leer 1-16.indd - Schule für Gestaltung Bern und Biel
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ISBN 3-033-00295-1 Almanach 2003/2004 // Almanach 2003/2004 BERUFSWEGE / Schule für Gestaltung Bern und Biel / Ecole d‘Arts Visuels Berne et Bienne // Inhalt 04 05 06 09 12 14 16 34 36 40 42 46 48 50 52 53 54 55 56 58 59 60 61 62 63 64 VORWORT Anna-Marie Kappeler PREFACE DER SCHATTEN DES MALERS IST WEISS Urs Dickerhof L'OMBRE DU PEINTRE EST BLANCHE ANNATINA – AGRONOMIN IN DER FACHKLASSE GRAFIK BIEL Francesco Micieli BERUFSWEGE SIND UMWEGE: ANITA BAUMGARTNER, HANDBUCHBINDERIN Anita Baumgartner SILEX André Vladimir Heiz BERNHARD GIGER – FOTOGRAF, JOURNALIST, FILMEMACHER Thomas Pfister VON DER ENGELSBURG ZUR SCHWABGUTSPITZE Andreas Schärer CHANTAL MICHEL – KÜNSTLERIN Thomas Pfister FOTOGRAFIEN VON ROLAND BART FOTOGRAFIEN GOLDSCHMIEDEARBEITEN OLMA-PLAKAT VON MICHAEL ZISKA GESCHÄFT MIT EMOTIONEN Urs Liechti LE GRAND DEPART – ROLAND BART Urs Dickerhof LE GRAND DEPART – ERWIN HÄNNI Anna-Marie Kappeler LE GRAND DEPART – JÖRG E. KOCHER Beat Küffer LE GRAND DEPART – FOTOGRAFIEN ABSCHIEDSFESTE Roland Aellig AUSSTELLUNGEN / EXPOSITIONS Klaus F. Pressmann u a. AUSZEICHNUNGEN – VERMISCHTE MELDUNGEN / PRIX - FAITS DIVERS GRAFIK DIPLOMTAG VEREIN PROFORMA Marianne Burkhard DANK NACHWORT Jürg Engi POSTFACE IMPRESSUM # INSERT: IN AUSBILDUNG / JAHRESRECHNUNG / BERUFSZIELE // Vorwort Anna-Marie Kappeler / Direktorin Ein Almanach – kein Jahresbericht liegt vor Ihnen. Ein Almanach ist immerhin ein Jahrbuch. Nicht der Rückblick steht allerdings im Zentrum, sondern das nächste Jahr. Das Wort Almanach stammt vermutlich aus dem Syrischen und heisst – das nächste Jahr.¶ Wir sind vom Jahresbericht auf den Almanach gekommen, weil wir die kurze Verfallszeit eines Jahresberichts umgehen wollen. Einmal im Jahr machen wir – das heisst unsere Lernenden und Lehrenden – ein Buch. Wir schreiben, gestalten und drucken es selber. Wir geben darin etwas von uns preis, etwas, das uns heute beschäftigt, an dem wir arbeiten, das für uns steht, an das wir die nächsten Jahre anknüpfen. ¶ Almanache enthalten erbauliche und unterhaltende Beiträge, Berichte von spektakulären Ereignissen, Abbildungen. Thema unseres Almanachs sind Berufswege. Wir zeigen, wie vielseitig das Angebot unserer Schule ist, wie erfolgreich Berufsleute nach ihrer Ausbildung sein können, wie sie sich bilden und weiterbilden, dass Umwege dazu gehören bzw. keine sind.¶ Bildung – Weiterbildung: So erbaulich unsere Beiträge sein mögen, das Thema ist hochaktuell. Weiterbildung – sei es autodidaktisch oder in Form einer anerkannten Ausbildung – ist in unserem Land keine Selbstverständlichkeit. Im internationalen Vergleich ist die Schweiz mittelmässig, im neuen Jahrtausend nimmt die Teilnahme an Weiterbildungskursen ab. Es gelingt uns nicht, sämtliche Bildungsschichten anzusprechen. Dies in einem Umfeld, in dem wir im Laufe unseres Lebens zwei bis drei verschiedene Berufe ausüben, in dem die Wissensgesellschaft für jedes Land von grosser ökonomischer Bedeutung ist, in dem wir wissen, dass Bildung nicht nur den Wohlstand der Gesellschaft, sondern auch die Arbeitschancen und die Lebensqualität jedes einzelnen fördert. – Warum nur entlassen unsere Schulen so viele bildungsmüde Menschen? ¶ Der vorliegende Almanach ist ein Plädoyer für Bildung und Weiterbildung, eine Verpflichtung unserer Schule, die Menschen, die sich bei uns bilden und weiterbilden, mit einem gut gefüllten Rucksack, jedoch auch hungrig und neugierig in die Berufswelt zu entlassen. # 4 // Préface Anna-Marie Kappeler / Directrice C’est un almanach – et non un rapport annuel – que vous avez devant vous. Un almanach, c’est quand même aussi un annuaire. Mais ce n’est pas l’année écoulée qui est au centre, c’est l’année à venir. Le mot almanach nous est probablement venu de Syrie et signifie – l’année prochaine.¶ Nous avons décidé de remplacer le rapport annuel par un almanach, car nous voulons éviter le court délai de péremption d’un rapport annuel. Une fois par année nous faisons – plus exactement nos élèves et nos enseignants font – un livre. Nous l’écrivons, lui donnons une forme, l’illustrons et l’imprimons nous-mêmes. Nous y révélons quelque chose de nous-mêmes, quelque chose qui nous préoccupe aujourd’hui, qui fait partie de notre travail actuel, qui nous représente, que nous poursuivrons ces prochaines années.¶ Les almanachs contiennent des textes édifiants et divertissants, des récits d’évènements spectaculaires, des illustrations. Le thème de notre almanach ce sont les destinées professionnelles. Nous montrons combien l’offre de formations à notre école est variée, quel succès les professionnels rencontrent après leur formation, comment ils se forment et se perfectionnent et que parfois ils font des détours, qui n’en sont pas, puisqu’ils en valent la peine.¶ Formation – formation continue: si édifiants nos textes soient-ils, le sujet est d’une grande actualité. Dans notre pays, il ne va pas de soi que l’on se perfectionne – que ce soit en autodidacte ou en suivant une formation reconnue. La comparaison montre que nous ne sommes tout juste dans la moyenne internationale; depuis le début du nouveau siècle, la participation à des cours de formation continue est en baisse. Nous n’arrivons pas à toucher toutes les couches de formation. Ceci à une époque où nous exerçons deux à trois métiers différents au cours de notre vie, où la société de connaissance revêt une grande importance économique pour tout pays, où nous savons que la formation favorise non seulement la prospérité de la société, mais aussi les chances sur le marché du travail et la qualité de vie de chacun de nous. Comment se fait-il que tant de personnes fatiguées d’apprendre sortent de nos écoles?¶ Le présent almanach est une plaidoyer pour la formation et la formation continue, un engagement de notre école à laisser les personnes qui se forment et se perfectionnent dans notre école partir dans le monde professionnel non seulement avec un bagage bien fait, mais aussi avec beaucoup d’appétit et de curiosité.# 5 //Der Schatten des Malers ist weiss Urs Dickerhof Auf Umwegen zu Bildern, ob wir diese wollen oder nicht: «Auch wer sich nicht für Meteorologie interessiert, wird vom Regen nass», hat Peter K. Wehrli geschrieben. Eine unruhige Auseinandersetzung mit dem Nebeneinander von Allem. Kunst machen, das heisst Chaos und Ordnung in ein Gleichgewicht bringen. Künstler und Gestalter als kreative Forscher, die aus ihrer Intuition schöpfen. Kunst und Gestaltung als letzter Hort kreativer Reflexion. Radikales Beharren auf die Kraft des Abenteuers inmitten einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Wenn nicht, dann nicht! Wagemutige Inszenierungen. Grenzüberschreitungen. Hemmungslosigkeit, als Temperament und nicht als Methode. Die Bereitschaft, sein Gleichgewicht zu opfern. Wichtiger als Überzeugungen sind Zweifel. Der Zweifel veranlasst uns zu zögern, zu bedenken, zu überlegen. Ein nicht festgelegter Geist stellt fest: Bei zwei Möglichkeiten sind es plötzlich beide.¶ Dagegen stehen die Mechanismen der Gleichförmigkeit einer leichtfertigen Bewusstseinsindustrie, der Hang zu einer ununterscheidbaren Gesellschaft. Dagegen steht die Abgestumpftheit einer Aussage wie dieser: Es gibt nichts Unerklärliches in seiner unbeirrt zielstrebigen Wesensart, sein willentlicher Verzicht auf noch das flüchtigste Geheimnis zeugt von seinem gesunden Menschenverstand. Wenn indessen gesunder Menschenverstand darin besteht, eine Gleichwertigkeit herzustellen zwischen dem, was man sieht, was man weiss, und dem, was ist, dann ist jedem populistischen Kürzel Tür und Tor geöffnet. Also jedesmal, wenn zu Umwegen Befähigte die Instanz des Zauderns beanspruchen und damit verwirrliche Möglichkeiten zulassen, antwortet der gesunde Menschenverstand mit einem quantitativ eindeutigen und von keinem Zweifel tangierten Geradeaus und Mittenhin- 6 ein, und manipuliert so das Nebeneinander von Allem systematisch zum Gegeneinander von Allem. Dann genügen einige aus Halbwahrheiten genährte Gemeinplätze, um zusammen mit einem vulgären Sprachgebrauch im effektvollen Ausgrenzen von Andersdenkenden zu enden.