche Tatbestandsmerkmal der Mitunternehmerschaft. Ausdrücklich weist der BFH darauf hin, dass eine Mitunternehmerstellung auch nicht durch die Stellung des Klägers als Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH herbeigeführt werden konnte. Nach Ansicht der Richter musste der geschenkte Kommanditanteil selbst dem Übertragsnehmer seine Stellung als Mitunternehmer im ertragsteuerlichen Sinn vermitteln. Urteilsanmerkungen von Diplom-Finanzwirt, Steuerberater, Landwirtschaftliche Buchstelle Matthias Beer, Lüneburg; www.beer-steuerberatung.de Im vorliegenden Fall ist der Kläger an der im Erbschaftsteuergesetz scheinbar vorgenommenen Vermengung von zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Betrachtungen gescheitert. Erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich gilt über § 7 ErbStG der Grundsatz, dass eine Bereicherung dem Grunde und der Höhe nach über das Zivilrecht zu beurteilen ist. Klassisch etwa ist in diesem Zusammenhang die gemeinhin bekannte Wertung, wonach eine unentgeltliche Grundstücksübertragung bereits dann ausgeführt ist, wenn der Schenkungsvertrag rechtswirksam abgeschlossen wurde und die Beteiligten die Auflassung erklärt haben. In dem Moment hat der Übertragsgeber „alles getan“, um dem Übertragsnehmer das Eigentum am Grundstück zu verschaffen. Auf die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums am Grundstück (oft) zu einem späteren Zeitpunkt kommt es für den für den Tatbestand der Bereicherung nach ErbStG nicht an. So urteilt der BFH im Besprechungsfall nur konsequent, dass die Schenkung der KG-Anteile unabhängig von der Verschaffung einer Mitunternehmerstellung zugunsten des Beschenkten dem Grunde und der Höhe nach schon bei Abtretung in 2005 erfolgt war. Losgelöst von diesen zivilrechtlichen Grundlagen für eine Bereicherung nach ErbStG hatte der Gesetzgeber in § 13 Abs. 4 ErbStG a. F. eine Freibetragsregelung aufgenommen, die an die Gewährung einer Mitunternehmerstellung anknüpft. Diese Regelung mag der Rechtsanwender auf den ersten Blick als steuerlichen Systembruch brandmarken – wird doch die Mitunternehmerstellung im Ertragsteuerrecht insbesondere nach wirtschaftlich tatsächlichen Gegebenheiten und nicht nach bloßem Vertrag beurteilt. Hier geht das ErbStG jedoch seinen eigenen – zivilrechtlich ausgerichteten – Weg und bestimmt die Mitunternehmerstellung ausschließlich nach den vertraglichen Vereinbarungen und unabhängig vom tatsächlichen Verhalten der Beteiligten. Ab 2009 wurde die Freibetragsregelung des § 13a Abs. 4 ErbStG durch den Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 5 ErbStG ersetzt. Diese einstweilen noch heute anzuwendende Vorschrift verweist wiederum auf § 15 EStG und die dort geregelten mitunternehmerschaftlichen Grundsätze. Somit haben die BFH-Entscheidungen vom 6.5.2015 auch für die aktuelle Rechtsanwendung und die spätestens zum 30.6.2016 anstehende Neuregelung von Teilen des ErbStG m. E. systematische Bedeutung. Bei der steuerlichen Beratung solcher Übertragungsfälle sollte bei der Vertragsgestaltung darauf geachtet werden, dass der Beschenkte zumindest in den Grundlagengeschäften der Gesellschaft sein Stimmrecht ausüben und dadurch Mitunternehmer nach Vertrag werden kann. Einspruch durch einfache E-Mail Auch nach der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO kann ein Einspruch mit einfacher EMail eingelegt werden, ohne dass diese mit qualifizierter elektronischer Signatur versehen werden muss, sofern die Finanzbehörde einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet hat. BFH, Urteil vom 13.5.2015 – III R 26/14 Der Sachverhalt Nach Beendigung der schulischen Ausbildung stritten die Mutter des Kinds und die Familienkasse über die Berechtigung zum AgrB 6-2015 Agrar-Steuern weiteren Bezug von Kindergeld. Mit Bescheid vom 17.1.2013 hob die Familienkasse (Beklagte) die Kindergeldfestsetzung für die Monate August bis November 2012 auf und forderte das bereits ausgezahlte Kindergeld von der Mutter (Klägerin) zurück. Im Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Familienkasse war deren E-Mail-Adresse angegeben. Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit einfacher E-Mail vom 23.1.2013 Einspruch ein, den die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 17.7.2013 als unbegründet zurückwies. Im hiergegen geführten Klageverfahren wies das Finanzgericht die Parteien erstmalig darauf hin, dass nach seiner Ansicht kein wirksamer Einspruch erhoben worden sei, da für eine Einspruchseinlegung durch E-Mail nach § 87a Abs. 3 AO eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich gewesen sei. Mit dieser Begründung wurde die Klage in erster Instanz vom Hessischen Finanzgericht mit Urteil vom 2.7.2014 – 8 K 1658/13 als unbegründet abgewiesen. Das Urteil Der BFH hob die Entscheidung des Finanzgerichts mit der Begründung auf, dass ein Einspruch auch in der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO mittels E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur eingelegt werden kann. Voraussetzung ist, dass die Finanzbehörde ein E-MailPostfach eröffnet und dieses bekannt gegeben hat, und dass aus dem Schriftstück hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 AO in der bis zum 31.7.2013 gültigen Fassung war ein Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Anders als das Schriftformerfordernis nach § 126 Abs. 1 BGB erfordert die Schriftlichkeit des § 357 AO a.F. keine eigenhändige Unterschrift des Einspruchsführers. Das bedeutet, dass der schriftliche Einspruch auch ohne Unterschrift des Einspruchsführers wirksam ist, sofern das Schriftstück aus seinem sonstigen Inhalt den Einspruchsführer und den Gegenstand des Einspruchs erkennen lässt. Aus dem Begriff „schriftlich“ kann nicht ohne Weiteres auf ein die eigenhändige Unterschrift umfassendes „Schriftform“Erfordernis geschlossen werden. Vielmehr ist in den Fällen, in denen das Gesetz Begriffe wie „Schriftstück“ oder „schriftlich“ verwendet, im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die schriftliche Erklärung eine der Funktionen wie Abschluss-, Perpetuierungs-, Identitäts-, Echtheits-, Verifikations-, Beweisund Warnfunktion erfüllen muss. Wird der Einspruch elektronisch eingelegt, setzt dessen Wirksamkeit keine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz voraus. Dem steht nicht die Regelung in § 87a Abs. 3 Satz 1 AO entgegen. Bei dieser Vorschrift wird lediglich geregelt, dass eine durch Gesetz angeordnete „Schriftform“ durch die „elektronische Form“ ersetzt werden kann. Nur in diesen Fällen wird eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz gefordert. Nach dem gesetzgeberischen Willen sollte es immer dann, wenn keine „Schriftform“ oder „elektronische Form“ gefordert wird, die Nutzung einer einfachen elektronischen Kommunikation ermöglicht wird, soweit der Schriftlichkeit keine weitere rechtliche Bedeutung beizumessen ist, als der Dokumentations- und Nachweischarakter. AgrB 6-2015 Einspruch durch einfache E-Mail Urteil 25 Auch aus der Regelung in § 357 Abs. 1 AO in der ab dem 1.8.2013 gültigen Fassung ergibt sich nichts anderes. Die dort aufgenommene Ergänzung, dass der Einspruch auch „elektronisch“ eingereicht werden kann, stellt lediglich eine Klarstellung und keine Rechtsänderung dar. Die Verwendung des Begriffs „elektronisch“ macht deutlich, dass keine „elektronische Form“ gefordert wird. Nur bei dieser Form wäre eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich gewesen. Urteilsanmerkungen von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht und Agrarrecht Ingo Glas, Geiersberger Glas & Partner mbB, Rechtsanwälte und Fachanwälte, Rostock und Schwerin, www.geiersberger.de Das Urteil setzt konsequent eine Linie in der Rechtsprechung fort, wonach zwischen einem Formerfordernis und der Art der Kommunikation differenziert wird. Nur wenn das Gesetz bestimmte Formanforderungen an die Abgabe von Willenserklärungen oder das Zustandekommen von Verträgen knüpft, sind diese für deren Wirksamkeit zu beachten. Verwendet das Gesetz hingegen Begriffe wie „schriftlich“ oder „elektronisch“, handelt es sich um die Art und Weise der Übermittlung der Erklärungen. Die Entscheidung erging zwar zum § 357 Abs. 1 AO in der Fassung bis 31.7.2013, sie hat aber auch eine Klarstellung für die Zeit ab dem 1.8.2013 mit sich gebracht. Sowohl in Alt- als auch in Neufällen können Einsprüche gegenüber Finanzbehörden mittels einer einfachen EMail eingelegt werden, ohne dass es der qualifizierten elektronischen Signatur bedarf. Der BFH weist allerdings darauf hin, dass eine E-Mail-Übermittlung voraussetzt, dass die Finanzbehörde einen „Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente“ eröffnet hat. Gemeint ist hiermit, dass die Behörde ein für den Empfang von E-Mails zuständiges E-Mail-Postfach eingerichtet haben muss und den Willen besitzen muss, hierüber Erklärungen zu empfangen. Diesen Willen dokumentiert die Behörde regelmäßig dadurch, dass sie ihre E-Mail-Adresse in ihrem Briefkopf oder in ihren Bescheiden aufnimmt. Weiterhin wird gefordert, dass aus der E-Mail hervorgehen muss, wer den Einspruch einlegt. Zu beachten ist weiterhin, dass durch Gesetz auch andere Anforderungen gestellt werden können, wie die Verwendung amtlich vorgeschriebener Vordrucke oder die Verpflichtung, gewisse Steuererklärungen elektronisch zu übermitteln. Auch die Erhebung einer Klage beim Finanzgericht ist per E-Mail nur zulässig, wenn diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist und das betreffende Bundesland diese Signatur in einer Verordnung vorgeschrieben hat. 26 Urteil Keine Fristverlängerung für die Abgabe einer Einkommensteuererklärung bei ausstehenden Grundlagenbescheiden Keine Fristverlängerung für die Abgabe einer Einkommensteuererklärung bei ausstehenden Grundlagenbescheiden Die Pflicht zur fristgerechten Abgabe der persönlichen Einkommensteuererklärung besteht auch dann fort, wenn in der Steuererklärung Angaben über gesondert festzustellende Einkünfte zu machen sind und die Feststellungserklärungen noch nicht fertiggestellt sind bzw. die Grundlagenbescheide noch nicht vorliegen. FG Köln, Urteil vom 23.4.2015 – 11 K 3742/14 Der Sachverhalt Der verheiratete Kläger war als Arzt freiberuflich tätig. Seine Einkünfte aus selbstständiger Arbeit wurden gesondert festgestellt. Daneben erzielte der Kläger aus diversen Beteiligungen an Personengesellschaften weitere gesondert und einheitlich festzustellende Einkünfte. Im März 2014 forderte das Finanzamt den Kläger auf, die Einkommensteuererklärung für 2013 bis spätestens zum 31.10.2014 einzureichen. Noch im Oktober 2014 beantragte der Kläger eine Fristverlängerung für die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2013 bis Februar 2015. Den Antrag begründete er damit, dass die dafür erforderlichen Angaben von Grundlagenbescheiden der jeweiligen Feststellungsfinanzämter abhängig seien und diese Grundlagenbescheide noch nicht vorlägen. Daher könne er keine „korrekte“ Einkommensteuererklärung abgeben. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab. In der Einspruchsentscheidung aus Dezember 2014 verwies es darauf, dass die Einkommensteuererklärung grundsätzlich mit den vom Steuerpflichtigen erklärten Besteuerungsgrundlagen veranlagt werde. Dies gelte auch hinsichtlich der gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen. Sollte sich bei Durchführung der gesonderten Feststellung herausstellen, dass die insoweit vorab erklärten Einkünfte unzutreffend seien, werde der Einkommensteuerbescheid gemäß § 175 AO geändert. Auch stehe das öffentliche Interesse an einer zeitnahen und zügigen Durchführung des einkommensteuerlichen Veranlagungsverfahrens der vom Kläger begehrten Fristverlängerung entgegen. Das Urteil Das Finanzgericht Köln wies die vergleichbar begründete Klage gegen die Einspruchsentscheidung rechtskräftig ab. Gemäß § 102 FGO könne – so die Richter – nur überprüft werden, ob das Finanzamt sein Ermessen bei der Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag richtig ausgeübt und insbesondere die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten habe. Dabei verwiesen die Richter auf die Grundsatznorm des § 149 Abs. 2 Satz 1 AO. Danach endet die Abgabefrist für jahresbezogene Steuererklärungen jeweils am 31. Mai des Folgejahres. Diese Frist kann nach § 109 Abs. 1 Satz 1 AO verlängert werden. Dazu zitiert das Finanzgericht Köln die koordinierten Ländererlasse vom 2.1.2014. Nach dieser Rechtsquelle werden Agrar-Steuern die Abgabefristen für Steuererklärungen 2013, die von Angehörigen der steuerberatenden Berufe angefertigt werden, grundsätzlich bis zum 31.12.2014 verlängert. In begründeten Einzelanträgen – so das Gericht – könne die Frist bis zum 28.2.2015 ausgedehnt werden. Diese Handhabung dient nach Ansicht der Finanzrichter einem sachgerechten Interessenausgleich zwischen dem Steuerpflichtigen bzw. seinem Steuerberater einerseits und den Finanzbehörden andererseits. In seiner Entscheidung hebt das Finanzgericht Köln die verfahrensmäßige Eigenständigkeit des für die Erteilung eines Grundlagenbescheids maßgeblichen Feststellungsverfahrens hervor. Nach dieser Besteuerungssystematik werden „an sich“ unselbstständige Besteuerungsgrundlagen zur Einkommensteuer in einem gesonderten Feststellungsverfahren ermittelt. Dieses Vorgehen bringe es regelmäßig mit sich, dass das Ergebnis eines Grundlagenbescheids mitunter auch erst dann vorliegen kann, wenn die Abgabefrist für die Steuererklärung des Folgebescheids bereits abgelaufen ist oder die Steuerfestsetzung für den Folgebescheid bereits durchgeführt wurde. Diese vom Gesetzgeber gewollte Systematik offenbare sich insbesondere in § 155 Abs. 2 AO, wonach ein Folgebescheid auch dann erteilt werden kann, wenn noch kein Grundlagenbescheid existiert. In diesem Fall trifft den Steuerpflichtigen nach Meinung der Richter die Verpflichtung, die ihm noch nicht bekannten gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen in der Einkommensteuererklärung nach § 162 Abs. 5 AO zu schätzen. Aus dieser klaren Gesetzesvorgabe erwächst auch die Bindung des Steuerpflichtigen an die Abgabefrist der Einkommensteuererklärung. Ausdrücklich räumen die Finanzrichter deshalb dem öffentlichen Interesse an einer zeitnahen und zügigen Durchführung der Einkommensteuerveranlagung den Vorrang vor einer möglichen Vermeidung oder Reduzierung von Folgeänderungen bei der Einkommensteuerfestsetzung ein. Die Richter werteten es auch als unbeachtlich, dass der Kläger in seinem Vortrag eine andere Vorgehensweise für „ökonomisch sinnvoller“ hielt. Daraus ergebe sich keine Auswirkung auf die als sachgerecht anzusehende Ermessensentscheidung des Finanzamts bei der Ablehnung des Fristverlängerungsantrags. Urteilsanmerkungen von Diplom-Finanzwirt, Steuerberater, Landwirtschaftliche Buchstelle Matthias Beer, Lüneburg; www.beer-steuerberatung.de Nach der Gesetzessystematik, wonach für die Abgabe von persönlichen Steuererklärungen einerseits und Feststellungserklärungen andererseits jeweils gesonderte Abgabenfristen gelten, war dieses Urteil schlicht so zu erwarten. In der Praxis trifft es jedoch auf eine oft völlig anders gestaltete Mentalität und Handhabung der Steuerdeklaration. Der Steuerpflichtige bzw. sein Steuerberater möchte die Einkommensteuererklärung gern erst dann abgeben, nachdem er alle Besteuerungsgrundlagen – ob verfahrensmäßig gesondert festzustellen oder nicht – kennt. Gerade bei AgrB 6-2015 Agrar-Steuern Umsätze eines gemeinnützigen Pferdesportvereins aus Pferdepensionleistungen unterliegen dem Regelsteuersatz betrieblichen Einkünften ergeben sich aus der Klaviatur zahlreicher Bilanzierungswahlrechte häufig wesentliche Auswirkungen auf die festzusetzende Einkommensteuerschuld. Die Palette der in der Praxis vorkommenden Sachverhalte umfasst zum einen die Fälle, in denen der Steuerpflichtige bzw. Steuerberater die gesondert festzustellenden Einkünfte ebenfalls selbst ermittelt. Zum anderen sind Sachverhalte betroffen, in denen sich der Steuerpflichtige bzw. sein Berater die gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen von Dritten für Zwecke der Einkommensteuererklärung erst beschaffen muss. Im Urteilssachverhalt war vermutlich der Gewinnermittlungszeitraum für die freiberufliche Tätigkeit des Arztes mit dem Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) identisch. Praktisch hätte der Steuerpflichtige bzw. sein Steuerberater innerhalb der vom Finanzamt mit Schreiben aus März 2014 gesetzten Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung 2013 bis Ende Oktober 2014 ausreichend (zehn Monate) Zeit gehabt, die gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen insbesondere aus der Arztpraxis gemäß § 162 Abs. 5 AO sachgerecht zu schätzen oder auch schon abschließend zu ermitteln. Der Urteilsbegründung ist leider nicht zu entnehmen, ob die Finanzrichter den Kläger oder dessen Berater darauf hingewiesen haben. In der land- und forstwirtschaftlichen Besteuerungspraxis kommt es nicht selten vor, dass die Finanzverwaltung im Frühjahr die Einkommensteuererklärung für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum zu einem Zeitpunkt im Herbst (des Folgejahres) anfordert. Nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG ist aber der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft, der regelmäßig für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni des jeweiligen Folgejahres zu ermitteln ist, noch hälftig in die Einkommensteuerveranlagung des Vorjahres einzubeziehen. Daraus folgt, dass sich der Steuerberater mit der Ermittlung der gesondert festzustellenden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beispielsweise für 2014 erst nach dem 30.6.2015 zielführend befassen kann. Hat das Finanzamt den Abgabetermin für die Einkommensteuererklärung 2014 bis zum 31.10.2015 gesetzt, verbleiben ihm nur vier Monate, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mindestens überschlägig zu ermitteln, damit der nach § 162 Abs. 5 AO gebotene Eintrag dieses Werts in die persönliche Einkommensteuererklärung 2014 erfolgen kann. Bei einem Forstbetrieb mit dem dafür gemäß § 8c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStDV geltenden Gewinnermittlungszeitraum vom 1. Oktober bis 30. September verkürzt sich diese „Prüffrist“ sogar auf nur einen Kalendermonat. Das Finanzgericht Köln schreibt aber den Steuerpflichtigen und deren Steuerberatern, die an einem solchen mehrstufigen Besteuerungsverfahren beteiligt sind, dieses Vorgehen ganz klar ins Stammbuch. Die Betroffenen sind deshalb gut beraten, statt der Stellung von Fristverlängerungsanträgen organisatorisch und arbeitswirtschaftlich AgrB 6-2015 Urteil 27 dafür Sorge zu tragen, dass die gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen zumindest überschlägig für Zwecke der vorab angeforderten Einkommensteuererklärung ermittelt werden können. Das gilt umso mehr, wenn das Finanzamt – wie in der Praxis regelmäßig – bereits im Frühjahr auf die zeitnah endende Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung hinweist. Dadurch schafft es für den betroffenen Steuerpflichtigen und seinen Steuerberater ein – wenn auch gelegentliches knappes – Zeitfenster, um sich darauf einzustellen. Eigentlich bietet die Entscheidung des Finanzgerichts Köln insbesondere den Steuerberatern eine Bühne, auf der sie in Kenntnis dieser Rechtslage ihren Mandanten mit einer angepassten Kanzleiorganisation eine optimale steuerliche Deklarationsleistung bieten können. Umsätze eines gemeinnützigen Pferdesportvereins aus Pferdepensionleistungen unterliegen dem Regelsteuersatz Eine unionsrechtliche Steuerbefreiung kommt nicht in Betracht. Leitsätze 1. Die Umsätze eines der Förderung des Reitsports dienenden gemeinnützigen Vereins aus Verträgen über die Einstellung von Pferden, welche neben der Zurverfügungstellung der Pferdebox weitere Leistungen (Fütterung, Reinigung der Box, Nutzung der Reitanlage etc.) beinhalten, sind nicht nach Unionsrecht von der Umsatzsteuer befreit, wenn eine schädliche Wettbewerbssituation vorliegt. 2. Die unionsrechtlichen Begrifflichkeiten der Unerlässlichkeit und der Kernbereichs-relevanz sind notwendig voneinander abzugrenzen, wobei die Kernbereichsrelevanz enger als die Unerlässlichkeit verstanden werden muss. FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.2.2015 – 4 K 27/14 Der Sachverhalt Der „Reitverein e.V.“ (V) erfüllt nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit, weil er ausschließlich und unmittelbar der Förderung des (Reit-)Sports dient. Zur Verwirklichung des Satzungszwecks verfügt V über eine Reithalle, einen Dressurplatz, einen Springplatz, Sandpaddocks, Grasweiden sowie Stallungen, in denen sich 32 Boxen zum Einstellen von Pferden befinden. V, der nicht über eigene Pferde und einen eigenen Reitlehrer verfügt, obliegt die Organisation des Reitunterrichts und die Organisation von Reitturnieren. Die Nutzung der Reitsporteinrichtungen durch die Mitglieder erfordert die Zahlung eines individuellen Nutzungsentgelts oder den Abschluss eines Pensionsvertrags. Gegen Zahlung eines monatlichen Pensionspreises von 250,00 € (brutto) für ein Pferd bzw. 185,00 € (brutto) für ein Pony erbringt V folgende Leistungen: 28 Urteil Umsätze eines gemeinnützigen Pferdesportvereins aus Pferdepensionleistungen unterliegen dem Regelsteuersatz ●● Bereitstellung einer Box zum Einstellen des Pferds einschließlich Stroh und Ausmisten, ●● Bereitstellung von Futtermitteln (Heu, Rau- und Ergänzungsfutter), ●● Haltung des Pferds mit der Sorgfalt eines ordentlichen, gewissenhaften Pflegers (Meldung von Krankheiten und besonderen Vorkommnissen), ●● Vergabe tierärztliche Leistungen (Kostentragung durch den Einsteller), ●● Überlassung der Reitanlagen zur Nutzung durch den Einsteller. Der Einzugsbereich des V beläuft sich auf einen Umkreis von etwa 20 km. In diesem Umkreis befinden sich mehrere privatwirtschaftlich betriebene Pferdehöfe in unterschiedlicher Größe und mit unterschiedlichen Reitsporteinrichtungen. Zu monatlichen Preisen zwischen 170,00 € und 300,00 € werden neben der Boxenvermietung auch weitere mit der Pensionstierhaltung verbundene Dienstleistungen wie Füttern, Pflegen, Ausmisten etc. erbracht. Der Abschluss eines Pensionsvertrags vermittelt auch bei diesen Höfen das Recht zur Nutzung der in unterschiedlicher Ausprägung vorhandenen Reitanlagen. Nachdem das Finanzamt die Umsatzsteuer für die Pferdepensionsleistungen unter Anwendung des Regelsteuersatzes festgesetzt hatte, beantragte V für diese Umsätze die unionsrechtliche Steuerbefreiung für Dienstleistungen in engem Zusammenhang mit Sport. Der BFH habe in einem nahezu gleichgelagerten Sachverhalt dargelegt, dass die Dienstleistungen eines gemeinnützigen Reitsportvereins im Rahmen einer Pferdepension von der Umsatzsteuer befreit sein können (Urteil vom 16.10.2013 – XI R 34/11, HFR 2014, 336). Das Urteil Einrichtungen ohne Gewinnstreben, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben, können sich grundsätzlich auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung des Sports berufen. V kann sich nach den tat richterlichen Feststellungen des FG auf diese Steuerbefreiung nicht berufen, weil die von ihm erbrachten Pferdepensionsleistungen ●● zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind; ●● im Wesentlichen dazu bestimmt sind, V zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit der Umsatzsteuer unterliegenden Tätigkeiten anderer Unternehmer durchgeführt werden. Zu a) Bei der für Steuerbefreiungen gebotenen engen Auslegung erstreckt sich Art. 13 Teil A Abs. 1m der Richtlinie 77/388/ EWG nur auf Leistungen an Personen, die den Sport ausüben und die bei diesen Personen für die Sportausübung unerlässlich sind (Art. 13 Teil A Abs. 2b – 1. Gedankenstrich – der Richtlinie 77/388/EWG). Für die Sportausübung unerlässlich sind nach hierzu bereits vorliegender Rechtsprechung die Überlassung von Sportstätten und Sportgeräten oder das Zurverfügungstellen eines Schiedsrichters sowie die Erteilung von Sportunterricht. Nach Auffassung des FG kann dahinstehen, ob die Pferde- Agrar-Steuern pensionsleistungen des V mit Sport in engem Zusammenhang stehen und für die Sportausübung durch die Mitglieder unerlässlich sind, da eine Steuerbefreiung nicht in Betracht kommt, weil die Pensionsleistungen nicht den Kernbereich der Steuerbefreiung betreffen. Zu b) Der Begriff der Kernbereichsrelevanz (Art. 13 Teil A Abs. 2b – 2. Gedankenstrich – der Richtlinie 77/388/EWG) ist ein eigenständiger Ausschlusstatbestand (BFH-Urteil vom 3.4.2008 – V R 74/07, HFR 2008, 956). Bei Dienstleistungen, welche die Ausübung von Sport und Körperertüchtigung ermöglichen (sollen), ist der Kernbereich der Steuerbefreiung betroffen, ●● wenn die Leistungen unmittelbar oder mittelbar gegenüber den die körperliche Ertüchtigung ausübenden Personen erbracht werden und ●● diese Leistungen ihrem Wesen nach dergestalt der Sportausübung dienen, dass sie direkt zur sportlichen Ertüchtigung in Anspruch genommen werden ●● und die Ertüchtigung bei Fehlen der Dienstleistung nicht durchgeführt werden könnte. Nach diesen Grundsätzen (siehe hierzu FG Köln, Urteil vom 20.2.2008 – 7 K 4943/05, EFG 2008, 892) könnte das isolierte Bereitstellen von Reitanlagen „Kernbereichsrelevanz“ haben. Die von V als Leistungsbündel erbrachten Pferdepensionsleistungen bieten zwar gute Rahmenbedingungen für den Reitsport; sie sind aber nicht – wie die Überlassung von Reitsporteinrichtungen – unmittelbar für die Ausübung des Reitsports erforderlich. Die Pensionsleistung des V wird – auch aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers – nicht durch die Überlassung von Sportanlagen geprägt, sondern durch die Versorgung und Unterbringung der Pferde und damit den Bereich der die Sportausübung vorbereitenden Leistungen. Mit den nur mittelbar der Ausübung des Reitsports dienenden Leistungen erzielt V außerdem Einnahmen aus Tätigkeiten, die in unmittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Leistungen gewerblicher Unternehmen stehen. Zum Ausschlusstatbestand des Wettbewerbs hat das FG festgestellt, dass von V und den im Umkreis tätigen Anbietern gleiche oder gleichartige Dienstleistungen ausgeführt werden und geringe Unterschiede die Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, die eine oder andere dieser Dienstleistungen zu wählen, nicht erheblich beeinflussen (BFH, Urteil vom 25.1.2006 – V R 46/04, BStBl II 2006, 481 und Urteil vom 16.10.2013 – XI R 34/11, a.a.O.). Die zur Problematik „Kernbereichsrelevanz“ zugelassene Revision wurde eingelegt (Az. des BFH: V R 14/15). Urteilsanmerkungen von Oberregierungsrat a.D. Wolfgang Horn, Weil der Stadt, Mitkommentator bei Rüttinger, Umsatzsteuer in der Land- und Forstwirtschaft Das Urteil bestätigt, dass die Pferdepen sion – auch aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers – eine wirtschaftlich einheitliche Leistung ist, die im Interesse ei- AgrB 6-2015 Agrar-Steuern Auflösung einer Ansparrücklage kann zur Überschreitung der Gewinngrenze nach § 7g EStG führen nes funktionierenden MwSt.-Systems nicht künstlich aufgespalten werden kann (Abschn. 3.10 UStAE und BFH-Urt. vom 25.6.2009, BStBl II 2010, 239). Bei der Abgrenzung wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb oder Zweckbetrieb bestätigt das FG unter Berufung auf bereits vorliegende Rechtsprechung die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung. Der Aussage, dass eine weite Auslegung des unionsrechtlichen Begriffs der „Unerlässlichkeit“ nicht auf § 65 Nr. 2 AO übertragbar ist, wird zugestimmt. Auch die Ausführungen zur Schutzwirkung des § 65 Nr. 3 AO – insbesondere die Feststellung, dass bei Steuerbegünstigung der Pferdepension das Maß des unvermeidbaren Wettbewerbseingriffs überschritten würde – sind überzeugend begründet. Den Urteilsschwerpunkt bilden die Ausführungen zur Frage, ob die Einnahmen aus Pferdepensionsleistungen bei V (Einrichtung ohne Gewinnstreben) unter die unionsrechtliche Steuerbefreiung des Sports fallen. Die zur 6. EG-Richtlinie ergangene Entscheidung kann m. E. uneingeschränkt auf Art. 132 Abs. 1m MwStSystRL und die eingrenzenden Regelungen in Art. 133 und 134 MwStSystRL übertragen werden. Unter Fortführung und Konkretisierung bereits vorhandener Rechtsprechung hat das FG entschieden, dass zwar für Tätigkeiten, die den „Kernbereich“ einer unionsrechtlichen Steuerbefreiung betreffen, ein Ausschluss nach Art. 133 und 134 MwStSystRL nicht in Betracht kommt, den Pferdepensionsleistungen für den Reitsport aber keine solche Kernbereichsrelevanz zukommt. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH hierzu im Revisionsverfahren eine andere Rechtsauffassung vertritt und dann (folgerichtig) die tatrichterlichen Feststellungen hinsichtlich des Merkmals der Unerlässlichkeit bewertet. Zu überzeugen vermag auch die finanzgerichtliche Feststellung und Würdigung der Wettbewerbssituation gegenüber Unternehmern, die im Einzugsbereich des Vereins Leistungen anbieten, die den Vereinsleistungen zumindest ähnlich sind und der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz unterliegen (siehe hierzu Rüttinger, USt in der LuF, B 279/4 und C 122–124/1). M. E. kommt es bei der Feststellung einer schädlichen Wettbewerbssituation jedoch nicht auf den tatsächlichen lokalen Markt an, sondern lediglich auf den potenziellen Wettbewerb (so FG Münster, Urt. vom 25.9.2014 – 5 K 3700/10, Juris). Eine Begrenzung auf Fälle des tatsächlichen Wettbewerbs verletzt den Neutralitätsgrundsatz des Unionsrechts, weil Marktzutrittsschranken errichtet und dadurch private Unternehmen gehindert werden, entsprechende Leistungen anzubieten. Das BMF-Schreiben vom 25.8.2015 zur Anwendung der BFH-Urteile vom 10.9.2014 – XI R 33/13, und vom 21.1.2015 – XI R 13/13) ist für V ohne Bedeutung, da bei einem Reitverein allein durch Pferdepensionsleistungen keine landwirtschaftliche Erzeugertätigkeit im Sinne des § 24 UStG begründet wird. Dies wäre aber Voraussetzung AgrB 6-2015 Urteil 29 dafür, Pferdepensionsleistungen an Nichtlandwirte im Einzelfall als landwirtschaftliche Dienstleistungen anzuerkennen, wenn der Leistungsempfänger außerhalb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs eine Tierzucht oder Tierhaltung in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung betreibt und diese nicht lediglich aus privaten Gründen zu Freizeitzwecken erfolgt. Über den Begriff der Unerlässlichkeit ist auch im Verfahren V R 46/14 zu entscheiden, denn das FG Rheinland-Pfalz hat Mensaessen einer privaten Kantine als unerlässliche Dienstleistung in Zusammenhang mit dem Hochschulunterricht des Landes angesehen (Urteil vom 7.8.2014, EFG 2014, 2090). Auflösung einer Ansparrücklage kann zur Überschreitung der Gewinngrenze nach § 7g EStG führen Wenn der Gewinn eines Betriebs, der diesen nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, durch die Auflösung einer Ansparrücklage die Gewinngrenze von 100.000 € überschreitet, kann ein Investitionsabzugsbetrag nicht in Anspruch genommen werden. BFH, Urteil vom 15.5.2015 – VIII R 29/13 Der Sachverhalt Ein selbstständig tätiger Arzt erklärte im VZ 2008 einen Gewinn in Höhe von rund 64.000 €. Darin enthalten waren sowohl die Auflösung einer Ansparrücklage aus dem Jahre 2006 in Höhe von rund 90.000 € (zuzüglich Gewinnzuschlag von rund 10.000 €) als auch ein neu in Anspruch genommener Investitionsabzugsbetrag in Höhe von rund 122.000 €. Das Finanzamt berücksichtigte den geltend gemachten Investitionsbetrag nicht, da der Gesamtgewinn die Grenze nach § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1c EStG überschreite. Demgegenüber vertrat der Steuerpflichtige die Auffassung, die maßgebliche Gewinngrenze sei unterschritten, denn weder der Investitionsabzugsbetrag noch seine Auflösung beeinflusse die Gewinngrenze. Dies müsse entsprechend für die Ansparrücklage gelten. Das Finanzgericht Köln hatte der Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.4.2013 stattgegeben und dies mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift begründet. Das Urteil Dem widersprach nun der BFH. Nach Auffassung der Richter sind für die Frage der Überschreitung der Gewinngrenze die Auflösung der „alten“ Ansparabschreibung und der Gewinnzuschlag gewinnerhöhend als Betriebseinnahme zu berücksichtigen. Der Investitionsabzugsbetrag könne bei einem Betrieb, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittele, dann in Anspruch genommen werden, wenn der Betrieb am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug vorgenommen werde, ohne Berücksichtigung des Investitionsbetrags einen Gewinn von 100.000 € nicht überschreite. Entgegen der Auffassung des 30 Urteil Auflösung einer Ansparrücklage kann zur Überschreitung der Gewinngrenze nach § 7g EStG führen Finanzgerichts seien jedoch die Auflösung der Ansparrücklage und ggf. der vorzunehmende Gewinnzuschlag gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Dementsprechend sei die Gewinngrenze hier überschritten. Der BFH begründet sein Urteil damit, dass § 7g EStG keine eigenständige Gewinndefinition enthalte. Dies könne weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien entnommen werden. Dass sich der Gesetzgeber von der handels- und steuerrechtlichen Gewinndefinition im Rahmen des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1c EStG zugunsten eines „real wirtschaftlich erzielten Gewinns“ nach der allgemeinen Leistungskraft des Unternehmens habe lösen wollen, sei nicht ersichtlich. Urteilsanmerkungen von Dipl.