Anni Friesinger: "Es ist wie ein zweites Leben"

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Anni Friesinger: "Es ist wie ein zweites Leben"
Anni Friesinger zeigt der tz ihr Glück - Wintersport - Sport - tz-online.de
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Artikel publiziert am: 30.12.11
Datum: 03.01.2012 - 10.12 Uhr
Quelle: http://www.tz-online.de/sport/mehr-wintersport/anni-friesinger-zeigt-glueck-1547095.html
Anni Friesinger: "Es ist wie ein zweites Leben"
München - Anni Friesinger zeigt in der tz ihr Familienglück mit Tochter Josephine und Ehemann Ids
Postma. Sie sagt: "Manchmal ist es schon fast kitschig, wie schön das alles ist."
© Getty
Anni Friesinger mit ihrem Mann Ids Postma
Die kleine Josephine blieb unbeeindruckt – von den Lichtern an den Christbäumen, vom Duft von Zimt und
Mandeln, von der heimeligen Stimmung. Friedlich schlummerte sie vor sich hin mit ihren viereinhalb Monaten,
umso mehr leuchteten dafür die Augen der Mama: Anni Friesinger, die im Dezember zum ersten Mal mit ihrem
Mann Ids Postma den Kinderwagen über den Christkindlmarkt ihrer Wahlheimat Salzburg schob – und die
jetzt mit 34 zum ersten Mal Weihnachten als Mutter feierte. „Ich genieße jeden Tag mit meiner Tochter“, sagte
Friesinger beim gemeinsamen Weihnachts-Bummel zur tz, „es ist wie ein zweites Leben.“
Ein zweites Leben, das sie viel glücklicher macht als das erste. Das erste Leben war Training, Wettkampf, die
Jagd nach Medaillen. Eine erfolgreiche Jagd, die für Postma, den Olympiasieger von 1998, 2004 vorbei war,
während sie, die dreimalige Goldmedaillengewinnerin, nach Vancouver 2010 die Schlittschuhe einpackte. Und
so rund es für die beiden auf den Eis-Ovalen dieser Welt lief, so glatt ging auch der Übergang in die
gemeinsame Zeit danach. Nie hatte sie daran gedacht, noch während der Karriere eine Babypause
einzulegen und danach die Laufbahn fortzusetzen. „Das kam für mich nicht infrage“, sagt Friesinger. „Ich
wollte das erst jetzt, wo ich Zeit habe und richtig da sein kann für mein Kind.“ Jetzt hat sie Zeit, viel Zeit, darum
wirkt sie noch gereifter, lebenserfahrener, zufriedener als früher.
„Weil ein Kind zu haben“, sagt sie, „das ist so viel schöner als Gold. Die Freude über eine Medaille, die
vergeht, du hängst sie in den Schrank und schaust sie manchmal an. Aber über ein Kind freust du dich jeden
Tag, ein größeres Glück kannst du nicht haben“. Das Glück, das vor vier Monaten am 12. August in Meppen
zur Welt kam, 3160 Gramm schwer war und 49 Zentimeter groß, das Glück, das man nicht in den Schrank
hängt.
Unkompliziert sei die Schwangerschaft gewesen, sagt sie, meistens war sie bei sich in Salzburg, dann Ende
Juli siedelte sie über zu ihrem Ids, auf den Bauernhof mit den 450 Milchkühen in Holland. Zur Geburt fuhr das
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werdende Elternpaar eine Stunde weiter östlich ins Ludmillenstift in Meppen. Die Mutter wollte das Kind in
Deutschland zur Welt bringen, weil sie der medizinischen Versorgung hier mehr vertraute, sagt sie. Die ersten
Tage blieben Mama, Papa und Baby noch in der Klinik, teilten sich ein großes Familienzimmer, danach ging
es wieder zurück auf seinen Hof und Papa Postma sagt, dass es oft anstrengend sei: „Wenn ich zum Melken
um fünf Uhr morgens aufstehen muss und Josephine zwischen zwei und drei Uhr wach ist. Aber selbst das
möchte ich nicht mehr vermissen. Es ist alles wie das perfekte Glück.“ Und Mutter Anni sagt: „Manchmal ist es
schon fast kitschig, wie schön das alles ist.“
Vor zehn Jahren ging es bei Anni Friesinger noch um den Zicken-Zoff mit Claudia Pechstein rund um Olympia
in Salt Lake, jetzt geht es nur noch um heile Welt. Jetzt redet sie über ihr Baby, nicht mehr über die alte
Rivalin, die nach ihrer abgelaufenen Sperre immer noch läuft. Aber zur Pechstein will Anni Friesinger auch
ganz bewusst nichts mehr sagen. Würde vielleicht nur die Stimmung trüben.
Schön war die Stimmung auch an Weihnachten, das erste Mal zu dritt, Annis Mama Jana, die inzwischen
auch in Salzburg wohnt, auf der anderen Seite der Salzach, war auch dabei und auch Annis jüngere
Schwester: die Agnes, die inzwischen mit ihrem Freund Risto Rosendahl in Finnland lebt und als Sekretärin in
einem Atomkraftwerk arbeitet. Bruder Jan dagegen blieb bei seiner Familie, ebenfalls in Skandinavien. Bei
seiner Frau in Norwegen und bei seinem Sohn, dem zweijährigen Ola. Die Heimat in Inzell haben sie
inzwischen alle verlassen.
Verlassen wird Anni Friesinger nun auch ab Januar ihre Tochter. Bis März wird sie bei drei EisschnelllaufGroßereignissen als Co-Kommentatorin und Expertin für das holländische Fernsehen im Einsatz sein, eine
Aufgabe, die ihr fachlich wie sprachlich leicht fallen wird, weil ihr Holländisch inzwischen perfekt sei, wie
Ehemann Ids sagt.
Möglich, dass sie dann doch noch was zu Pechstein sagen muss; noch viel schwerer dürfte der
Trennungsschmerz von ihrer Josephine sein. „Leicht wird das nicht“, gesteht Friesinger, die seit einigen
Wochen allmählich abstillt, „genau deswegen wollte ich aber auch nur diese drei Veranstaltungen machen.
Den ganzen Winter unterwegs zu sein, das könnte ich mir nicht mehr vorstellen.“ Es ist ja auch genau das
Unterwegssein, was dann doch noch zum perfekten Glück fehlt, das ewige Pendeln zwischen seinem
Bauernhof in Holland und ihrer Wohnung in Salzburg, das ist auf Dauer mühsam – auch wenn sie dank ihres
Flugscheins mit einer einmotorigen Maschine in nur zweieinhalb Stunden bei ihrem Mann ist.
„Meistens habe ich Heimweh, wenn ich dort bin, dann zieht es mich zurück in die Berge.“ Sie spricht davon,
dass Salzburg ihr Lebensmittelpunkt sei und von der Hoffnung, dass eines Tages Ids seine Viehwirtschaft
vielleicht irgendwo im Salzburger Land aufziehen kann. Noch ist es aber konkret kein Thema, genauso wenig
wie ein zweites Kind. „Jetzt genießen wir erst einmal die Josephine“, sagt die Mutter, „dann schauen wir
weiter. Eilt nicht.“ Sie haben noch viel Zeit, in ihrem zweiten Leben.
Florian Kinast
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