¶ Die Tatsache, dass jemand die Sterne nicht erreicht, bedeutet nicht, dass es keine Sterne gibt.¶ Die Wahl des Weges des Künstlers untersteht vielen Zweifeln und Konflikten. Das macht ein Vorankommen beschwerlich und im Handkehrum abenteuerlich, aufregend, ereignisreich und überraschend. Die Vorstellung, lediglich geradeaus unterwegs zu sein, hat etwas entlarvend Banales an sich. Vollkommenes Begreifen und Verstehen entlässt uns nicht selten in eine befremdende Empfindungslosigkeit: Jene Behauptung ist viel zu eindeutig, als dass sie noch geglaubt werden muss, jener Mensch, der nur nach den Regeln der Vernunft lebt, lebt nicht wirklich. Wir singen das Lob des Fortschritts als Ablenkung, um nicht zur Welt zu kommen. Doch welcher Illusion sich der Einzelne auch immer hinzugeben bereit ist – es lässt sich nicht ändern, dass auch sein Weg kein gerader ist.¶ So eröffnet uns die ungebremste Bereitschaft, Umwege zu beschreiten, eine Fülle von uneingeschränkten Aussichten. Weg um Weg verspricht eine potentielle Chance und jede Abzweigung gewährt dir die freie Wahl. Wegweiser sind Andeutung oder ein Wink mit dem Zaunpfahl. Überall Spuren und arglose Begegnungen. Auch unterwegs sucht das Gedächtnis nach Alltäglichem und Gewohntem als einem möglichen Halt für künftige Erinnerungen. Nicht wenige Wege führen in die Stille. Ich bewege mich im Kreis, gehe durch eine rätselhafte Welt, ich lasse mich nicht behindern. Ich kreuze jemandes Weg, laufe jemandem in die Arme, gehe nie über Leichen. Vieles ist mir merkwürdig vertraut. Einiges setzt mir unverblümt zu. Anderes verschuldet den Verlust der Übersicht. Nichts ist wie es scheint. Eine Wolke über einem Berg verwandelt diesen in einen Vulkan. An einem bestimmten Tag wählst du an jeder Weggabelung den jeweils engeren Weg. Obsessionen sind eine aufregende Begleitung. Doch du bleibst auf der Hut, denn hinter einer Kreuzung lauern vielleicht Missgunst, Eifersucht und Skepsis. Schliesslich beflügeln jedoch das Hierhin oder Dorthin deine Fragen über das Dasein, die Zerbrechlichkeit von Identität, das Zusammenstehen von Wesen und Dingen. Musik ertönt und du schlenderst gelassen in die Verwöhnung. Du begegnest Melancholie und Aberwitz, du begegnest Vorbildern und idealen Konstellationen. Ab und zu glänzt die grosse Welt und ein Nebenschauplatz macht sich genüsslich breit. Seinen Weg suchen heisst finden, was schon in einem ist. Dein Weg ist frei, hinaus aus der Gegend des Sichtbaren hin zu jener Endstation namens Sehnsucht. «Er kreiselt», sagt A von B, wenn dessen eilige Kritzeleien verworrene Pfade in verschwiegene Territorien artikulieren.¶ Die Überlagerung von Vergangenem und Gegenwärtigem. Gestern und Heute. Rückblick. Ausblick. Neue Wirklichkeiten. Der Umweg über das Vorbild. Zitat und Montage. Selbstbefragung. Vergleichende Überlegungen. Eindruck und Ausdruck. Anspielungen, Spiegelungen. Die ganze Welt besteht aus sich berührenden Dingen, und auf Umwegen unterwegs zu sein heisst wohl, dass man sich Inventarien unzähliger Möglichkeiten zusammenstellt und aneignet. Das Üben der Betrachtung und kreativer Gebärden und eine Vielfalt von Strategien sind vertraute Attribute, wenn es darum geht, Eindeutiges im Auge zu behalten, Prekäres in der Schwebe zu belassen. Die Suche nach der Einheit in der Vielfalt gleicht Vermutungen über den Turm zu Babel. Doch die Bedeutung der Dinge ist mehr als nur das Bild, dass wir uns von ihnen machen. Die Auseinandersetzung mit Bedeutungen ist eine verbindliche Verpflichtung. Und dem Inhalt, zwischen Standpunkt und Aussage, gilt die entschiedene Umsetzung einer Vorstellung im Augenblick. Alles darf ins Bild! Auch Widerstand und unerfüllte Wünsche. Ein Schrei wie von Munch. Die Illusionen von Freiheit. Der alte Poet. Oder die Versuchungen des heiligen Antonius. Doch Halt! Im Begriff einen weiteren Umweg einzuschlagen, noch schnell ein verpflichtender Gedanke: Uns geht es nie um den Gebrauch des Menschen.¶ 7 Beobachtungen und Begegnungen zwischen Himmel und Erde. Der tägliche Aufbruch zu neuen Horizonten. Unterwegs wie im Rausch, unterwegs auf Umwegen zu sich selbst: Jener zornige junge Aufklärer ist nicht in Wut gealtert, ein militanter Bewunderer ist nun gelassener Kommentator, so viele leidenschaftliche Wortführer sind inzwischen ohne Wirkungsillusionen. Ein Vorhang fällt und Fragen bleiben offen. Wie sehr dürfen Erwartungen und Wirklichkeit auseinanderklaffen? Wie viele Umwege erträgt ein Mensch? Wann ist genug mehr als genug? Das wirre Bild zeigt nicht zwingend verwirrende Bedeutungen. Willkommen in unbehinderten Gedanken. Unangebrachte Fragen sind dir gewiss. Jenseits künstlerischer Konventionen erwarten uns ein latenter Hang zu Seltenheit ebenso grelle Inszenierungen und Gedankenüberfluss. Das Persönliche und das Allgemeine, das kaum Denkbare, die alltäglichen Verlockungen in freimütigen Andeutungen und im berauschenden Überblick, in Bildern mit doppeltem Boden. «Der gefährlichste Augenblick meines Lebens ist noch nicht gekommen», hat César Vallejo geschrieben. Angeschwemmt an die Küste der Erkenntnis verschmelzen Einzelheiten zu Bildern einer Welt voller zugespitzter Ansichten und erkundeter Aussichten. Beharrlich, Tag für Tag und ein Ende ist nicht abzusehen.# 29. Juli 2004 8 // L’ombre du peintre est blanche Urs Dickerhof Arriver par des détours aux images, que nous voulions celles-ci ou non. «Même celui qui ne s’intéresse pas à la météorologie se mouille sous la pluie» a écrit Peter K. Wehrli. Une confrontation intranquille avec la coexistence de tout. Faire de l’art signifie mettre le chaos et l’ordre en équilibre. Les artistes et les créateurs visuels comme chercheurs qui puisent dans leur intuition. L’art et la création visuelle comme dernier havre où se consacrer à la réflexion créative. Insister radicalement sur la force de l’aventure au milieu d’une société à responsabilité limitée. Si c’est non, c’est non!¶ Des mises en scène audacieuses. Dépasser les frontières. Se débarrasser des inhibitions, non comme méthode mais par tempérament. Etre prêt à sacrifier son équilibre, les doutes sont plus importants que les certitudes. Le doute nous incite à hésiter, à reconsidérer, à réfléchir. Un esprit sans fixation constate: en présence de deux possibilités, tout à coup on a les deux.¶ De l’autre côté, il y a les mécanismes d’uniformité d’une industrie de la conscience futile, le penchant pour une société indifférenciée. De l’autre côté, il y a l’insensibilité d’une affirmation comme celle-ci: il n’y a rien d’inexplicable dans son caractère fermement déterminé; son renoncement volontaire au moindre secret, si fugitif soit-il, témoigne de son bon sens. Si dorénavant le bon sens consiste à établir une équivalence entre ce qu’on voit, ce qu’on sait et ce qui est, alors la porte est grande ouverte à tout raccourci populiste. Ainsi donc, chaque fois que des personnes capables de faire des détours ont 9 recours au droit d’hésiter et par là acceptent le désarroi, le bon sens répond en allant tout droit et en plein milieu sans hésitation aucune et de la sorte manipule systématiquement la coexistence de tout pour en faire une confrontation de tout. Dès lors, il suffit d’énoncer quelques platitudes nourries de demi-vérités et accompagnées d’un emploi de la langue vulgaire pour aboutir à une exclusion spectaculaire de ceux qui pensent autrement.¶ Ce n’est pas parce qu’on n’arrive pas à toucher les étoiles que les étoiles n’existent pas.¶ Choisir la voie de l’artiste, c’est consentir à beaucoup de doutes et de conflits, ce qui rend la progression pénible, mais aussi aventureuse, riche en évènements, pleine de surprises. L’idée de n’être en route que tout droit se révèle dans toute sa banalité. Saisir et comprendre entièrement nous conduit parfois à un état d’insensibilité étonnant: telle affirmation est par trop évidente pour qu’on ait encore besoin de la croire, telle personne qui ne vit que d’après les préceptes de la raison ne vit pas vraiment. Nous chantons les louanges du progrès comme divertissement pour ne pas venir au monde. Mais quelle que soit l’illusion dont chacun est prêt à se bercer, son chemin ne sera pas droit.