-Ing. agr., Steuerberaterin Brigitte Barkhaus, LBH-Steuerberatungsgesellschaft mbH, Friedrichsdorf, www.lbh.de Agrar-Steuern Abs. 3 EStG ermitteln – also im Wesentlichen freiberuflich tätige Steuerpflichtige. Nach dem BMF-Schreiben vom 20.11.2013, BStBl. 2013 I S. 1493, Rz 12 reicht es bei nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nämlich aus, wenn entweder die Gewinngrenze von 100.000 € oder der Wirtschaftswert/Ersatzwirtschaftswert nicht überschritten wird. Zum anderen ist das Urteil auch nur noch für Altfälle relevant, in denen sich das alte Recht zur Ansparrücklage und das neue Recht zum Investitionsabzugsbetrag überschneiden. Nach neuem Recht kann die Auflösung von Investitionsabzugsbeträgen nämlich nicht mehr dazu führen, dass die Gewinngrenze überschritten wird, da nach 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1c EStG Gewinn der Betrag ist, der ohne Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Das Urteil hat zum einen nur für Steuerpflichtige Relevanz, die ihren Gewinn tatsächlich nach § 4 Anzeige AgrB 6-2015 Agrar-Steuern Altenteilsleistungen: aktuelle Veranlagungshinweise, Nichtbeanstandungsgrenzen Urteil 31 Finanzverwaltung Altenteilsleistungen: aktuelle Veranlagungshinweise, Nichtbeanstandungsgrenzen Anmerkungen zur Verfügung des Landesamts für Steuern Bayern vom 9.2.2015 – S 2221.1.1 – 10/32 St 32 In der Land- und Forstwirtschaft wird im Rahmen der Betriebsübergabe neben einem Baraltenteil häufig eine Wohnung unentgeltlich überlassen und kostenlose Verpflegung gewährt. Mit der Verfügung vom 9.2.2015 hat das Landesamt zur steuerlichen Behandlung dieser Altenteilsleistungen Stellung genommen und insbesondere die aktuellen Nichtbeanstandungsgrenzen für unbare Altenteilsleistungen veröffentlicht. Die Werte für die Verpflegung werden bundeseinheitlich aus der Sozialversicherungsentgeltverordnung abgeleitet und sind gegenüber dem Veranlagungszeitraum 2014 unverändert geblieben. Sie sind beim Altenteilsverpflichteten als Sonderausgabe abziehbar und bei den Altenteilern als sonstige Einkünfte zu versteuern. Wird im Rahmen eines Übergabevertrags eine Wohnung unentgeltlich überlassen, ist der Nutzungswert der Wohnung – mit Ausnahme der noch der Nutzungswertbesteuerung unterliegenden Baudenkmalen – weder beim Altenteilsverpflichteten als dauernde Last noch beim Altenteiler als wiederkehrender Bezug zu erfassen. In diesem Fall sind jedoch die mit der Wohnungsüberlassung verbundenen Aufwendungen als dauernde Last abzugsfähig und beim Altenteiler als wiederkehrender Bezug zu berücksichtigen. Zu den dem Altenteiler als wiederkehrende Sachleistungen zufließenden und mit der Wohnungsüberlassung verbundenen Aufwendungen gehören insbesondere Aufwendungen für Strom, Heizung, Schönheitsreparaturen sowie ggfs. Instandhaltungsaufwendungen. Nicht dazu gehören Aufwendungen für AfA, Zinsen, Grundsteuer und Hausversicherungen, die der Verpflichtete als Grundstückseigentümer schuldet (BFH-Urteil vom 25.3.1992 – BStBl 1992 II S. 1012). Für die Gewährung freier Heizung, Beleuchtung und andere Nebenkosten sind von der Finanzverwaltung ebenfalls Nichtbeanstandungswerte festgelegt worden. Diese Werte sind für die Steuerpflichtigen – anders als die aus der Sozialversicherungsentgeltverordnung abgeleiteten Werte für die Verpflegung – nicht bindend; die Steuerpflichtigen können die Aufwendungen auch im Einzelnen ermitteln und die Aufwendungen für Heizung und Beleuchtung im Verhältnis der Wohnflächen und die sonstigen Kosten (Wasser, Abwasser, Müllabfuhr) nach der Zahl der Bewohner aufteilen (Niedersächsisches FG vom 31.3.2010 – EFG 2010 S. 1610). Für die VZ 2014 und 2015 sind vom Landesamt für Steuern folgende Nichtbeanstandungsgrenzen festgelegt worden: Einzelperson Altenteiler-Ehepaar/ Lebenspartnerschaft AgrB 6-2015 Für Schönheitsreparaturen und Instandhaltungsaufwendungen gibt es keine Nichtbeanstandungsgrenzen. Der Betriebsübernehmer darf Modernisierungsaufwendungen für die vom Hofeigentümer beibehaltene Wohnung als dauernde Last abziehen, wenn er sich im Übergabevertrag dazu verpflichtet hat oder sich diese Verpflichtung aus der Rechtsnatur des Übergabevertrags als Altenteilsvertrag ergibt. Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass die geschuldete Leistung den Charakter von Versorgungsleistungen hat. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Aufwendungen der Erhaltung des im Zeitpunkt der Übergabe vertragsmäßigen Zustandes der Wohnung dienen. Nicht schädlich ist die Maßnahme, wenn sie neben der Erhaltung gleichzeitig eine zeitgemäße Modernisierung bewirkt. Außergewöhnliche Instandhaltungsaufwendungen, die über die Erhaltung des im Zeitpunkt der Übergabe vertragsgemäßen Zustandes hinausgehen, sind dagegen keine Leistungen zur Versorgung des Vermögensübergebers und dürfen daher nicht als dauernde Last abgezogen werden. Diese Rechtsfolgen ergeben sich aus den Fundstellen, auf die in der Verfügung des Landesamts hingewiesen wird. Hat der Vermögensübergeber in diesem Rahmen Handwerksleistungen oder haushaltsnahe Dienstleistungen als wiederkehrende Bezüge versteuert, weil sie der Vermögensübernehmer als Altenteilsleistungen erbracht hat, kann er für diese Zahlungen die Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Anspruch nehmen, wenn beim Altenteilsverpflichteten alle Voraussetzungen der Steuerermäßigung vorliegen. Bei der Beurteilung der Versorgungsleistungen sind unterschiedliche Anwendungs- und Übergangsregelungen zu beachten, die sich nach dem Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsabschlusses richten. Zu unterscheiden sind dabei Verträge vor dem 1.11.2004, bei denen die Versorgungsleistungen unter Umständen auch als Sonderausgaben zu berücksichtigen waren, wenn die erzielbaren Nettoerträge nicht ausgereicht haben, die Altenteilsleistungen zu erbringen (Typus 2). Die weitere Fallgruppe betrifft Verträge, die nach dem 31.10.2004 und vor dem 1.1.2008 abgeschlossen worden sind. Bei Hofübergaben nach neuem Recht sind die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 11.3.2010 (BStBl 2010 I S. 227) anzuwenden. Die Finanzämter werden im Übrigen darauf hingewiesen, dass die abziehbaren Altenteilsleistungen korrespondierend zu den sonstigen Einkünften des Altenteilsberechtigten anzusetzen sind und ein Abzug als Versorgungsleistungen nicht in Betracht kommt, wenn sich der Vermögensübergeber die Nutzungsbefugnis am gesamten übertragenen Vermögen vorbehalten hat. Verpflegung Heizung, Beleuchtung, gesamt andere Nebenkosten EUR EUR EUR 2.748 612 3.360 5.496 1.224 6.720 Jürgen König, Regierungsdirektor im Niedersächsischen Finanzministerium und Mitkommentator des Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte Anzeige So kultivieren Sie Ihr Fachwissen. Von Prof. Dr. Christian Grimm und Prof. Dr. Roland Norer 4. Auflage. 2015. XXXII, 330 Seiten. 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So wundert es nicht, dass auch nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes am 1. Januar 2015 viele Fragen noch nicht endgültig geklärt sind und den Betrieben, aber auch den Steuerberatern im Rahmen der Lohnbuchhaltung, Schwierigkeiten bei der Umsetzung bereiten. Wer in der Fachliteratur sucht, wird eine Vielzahl von Veröffentlichungen finden, die sich mit dem Thema Mindestlohn beschäftigen. In diesem Beitrag liegt der Schwerpunkt auf den Fragestellungen, die gartenbauliche und landwirtschaftliche Betriebe besonders betreffen. Übersicht 1. Geringerer Mindestlohn aufgrund des Mindestentgelttarifvertrags für Gartenbau und Landwirtschaft 2. Welche Lohnbestandteile sind überhaupt auf den Mindestlohn anzurechnen? 3. Anrechnung von Kost und Logis 4. Welche Aufzeichnungspflichten müssen Gartenbau und Landwirtschaft erfüllen? 5.Fazit 1.Geringerer Mindestlohn aufgrund des Mindestentgelttarifvertrags für Gartenbau und Landwirtschaft Speziell für Betriebe des Gartenbaus und der Landwirtschaft gibt es einen „Tarifvertrag zur Regelung der Mindestentgelte für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau der Bundesrepublik Deutschland“ („TV-Mindestentgelt“; veröffentlicht im Bundesanzeiger am 19.12.2014, BAnz AT 1912.2014 V 1), der Mindestlöhne festlegt, die derzeit unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns liegen. Obwohl auf diesen Tarifvertrag auf den Internetseiten des Zolls ausdrücklich hingewiesen wird, hat sich in der einen oder anderen Kontrolle durch den Zoll doch gezeigt, dass der Tarifvertrag nicht allen Prüfern präsent ist. Der tarifliche Mindestlohn beträgt: Mindestentgelt-Tarifvertrag West Ost1) Ab 1. Januar 2015 7,40 Euro 7,20 Euro Ab 1. Januar 2016 8,00 Euro 7,90 Euro AgrB 6-2015 Ab 1. Januar 2017 8,60 Euro 8,60 Euro Ab 1. November 2017 9,10 Euro 9,10 Euro Ab 1. Januar 2018 gilt der gesetzliche Mindestlohn. 1) Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen Räumlich gilt dieser Tarifvertrag für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Vom betrieblichen Geltungsbereich her unterfallen dem Tarifvertrag alle Betriebe und selbstständigen Betriebsabteilungen, die arbeitszeitlich überwiegend landwirtschaftliche, gartenbauliche oder forstwirtschaftliche Tätigkeiten verrichten. Die im Tarifvertrag aufgezählten gartenbaulichen und landwirtschaftlichen Tätigkeiten sind den Überschriften der einzelnen Ziffern der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamts entnommen und umfassen neben den ausdrücklich aufgezählten Tätigkeiten auch alle weiteren Tätigkeiten, die sich in den darunter subsummierten Ziffern befinden. Ferner ist im Mindestentgelttarifvertrag ausdrücklich festgelegt, dass Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen immer dann als Betriebe gelten, die unter den Geltungsbereich des TV-Mindestentgelt fallen, wenn für diese Betriebe die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) gemäß der §§ 123 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 und 7 sowie 131 SGB VI zuständig ist. Dies bedeutet, dass von den Versicherten für die die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft der SVLG zuständig ist, nur die Landwirtschaftskammern und die dort versicherten Berufsverbände sowie die SVLG selbst vom Geltungsbereich ausgenommen sind. Mit dem Hinweis auf § 131 SGB VII ist ferner sichergestellt, dass auch Hilfs- und Nebenunternehmen, des jeweiligen gartenbaulichen oder landwirtschaftlichen Betriebs, die bei der SVLFG versichert sind, dem Geltungsbereich unterliegen. Damit ist in der Praxis gewährleistet, dass der Nachweis, ob auf einen Betrieb oder selbstständigen Betriebsteil grundsätzlich der TV-Mindestentgelt anzuwenden ist, durch einen entsprechenden Beitragsbescheid der SVLFG nachweisbar. Der Hinweis darauf, dass dies auch für Betriebe gilt, für die die SVLFG zuständig wäre, wenn sie ihren Sitz in Deutschland hätten, 34 Aufsatz Erste praktische Erfahrungen mit der Anwendung der Mindestlohnregelung im Gartenbau und in der Landwirtschaft stellt sicher, dass es keine Benachteiligung von Betrieben aus anderen Ländern der Europäischen Union gibt. Eine weitere Abgrenzungsnotwendigkeit ergibt sich aber noch gegenüber dem Bundesrahmentarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in der Bundesrepublik in der Fassung vom 7. März 2007. Unterfällt ein Betrieb dem Geltungsbereich dieses Tarifvertrags, so ist der TV-Mindestentgelt trotz einer Versicherung des Betriebs in der Unfallversicherung der SVLVG, nicht auf diesen Betrieb oder einen selbstständigen Betriebsteil des Betriebs anwendbar. Hierbei handelt es sich um eine klare Abgrenzung zu einem ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag nach dem Tarifvertragsgesetz, dessen Geltungsbereich nicht angetastet wird. Auch im persönlichen Geltungsbereich unterscheidet sich der TV-Mindestentgelt vom Personenkreis, der vom Mindestlohngesetz erfasst wird. Dem TV-Mindestentgelt unterfallen Langzeitarbeitslose auch in den ersten sechs Monaten ihres Beschäftigungsverhältnisses, anders als dies in § 22 Abs. 4 Mindestlohngesetz (MiLoG) geregelt ist. Auch Jugendliche unter 18 Jahren ohne Berufsabschluss unterfallen dem TV-Mindestentgelt. Dies gilt nur dann nicht, wenn diese Jugendlichen eine allgemeinbildende Schule besuchen. Weiß der Betrieb, dass er dem Geltungsbereich des TV-Mindestentgelts unterfällt, dann kennt er auch die für ihn jeweils maßgeblichen Lohnhöhen bis zum 31. Dezember 2017. Danach unterliegt der Betrieb dem gesetzlichen Mindestlohn. 2.Welche Lohnbestandteile sind überhaupt auf den Mindestlohn anzurechnen? Diese Frage beschäftigt die Betriebe besonders intensiv bei der Entlohnung von Saisonarbeitskräften, aber auch mit Blick auf die ständig beschäftigten Mitarbeiter. Bei diesen Fragen herrscht große Unsicherheit. Zwischenzeitlich gibt es die ersten Gerichtsurteile, die zu diesem Thema ergangen sind. Sie schaffen nicht unbedingt in allen Fällen Klarheit. Recht eindeutig ist bisher die Rechtsprechung hinsichtlich der Frage, ob Urlaubsgeld oder jährliche Sonderzahlungen auf den Mindestlohn anrechenbar sind. Eine solche Anrechnung wird bisher durchgängig verneint. Bei der Anrechnung von Leistungen auf den Mindestlohn sei darauf abzustellen, ob die vom Arbeitgeber erbrachte Leistung ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten soll, die mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten ist. Zusätzliches Urlaubsgeld werde nicht für die Normalleistung des Arbeitgebers gezahlt, so das Arbeitsgericht Berlin in einem ebenfalls nicht rechtskräftigen Urteil (ArbG Berlin, Urteil vom 4.3.2015 – 54 Ca 14420/14 – Juris). In demselben Urteil wird die Anrechnung einer einmaligen am Jahresende rückwirkend für das ganze Jahr geleisteten Sonderzahlung auf den Mindestlohn mit dem Argument abgelehnt, dass solche Zahlungen weit außerhalb des letzten Fälligkeitszeitpunkts nach dem Mindestlohngesetz geleistet würden. Ferner führt das Arbeitsgericht Berlin in diesem Urteil aus, dass, wenn Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn nicht anrechenbar sind, auch alle Hand- Agrar-Recht lungen, die darauf gerichtet sind, gleichwohl eine Anrechnung zu erreichen, unzulässig sind. Denn es handele sich letztlich um den Versuch, den gesetzlichen Mindestlohn zu umgehen. Mit dieser Begründung wird jede Änderungskündigung mit einem solchen Ziel schon als unzulässig angesehen. Auch die Frage der Anrechenbarkeit von Leistungsboni war schon Gegenstand von Gerichtsentscheidungen. Im Streitfall ging es darum, dass ein Mitarbeiter bisher einen Grundlohn von 8,10 € pro Stunde und einen Leistungsbonus von maximal 1 € pro Stunde erhalten hat. Mit einer Änderungskündigung wollte der Arbeitgeber erreichen, dass der Grundlohn auf 8,50 € erhöht und der Leistungslohn im Gegenzug auf maximal 0,60 € pro Stunde gekürzt wird. Dieser Änderungskündigung hat der Mitarbeiter nicht zugestimmt. Der Arbeitgeber blieb daher bei der alten Verteilung, zahlte aber die Leistungszulage über den gesamten Zeitraum in voller Höhe aus, sodass letztlich ein Stundenlohn von 9,10 € gezahlt wurde. Mit der Klage vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf wollte der Mitarbeiter erreichen, dass er einen Grundlohn von 8,50 € pro Stunde zuzüglich einer Leistungszulage von 1 € pro Stunde erhielt. Diese Klage hat das Arbeitsgericht Düsseldorf abgewiesen. In dem konkreten Fall hat das Arbeitsgericht Düsseldorf entschieden, dass die Berechnung des Leistungsbonus in die Berechnung des Mindestlohns einbezogen werden darf (ArbG Düsseldorf, Urteil vom 20.4.2015 – 5 Ca 1675/15 – Juris, noch nicht rechtskräftig). Auf der anderen Seite sind nach dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und auch nach den Ausführungen des Zolls Zahlungen für vertraglich nicht geschuldete Zusatzleistungen eines Mitarbeiters nicht Bestandteil des Mindestlohns. Hintergrund dieser Auffassung ist die bisherige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Mindestlohnfragen. Die zu diesen Fragen ergangenen Entscheidungen des EuGH beziehen sich natürlich noch nicht konkret auf das zum 1. Januar 2015 erst in Kraft getretene Mindestlohngesetz, sondern auf andere allgemeinverbindliche Mindestlohnregelungen, etwa aufgrund eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz. Im Kern besagt diese Rechtsprechung, dass der Arbeitgeber grundsätzlich nur solche Zahlungen beim Mindestlohn berücksichtigen darf, die eine Gegenleistung für die vertraglich vereinbarte „Normalleistungen“ des Arbeitnehmers darstellen. Nach dieser Rechtsprechung dürften Leistungszulagen nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden, wenn es denn tatsächlich Leistungszulagen im engeren Sinne sind. Für diese Interpretation sprechen auch die Ausführungen in dem schon zitierten Urteil des Arbeitsgerichts Berlin (ArbG Berlin, Urteil vom 4.3.2015 – 54 Ca 14420/14), in dem ein Gehaltsbestandteil auf den Mindestlohn angerechnet wurde, der als Leistungszuschlag bezeichnet wurde. Allerdings gab es für diese „Leistungszulage“ überhaupt keine Leistungskriterien. Zudem wurde die Zulage seit einem längeren Zeitraum immer in voller Höhe gezahlt. Die Düsseldorfer Richter haben die Anrechnung der Leistungszulage in ihrem Streitfall allerdings mit einer anderen Begründung vorgenommen und dabei auch auf die Zwecksetzung AgrB 6-2015 Agrar-Recht Erste praktische Erfahrungen mit der Anwendung der Mindestlohnregelung im Gartenbau und in der Landwirtschaft des Mindestlohngesetzes abgestellt, nämlich sicherzustellen, dass ein Lohn pro Zeitstunde gezahlt wird, der ein Einkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenze ermöglicht. Es käme daher nur auf den tatsächlich pro Zeitstunde gezahlten Lohn und die Einhaltung des Zahlungszeitpunkts an. Wie die Zahlung bezeichnet werde, sei irrelevant. Nach der Auffassung der Düsseldorfer Richter hatte in ihrem zu entscheidenden Streitfall der als Leistungszulage bezeichnete Gehaltsbestandteil Entgeltcharakter. Diese Auffassung ist aufgrund des Sachverhalts, der diesem Urteil zugrunde liegt, sicher vertretbar. Denn auch hier wurde die Leistungszulage regelmäßig tatsächlich ausgezahlt. Neben der Tatsache, dass diese Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist, ist nach meiner Auffassung das Urteil aber kein Freibrief dafür, echte Leistungszulagen im Sinne eines Akkord- oder Leistungslohns auf den Mindestlohn anzurechnen. Wenn tatsächlich eine Zulage für Mehrleistung gezahlt wird, ist dies gerade kein „Entgelt“ für die „Normalleistung“ mehr, sondern ein Zuschlag für eine höhere Arbeitsleistung im Vergleich zur Grundleistung. Wird dies auch konkret so gehandhabt, so ist das Risiko sehr hoch, dass die Leistungszulagen nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden können. Rechtssicherheit wird es aber erst geben, wenn es eine Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu dieser Fragestellung gibt, die letztlich dann auch nochmals durch den EuGH überprüft werden könnte. Festzuhalten bleibt auch, dass der Gesetzgeber dieses Problem durchaus hätte lösen können, wenn im Mindestlohngesetz selbst definiert worden wäre, was auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen ist und was nicht. Dies wäre auch mit der Rechtsprechung des EuGH vereinbar gewesen, der die grundsätzliche Linie aufgestellt hat, dass für die Frage, was auf den jeweiligen Mindestlohn in einem Mitgliedsstaat anzurechnen ist, die Regelungen der Mitgliedsstaaten maßgebend sind. Zu einer solchen grundsätzlichen Entscheidung konnte sich der Gesetzgeber in Deutschland aber nicht durchringen. Ein Punkt, der in den meisten Entscheidungen der Arbeitsgerichte kritisch erwähnt wird. In der Konsequenz bedeutet dies, dass jede Beratung der Betriebe nur in Richtung Risikominimierung erfolgen kann; vor allem deshalb, weil viele Entscheidungen zum neuen Mindestlohgesetz sich an Urteilen orientieren, die zu Mindestentgelten ergangen sind, die auf allgemeinverbindlichen Tarifverträgen beruhen. In diesen Tarifverträgen ist in der Regel ein Mindestlohn festgelegt und gleichzeitig geregelt, dass die übrigen Zulagen on Top zu leisten sind, wenn die entsprechenden Kriterien erfüllt werden. Ein weiterer Grund, warum der Gesetzgeber eigentlich selbst hätte regeln sollen, was auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet wird und was nicht, und damit den Betrieben eine rechtssichere Handhabung ermöglicht hätte. Aufsatz 35 ten umgegangen wurde, ist so vielfältig wie die Betriebe selbst. Die Bandbreite geht von kostenloser Unterkunft und Verpflegung bis hin zu Abrechnung der Kosten im Einzelfall. Auch zu dieser Frage gibt es keine Regelung im Gesetz. Da es sich aber nicht um klassischen Arbeitslohn handelt, ist eine Anrechnung von Kost und Logis auf den gesetzlichen Mindestlohn grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahmeregelung gilt nur für Saisonarbeitskräfte. Dabei wird unterschieden, ob die Branche unter die Regelungen des Mindestlohngesetzes fällt oder der Regelungskreis des Arbeitnehmerentsendegesetzes anzuwenden ist. Aufgrund der Veröffentlichungen auf den Seiten des Zolls (www.zoll.de) gilt Folgendes: Fällt der Betrieb unter den Anwendungsbereich des MiLoG, wird für Saisonarbeiter die Anrechnung von Kost und Logis nach § 107 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO) auf den gesetzlichen Mindestlohn zugelassen. Dabei gelten als Saisonarbeitnehmer Arbeitnehmer, die befristet bei einem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber angestellt sind und Tätigkeiten ausüben, die aufgrund eines immer wiederkehrenden saisonbedingten Ereignisses oder einer immer wiederkehrenden Abfolge saisonbedingter Ereignisse an eine Jahreszeit gebunden sind, während der der Bedarf an Arbeitskräften den für gewöhnlich durchgeführte Tätigkeiten erforderlichen Bedarf in erheblichem Maße übersteigt. Dies sind insbesondere Beschäftigte ●● in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau, insbesondere Erntehelfer in Sonderkulturbetrieben wie Obst-, Gemüse- und Weinanbau, ●● im Tourismus, insbesondere in Gaststätten und Hotels (z. B. Kellner, Küchenpersonal und Zimmermädchen) und in Betrieben oder Teilen von Betrieben, die ihrer Natur nach nicht ganzjährig geöffnet sind (z. B. Biergärten, Skihütten) oder die während bestimmter befristeter Zeiträume Arbeitsspitzen und erhöhten Arbeitskräftebedarf abdecken müssen (z. B. Ausflugslokale). Für die Berücksichtigung von Kost und Logis soll deshalb im Hinblick auf Saisonarbeitnehmer für die Kontrolle des Mindestlohns § 107 Abs. 2 GewO herangezogen werden. Die nachfolgenden Voraussetzungen müssen vorliegen, um die Kosten für Kost und Logis auf den Mindestlohn anrechnen zu können. 3.Anrechnung von Kost und Logis ●● Vorliegen einer Vereinbarung Die Anrechnung kann nicht einseitig durch den Arbeitgeber erfolgen; sie bedarf einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Da es insoweit um die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts geht, muss der Inhalt der Vereinbarung im Arbeitsvertrag niedergelegt sein, § 2 Abs. 1 Nr. 6 Nachweisgesetz (NachwG). Im Bereich der Beschäftigung von Saisonarbeitskräften ist die Frage, ob Kost und Logis auf den Mindestlohn anzurechnen sind, für viele gartenbauliche und landwirtschaftliche Betriebe von erheblicher Bedeutung. Die Gestaltungen, wie mit den Kosten für Unterkunft und Verpflegung von Saisonarbeitskräf- ●● Allgemeine Anforderungen Die Anrechnung muss dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entsprechen. Davon kann in der Regel bei einem Saisonarbeitsverhältnis ausgegangen werden. AgrB 6-2015 36 Aufsatz Erste praktische Erfahrungen mit der Anwendung der Mindestlohnregelung im Gartenbau und in der Landwirtschaft ●● Maximalbeträge für die Anrechnung Bei der Anrechnung sind zwei Grenzen zu beachten. Zum einen darf die Anrechnung der Sachleistungen in allen Fällen die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen (§ 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, Pfändungsfreigrenze). Dabei wird im Rahmen der Kontrolle der für eine ledige, nicht unterhaltspflichtige Person maßgebliche Betrag zugrunde gelegt. Nach der Anlage zu § 850c Zivilprozessordnung (ZPO) beträgt der pfändungsfreie Betrag für eine ledige, nicht unterhaltspflichtige Person ab dem 1. Juli 2015 1.079,99 € netto; bis zum 30. Juni 2015 betrug er 1.045,04 € netto. Dies bedeutet, dass durch die Anrechnung der Sachleistungen dem Arbeitnehmer zumindest der jeweilige Betrag netto verbleiben muss. Zum anderen gelten hinsichtlich einzelner Leistungen neben der Pfändungsfreigrenze zusätzlich folgende Höchstgrenzen: Die Anrechnung vom Arbeitgeber gewährter Verpflegungsleistungen darf den Betrag von monatlich 229 € nicht überschreiten. Dieser Wert setzt sich zusammen aus dem Wert für: ●● Frühstück 49 €, ●● Mittagessen 90 € und ●● Abendessen 90 €. Die Anrechnung einer als Sachbezug zur Verfügung gestellten Unterkunft ist – bis zur Höhe von monatlich 223 € – zulässig. Der Wert der Unterkunft vermindert sich: ●● bei Aufnahme des Beschäftigten in den Haushalt des Arbeitgebers oder bei Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft um 15 %, ●● für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres um 15 % und ●● bei der Belegung mit zwei Beschäftigten um 40 %, mit drei Beschäftigten um 50 % und mit mehr als drei Beschäftigten um 60 %. ●● Qualität der Sachleistung Die vom Arbeitgeber gewährte Sachleistung muss von „mittlerer Art und Güte“ sein; d. h. Unterkunft und Verpflegung dürfen qualitativ nicht zu beanstanden sein. Als Maßstab für die Bewertung können die Richtlinien für die Unterkünfte ausländischer Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland vom 29. März 1971 herangezogen werden. Um es aber nochmals deutlich zu sagen, die hier dargestellte Anrechnung von Kost und Logis auf den gesetzlichen Mindestlohn gilt nur für den Bereich des MiLoG. Da aber die Branche Landwirtschaft und Gartenbau aufgrund des allgemeinverbindlichen Tarifvertrags unter die Rechtsvorschriften des Arbeitnehmerentsende-Gesetzes (AEntG) fällt, sind die Regelungen für die Anrechnung für diese Betriebe derzeit nicht anwendbar. Hier kann keine Anrechnung erfolgen, sondern lediglich die allgemeinen Regelungen der Aufrechnung können angewandt werden. Auch hierzu gibt es keine Regelung im Gesetz, sondern lediglich Veröffentlichungen auf der Internetseite des Zolls. Anders als bei der Anrechnung, bei der die Gewährung von Kost und Logis nach entsprechender Vereinbarung als unmittelbarer Lohnbestandteil berücksichtigt wird, werden Agrar-Recht bei der Aufrechnung wechselseitige Forderungen miteinander verrechnet. Die Aufrechnung erfordert daher eine separate Forderung über die entgeltliche Gewährung von Kost und Logis oder sonstiger Leistungen des Arbeitgebers. Um das Aufrechnungsverfahren für die Prüfpraxis des Zolls möglichst transparent und unbürokratisch auszugestalten, wird – soweit mit Blick auf die rechtlichen Unterschiede möglich – auf zentrale Elemente der Festlegungen zum allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn (insbesondere konkrete Beträge aus der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) und die Grundwertungen des § 107 GewO) zurückgegriffen. Die entsprechende Handhabung wird den Mindestlohnprüfungen der Behörden der Zollverwaltung nach dem AEntG und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) zugrunde gelegt. Der Anwendung gesetzlicher Vorschriften im Übrigen, wie z. B. des Steuerrechts, des Mietrechts sowie von öffentlichrechtlichen Gesundheits- und Sicherheitsbestimmungen – soweit einschlägig –, kann eine Aufrechnung selbstverständlich nicht entgegenstehen. Im Einzelnen wird den Mindestlohnprüfungen der Behörden der Zollverwaltung Folgendes zugrunde gelegt: Nach der Aufrechnung muss dem Arbeitnehmer ein Nettobetrag in Höhe des unpfändbaren Teils des Arbeitsentgelts verbleiben (§ 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, Pfändungsfreigrenze). Dabei wird der für eine ledige, nicht unterhaltspflichtige Person maßgebliche Betrag zugrunde gelegt. Ebenso werden die Maximalbeträge für Verpflegungsleistungen und Unterkunft nach der SvEV berücksichtigt. Letztlich ist also – nach den Prüfkriterien des Zolls – auch hier nur eine Aufrechnung bis zu den Grenzen möglich, die im Rahmen der Anrechnung nach dem MiLoG als richtig angesehen werden. Auch diese Regelungen gehen nicht auf das Gesetz zurück und sind bisher auch noch nicht durch Rechtsprechung untermauert oder auch verworfen worden. Neben diesen Möglichkeiten, die auf die Veröffentlichungen auf der Internetseite des Zolls basieren, ist es selbstverständlich möglich, getrennte Verträge abzuschließen, deren Inhalt dann von den jeweiligen Vertragspartnern erfüllt werden müssen. Der Arbeitnehmer – auch die Saisonarbeitskraft – hat in erster Linie Anspruch auf den jeweils einschlägigen Mindestlohn. Eine arbeitsvertragliche Pflicht des Arbeitgebers, für Unterkunft und Verpflegung aufkommen zu müssen, besteht nur in engen gesetzlichen Grenzen, etwa bei entsandten Arbeitnehmern. Die Bereiche Unterkunft und Verpflegung gehören zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten, die letztlich aus dem Lohn bestritten werden müssen. Insofern kann das Vertragsverhältnis für die Unterkunft oder auch Verpflegung gänzlich losgelöst vom Arbeitsverhältnis abgeschlossen werden. Schließlich hat die Saisonarbeitskraft das Recht, sich außerhalb der vom Arbeitgeber angebotenen Möglichkeiten eine Unterkunft zu besorgen oder sich selbst zu verpflegen. Allerdings bedarf es in solchen Fällen nicht nur einer genauen Vertragsgestaltung, sondern auch einer tatsächlichen Durchführung, die dem jeweiligen Vertrag entspricht. AgrB 6-2015 Agrar-Recht Erste praktische Erfahrungen mit der Anwendung der Mindestlohnregelung im Gartenbau und in der Landwirtschaft 4.Welche Aufzeichnungspflichten müssen Gartenbau und Landwirtschaft erfüllen? Alle gesetzlichen Aufzeichnungspflichten, z. B. nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), gelten auch weiterhin. Darüber hinaus gilt die arbeitgeberseitige Aufzeichnungspflicht des MiLoG für alle geringfügig Beschäftigten nach § 8 SGB IV. Zum 1. August 2015 ist eine neue Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung (MiLoDokV) in Kraft getreten. Die schon zu Beginn des Jahres 2015 erfolgten Festlegungen, dass für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ein verstetigtes Arbeitsentgelt von mehr als 2.958 € monatlich beziehen und für die der Arbeitgeber seine nach § 16 Abs. 2 ArbZG bestehenden Verpflichtungen zur Aufzeichnung der Arbeitszeit (über acht Arbeitsstunden an Werktagen sowie Sonn- und Feiertagsarbeit insgesamt) und zur Aufbewahrung dieser Aufzeichnungen tatsächlich erfüllt, die Arbeitszeitaufzeichnungen nach dem MiLoG (täglich Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit) entbehrlich ist, bleibt bestehen. Erhält der Arbeitnehmer ein verstetigtes Bruttoeinkommen von mehr als 2.000 € und wurde diese Einkommen in den letzten zwölf Monaten auch tatsächlich vom Arbeitgeber gezahlt, so entfällt die Verpflichtung zur Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit nach dem MiLoG ebenfalls. Voraussetzung ist aber auch hier, dass die Pflichten zur Aufzeichnung der Arbeitszeit nach dem ArbZG eingehalten werden (§ 1 Abs. 1 MiLoDokV). Für die Branche Landwirtschaft und Gartenbau gilt jedoch ein für allgemeinverbindlich erklärter Mindestentgelttarifvertrag. Vor diesem Hintergrund vertreten alle beteiligten Ministerien die Auffassung, die zumindest rechtlich auch vertretbar ist, dass damit Gartenbau und Landwirtschaft unter die Regelungen des AEntG fallen. Danach betrifft die Aufzeichnungspflicht alle Arbeitnehmer in den Betrieben, die unter den Geltungsbereich des Mindestentgelttarifvertrags fallen und zwar solange der Mindestentgelttarifvertrag allgemeinverbindlich ist. ●● Erleichterungen bei der Aufzeichnungspflicht für bestimmte Familienangehörige des Arbeitgebers Mit der am 1. August 2015 in Kraft getretenen neuen MiLoDokV hat es aber eine weitere Erleichterung gegeben, die für alle Betriebe gilt, also sowohl für diejenigen, die die Aufzeichnungspflichten nach dem MiLoG erfüllen müssen, als auch für diejenigen, die die Aufzeichnungspflichten nach dem AEntG zu erfüllen haben. Für im Betrieb des Arbeitgebers mitarbeitende Ehegatten, Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers gelten die Aufzeichnungspflichten nach dem MiLoG und dem AEntG nicht mehr. Dies gilt auch für Familienangehörige, wenn der Arbeitgeber eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft ist. Hier muss es sich um die AgrB 6-2015 Aufsatz 37 entsprechenden Familienmitglieder des vertretungsberechtigten Organs oder ein Mitglied eines solchen Organs oder eines vertretungsberechtigten Gesellschafters der rechtsfähigen Personengesellschaft handeln (§ 1 Abs. 2 MiLoDokV). Selbstverständlich bleiben aber auch für diese Familienmitglieder sofern einschlägig, die übrigen gesetzliche Aufzeichnungspflichten beispielsweise nach dem Arbeitszeitgesetz oder anderen rechtlichen Regelungen bestehen. Für alle übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten die Aufzeichnungspflichten nach dem AEntG. Grundsätzlich genügt auch hier die Aufzeichnung in dem Umfang, wie das MiLoG dies vorsieht. Damit sind folgende Anforderungen zu erfüllen: ●● Aufzuzeichnen sind Beginn, Dauer und Ende der täglichen Arbeitszeit. ●● Die Aufzeichnung muss spätestens bis zum Ablauf des 7. auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages erfolgen. ●● Die Aufzeichnungen müssen mindestens zwei Jahre lang aufbewahrt werden. ●● Auf Verlangen des Zolls müssen die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitgehalten werden. Die Aufbewahrung der Unterlagen beim Steuerberater oder im Lohnbüro ist ausreichend. Die Aufzeichnungen sind an keine Form gebunden. Handschriftliche Aufzeichnungen reichen aus. Sie müssen nicht vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer unterschrieben werden. Aufgrund der Nachweisbarkeit ist dies jedoch zu empfehlen. 