¶ Or, si nous sommes disposés sans retenue à faire des détours, une multitude de perspectives sans limites s’ouvrent à nous. Un chemin après l’autre te donne ta chance et chaque bifurcation te laisse le libre choix. Les poteaux indicateurs sont une suggestion ou une invitation directe. Partout des traces et des rencontres ingénues. En route aussi, la mémoire recherche le quotidien et l’habituel comme support possible pour de futurs souvenirs. Nombreux sont les chemins qui mènent au silence. Je tourne en rond, je traverse un monde énigmatique, je ne me laisse pas faire. Je croise le chemin de quelqu’un, je me jette dans les bras de quelqu’un, je ne passe jamais sur le corps de quelqu’un. Beaucoup m’est singulièrement familier. Un certain nombre de choses me mettent à rude épreuve. D’autres choses me font perdre le nord. Rien n’est comme il paraît. Un nuage au-dessus d’une montagne transforme celle-ci en volcan. Un beau jour, tu choisis le chemin le plus étroit à chaque embranchement. Les obsessions sont une compagnie excitante. Cependant, tu restes sur tes gardes, car il se peut que derrière le croisement guettent la jalousie, l’envie et le scepticisme. Pourtant, pour finir, flâner de-ci de-là donne des ailes à tes questions sur l’existence, la fragilité de l’identité, la proximité des êtres et des choses. De la musique se fait entendre et tu avances tranquillement vers l’enchantement. Tu rencontres la mélancolie et la déraison, tu rencontres des modèles et des constellations idéales. De temps en temps, le vaste monde brille et un jardin secret se fait place avec délectation. Chercher sa voie, c’est trouver ce qui est déjà en nous. Ton chemin est libre pour sortir de ce qui est visible et aller vers un but nommé désir. A dit de B que «ça cercle» quand les griffonnages de celui-ci dessinent des sentiers embrouillés qui mènent à des territoires cachés.¶ La superposition du passé et du présent. Hier et aujourd’hui. Rétrospective. Perspective. De nouvelles réalités. Le détour par le modèle. Citation et montage. Introspection. Des réflexions comparatives. Impression et expression. Allusions, miroitements. Le monde entier est fait de choses qui se touchent et prendre les détours semble vouloir dire qu’on se constitue et s’approprie les inventaires d’innombrables possibilités. La pratique de la contemplation et des gestes créateurs ainsi qu’une multitude de stratégies sont des attributs familiers lorsqu’il s’agit de ne pas quitter des yeux ce qui est évident et de laisser en suspens ce qui est précaire. Rechercher l’unité dans la multiplicité c’est comme se perdre en conjectures à propos de la Tour de Babel. Cependant, la signification des choses est plus que l’image que nous nous en faisons. Se préoccuper des significations est une obligation. Et c’est le contenu, situé entre le point de vue et l’énoncé, qui doit prévaloir lors de l’interprétation d’une idée. Tout peut être mis en image! La résistance et les désirs non satisfaits aussi. Un cri comme celui de Munch. L’illusion de la liberté. Le vieux poète. Ou la tentation de Saint-Antoine. Mais stop! Avant de prendre un nouveau détour, rapidement encore une réflexion qui engage: pour nous, il ne s’agit jamais de l’utilisation de l’être humain.¶ 10 Des observations et des rencontres entre terre et ciel. Le départ quotidien pour de nouveaux horizons. En route comme en extase, en route vers soi-même avec des détours. Ce jeune philosophe des lumières en colère n’a pas vieilli en colère, un admirateur militant est devenu un commentateur tranquille, tant de partisans enthousiastes ont perdu entre-temps l’illusion de pouvoir obtenir des résultats. Un rideau tombe et les questions restent ouvertes. Quel est l’écart admissible entre les attentes et la réalité? Combien de détours l’homme supporte-t-il? A partir de quand assez est plus qu’assez? L’image confuse n’a pas forcément des significations déroutantes. Bienvenue dans le monde des pensées sans contrainte. Tu auras droit à des questions déplacées. Au-delà des conventions de l’art, un penchant latent pour la rareté ainsi que des mises en scène décapantes et une abondance de pensées nous attendent. Ce qui est personnel et ce qui est général, ce qu’on peut à peine penser, les tentations quotidiennes comme allusions ouvertes et comme panorama exaltant, comme images à double fond. «Le moment le plus dangereux de ma vie n’est pas encore arrivé» a écrit César Vallejo. Rejetés sur la plage de la connaissance, les détails se fondent en images d’un monde plein d’opinions pointues et de perspectives explorées. Avec obstination, jour pour jour et la fin n’est pas en vue.# 29 juillet 2004 11 //Annatina – Agronomin in der Fachklasse Grafik Biel Francesco Micieli I Ein Zug fährt langsam aus dem Bahnhof. Im Ausschnitt eines Fensters sind Bahnsteige, Baustrukturen, Wartende und Gehende zu sehen. Am Anfang dieser Reise steht der Satz «Isch da no frei?» in drei verschiedenen Fragebetonungen. Eine Hymne der Zugfahrenden könnte man meinen. Die Reise geht von Zürich nach Biel und zurück durch eine Schweiz, welche nicht aufhört Vorort zu sein. Eine Reise ohne Ziel, eine Pendelbewegung, ein Endlos-Hin-und-Her. Retour war und ist der Gegensatz zu einfach. Toujours retour.¶ Für ihr Schlussprojekt «AusZüge» am Vorkurs Biel hat Annatina Blaser mit einer digitalen Handkamera diese Reise zu verschiedenen Zeiten gefilmt. Das wichtige am Reisen sei das Reisen und nicht das Ankommen. Dieser Satz scheint sich für die reisefreudige Annatina Blaser auch bei ihrem Berufsweg zu bewahrheiten.¶ II Beruf hat, wenn man hinhören will, noch den Ruf, das Rufen in sich. Jemand oder etwas ruft mich hierhin, dorthin. Will ich diesem Ruf folgen, muss ich genau hinhören, um nicht die Richtung zu verlieren. Vielleicht aber will ich ihn gar nicht hören, denn ich möchte den Ruf von einer anderen Seite haben. Ich glaube zu wissen, welcher Ruf für mich gedacht ist. Möglich ist auch, dass aus verschieden Orten ein Ruf kommt. Verschiedene Stimmen, welche mich durcheinander bringen oder mich stark machen.¶ Der Komponist Robert Schumann hat sein Jusstudium wegen Paganini aufgegeben, um ein gleich grosser Virtuoser zu werden wie er. Er hat aber danach sein Klavierspiel so falsch geübt, dass ihm eine Hand fast erlahmte. Er konnte nur noch die wunderbaren Klavierstücke komponieren, die wir heute von ihm haben.¶ 12 III Als Kind hat Annatina Blaser das Rufen der Pferde gehört. Sie wird eine leidenschaftliche Pferdeflüstererin, aber sie weiss, dass sie nicht davon leben möchte. Geblieben ist die Suche nach einer Nähe zu Tieren und Land und Boden. Land, Landwirtin, Landwirtschaft. Nach der Handelsschule in La Neuveville und der Maturität entscheidet sie sich für ein Studium in Agronomie an der ETH in Zürich. Ein Studium, das ihr entspricht. Es verbindet ihr Interesse zu Land und Boden mit dem zur Wirtschaft. Für ihre Praktika wählte sie Orte wie «Biobauernhof Palézieux», «Nigerian Starch Mills Nigeria», «Indo Swiss Projekt Sikkim Indien». Diese Liebe zum Reisen in «ferne Länder» hatte sie von den Reisen mit ihren Eltern aus der Kindheit mitgenommen und gehütet.¶ Alles passte zusammen. Der Ruf, der Beruf, die Berufung.¶ IV Trotzdem wird ein anderer Ruf hörbar. Er kommt aus einer Maschine, aus einem Programm, aus einem Gestaltungsprogramm. Mit diesem Programm gestaltet Annatina Blaser ihre Diplomarbeit «Das Agrarmarktpotential von Honduras» auf dem Computer und entdeckt eine Nähe, ein verwandtschaftliches Gefühl zum Gestalten. Sie bewirbt sich für ein Praktikum als Desktop Publisherin bei «Agenturtschi, Visuelle Kommunikation, Aldiswil» und bekommt die Stelle. Dies scheint der neue Weg zu sein. Trotz Angeboten, in Bolivien oder Indien arbeiten zu können, entscheidet sie sich für die Gestaltung und erhält nach dem Praktikum eine Festanstellung. Angekommen? ¶ Schon nach kurzer Zeit merkt sie, dass ihr das Praktikum und die Anstellung nicht reichen. Sie will mehr wissen. Sie will eine breitere Ausbildung. Also zurück auf die Schulbank! Sie schafft die Prü- fung in den Vorkurs Biel. Im VorkursJahr bestätigt sich für Sie die Vermutung, dass sie den richtigen Weg eingeschlagen hat, deshalb meldet sie sich für die Aufnahmeprüfung in die Fachklasse Grafik an und beginnt im Schuljahr 2004/2005 ihre neue Ausbildung.¶ V Der Zug fährt in Biel ein. Die Ansage ist zweisprachig. Dann dunkel und in der Dunkelheit das «Isch da no frei?» und wieder fährt der Zug. Diesmal von Biel nach Zürich. Die Ansage ist zweisprachig. Der Film läuft endlos weiter.¶ Manchmal führen diese Wege an einen Ort, der nicht so fremd ist wie man meinte. Der Ruf, der einen dorthin zieht, hat mit der eigenen Geschichte zu tun. Bei Annatina Blaser ist es die Arbeit ihrer Mutter. Sie ist Leiterin der Unternehmenskommunikation und Art Director des Familienbetriebs «Blaser Swisslube AG» in Hasle-Rüegsau.¶ Vor mir eine Dose, die ich bei meinen Eltern in Lützelflüh gefunden habe. BLAHA, Blaser Milchfett, Hasle-Rüegsau. Die Dose haben wir schon lange. Vielleicht hatte meine Mutter sie gekauft, bevor Annatina Blaser auf die Welt kam. Darauf ist grafisch dargestellt ein Kuheuter, ein Milchpintli, grüne Berge und ein weisser Weg, der mit einer Kurve im Horizont verschwindet. In die unbekannte und angenehme Unendlichkeit.¶ Berufswege, Lebenswege, wie die von Annatina Blaser. # 13 //Berufswege sind Umwege Anita Baumgartner, Buchbinderin Im Kindergarten träumte ich davon, Eselreiterin zu werden. Einen schöneren Beruf konnte ich mir nicht vorstellen. Mit 15 Jahren besuchte ich die Sekundarschule und wollte Forstwartin werden. Doch meine Eltern intervenierten schleunigst. Dies sei kein geeigneter Frauenberuf, beschieden sie mir.¶ Ich war pragmatisch und flexibel in der Wahl der Dinge: «Dann halt etwas mit Kindern».¶ Mit dem Berufsberater plante ich schliesslich eine Laufbahn als Kinderkrankenschwester. Ich war sehr zufrieden mit meiner Berufswahl, und so waren es auch meine Eltern und Lehrer. Die Ausbildung konnte ich allerdings erst mit 18 Jahren starten.¶ Zeit genug eine Fremdsprache zu erlernen, so der Rat der Krankenschulleiterin. Nun liebte ich Französisch zwar nicht sonderlich, trotzdem freute ich mich nicht wenig, endlich «Die weite Welt» kennen zu lernen!¶ Als Au-pair in der Westschweiz lernte ich schnell, selbständig zu arbeiten und mich in einer fremden Sprache durchzusetzen. Doch am einfachsten fiel es mir, mir die legere Art der Westschweizer und Westschweizerinnen anzueignen…¶ Im Frühling 1993, kurz vor meinem 19. Geburtstag, drückte ich dann erstmals die Schulbank der Pflegeschule in Aarau. Der Stundenplan war dicht, der Unterricht streng. Wir 19 Schülerinnen wurden von den Dozenten und Lehrerinnen nonstop gefordert. Trotzdem gefiel mir der Unterricht. Die Schule war stets «Erholung» von der Arbeit für mich.¶ Der Spitalalltag fiel mir lange Zeit schwer. Schreiende Kinder, gehetzte Ärzte, nörgelnde Eltern … Plötzlich war alles anders als in meinem Vorpraktikum, ich war verantwortlich für schwerkranke Kinder. Meine Nerven lagen damals an manchem Abend blank!¶ Doch ich mich kämpfte für mein Ziel, und am 11. April 1996 wurde ich als Kinderkrankenschwester diplomiert. Aus Freude über diesen Erfolg begleitete mich dieses Datum lange Zeit als PIN-Code meiner Bankkarte durch das Leben.¶ Nach dem Lehrabschluss entspannte ich mich endlich wieder. Mit dem Erwartungs- und Erfolgsdruck wich auch der dauernde Stress von meiner Seite. Die folgenden zwei Jahre arbeitete ich mit viel Spass und Engagement auf einer Akutabteilung im Spital Biel. Erst da wurde mir bewusst, wofür so viel Mühe und Hektik in den vergangenen drei Jahren gut waren.¶ Doch, unstet wie ich bin, suchte ich bald wieder Veränderung in meinem Leben.¶ Diesmal war der Sprung jedoch ein in zweifacher Weise weiter: Meine weissen Kittel wechselte ich gegen Überkleider, das sterile Spital gegen stinkende Ställe und weite Felder. In Australien verbrachte ich ein Jahr auf einer Schweine-, Schaf- und Kuhfarm.¶ 14 Das war eine lustige, anstrengende, coole, schmutzige, interessante, mühsame, schöne, abenteuerliche, nervige, aufregende Zeit!¶ Ich pflege heute noch Kontakte in Australien, was mich sehr freut.¶ Zurück in der Schweiz begann erneut die Suche. Ich spürte den Drang nach Veränderung, die Lust nach einer Arbeit, die ich am Abend «nach Hause nehmen kann».¶ Im Pflegealltag fehlte mir das künstlerische Handwerk, die Gestaltung und Umsetzung von eigenen Ideen.¶ Diesmal war ich mir meine eigene Berufsberaterin und über viele verschlungene Pfade und Umwege fand ich meine zweite Lehrstelle als Handbuchbinderin. Mir gefiel die Möglichkeit, ganz am Ende des grafischen Prozesses zu stehen und Produkte in ihre schlussendliche Form zu verarbeiten. Die vierjährige Lehrzeit war wiederum ein «Durchhalten». Mit 26 Jahren fing ich wieder ganz unten an … Unzählige Male wollte ich den Bettel hinschmeissen! Und wie gewohnt war es mir in der Schule am wohlsten, als «Oma vom Dienst», zehn Jahre älter als meine jüngste Klassenkollegin.¶ Meine Stellung in der Berufsschulklasse war wohl wichtig und trotzdem normal, mal als Freundin, mal als Zuhörerin und beratende Stimme.¶ Jetzt bin ich ausgebildete Handbuchbinderin. Ich bin stolz darauf. Vor allem schön ist es jedoch, von sich sagen zu können, die zwei schönsten Berufe erlernt zu haben. Natürlich bin ich bereits am Weiterstudieren, wie sich die Pflege und das Bücherbinden verbinden lässt. Gibt es neue, noch nicht entdeckte Möglichkeiten? Stehenbleiben liegt mir nicht…¶ 15 // Die Gruppe Silex – unter der Hand Le groupe Silex – à portée de la main André Vladimir Heiz Wenn es im eigenen Geviert zu eng wird, reisst man aus. Fort, nur fort von hier. Abenteurer, Eroberer, Entdecker und Nomaden haben es «empirisch» vorgelebt. Sie haben sagenhafte Wüsten durchquert, schwindelerregende Gipfel erreicht und die Horizontlosigkeit der Prärien erkundet. Vor ihnen: die Utopie, das «Aussersich», die grosse Unbekannte, die Verführung des Unerreichbaren, das sich hinter einem Hügel, gleich um die Ecke wieder von neuem eröffnet. Als Anderes, das ganz Andere. Vor einem weissen Blatt stellt sich bekanntlich etwas Aehnliches ein. So nahe liegend Zeichnen sein kann, so weitläufig bleibt die Verlockung, sich Welt und Bild, Gegend und Gegenstand anzueignen, von allen Seiten, von Blatt zu Blatt. Silex geht diesen Weg, seit zehn Jahren. Der Autor und Semiotiker André Vladimir Heiz begleitet die Gefährtinnen und Gefährten von Silex auf den folgenden Seiten bei der Überfahrt. Lorsque nous nous sentons à l’étroit, la surprise des échappées s’impose. Il faut que l’on largue les amarres. Des aventuriers, des conquérants, des explorateurs et des nomades nous ont montré le chemin, en traversant l’abandon des déserts, en escaladant des cimes vertiginieux et en errant au ras des prairies sans fin. Devant eux, à la belle étoile, l’utopie, cet «hors de moi», cette inconnue, la tentation de l’inaccessible qui nous salue au passage, derrière une colline anodine ou au coin d’une rue si proche où les promesses annoncent l’autre, cette différence inattendue. Devant la feuille blanche, comme on sait, les mêmes effets se font sentir. Dessiner, cet acte initial et initiateur prend alors le large. La main, à la portée de la vue, s’approprie, de découverte en découverte, le monde, un monde à son image, peuplé de signes, afin de le cerner et de le façonner. Silex est en route, depuis dix ans. Destination connaissance et reconnaissance des impressions et des expressions. L’auteur et sémioticien André Vladimir Heiz suit les traces de ces sept compagnes et compagnons sur leur traversée.