5.Fazit Schon diese Übersicht über einige für Gartenbau und Landwirtschaft wesentlichen Punkte im Zusammenhang mit der Umsetzung des Mindestlohngesetzes – die im Übrigen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt – macht deutlich, dass auf die Betriebe und ihre Berater ein deutlicher Mehraufwand zukommt. Oft stößt die Lohnbuchhaltung so langsam an ihre Grenzen. Wer sich die Regelungen für die Berücksichtigung von Kost und Logis ansieht, wird dem nur zustimmen können. Als Fazit bleibt: Für die Betriebe nimmt die Bürokratie zu, aller Entbürokratisierungsbeteuerungen zum Trotz. Und Rechtssicherheit gibt es für viele Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Mindestlohn ebenfalls noch nicht. Das Thema wird also alle Beteiligten weiter beschäftigen. © Reiner Freese Romana Hoffmann, Rechtsanwältin und Mediatorin, Justiziarin des Zentralverbands Gartenbau e.V. in Bonn 38 Aufsatz Besonderheiten im Leistungsbereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung Agrar-Recht Besonderheiten im Leistungsbereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung von Horst Marburger, Geislingen D ie Leistungen in der allgemeinen und in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung entsprechen sich meist, aber es gibt einige Ausnahmen. Übersicht 1. Grundsätze 2. Familienversicherung 3. Krankengeld 4. Ruhen der Leistungsansprüche 5. Organspende 6. Belastungsgrenze 7. Mutterschaftsgeld 8. Betriebshilfe 9. Häusliche Krankenpflege 10.Haushaltshilfe 11. Kostenerstattung und Wahltarife 12. Zusätzliche Satzungsleistungen 13.Fazit 1.Grundsätze In der allgemeinen Krankenversicherung sind die Leistungen dieses Sozialversicherungszweigs im Sozialgesetzbuch-Fünftes Buch geregelt. In der landwirtschaftlichen Krankenversicherung sind zunächst die Vorschriften des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) maßgebend. Dort wird aber meist auf die Vorschriften des SGB V (Drittes Kapitel, §§ 11-66) verwiesen. Ein weiterer Verweis findet sich in § 1 KVLG 1989. Dort wird bestimmt, dass die §§ 1 bis 2a und 4 Abs. 4 Satz 1 SGB V entsprechend gelten. Außerdem wird in § 1 KVLG 1989 vorgeschrieben, dass die landwirtschaftliche Krankenkasse als Solidargemeinschaft die Aufgabe hat, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wie- derherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Sie erbringt Leistungen zur Verhütung von Krankheiten, zur betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention arbeitsbedingter Gefahren, zur Förderung der Selbsthilfe, zur Früherkennung von Krankheiten sowie bei Krankheit. In dem in § 1 KVLG 1989 erwähnten § 1 SGB V wird die Aufgabe der Solidargemeinschaft betont, eine Regelung, die § 1 KVLG 1989 entspricht. Wie oben erwähnt, gelten auch die weiteren Bestimmungen des § 1 SGB V für die landwirtschaftliche Krankenversicherung. Dies bedeutet, dass auch hier die Versicherten für ihre Gesundheit mitverantwortlich sind. Sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Dabei haben die Krankenkassen den Versicherten durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und auf gesunde Lebensführung hinzuweisen. Die Verweisung in § 1 KVLG 1989 auf § 2 SGB V stellt klar, dass die Krankenkassen den Versicherten die im Dritten Kapitel des SGB V genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung stellen, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Bezüglich des Wirtschaftlichkeitsgebots verweist § 2 Abs. 1 SGB V auf § 12 SGB V. Die dortigen Regelungen gelten ebenfalls für die landwirtschaftliche Krankenversicherung. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten, Leistungen, die nicht notwendig oder wirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. In § 2 Abs. 1 SGB V wird weiter zum Ausdruck gebracht, dass Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtung nicht ausgeschlossen sind. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechend und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. § 2 Abs. 1a SGB V ist von besonderer Bedeutung für schwerkranke Menschen. Hiernach kann von den Regelungen über die medizinischen Erkenntnisse und den medizinischen Fortschritt abgewichen werden. Dies hat bei Versicherten zu geschehen, die an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkran- AgrB 6-2015 Agrar-Recht Besonderheiten im Leistungsbereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung kung oder an einer Erkrankung mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung leiden, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht. Voraussetzung für den Leistungsanspruch ist allerdings, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse erteilt für solche Leistungen vor Behandlungsbeginn eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer (z. B. Ärzte) dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird für den Leistungserbringer die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung festgestellt. Die Leistungen werden als Sach- oder Dienstleistungen gewährt. Sie können aber auf Antrag auch als Teil eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets erbracht werden. Zur Möglichkeit, anstelle der Sachleistungen die Kostenerstattung zu wählen vgl. die Ausführungen unter 11. Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen. Letztere Regelung hat insbesondere in Zusammenhang mit stationären Behandlungen Bedeutung. Nach § 2a SGB V ist den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen. 2.Familienversicherung Nach § 7 KVLG 1989 gilt für die Familienversicherung § 10 SGB V entsprechend. Sie ist im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung von besonderer Bedeutung, vor allem deshalb, weil sie für die Versicherten kostenlos ist. Das gilt auch in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung. Die Familienversicherung der landwirtschaftlichen Krankenversicherung ist in Agrarbetrieb 3/2015, S. 39 ff. ausführlich erläutert worden. 3.Krankengeld Krankengeld ist eine bedeutsame Leistung der allgemeinen Krankenversicherung. In der landwirtschaftlichen Krankenversicherung wird es nach ausdrücklicher Vorschrift in § 8 Abs. 2 KVLG 1989 nur gewährt, wenn dies in den §§ 12 und 13 KVLG 1989 vorgesehen ist. In § 12 KVLG 1989 wird auf das Krankengeld nach dem SGB V verwiesen. Zunächst erhalten die nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 KVLG 1989 versicherungspflichtigen mitarbeitenden Familienangehörigen, die rentenversicherungspflichtig sind, Krankengeld. Der Krankengeldberechnung wird nur das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt. Dies bedeutet, dass die üblichen Grundsätze der allgemeinen Krankenversicherung gelten. Nicht rentenversicherungspflichtige mitarbeitende Familienangehörige erhalten gem. § 13 Abs. 1 KVLG 1989 Krankengeld in Höhe eines Achtels der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Krankenversicherung (§ 223 Abs. 3 SGB V). 2015 gelten im gesamten Bundesgebiet kalendertäglich 25,21 €. Die Satzung kann das Krankengeld bis auf ein Viertel der Beitragsbemessungsgrenze erhöhen. 2015 sind hier 50,42 € maßgebend. AgrB 6-2015 Aufsatz 39 Das Krankengeld wird für den Personenkreis des § 13 KVLG 1989 wegen derselben Krankheit für längstens 78 Wochen gewährt, auch wenn während der Bezugszeit von Krankengeld eine weitere Krankheit hinzutritt (vgl. dazu auch § 48 SGB V). Nach § 13 Abs. 3 KVLG 1989 ruht der Anspruch auf Krankengeld, wenn und soweit der Versicherte während der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsentgelt erhalten würde, wenn er als Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle hätte. Da Einmalzahlungen an mitarbeitende Familienangehörige in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung nicht beitragspflichtig sind, sind sie bei der Krankengeldberechnung für mitarbeitende Familienangehörige nicht zu berücksichtigen. Dabei geht es beispielsweise um Weihnachtsgeld. Einmalzahlungen sind aber dann bei der Krankengeldberechnung zu beachten, wenn sie aus einer weiteren Beschäftigung oder aus einer „Vorbeschäftigung“ innerhalb der letzten 12 Kalendermonate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit gezahlt werden. Anspruch auf Krankengeld besteht auch für Personen, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 KVLG 1989 versichert sind. Angesprochen sind hier Arbeitslosengeldbezieher. Gemeint ist das sog. Arbeitslosengeld I nach dem Sozialgesetzbuch-Drittes Buch (SGB III). Das gilt auch dann, wenn die betroffene Person Arbeitslosengeld I nur deshalb nicht bezieht, weil der Anspruch ab Beginn des zweiten Monats bis zu zwölften Woche einer Sperrzeit oder ab Beginn des zweiten Monats wegen einer Urlaubsabgeltung ruht. Das gilt auch dann, wenn die Entscheidung, die zum Bezug des Arbeitslosengelds geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Krankengeldanspruch hat auch, wer nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 KVLG 1989 versichert ist. Es handelt sich hier um Arbeitnehmer, die eine Beschäftigung für die Dauer von voraussichtlich höchstens 25 Wochen aufnehmen und als versicherungspflichtige Unternehmer in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung versichert sind. Voraussetzung für den Krankengeldanspruch ist, dass die Arbeitsunfähigkeit während der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses eingetreten ist. Der Bemessung des Krankengelds wird hier nur das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt. Die Gewährung von Krankengeld schließt die Gewährung von Betriebshilfe (vgl. dazu die Ausführungen unter 8.) nicht aus. Das Gleiche gilt für freiwillig versicherte Arbeitnehmer (§ 12 Satz 1 Nr. 4 KVLG 1989). Um einen Krankengeldanspruch zu haben, müssen diese Personen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllen. In dieser Vorschrift geht es um höherverdienende Arbeiter und Angestellte, um Personen also, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt. Dabei bleiben Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, unberücksichtigt. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze beläuft sich 2015 auf 54.900 €. Dies entspricht einem Monatsbeitrag von 4.575 €. Aufgrund einer Übergangsregelung in § 6 Abs. 7 SGB V gibt es eine besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31.12.2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunter- 40 Aufsatz Besonderheiten im Leistungsbereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung nehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren. 2015 gilt in diesen Übergangsfällen eine Jahresarbeitsentgeltgrenze von 49.500 € (monatlich 4.125 €). 4.Ruhen der Leistungsansprüche Der Anspruch auf Leistungen ruht für Mitglieder, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen. Ausgenommen vom Ruhen sind Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach §§ 25, 26 SGB V. Das Gleiche gilt für Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwanger- und Mutterschaft erforderlich sind. Das Ruhen endet, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind. Das Ruhen tritt nicht ein oder endet, wenn Versicherte hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II oder SGB XII) werden (Grundsicherung für Arbeitsuchende bzw. Sozialhilfeempfänger). Ist eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung zustande gekommen, hat das Mitglied ab diesem Zeitpunkt wieder Anspruch auf Leistungen, solange die Raten vertragsgemäß entrichtet werden. 5.Organspende § 8 Abs. 2b KVLG 1989 beschäftigt sich mit Leistungen, die in Zusammenhang mit einer Organtransplantation erforderlich werden. Es geht hier um die Spende von Organen oder Geweben bzw. um Leistungen in Zusammenhang mit einer erfolgten Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen. Hier gilt zwar § 27 Abs. 1a SGB V, allerdings mit einer Maßgabe. Die vorstehende Vorschrift sieht Leistungsansprüche in den geschilderten Fällen vor. Die angesprochene Maßgabe bedeutet, dass bei einer Spende eines landwirtschaftlichen Unternehmers anstelle des Krankengelds Betriebshilfe nach § 9 KVLG 1989 (vgl. dazu die Ausführungen unter 8.) gewährt wird. Die Kosten der Betriebshilfe werden der landwirtschaftlichen Krankenkasse von der Stelle erstattet, die für den Empfänger der Organe, Gewebe oder Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen zuständig ist. 6.Belastungsgrenze Sowohl in der allgemeinen als auch in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung sind für bestimmte Leistungen (wie z. B. Arzneimittel) Zuzahlungen zu entrichten. Dies hat aber nur bis zu einer Belastungsgrenze zu geschehen, die 2 %, bei chronisch Kranken 1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt beträgt. In Bezug auf die Belastungsgrenze enthält § 8 Abs. 4 KVLG 1989 die Besonderheit, dass in Zusammenhang mit der Berechnung der Belastungsgrenze und der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt auch Familienversicherte und versicherungspflichtige mitarbeitende Familienangehörige, die nicht rentenversicherungspflichtig sind, als Angehörige zu berücksichtigen sind. Agrar-Recht 7.Mutterschaftsgeld Nach § 14 KVLG 1989 wird an bestimmte Personen Mutterschaftsgeld nach § 24i SGB V gezahlt. Diese Personengruppen sind ●● versicherungspflichtige mitarbeitende Familienangehörige, die zwar rentenversicherungspflichtig sind, jedoch die oben erwähnten Voraussetzungen des § 24i Abs. 2 SGB V nicht erfüllt haben (also nicht Arbeitnehmerinnen oder Heimarbeiterinnen sind), ●● mitarbeitende Familienangehörige, die nicht rentenversicherungspflichtig sind, ●● Arbeitslose. 8.Betriebshilfe Versicherungspflichtige landwirtschaftliche Unternehmer erhalten anstelle von Krankengeld oder Mutterschaftsgeld Betriebshilfe (§ 9 Abs. 1 KVLG 1989). Betriebshilfe wird während der Krankenhausbehandlung des landwirtschaftlichen Unternehmers oder während einer medizinischen Kurmaßnahme gewährt, wenn in dem Unternehmen keine Arbeitnehmer und keine versicherungspflichtigen mitarbeitenden Familienangehörigen ständig beschäftigt werden. Aufgrund entsprechender Ermächtigungen in § 9 KVLG 1989 enthält die Satzung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau mehrere Vorschriften über die Gewährung von Betriebshilfe. So beschäftigt sich § 111 der Satzung mit der Betriebshilfe während stationärer Behandlung. Dauert danach die Krankenhausbehandlung oder die stationäre Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung länger als 13 Wochen, so ist Betriebshilfe bis zu weiteren vier Wochen zu erbringen, solange besondere Verhältnisse im Unternehmen dies erfordern. Darüber hinaus kann eine Verlängerung nur erfolgen, wenn und solange außergewöhnliche Erschwernisse vorliegen. Der Einsatzzeitraum umfasst auch die Tage der Anreise und der Rückkehr zum und vom Ort der Leistung. Während einer Krankheit erbringt die landwirtschaftliche Krankenkasse dem versicherten landwirtschaftlichen Unternehmer Betriebshilfe längstens bis zu vier Wochen. Voraussetzung ist, dass ●● die Krankheit ärztlich bescheinigt, ●● durch die Krankheit die Bewirtschaftung des Unternehmens gefährdet und ●● keine stationäre Behandlung durchgeführt wird (§ 112 der Satzung). Dauert die Krankheit länger, so ist Betriebshilfe bis zu weiteren vier Wochen zu erbringen, solange besondere Verhältnisse im Unternehmen dies erfordern. Darüber hinaus kann eine Verlängerung nur erfolgen, wenn und solange außergewöhnliche Erschwernisse vorliegen. § 112 Abs. 3 der Satzung sieht eine Beschränkung der Betriebshilfe aus Anlass derselben Krankheitsursache vor. Die Leistung wird hier für längstens 16 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des ersten Einsatzes an, bewilligt. AgrB 6-2015 Agrar-Recht Besonderheiten im Leistungsbereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung Wichtig: Der Anspruch erneuert sich jeweils mit Beginn eines neuen Drei-Jahres-Zeitraumes. Ist die Bewirtschaftung des Unternehmens durch die Schwangerschaft bzw. Entbindung der Unternehmerin gefährdet, wird Betriebshilfe während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung (Schutzfrist) gewährt (§ 113 der Satzung). Bei Frühgeburten und sonstigen vorzeitigen Entbindungen verlängern sich diese Fristen zusätzlich um den Zeitraum, für den Betriebshilfe in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht in Anspruch genommen werden konnte. Während der Schwangerschaft bis zum Beginn von sechs Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung ist weitere Voraussetzung, dass Arbeitsunfähigkeit ärztlich bescheinigt ist. § 114 der Satzung erstreckt die Betriebshilfe als Mehrleistung auf weitere Personengruppen. Dabei handelt es sich um ●● den versicherten mitarbeitenden Ehegatten des landwirtschaftlichen Unternehmers, ●● den versicherten mitarbeitenden Lebenspartner des versicherten landwirtschaftlichen Unternehmers, ●● versicherte mitarbeitende Familienangehörige, wenn sie die Aufgaben des Unternehmers oder seines Ehegatten bzw. Lebenspartners ständig wahrnehmen, ●● Unternehmen, in den Arbeitnehmer oder mitarbeitende Familienangehörige ständig beschäftigt werden, soweit die Weiterführung des Unternehmens ohne den Einsatz einer Betriebshilfe nicht sichergestellt ist. Als Betriebshilfe wird eine Ersatzkraft eingestellt (§ 100 der Satzung). Ist dies nicht möglich oder besteht Grund, davon abzusehen, erstattet die landwirtschaftliche Krankenkasse die Kosten für eine selbstbeschaffte betriebsfremde Ersatzkraft in angemessener Höhe. Die für den Einsatz erforderlichen Tatsachenangaben und Gründe sind der landwirtschaftlichen Krankenkasse vor Einsatzbeginn mitzuteilen. Im Übrigen ist der Antrag auf Betriebshilfe vor Einsatzbeginn zu stellen (§ 119 in Verbindung mit § 101 der Satzung). 9.Häusliche Krankenpflege § 110 der Satzung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung sieht ergänzend zum anwendbaren § 37 SGB V eine Mehrleistung vor. Diese Leistung wird beispielsweise erbracht, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt werden kann. Als Mehrleistung gewährt die landwirtschaftliche Krankenkasse Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung für längstens drei Monate. Allerdings besteht dieser Anspruch nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann. 10.Haushaltshilfe Nach § 38 SGB V erhalten Versicherte Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder einer sonstigen stationären Leistung die Weiterführung des Haushalts nicht AgrB 6-2015 Aufsatz 41 möglich ist. Voraussetzung ist außerdem, dass im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Der Anspruch auf Haushaltshilfe besteht nur, wenn und soweit eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann. Die Satzung soll bestimmen, dass die Krankenkasse in anderen als den vorstehend genannten Fällen Haushaltshilfe erbringt, wenn Versicherten wegen Krankheit die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Sie kann u. a. auch Umfang und Dauer der Leistung bestimmen. Nach § 115 der Satzung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung erbringt die landwirtschaftliche Krankenkasse Haushaltshilfe. Dabei wird auf die §§ 111 bis 113 der Satzung verwiesen (vgl. dazu die Ausführungen unter 8.). Allerdings erfolgt die Leistungsgewährung mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Gefährdung der Bewirtschaftung des Unternehmens die Unmöglichkeit der Weiterführung des landwirtschaftlichen Haushalts tritt und seine Weiterführung auf andere Weise nicht sicherzustellen ist. Die landwirtschaftliche Krankenkasse erbringt für versicherte landwirtschaftliche Unternehmen sowie für ihre versicherten mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner Haushaltshilfe. Voraussetzung ist, dass keine Betriebshilfe (vgl. dazu die Ausführungen unter 8.) erbracht wird und kein landwirtschaftlicher Haushalt besteht. Diese Haushaltshilfe wird für längstens vier Wochen gewährt. Sonstigen Personen wird auch Haushaltshilfe erbracht, wenn nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushalts durch die versicherte Person wegen akuter Erkrankung oder akuter Verschlimmerung einer Krankheit nicht möglich ist. In diesen Fällen wird Haushaltshilfe längstens bis zur Dauer von vier Wochen erbracht. Bezüglich der Ersatzkräfte gelten die Ausführungen unter 8. entsprechend. Das gilt auch hinsichtlich des Antrags. 11.Kostenerstattung und Wahltarife Wie die allgemeine Krankenversicherung, so kennt auch die landwirtschaftliche Krankenversicherung die Möglichkeit, anstelle der Sach- und Dienstleistungen Kostenerstattung zu wählen (vgl. für die allgemeine Krankenversicherung § 13 SGB V). Einzelheiten regelt für die landwirtschaftliche Krankenversicherung § 122 der Satzung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. § 53 SGB V sieht für die allgemeine Krankenversicherung bestimmte Wahltarife vor. Die Vorschrift ist nach § 8 Abs. 3 KVLG 1989 auch in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung anzuwenden. Wahltarife gibt es ●● für Versicherte, die an einem besonderen Versorgungsprogramm teilnehmen, ●● für Versicherte, die einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten selbst übernehmen (Selbstbehalt), ●● in Zusammenhang mit Kostenerstattung, ●● für die Nicht-Inanspruchnahme von Leistungen, ●● für Leistungen, die die Regelversorgung nicht vorsieht. 42 Aufsatz Besonderheiten im Leistungsbereich der landwirtschaftlichen Krankenversicherung Besondere Tarife gibt es in der allgemeinen Krankenversicherung auch für freiwillig Versicherte sowie für pflichtversicherte selbstständige Künstler und Publizisten (§ 52 Abs. 6 SGB V). Diese Regelung ist in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung nicht anzuwenden (§ 8 Abs. 3 KVLG 1989). Für die Tarife gelten Mindestbindungsfristen. Hier gibt es Ausnahmen für die landwirtschaftliche Krankenversicherung. Die Möglichkeit, sich mit Wahltarifen zu versichern, die § 53 SGB V für die allgemeine Krankenversicherung vorsieht, wird in den §§ 124 bis 129 der Satzung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung geregelt. Dabei geht es insbesondere um ●● Prämienzahlungen bei Nichtinanspruchnahme von Leistungen, ●● Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten und ●● Prämienzahlung bei Teilnahme an besonderen Versorgungsformen. Den Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten erhalten Versicherte, wenn sie oder ihre mitversicherten Angehörigen sich gesundheitsbewusst verhalten. Voraussetzung ist die regelmäßige Inanspruchnahme von Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten und von qualitätsgesicherten Leistungen zur primären Prävention. Den einzelnen Leistungen zur Krankheitsfrüherkennung und der primären Prävention sind Bonuspunkte zugeordnet. So werden beispielsweise für jede in Anspruch genommene Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen 10 Bonuspunkte gewährt. Agrar-Recht 12.Zusätzliche Satzungsleistungen Nach § 130a der Satzung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung können Versicherte osteopathische Leistungen als zusätzliche Satzungsleistungen in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist, dass die Behandlung medizinisch geeignet ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Außerdem darf diese Behandlungsmethode nicht durch den Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen werden. Versicherten werden die tatsächlich entstandenen Kosten in Höhe von 80 % je Sitzung erstattet, jedoch nicht mehr als 80 € pro Sitzung. Insgesamt ist der Erstattungsbetrag auf insgesamt 250 € je Kalenderjahr und Versicherten begrenzt. 13.Fazit Wenn sich auch das Leistungsrecht der landwirtschaftlichen Krankenversicherung stark an das der allgemeinen Krankenversicherung anlehnt, so gibt es doch zahlreiche gesetzliche Abweichungen. Vor allem ist aber zu beachten, dass die Satzung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung erhebliche Einzelregelungen enthält. Insgesamt gesehen befindet sich das Leistungswesen auf einem hohen Niveau. von Horst Marburger, Geislingen, ehem. Abteilungsleiter und heute Dozent bei der AOK Baden-Württemberg sowie Lehrbeauftragter an der Hagen Law School Anzeige Hier kommt Ihre Stellenanzeige groß raus! 1 Agrar-Steuern Agrar-Recht AgrB Agrarbetrieb Agrar-Taxation 1. Jahrgang 2015 ISSN 2199-9376 2016 Wiegand Die Abfärbewirkung bei land- und forstwirtschaftlichen Personengesellschaften unter Berücksichtigung der neuen Bagatellgrenzen Bahrs Konsequenzen erhöhter Grunderwerbsteuern in der Landwirtschaft Bunzol Scheidung in der Landwirtschaft Wenzel Das Schriftformerfordernis im Landpachtrecht – die Auflockerung der Auflockerungsrechtsprechung Böhme Kaufwerte und Pachtpreise für landwirtschaftliche Nutzflächen – Aktuelle statistische Daten und Fragen ihrer Ermittlung Bahrs / Roß / Menzel / Back Bodenrichtwerte für landwirtschaftliche Nutzflächen in Deutschland – Status quo und Ausblick Herausgeber-Beirat: Prof. Dr. E. Bahrs Dipl.-Ing. M. Biederbeck RA Dr. M. von Bockum RA, Notar Dr. P. Fiedler RA I. Glas StB E. Gossert Notar Prof. Dr. Dr. H. Grziwotz RA, vBP Dr. Th. Hahn Dipl.-Ing. agr. Dr. H. P. Jennissen Dipl.-Ing. agr. Prof. Dr. A. Mährlein RA Prof. Dr. D. J. Piltz StB W. Stalbold RA, StB R. Stephany RiBFH M. 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BSG, Urteil vom 23.7.2014 – B 12 KR 16/12 R Der Sachverhalt Die klagende Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) begehrt die Feststellung, dass die selbstständige Landwirtin in der Krankenversicherung der Landwirte (KVdL) und nicht bei der beklagten AOK versicherungspflichtig ist. Die 1976 geborene Landwirtin ist seit 1.6.2005 bei der AOK nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V pflichtversichert. Zunächst war sie insoweit bei einem Landwirt mit einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden und einem monatlichen Bruttoentgelt von 1.083,30 € beschäftigt. Ab 30.7.2007 wechselte sie zu einem anderen Arbeitgeber. Bei gleicher Arbeitszeit betrug das monatliche Bruttoarbeitsentgelt nunmehr 1.050 €. Bereits am 1.1.2007 hatte sie daneben als selbstständige Landwirtin den landwirtschaftlichen Betrieb ihres Vaters mit einer Größe von rund 90 ha und einem Bestand an Milch- und Mutterkühen, Kälbern/Färsen sowie Deckbullen von bis zu 232 Tieren (Oktober 2007) übernommen. Auf diesem Hof arbeitete sie selbst in der Regel 15 Stunden wöchentlich, die weiteren notwendigen Arbeiten wurden im Wesentlichen von ihren Angehörigen übernommen. Laut Einkommensteuerbescheid für 2007 erzielte sie aus Land- und Forstwirtschaft einen Gewinn von 4.395 € und Einkünfte von 12.799 € aus nichtselbstständiger Arbeit. Für 2008 wurden Verluste von 29.489 € und Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit von 12.600 € festgestellt. Auch im Wirtschaftsjahr Mai 2009 bis April 2010 entstand ein Verlust aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 29.000 €. Im April 2007 zeigte die Rechtsvorgängerin der SVLFG der Beklagten an, ab 1.1.2007 die Krankenversicherung als landwirtschaftliche Unternehmerin durchführen zu wollen. Dem trat die AOK entgegen. Das SG hat die daraufhin erhobene Klage als unzulässig abgewiesen. Nur die die Versicherung tatsächlich durchführende Beklagte sei als Einzugsstelle berechtigt, Statusentscheidungen gegenüber den am Versicherungsverhältnis Beteiligten zu treffen; Dritten gegenüber hätten diese eine Tatbestandswirkung, die nicht mittels Feststellungsklage umgangen werden könne (Urteil vom 8.10.2010). Die Berufung der Klägerin hat das LSG zurückgewiesen, weil die Feststellungsklage zwar zulässig, im Ergebnis jedoch unbegründet sei. Die Landwirtin sei als Beschäftigte in der allgemeinen Krankenversicherung und nicht in der KVdL versicherungspflichtig. Sie sei nicht i. S. von § 5 Abs. 5 SGB V als AgrB 6-2015 landwirtschaftliche Unternehmerin hauptberuflich selbstständig tätig. Diese Tätigkeit überwiege weder in Bezug auf die wirtschaftliche Bedeutung noch auf den zeitlichen Aufwand die übrige Erwerbstätigkeit und stelle somit nicht den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit dar. Das Urteil Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das die Klage verwerfende Urteil des SG zurückgewiesen, weil die Klage zwar zulässig, aber unbegründet ist. Die betroffene Frau war in dem vom Senat zu beurteilenden Zeitraum 1.1.2007 bis zu dem mit der Revision angefochtenen Beschluss des LSG vom 10.8.2011 nicht als landwirtschaftliche Unternehmerin versicherungspflichtig in der KVdL. Die Revision ist jedoch unbegründet, weil die Betroffene nicht seit 1.1.2007 als landwirtschaftliche Unternehmerin in der KVdL, sondern weiterhin als Beschäftigte in der allgemeinen Krankenversicherung versicherungspflichtig ist (hierzu a). Hiervon ist die Frau nicht wegen hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätigkeit ausgeschlossen (hierzu b). a) Versicherungspflichtig in der KVdL sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 SGB V i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 – allein dieser Tatbestand kommt vorliegend in Betracht – landwirtschaftliche Unternehmer, deren Unternehmen unabhängig vom jeweiligen Unternehmer, auf Bodenbewirtschaftung beruht. Außerdem muss das Unternehmen – was hier der Fall ist – eine bestimmte Mindestgröße erreichen. Nicht nach dem KVLG 1989 versicherungspflichtig ist jedoch, wer nach anderen gesetzlichen Vorschriften versicherungspflichtig ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989). Die betroffene Frau ist als Beschäftigte (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV) des Beigeladenen zu 2. bzw. ab 30.7.2007 des Beigeladenen zu 3. nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V außerhalb der KVdL in der allgemeinen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Der nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 1a KVLG 1989 (i. d. F. durch Gesetz vom 29.7.1994, BGBl I 1890) in Bezug auf die Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bestehende Vorrang zugunsten der KVdL greift nicht ein. Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und für den Senat daher bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG wurden ihre Beschäftigungen bei den Beigeladenen zu 2. und 3. jeweils über mehrere Jahre ausgeübt. Auf eine solche, 26 Wochen übersteigende Dauer waren die Beschäftigungen nach den vorliegenden Umständen von vornherein angelegt, was zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist. Zugleich besteht keine Versicherungspflicht der Frau als mitarbeitende Familienangehörige i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 3 KVLG 1989. b)Die Versicherungspflicht der Frau als Beschäftigte (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) ist – anders als die Klägerin meint – nicht nach § 5 Abs. 5 SGB V ausgeschlossen, weil sie ihre selbstständige Tätigkeit als landwirtschaftliche Unternehmerin im Sinne dieser Norm etwa hauptberuflich ausübte. Wann eine selbstständige Tätigkeit i. S. d. § 5 Abs. 5 SGB V „hauptbe- 44 Urteil Zwingende Rückforderung von Fördermitteln bei fehlenden schriftlichen Mitteilungen über Vorhabensänderungen ruflich“ ausgeübt wird, ist weder gesetzlich ausdrücklich bestimmt noch nach dem Wortsinn eindeutig. Jedoch hat das BSG in ständiger Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien Hauptberuflichkeit dann angenommen, wenn die selbstständige Tätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt. Außerdem muss sie – ohne dass diesem Merkmal eine eigenständige Bedeutung zukäme – den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellen. Diesen Ausgangspunkt teilt auch die Klägerin. Der Klägerin kann jedoch im Weiteren nicht darin gefolgt werden, dass bei dem nach § 5 Abs. 5 SGB V anzustellenden gewichtenden Vergleich von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit bezüglich der wirtschaftlichen Bedeutung einer Tätigkeit stets auf den korrigierten Wirtschaftswert nach § 32 Abs. 6 ALG abzustellen sei. Ebenso wenig ist für den Vergleich des jeweiligen zeitlichen Aufwands die Arbeitszeit von im Unternehmen eingesetzten Familienangehörigen, Arbeitskräften oder Lohnunternehmern dem Unternehmer zuzurechnen. Vielmehr hat das LSG aufgrund der von ihm festgestellten Tatsachen zu Recht angenommen, dass die betroffene Frau die Tätigkeit einer landwirtschaftlichen Unternehmerin unter Berücksichtigung des tatsächlich erzielten Arbeitseinkommens und ihrer persönlich aufgewandten Arbeitszeit nicht hauptberuflich ausübte. Urteilsanmerkungen von Horst Marburger, Geislingen, ehem. Abteilungsleiter und Dozent bei der AOK Baden-Württemberg; heute: Lehrbeauftragter an der Hagen Law School und sozialrechtlicher Fachautor Das BSG stellt in seiner Urteilsbegründung auf § 15 SGB IV ab. Nach dieser Vorschrift ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Bei Landwirten, deren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13a EStG) ermittelt wird, ist als Arbeitseinkommen der sich aus § 32 Abs. 6 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (GAL) entstehende Wert anzusetzen (§ 15 Abs. 2 SGB IV). Das BSG weist in seiner Begründung zum vorliegenden Urteil darauf hin, dass der korrigierte Wirtschaftswert nach § 32 Abs. 6 ALG – anders als die Regelungen in §§ 14, 15 SGB IV – nicht davon abhängt, was dem Betroffenen aufgrund der Beschäftigung bzw. selbstständigen Tätigkeit im obigen Sinne für seinen Lebensunterhalt tatsächlich (vor Steuern und Sozialbeiträgen) zur Verfügung steht. Der korrigierte Wirtschaftswert nach § 32 Abs. 6 ALG repräsentiert vielmehr nur das aus Erfahrungswerten Agrar-Recht der für den Agrarbericht ausgewerteten landwirtschaftlichen Testberichte ermittelte Einkommenspotenzial eines landwirtschaftlichen Betriebs. Er entspricht somit dem, was bei einer bestimmten Wirtschaftsweise aus dem Betrieb als Einkommen erzielt werden „könnte“, nicht aber demjenigen, was einem Betroffenen tatsächlich zum Lebensunterhalt zur Verfügung steht und dadurch seine wirtschaftliche Lage prüft. Das BSG stellt bei der Prüfung des Merkmals „hauptberuflich“ alle auf die vom Betroffenen persönlich aufgewandte Arbeitszeit ab. Es kommt zu dem Schluss, dass keine hauptberufliche Beschäftigung in der Landwirtschaft vorliege und deshalb von der Zuständigkeit der AOK ausgegangen werden müsse. Hinweis: Vgl. zur hauptberuflichen Selbstständigkeit in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung auch die Ausführungen in „Agrarbetrieb“ 3/2015, S. 39 ff. Zwingende Rückforderung von Fördermitteln bei fehlenden schriftlichen Mitteilungen über Vorhabensänderungen Wird ein förderfähiges Projekt, für das eine Investitionsförderung zur Entwicklung des ländlichen Raumes beantragt wurde nach Stellung des Ursprungsantrags abgeändert, so ist es nicht ausreichend, diese Änderungen mündlich oder telefonisch gegenüber der zuständigen Behörde anzuzeigen, wenn gleichzeitig in den schriftlichen Folgeanträgen erklärt wird, dass es keine Änderungen am Projekt gegeben hätte. OVG Lüneburg, Urteil vom 21.4.2015 – 10 LB 31/13 Der Sachverhalt Am 19.3.2002 beantragte die Klägerin einen Zuschuss im Rahmen der Projektförderung nach Art. 25 ff. der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999, dem Niedersächsischen Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums (PROLAND) sowie der Richtlinie des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums über die Förderung von Projekten zur Marktstrukturverbesserung vom 28.9.2000. Die Klägerin betrieb ein Unternehmen, dessen Gegenstand die Herstellung und der Vertrieb von tiefgefrorenen Kartoffelprodukten war. Im Jahr 2002 wurde der Neubau einer Produktionshalle zur Herstellung von Veredelungsprodukten aus Kartoffeln und einer Tiefkühl-Lagereinrichtung mit einem Investitionsvolumen von ca. 4,1 Mio. € geplant. Im Ursprungsantrag erklärte die Klägerin, dass ihr die Verpflichtung bekannt sei, der bewilligenden Stelle unverzüglich die Tatsachen mitzuteilen, die der Bewilligung, Weitergewährung, Inanspruchnahme oder dem Belassen der Zuwendung entgegenstehen würden. Dazu gehörten auch solche Tatsachen, die zur Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Zuwendung von Bedeutung sind. Des Weiteren verpflichtete sie sich „jede Nichteinhaltung von Beihilfevoraussetzungen – auch AgrB 6-2015 Agrar-Recht Zwingende Rückforderung von Fördermitteln bei fehlenden schriftlichen Mitteilungen über Vorhabensänderungen in Fällen höherer Gewalt – der zuständigen Behörde unter Angabe der Gründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen“. Mit Zuwendungsbescheid vom 28.1.2003 wurde die Förderung schließlich bewilligt. Die Zuwendung war „ausschließlich zur Finanzierung des Vorhabens/Projekts Neubau einer Produktionsanlage zur Herstellung von Veredelungsprodukten aus Kartoffeln nebst einer Tiefkühl-Lagereinrichtung zu verwenden“. Diesbezüglich wurden die Antragsunterlagen zu verbindlichen Bestandteilen des Bescheids erklärt. Am 29.7.2004 reichte die Klägerin einen Zwischenverwendungsnachweis ein, woraufhin der Klägerin im August 2004 weitere Mittel ausgezahlt wurden. Mit einem zweiten Zwischenverwendungsnachweis vom 26.7.2005 beantragte die Klägerin einen weiteren Zuschuss und kreuzte im Vordruck an, dass sich gegenüber den Antragsunterlagen keine Änderungen ergeben hätten. Mit Datum vom gleichen Tage wurde ein Sachbericht des zuständigen Sachbearbeiters der Bewilligungsstelle gefertigt, in dem jedoch vermerkt war, dass die Produktionshalle nunmehr doch nicht erweitert werden solle, sondern in den vorhandenen Hallen eine Leistungserweiterung erfolgen wird. Bei einer Vor-Ort-Kontrolle am 2. und 3.8.2005 wurde durch die Prüfer festgestellt, dass die Produktionshalle tatsächlich nicht erweitert wurde, sondern eine Leistungssteigerung in den vorhandenen Produktionshallen durchgeführt wurde. Auch bei einer ergänzenden Verwaltungskontrolle am 8.8.2005 wurde die Frage zu Abweichungen oder Änderungen des Projekts nicht beantwortet. Es würde keine Beanstandungen geben. Am gleichen Tage wurde ein weiterer Förderbetrag bewilligt. Im Zuwendungsbescheid wurde vermerkt, dass die Auszahlung des Betrags zweckgebunden sei und nur für die im Antrag bezeichnete Maßnahme – aufgrund des Antrags vom 12.3.2002 und des Zuwendungsbescheids vom 28.1.2003 – verwendet werden dürfe. Von angezeigten Änderungen war in diesem Zuwendungsbescheid keine Rede. Der Bewilligungszeitraum wurde schließlich verlängert. Es wurde eine weitere Zuwendung von der Klägerin beantragt. In diesem Antrag bejahte die Klägerin abermals durch Ankreuzen im Formular, dass gegenüber den ursprünglichen Antragsunterlagen keine Änderungen eingetreten seien und die im Verwendungsnachweis gemachten Angaben mit dem Zuwendungsbescheid übereinstimmen würden. Nicht angekreuzt wurde jedoch, dass gegenüber den Antragsunterlagen folgende Änderungen eingetreten sind, die der Bewilligungsstelle mitgeteilt wurden. Im Rahmen der Verwaltungskontrolle vom 22.6.2006 wurde vom Sachbearbeiter bejaht, dass Abweichungen der Maßnahme angezeigt worden seien, die sich in der Vor-Ort-Kontrolle am 14. und 15.8.2006 wieder einmal dadurch bestätigt, dass die Produktionshalle nicht erweitert, sondern die vorhandenen Hallen in ihrer Leistung gesteigert wurden. Am 17.8.2006 wurde ein weiterer Zuschuss bewilligt, der sich abermals auf den Antrag vom 12.3.2002 sowie den Zuwendungsbescheid vom 28.1.2003 bezog. Der interne Revisionsdienst nahm sich der Angelegenheit im März 2007 an und bemängelte, dass die Klägerin ihr Projekt selbstständig geändert habe, ohne auf Abweichungen vom Ursprungsantrag hinzuweisen. Die Sachbearbeiter der bewilligenden Behörde verwiesen diesbezüglich jedoch auf AgrB 6-2015 Urteil 45 die fernmündlichen Absprachen. Der Sachbearbeiter, der vornehmlich mit der Angelegenheit betraut war, legte schließlich am 4.12.2007 ein vermeintlich vom 11.1.2005 stammendes Schreiben vor, nachdem die Klägerin die Änderung des Projekts fernmündlich mit ihm abgesprochen und am 10.1.2005 telefonisch mitgeteilt habe. Bei einer weiteren Prüfung stellte sich jedoch heraus, dass das Schreiben des vornehmlich mit dem Fall betrauten Sachbearbeiters erst am 29.11.2007 erstellt und am 4.12.2007 gedruckt worden war. Es war jedoch der Eingangsstempel der Klägerin mit Datum vom 14.1.2005 auf dem Schreiben aufgebracht. Zudem war die erst seit Ende Juni 2005 geltende neue Adresse angegeben. Nach erfolgter Anhörung wurden die Bescheide sowie Änderungsbescheide aufgehoben und die Klägerin zur Rückzahlung des ausgezahlten Betrags in Höhe von insgesamt 104.053,18 € zzgl. Zinsen aufgefordert. Ebenso wurde die Klägerin für das Folgejahr von der Beihilfegewährung ausgeschlossen. Gegen diesen Aufhebungsbescheid wandte sich die Klägerin mit Klage vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg und trug vor, dass sie sämtliche Änderungen – wenn auch zum Teil fernmündlich – den zuständigen Sachbearbeitern unverzüglich mitgeteilt bzw. mit diesen abgesprochen hätte. Wie der Eingangsstempel ihrer Firma mit Datum vom 14.1.2005 auf das erst im Dezember 2007 erstellte Schreiben des Sachbearbeiters gekommen sei, sei ihr nicht erklärlich. Die beklagte Behörde beantragte die Klage abzuweisen, da formelle Fördervoraussetzungen verletzt worden seien, da mit falschen Daten eine absichtliche Falschangabe gemacht worden sei, indem ein vermeintliches Schreiben vom 11.1.2005 eingereicht worden wäre. Des Weiteren hätte die Klägerin die Bewilligungsstelle nicht rechtzeitig über Änderungen informiert. Das Verwaltungsgericht Lüneburg gab mit Urteil vom 18.10.2012 der Klage teilweise statt und verpflichtete die Klägerin zur Rückzahlung eines Teilbetrags. Durch die Einreichung des Schreibens vom 11.1.2005 sei eine absichtliche Falschangabe nicht erfolgt, da dieses Schreiben nicht für die Bewilligung entscheidungserheblich war. Der vollständige Ausschluss von Fördermaßnahmen könne nicht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) Nr. 817/2004 gestützt werden. Mit Beschluss vom 25.3.2013 wurde die Berufung zugelassen. Die Bewilligungsbehörde berief sich weiterhin darauf, dass die Schriftform zur Anzeige von Änderungen der förderfähigen Projekte erforderlich sei. Das Urteil Das OVG Lüneburg entschied schließlich mit Urteil vom 21.4.2015, dass sämtliche gezahlten Förderungen vollumfänglich zurückzubezahlen seien und die Bewilligung sowie die Auszahlungsbescheide zwingend aufzuheben sind. Die Klägerin hätte durch ihre von den Absprachen mit den zuständigen Sachbearbeitern der Bewilligungsbehörde schriftlich abgegebenen Erklärungen absichtliche Falschangaben gemacht. Aufgrund der Abweichungen des tatsächlichen Projektumfangs von dem im Ursprungsantrag angegebenen Projekt sei der Zweck verfehlt worden. Zweck sei ausschließlich der Neubau einer Pro- 46 Urteil Privilegiertes Bauvorhaben beim landwirtschaftlichen Nebenerwerb duktionsanlage zur Herstellung von Veredelungsprodukten aus Kartoffeln nebst einer Tiefkühl-Lagereinrichtung gewesen. Der so verstandene Zweck ist durch die lediglich fernmündlichen Absprachen mit den Sachbearbeitern der Bewilligungsbehörde nicht nachträglich wirksam geändert worden. Auch die schriftlichen Sachstandsberichte der Sachbearbeiter stellen keine formwirksame Änderung des Ursprungsantrags dar. Die Klägerin hätte spätestens im Frühjahr 2005 nach ihren eigenen Angaben im Ortstermin den Entschluss zum Neubau einer Produktionshalle aufgegeben bzw. zumindest auf einen späteren ungewissen Zeitpunkt nach dem Auslaufen des Förderungszeitraums verschoben. Diese Vorhabensänderung ist nicht mehr als bloßes Minus anzusehen, sondern vielmehr als aliud. Eine schriftliche Information gegenüber der zuständigen Behörde, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft geworden ist, gab es nicht, sodass Kürzungen und Ausschlüsse gem. Art. 71 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 817/2004 i. V. mit Art. 44 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 zwingend seien. Die Klägerin hätte sogar vorsätzlich falsche förderrelevante Angaben gemacht, indem sie die Übereinstimmung des Projekts mit den Plänen im Ursprungsantrag durch Ankreuzen bestätigt hatte. Mildere Mittel als die zwingende Rückforderung der gezahlten Förderbeträge seien nicht gegeben. Das europäische Recht hat hier Vorrang. Für sämtliche in Rede stehenden Beihilfen gilt, dass im Falle von zu Unrecht gezahlten Beträgen der betreffende Einzelbegünstigte einer Maßnahme zur Entwicklung des ländlichen Raums verpflichtet ist, diese Beträge gemäß den Bestimmungen von Art. 49 der Verordnung (EG) Nr. 241/2001 zurückzuzahlen hat. Ausnahmetatbestände sind nicht gegeben. Daran ändern auch die rechtswidrigen mündlichen Auskünfte einzelner Mitarbeiter der zuständigen nationalen Behörde gegen die erkennbar anderslautenden Verpflichtungen des Zuwendungsempfängers nichts und begründen auch nicht die Annahme eines schuldlosen Verhaltens des Zuwendungsempfängers, insbesondere wenn dieser trotz schriftlicher Nachfrage in den Formularen für den Auszahlungsantrag hierauf nicht verwiesen hatte. Der Fehler lag vollumfänglich im Verantwortungsbereich der Klägerin. Urteilsanmerkungen von Rechtsanwältin Meike Anna Leibold. Sie ist seit Juli 2011 in der Kanzlei Burkart Völlinger & Partner in Karlsruhe insbesondere im agrarrechtlichen Bereich tätig. Zu Beginn des Jahres 2015 wurde ihr als erster Rechtsanwältin im OLG-Bezirk Karlsruhe der Fachanwaltstitel für Agrarrecht verliehen. Zusammenfassend ist der Entscheidung des OVG Lüneburg vom 21.4.2015 anzumerken, dass man sich in der Praxis keinesfalls auf mündliche Absprachen oder Auskünfte von Sachbearbeitern der Behörden verlassen sollte. Vielmehr sollte eindringlich der schriftlich vorgegebene Antragsvordruck studiert und der tatsächliche Sachverhalt schriftlich korrekt wiedergegeben werden. Agrar-Recht Auch das Vorliegen einer schriftlichen Bestätigung vonseiten der Behörde, dass die mündlichen Absprachen entgegen der schriftlichen Erklärungen in den Anträgen den Vorrang haben würden, hätte wohl nicht dazu geführt, dass die gewährten Beihilfen nicht zurückzubezahlen gewesen wären. Im Zweifel gilt folglich immer das geschriebene Gesetz sowie das eigenhändig schriftlich Erklärte, auch wenn lediglich ein formularmäßiger Antrag ausgefüllt wurde. Privilegiertes Bauvorhaben beim landwirtschaftlichen Nebenerwerb Auch ein Bauvorhaben, das einem erst im Aufbau befindlichen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb dient, kann als privilegiertes Vorhaben im Außenbereich zulässig sein. VG Trier, Urteil vom 10.6.2015 – 5 K 2149/14.TR Der Sachverhalt Der Kläger begehrte mit einer Bauvoranfrage die bauplanungsrechtliche Zulassung einer Mehrzweckhalle zur Unterstellung von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten. Bei dem Kläger handelt es sich um einen wissenschaftlichen Mitarbeiter, der diese Tätigkeit als Vollzeitbeschäftigung ausübt. Gleichzeitig übt er eine rein bauliche Tätigkeit aus. Er trug vor, dass er durch ökologische Bewirtschaftung und insbesondere den Einsatz von CO2-neutral hergestelltem Kultursubstrat sogenannten Null-Emissions-Wein herstellen wolle. Seinen weinbaulichen Nebenerwerbsbetrieb hatte er erst kurz vor Antragsstellung gegründet und verfügte zum Antragszeitpunkt über eigene Weinbergsflächen in der Größe von 0,1 ha und hinzugepachtete Flächen von 0,3 ha. Diese waren langfristig (ca. 15 Jahre) gepachtet. Der Standort der Mehrzweckhalle, wo später auch das Keltern und Abfüllen von Wein stattfinden soll, befindet sich am Rande der Ortslage und liegt im gedachten Zentrum seiner umliegenden Betriebsflächen. Der Kläger hatte bereits geringe Gewinne im Rahmen seiner Nebenerwerbsbewirtschaftung erzielt, er erwartete jährlich steigende Gewinne. Er legte Absatzverträge über erhebliche Mengen von Wein vor. Der Kläger hatte sich in seiner Familie langjährig mit dem Weinbau befasst. Im Januar 2015 hatte er seine Gesellenprüfung im Weinbau abgelegt und ist nun staatlich geprüfter Winzer. Das Urteil Das Verwaltungsgericht Trier gab dem Kläger Recht. Für dieses stand es bei dem Weinbaubetrieb des Klägers außer Frage, dass es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 201 BauGB handele, auch wenn die Betriebsflächen noch sehr gering seien. Dem Eingriff in den naturbelassenen Außenbereich müsse ein auf Dauer angelegter Betrieb gegenüberstehen, dem das geplante Vorhaben zu dienen bestimmt sein. Erforderlich sei eine Organisation, die auf Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung ausgerichtet sei. Weiterhin müsse es sich hier- AgrB 6-2015 Agrar-Recht Gemeinden dürfen Pferdesteuer erheben bei um ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen handeln. Der Kläger betreibe seinen Weinbaubetrieb nicht nur zu Hobbyzwecken, sondern mit einer Ernsthaftigkeit, die weit über eine Hobbytätigkeit hinausgehe. Dieses sei auch aus der nunmehr abgelegten Winzerprüfung erkennbar. Auch die zu erwartenden Gewinne, welche derzeit zwar nur im vierstelligen Bereich seien, zeigten eine deutliche Gewinnerzielung seit Betriebsaufnahme. Weiterhin diene das Vorhaben auch dem Betrieb. Anders als im Bereich der Acker- und Weidewirtschaft und der Viehhaltung sei es in Weinbaubetrieben durchaus üblich, dass die bewirtschafteten Weinbergsflächen sich über mehrere Gemarkungen erstreckten und nicht vorwiegend in einem einheitlich zusammenhängenden Gebiet liegen. Hierbei habe der Kläger den Standort sinnvoll gesucht und nach Auffassung der Kammer war es vernünftig, das Vorhaben auf diesem Grundstück zu verwirklichen. Urteilsanmerkungen von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Agrarrecht, Dr. Modest von Bockum, Cornelius + Krage Rechtsanwälte + Notare, Kiel, www.cornelius-krage.de Das Verwaltungsgericht Trier weist darauf hin, dass auch für ein im Aufbau befindlicher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb die Privilegierung des § 35 BauGB greift. Es muss sich um ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen handeln. Es erfolgt eine Gesamtbetrachtung. Auf die Betriebsgröße allein kommt es nicht an. Der Betriebsinhaber muss eine Organisation nachweisen, die auf Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung ausgerichtet ist. Aus dem vorliegenden Fall lässt sich jedenfalls darstellen, dass auch bei üblichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben bereits in der Aufbauphase Bauvorhaben genehmigungsfähig sind. Inwieweit dabei eine Mindestgröße erforderlich ist, wird eine Baubehörde bzw. das zuständige Gericht jeweils nach dem Einzelfall festlegen müssen. Dass dieses bei einem Ackerbaubetrieb und/ oder einem Forstbetrieb andere Werte sein werden, ist nachvollziehbar. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Trier ist es allerdings nach hiesiger Einschätzung auch bei Betrieben der Acker- und Weidewirtschaft und der Viehhaltung sowie von Forstbetrieben nicht als unüblich anzusehen, dass die bewirtschafteten Flächen sich über mehrere Gemarkungen erstrecken und nicht vorwiegend in einem einheitlich zusammenhängenden Gebiet liegen. Dieses muss auch bei dem Standort eines möglichen Bauvorhabens berücksichtigt werden. Bei der Beantragung von privilegierten Bauvorhaben bleibt der konkrete Einzelfall maßgeblich. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung aller Umstände sind die entsprechenden Nachweise, insbesondere zur Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung, darzulegen. AgrB 6-2015 Urteil 47 Gemeinden dürfen Pferdesteuer erheben Gemeinden sind grundsätzlich berechtigt, auf das Halten und das entgeltliche Benutzen von Pferden für den persönlichen Lebensbedarf eine örtliche Aufwandsteuer (Pferdesteuer) zu erheben. BVerwG, Beschluss vom 18.8.2015 – 9 BN 2.15 Der Sachverhalt Der Hessische VGH hatte die Pferdesteuersatzung der beklagten Stadt Bad Sooden-Allendorf im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens überprüft und für rechtmäßig gehalten (vgl. Beschluss vom 8.12.2014 – 5 C 2008/13.N, ZKF 2015, S. 41). Die Revision zum BVerwG hatte er nicht zugelassen. Die hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerden der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. (FN) und mehrerer Einzelkläger hat das BVerwG nun zurückgewiesen. Das Urteil Nach Auffassung des BVerwG bedarf es zur Beantwortung der Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Pferdesteuer nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, da schon nach den bisher entwickelten Maßstäben eine örtliche Aufwandsteuer auf das Halten und entgeltliche Benutzen von Pferden erhoben werden darf, soweit es sich um eine Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf handelt. Das Halten bzw. die entgeltliche Benutzung eines Pferds geht – vergleichbar der Hundehaltung oder dem Innehaben einer Zweitwohnung – über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus und erfordert einen zusätzlichen Vermögensaufwand. Im Hinblick darauf, dass nur die Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf besteuert werden darf, beschränkt die Satzung der Stadt Bad SoodenAllendorf die Steuer auf das Halten und Benutzen von Pferden „zur Freizeitgestaltung“ und nimmt Pferde, die nachweislich zum Haupterwerb im Rahmen der Berufsausübung eingesetzt werden, aus. Anzeige Sich selbst oder anderen eine Freude machen! 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Eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG wird wenig Aussicht auf Erfolg haben. Das BVerwG wie auch der Hessische VGH hatten aber lediglich über die rechtliche Zulässigkeit der Erhebung einer Pferdesteuer zu befinden und sind zu einem nachvollziehbaren Ergebnis gekommen. Volkswirtschaftliche, betriebswirtschaftliche und gesellschaftspolitische Auswirkungen einer Pferdesteuer, wie sie insbesondere von den Verbänden vorgetragen wurden, mussten die Gerichte bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigen. Diese Aspekte müssen aber die Gemeinden, die eine Pferdesteuer einführen wollen, bedenken. Hierauf müssen künftig die Schwerpunkte der Argumentation gegen die Einführung einer Pferdesteuer gelegt werden. Erbteilsübertragung als Umgehung der Genehmigungspflicht nach dem Grundstückverkehrsgesetz Leitsatz des Autors: Eine Erbteilsveräußerung kann, auch wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG nicht vorliegen, dann genehmigungsbedürftig sein, wenn diese Vertragsform allein deshalb gewählt wird, um die Genehmigungspflicht einer von den Vertragsparteien bezweckten Veräußerung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke zu umgehen. An die Feststellung eines solchen Umgehungsgeschäfts sind hohe Anforderungen zu stellen (im Anschluss an BGH, Senat für Landwirtschaftsflächen, Beschluss vom 23.11.2012 – BLw 13/11). OLG Jena, Beschluss vom 24.2.2015 – 3 W 591/14 Der Sachverhalt Drei Erben veräußerten ihren Erbanteil nach dem Erblasser an einen Erwerber und übertrugen ihn mit sofortiger dinglicher Wirkung. Sie bewilligten die Eintragung der Erbteilsübertragung im Wege der Berichtigung im Grundbuch. Zum Nachlass gehört eine Vielzahl in der Urkunde im Einzelnen bezeichneter Agrar-Recht landwirtschaftlicher Grundstücke, die teilweise größer, teilweise kleiner als 0,25 ha sind. Auf ein als Amtshilfeersuchen bezeichnetes Schreiben des Landwirtschaftsamts, wonach der Verdacht der Umgehung der Genehmigungspflicht nach dem Grundstückverkehrsgesetz bestünde, da der Erwerber an einer Vielzahl von Erbteilsübertragungen beteiligt sei, forderte das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung die Vorlage der Genehmigung nach § 2 GrdstVG bzw. ein entsprechendes Negativattest und drohte für den Fall der Nichtvorlage die Zurückweisung des Antrags an. Der Urkundsnotar legte hiergegen Beschwerde ein, da die Übertragung von Erbanteilen nur genehmigungsbedürftig sei, wenn der Nachlass im Wesentlichen aus einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb bestehe, was nicht der Fall sei. Die Entscheidung Das OLG gab der Beschwerde Recht und wies das Grundbuchamt an, die beantragte Grundbuchberichtigung vorzunehmen. Die Berichtigung des Grundbuchs erfordert lediglich die schlüssige Darlegung, dass das Grundbuch derzeit falsch ist und durch die beantragte Berichtigung richtig wird. Schlüssig dargelegt in diesem Sinne ist ein Berichtigungsantrag, wenn das tatsächliche Vorbringen, die Richtigkeit unterstellt, den Antrag rechtfertigt. Dies ist durch die Vorlage der Urkunde über die Erbteilsübertragung erfolgt. Bei ihr vollzieht sich der Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs. Es handelt sich dabei um die Übertragung des Anteils eines Miterben am gesamten Nachlass und nicht an den in ihm befindlichen Einzelgegenständen. Das Grundbuchamt darf die beantragte Berichtigung nur ablehnen, wenn es auf Tatsachen gegründete sichere Kenntnis bzw. zumindest durch konkrete Tatsachen oder Tatsachenbehauptungen begründete Zweifel hat, dass das Grundbuch entweder nicht unrichtig ist oder durch die beantragte Berichtigung nicht richtig wird. Bloße Zweifel und Vermutungen genügen dagegen nicht. Erbteilsveräußerungen sind nur dann nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG bzw. § 3 Abs. 2 Nr. 2 ASVG genehmigungsbedürftig, wenn sie an einen anderen als einen Miterben erfolgen und der Nachlass im Wesentlichen aus einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb besteht. Allein aus der Zahl oder aus der Größe der zum Nachlass gehörenden Grundstücke lässt sich für die Voraussetzung der Genehmigungsbedürftigkeit noch nicht einmal eine Vermutung ableiten. Allerdings kann, auch wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG nicht vorliegen, die Erbteilsveräußerung genehmigungsbedürftig sein, wenn diese Vertragsform allein deshalb gewählt wird, um die Genehmigungspflicht einer von den Vertragsparteien bezweckten Veräußerung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke zu umgehen. Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber die Erbteilsveräußerung nur unter bestimmten Voraussetzungen für genehmigungsbedürftig erklärt hat, sind an die Feststellung eines Umgehungsgeschäfts hohe Anforderungen zu stellen. Der Umstand, dass sich land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke im Nachlass befinden, reicht hierfür nicht aus. AgrB 6-2015 Agrar-Recht Enteignung zugunsten der Errichtung eines Windparks Entscheidungsanmerkungen von Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz, Notar in Regen und Zwiesel und Honorarprofessor an der Universität Regensburg Die Entscheidung des OLG Jena knüpft an die Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 23.11.2012 – BLw 13/11) an, wonach über die „Hintertür“ des Umgehungsgeschäfts nicht eine Genehmigungspflicht für von der Genehmigung freigestellte Erbteilsübertragungen eingeführt werden darf. Das Gesetz sieht sie nur bei einer Veräußerung an einen Nichtmiterben vor, wenn der Nachlass im Wesentlichen aus einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb besteht (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 ASVG: landwirtschaftlicher Betrieb). Ein im Nachlass befindlicher land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb erfordert regelmäßig eine noch betriebene Landwirtschaft mit einem selbstständigen Hof, der zudem dem Betreiber eine Lebensgrundlage bietet. Deshalb scheiden Betriebe aus, die die Landwirtschaft als Hobby oder als nicht leistungsfähige Nebenerwerbslandwirtschaft betreiben. Im BGH-Fall waren an einen auch als Forstwirt tätigen Notar landwirtschaftlich genutzte Flächen einer Erbengemeinschaft veräußert worden. Später wurde dieses Rechtsgeschäft aufgehoben und im gleichen Vertrag eine Erbteilsübertragung vorgenommen. Dieser Vertrag war inhaltlich wie der ursprüngliche Grundstückskauf gestaltet, insbesondere die Haftung für Verbindlichkeiten des Nachlasses schuldrechtlich abbedungen worden. Auch der Kaufpreis blieb unverändert. Von einem Umgehungsgeschäft kann auch ausgegangen werden, wenn Grundstücke zunächst geteilt werden, um die landesrechtlichen Mindestgrößen nicht zu erreichen, oder wenn statt einer Veräußerung ein langfristiger Pachtvertrag einer Einmalzahlung in Höhe des Kaufpreises vereinbart wird. Enteignung zugunsten der Errichtung eines Windparks BGH, Urteil vom 12.3.2015 – III ZR 36/14 Leitsätze 1.Eine Enteignung ist nur für ein Vorhaben zulässig, für das die notwendigen Gestattungen und Genehmigungen vorliegen oder bei dem es zumindest keinem ernsthaften Zweifel unterliegen kann, dass etwaige erforderliche Genehmigungen erteilt werden. Ist eine erforderliche Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz für den Betrieb einer Windkraftanlage erteilt, aber angefochten worden, so kann einem Antrag für eine Enteignung nach § 45 I Nr. 2 EnWG, auch wenn die Genehmigung für sofort vollziehbar erklärt worden ist, nur stattgegeben werden, wenn die Enteignungsbehörde in eigenverantwortlicher AgrB 6-2015 Urteil 49 Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. 