# 16 andré vladimir heiz minute papillon «Vielleicht ist das Zeichnen dem Denken eine Nasenlänge voraus » « Quand le dessin fait des avances au monde » edition p:p andré vladimir heiz * E S KO M M T A L L ES ANDERS ALS E R K E N N T N I S T H E O RETISCHE SPUR ZU D E N Z E I C H E N VON SILEX * D U PA R E I L AU M Ê M E , L A DIFFÉRENCE SE DESSINE FA I R E S I G N E – LE GESTE C O M M E I N S TA N T DE RECHERCHE für Anna – pour Aude – pour Bastien – pour Dimitri per Dimitri – for Gregory – für Manuel I zitate ... „Das eigentliche Bild ist nicht das Resultat, das eigentliche Bild ist der Prozess seiner Genese. Erst aus diesem Prozess wird das, was an dem Bild Welt ist, das, was kommunikabel ist, verständlich. Dadurch, dass das Bild selbst als Prozess erfahren wird, ist es auch in seiner Subjektivität vermittelbar.“... * ... „Welt-Anschaungen verweisen zunächst auf uns, die Anschauenden zurück. Anschauung ist dabei nichts Passives. Bilder werden gewonnen, nicht bloss reproduziert.“... * ... „Welt-Bilder sind keine Abziehbilder eines sich mehr oder minder unvermittelt im Hirn einstellenden Aussen. Welt-Bilder sind zunächst und vor allem innere Bilder. Was sie zeigen, ist das Wahrnehmungsmuster des Subjektes.“... * ... „Das Wahrgenommene hat in dieser ersten Phase einer ‚ Aneignung‘ noch keine Bedeutung. Es ist allein in seinem Bezug auf das dem Wahrnehmenden Bekannte definiert. Dieser Bezug ist seine Bedeutung. Das Subjekt muss von der Welt nichts wissen, um einen Stimulus andern Binnenerregungszuständen zuzuordnen. Die in der Wahrnehmung gefundene Ordnung ist nicht die des Wahrgenommenen, sondern die des inneren Sinnes.“... * ... „ Auch das Bild ist ein Reflex. Auch im Bild ist dieser Reflex nur dann bestimmt, wenn er in seiner Subjektivität bestimmbar und von daher im Subjektiven objektiviert ist.“... * ... „Welträume entstehen demnach im Bild. Im Bild wird Welt als derart Verfugtes erfahrbar. Welt ist dabei zunächst aber ein inneres Bild, ein aufgrund der gewonnenen Bewertungskriterien des Beobachtenden erwachsenes Interpretationsgefüge.“... * ... „Sehen ist also keine naive Abbildung dessen, was da ist. Anschaulich wird das, was uns in unserer Weltsicht bewertbar scheint.“... Aus : Olaf Breidbach, Das Anschauliche oder über die Anschauung von Welt. (Neuronale Ästhetik), Wien und New York 2000, Seiten 14, 16, 22, 53, 118. II du pareil au même, la différence se dessine Ç AVO I R - FA I R E , FA I R E VO I R , VO I R FA I R E R l’aventure de Silex qui tient à apprivoiser le «Je-nesais-quoi et le presque-rien »1) qui nous guettent au passage à la perception, cultive le faire. Apparemment il n’est de choix. S’arrêter pour insister, à la rencontre d’un sujet quelconque qui fera l’objet d’une enquête esthétique et conceptuelle, s’accorder le temps de s’y attarder et de s’en étonner. S’étonner surtout. Et rêver, afin de voir venir. Les impressions font escale au cœur des yeux, dans l’âme du corps, le traversent – de sa part et par ailleurs – pour aboutir à ce geste qui fait signe. Ce geste qui se décide et tranche, ce geste qui fait le monde. Les traces de Silex en témoignent. Elles sont là, devant nos yeux, en 20 épisodes. 1) Vladimir Jankélévitch, Le Je-ne-sais-quoi et le Presque-rien : La volonté de vouloir, Paris 1980. III du pareil au même, la différence se dessine Va-et-vient entre l’extérieur et l’intérieur, le savoir-faire s’entretient. Il invoque et évoque la conquête inlassable au rendez-vous volubile avec un crayon et une feuille de papier. Mais avec le temps ce vouloir-faire, à tout prix et contre tout, revient à son élan initial et au désir immédiat : le faire « çavoir ». L’exercice, aussi enjoué et emporté qu’il puisse paraître, ne craint son évaluation, après coup. C’est bien vu. Faire voir – mais quoi et comment ? Les exploits de Silex, étalés et amassés, reliés et édités, au fil des années, sont animés et habités par cette question fondamentale qui vise les possibilités et les conditions du faire, du faire voir et du çavoir-faire. Ces dessins, ces esquisses et ces épreuves touchent à la chose dans tous ses états, favorisent toutes les étapes, provisoires ou définitives, pour s’en tenir à une allusion brute ou fine, pour s’en réjouir d’une démonstration à l’évidence pure ou pour frôler la violence de la monstrance et la monstruosité du geste accompli. Montrer avant tout, après tout ! Tout semble être possible. Silex se livre sans gêne à l’intimité du passage d’une impression errante qui s’affirme par son expression assumée. Faire voir, avec tout ce que cela implique, s’explique par le voir faire. Le faire avec ses allures impromptues et improvisées fait lui-même l’objet d’une analyse qui elle, à son tour, lance un nouveau coup d’envoi à la création. Ce mouvement perpétuel donne lieu à des ébauches, des séries, à des thèmes et variations, un bel ensemble qui, lui, aura déjà intégré les connaissances acquises sous la main, compétences à deux visages, et artistiques et analytiques. Des prévoyances qui s’infiltrent dans le dialogue soutenu entre la réception accusée d’une impression, d’une idée et de sa révélation imagée qui donne à voir. Le presque-tout et le pratiquement-rien ! Ici, le regard n’est jamais passif. Passager clandestin du geste, il participe activement, à corps et à cœur, à la production. Et des impressions et des expressions. Double mises, d’une main à l’autre. Le groupe Silex en fait le tour. En effet, en nous faisant signe au passage, il indique une relation touristique avec tout ce qu’il lui tombe sous les mains et par là sous les yeux. IV es kommt alles anders als B E F I NDEN Auf den ersten Blick lassen sich die Spuren und Publikationen der Gruppe Silex mit dem Begriff „Bildspiel“ umschreiben, in Anlehnung an das Sprachspiel des Theoretikers Ludwig Wittgenstein, das ihn – unter anderem – zu folgendem Satz verführt : „ Alles, was wir sehen, könnte auch anders sein.“ 2 ) Das leuchtet ein, das kennen wir. Was aber ist mir dem Allerweltswort „anders“ gemeint ? Wie nimmt sich das Andere wirklich aus ? Silex macht es vor. Diesem Rätsel des gegenständlich und gegenwärtig Andern will Silex offensichtlich auf die Spur kommen. Nicht etwa durch eine abschliessende oder endgültige Antwort, die Wahrheit beanspruchen wollte, nein, durch spontane und willkürliche Vorschläge von Visualisierungen, die das Andere bespielen und begründen. Damit ist Silex, es versteht sich, nicht allein auf dieser Welt. Andere Gruppen und Zirkel sind ihnen vorangegangen, die dieses Spiel mit leidenschaftlichem Ernst kultiviert haben, und Silex wird wiederum andere dazu ermuntern, ein Gleiches zu tun, nämlich regelmässig und gemeinsam um das Wesen von ästhetischen Vorstellungen und Darstellungen zu kreisen. Spielerisch und spielend werden dabei der Stand der Dinge, der Status von Zeichen, Zeichnung, Illustration, Wort und Bild auf die Probe gestellt, entwickelt, über und unter dem Strich enthüllt, impulsiv oder beherrscht erkundet, ausgereizt, in klare Schranken gewiesen oder auf die Spitze getrieben. Auf die Bleistift-, die Farbstift-, die Pinselspitze, so wörtlich ist es hier zu sehen, denn die Ausbeute dieser Bild- und Weltreisen ist selber gemacht. Spitze soll es aber nicht nur haben, Spitze muss es sein. So sehr das Unterfangen auch in einer langen Tradition der Zeichen- und Musterbücher 3 ) steht, die Anwendungen und Zuwendungen wollen sich gleichzeitig davon befreien, Blickrichtung Selbst und Bild und was das alles bedeutet : selbst das Bild wird eigen, wenn es anstelle eines andern entsteht. Der Schein trügt nicht, das Machen ist der Sache anzusehen. Eingemachtes, Angemachtes und Ausgemachtes haben System. Prozesse und visuelle Abenteuer sind Programm, sogar die Übung kommt vor, Übungen auf Zeit, unter Zeitdruck, auf Zusehen hin. Jedenfalls sind Versuchung und Versuch von Augen und Hand durchwegs physisch, als körperliches Ereignis zu verstehen. Es geht mit rechten Dingen zu und die zwanzig Nummern von Silex gehören zur Wirklichkeit. Da sind sie : handfest, greifbar, gedruckt. 