2. Die Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung durch die nach § 45 II 3 EnWG zuständige Behörde unterliegt der (beschränkten) gerichtlichen Kontrolle. 3. Zu den Anforderungen an die Feststellung der Zulässigkeit einer Enteignung nach § 45 I Nr. 2 EnWG. Der Sachverhalt Ein Windparkprojektierer/Vorhabenträger plante auf Grundstücken einer Gemeinde einen Windpark, der inzwischen auch errichtet wurde. Der Windpark lag in einem im regionalen Raumordnungsplan Mittelthüringen (Stand 1999) ausgewiesenen Vorbehaltsgebiet zur Nutzung der Windenergie. Das Thüringer Landesverwaltungsamt genehmigte im Mai 2006 den Windpark immissionsschutzrechtlich und ordnete im November 2006 die sofortige Vollziehung der Genehmigung an. Die Gemeinde hat Klage gegen die Genehmigung beim zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage beantragt. Dieses Verfahren ist von dem zuständigen Verwaltungsgericht bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Enteignungsverfahrens ausgesetzt worden. Für die Realisierung des Windparks war es erforderlich, sowohl Zuwegungen zu den einzelnen Windenergieanlagen als auch Kabeltrassen anzulegen bzw. zu errichten. Die Zuwegungen und Kabeltrassen führten über einige Grundstücke, die im Eigentum der Gemeinde standen. Diese weigerte sich, die Nutzung – unabhängig von einer angebotenen Vergütung – zu gestatten. Daraufhin betrieb der Vorhabenträger ein Enteignungsverfahren gemäß § 45 Energiewirtschaftsgesetz in Form von Dienstbarkeiten zu ihren Gunsten. Die zuständige Energieaufsichtsbehörde erklärte die Zulässigkeit der Enteignung, setzte eine Entschädigung fest und nahm die vorzeitige Besitzeinweisung des Vorhabenträgers vor. Hiergegen wandte sich die Gemeinde. Das Landgericht hatte den Antrag der Gemeinde zurückgewiesen. Auf die Berufung der Gemeinde hatte das Oberlandesgericht Jena den Enteignungsbeschluss über die Bestellung einer beschränkt persönlichen Wege-Dienstbarkeit aufgehoben und den festgesetzten Entschädigungsbetrag deutlich reduziert. Im Übrigen, insbesondere mit Blick auf die beschränkt persönliche Kabel-Dienstbarkeit, hatte es die Berufung zurückgewiesen. Das Urteil Der Bundesgerichtshof stellte nunmehr fest, dass die Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zur Errichtung und dauerhaften Nutzung der unterirdischen Kabeltrasse nicht bestehe. Er begründet dieses damit, dass die Voraussetzungen für eine Enteignung nicht vorlägen. Für den maßgeblichen Zeitpunkt lasse sich nicht feststellen, dass die Enteignung dem Wohl der Allgemeinheit diene. Dieses sei nur dann der Fall und eine Enteignung damit gesetzmäßig, wenn das Vorhaben mit dem geltenden Recht vereinbar sei. Dieses bedinge allerdings, dass die notwendigen Gestattungen und Genehmigungen für das Vorhaben vorliegen müssten oder es zumindest keinen ernsthaften Zweifel unterliegen könne, dass etwaige er- 50 Urteil Beanstandung von Landpachtverträgen nach dem Landpachtverkehrsgesetz forderliche Genehmigungen erteilt werden. Die Genehmigung sei vorliegend erteilt worden, sie habe aber bisher noch keine Bestandskraft erlangt, weil das hierauf bezogene verwaltungsgerichtliche Verfahren ausgesetzt sei. Es sei zwar keine unabdingbare Voraussetzung für eine Enteignung, dass ein entsprechendes verwaltungsgerichtliches Verfahren beendet sei. Mit Blick auf die besonderen Voraussetzungen des Artikels 14 Grundgesetz (der jedenfalls bedingt auch für eine Gemeinde gelte) müsse die Enteignungsbehörde in eigenverantwortlicher Prüfung zu dem Ergebnis kommen, dass dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Wenn, wie vorliegend, eine notwendige Genehmigung angefochten, aber für sofort vollziehbar erklärt worden sei, müsse eine abschließende Prüfung der Enteignungsbehörde erfolgen. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Enteignung sei zwar grundsätzlich zulässig, jedoch Ultima Ratio. Sie sei dann nicht zulässig, wenn der Zweck auch anders erreicht werden könne. Die Enteignungsbehörde hätte das „Gesamtvorhaben“ in den Blick nehmen müssen. Vorhandene Versorgungslücken oder positive Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit hätten dabei genauso berücksichtigt werden müssen, wie mögliche technische Alternativen für die Bedarfsdeckung. Die bloße Darlegung, dass ein Großteil des in Thüringen verbrauchten Stroms nicht im Land selbst gewonnen werde, rechtfertige nicht ohne Weiteres den Schluss auf das Bestehen einer Versorgungslücke. Strom könne ggf. genauso sicher und zuverlässig aus anderen, außerhalb Thüringens stammenden Quellen bezogen werden. Urteilsanmerkungen von Rechtsanwalt / Fachanwalt für Agrarrecht, Dr. Modest von Bockum, Cornelius + Krage Rechtsanwälte + Notare, Kiel, www.cornelius-krage.de Die Regelung des § 45 EnWG ist in der Praxis als Ultima Ratio nicht zu unterschätzen; sollte eine Gestattung im Zusammenhang mit Projekten der erneuerbaren Energien nicht eingeholt werden können, ist regelmäßig an ein Enteignungsverfahren zu denken. Der Bundesgerichtshof hat den Umfang der Enteignungsrechte gemäß § 45 EnWG klargestellt. Gleichzeitig hat er für die Begründung eines Enteignungsfalls die Voraussetzungen konkretisiert und für die Praxis schwerer gemacht. Zunächst hat der BGH festgestellt, dass auch Zuwegungen und/oder die Windenergieanlagen selbst vom Anwendungsbereich des Enteignungsrechts umfasst sind. Der Wortlaut sei weit gefasst und schließe ohne Weiteres die Windenergieanlagen ein. Eine Unterscheidung zwischen der Kabeltrasse und der Zuwegung bzw. den Windenergieanlagen muss daher nicht erfolgen. Bei den Voraussetzungen für eine Enteignung sind vom BGH hohe Anforderungen in das Urteil aufgenommen wor- Agrar-Recht den. Es muss nunmehr eine weitgehende Alternativprüfung erfolgen, bevor eine Enteignung in Betracht kommt. Auch wenn dieses mit Blick auf den Eigentumsschutz nachvollziehbar ist, bleibt im Ergebnis zu hoffen, dass sich im Rahmen des Ermessens und der entsprechenden Prüfungsmöglichkeiten der Energieaufsichtsbehörden eine praktikable Umsetzung dieser Voraussetzungen herausstellt. Sicher wird die Enteignung auch weiterhin nur in Ausnahmefällen erfolgen; sie bleibt aber möglich und bezieht sich nicht nur auf die Kabeltrasse, sondern ist viel weiter zu verstehen. Beanstandung von Landpachtverträgen nach dem Landpachtverkehrsgesetz Bei dem vorliegenden Beschluss handelt es sich um einen der wenigen Fälle zu Beanstandungen nach dem bisher nicht viel beachteten Landpachtverkehrsgesetz (LPachtVG). AG Cottbus, Beschluss vom 9.7.2015 – 34 Lw 21/14 Der Sachverhalt (Auszug) Ein Landwirtschaftsbetrieb bewirtschaftet ca. 2.300 ha und hat 1.100 Tiere inklusive 500 Milchkühe. Zudem betreibt er eine 25 kWw Biogasanlage. Der Landwirtschaftsbetrieb schloss als Pächter mit einem Grundstückseigentümer zwei zeitlich gestaffelte Landpachtverträge über insgesamt 15,0761 ha. Der erste Vertrag galt für den Zeitraum vom 1.10.2014 bis zum 30.9.2019 und sah einen jährlichen Pachtzins von 3.316,74 € vor, was einem Nettopachtzins von 220,00€/ha/Jahr entsprach. In dem zweiten Vertrag vereinbarten die Pachtvertragsparteien eine Laufzeit vom 1.10.2019 bis zum 30.9.2027. Der Pachtzins betrug jährlich 3.618,26 €, mithin 240,00 €/ha/Jahr. Der Landwirtschaftsbetrieb reichte die Pachtverträge entsprechend den Bestimmungen des LPachtVG mit der Bitte um Registrierung bei der zuständigen Behörde ein. Die Behörde beanstandete die beiden Landpachtverträge und forderte den Landwirtschaftsbetrieb auf, den Pachtpreis binnen eines Monats so zu ändern, dass er den ortsüblichen und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten entspricht. Für die Ermittlung der durchschnittlichen ortsüblichen Pachtpreise griff sie auf eine Gesamtauswertung aller aktuellen Pachtverträge zurück. Die Behörde hat sodann ausgehend von den zurückliegenden Jahresabschlüssen des Landwirtschaftsbetriebs und der damit berücksichtigten Ertragslage einen Reinertrag von 164,19 €/ha ermittelt. Sie begründete die Beanstandung des Pachtvertrags damit, dass der vereinbarte Pachtpreis doppelt so hoch sei wie der bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung zu erzielende Ertragsanteil. Damit sei der Pachtpreis objektiv erhöht und stehe nicht in angemessenem Verhältnis zu dem Ertrag, der bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig zu erzielen sei. Der Landwirtschaftsbetrieb beantragte gegen den Beanstandungsbescheid der Behörde vor dem Amtsgericht Cottbus/Landwirtschaftsgericht die gerichtliche Entscheidung. AgrB 6-2015 Agrar-Recht Tücken bei der Hoferbfolge Der Beschluss Das Amtsgericht Cottbus hat dem Antrag des Landwirtschaftsbetriebs entsprochen und festgestellt, dass die angezeigten Landpachtverträge nicht zu beanstanden sind. Es hat den Beanstandungsbescheid aufgehoben. Das Amtsgericht Cottbus wies darauf hin, dass die zuständige Behörde einen Landpachtvertrag nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 LPachtVG beanstanden kann, wenn die Pacht nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Ertrag steht, der bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig zu erzielen sei. Die Beanstandung müsse grundsätzlich im Zusammenhang mit dem Schutz der Agrarstruktur stehen und durch sie gerechtfertigt sein. Der Schutz der Agrarstruktur stelle dabei vorrangig auf die Leistungsfähigkeit der Betriebe und nicht auf die einzelnen Grundstücke ab. Maßgeblich sei damit, ob die Pacht der Flächen für den gesamten Betrieb des Pächters einen betriebswirtschaftlichen Nutzen bringe. Aus der Gesamtwürdigung aller betriebswirtschaftlichen Umstände müsse ermittelt werden, ob der vereinbarte Pachtzins untragbar hoch sei oder nicht. Das Amtsgericht Cottbus beanstandete in seinem Beschluss, dass sich die zuständige Behörde lediglich auf den Vergleich des ortsüblichen Pachtpreise und der aus den Pachtverträgen errechneten Nettopachtpreisen beschränkt habe. Die Behörde habe aber nicht dargelegt, dass die Anpachtung der Flächen für den Landwirtschaftsbetrieb keinen besonderen betriebswirtschaftlichen Nutzen bringe, d. h. sich aus einer Gesamtschau aller betriebswirtschaftlichen Faktoren ergebe, dass der Pachtzins untragbar hoch sei. Das Amtsgericht Cottbus wies darauf hin, dass bei der Prüfung eines angemessenen Pachtzinses alle Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden müssen, beispielsweise die Erlangung steuerlicher Vorteile für den Betrieb durch die Zupacht, die bessere Ausnutzung vorhandener Maschinenkapazitäten oder die Vorhaltung von zugepachtetem Land zur Aufbringung der im Betrieb anfallenden Gülle etc. Bei der Gesamtabwägung sei auch die Pachtlaufzeit zu berücksichtigen. Da die Behörde die vorgenannten Kriterien nicht berücksichtigt habe, sei der Beanstandungsbescheid aufzuheben. Urteilsanmerkungen von Rechtsanwältin, Fachanwältin für Agrarrecht Constanze Nehls, BTR Rechtsanwälte Berlin, www.btr-rechtsanwaelte.de Bei dem vorliegenden Beschluss handelt es sich um einen der wenigen Fälle zu Beanstandungen nach dem bisher nicht viel beachteten LPachtVG. In der Praxis sind häufiger Fälle der versagten Grundstücksverkehrsgenehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz anzutreffen. Im Hinblick auf steigende Pachtpreise ist jedoch davon auszugehen, dass die Pachtvertragsbeanstandungen in Zukunft zunehmen werden. Die zuständigen Behörden haben durch die Pachtvertragsbeanstandung die Möglichkeit, in den Pachtmarkt preisregulierend einzugreifen. Aus diesem AgrB 6-2015 Urteil 51 Grund verdient die Entscheidung des Amtsgerichts Cottbus Aufmerksamkeit, da sie für alle Beteiligten die Prüfkriterien klar definiert. Tücken bei der Hoferbfolge Leitsätze Ein Hofprätendent ist nicht wirtschaftsfähig, wenn er den Hof zwar Jahre lang bewirtschaftet hat, sich dabei jedoch eklatante Defizite sowohl im landwirtschaftlich-technischen Bereich als auch im kalkulatorisch-organisatorischen Bereich ergeben haben, die dazu führten, dass die Verschuldung des Hofs immer weiter angewachsen ist. Die für eine formlose Hoferbenbestimmung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Höfeordnung (HöfeO) vorausgesetzte dauerhafte Übertragung der Bewirtschaftung muss durch den testierfähigen Hofeigentümer höchstpersönlich erfolgen. Der Abschluss eines Pachtvertrags mit dem Betreuer des Hofeigentümers reicht dafür nicht aus. OLG Hamm, Beschluss des 10. Zivilsenats – Senat für Landwirtschaftssachen – vom 24.8.2015 – 10 W 5/15 Der Sachverhalt Die am Verfahren beteiligten Geschwister streiten über die Hoferbfolge eines im Delbrücker Land gelegenen Hofs im Sinne der HöfeO. Dieser stand zunächst im Eigentum des 1989 vorverstorbenen Ehemannes der Erblasserin. Nach dem Tod des Vaters ging der Hof dann in das Alleineigentum der Mutter über, die ihrerseits im Jahre 2014 im Alter von 90 Jahren verstarb. Schon 1965 hatten die Eltern der Beteiligten in einem Eheund Erbvertrag Gütergemeinschaft vereinbart, sodass der Hof damals ein Ehegattenhof im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 HöfeO wurde. Weiter setzten sich die Eheleute gegenseitig zu Hoferben ein, wobei die Ehefrau im Falle des Vorversterbens ihres Mannes aber nur Hofvorerbin werden sollte, jedoch den Nacherben aus dem Kreis ihrer gemeinschaftlichen Abkömmlinge auswählen durfte. Dementsprechend wurde nach dem Tod des Ehemannes der Erblasserin vom Landwirtschaftsgericht – unter Verkennung des inzwischen in Kraft getretenen § 8 Abs. 1 HöfeO n.F. – ein Hoffolgezeugnis erteilt, das sie als Hofvorerbin auswies. Im Jahre 2011 zog das Landwirtschaftsgericht das Hoffolgezeugnis dann jedoch als unrichtig sowie von Amts wegen ein und erteilte ein neues Hoffolgezeugnis, das die Erblasserin erst jetzt als Hofvollerbin auswies. Noch zu Lebzeiten des Vaters hatten die Eltern den Hof an den Zweitbeteiligten verpachtet, den die Mutter mit notariellem Vertrag aus dem Jahre 1993 zum Hoferben bestimmte. Wirtschaftliche Schwierigkeiten veranlassten den Zweitbeteiligten im Jahre 2003, die defizitär gewordene Milchviehhaltung aufzugeben und eine zuvor begonnene Pferdezucht und -haltung fortzuführen. 2004 veräußerte die Mutter die Milchquote und 2005 landwirtschaftlichen Grundbesitz, um betriebliche Schulden des Zweitbeteiligten zu tilgen. In der Folgezeit erhielt der Zweitbe- 52 Urteil Tücken bei der Hoferbfolge teiligte die finanzielle Unterstützung weiterer Geschwister, um die Zwangsversteigerung und den Verkauf von Hofgrundstücken zu vermeiden. Anfang des Jahres 2014 verpachtete der für die Mutter bestellte Betreuer den Hof zur Eigenbewirtschaftung an den Erstbeteiligten. Dieser vertrat nach dem Tode der Mutter die Auffassung, durch den Abschluss des Pachtvertrags habe die Mutter ihm die dauerhafte Bewirtschaftung des Hofs übertragen und ihn so zum Hoferben bestimmt, während der Zweitbeteiligte der Ansicht war, aufgrund des notariellen Vertrags aus dem Jahre 1993 Hoferbe geworden zu sein. Der Beschluss Unter Bestätigung der Entscheidung des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Paderborn hat das OLG Hamm entschieden, dass der Erstbeteiligte als jüngster Miterbe gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 HöfeO zum Hoferben berufen sei. Der Hof liege in einem Gebiet, in dem das Jüngstenrecht gelte. Nach dem Erbverzicht weiterer jüngerer Geschwister sei der Erstbeteiligte als jüngster verbliebener gesetzlicher Miterbe der Hoferbe geworden. Seine Hoferbenbestimmung folge nicht bereits aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO. Die Regelung setze voraus, dass einem Miterben die Bewirtschaftung des Hofs auf Dauer übertragen worden sei. Die Überlassung eines Hofs im Rahmen eines langfristigen Pachtvertrags könne unter Umständen als dauerhafte Übertragung der Bewirtschaftung gelten, wenn sie vom „Erblasser“ erfolgt sei. Hierzu müsse ein testierfähiger Hofeigentümer aber höchstpersönlich handeln. Eine Übertragung durch einen Betreuer genüge nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall – nicht feststehe, dass sie einem zuvor erklärten, frei gebildeten Willen des Erblassers entspreche. Die gesetzliche Erbfolge sei auch nicht dadurch ausgeschlossen worden, dass die Mutter mit notariellem Vertrag aus dem Jahre 1993 den Zweitbeteiligten zum Hoferben bestimmt habe. Der Zweitbeteiligte sei als Hoferbe ausgeschlossen, weil ihm zum Zeitpunkt des Erbfalls die Wirtschaftsfähigkeit gefehlt habe. Um im Sinne der HöfeO wirtschaftsfähig zu sein, müsse ein Hoferbe landwirtschaftlich-technische Kenntnisse und Fähigkeiten haben. Mit Blick auf die vom Gesetz geforderte selbstständige Bewirtschaftung müsse er zudem organisatorisch-kalkulatorische Kenntnisse und Fähigkeiten vorweisen können. Bezüglich beider Bereiche bestünden beim Zweitbeteiligten nach den gerichtlichen Feststellungen erster und zweiter Instanz durchgreifende Bedenken. Defizite in beiden Fertigkeits- und Kenntnisbereichen hätten auch der Verlauf der ca. 30 Jahre dauernden Bewirtschaftung des Hofs durch den Zweitbeteiligten offenbart. Beschlussanmerkungen von Gerald Lückemeier, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Agrarrecht, Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB, Hamm, www.wolter-hoppenberg.de Die Beschwerdeentscheidung des Landwirtschaftssenats des OLG Hamm ist über den Einzelfall hinaus für die höferechtliche Praxis von Bedeutung. Ihr Agrar-Recht liegt ein Sachverhalt zugrunde, der zunächst anschaulich belegt, auf welch tönernen Füßen ein Hoffolgezeugnis stehen kann. Die von den Eltern der Beteiligten angeordnete Vorund Nacherbschaft entsprach der damaligen Fassung des § 8 HöfeO, womit sichergestellt werden sollte, dass der Hof in der Familie des Ehegatten blieb, von dem er stammte. Allerdings wurde diese Regelung (sog. Beerbung bei lebendigem Leibe) mit der Neufassung der HöfeO im Jahre 1976 abgeschafft. Bei Erbfällen ab dem 1.7.1976 wird der überlebende Ehegatte stets Hofvollerbe, gleich wie die Eheleute testiert haben und von wem der Hof stammt (sog. Zwangserbrecht des § 8 Abs. 1 HöfeO n.F.). Was in den nachfolgenden Jahren allerdings häufig passierte, geschah auch im vorliegenden Fall. Vom Landwirtschaftsgericht wurde zunächst ein Hoffolgezeugnis erteilt, das die Ehefrau nur als Hofvorerbin auswies. Die Änderung der HöfeO ließ es also unberücksichtigt. Folgerichtig, aber materiell-rechtlich falsch, bestimmte die Erblasserin ihren ältesten Sohn, den Zweitbeteiligten, daraufhin zum Hofnacherben nach ihrem Ehemann. Bei der Beurkundung dieser Erklärung verkannte auch der Notar die neue Rechtslage. Erst annähernd 22 Jahre später zog das Landwirtschaftsgericht das unrichtige Hoffolgezeugnis von Amts wegen ein und erteilte ein neues Hoffolgezeugnis, das die Erblasserin jetzt als Hofvollerbin auswies. Das war rechtlich zulässig und geboten. Denn ein Hoffolgezeugnis begründet wie jeder andere Erbschein nur eine stets widerlegbare Vermutung dafür, dass der in ihm als Hoferbe bezeichneten Person dieses Recht auch zusteht (§ 2365 BGB). Insbesondere im Höferecht sollte ein „ungünstiges“ Hoffolgezeugnis stets kritisch auf seine Richtigkeit überprüft werden. Dafür ist ein Grundbuchauszug, der auch bei jedem anderen Nachlass mit Grundbesitz stets angefordert werden sollte, eine gute und unverzichtbare Hilfe. Die fehlerhafte Rechtsberatung der Erblasserin durch den Notar bei der Beurkundung der Bestimmung ihres ältesten Sohnes zum Hofnacherben hat das OLG im vorliegenden Fall dadurch wieder „ausgebügelt“, dass es – recht großzügig, aber vertretbar – diese Erklärung im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung als eine testamentarische Hofschlusserbeneinsetzung dieses Sohnes nach der Erblasserin ausgelegt hat. Hoferbe wurde er aber trotzdem nicht. Denn dieser Sohn scheidet nach Ansicht des Gerichts sowohl als gesetzlicher als auch als testamentarischer Hoferbe aus, weil er nicht wirtschaftsfähig im Sinne des § 6 Abs. 6 Sat. 1 HöfeO ist. Dies haben beide Instanzen zu Recht vor allem daraus geschlossen, dass er als langjähriger Pächter und späterer Nutzungsberechtigter des Hofes völlig versagt hat. Er hat sich und den Hof unter anderem durch eine wirtschaftlich unvernünftige Umstellung von der Milchviehhaltung auf eine nie gewinnbringende Pferdezucht im Laufe der Jahre immer mehr verschuldet, was dadurch AgrB 6-2015 Agrar-Recht begünstigt wurde, dass die Bank immer wieder großzügige Kredite gab, weil sich die Erblasserin jeweils dazu überreden ließ, die dafür notwendigen Sicherheiten in Form von Grundschulden zu geben. Trotzdem mussten Erlöse aus dem Verkauf der Milchquote und von Hofgrundstücken zur Schuldentilgung verwandt werden. Im Übrigen wurden die Wohnverhältnisse auf dem Hof für die Erblasserin mehr und mehr unzumutbar. In Sorge um seine Mutter und um den Fortbestand des elterlichen Hofes beantragte dann der Erstbeteiligte, die Erblasserin unter Betreuung zu stellen. Der Betreuer sorgte für die Heimunterbringung der Erblasserin, kündigte den Nutzungsüberlassungsvertrag fristlos wegen des seit Jahren nicht gezahlten Nutzungsentgelts, bewirkte einen Räumungstitel und verpachtete den Hof an den Erstbeteiligten, einen Agraringenieur mit Hochschulabschluss. Der sich nach dem Tod der Erblasserin zwischen dem Erst- und dem Zweitbeteiligten anbahnende Streit wurde von beiden Parteien nicht in einem Hoffolgezeugniserteilungsverfahren, sondern mit widerstreitenden Anträgen in einem Feststellungsverfahren nach § 11 Abs. 1g HöfeVfO ausgetragen, da nur hier eine rechtskraftfähige Entscheidung nach Maßgabe des § 12 HöfeVfO erwirkt werden konnte. Bei Streit über die Hoferbfolge sollte einem solchen Feststellungsverfahren in der Regel der Vorzug gegeben werden. Zwei Geschwister hatten mit der Erblasserin einen umfassenden Erb- und Pflichtteilsvertrag geschlossen, sodass sie nicht nur als Hoferben ausschieden, sondern ihnen auch keine Abfindungs- und Nachabfindungsansprüche nach §§ 12, 13 HöfeO zustehen. Andererseits erhöhte sich – was gelegentlich nicht bedacht wird – durch den Erbverzicht die Ab- und Nachabfindungsquote der anderen weichenden Erben. Ist dies zum Schutze des Hoferben nicht gewollt, muss der Verzicht auf das Pflichtteilsrecht beschränkt werden (§ 2346 Abs. 2 BGB). Der Landwirtschaftssenat des OLG Hamm hat in dem von dem Betreuer mit dem Erstbeteiligten geschlossenen Pachtvertrag keine bindende Bewirtschaftungsübertragung im Sinne der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 HöfeO gesehen. Wird eine solche Bindungswirkung gewollt, muss der betreute Hofeigentümer am Pachtvertrag beteiligt werden und testierfähig sein, also die Bedeutung der höfe(erb)rechtlichen Bindungswirkung erfassen können. Deshalb sollte er den Pachtvertrag mitunterzeichnen und sollte darin klar und unmissverständlich formuliert werden, ob er sich die Hoferbenbestimmung vorbehalten will. § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO verlangt, dass sich bei Abschluss eines solchen Pachtvertrags der Erblasser gegenüber dem Pächter die Bestimmung des Hoferben ausdrücklich, d. h. unmissverständlich, vorbehalten muss, wenn er den Eintritt einer Bindungswirkung verhindern will. Auch hier wird in Pachtverträgen oft „geschludert“, sodass ein späterer Streit um die Hoferbfolge vorprogrammiert ist. AgrB 6-2015 EHEC-Krise: Kein Schadensersatz wegen Umsatzeinbußen Urteil 53 EHEC-Krise: Kein Schadensersatz wegen Umsatzeinbußen Landwirtschaftliche Betriebe erhalten keinen Schadensersatz wegen Umsatzeinbußen bei Rucola nach behördlicher Warnung von Salatverzehr. LG Berlin, Urteile vom 6.6.2014, 28 O 158/13 und 28 O 104/13 Der Sachverhalt Das Kammergericht Berlin hat sich mit Schadensersatzansprüchen von landwirtschaftlichen Betrieben gegen die Bundesrepublik, einer staatlichen Stelle und einer weiteren Beklagten aufgrund ihres Informationsverhaltens in der EHEC-Krise befasst. Hierbei hatte es den beiden unterlegenen landwirtschaftlichen Betrieben deutlich zu erkennen gegeben, dass es die von diesem gegen die erstinstanzlichen Urteile eingelegte Berufung zurückweisen werde. Grundlage des Verfahrens waren in 2011 von Behörden mehrfach ausgesprochene Warnungen vor dem Verzehr von Blattsalaten und anderem Gemüse in rohem Zustand, insbesondere aus Norddeutschland. Diese Warnung war Folge des in Deutschland in jenem Frühsommer gehäuften Auftreten von Erkrankungsfällen mit schwersten Verläufen bis hin zu zahlreichen Todesfällen aufgrund einer Infektion durch Echerichia Coli-Bakterien (nachfolgend EHEC). Im Nachhinein hatte sich herausgestellt, dass importierte Boxhornkleesamen die Quelle der Infektionen waren. Die Europäische Union hatte im Nachgang landwirtschaftlichen Betrieben eine pauschale Entschädigung für Umsatzeinbußen gezahlt, soweit der Anbau von Blattsalaten, Tomaten und Gurken betroffen war. Auch die Klägerinnen erhielten für ihre landwirtschaftlichen Betriebe entsprechende Entschädigungen. Nicht entschädigt wurden allerdings Umsatzeinbußen bei Rucola, Feldsalat und Chinakohl, die nicht zu der Familie der Salate gehören. Die Klägerinnen machten in dem Verfahren vor dem Landgericht Berlin Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung sowohl gegen die Bundesrepublik Deutschland als auch gegen das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geltend. Das Landgericht Berlin hatte die Klage abgewiesen. Es sah keinerlei Amtspflichtverletzung, weil die streitgegenständlichen Warnungen sachlich zutreffend gewesen seien. Auch ohne entsprechende Ermächtigung seien die Beklagten berechtigt gewesen, solche Warnungen zu erklären. In Anbetracht der erheblichen Gefährdung der Bevölkerung durch die aggressive Infektion sei aus der „ex ante“-Sicht rechtmäßig verfahren worden. Unabhängig sei, dass sich später herausgestellt habe, dass Sprossen der Grund der Infektionen gewesen seien. Weiterhin hätten die Beklagten ordnungsgemäß die Ursachen der Erkrankungen erforscht und die Verzehrempfehlungen rechtzeitig zurückgenommen. Die Klägerinnen gingen in die Berufung und verfolgten ihr Ziel vor dem Kammergericht Berlin weiter. 54 Urteil Agrar-Recht EHEC-Krise: Kein Schadensersatz wegen Umsatzeinbußen Anzeige Die Urteile Das Kammergericht Berlin hat deutlich gemacht, dass es ebenso wie das Landgericht Berlin keine Amtspflichtverletzung sehe. Auf der Grundlage einer vom Bundesverfassungsgericht für entsprechende Fälle anwendbare Sonderdogmatik seien die Informationen und Warnungen der Beklagten trotz ihrer einschneidenden Folgen für die landwirtschaftlichen Betriebe rechtmäßig. Eine Amtspflichtverletzung sei nicht zu erkennen. Das Kammergericht erläuterte, es habe sich um eine Staatsleitungsaufgabe der Bundesregierung gehandelt, in einer nationalen Krise die Bevölkerung über die Infektionsrisiken aufzuklären und vor Gesundheitsschäden zu warnen. Hierbei seien die Anforderungen an die Sachlichkeit und die inhaltliche Richtigkeit bei den jeweiligen Warnungen gewahrt gewesen. Das Kammergericht ging davon aus, dass die Warnungen zwar auf unsicheren und sich stetig entwickelnden Informationsgrundlagen beruhten, dass die Tatsachen jedoch sorgfältig ermittelt und gründlich ausgewertet worden seien. Letztendlich berief sich das Kammergericht darauf, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gegeben gewesen sei. Urteilsanmerkungen von Rechtsanwalt / Fachanwalt für Agrarrecht, Dr. Modest von Bockum, Cornelius + Krage Rechtsanwälte + Notare, Kiel, www.cornelius-krage.de Nachdem das Kammergericht den Klägerinnen deutlich zu erkennen gegeben hat, dass die Berufung zurückgewiesen würde, haben die beiden Klägerinnen die Klagen zurückgenommen. Die erstinstanzlichen Urteile sind mithin rechtskräftig. Das Kammergericht sah zwar erhebliche Einschnitte für die Landwirtschaftsbetriebe als gegeben an, gleichzeitig machte es aber deutlich, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, auch aufgrund der hohen gesundheitlichen Risiken für die Bevölkerung, inklusive zahlreicher Todesfälle, eingehalten sei. Es bleibt mithin weiterhin das Risiko eines jeden, dass Warnungen, die zwar auf unsicheren und sich stetig entwickelnden Informationsgrundlagen beruhen, gleichzeitig allerdings sorgfältig ermittelt und gründlich ausgewertet sind, keinen Schadensersatzanspruch gegenüber Behörden begründen, selbst wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Tatsachen und Warnungen falsch gewesen sind. Auch die Einbeziehung des BfR und des RobertKoch-Instituts hat sicherlich dazu beigetragen, dass das Kammergericht die Tatsachen als sorgfältig ermittelt und gründlich ausgewertet betrachtet hat. li d i e Ko n s o r un g ADNOVA finance Was Sie in ADNOVA finance gebucht haben, das können Sie mit ADNOVA finance konsolidieren! – Beliebig viele Betriebe aus Landwirtschaft und Gewerbe – Unterschiedliche Rechtsformen Dazu benötigen Sie lediglich eine neue Betriebsnummer. SOFTWARE . SERVICE . 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Einflüsse auf die Entwicklung der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit von außen und von innen 3.1 Gesellschaftliche und (land)wirtschaftliche Veränderungen 3.2 Dynamische rechtliche Rahmenbedingungen 3.3 Weiterentwicklung und Umsetzung des Bewertungs- instrumentariums durch kluge und kreative Köpfe 4. Chronologie der HLBS-Tagung als Spiegelbild der inneren und äußeren Einflüsse 5. Ausblick auf mögliche künftige Entwicklungstendenzen des landwirtschaftlichen Sachverständigenwesens 1.Einleitung Jede der 60 vergangenen Tagungen war von einem hohen Maß an Aktualität und Kontinuität geprägt. Damit wurde die Tagung quasi zu einem Spiegelbild der Entwicklung des landwirtschaftlichen Sachverständigenwesens im deutschsprachigen Raum. Für viele Sachverständige ist die Tagung heute eine feste Größe im Jahreskalender. Sie ist der entscheidende Ort, um Einblicke in die Aktualität von Bewertungsanlässen und -methoden zu gewinnen und zu vermitteln. Sie ist der Ort, an dem wichtige Denkanstöße gesetzt und Lösungsansätze diskutiert werden. Auch bietet die Tagung Gelegenheit für das bei einer erfolgreichen Gutachtertätigkeit wichtige Netzwerken. 2.Die Fachtagung im Kontext der Entwicklungen des HLBS Zur Einordnung der Bedeutung der Sachverständigentagung sei ein kurzer Rückblick auf Gründung und Entwicklung des HLBS erlaubt: Kurz nach Schaffung der Reichsabgabenordnung im Jahr 1919, die auch erstmals eine explizite Vertretungsregelung für AgrB 6-2015 Steuerpflichtige schuf, wurde 1922 der Vorläufer des heutigen HLBS, der „Reichsverband landwirtschaftlicher Privatbuchstellen“ gegründet. Bereits im Jahr 1934 wurde dann das landwirtschaftliche Sachverständigenwesen in die Verbandsarbeit integriert. In den Nachkriegsjahren 1948/49 erfolgte ein Neuanfang unter dem Namen „Hauptverband für landwirtschaftliche Buchführung und Beratung“ und seit dem Jahr 1956 firmiert der HLBS unter dem heutigen Namen, der die integrale Verbandsmitgliedschaft der landwirtschaftlichen Sachverständigen unterstreicht. Als weiterer Akzent ist herauszustellen, dass es 1961 gelang, die Bezeichnung „Landwirtschaftliche Buchstelle“ als Zusatz zur Berufsbezeichnung in das Steuerberatungsgesetz zu integrieren. Ab 1977 nahm der HLBS erfolgreich die Seminartätigkeit auf. Seit 1994 ergänzt auch die Sparte Unternehmensberatung die beiden Fachsparten Steuerberatung und Sachverständigentätigkeit. Heute ist der HLBS ein professionell geführter Fachverband, der sich zum Ziel gesetzt hat, die berufsständischen Interessen seiner Mitglieder zu vertreten, erster Kontaktpartner für Aus- und Fortbildung durch Tagungen, Seminare oder Veröffentlichungen zu sein, und als Kompetenzbasis stets die methodischen Weiterentwicklungen von Beratungs- und Bewertungsansätzen zu fördern. Dass diese Ziele sukzessive realisiert werden konnten, aber auch künftig die Arbeit des Verbands prägen, zeigt die Professionalität, die sich auch an der Basis der Mitglieder vollzogen hat. Während in den ersten Jahrzehnten des Verbandsbestehens erfahrene Schätzer und Praktiker Bewertungsaufgaben wahrnahmen und auch das Plenum der HLBS-Sachverständigentagung bestimmten, ergänzt heute ein breites methodisches Fundament die Sachverständigentätigkeit. Der landwirtschaftliche Sachverständige ist zwischenzeitlich zum methodisch geschulten, mit den rechtlichen Rahmenbedingungen vertrauten Experten und Spezialisten für Fragen der landwirtschaftlichen Bewertung geworden. 3.Einflüsse auf die Entwicklung der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit von außen und von innen Abzugrenzen sind im Wesentlichen zwei Einflusssphären: Erstens, die Einflüsse von außen auf die Landwirtschaft im Allgemeinen und die landwirtschaftliche Sachverständigentä- 56 Aufsatz 60 HLBS-Tagungen: Entwicklungslinien der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit tigkeit im Speziellen, worunter insbesondere die sich im Zeitablauf ●● permanent ergebenden Veränderungen der Gesamtwirtschaft und vor allem des landwirtschaftlichen Sektors und ●● die sich kontinuierlich ausprägenden und erneuernden rechtlichen Rahmenbedingungen durch Rechtsprechung, Gesetze, Verordnungen und Richtlinien zu subsumieren sind. Zweitens, die aktiven Beeinflussungen und Gestaltungen von innen in Form der laufenden methodischen Weiterentwicklung des Bewertungsinstrumentariums und dessen Umsetzung in die Bewertungspraxis durch kluge und kreative Köpfe, die in den letzten Jahrzehnten vorwiegend aus dem HLBS-Umfeld stammen. 3.1.Gesellschaftliche und (land)wirtschaftliche Veränderungen Da die landwirtschaftliche Taxation untrennbar mit den verschiedenen Formen der Landnutzung verbunden ist, sind die wichtigsten äußeren Einflüsse auf die zu bewertenden Objekte und die Bewertungsanlässe der Sachverständigentätigkeit im Kontext der sich im Zeitablauf permanent ergebenden Veränderungen der Gesamtwirtschaft und insbesondere des landwirtschaftlichen Sektors unserer Volkswirtschaft zu sehen. Die gewaltigen Veränderungen dieses wirtschaftlichen Rahmens in den zurückliegenden Jahrzehnten lassen sich nur schwer alleine in statistischen Zahlen abbilden. Der Leser ist daher eingeladen, auch seine eigenen Erfahrungen oder aus Erzählungen bekannte Momentaufnahmen anhand der folgenden akzentuierten Darstellung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Erinnerung zu rufen. Beispielsweise ist die Bevölkerung der Bundesrepublik seit 1953, in dem die HLBS-Sachverständigentagung erstmals stattfand, formal von ca. 49 Millionen Personen auf gegenwärtig ca. 81 Millionen gewachsen (Statistisches Bundesamt 1956 und 2014). Hinter diesem Anstieg verbergen sich jedoch gewaltige Umbrüche, die von den Wirtschaftswunderjahren über die Generation der Babyboomer bis hin zur Wiedervereinigung reichen. Im Zusammenhang mit dem Bevölkerungswachstum und einer Reindustrialisierung des kriegszerstörten Deutschlands ist der enorme Ausbau der Infrastruktur zu sehen, der unser Land und auch die Arbeit der landwirtschaftlichen Sachverständigen bis in die Gegenwart prägt. Allerdings hat sich nicht nur die Zahl der Einwohner erhöht, sondern auch ihre räumliche Verteilung verändert. Dies wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass zu Beginn der 1950er-Jahre noch mehr als jeder vierte Einwohner der Republik in dörflichen Strukturen beheimatet war, wohingegen heute noch nicht einmal einer von 15 Bundesbürgern in einem Ort mit weniger als 2.000 Einwohnern lebt (Statistisches Bundesamt 1956, 2014). Die Bevölkerung Deutschlands ist also zunehmend eine städtische geworden – mit den Folgen veränderter Konsumgewohnheiten aber auch einer z. T. beobachtbaren Entfremdung von modernen landwirtschaftlichen Produkti- Agrar-Taxation onstechniken. Besonders stark ausgeprägt war die Landflucht im Übrigen in den 1960er- und 1970er-Jahren, als die Einkommensmöglichkeiten sich in den Städten zunehmend dynamischer entwickelten als in den ländlichen Regionen (Kermer, 2007, S. 65 ff.). Auch die Formen des Zusammenlebens haben sich in den zurückliegenden Jahrzehnten z. T. stark gewandelt (Huinink, 2009). Bewertungen im Kontext von Ehescheidungen und Erbauseinandersetzungen haben beispielsweise im Aufgabenspektrum des landwirtschaftlichen Sachverständigen deshalb stark an Bedeutung gewonnen. Die nachfolgende Abbildung 1 zeigt einige wichtige Kenngrößen des Primärsektors Landwirtschaft in Deutschland. Akzentuiert ist jeweils die Situation zum Zeitpunkt jeder 10. HLBS-Sachverständigentagung. Die angesprochene Zunahme der Einkommensdisparitäten zwischen ländlichen Gebieten auf der einen Seite und Städten auf der anderen Seite wird beispielsweise im Vergleich des Bruttoinlandsprodukts je Erwerbstätigem im Allgemeinen und dem Wert der Waren- und Dienstleistungen (unter Berücksichtigung des Wertverzehrs an Produktionsfaktoren) deutlich, die von einem durchschnittlichen Beschäftigten im landwirtschaftlichen Sektor erbracht werden (vgl. in Abbildung 1die Kenngrößen BIP/Erwerbstätigem allg. und BIP/AK in LDW). Abbildung 1: Primärsektor Landwirtschaft 7,0 Mio. 70.000 € 6,0 Mio. 60.000 € 5,0 Mio. 50.000 € 4,0 Mio. 40.000 € 3,0 Mio. 30.000 € 2,0 Mio. 20.000 € 1,0 Mio. 0,0 Mio. 10.000 € 7 ha 9 ha 12 ha 16 ha 29 ha 44 ha 61 ha 0€ 1. 10. 20. 30. 40. 50. 60. Tagung Tagung Tagung Tagung Tagung Tagung Tagung Arbeitskräfte (AK) in der LDW Anzahl der ldw. Betriebe BIP / AK in LDW BIP / Erwerbstätigem allg. Quelle: Eigene Darstellung nach Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL, Hrsg.): Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. div. Jg. Dennoch hat die Landwirtschaft zeitgleich zu den 60 HLBSTagungen eine multiplikative Effizienzsteigerung erfahren. Während im Jahr 1953 noch ca. 6,1 Millionen Arbeitskräfte (22 % der Erwerbstätigen) in der deutschen Landwirtschaft beschäftigt waren, ist die Zahl der landwirtschaftlichen Beschäftigten auf weniger als 0,5 Millionen Personen (1,2 %) gesunken (BMELF 1957; BMEL 2013). Gleichzeitig hat sich die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe von ca. 2 Millionen auf unter 0,3 Millionen verringert, und ein landwirtschaftlicher Durchschnittsbetrieb bewirtschaftet heute mehr als die 8,5-fache Fläche (vgl. Abbildung 1). AgrB 6-2015 60 HLBS-Tagungen: Entwicklungslinien der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit Agrar-Taxation Aus Abbildung 2 wird deutlich, dass das Betriebswachstum aber keineswegs nur auf ein Ausscheiden kleinerer landwirtschaftlicher Betriebe zurückzuführen ist. Die dargestellten Lorenz-Kurven bilden dabei ab, welcher Anteil der Landwirtschaftsfläche in den Jahren 1953 bzw. 2013 auf welchen Anteil der landwirtschaftlichen Betriebe entfiel. % LF Abbildung 2: Lorenz-Kurve der Größenstrukturen der landwirtschaftlichen Betriebe für die Jahre 1953 und 2013 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1953 2013 0% 20% 40% 60% % Betriebe 80% 100% Quelle: Eigene Darstellung nach Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, 2013; Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Hrsg.): Statistisches Handbuch über Landwirtschaft und Ernährung der Bundesrepublik Deutschland, 1957 Abbildung 3: Mechanisierungs- und Produktivitätskennziffern 45,0 8.000 kg 40,0 7.000 kg 35,0 6.000 kg 30,0 5.000 kg 25,0 4.000 kg 20,0 3.000 kg 15,0 10,0 2.000 kg 5,0 1.000 kg 0,0 0 kg 1. 10. 20. 30. 40. 50. 60. Tagung Tagung Tagung Tagung Tagung Tagung Tagung Milchleistung/MK AK / 100 ha LF Ertrag WW / ha Schlepper / 100 ha LF Quelle: Eigene Darstellung nach Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, div. Jg. Beim Vergleich der Kurven fällt auf, dass der Strukturwandel alle Betriebsgrößen ungefähr im selben Umfang geprägt hat. Ursächlich könnte sein, dass die Subventionspolitik die kleineren Betriebe so stützte, dass die größeren Betriebe ihre komparativen Vorteile nur wenig ausspielen konnten (Heißenhuber und Gandorfer, 2012; Pannell, 2006, S. 553–566). Mit der Liberalisierung der Agrarpolitik kann sich das zukünftig ändern. Größere Betriebe könnten stärker als bisher profitieren. Allerdings gibt es auch politische Tendenzen gegen eine solche Entwicklung. AgrB 6-2015 Aufsatz 57 Der skizzierte Strukturwandel war immer eine wichtige Begleitgröße für die landwirtschaftliche Sachverständigentätigkeit und mittelbar Ursache vieler Bewertungsanlässe, wie beispielsweise steuerlich relevante Wertfeststellungen in Verbindung mit Betriebsaufgaben, Betriebsneu- und -umgründungen oder auch Entnahmen einzelner Wirtschaftsgüter. Hand in Hand mit dem Strukturwandel schritt auch die Entwicklung der Produktivität des landwirtschaftlichen Sektors voran. Die nachfolgende Abbildung 3 zeigt exemplarisch die enorme Entwicklung der Naturalerträge und die Veränderungen der Mechanisierung der Landwirtschaft, die sich in der Zeitspanne der vergangenen 60 HLBS-Sachverständigentagungen vollzogen haben. Besonders anschaulich wird die zwischenzeitlich erheblich gewandelte Arbeitswelt auch bei der Auswertung einiger Kenngrößen zur Mechanisierung der Landwirtschaft: Bis in die 1960er-Jahre wurden die landwirtschaftlichen Flächen Deutschlands beispielsweise zu einem nicht unerheblichen Anteil noch mit Zugtieren bearbeitet. Erst in den späten 1970er-Jahren erreichte die Anzahl der Schlepper in etwa das heutige Niveau (BMELF, 1975; BMEL, 2013). Selbstredend ist die Mechanisierung seit dieser Zeit nicht stehengeblieben, sondern war und ist beispielsweise durch einen Trend zu leistungsstärkeren Maschinen geprägt. Dies wird indirekt z. B. am Arbeitskräftebedarf je 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche deutlich, der sich heute gegenüber der Situation im Jahr 1953 um mehr als 90 % verringert hat (vgl. Abbildung 3). Auch die Bedeutung der Feldfrüchte, die der landwirtschaftliche Sachverständige damals und heute z. B. im Zusammenhang mit Aufwuchsschäden bewertet, hat sich verändert. Feldfrüchte wie Mais und Raps waren züchterisch zur Zeit der ersten HLBS-Sachverständigentagungen noch nicht hinreichend entwickelt und in Deutschland praktisch unbedeutend (BMELF, 1957; Miedaner, 2014, S. 151 ff.). Heute machen sie zusammen fast ein Drittel der Fruchtfolgen aus (BMEL, 2013). Andererseits sind beispielsweise die Flächenanteile von Kartoffeln, Roggen und Hafer um jeweils etwa 85 % gegenüber den frühen 1950erJahren gesunken. Abbildung 4: Ausgewählte Preise und Indizes der deutschen Landwirtschaft 1200 1100 1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 25.000 €/ha 20.000 €/ha 15.000 €/ha 10.000 €/ha 5.000 €/ha 0 €/ha 1. 10. 20. 30. 40. 50. 60. Tagung Tagung Tagung Tagung Tagung Tagung Tagung Bodenpreis alte Bundesländer Erzeugerpreisindex Tariflohnindex Bodenpreis neue Bundesländer Betriebsmittelpreisindex Quelle: Eigene Darstellung nach Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, div. Jg. 58 Aufsatz 60 HLBS-Tagungen: Entwicklungslinien der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit Motor und gleichzeitig Resultat vieler aufgezeigter Entwicklungen war und wird auch zukünftig die Entwicklung der Preise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse sowie der Produktionsfaktoren sein. In Abbildung 4 fällt auf, dass die Erzeugerpreise – auch unter Berücksichtigung der jüngsten Belebungen der internationalen Agrarrohstoffmärkte – relativ zu den Preisen für Betriebsmittel und Arbeit in den vergangenen gut sechs Jahrzehnten nur unwesentlich gestiegen sind. Ohne Effizienzsteigerungen und Wachstum wird deshalb auch weiterhin keine dauerhafte Existenz aus dem Betrieb einer Landwirtschaft gesichert werden können. Was nicht bedeutet, dass nicht z. B. in stadtnahen Gebieten durch effektive Vermarktungsformen auch höhere und steigende Wertschöpfungen erzielt werden können. Neben der Vermarktung wird auch ein Anhalten der Spezialisierung in der landwirtschaftlichen Produktion zu beobachten sein. Diese führte bereits während der letzten sechs Jahrzehnte zum einen zu einer räumlichen Konzentration der Tierhaltung – mit zusätzlichen Bewertungsaufgaben z. B. im Kontext des Immissionsschutzes – und zum anderen zu einer Zunahme viehloser Marktfruchtbaubetriebe. Für die landwirtschaftliche Sachverständigentätigkeit bedeutete dies eine Zunahme der Bewertungsfälle i.V.m. Umnutzungen von Gebäuden oder Betriebsaufgaben. Daneben hat gerade in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Einkommensdiversifizierung durch außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten stark zugenommen (z. B. Biogas, Photovoltaik, Windkraft, Urlaub auf dem Bauernhof, kommunale Pflege). Dies erfordert z. T. eine Erweiterung des Aufgabenspektrums des landwirtschaftlichen Sachverständigen, kann aber auch den Bedarf einer klaren Abgrenzung zu anderen Sachgebieten bedeuten. Zudem war und ist eine starke Dynamisierung der Bodenpreise zu beobachten (vgl. Abbildung 4). Diese Entwicklung führte insbesondere in Verbindung mit der Zunahme der Betriebsaufgaben in den letzten Jahrzehnten zu vielfachen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Interessengruppen (z. B. weichende Erben) mit dem Ertragswertprivileg der Landwirtschaft. Zudem verliert die Entschädigungsposition Erwerbsverlust an relativer Bedeutung. In der Gesamtschau haben sich also fortwährend neue Betätigungsfelder ergeben. Die Bewertungsaufgaben sind zudem heute deutlich vielseitiger und anspruchsvoller als früher. Der landwirtschaftliche Sachverständige muss deshalb seine Datenund Kalkulationsgrundlagen permanent anpassen und fortschreiben. Zudem erfordert die Spezialisierung der landwirtschaftlichen Produktion auch innerhalb der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit zunehmend eine Spezialisierung. 3.2.Dynamische rechtliche Rahmenbedingungen Die zweite sehr gewichtige Einflussgröße ist im rechtlichen Rahmen und dessen Veränderungen im Zeitablauf zu sehen. Initial für einen Großteil der rechtlichen Auseinandersetzungen und Regelungen waren Fragen der angemessenen Entschädigung im Falle des Landentzugs für öffentliche Zwecke. Bereits im Jahr der ersten HLBS-Sachverständigentagung, Agrar-Taxation 1953, wurden durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Richtlinien für Entschädigungen erlassen. Im Jahr 1963 wurden diese Verwaltungsanweisungen durch Richtlinien zur Einschätzung von Entschädigungen bei Landentzug für öffentliche Zwecke weiter konkretisiert. Diese LandR 1963 sah insbesondere eine Kalkulation der Positionen Restbetriebsbelastung und Erwerbsverlust vor, die auf Mittelwert- und nicht etwa auf Grenzwertüberlegungen beruhten. Das brachte den Richtlinien vermehrt Kritik von Ökonomen ein (vgl. z. B. Köhne, 1973, S. 341–354). In seinen Urteilen in den 1970er-Jahren folgte der Bundesgerichtshof (BGH) dieser Kritik und formulierte eine Gliederung der Entschädigungspositionen und Regeln ihres Zusammenwirkens. Die Berechnung des Erwerbsverlusts kann demnach über eine Deckungsbeitragsrechnung erfolgen (vgl. auch Bewer, 1973). Eine Restbetriebsbelastung ist Bestandteil des Erwerbsverlusts und keine Substanzgröße. Ferner ist eine Gegenrechnung von Zinserträgen auf den Substanzverlust unzulässig. Diese Grundsätze fanden dann Eingang in die LandR 1978. Von Interesse für viele Sachverständige war auch die Frage, inwieweit Bauerwartungen und öffentliche Wegenetze Entschädigungspositionen darstellen. Grundlage zur Beantwortung dieser Fragen bildet der vom BGH entwickelte Grundsatz, dass nur Eingriffe in Rechtspositionen entschädigungsfähig sind. Die Nutzung eines öffentlichen Wegs in einem bestimmten Verlauf als Zufahrt zu einem Grundstück stellt demnach ebenso keine Rechtsposition dar, wie die unsichere Erwartung einer zukünftig eventuell möglichen Bebaubarkeit für ein in Ortsnähe gelegenes landwirtschaftliches Grundstück. Auch der Aspekt der Arrondierung als möglicher Entschädigungsposition wurde im Zusammenhang mit BGH-Urteilen zwischen 1975 und 1982 intensiv im landwirtschaftlichen Sachverständigenwesen diskutiert. Als betrieblicher Sonderwert wurde infolge der Entscheidungen des BGHs nunmehr ein „Hofanschluss“ und nicht eine „Hofnähe“ angesehen. Weitere wichtige Impulse für die Bewertung von Entschädigungen insbesondere im Zusammenhang mit Leitungsrechten wurden ebenfalls in den 1980er-Jahren durch die Rechtsprechung geschaffen (BGH vom 1.2.1982 – III ZR 100/80). Im Zuge des technologischen Wandels bleibt die Beurteilung von Entschädigungen für die Mehrheit der Sachverständigen jedoch auch infolge von Rahmenvereinbarungen eine beständige Aufgabe und Quelle methodischer Weiterentwicklung. In jüngerer Zeit wurde in der Rechtsprechung beispielsweise der Ausbau der Telekommunikationsnetze thematisiert. Wie an den Beispielen deutlich wird, war die Rechtsprechung vielfach von intensiven fachlichen Diskussionen im Kreise der Sachverständigen begleitet, deren Ergebnisse sie oft bestätigte. In einigen Ausnahmen wurden jedoch auch ganz neue Entschädigungsmethoden durch die Gerichte angestoßen. Als Beispiel ist hier die Parallelverschiebungstheorie zu nennen, nach der Wertminderungen durch Straßenbau (Emissionen) außer Betracht bleiben müssen, die den Geschädigten auch bei einem Eingriff entlang der Grundstücksgrenzen getroffen hätten. Im Rahmen von Entschädigungsfällen – und weit darüber hinaus – ist neben der Bewertung von unbebauten Grundstü- AgrB 6-2015 Agrar-Taxation 60 HLBS-Tagungen: Entwicklungslinien der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit cken insbesondere auch die Taxation von Gebäuden eine Aufgabe des landwirtschaftlichen Sachverständigen. Als rechtlicher Rahmen fungieren dabei z. B. das BauGB, die WertV und ImmoWertV sowie abgeleitete Orientierungshilfen, wie beispielsweise Tabellen zu Normalherstellungskosten. Auch dieser rechtliche Rahmen unterlag in den vergangenen gut 60 Jahren einer vielfältigen Veränderung. Da es der landwirtschaftliche Sachverständige jedoch überwiegend nicht mit klassischen Gebäuden zu tun hat, wie sie vermutlich gedanklich bei der Entwicklung der genannten Rechtsquellen angenommen wurden, konnte und wird auch zukünftig abermals die Rechtsprechung wichtige Leitlinien vorgeben. Diese Urteile wurden, beginnend in den 1980er-Jahren, überwiegend in den späten 1990er- und in den 2000er-Jahren gefällt, beispielsweise mit Entscheidungen zur Grundstücksqualität, Bauen im Außenbereich, Zeitwertminderung, Umnutzungen, Denkmalschutz oder Altlasten. Neben dem Entschädigungs- und Baurecht war und ist das Erb- und Familienrecht eine wichtige Größe in der Arbeit der Sachverständigen. Auch in diesem Bereich war die Rechtsprechung für die Sachverständigentätigkeit prägend (neben den gesetzlichen Grundlagen, die aufgrund unterschiedlicher Territorialgeschichte von Bundesland zu Bundesland z. T. sehr verschieden sind). Das Gros dieser gerichtlichen Entscheidungen wurde in den 1980er- und den 1990er-Jahren getroffen, wenngleich dieser sensible Rechtsbereich auch danach durch weitere Urteile stetigen Einfluss auf die Sachverständigentätigkeit genommen hat und ebenfalls zukünftig nehmen wird. So wurde beispielsweise eine konsequente methodische Umsetzung des Ertragswertprivilegs durch die Rechtsprechung substantiiert und die besonderen Umstände definiert, die eine Bewertung nach dem Verkehrswert geboten erscheinen lassen. Daneben wurden als weitere wichtige Rahmengrößen die Bedingungen des Zugewinnausgleichs und Verpflichtungen aus Übergabeverträgen gerichtlich in vielen Aspekten präzisiert. Ein weiterer Rechtsbereich, von dem zukünftig wahrscheinlich ein weiter verstärkter Einfluss zu erwarten ist, ist das Umweltschutzrecht. Gesetzlich wurden die ersten nationalen Regelungen zum Umweltschutz ab dem Jahr 1972 verabschiedet, als die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auch auf die Bereiche Abfallbeseitigung, Luftreinhaltung und Lärmbekämpfung erweitert wurden. Beispielhaft zu nennen sind das Bundesimmissionsschutzgesetz, das Bundesnaturschutzgesetz oder die Aufnahme des Abschnitts „Straftaten gegen die Umwelt“ im Strafgesetzbuch. Insbesondere in den 1990er-Jahren ist der umweltrechtliche Rahmen dann in weiteren Gesetzen gefasst worden, die sowohl den Schutz einzelner Umweltgüter konkretisieren als auch den Informationsfluss bei Umweltschutzmaßnahmen verbessern. Der Umweltschutz ist heute ein gesellschaftlich hochrelevantes Thema, das in viele Aufgaben des landwirtschaftlichen Sachverständigen hinein wirkt, was auch an der Verknüpfung mit anderen Rechtsbereichen deutlich wird. Beispielsweise ist auch in der Agrarpolitik eine allmähliche Verankerung des Umweltschutzgedankens zu beobachten. Während als Ziele der EG- bzw. EU-Agrarpolitik lange die Sicherung des Einkommens der Landwirte und eine Verhinderung der AgrB 6-2015 Aufsatz 59 Landflucht sowie eine Versorgungssicherheit durch Mittel der Preisstützung (Interventionspreise, Importabschöpfung, Exporterstattungen) im Vordergrund standen, wurde die öffentliche Kritik an hohen Marktordnungskosten spätestens Anfang der 1990er-Jahre immer deutlicher. Es entstand die Forderung, öffentliche Einkommensbeihilfen mit Bewirtschaftungsauflagen zu verknüpfen. Dem wurde z. T. mit der MacSharry-Reform im Jahr 1992 Rechnung getragen, die eine Verringerung der Preisstützung, die Einführung von Produktprämien, Schlachtprämien und umfangreiche Flächenstilllegungen einführte. Dass sich im Zuge dieser Reform die Kalkulationsgrundlagen des landwirtschaftlichen Sachverständigen grundlegend änderten, liegt auf der Hand. Allerdings führte die Einführung des vielschichtigen Prämiensystems nicht nur zu einer Verkomplizierung der Sachverständigentätigkeit. Sie wurde auch z. B. durch detailliertere Erfassung quasi jedes Feldstücks und jedes Nutztiers in der EU hinsichtlich der Datengrundlagen verbessert. In der anschließenden Phase der gemeinsamen Agrarpolitik wurden infolge der Luxemburger Beschlüsse vom 26.6.2003 die Entkoppelung der Direktzahlungen, eine schrittweise Kürzung der Prämien und mit dem Cross-Compliance-Ansatz die Einhaltung bestimmter Standards als Fördervoraussetzungen in der landwirtschaftlichen Produktion umgesetzt. In der nun aktuell zu realisierenden Agrarreform wird abermals ein völlig verändertes Prämiensystem in der Arbeit des landwirtschaftlichen Sachverständigen zu berücksichtigen sein. Das Prämiensystem verdeutlicht insbesondere in den EU-weiten Greeningauflagen, aber auch in nationalen Agrarumweltförderprogrammen, die skizzierte Tendenz, den Umweltschutzgedanken durch Bewirtschaftungsauflagen als Voraussetzung für Einkommensbeihilfen rechtlich zu verankern. 3.3.Weiterentwicklung und Umsetzung des Bewertungsinstrumentariums durch kluge und kreative Köpfe Die Entwicklung des landwirtschaftlichen Sachverständigenwesens ist nicht vorstellbar ohne die aktive Beeinflussung und Gestaltung von innen, in Form von Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Taxationslehre, durch laufende Weiterentwicklung des Bewertungsinstrumentariums und dessen Umsetzung in die praktische Taxation. Impulsgeber für die Entwicklungen des landwirtschaftlichen Sachverständigenwesens waren einige kluge und kreative Personen. Die Wichtigsten wurden umfassend von Köhne in seinem Beitrag „Bedeutung und Entwicklung der landwirtschaftlichen Taxationslehre in Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart“ gewürdigt (Köhne, 2005, S. 9–43). Daraus kann abgeleitet werden, dass der landwirtschaftlichen Taxationslehre zum Zeitpunkt der ersten HLBS-Sachverständigentagung 1953 nur sehr wenige, teilweise veraltete und überwiegend der allgemeinen Agrarökonomie zugehörige Literaturquellen zur Verfügung standen. Als aktuelle Literatur der frühen 1950er-Jahre können denn auch die Arbeiten Friedrich Aereboes, Professor in Bonn, Breslau, Hohenheim und Berlin angesehen werden. Er brachte 1912, 60 Aufsatz 60 HLBS-Tagungen: Entwicklungslinien der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit 1919 und 1928 eine Taxationslehre mit dem Titel „Beurteilung von Landgütern und Grundstücken“ heraus. In seinen Auflagen 1947 und 1952 brachte Walter Rothkegel eine „Landwirtschaftliche Schätzungslehre“ heraus. Er ist außerdem Schöpfer des Bodenschätzungsgesetzes und darauf aufbauend der Einheitsbewertung. Alexander Fritzen veröffentlichte 1961 und 1966 sein stark praxisorientiertes Werk über „Entschädigungsregelungen beim Landentzug“, das die Weiterentwicklung der Entschädigungsrichtlinien Landwirtschaft maßgeblich beeinflusst hat. In der Rückschau auf die letzten etwa 45 Jahre und Tagungen fällt schließlich eine Persönlichkeit in besonderem Maße auf, die wie keine andere das landwirtschaftliche Sachverständigen- und Taxationswesen über den gesamten Zeitraum geprägt, gestaltet und weiterentwickelt hat: Professor Dr. Manfred Köhne. Er hat nicht nur aktuelle Themen aufgegriffen, analysiert und systematisiert, er hat auch viele der HLBS-Sachverständigentagungen und der Seminare durch Vorträge bereichert. Seine Veröffentlichungen zeigten stets Wirkung. Mit seinen Lehrbüchern, der „landwirtschaftlichen Bewertungslehre“, erschienen im Jahr 1978, sowie der „Landwirtschaftlichen Taxationslehre“, erschienen in vier Auflagen in den Jahren 1987, 1993, 2000 und 2007, hat er zur wissenschaftlichen Durchdringung der landwirtschaftlichen Taxation, zur laufenden methodischen Weiterentwicklung des Bewertungsinstrumentariums und dessen Umsetzung in der Bewertungspraxis Unvergleichliches geleistet. Ohne seine Initiative und Arbeit wäre das landwirtschaftliche Sachverständigenwesen heute um viele Problemlösungen und methodische Ansätze ärmer. Zwei weitere Personen sind in diesem Zeitabschnitt noch zu erwähnen, nämlich zum einen Dr. Clemens Bewer, der bereits vor und in der Zeit Köhnes wertvolle praktische Bewertungsansätze entwickelte, so z. B. zur Arrondierungsbewertung, zur Zinsanrechnungsproblematik, zu Hofnähe- und Hofanschlusszuschlägen, zu Pachtentschädigungen oder zum merkantilen Minderwert. Zum anderen Dierk-Wilfried Moser, der in der gesamten Zeit die praktische und methodische Verkörperung für landwirtschaftliche Pachtfragen war. 4.Chronologie der HLBS-Tagung als Spiegelbild der inneren und äußeren Einflüsse So zeitlos der Impetus der Sachverständigentätigkeit ist, so interessant ist es dennoch, einen Rückblick darauf zu werfen, wie er im Kontext des jeweiligen Zeitgeistes in der Organisation und den Inhalten der vergangenen 60 Fachtagungen interpretiert wurde. Die Idee, eine „Sachverständigentagung“ zu veranstalten, entstand bereits 1952 und konnte dann im August 1953 realisiert werden. Tagungsort war damals Goslar und die Organisation der Veranstaltung sah neben einer Vorstandssitzung, Vorträgen und Diskussionen auch eine Exkursion vor. Der heute bewährte Aufbau der Tagung deutete sich also bereits an, wenngleich gerade die Exkursionen noch bis ins Jahr 1966 ein wesentlicher Bestandteil der Tagungen blieben. Agrar-Taxation Im Zeitraum 1953 bis 1963 fand die Tagung insgesamt je dreimal in Goslar und Bad Oeynhausen sowie je einmal in Bad Godesberg, Bad Salzuflen, Berlin und Oldenburg statt. Thematisch bestimmten die Vorträge und Diskussionen dieser ersten zehn Tagungen betriebswirtschaftliche Themen, aber auch zunehmende Konflikte der Landwirtschaft mit anderen Zweigen des primären und auch des sekundären Sektors. Dieser thematische Fokus spiegelte genau die damals drängenden Fragen und Folgen der Wirtschaftswunderjahre wider. Während die landwirtschaftliche Produktion enorme Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen erfuhr, priorisierte ein gesellschaftlicher Hunger nach Wohlstand insbesondere ein Wachstum der Industrie. Dieser Prozess berücksichtigte die Auswirkungen von Immissionen und Abwässern auf die Landwirtschaft kaum. Landwirtschaftliche Betriebe, die bereits damals vor besonderen Herausforderungen der Spezialisierung, Rationalisierung und Finanzierung standen, waren somit z. T. auch zunehmend durch Industrieschäden betroffen. Immissionen wurden also – konträr zu vielen Debatten der Gegenwart – im Kontext der Betroffenheit und nicht etwa der Verursachung diskutiert. Auch in der Periode von 1964 bis 1974 (11. bis 20. Tagung) wirkte der landwirtschaftliche Strukturwandel thematisch auf die HLBS-Sachverständigentagung. In diesem Zusammenhang wurden Chancen für bäuerliche Familienbetriebe, Aspekte der Betriebsplanung und überbetrieblichen Zusammenarbeit sowie Betriebspachten diskutiert. Daneben prägten die Tagung, die nach Stationen in Freudenstadt, Münster, Bad Oeynhausen und Würzburg schließlich ab dem Jahr 1969 fest am Tagungsort Göttingen etabliert war, zunehmend auch juristisch geprägte Entschädigungsfragen. Exemplarisch zu nennen sind die Schlagworte Arrondierungsschäden, Erwerbsverlust, Restbetriebsbelastung oder merkantiler Minderwert. Die 1970er- und 1980er-Jahre und somit im Wesentlichen der Zeitraum der 21. bis 30. Tagung (1975-1984) waren gesellschaftlich insbesondere durch einen Wandel des Umweltverständnisses geprägt. Zunehmend wurden nun Immissionen im Zusammenhang mit der Landwirtschaft auch unter dem Verursachergedanken diskutiert bzw. durch Bewirtschaftungsrestriktionen rechtlich im Natur- und Wasserschutz verankert. Diesen Entwicklungen folgend wurden in der Weender Festhalle, in der die Sachverständigen des HLBS noch bis 1988 tagten, auch methodische Erweiterungen und neue Anlässe der Entschädigungsermittlung thematisiert. Während der Jahre 1985 bis 1994 (31. bis 40. Tagung) griffen die Sachverständigen die Folgen des Strukturwandels abermals und gleich in mehrfacher Hinsicht auf: Zum einen drängte eine zunehmende Spezialisierung ganzer Agrarregionen und insbesondere die Aufgabe vieler kleinerer viehhaltender Betriebe die Frage auf, wie der resultierende Gebäudeüberhang sinnvoll genutzt werden könnte und zu bewerten ist. Zum anderen stellte dann die Wiedervereinigung den wohl wichtigsten gesellschaftlichen Wandel mit gleichzeitig enormem Einfluss auf das Sachverständigenwesen dar, als auch aus landwirtschaftlicher Perspektive zwei nunmehr vollkommen unterschiedlich strukturierte Gebiete eine gemeinsame Republik werden sollten. Die HLBS-Tagung griff die sich vor dieser Herausforderung drän- AgrB 6-2015 Agrar-Taxation 60 HLBS-Tagungen: Entwicklungslinien der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit genden Fragen der Vermögensbewertung und -zuordnung, aber auch der im Osten relativ bedeutenderen Landpacht auf. Im weiteren Zeitverlauf war insbesondere die Arbeit der BVVG bedeutend für die Sachverständigentätigkeit in den östlichen Bundesländern. Mit der Wiedervereinigung wurden zudem gesellschaftliche Veränderungen forciert, die indirekt auf das Sachverständigenwesen wirkten. Auch stieg in dieser Zeit die Anzahl der Ehescheidungen weiter an, sodass Bewertungsaufgaben in familienrechtlichen Zusammenhängen zunahmen. Nicht den politischen Umbrüchen der Zeit geschuldet war hingegen der Ortswechsel, den die Sachverständigentagung 1989 vollzog. Noch bis ins Jahr 2006 tagte man nun im Hotel Freizeit In, wo neben den genannten gesellschaftlichen Herausforderungen und agrarstrukturellen Folgen auch weiterhin Umweltschutzauflagen sowie Wirkungen der EU-Agrarpolitik thematisch aufgegriffen wurden. Diese beiden letztgenannten Bewertungsaufgaben des Sachverständigenwesens