2) 3) Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus : Abhandlung, Frankfurt am Main 1963 Walter Koschatzky, Die Kunst der Zeichnung : Technik, Geschichte, Meisterwerke, München 1981. V es kommt alles anders als MACHEN, GEHEN, WEITER Die Gruppe hat vor ungefähr zehn Jahren damit begonnen, dezidiert, aber unprätentiös die Hinterlassenschaften ihrer kreativen Auseinandersetzungen im Abonnement zu verbreiten und als Spurensicherung zur Verfügung zu stellen. Ein Ende ist hoffentlich nicht abzusehen. Solche Entschiedenheit, Unerschrockenheit und Ausdauer mögen erstaunen. Spiel, Lust und Freundschaft scheinen allen wechselhaften Umständen, autobiographischen Entwicklungen und dem unterschiedlichen Gang der bereits erfolgreichen Einzel- oder Partner-Karrieren zu trotzen. Kleinstädtische Überschaubarkeit, lokale Wahlverwandtschaften (man vergleiche mit Herzog und de Meuron, die täglich zusammen joggen sollen) und die Intimität einer familiären Schule wie Biel fördern offensichtlich das, was heute mit Nachhaltigkeit bezeichnet wird. Das heimisch Heimliche, das vertraulich Vertraute können eine Chance, ein Trampolin sein, ein Aussichtsturm, ein Camping-Car, ein Schlauch-Boot, ein Doppel-Stecker, ein Board, ein Boardbook… Silex müsste es zeichnen : an dieser Stelle, damit wir uns ein entsprechendes Bild machen können, besser : eine Art Signet, ein ZeitZeichen, das die Werkstatt Silex repräsentiert. Die anhaltende Faszination für Bild und Zeichnung beruht aber nicht nur auf diesem sozusagen „inneren“ Zusammenhalt, sie entspringt auch einer dringenden Notwendigkeit. Die Feldforschung, die alle Zeichen auf frischer Tat ertappt, will offensichtlich den heutigen Anforderungen und dem Drang nach Innovation, die das weite Spektrum der Visuellen Kommunikation ausmachen, zuvorkommen. Eile mit Weile, querfeldein : Der Vorstellung, der Darstellung, den Konventionen zuvorkommen, darum scheint sich alles zu drehen. Zuvorkommen ist ein taugliches Wort ; es lässt augenfällig Taktik und Strategien von Silex erkennen, die mit dem Zeichnen einhergehen. Das Abenteuer von Silex hat etwas Utopisches und gleichzeitig Nostalgisches : Die Mitspielerinnen und Mitspieler von Silex sind Empiristen. Sie gehen ihren Weg, skeptisch und bejahend ; auch sie selbst sind Gegenstand der Untersuchung. In ihrem spielerischen Umgang mit Individualität und Identität, Gruppe und Team, mit Handwerk und Technik. Neben all diesen eher persönlichen Affinitäten, die Silex verbinden, ist Silex aber auch eine Zeit-Erscheinung. In verschiedener Hinsicht, wie im folgenden zu zeigen ist. VI es kommt alles anders als E I N FA L L E N , Z U FALLEN, GEFALLEN Die Zeichen, Zeichnungen, Annäherungen, Ablenkungen, Umsetzungen und Ausgelassenheiten von Silex kommen zunächst den aktuellen Erwartungen an Betrachterinnen und Betrachtern entgegen. Sie sind „cool“, geil oder lässig, super nachlässig und mega fahrlässig, flott und polyglott, frivol oder formal, angedeutet oder überzeichnet, angepasst oder überspannt, untertrieben oder verspielt, einfühlsam oder hirnrissig, an den Haaren herbeigezogen oder auf den Leim gekrochen, einseitig oder mehrschichtig, lustig, hinterlistig oder lästig, naiv oder abgeklärt, leichtfüssig oder halsbrecherisch, platt oder phantastisch, einleuchtend oder abweisend, kaltblütig oder warmherzig, hochstapelnd oder tiefschürfend… dies alles bleibe einmal dahingestellt. Dahingestellt, dieses unauffällige Wort trifft es am ehesten, mit einem zeitgeistigen Anspruch an Selbstverständlichkeit, die seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts dem unscheinbar Banalen, Alltäglichen und Anfälligen, dem Anbei und Schrägen das Wort redet und dem röhrenden Ruf nach „meh Dräck“ nicht abgeneigt ist. VII es kommt alles anders als VERGLEICHEN Von einem Silex-Stil zu sprechen, wäre altmodisch und verfänglich, weil sich die einzelnen Nummern der schönen Reihe nach auch deutlich voneinander unterscheiden. Vorlieben für Allerhand und Allerlei, für Vignetten, Vereinzeltes, Episodisches, Anekdotisches, ja auch für durchaus Karikaturales und Plakatives, für eine bestimmte und durchwegs erkennbare Figürlichkeit, aber auch für eine spezifisch bildnerische Logik sind unübersehbar. Gleichzeitig scheint es um etwas „anderes“ zu gehen, jenes Andere, durch das sich Visualisierungen bemerkbar machen und auszeichnen, um eine fundierte Meinung oder Ansicht nämlich, die durch die eigene Anschauung und eigenhändige Aneignung gestützt wird, ein Bild also, das sich an allem und nichts zu schaffen macht und erst am Hand-Stand der (eigenen) Wahrnehmung zu fassen ist. Zumindest vorläufig, vorübergehend sichtbar. Die Eigenständigkeit der Veranschaulichung gewinnt. Es wird ja auch um die Wette gezeichnet. Die Gruppen-Dynamik bezieht gerade aus der Unterschiedlichkeit der Sichtweisen und Macharten ihren Vorteil : Die Vergleichbarkeit macht es aus. Das gemeinsame Unternehmen und der Zeichen-Betrieb eröffnen der Wahrnehmung jenen Spielraum der Differenz, an der sich die Möglichkeiten und Bedingungen, innere Widerstände und äussere Grenzen der Prozesse aller Visualisierung erkennen lassen. Darüber wird vermutlich debattiert, wahrscheinlich auch unerschrocken gesalbadert und heftig gestritten. Unter den beteiligten Augenzeugen. Denn jedes veräusserte Zeichen, jede vollendete Zeichnung erweisen sich als willkommene Gelegenheit, die Ansichts-Sache und die eigene MeinungsBildung der gegenseitigen Wahrnehmung auszusetzen und mit unangenehmen Fragen zu belästigen. Material und Auslage sind mithin auch Gegenstand einer ununterbrochenen und fortschreitenden Urteils-Findung, einer Suche nach den bildbestimmenden Kriterien. Dem sogenannt Freien, das sich als Konvention mit den Anzeichen der Kunst verbinden dürfte, widerspricht hier aber die eigentliche Intention. Frei heisst hier soviel wie „feriae“. Von aufgetragenen Einschränkungen beurlaubt, wird die freie Wahl zelebriert, Weitläufigkeit und Verfügbarkeit der Möglichkeiten, die aber wiederum über die Bedingungen Aufschluss geben wollen, was wirklich möglich ist. Angesichts von Bild und Zeichen. Wahrscheinlich müssten die Publikationen von Silex den Untertitel „Machbarkeits-Studien“ tragen. VIII du pareil au même, la différence se dessine P R É S E N T E R E T REPRÉSENTER Le mot « image » 4 ), dans lequel résonne la souche de la « magie », attribuée à l’icône ou à l’illusion pure, est devenu incontournable en tant que concept à voir et à revoir, surtout à cause de son expansion et sa profusion que « l’image de reproduction » connaît sous toutes ses formes et dans nombre de contextes différents. Image et imagination, sources d’inspiration, image et imageries, donc : présences réelles d’une vision du monde mettent constamment en jeu notre façon de voir et remettent en question nos systèmes de représentation 5 ). Voir le monde, regarder les choses en face, ne relèvent guère plus d’une découverte naive ou d’une tournure héroique. C’est le regard lui-même qui couve encore quelques secrets timides et des surprises à dévoiler. Par conséquent, Silex transforme le regard en objet de réflexion et de (re)connaissance. Si la chasse aux papillons peut nous rapporter l’émanation des espèces et l’occurrence de variétés rares, artistes et artisans produisent eux-mêmes la panoplie et la moisson de leurs variantes. Les prises, emprises et entreprises de Silex ressemblent en effet, à une soucieuse collection scientifique d’amateur qui s’appuie sérieusement sur ses trouvailles et ses explorations. Vaste programme. Les générations à venir ne pourront plus se contenter du mot « image », ce fourre-tout qui accueille toutes espèces confondues sans se soucier d’une véritable typologie des manifestations spécifiques de nos systèmes de visualisations et de représentations. La collection de chasse à l’image de Silex y contribue et en prépare le terrain. Il faut dégrossir le concept de l’image et en nourrir la notion d’exemples, pour être plus précis et à la hauteur d’un regard qui aspire à des nuances plus avisées. Décidément, le mot « image » est devenu trop simple. Restent le dessin ou l’illustration, traces héritières d’un regard particulier. Silex participe – avec ses moyens pratiques, esthétiques et empiriques – à la différenciation progressive du monde qui nous entoure et des positions qu’il nous offre à prendre. C’est rendre la chose, toute chose unique, exemplaire et exceptionnelle, sous la lumière occasionnelle d’un regard approfondi et de par la (re)production de ses effets. Des effets de sens, dans tous les sens et à la portée du réseau sensoriel. Les généralités hâtives sont abandonnées au profit d’un trait, d’un portrait, des attraits qui distinguent tout et n’importe quoi par cette touche incomparable et ineffable, mais bien visible. C’est de la phénoménologie incisive qui passe par la formation, l’information, la transformation et la déformation des impressions et des modes d’expression. L’image renoue avec la materia prima et avec sa raison d’être. Etre-là dans sa pertinence et son impertinence, avec la prétention de ses intentions : marquer la vue et son halo. 4) 5) Guy Gauthier, Vingt et une leçons sur l’image et le sens, Paris 1989. Martin Kemp. Bilderwissen : Die Anschaulichkeit naturwissenschaftlicher Phänomene, Köln 2003. VIX es kommt alles anders als FRAGEN UND VERSUCHEN Was ist ein Bild ? Das ist sicher eine der Fragen, die ununterbrochen in Zeit und Raum gestellt bleibt, seit es, wohlverstanden, artikulierte Bilder und somit Menschen gibt, die (sich) ein Bild machen wollen. Auch damit ist die Gruppe Silex nicht allein. Seit dem iconic turn 6 ) ist die Urfrage Gegenstand der aktuellen Forschung und treibt gerade jene Wissenschaftszweige - etwa die Bioinformatik oder die Nanotechnologie – um, die unsere gewohnten Vorstellungen und Weltanschauungen aus den Angeln heben. Mit entsprechenden Formen der Visualisierung. Nur wird dabei seit langem auf das voreilige Bindeglied „ist“ verzichtet. Die Fangfrage „Was ist ein Bild ?“ wird ersetzt, ergänzt und durch phänomenologischen Erörterungen präzisiert : Was kann eine visuelle Darstellung verdeutlichen und wie ? Mit welchen Mitteln macht sie Zusammenhänge sichtbar und nachvollziehbar ? Wie kann sie dieses Andere, das meist auf Vermutungen und noch diffusen Annahmen gründet, vor Augen stellen und greifbar, begreifbar machen ? Noch bestimmter : Woraus bestehen eigentlich unsere Repräsentations-Systeme ? Wie finden innere und äussere Bilder sachgemäss zusammen ? Wie lassen sich Vorstellungen und Darstellungen anschaulich vereinbaren ? Auch der Fragen ist keine Ende. An diesen Fragen nehmen die Bildessays von Silex teil, auf ihre Weise. Und die vordergründige Bescheidenheit und zuweilen auch der selbstironische Unterton der Versuchs-Anordnung lassen Vielfalt und Vielspältigkeit zu. Sie suchen, finden und erfinden Zeichen, Konstellationen, Kombinationen, die an das Bild erinnern. Was nun – wiederum auf den ersten Blick – wie klassische Praxis aussieht, ist gleichzeitig eine verbindliche Form von Theorie-Bildung. Die Laborproben von Silex sind dem Seh-Sinn verpflichtet. Und bekanntlich kommt das Wort Theorie von Schauen. Wir können es nicht oft genug wiederholen. Schauen also, den Dingen nach, das ist hier ausdrücklich gemeint. Praktisch und theoretisch. 6) Gottfried Boehm (Hg.), Was ist ein Bild ? , München 1994. X es kommt alles anders als M A S S N EHMEN Von dem meisten Dingen, die uns umgeben, haben wir (k)eine blasse Ahnung oder eine uns schon vermittelte Meinung. In dieser „Ungenauigkeit“ sind Sehen und Denken zunächst gleichbedeutend. Ein Begriff oder ein Abbild sagt das Nötigste. Wir wissen, worum es geht, das genügt, um über die Runden zu kommen. Das ist ein Hund, sagen wir von klein auf — und es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob der Hund die Strasse in Wirklichkeit oder im Bilderbuch überquert. Das primäre Erkennen macht es sich einfach, so einfach wie möglich, um die anfallenden Komplexitäten, denen die Wahrnehmung ausgesetzt ist, auf ein erträgliches Mass zu reduzieren. Was ist ein Hund ? Oder wer lieber will : Was ist eine Katze ? Die Frage ähnelt der vorangehenden : Was ist ein Bild ? Sie läuft auf das Gleiche hinaus. Kenntnis und Erkenntnis sind nur möglich, wenn Wahrnehmen und Bezeichnen selbst zum Gegenstand einer eingehenden Betrachtung erklärt werden, die leichtfertige Anschauung angezweifelt, durch ausführlichere Beobachtungen angereichert und das Vorurteil, das wir schneller zur Hand haben, als Hirn und Herz es eigentlich erlaubten, ausser Kraft gesetzt werden. Diese vertiefende, langsame, ja, vor„sichtige“ Annäherung an den vorliegenden Gegenstand kann zeichnerisch geschehen. Jedenfalls sind in diesem Moment der bewussten Aneignung Zeichnen und Denken deckungsgleich. Vielleicht ist das Zeichnen dem sogenannten Denken in manchen Augenblicken um eine Nasenlänge voraus. Daher sagt der Begriff Bild noch zu wenig und schon gar nicht mehr als tausend Worte, die es anstelle des Wortes Bild ja gar nicht bräuchte, es sei denn wir spielten mit dem Begriff Bild Hund und Katze. Wie Silex. Das Aufnehmen und Einvernehmen eines Gegenstandes ist und war immer Ahmung anstelle von Ahnung. Das zeigen auf eindrückliche Weise schon die legendären Höhlenmalereien, die sich konzentriert der Kontur, der Konsistenz und dem Kontrast verschreiben. Aber mit dem Zeichnen beginnen sich die Probleme erst zu stellen, wie die gesammelten Ansichten von Silex zeigen. Was sich etwa als Kontrast von Figur und Grund der Wahrnehmung ergibt, wenn die schwarze Katze ausgerechnet uns über den Weg läuft, ist natürlich keine Linie. Die Linie zeichnet die Katze auf dem Papier aus, was nun gerade erlaubt, sie realistisch zu sehen. Zudem kann es einem Hund einfallen, wie eine Katze auszusehen. Und umgekehrt. Auch das kommt in Wirklichkeit vor und kann bis zum Verwechseln ähnlich einer Zeichnung von Silex gelingen. XI es kommt alles anders als Das mit der vorgefassten Realität ist ohnehin so eine Sache. Wolken können in Wirklichkeit nicht nur wie Schäfchen aussehen, sondern etwa auch wie Berge – und erst recht, wenn sie gezeichnet, aufgezeichnet oder gemalt sind, einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Man vergegenwärtige sich zum Beispiel die Sequenz in „Big Fish“ von Tim Burton, wo sich ein losgelassener, wilder Hund in einen Zirkusdirektor zurückverwandelt, der ergreifend unbeholfen und entblösst als realer Mensch dasteht, was der Umsetzung einer geläufigen Metapher erwartungsgemäss entspricht, diese aber – als solche – genau durch die Wirkung ihrer Visualisierung vorbildlich übertrifft. B E - Z E I CHNEN UND AUF-EIN-ANDER-BEZIEHEN Die evolutionäre Erkenntnistheorie und der radikale Konstruktivismus 7 ) haben den eingefleischten Gegensatz : hier das Bild (besser : das Abbild) und dort die hehre Wirklichkeit zu Recht aufgegeben zugunsten nämlich von etablierten Formen der Beziehung. Um es so einfach wie möglich zu sagen : wir sind es, wir selbst, die zwischen Bild-Zeichen und An Zeichen der Wirklichkeit sinnvolle Beziehungen herstellen. Und umgekehrt. Wir sehen also nicht nur das eine und dann das andere, das eine oder das andere, wir denken und sehen das eine durch das andere, mithin durcheinander und miteinander. Noch zugespitzter : wir sehen und denken doppelt – und unsere Absichten zielen auf kohärente Beziehungen ab. Ohne Bild keine Welt 8 ). Katze oder Hund : wenn sie uns über den Weg laufen, in Wirklichkeit oder auf den Blättern von Silex, erinnern wir uns an die gespeicherte Beziehung zwischen der erfüllten Vorstellung und dem bestätigenden Eindruck. Gegenseitiges Einvernehmen und Übereinstimmung stellen sich ein. Das Binde-Wort „ist“ ist zur Stelle und macht aus partikularen Halbheiten vorübergehend ein Ganzes. Daraus geht das Erkennen, das durch den zeichnerischen oder begrifflichen Vollzug einer plausiblen Beziehung unterstützt wird, hervor. Als Formen des Erkennens, der Erkennbarkeit, Silex ist im eigentlichen Sinne des Wortes eine Beziehungskiste, die Welt-Bilder im Grossen und Kleinen aus dem Fundus der Blackbox zaubert, Welt-Bild als Initialzündung der Beziehung in aller Form, Bild-Welten als Erfahrungsschatz der persönlichen Wahrnehmung, eine Bericht-Erstattung aus eigener Hand. Soap oder Saga : Fortsetzungen und Wiederholungen versprechen alles Weitere, das dem Andern vorbehalten bleibt. Die Zeichnung erweist sich damit – nicht nur in den Augen der Gruppe Silex – als privilegiertes Erkenntnis-Mittel. Wie gesagt, die Ahmung ersetzt die anfängliche, noch diffuse Ahnung. Nachdenken und Nachschauen bekennen Farbe, hinterlassen das Merkmal eines Ausdrucks, der vermittelnd sofort die Beziehungen zu einem Eindruck aufnimmt. 