kennzeichneten auch den Zeitraum der 41. bis 50. Tagung (1995-2004). Zudem wurde insbesondere die Novellierung der Entschädigungsrichtlinien Landwirtschaft thematisiert, die es an die veränderten technischen Produktionsmöglichkeiten anzupassen galt. Daneben spielte die Immobilienbewertung beispielsweise in Diskussionen über Normalherstellungskosten von Gebäuden oder Rahmenbedingungen für Bauvorhaben in der Landwirtschaft auf der HLBSTagung eine bedeutende Rolle. Weitere aktuelle Themen waren Bewertungen im Zusammenhang mit Versicherungsfällen, ökologischem Landbau und regenerativer Energien. In einem Umfeld, das beispielsweise durch sehr dynamische Entwicklungen im EDV-Bereich (Internet, Satellitenfernerkundung, Datenbanksysteme) neue Wege der Büroorganisation ermöglichte, stand schließlich im Jahr 1998 im Rahmen der Tagung eine Reflexion der grundsätzlichen Anforderungen an das landwirtschaftliche Sachverständigenwesen in Deutschland im Mittelpunkt der Diskussion. Hierbei wurden bereits weitsichtig Trends der Vernetzung und Spezialisierung aufgezeigt. Prägend für das letzte Jahrzehnt und mithin die Tagungen 51 bis 60 war aus landwirtschaftlicher Perspektive insbesondere der Trend zur Liberalisierung der Agrarmärkte und die z. T. exzessiven und rasanten Veränderungen auf den Agrarrohstoff- und -faktormärkten. Die HLBS-Tagung, die nun seit dem Jahr 2007 in der Göttinger Stadthalle verortet ist, griff sowohl die hierdurch entstandenen Unsicherheiten in der Ableitung marktgerechter Wertansätze und die Verwerfungen am Bodenmarkt als auch forcierte Konflikte bei Nutzungseinschränkungen und Landentzug auf. 5.Ausblick auf mögliche künftige Entwicklungstendenzen des landwirtschaftlichen Sachverständigenwesens Drei Trends unserer Gesellschaft seien hier herausgestellt und ihre Folgen für mögliche künftige Entwicklungstendenzen des landwirtschaftlichen Sachverständigenwesens dargestellt. Es sind zu nennen: ●● der Trend zur Individualisierung, AgrB 6-2015 Aufsatz 61 ●● die Globalisierung und ●● der Trend zur Wissensgesellschaft. Individualisierungstendenzen werden insbesondere im Bereich der Rechtsprechung, den Konsumgewohnheiten und in der Vermögensbildung auf das landwirtschaftliche Sachverständigenwesen wirken. Auch wird der gesellschaftliche Trend zu einer individuelleren Lebensführung weiter anhalten. Diese Individualisierung wird durch die Aufforderungen begleitet werden, Bewertungen noch differenzierter als bisher vorzunehmen. Ebenso wird die Landwirtschaft die steigenden Wünsche nach individuelleren Produkten und Qualitäten bedienen und sich die Produktionsformen somit weiter differenzieren. Das eröffnet Sachverständigen die Chance, in Teilen des mittlerweile breiten methodischen Spektrums der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit, besondere Expertise aufzubauen. Auch ist eine Annäherung des landwirtschaftlichen Sektors an die gewerbliche Wirtschaft wahrscheinlich. Der Individualisierungstrend wird deshalb eine Einkommens- und Vermögensdiversifizierung in vielen landwirtschaftlichen Betrieben forcieren. Will der landwirtschaftliche Sachverständige hierbei kompetenter Ansprechpartner für ein breites Spektrum an Bewertungsobjekten bleiben, so ist zu prüfen, wie originär landwirtschaftliche Mandate bei einem erweiterten Aufgabenfeld betreut werden können. Die Globalisierung ist für das landwirtschaftliche Sachverständigenwesen durch eine Zunahme der Vernetzung der Waren- und Informationsströme in der Agrarwirtschaft von mittelbarer Bedeutung. Bereits in jüngerer Vergangenheit war zu beobachten, dass die globale Vernetzung auch zu einer Erhöhung der Abhängigkeiten und der Störanfälligkeiten der Agrarrohstoffmärke führen kann. Dies wird sich beispielsweise in steigenden Preisvolatilitäten zeigen. Hierdurch können in der Taxation steigende Unsicherheiten bezüglich der Angemessenheit von Bewertungsansätzen entstehen. Der landwirtschaftliche Sachverständige wird deshalb zum einen zukünftig in noch höherem Maße als bisher die aktuellen und mittelfristigen Entwicklungen auf den Agrarrohstoffmärkten verfolgen müssen. Zum anderen ist eine weitere methodische Fundierung der Gutachtertätigkeit unabdingbar, welche die Transparenz der Bewertungsergebnisse im Kontext der verwendeten Daten und getroffenen Annahmen betont. Unsere Gesellschaft entwickelt sich zudem zu einer Wissensgesellschaft. Da Informationen dabei zunehmend leichter verfügbar sind, aber auch in immer kürzeren Abständen durch neue Informationen ergänzt oder überholt werden, muss der Sachverständige zukünftig neben Faktenwissen insbesondere in der Darstellung von Zusammenhängen der landwirtschaftlichen Produktion methodisch glänzen. Zusätzlich werden Informationsvorsprünge entscheidend für die Behauptung am Markt sein. Dies erfordert einen ständigen methodischen Austausch und eine proaktive Offenheit zu neuen Bewertungsthemen und auch zu angrenzenden Berufsgruppen, wie sie beispielsweise in einigen anderen Ländern, die über ein professionelles Angebot an Sachverständigen- und Beraterdienstleistungen verfügen, bereits selbstverständlich praktiziert werden (Schlieckau und 62 Aufsatz 60 HLBS-Tagungen: Entwicklungslinien der landwirtschaftlichen Sachverständigentätigkeit Köhne, 2010, S. 13–22). Der Sachverständige sollte somit auch in Deutschland um einen intensiven Austausch mit Rechtsanwälten, Steuer- und Unternehmensberatern bemüht sein. Auch ein Wissensaustausch mit seriösen Immobilienmaklern kann die Entwicklung marktgerechter Bewertungsmethoden fördern. Alleine wird der landwirtschaftliche Sachverständige diese Herausforderungen wahrscheinlich weniger gut bewältigen. Neben Kooperationen wird deshalb der Zusammenschluss zu größeren Büroeinheiten weiter an Bedeutung gewinnen. Ebenso werden nebenberufliche Sachverständigentätigkeiten nur noch in wenigen und methodisch stark standardisierten Bewertungsfällen erfolgreich sein können. Eine Konzentration auf hauptberufliche Sachverständige erscheint angebracht. Kontakt und Kooperation mit spezialisierten Sachverständigen und anderen Berufsgruppen sollten jedoch nicht als Auflösungstendenzen der Zuständigkeit des landwirtschaftlichen Sachverständigen verstanden werden. Dieser kann sich weiterhin als unabhängige Instanz zur Bewertung in Streitfragen aus der Lebenswirklichkeit landwirtschaftlicher Betriebe verstehen. Wenn er akzeptiert, dass sich diese im gesamtgesellschaftlichen Kontext fortwährend ändert, dann wird die Aufnahme weiterer Bewertungsanlässe diese Lebenswirklichkeit realistischer abbilden. Zu denken ist hier beispielsweise an die Bewertung von Immobilien oder Anlagen der regenerativen Energien. Angesichts dieser Herausforderungen ist es dem landwirtschaftlichen Sachverständigenwesen zu wünschen, dass auch weiterhin v. a. mit der Göttinger Tagung der Mut zu einer kritischen Reflexion der praktizierten Bewertungsansätze stetig erneuert wird und ein Geist der Offenheit die Tagungsthemen und Diskussionen fortwährend belebt. Literatur: Bewer, C.: Restbetriebsbelastung. Schriftenreihe des HLBS, Heft 11, HLBS Verlag, 1973 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Münster: Landwirtschaftsverlag Münster Hiltrup, 2013 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Hrsg.): Statistisches Handbuch über Landwirtschaft und Ernährung der Bundesrepublik Deutschland. Hamburg und Berlin: Verlag Paul Parey, 1957 und 1975 Heißenhuber, A. und M. Gandorfer: Landwirtschaftliche Betriebslehre: Skaleneffekte – sind sie ein realitätsnaher Erklärungsansatz. Beitrag zur Organized session: „Brauchen wir eine post-autistische Agrarökonomie?“ im Rahmen der 52. Jahrestagung der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues e.V., 2012 Huinink, J.: Wandel der Familienentwicklung: Ursachen und Folgen. In: Informationen zur politischen Bildung Nr. 301/2009, abrufbar unter: www.bpb.de/izpb/8036/wandel-der-familienentwicklung-ursachen-und-folgen?p=all Agrar-Taxation Kermer, S.: Verstädterung, Migration und wirtschaftliche Entwicklung. Berlin: LIT Verlag, 2007 Köhne, M.: Arrondierung als Rechtsposition. In: Agrarrecht 1983, S. 201-204 Köhne, M.: Bedeutung und Entwicklung der landwirtschaftlichen. In: Entwicklungslinien der landwirtschaftlichen Sachverständigenpraxis, Schriftenreihe des HLBS, Heft 171, HLBS Verlag, 2005 Köhne, M.: Die „Entschädigungsrichtlinien Landwirtschaft 1963“ im Lichte ökonomischer Theorie. In: Agrarrecht 3(11), 1973, S. 341-354 Miedaner, T.: Kulturpflanzen: Botanik – Geschichte – Perspektiven. Berlin und Heidelberg: Springer Verlag, 2014 Moser, D.-W.: 50 HLBS-Fachtagungen. In: Entwicklungslinien der landwirtschaftlichen Sachverständigenpraxis, Schriftenreihe des HLBS, Heft 171, HLBS Verlag, 2005 Pannell, D.J.: Flat Earth Economics: The Far-reaching Consequences of Flat Payoff Functions in Economic Decision Making. In: Review of Agricultural Economics 28(4), 2006, S. 553-566 Schlieckau, A. und M. Köhne: Organisation und Taxationsmethodik des land-wirtschaftlichen Sachverständigenwesens in ausgewählten Ländern (Vereinigtes Königreich, USA, Niederlande) und Folgen für Deutschland. In: HLBS Report 1/2010, S. 13-22 Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1955. Stuttgart und Köln: W. Kohlhammer Verlag, 1956 Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 2014. Wiesbaden: o.V., 2014 Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1991. Stuttgart: Metzler und Poeschel Verlag, 1991 Dr. Dieter Wenzl, öffentlich bestellter vereidigter Sachverständiger, HLBS-Vizepräsident a. D., München Dr. Martin Philipp Steinhorst, BLB Agrarberatung GmbH, München Heinrich Thummert, öffentlich bestellter vereidigter Sachverständiger, BLB Agrarberatung GmbH, München AgrB 6-2015 Agrar-Taxation Auskünfte zu Vergleichspreisen für landwirtschaftliche Nutzflächen bei den Gutachterausschüssen Aufsatz 63 Auskünfte zu Vergleichspreisen für landwirtschaftliche Nutzflächen bei den Gutachterausschüssen Synopse zur Situation in ausgewählten Bundesländern von Dr. Jörg Spinda, Heinrich Thummert und Dr. Hans-Werner Uherek (Mitglieder der Arbeitsgruppe Vergleichspreise des Sachverständigenausschusses des HLBS) V ergleichspreise sind für den mit der Grundstücksbewertung beschäftigten landwirtschaftlichen Sachverständigen eine grundlegende Basis seiner Arbeit. Genau aus diesem Grund hat der Sachverständigenausschuss des HLBS die Arbeitsgruppe mit der Aufgabe beauftragt, die unterschiedlichen Situationen in den Bundesländern zu recherchieren und zu analysieren. Zusätzlich wurde ermittelt, wie den Sachverständigen Informationen zum regionalen Geschehen auf dem Grundstücksmarkt über Bodenrichtwerte mitgeteilt werden bzw. aus dem Netz zu entnehmen sind. Die Arbeitsgruppe Vergleichspreise berichtet in diesem Beitrag über die Ergebnisse ihrer umfangreichen Erhebungen. Übersicht 1.Ausgangspunkt 2.Fragenkatalog 3. Ergebnisse der Befragung 4.Schlussbemerkungen 1.Ausgangspunkt Ausgangspunkt der Fragestellung war der Umstand, dass im Freistaat Bayern die „Verordnung über den Erlass des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz“ per 1.7.2012 geändert wurde und so mindestens 20 €/Vergleichspreis entstanden. Spitzenreiter unter den bayerischen Gutachterausschüssen forderten einen Mindestpreis von 250 €/Auskunft einschl. acht Vergleichspreise. Der Landesverband Bayern des HLBS hat sich hierzu mit dem Staatsministerium des Inneren in Verbindung gesetzt und neben der Gebührenhöhe auch die weitere Verschlechterung der Wettbewerbslage der selbstständigen Sachverständigen gegenüber den Gutachten der Gutachterausschüsse hingewiesen. In diesem Zusammenhang entstand im Sachverständigenausschuss des HLBS das Anliegen, einen deutschlandweiten Überblick zum Thema zu erstellen. 2.Fragenkatalog Mit dem vorgelegten Fragebogen wurde das Ziel, bei Befragung und Erfassung möglichst vergleichbare Informationen einzuholen, angestrebt. Die Fragen waren: 1. Wie detailliert werden die Kaufpreise für land- und forstwirtschaftliche Flächen erfasst (Flächen getrennt nach Ackerland und Grünland, Ausweis der Ackerzahl bzw. Grün- AgrB 6-2015 landzahl des Kaufobjekts)? Wird bei Wald unterschieden, ob die Fläche mit oder ohne Aufwuchs gehandelt wurde? 2. Wird die Erfassung der Kaufpreise in Ihrem Bundesland bei allen Gutachterausschüssen – GAA einheitlich gehandhabt? 3. Welche Kosten werden für die Kaufpreisauskünfte erhoben? (z. B. für 5, 7, 14 Kaufpreise) 4. Auf welcher gesetzlichen Grundlage basiert die Kostenerhebung? Bitte die Quelle genau bezeichnen oder mitliefern. 5. Welche Informationen erhält der Sachverständige über die Kaufobjekte bezüglich ihrer regionalen Lage bei der Auskunft? (z. B. Gemarkung, Flur, Flurstück) 6. Wird bei der Herausgabe der Detailinformationen zwischen den verschiedenen Antragstellern unterschieden? (z. B. öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige gegenüber nicht bestellten Sachverständigen) 7. Auf welcher gesetzlichen Grundlage basiert die Auskunftserteilung? Bitte die Quelle genau bezeichnen oder mitliefern. 8. Wie können in Ihrem Bundesland Auskünfte zu den Bodenrichtwerten für land- und forstwirtschaftliche Flächen eingeholt werden? (z. B. frei im Internet zugänglich, Auskünfte persönlich, telefonisch und/oder schriftlich) 9. Welche Kosten entstehen für die persönlichen, telefonischen oder schriftlichen Auskünfte über Bodenrichtwerte für land- und forstwirtschaftliche Flächen? 10.Auf welcher gesetzlichen Grundlage basiert die Kostenerhebung für die Bodenrichtwertauskunft? Bitte die Quelle genau bezeichnen oder mitliefern. Nachfolgend kurze Erläuterungen zu den Fragen: Fragen 1 und 2 befassen sich mit Qualität der Datenerhebung bei landund forstwirtschaftlichen Nutzflächen einschließlich Wald durch die GAA. Fragen 3 und 4 dienen der Ermittlung der Kosten für Kaufpreisauskünfte und der Erfassung der gesetzlichen Grundlagen. Fragen 5 bis 7 beziehen sich auf die Lagebezogenheit der Auskunft zu Vergleichskaufpreisen sowie der Differenzierung je nach Antragsteller einschließlich der gesetzlichen 64 Aufsatz Auskünfte zu Vergleichspreisen für landwirtschaftliche Nutzflächen bei den Gutachterausschüssen Agrar-Taxation Grundlage. Fragen 8 bis 10 zielen auf Bodenrichtwerte, deren Zugänglichkeit und der Kostenerhebung ab. Es gelang, Informationen aus allen Bundesländern außer Berlin, Bremen und dem Saarland zusammenzutragen. Eine Besonderheit, die sich in der Auswertung zeigte, sind die Gegebenheiten in Baden-Württemberg. Durch die Ansiedlung der Gutachterausschüsse auf Gemeindeebene, also ca. 900 Gutachterausschüssen (2014) im Lande, sind landesbezogene Aussagen kaum zu erstellen und es wird deshalb nachfolgend i. d. R. von den zwölf erfassten Bundesländern (ohne BadenWürttemberg) ausgegangen. war nicht bekannt. In Nordrhein-Westfalen ist die Besonderheit festzustellen, dass im Rheinland die Bonität erfasst/mitgeteilt wird und in Westfalen hingegen nicht. Unverständlich ist, wenn zum Beispiel in Sachsen, wo die Gutachterausschüsse unmittelbar den Katasterämtern zugeordnet sind, kein Bonitätsausweis möglich ist, in Sachsen-Anhalt bei analoger Behördenzuordnung hingegen grundsätzlich eine Mitteilung der Acker- und Grünlandzahl erfolgt. 3.Ergebnisse der Befragung Vier der zwölf Länder weisen das Merkmal mit und ohne den Bestand aus, wobei in Sachsen-Anhalt sogar nach Laub-, Mischund Nadelwald differenziert wird (und mittlerweile flächendeckend für Waldgebiete Waldbodenrichtwerte vorliegen). Sechs Länder nehmen in der Regel keine Differenzierung vor oder es war nicht bekannt, ob eine getrennte Erfassung erfolgte. Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen nehmen dann eine Differenzierung vor, wenn im Kaufvertrag oder in zurückgesandten Fragebögen eine Aufteilung zwischen Waldboden und Waldbestand erkennbar ist. Nachfolgend werden die Ergebnisse der Befragungen in Form der Mitteilungen der Rückläufe aus den Fragebögen dargestellt (Darstellung 1). Nur in Ausnahmefällen wurden die Daten von der Arbeitsgruppe telefonisch oder anderweitig nachrecherchiert. Darstellung 1: Informationen zur Detailliertheit der Kaufpreisauskünfte zu land- und forstwirtschaftlichen Flächen in den erfassten Bundesländern Länder Trennung AL / GL BY i. d. R. Nein BB Ja HH Ja HE Ja MV Ja NI Ja NRW Ja RP Ja SN Ja ST Ja SH Ja TH Ja Ausweis AZ / GLZ Waldfläche mit / ohne Bestand z. T. i. d. R. Nein Ja Ja Ja Nein Nein (unbekannt) Ja Ja (überwiegend) z. T. Ja (überwiegend) z. T. Ja (überwiegend) Nein Nein Nein (unbekannt) Nein Ja Ja Ja Ja Nein Ja (überwiegend) Nein 3.1 Trennung Ackerland/Grünland In elf der zwölf erfassten Bundesländer findet nach den vorliegenden Informationen bei der Auskunft eine Trennung von Ackerland- und Grünlandkauffällen statt. Vereinzelte Einschränkungen werden genannt, wenn auf den Kaufobjekten Ackerland und Grünland gleichzeitig vorhanden sind. Verwunderlich ist, dass in Bayern die Ableitung der Nutzungsart vielfach anhand der Grundbucheintragung erfolgt und dadurch z. T. nicht der tatsächlichen Nutzung entspricht. Dieser Mangel lässt sich aber durch den Sachverständigen, bei Mitteilung der Flurstücksnummer, durch Nachschau im BayernAtlas-plus, beseitigen. 3.2 Ausweis Acker- und Grünlandzahl/Erfassung in der Kaufpreissammlung Eindeutig mit Ja wird der Ausweis der Bonität in vier Bundesländern benannt, in vier Bundesländern wird ein überwiegender Ausweis genannt (hier auch Nordrhein-Westfalen gewertet) und in drei Ländern erfolgt keine Angabe oder der Sachverhalt 3.3 Waldflächen Differenzierung mit/ohne Bestand 3.4 Standardisierung der Kaufpreiserfassung im Bundesland In sechs Bundesländern wird die Kaufpreiserfassung nach landeseinheitlichen Kriterien vorgenommen. Besonders bekannt ist dabei die automatisierte Kaufpreissammlung in Niedersachsen, welche z. B. auch in Brandenburg sowie eine Reihe anderer Gutachterausschüsse übernommen und landesspezifisch untersetzt wurde. Organisatorisch interessant und bundesweit einmalig ist, dass es in Sachsen-Anhalt seit dem 1.3.2014 nur noch einen landesweiten Gutachterausschuss mit vier Geschäftsstellen gibt. Diese deutliche organisatorische Straffung ermöglicht natürlich eine sehr hohe Standardisierung der Kaufpreiserfassung. Dafür sind andere Nachteile vorhanden, auf die später noch eingegangen wird. In sechs Bundesländern wird angegeben, dass keine landesweite Standardisierung vorliegt. Bekannt ist dabei, dass z. B. in Sachsen eine solche schon deshalb nicht erfolgen kann, da in den 13 bei den Landkreisen angesiedelten Gutachterausschüssen unterschiedliche EDV-Erfassungsprogramme vorliegen. Derartige Differenzierungen beeinträchtigen bzw. verhindern leider die landesweite Auswertung von Daten, was insbesondere bei relativ selten auftretenden Kauffällen bedauerlich ist, da hier z. T. erst eine landesweite Zusammenführung der Kauffälle einen auswertbaren Datenbestand ergibt. Darauf hat auch der Mitte 2014 errichtete Obere Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Freistaat Sachsen keinen Einfluss, da er diesbezüglich den Gutachterausschüssen auf Landkreisebene nicht weisungsberechtigt ist. 3.5 Kosten der Kaufpreisauskunft Die Regelungen zur Erhebung der Kosten für Kaufpreisauskünfte sind zwischen den Ländern deutlich differenziert, wie die Darstellungen 2 und 3 zeigen. AgrB 6-2015 Auskünfte zu Vergleichspreisen für landwirtschaftliche Nutzflächen bei den Gutachterausschüssen Agrar-Taxation Aufsatz 65 Darstellung 2: Vergleich der Kosten für Kaufpreisauskünfte in den erfassten Bundesländern Bundesland BY BB HH HE MV NI NRW SN ST SH TH Kostenregelung übliche Kosten einer Auskunft 5 Kauffälle 7 Kauffälle 14 Kauffälle 20 Kauffälle in € relat. in € relat. in € relat. in € relat. landeseinheitlich mit offener Spanne 110 183 % 150 250 % 290 483 % 410 683 % landeseinheitlich 60 100 % 80 133 % 100 167 % 120 200 % landeseinheitlich 402 670 % 402 670 % 402 670 % 402 670 % landeseinheitlich 75 125 % 75 125 % 95 158 % 125 208 % landeseinheitlich 75 125 % 85 142 % 120 200 % 150 250 % landeseinheitlich 60 100 % 60 100 % 60 100 % 60 100 % landeseinheitlich 120 200 % 120 200 % 160 267 % 220 367 % landkreisspezifisch 100 167 % 120 200 % 190 317 % 250 417 % landeseinheitlich 55 92 % 65 108 % 100 167 % 130 217 % landkreisspezifisch 65 108 % 71 118 % 92 153 % 110 183 % landeseinheitlich 85 142 % 105 175 % 175 292 % 235 392 % Darstellung 3: Grafische Gegenüberstellung der Kosten für Kaufpreisauskünfte in den erfassten Bundesländern Am klarsten ist die Kostenerhebung bei feststehenden landeseinheitlichen Regelungen, was in 8 der erfassten Länder der Fall ist. Am klarsten ist die Kostenerhebung bei feststehenden landeseinheitlichen Regelungen, was in 8 der erfassten Länder der Fall ist. Am klarsten ist die Kostenerhebung bei feststehenden landeseinheitlichen Regelungen, was in acht der erfassten Länder der Fall ist. Die Regelungen in Sachsen und Schleswig-Holstein, die Gebühren mit feststehenden Gebührenregelungen auf Landkreisebene festzulegen, sind ebenfalls gut für die Nachvollziehbarkeit der Kaufpreisauskunftskosten. Warum es keine landeseinheitlichen Regelungen gibt, ist eine politische Frage bzw. Entscheidung. Zumindest in Sachsen ist in der Praxis festzustellen, dass die Gebührenhöhe zwischen den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten weitgehend übereinstimmt. Die landeseinheitlichen Regelung mit offenen Spannen hat für den Nutzer die größte Unklarheit. Wenn z. B. in RheinlandPfalz in der Gebührenordnung steht: „Auskünfte aus der Kaufpreissammlung für den Bereich eines Gutachterausschusses gedruckt oder als druckaufbereitete Datei 41,00 bis 540,00 €“, ist es völlig unklar, was die Kaufpreisauskunft kostet. Eine solche Regelung lässt viel Raum für subjektive Entscheidungen und selbst eine nochmalige Nachfrage beim Oberen Gutachterausschuss brachte keine für unseren Vergleich nutzbare Kostenangabe. Aus diesem Grund fehlen Angaben zu RheinlandPfalz in den Darstellungen 2 und 3. AgrB 6-2015 In Bayern sind ebenfalls laut landesrechtlichen Vorschriften (Kostenverzeichnis zum Kostengesetz) zwischen 20 und 350 € je übermitteltem Vergleichswert vorgeschrieben. In der Praxis hat sich davon jedoch je nach Gutachterausschuss eine teilweise abweichende Handhabung herausgebildet. So sind Kosten von 20,00 € je Vergleichspreis, bei Grundgebühren von 10 € bis 90 € vorzufinden, die auch so in unsere Auswertung eingeflossen sind. Bekannt ist es aber auch, dass es noch Gutachterausschüsse gibt, die nur 5 € je Datensatz erheben. Die oben dargestellten Erfassungen zu den Kosten von Kaufpreisauskünften sind wie folgt einzuschätzen: Die dargestellte Auswertung zeigt eine extreme Schwankung der festgestellten Kosten für Kaufpreisauskünfte zwischen den erfassten Bundesländern. Der Ausgangspunkt für die Relativierung soll das Kostenniveau in Niedersachsen sein. Niedersachsen ist das positivste Beispiel aller Bundesländer. Hier beträgt die Grundgebühr je Abfrage einschließlich 20 Vergleichsfälle 60 € und je über 20 hinausgehende Vergleichswerte werden nur 6 €/10 Werte erhoben. In der unerfreulichen Richtung hervorstechend ist der Gutachterausschuss Hamburg. Hier werden für eine Auskunft mindestens 402 € bis 30 Vergleichsfälle und darüber hinausgehend 4 €/Vergleichswert erhoben. Bei fünf Vergleichsfällen in der Stichprobe ergibt sich daraus, dass die Gebühr im Vergleich zu Niedersachsen 675 % beträgt und selbst im Vergleich zu den drei nächsthöchsten Werten in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Sachsen ist der Hamburger Wert fast viermal so hoch. Bei fünf Kauffällen in der Auskunft weisen auch Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein fast gleich günstige Werte von rund 60 € wie Niedersachsen auf. Bei 20 Kauffällen in der Auskunft, wie wir sie in der landwirtschaftlichen Bewertung doch öfters in die Stichprobe einbeziehen müssen, hat sich Bayern (in der von uns gewählten Berechnungsvariante) mit 410 € über den Hamburger Wert von 402 € geschoben. Gefolgt werden diese Werte von denen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen die bei bzw. über 220 € für die Kaufpreisauskunft liegen. Neben den Kosten je Auskunft darf aber auch nicht die Qualität der Kaufpreisauskunft vergessen werden (Stichwort Anonymisierung der Lage). Auf diesen Punkt wird später noch eingegangen. 66 Aufsatz Auskünfte zu Vergleichspreisen für landwirtschaftliche Nutzflächen bei den Gutachterausschüssen Zusammenfassend zur Auswertung der Kosten für die Kaufpreisauskünfte für land- und forstwirtschaftliche Flächen ist festzustellen: ●● Es besteht eine enorme Differenziertheit zwischen den Bundesländern. ●● Gebühren von über 400 € für fünf oder sieben Vergleichspreise sind nicht zu rechtfertigen. ●● Die z. T. extrem hohen Gebühren für Kaufpreisauskünfte gefährden die Wettbewerbssituation zwischen den Sachverständigen und den Gutachterausschüssen. Der HLBS-Landesverband Bayern hat mit dem Bayerischen Staatsministerium des Inneren zur Begrenzung der Kostenbelastung für die landwirtschaftlichen Sachverständigen folgende Lösung gefunden: Die Geschäftsstelle des jeweiligen Gutachterausschusses lässt dem Sachverständigen auf entsprechenden Antrag kostenfrei eine Vorauswahl aller Kauffälle landwirtschaftlich genutzter Grundstücke innerhalb eines vom Sachverständigen bestimmten angemessenen Umgriffs ohne Angabe des Kaufpreises zukommen. Der Sachverständige wählt damit die Vergleichsfälle aus, zu denen er eine Kaufpreisauskunft benötigt und stellt einen entsprechenden Antrag. Erst die Erteilung der vollständigen Auskunft (mit Angabe des Kaufpreises) für diese Grundstücke stellt dann die gebührenpflichtige Amtshandlung dar. Diese Regelung, die der HLBS-Landesverband Bayern erreicht hat, ist sehr begrüßenswert. 3.6 Detailliertheit der Informationen der Vergleichskaufpreisauskünfte Darstellung 4 zeigt in welcher Detailliertheit zur Kaufobjektlage und an welche Auftraggeber/Sachverständige-SV die Gutachterausschüsse Informationen übermitteln. Darstellung 4: Detailliertheit der Kaufpreisauskünfte zur Katasterbezeichnung und einbezogener Kreis der Antragsteller in den erfassten Bundesländern Länder Mitteilung Katasterbezeichnung BY überwiegend ja ( z. T. nach Antrag) BB ja HH ja HE ja MV nein / ja nur bei Gerichtsauftrag NI nein / ja nur bei Gerichtsauftrag NRW ja RP ja SN ja ST nein An welche Antragsteller? nur an öffentlich bestellte und vereidigte-öbv SV (gesetzliche Schweigepflicht) nur an öbv SV und zertifizierte SV nur an öbv SV nur an öbv SV und zertifizierte SV Auskunft bei berechtigtem Interesse Auskunft berechtigtem Interesse nur bei berechtigtem Interesse, darunter öbv SV und zertifizierte SV nur an öbv SV und zertifizierte SV und vom Gericht bestellte SV Auskunft bei berechtigtem Interesse SH TH ja ja Agrar-Taxation nur an öbv SV nur an öbv SV und zertifizierte SV Erhebliche Unterschiede bestehen zwischen den Bundesländern auch im Grad der Detailliertheit und Lagebezogenheit der Informationen, die mit den Vergleichskaufpreisen verbunden sind und letztlich die Qualität der Auswertung der Vergleichskaufpreise bestimmen: ●● Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige (bzw. vergleichbare zertifizierte Sachverständige oder andere Sachverständige bei Gerichtsaufträgen) erhalten in den Bundesländern Brandenburg, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen die Katasterangaben oder Karten mit Einträgen zur Identifikation der Grundstücke – teilweise nur auf entsprechende Anforderung. Das trifft nach den vorliegenden Informationen überwiegend auch auf die Gutachterausschüsse in Bayern zu. Bei Anfragen an den Oberen GAA in Brandenburg (Auskünfte über den Zuständigkeitsbereich eines GAA hinausgehend) sind darüber hinaus auch die Koordinaten der Grundstücke erhältlich. ●● In Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen werden diese Daten nur bei Gerichtsaufträgen herausgegeben. Ansonsten sind die Vergleichspreise nur den Gemarkungen zuzuordnen. Das trifft auch auf SachsenAnhalt zu. Dort ist nur bei einer gerichtlichen Anordnung (mündliche Mitteilung) eine Katasterangabe möglich (die Verordnung über den Gutachterausschuss für Grundstückswerte vom 18. Dezember 2013 (GVBl. LSA S. 555) = GutVO enthält dazu keine Angaben). In diesen drei Bundesländern ist in normalen Verkehrswertermittlungen damit eine umfassende Vergleichswertauswertung deutlich eingeschränkt, da ggf. wertbeeinflussende Merkmale (Lage, Ausformung u. Ä.) im Einzelfall nicht feststellbar sind. Insofern relativiert sich an dieser Stelle die Aussage zu den Kosten einer Vergleichskaufpreisauskunft. Im kostengünstigsten Bundesland Niedersachsen und in den auch noch günstigen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt ist die Aussagekraft der Vergleichskaufpreise deutlich eingeschränkt. Positiv ist für Sachsen-Anhalt hervorzuheben, dass in der Auskunft Angaben zur Pachtbindung enthalten sind, sodass dieses Merkmal (mit Einschränkungen) gewürdigt werden kann. Insgesamt ist es als positiv anzusehen, dass die öffentliche Bestellung und Vereidigung in der überwiegenden Anzahl der Bundesländer eine auch bei der Kaufpreisauskunft besondere Bedeutung hat. Darin kommt die herausgehobene Stellung des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zum Ausdruck und ist gleichzeitig eine Anerkennung dieser Qualifikation. Die Arbeitsgruppe ist sich trotz aller gesammelter Verordnungen und Richtlinien bewusst, dass die unmittelbare Ausführung von Vergleichspreisauskünften und von Angaben zu diesen Vergleichskaufpreisen vor Ort sehr vom subjektiven AgrB 6-2015 Agrar-Taxation Auskünfte zu Vergleichspreisen für landwirtschaftliche Nutzflächen bei den Gutachterausschüssen Aufsatz 67 Für Auskünfte zu Bodenrichtwerten per Internet werden nur in Bundes- Auskunftsmöglichkeit zu Kosten der Bodenrichtwertauskunft Niedersachsen immer Gebühren land Bodenrichtwerten fällig, und zwar 5 €/15 Minuten BY Schriftlich und z. T. Internet Zwischen 20 € bis 350 € je BRW Einsicht in die BRW-Karten (einBB Internet, schriftlich Schriftlich i. d. R 13 €/Auskunft schließlich Ausdrucke). Die JahresliHH Internet, schriftlich und Telefon Telefon + schriftlich gegen Gebühr zenz kostet 195 €. Ansonsten ist die HE Internet, schriftlich Schriftlich i. d. R. 20 €/Auskunft Internetnutzung – soweit vorhanMV Internet, schriftlich Schriftlich 20 €/BRW + 5 € je zus. BRW den – kostenfrei. In Sachsen-Anhalt NI Internet, schriftlich, CD, Karten Kostenpfl., Internet 5€/15 min; 195 €/Jahr NRW Internet, schriftlich Intern. Basisdienst kostenfrei; schriftl. 8 €/BRW ist ein Premiumdienst verfügbar für 215 €/Jahr (einschließlich Ausdruck RP Internet, schriftlich Intern. Basisdienst kostenfrei, Premiumdienst amtlicher BRW-Auskünfte und 1.100 €, schriftl. gebührenpflichtig Flurstücks-/Adressensuchfunktion). SN Internet (landkreisspez.) usw. schriftlich i. d. R. 20 €/Auskunft Dieser Premiumdienst kostet in ST Internet, schriftlich Intern. Basisdienst kostenfrei, Premiumdienst Rheinland-Pfalz 1.100 €/Jahr (oder 215 €, schriftl. gebührenpflichtig 80 € je Landkreis). SH Internet, schriftlich Gebühr für schriftliche Auskunft je LK Schriftliche Auskünfte oder AusTH Internet, schriftlich Schriftlich 1. Wert 20 €/Auskunft, dann 10 € züge aus der Bodenrichtwertkarte Kontakt zwischen dem Sachverständigen und den Mitarbeitern (mit beschreibenden Merkmalen) sind dagegen faktisch in alder Geschäftsstelle abhängt. Dieser in den Informationen der len Bundesländern kostenpflichtig. Fachkollegen häufig genannte Sachverhalt findet jedoch kei4.Schlussbemerkungen nen Eingang in unsere Auswertungen, da dort nur objektive Sachverhalte dargestellt werden, die für alle Sachverständige Die Erfassung und Auswertung von Vergleichskaufpreisen hat zutreffend sein sollen. eine zentrale Stellung in der Arbeit des mit der BodenwertermittWie extrem der subjektive Faktor bei der Erteilung von Verlung beschäftigten landwirtschaftlichen Sachverständigen. Dabei gleichskaufpreisauskünften sein kann, zeigt ein Beispiel aus zeigt die Auswertung (Stand: 13.11.2014), dass hierfür zwischen Sachsen. Obwohl Sachsen sehr gutachter-freundliche gesetzliden erfassten Bundesländern zum Teil deutliche Unterschiede bei che Regelungen hat, wird in einem Gutachterausschuss grundder Aussagekraft der bereitgestellten Daten und den dabei entsätzlich keine Auskunft zu Kaufpreisen landwirtschaftlicher Flästehenden Kosten bestehen. Festzuhalten ist auch, dass es noch chen gegeben, bis die jeweils neuen Bodenrichtwerte (BRW) einige Bundesländer gibt, in denen auch öffentlich bestellten und festgelegt sind. Dies bedeutet bei zweijährigem Turnus der vereidigten Sachverständigen keine lagespezifischen Auskünfte BRW-Feststellung und fast einem Jahr Bearbeitungszeit bis zur zu den Kauffällen gegeben werden. Herausgabe der Bodenrichtwerte, dass eine Datensperre von Ziel muss es sein, die Regelungen zur Kaufpreisauskunft so mindestens zwei bis drei Jahren gegenüber den landwirtschaftzu beeinflussen, dass es zu keiner Verschlechterung der Wettbelichen Sachverständigen besteht. werbslage der selbstständigen Sachverständigen gegenüber den 3.7Bodenrichtwerte Gutachten der Gutachterausschüsse kommt und zwar sowohl hinsichtlich der Kosten als auch der Qualität der Informationen. Als positiv ist festzustellen, dass in vielen der ausgewerteten zwölf Bundesländern die Bodenrichtwerte frei im Internet verfügbar sind oder persönlich/telefonisch kostenfrei abgefragt Dr. Jörg Spinda, Dipl.-Ing. agr., öffentlich werden können. Die Möglichkeit, telefonisch Auskünfte über bestellter und vereidigter Sachverständiger, BRW zu erhalten, wird dabei offensichtlich immer mehr eingeAschersleben schränkt. Die zum Teil verständlichen Gründe der Geschäftsstellen liegen in der Unsicherheit der Verwendung solcher teHeinrich Thummert, Dipl.-Ing. agr., öffentlich lefonischer Angaben. Darstellung 5 zeigt eine Übersicht zu den bestellter und beeidigter Sachverständiger Möglichkeiten und den Kosten von Bodenrichtwertauskünften. für landwirtschaftliche Bewertung und Die Möglichkeit einer telefonischen oder persönlichen AusSchätzung, München, Geschäftsführer der kunft wurde in der Zusammenstellung nicht berücksichtigt. BLB Agrarberatung GmbH Dort sind nur die Kosten für Internetbenutzung oder schriftliche Auskünfte genannt – mit einer Ausnahme: In Hamburg ist eine kostenpflichtige telefonische Auskunft planmäßig möglich. Diese Kosten betragen 0,24 €/Gesprächsminute für allgemeine Dr. Hans-Werner Uherek, Dipl.-Ing. agr., Angaben und 14 € je konkrete Auskunft eines Bodenrichtwerts öffentlich bestellter und vereidigter (inklusive Mehrwertsteuer). Die Abbuchung erfolgt über TeleSachverständiger, Leipzig fonrechnung (laut Gebührenordnung Hamburg für GAA). Darstellung 5: Möglichkeiten und Kosten bei Bodenrichtwertauskünften in den erfassten Bundesländern AgrB 6-2015 68 Urteil Kein Vergütungsanspruch des Sachverständigen bei Schätzung des Verkehrswerts Agrar-Taxation Rechtsprechung Kein Vergütungsanspruch des Sachverständigen bei Schätzung des Verkehrswerts Kein Vergütungsanspruch des Sachverständigen bei der Bemerkung, er habe den Verkehrswert eines Objekts zunächst anhand von Sachverstand und Marktkenntnissen geschätzt und diese Schätzung danach durch die Wertermittlung „gewissermaßen plausibel“ gemacht. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 29.12.2014 – 6 W 64/141 Der Sachverhalt Die Parteien, zwei Brüder, haben einen Rechtsstreit über die Höhe einer Ausgleichszahlung geführt, die von dem Beklagten zu leisten war. Der Beklagte hatte ein Wohnanwesen im Weg der vorweggenommenen Erbfolge vom mittlerweile verstorbenen Vater der Parteien übernommen. Im Verfahren wurde der Gutachter G mit der Erstellung eines Gutachtens, eines Ergänzungsgutachtens und der Erläuterung beider Gutachten in der mündlichen Verhandlung beauftragt. Dafür sind Kosten in Höhe von insgesamt 7.286,38 € angefallen und ausgezahlt worden. Wegen der Äußerung des Sachverständigen, durch sein Gutachten habe er letztendlich nur eine zuvor erfolgte Schätzung des Grundstückswerts „plausibel gemacht“, hat das Landgericht das Gutachten für ungenügend erklärt und die Einholung eines weiteren Gutachtens durch einen anderen Sachverständigen angeordnet. Auf der Grundlage dieses weiteren Gutachtens wurde der Klage teilweise stattgegeben. Die von dem Beklagten eingelegte Berufung wurde später zurückgenommen. Gegen den Ansatz der Kosten für den Sachverständigen G hat der Kläger Erinnerung eingelegt. Die Erinnerung blieb beim Landgericht ohne Erfolg. Der zulässigen Beschwerde hat das OLG im Wesentlichen stattgegeben. Der Beschluss Die dem Sachverständigen G ausbezahlte Vergütung kann nur zu einem geringen Teil zulasten des Klägers angesetzt werden, weil die Leistung des Sachverständigen im Wesentlichen mangelhaft und damit unbrauchbar war. Daher bestand ein Vergütungsanspruch nur zu einem geringen Teil. Für die Beurteilung war die Rechtslage vor Inkrafttreten des § 8a JVEG, der den Fall der Unverwertbarkeit eines Gutachtens nunmehr regelt, anzuwenden. Schon danach konnte der Sachverständige seinen Vergütungsanspruch jedenfalls dann verlieren, wenn das Gutachten unverwertbar war und der Sachverständige dies mindestens grob fahrlässig verschuldet hat. Der Wegfall des Vergütungsanspruchs kann sich insbesondere aus inhaltlichen Mängeln des Gutachtens ergeben. Diese sind dann anzunehmen, wenn ein Gutachter bei der Erstellung seines Gutachtens seiner Pflicht zur Ermittlung der für die Wertbemessung maßgebenden Faktoren nicht nachgekommen ist. Dies ist vorliegend der Fall. Der Sachverständige hat mit seiner Bemerkung, er schätze zunächst einen Verkehrswert anhand Sachverstand und Marktkenntnissen und mache diese Schätzung danach durch die Wertermittlung „gewissermaßen plausibel“, ein Abweichen von grundlegenden und unverzichtbaren Methoden der Wertermittlung offenbart. Er hätte in jedem Fall bereits bei der Auftragserteilung auf diesen besonderen Ansatz hinweisen müssen, damit das Gericht und die Parteien entscheiden können, ob sie sich auf ein solches Gutachten einlassen wollen. Dies war nicht der Fall. Daher konnte den Parteien ein Urteil auf der Grundlage dieses Gutachtens nicht zugemutet werden. Aus dem dargestellten Vorgehen des Gutachters G ergibt sich auch das zum Wegfall des Vergütungsanspruches führende grobe Verschulden. Das Gutachten ist vom Landgericht in seinem Urteil allerdings nicht völlig unverwertet gelassen worden. Nach § 8a Abs. 2 Satz 1 JVEG n.F. fällt die Vergütung nur insoweit weg, als die Leistung unverwertbar ist. Dieser Rechtsgedanke ist nach der Auffassung des OLG auch auf die bisherige Rechtslage anzuwenden. Daher schätzt das Gericht gem. § 287 ZPO den dem Gutachter G zu belassenen Anteil auf 10 % der geltend gemachten Vergütung. Der Kostenansatz ist entsprechend zu berichtigen. Der überzahlte Betrag ist von dem Sachverständigen G zurückzufordern. Urteilsanmerkungen von Rechtsanwalt Jens O. Leisse, HLL Heine Leibing Leisse Rechtsanwälte – Fachanwälte, Schwerin, www.hll-recht.de Dem Beschluss des OLG Zweibrücken kann nur zugestimmt werden. Ein Gutachten, bei dem ein Wert zunächst geschätzt und dieser Wert dann durch eine Wertermittlung gewissermaßen plausibel gemacht wird, ist weder für das Gericht noch für die Parteien verwertbar. Es findet keine Wertermittlung nach gutachterlichen Grundsätzen statt. Vielmehr steht das Ergebnis schon durch die Schätzung fest, der durch die anschließende Plausibelmachung der Anstrich einer fachgerechten gutachterlichen Wertermittlung gegeben werden soll. Keine Haftung des Verkäufers für Befunderhebungsfehler des Tierarztes bei Ankaufsuntersuchung Bei einem vertraglich vereinbarten Ausschluss jedweder Mängelhaftung des Verkäufers, der explizit auch alle versteckten Mängel zum Zeitpunkt des Verkaufs umfasst, hat der Käufer keinen Anspruch gegen den Verkäufer auf Rückabwicklung des Vertrags, wenn aufgrund eines Befunderhebungsfehlers des die vertraglich vereinbarte Ankaufsuntersuchung durchführenden Tierarztes ein solcher versteckter Mangel nicht erkannt wird und sich erst später zeigt. AgrB 6-2015 Agrar-Taxation Keine Haftung des Verkäufers für Befunderhebungsfehler des Tierarztes bei Ankaufsuntersuchung Urteil 69 Anzeige Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten Ratgeber für die Praxis. von Dr. Rudi W. Märkle, Ministerialdirigent a.D., und Gerhard Hiller, Oberamtsrat a.D. 2014, 11. Auflage, 838 Seiten, € 82,– ISBN 978-3-415-05172-0 Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten 11. Auflage MÄRKLE · HILLER Die Einkommensteuer bei Land- und Fortswirten 11. Auflage MÄRKLE · HILLER OLG Oldenburg, Urteil vom 4.3.2015 – 5 U 159/14 Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über die seinerzeit siebenjährige Stute B wegen behaupteter Mängel des Pferds. Im Kaufvertrag ist unter § 3.1 Beschaffenheitsvereinbarung angegeben, dass das Pferd angeritten und bereits mit Erfolgen im Sport eingesetzt worden ist. Zur gesundheitlichen Beschaffenheit des Pferds ist in § 3.2 eine tierärztliche Kaufuntersuchung vereinbart worden. Der schriftliche Bericht ist Gegenstand des Kaufvertrags. Im Übrigen wird das Pferd gemäß § 4 des Kaufvertrags unter Ausschluss jedweder Mängelhaftung auch für alle versteckten Mängel zum Zeitpunkt des Verkaufs verkauft. Die Ankaufsuntersuchung wurde drei Tage vor Abschluss des Kaufvertrags durchgeführt. Die Ärztin hatte ausweislich des Untersuchungsprotokolls lediglich zwei Engstände der Dornfortsätze BWS/LWS mit Berührung in der Sattellage, sog. „kissing spines“, befundet. Diese kissing spines beeinträchtigten nach der Feststellung der Ärztin nicht die klinische Gesundheit des Pferds zum Zeitpunkt der Untersuchung. In diesem Zusammenhang wurde auf die Bedeutung einer angemessenen Reitweise hingewiesen. Die Klägerin hat behauptet, bereits innerhalb der ersten 14 Tage nach der Übergabe des Pferds hätten sich zahlreiche Auffäl- AgrB 6-2015 Klar und übersichtlich erläutern anerkannte Experten alle wichtigen Gesetze und Verwaltungsentscheidungen wie auch vor allem die höchstrichterliche Rechtsprechung. Von besonderer Bedeutung sind die Regeln zur Berücksichtigung von Altenteilsleistungen sowie die novellierten Steuervergünstigungen für die Forstwirtschaft nach § 34b EStG. Die Autoren sind seit Jahrzehnten anerkannte Fachleute auf dem Gebiet des Ertragsteuerrechts im Allgemeinen und bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft im Besonderen. Auch bei der 11. Auflage setzen sie ihr wissenschaftlichtheoretisches Fachwissen durch die Rückkoppelung mit Fällen aus der Praxis – und vertieft durch ihre jeweilige langjährige Referententätigkeit – um. Leseprobe unter www.boorberg.de/alias/1009021 WWW.BOORBERG.DE Der Sachverhalt Die zahlreichen ertragsteuerlichen Sonderregelungen und naturbedingten Besonderheiten der Land- und Forstwirtschaft stellt der »Märkle/Hiller« praxisnah und in ihrer gesamten Bandbreite dar. RICHARD BOORBERG VERLAG FAX 07 11 / 73 85-100 · 089 / 43 61 564 TEL 07 11 / 73 85-343 · 089 / 43 60 00-20 BESTELLUNG @BOORBERG.DE ligkeiten gezeigt. Das Pferd habe beim Longieren mit ordnungsgemäß eingestellten Ausbindern regelmäßig abgestoppt und sei mit den Vorderbeinen in die Luft gestiegen. Dies habe das Pferd auch unter dem Reiter getan. Wenn die Ausbinder entfernt wurden, sei dieses Verhalten nicht aufgetreten. Darüber hinaus habe das Pferd von Anfang an Auffälligkeiten beim Satteln und Putzen, insbesondere in der Sattellage gezeigt. Das Pferd habe versucht, auszuweichen, zu bocken und zu beißen. Diese Symptome seien typisch bei einer Fehlstellung der Dornfortsätze bzw. Beschwerden im Rücken. Das Pferd habe sich insgesamt nur sehr unwillig reiten lassen und habe am Ende versucht, ihren jeweiligen Reiter hinunter zu bocken. Die Rittigkeitsprobleme seien auf die sich berührenden Dornfortsätze der Wirbelsäule zurückzuführen. Insofern liege eine eindeutige Schmerzsymptomatik vor. Vor dem Landgericht Oldenburg erhob die Klägerin Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags. Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens der Klage weitestgehend stattgegeben. Der Sachverständige hat zu der Röntgenaufnahme der beiden Vorderhufe, zu der es in der Ankaufsuntersuchung „ohne Befund“ heißt, festgestellt, dass dort erweiterte Strahlbeinkanäle, sog. canales sesamoidales, der Röntgenklasse III oder IV sichtbar sind. Bei einer Einstufung des röntgenologischen Befundes in die Klasse III oder III-IV könne somit nicht mehr von einem Gesundheitszustand „ohne Befund“ ausgegangen werden. 70 Urteil Keine Haftung des Verkäufers für Befunderhebungsfehler des Tierarztes bei Ankaufsuntersuchung Das Urteil Gegen das erstinstanzliche Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und vor allem die Missachtung des vertraglichen Gewährleistungsausschlusses durch das Landgericht gerügt. Das OLG hat der Berufung stattgegeben und unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts die Klage insgesamt abgewiesen. Nach dem OLG hat die Beklagte für die von der Klägerin behaupteten Mängel des Pferds nicht einzustehen. Dies ergibt sich aus dem im Vertrag unter § 4 vereinbarten Gewährleistungsausschluss. Daran ändert sich auch nichts durch die vertraglich vereinbarte Ankaufsuntersuchung. Nach dem Wortlaut der Klausel definiert der Befund des Tierarztes die Beschaffenheit ausschließlich, soweit die Ankaufsuntersuchung vom Tierarzt mangelfrei durchgeführt worden ist. Die Klausel weist daher unmissverständlich das Risiko, dass der Tierarzt Mängel fälschlich nicht erkennt und sie demgemäß im Protokoll der Ankaufuntersuchung keinen Niederschlag finden, dem Käufer zu. Eine andere Auslegung der Klausel ist vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlauts nicht möglich. Die Klausel dürfte auch den Parteiinteressen entsprechen, denn im Zweifel hat der Verkäufer mangels weitergehender Sachkunde keinen Anlass, gegenüber dem Käufer eine Einstandspflicht über das hinaus, was der Tierarzt festgestellt hat, zu übernehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem mit Beschaffenheitsvereinbarung überschriebenen § 3 des Vertrages. Zum einen ist Teil 1 der Klausel mit „Sportliche Beschaffenheit“ überschrieben, worunter die Parteien normative Standards, den Ausbildungsstand des Pferds betreffend, festlegen können. Teil 2 der Klausel sieht für die gesundheitliche Beschaffenheit die tierärztliche Kaufuntersuchung vor. Urteilsanmerkungen von Rechtsanwalt Jens O. Leisse, HLL Heine Leibing Leisse Rechtsanwälte – Fachanwälte, Schwerin, www.hll-recht.de Das Urteil des OLG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Parteien haben neben der Vereinbarung einer tierärztlichen Kaufuntersuchung einen ausdrücklichen Gewährleistungsausschluss auch für versteckte Mängel vereinbart. Die naheliegende Frage, ob die von der Klägerin vorgetragenen Auffälligkeiten beim Reiten nicht auch schon von der Verkäuferin hätten bemerkt werden müssen, also nicht „versteckt“ waren, ist nach dem Sachverhalt und den Entscheidungsgründen anscheinend überhaupt nicht diskutiert worden. Darauf kommt es aber auch überhaupt nicht an. Kern des Urteils des OLG ist, dass die Parteien einen umfassenden Gewährleistungsausschluss auch für versteckte Mängel vereinbart haben. Da sowohl die Verkäuferin als auch die Käuferin nicht über die erforderliche Sachkunde verfügt haben, ist zur gesundheitlichen Beschaffenheit Agrar-Taxation des Pferds die tierärztliche Ankaufsuntersuchung vereinbart worden. Damit haben die Parteien das Ergebnis dieser Ankaufsuntersuchung zum Vertragsbestandteil gemacht. Die Ankaufsuntersuchung durchführende Tierärztin hat die Röntgenaufnahme der beiden Vorderhufe mit „ohne Befund“ beurteilt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen in der ersten Instanz stellen die auf der Röntgenaufnahme der beiden Vorderhufe sichtbaren erweiterten Strahlbeinkanäle aber einen Befund der Röntgenklasse III bis IV und damit eine deutliche Abweichung von der im Kaufvertrag vereinbarten Sollbeschaffenheit dar. Damit dokumentieren die Feststellungen des Sachverständigen einen Befunderhebungsfehler der die Ankaufsuntersuchung durchführenden Tierärztin. Für einen solchen Befunderhebungsfehler wollten und konnten die Parteien nicht einstehen, da sie sich gerade auf die Sachkunde der Tierärztin verlassen haben. Aufgrund des Befunderhebungsfehlers dürften der Klägerin Ansprüche gegen die Tierärztin auf Schadensersatz zustehen. Medien Literaturtipps für Sachverständige Bewertung von Wirtschafts- und Wohngebäuden, baulichen Anlagen und Betriebseinrichtungen Kinzer: Berechnung des merkantilen Minderwertes in: GuG 5/2015, S. 283 ff. Rechte und Belastungen durch Dritte und deren Bemessung Thum: Nachteilige Folgen aus der temporären Inanspruch nahme land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke im Rahmen öffentlicher Infrastrukturvorhaben in: WF 2/2015, S. 66 ff. Berufsrecht des Sachverständigenwesens Grossam: Aktuelle Fallstricke bei der Durchführung von gerichtlichen Gutachtenaufträgen im Zivilprozess in: DS 3/2015, S. 46 ff. Schärtl: Verbraucherschutz bei Gutachteraufträgen in: DS 6/2015, S. 140 ff. Schlehe: Der Sachverständigenvertrag mit Verbrauchern: Trau schau wem! – in: DS 6/2015, S. 146 ff. Zucht, Haltung und Bewertung von Pferden Marx: Neuere Rechtsprechung zur Haftung bei Pferdehaltung – in: RdL 9/2015, S. 235 ff. Literaturtipps für die Unternehmensberatung Agrarförderung Schüttig: Beihilfefähigkeit von Acker- und Grünlandflächen mit nichtlandwirtschaftlicher Zwecksetzung oder Zweitnutzung – in: WF 2/2015, S. 78 ff. AgrB 6-2015 Medien Medien Brennereien Dorsch: Agrar-Alkohol: Markt statt Monopol in: top agrar 8/2015, S. 38 ff. Forstwirtschaft. Auch in die 11. Auflage setzen sie ihr wissenschaftlich-theoretisches Fachwissen verbunden mit Fällen aus der Praxis – und vertieft durch ihre jeweilige langjährige Referententätigkeit – ein. Die Autoren sind ihrer klaren Linie, der messerscharfen Abgrenzung sowie ihrer abweichenden Meinung zu bestimmten Sachverhalten treu geblieben, sodass Verwaltung, Rechtsprechung und Beratung an der 11. Auflage dieses Werks zur Ertragsbesteuerung im Agrarbereich nicht vorbeikommen werden. Udo Reuß Erneuerbare Energie Schmid: Totgesagte leben bestens: Solarstrom in: dlz agrarmagazin 9/2015, S. 110 ff. Grundlagen der Betriebsanalyse Frentrup/Theuvsen: Risikoanalyse leicht gemacht in: DLG-Mitteilungen 2/2015, S. 14 ff. Agrarrecht Pachtrecht Schmitte: Dauergrünland und Pachtrecht in: Agrar- und Umweltrecht 3/2015, S. 93 ff. Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten ISBN 978 3 920009 90 2 Einband Höfeordnung 4. Auflage.indd 1 AgrB 6-2015 Höfeordnung mit Höfeverfahrensordnung LR Bd. 11/4 Steffen/Ernst – Höfeordnung – Standardkommentar Die zahlreichen ertragsteuerlichen Sonderregelungen und Besonderheiten der Landund Forstwirtschaft stellt auch die 11. Auflage des „Märkle/Hiller“ praxisnah und in ihrer gesamten Bandbreite dar. Klar und übersichtlich erläutern der Ministerialdirigent a.D. sowie der Oberamtsrat a.D. alle wichtigen Gesetze und Verwaltungsschreiben wie auch vor allem die höchstrichterliche Rechtsprechung. Von besonderer Bedeutung sind die Regeln zur Berücksichtigung von Altenteilsleistungen sowie die novellierten Steuervergünstigungen für die Forstwirtschaft nach § 34b EStG. Ein Schwerpunkt der Überarbeitung gegenüber 2010 liegt in den neuen Möglichkeiten der gewinnneutralen Übergänge von Höfen innerhalb des Familienverbunds. Aktualisiert wurden zudem die Auswirkungen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes. Die 16 Kapitel des Standardwerks beschäftigen sich mit der Gewinnermittlung nach § 13a EStG, der Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht, der Gewinnschätzung, der Gewinnermittlung mittels einer Einnahmen-Überschussrechnung bzw. durch Buchführung, der Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns, den Vorschriften für alle Gewinnermittlungsarten, mit Investitionsabzugsbeträgen, Sonderabschreibungen und erhöhten Absetzungen, mit dem Betriebsvermögen (u.a. auch der Wohnung des Landwirts), mit den verschiedenen Unternehmensformen, mit der Bodengewinnbesteuerung, mit der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs, dem Freibetrag nach § 14a Abs. 4 EStG für Gewinne anlässlich der Abfindung weichender Erben, mit der Übergabe von Vermögen in vorweggenommener Erbfolge, mit dem Übergang des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs von Todes wegen sowie mit den Besonderheiten des Forstbetriebs. Märkle und Hiller sind seit Jahrzehnten anerkannte Fachleute insbesondere bei den Ertragsteuern in der Land- und von Prof. Dr. jur. Christian Grimm und Prof. Dr. jur. Roland Norer, Verlag C.H. Beck, 4. Auflage 2015, 330 Seiten, 59,00 €, ISBN 978-3-406-67988-9 „Agrarrecht ist Querschnittsrecht. Die Breite des fachlichen Spektrums wird jeden verwundern, der sich erstmals an dieses Rechtsgebiet heranwagt“, schreibt Autor Christian Grimm. Für die Neuauflage seines Lehrbuchs hat er mit Roland Norer einen Co-Autor hinzugenommen. Dieses Buch aus der Reihe der juristischen Kurzlehrbücher für Studium und Praxis behandelt alle öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche Aspekte des Agrarrechts. Die 4. Auflage berücksichtigt zahlreiche nationale und EU-Novellen. Enthalten sind der aktuelle Stand und ein Ausblick auf die gemeinsame Agrarpolitik bis 2020 (GAP), die Klimaschutznovelle, das überarbeitete Pflanzenschutzgesetz, die neue Baunutzungsverordnung sowie Änderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Nach der Klärung von Grundbegriffen werden die landwirtschaftlichen Besonderheiten beim Eigentum erklärt. Kapitel 3 widmet sich dem Pachtrecht, danach folgen das Erbrecht, schuldrechtliche Besonderheiten, das öffentliche Baurecht, das Recht um die pflanzliche Produktion, die tierische Erzeugung, das Lebensmittelrecht, landwirtschaftliche Kooperationsformen, die Förderung der Landwirtschaft, Marktordnung und Entwicklung des ländlichen Raums und schließlich das Agrarumweltrecht. Beide Autoren stammen aus der Wissenschaft. Professor Dr. Christian Grimm ist emeritierter Professor an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Professor Dr. Roland Norer ist Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht und das Recht des ländlichen Raums an der Universität Luzern (Schweiz). Udo Reuß von Dr. Rudi W. Märkle und Gerhard Hiller, Richard Boorberg Verlag, 2014, 838 Seiten, 82,00 €, ISBN 978-3-415-05172-0 Agricola-Verlag GmbH E-Mail info@agricola-verlag.de Internet www.agricola-verlag.de 71 Sammlung: Kommentare zu landwirtschaftlichen Gesetzen · Band 11/4 Höfeordnung mit Höfeverfahrensordnung Standardkommentar 4. Auflage von Dr. Wilhelm Steffen und Johannes Ernst Direktor des Amtsgerichts a.D. Direktor des Amtsgerichts a.D. fortgeführt von Johannes Ernst 4. Auflage Agricola-Verlag von Dr. Wilhelm Steffen, fortgeführt von Johannes Ernst, Agricola-Verlag, 4. Auflage 2015, Band 11/4, 595 Seiten mit CD, gebunden, 95,00 €, ISBN 978-3-920009-90-2 Agricola-Verlag GmbH Dass nach nur 5 Jahren jetzt schon wieder eine Neuauflage dieses Kommentars auf den Markt kommt, bestätigt, dass er einen festen Platz im Arsenal des Handwerkszeugs 27.07.2015 17:53:28 72 Medien Medien der Agrarjuristen hat. Er ist in der Tat insbesondere wegen seiner Übersichtlichkeit für den Praktiker der geeignete Kommentar des ersten Zugriffs, um sich über den Meinungsstand zu Streitfragen der Höfeordnung zu informieren. Die dafür erforderliche Aktualität ist auch in dieser Auflage gegeben. Die richtungsweisenden höchstrichterlichen Entscheidungen des BGH vom 29.11.2013 zum Verlust der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs, vom 25.4.2014 zur Leistungsfähigkeit des Betriebs als Voraussetzung für die Unwirksamkeit von Grundstücksvermächtnissen und vom 26.6.2014 zur Zuordnung von dauerhaft landwirtschaftsfremd genutzten Flurstücken bzw. unselbstständigen Teilflächen zum hoffreien Vermögen trotz Eintragung des Hofvermerks für das umfassendere Grundstück im Rechtssinne sind alle aufgeführt und behandelt, allerdings mit unterschiedlicher Intensität. Man findet mithilfe der an der Praxis orientierten Schlagworte im Sachverzeichnis schnell und sicher die Stelle, an der die damit verbundene Problematik behandelt wird und dort den ersten Einstieg in den rechtlichen Meinungsstand dazu. Für die vertiefte Beschäftigung und Lösung können und sollten dann die weiteren umfangreichen Kommentare hinzugezogen werden. Auch die praxisrelevanten Fragen zum Geschäftswert und den Gebühren in den Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht werden mit der gebotenen Sorgfalt dargestellt und die dazu ergangenen jüngsten Entscheidungen der OLG Celle und Hamm aufgeführt. Die Einfügung von kurzen und praxisnahen Beispielen in die Kommentierung ist eine Besonderheit, die nur dieses Werk aufweist. Sie ist von Vorteil insbesondere für die Nutzer, die nicht täglich mit den rechtlichen Problemen der Höfeordnung befasst sind, und erleichtern das Verständnis der einzelnen abstrakten Rechtsprobleme. Für den Praktiker eine große Hilfe sind auch die Hinweise jeweils am Ende der Kommentierung jedes einzelnen Paragraphen der Höfeordnung auf das dafür geltende Verfahren, dessen Geschäftswert und die Kosten. Das ist in der konkreten Mandatsbearbeitung ein ganz erheblicher Vorteil, den nur dieser Kommentar bietet. Verbessert worden sind gegenüber der Vorauflage die Fundstellennachweise in den Fußnoten, die jetzt praktisch durchgängig allgemein zugängliche Quellen angeben. Dass unter diesen einige Entscheidungen und Veröffentlichungen sind, die schon sehr lange zurückliegen, ist wohl die Eigenart eines jeden Kommentars. Bei der nächsten Auflage, die hoffentlich wieder in angemessener Zeit erscheint, sollte das aktualisiert werden. RA Dr. Henning Wolter, Hamm Accelerate von John P. Kotler, Verlag Franz Vahlen, 2015, 155 Seiten, gebunden, 24,90 €, ISBN 978-3-8006-5021-7 Kotler erhielt bereits mit 33 Jahren eine Professur an der renommierten Harvard Business School. Er gilt als weltweiter Experte im Change Management. In „Accelerate“ fordert er den Wandel eines Unter- nehmens von einer rein hierarchischen Struktur hin zu einem dual operierenden System. Dies ist nötig, um den wachsenden Unsicherheiten, dem enormen Innovationsdruck und schnellen Wandel auch künftig erfolgreich auf den Märkten begegnen zu können. Dafür braucht es eine zweite, netzwerkartig aufgebaute Struktur, um schnell und beweglich agieren zu können. Diese ergänzt die Hierarchie einer älteren Organisation, ohne sie zu überlasten, und setzt dadurch Kapazitäten frei. Strategische Veränderungen werden hierdurch beschleunigt. Die Konsequenz: ein duales Betriebssystem. Was ein solches charakterisiert, wie es aufgebaut und zu kreieren ist, beschreibt Kotler. Er geht auch darauf ein, welche Herausforderungen dies für Menschen bedeutet. In den letzten drei Kapiteln des Buchs widmet er sich der Implementierung eines dualen Systems in Unternehmen. Udo Reuß Meine kleine Farm Miriam und Peter Wohlleben, Meine kleine Farm. Anleitung für Selbstversorger, Verlag Eugen Ulmer, 2015, 272 Seiten mit 260 Farbfotos und 30 Zeichnungen, gebunden, 29,90 €, ISBN 978-3-8001-8394-4 Mit diesem Buch liefern Miriam und Peter Wohlleben einen aufschlussreichen Ratgeber für all diejenigen, die ihre gesunde Versorgung selbst in die Hand nehmen möchten. Seit 25 Jahren lebt die Familie Wohlleben in einem Forsthaus in der Eifel. Von Anfang an war das Ziel, sich weitestgehend selbst zu versorgen. Was sich bewährte, wurde weiter angebaut, anderes wurde nach etlichen Versuchen verworfen. Vom eigenen Gemüse über Getreide bis hin zu Honig, Käse und Fleisch zeigen Miriam und Peter Wohlleben, was man auf der eigenen Scholle selber erzeugen kann. Dabei sprechen sie ganz offen von Misserfolgen oder Herausforderungen bei der Kultivierung von Kartoffeln oder Pastinaken, machen deutlich, wie wichtig es ist, für welche Tierhaltung man sich entscheidet und geben wertvolle Hinweise für die Anschaffung von Geräten oder die ertragreiche Bewirtschaftung der Flächen. Auch die Versorgung der Tiere, das Erzeugen von eigenem Wasser oder Strom ist Thema dieses sehr persönlichen Buchs. Besonderen Wert legen die beiden Autoren auf die Produkte, die einen wirksamen Beitrag zur Selbstversorgung leisten, ohne zu viel Aufwand zu erfordern. Peter Wohlleben studierte an der Fachhochschule Rottenburg Forstwirtschaft und kündigte nach 23 Jahren seine Beamtenstelle bei der Landesforstverwaltung Rheinland-Pfalz, um seine Vorstellungen von einer ökologischen Waldbewirtschaftung in der Gemeinde Hümmel in der Eifel umzusetzen. Seitdem lebt er dort mit seiner Familie in einem alten Forsthaus und versorgt sich weitgehend selbst. Seine Frau Miriam leitet seit zehn Jahren den Bürobetrieb eines Bestattungswalds. Udo Reuß AgrB 6-2015 Bau und Immobilien Bau und Immobilien Komplett kommentiert: die neue Sachwertrichtlinie, ab 2014 umsetzbar Kleiber Verkehrswertermittlung von Grundstücken Kleiber Kommentar und Handbuch zur Ermittlung von Marktwerten (Verkehrswerten) und Beleihungswerten sowie zur steuerlichen Bewertung unter Berücksichtigung der ImmoWertV 7. Auflage ISBN 978-3-8462-0218-0 7., vollständig neu bearbeitete Auflage, 2014, 3296 Seiten, 17,0 x 24,0 cm, Buch (Hardcover), 249,00 € Verkehrswertermittlung von Grundstücken Kommentar und Handbuch zur Ermittlung von Marktwerten (Verkehrswerten) und Beleihungswerten sowie zur steuerlichen Bewertung unter Berücksichtigung der ImmowertV Das Standardwerk gibt den aktuellen Stand der Wertermittlungslehre und Wertermittlungspraxis wieder. Für alle Sachverständigen, an die hohe Anforderungen an Sachkunde, Integrität und Sorgfaltspflicht gestellt werden, ein unverzichtbares Arbeitsmittel. Kleiber-Print Bau und Immobilien Kleiber Kleiber-digital zum Kombipreis von 368,– € Profitieren Sie von der inhaltlichen Stärke des Kommentars kombiniert mit dem Aktualitätsbonus des Internets! + Verkehrswertermittlung von Grundstücken Kommentar und Handbuch zur Ermittlung von Marktwerten (Verkehrswerten) und Beleihungswerten sowie zur steuerlichen Bewertung unter Berücksichtigung der ImmoWertV 7. Auflage Jetzt beide Produkte bestellen und Vorteile nutzen: • jetzt Online-Version 4 Wochen kostenlos nutzen • dann 33,00 € beim Bezug der Online-Version im ersten Jahr sparen! Kleiber-digital Der Kommentar zur Grundstückswertermittlung von Wolfgang Kleiber – online Seit 20 Jahren ist der Kommentar „Verkehrswertermittlung von Grundstücken“ unverzichtbares Standardwerk für jeden Wertermittler. Die kompletten Inhalte dieses Titels stehen auch im Internet zur Verfügung und werden regelmäßig aktualisiert. ISBN 978-3-89817-830-3 Online-Datenbank, Jahresabonnement: 152,00 € (Einzelplatzlizenz, Mehrplatzlizenz auf Anfrage) Mit dem Online-Kommentar „Kleiber digital“ profitieren Sie von der inhaltlichen Stärke des Kommentars kombiniert mit dem Aktualitätsbonus des Internets! Sparen Sie sich lästige Informationssuche aus unterschiedlichen Quellen! Mit über 1500 Entscheidungen im Volltext und der Verlinkung von Entscheidungen und Gesetzestexten wird Kleiber digital bald unverzichtbar für Ihre tägliche Arbeit. 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Auflage 2015 / 46 Seiten ISBN 978-3-89187-093-8 / 32,00 € (zzgl. Versandkosten) Graf von Hardenberg Bewirtschaftung von Ackerflächen Mustervertrag mit Erläuterungen Vertragsklauseln auf CD-ROM 28.09.2015 11:31:25 von Rechtsanwalt Wichard Graf von Hardenberg HLBS-Musterverträge / 1. Auflage 2015 / 58 Seiten ISBN 978-3-89187-094-5 / 32,00 € (zzgl. Versandkosten) Bestellungen an: HLBS Verlag GmbH Engeldamm 70 • 10179 Berlin • Telefon 030/2008 967-50 • Telefax 030/2008 967-59 • verlag@hlbs.de www.hlbs.de unter Medien/Bücher