7) 8) Siegfried J. Schmidt (Hg.), Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus, Frankfurt am Main 1987. Martin Kemp. Bilderwissen : Die Anschaulichkeit naturwissenschaftlicher Phänomene, Köln 2003. XII es kommt alles anders als Und siehe da : Hund oder Katze entsprechen – realiter oder idealiter – immer nur mehr oder weniger dieser Ahnung, die im Vergleich zum ausgezeichneten Einzelfall in ihrem Ungefähr entlarvt wird. Das sogenannt Andere kann also auch das Besondere sein. Bild und Zeichen erweisen sich dabei als hervorragendes Vehikel, darauf einzugehen, eigenhändig, ausdrücklich, nachweislich. Zeichnen entnimmt den sogenannten Dingen und der Wahrnehmung etwas, ohne ihnen alles zurückzugeben. Dadurch kommt jedoch auch etwas hinzu, das Zeichen selbst nämlich zur Wirklichkeit, um genau zu sein 9 ). Damit oszillieren auch die Spuren von Silex zwischen der Verallgemeinerung und einer Differenzierung in Hochform. Die Zeichnung, das Zeichnen offenbaren, was sie suchen und einfangen, etwas Bestimmtes in seinem Da-Sein und So-Sein, weil sie durch den visualisierten Ausdruck dem Eindruck ungeahnte und ungewohnte Merkmale aufdrängen : Einzigartiges, Eigenartiges. U N T E R S C H E I D E N UND ENTSCHEIDEN Allerdings muss dem Auge nicht unbedingt einleuchten, was der Hand alles in den Sinn kommt. Üben und (Nach)machen gehen also auch mit einer Selbst-Kritik einher. Subjektivität will ja noch nichts heissen, wenn sie nur die eigenen Scheuklappen, Schmiss und Stil verherrlicht. Subjektivität erkennt sich vorwiegend in der – gewollt, ungewollten – Wiederholung, im Beharren auf einer unumstösslichen Ansicht und Meinung. Nun kann aber gerade das Zeichnen eine plötzliche Veränderung zulassen, in dem das Bild eigene Wege geht und der persönlichen Wahrnehmung Alternativen zuspielt. Im eigentlichen Sinne ästhetisch und amoralisch wollen die Zeichen von Silex dem Wesen des Bildes und Bildnerischen das Eigentliche entlocken. Wahrscheinlich ist die zeichnerische Handlung und Behandlung in den meisten Fällen wichtiger als das sogenannte Resultat. Oder anders : das Resultat ist die Nachlese einer konzentrierten Annäherung und Auseinandersetzung. Das Tun kommt zur Sache, nimmt es mit ihr auf, um ihr auf den Grund zu gehen. Mal sehen, was dabei herausschaut. Alles Mögliche, Varianten und Variablen, die sich auch in einer facettenreichen Auslegung des Schriftzuges spiegelt. Silex for ever. Und das Ganze von vorne. Noch einmal anders. Das Bild ist hier ein Gesellschaftsspiel, das die Beziehungen, die wir in aller Form durch die aktive, aktivierte Wahrnehmung mit dem Da-Seienden unterhalten, zur Gegenwart erklärt. An dieser Vorgabe und Vorlage hat sich die Erkenntnis darüber zu vergegenwärtigen, was gemeint ist, von Fall zu Fall, von Blatt zu Blatt. Das Andere nimmt sich als ununterbrochene Differenzierung des Bestehenden aus, eine Differenzierung, in deren Dienst sich die Form stellt. Der Teufel, so geht die Mär, sei es, der im Detail sitzt – wir meinen eher, es seien Gott und die Welt, die ihre Beziehungen vor Bildern aushandeln und geteilter 9) André Vladimir Heiz, Schwellenängste : Zur Wissenschaftlichkeit und Zeichenhaftigkeit der „Wissenschaftlichen Zeichnung“, in : Wissenschaftliches Zeichnen, Zürich 1990. XIII es kommt alles anders als Meinung bleiben. Die Auslegungen von Silex sind Zwischenfälle und Einfälle, die oft auf der Schwelle zwischen Skizze, Zeichnung, Bild und Illustration dem Einhalt frönen. Wir ziehen den Sammelbegrriff Zeichen vor und bleiben bei ikonographischen und ikonolgischen Impressionen und Improvisationen als Manifest von Ansichten. V E RFÜHREN, VORFÜHREN, AUSFÜHREN Auf die Frage „Was ist ein Bild ?“ gibt es – je nach Zeit- oder Standpunkt – verschiedene Möglichkeiten der Definition und der Interpretation. Solange es Bilder gibt, bleibt die Frage gestellt. Im Windschatten der beeindruckenden Fülle lauern ja schon die nächsten Fragen auf. Wahrscheinlich ist der Ursprung aller Metapher, für die es ja kein Original gibt, die Frage als solche. Die Gruppe Silex ist ein gutes Beispiel dafür. Die Fülle der dargestellten Einzelheiten und Eigenheiten, das Fundgut der Versuche und Versuchungen ist mehr als die Summe der möglichen Antworten. Offensichtlich ist es die Aufgabe von Visualisierungen, die Frage nach dem Sinn und den Sinn der Fragwürdigkeit ununterbrochen aufrechtzuerhalten und da-durch ein eigenes Bild zu eröffnen. Bestimmten Ansichten bleiben wir treu, andere verwerfen wir, um noch andere zu entwerfen und um weiteren Platz zu machen. Wir sind angesichts häufiger Täuschungen, zwangsläufiger Enttäuschungen und einer hauptsächlichen Bilderflut verführt zu meinen, wir hätten (fast) alles schon einmal gesehen. So oder anders, ähnlich oder gleich. Dieser theoretischen Ansicht widerspricht die Überprüfung in der Praxis. Es genügt den Mitspielerinnen und Mitspielern von Silex über die Schultern oder auf die Finger zu schauen, um festzustellen, dass dieses Andere sich nicht als gegeben auf eine Seins-Behauptung stützen kann. Es muss hergestellt, bewerkstelligt und getan werden. Es stellt sich nur dann ein und heraus, wenn es bezeichnet, ausgezeichnet und aufgezeichnet wird. Die Macht und die Magie des Bildes beruhen ausschliesslich auf diesem unverwechselbaren Merkmal der Erkennbarkeit : es ist gemacht und entzieht sich dem Zugriff der Vereinheitlichung. Aber auch der Übertragbarkeit. Das Andere ist nie vollkommen erreicht ; es wird gestreift oder einmalig getroffen. Es ergibt sich auch nicht freiwillig. Das Andere ist – wie wir sehen – flüchtig, immer bereit, die Flucht zu ergreifen, um sich über Wasser zu halten. Das Andere aber ist machbar, es bleibt dem Tun anberaumt, es muss gemacht, dem Dasein abgerungen und aufgedrängt werden. Wir wollen es mit Silex nicht aus den Augen verlieren, um „es“ verbindlich der Aufmerksamkeit zu verpflichten. XIV du pareil au même, la différence se dessine D É S I G N E R , D I S C E RNER ET DESSINER Le signe fait la différence. La différence fait signe. Ce qui fait impression trouve sa succession dans un monde parallèle d’expressions que Silex met à l’épreuve et à disposition dans ses carnets et publications au rythme des saisons. Juste pour voir, voir plus juste. Ces explorations à la main et à l’œil – comme un acte gratuit – sont à l’affût de la perception. « Une rose est une rose est une rose… » Ce que Gertrude Stein dénichait dans la répétition des phénomènes comme un éternel retour à la renaissance, s’avère à chaque fois différent. Il suffit de voir, voir mieux, de suivre le regard et de le prendre au pied de la lettre. Silex, d’une part cherche le type, le prototype, le mille dans l’icône, voire le signe qui touche, mais il s’agit surtout de connotations à explorer et à exposer. Au fait, lorsque nous parlons de « rose », nos connotations demeurent tacites. Elles ne sont ni visibles ni explicitement avouées ou affirmées. Elles se font peut-être entendre par une traître vibration de l’intonation de notre voix, mais notre imagination est libre de penser et de voir ce qu’elle veut. Devant cet écran intérieur où les reminiscences et phantasmes imbibés par une rose déambulent. La nôtre. Silex nous montre la leur. Passer à l’acte, faire passer le rayonnement des impressions à une expression palpable et visible, laisse donc entrevoir les dimensions et les abîmes de toutes connotations qui hantent et habitent le sujet en question. Et nous-mêmes. La rose devient donc une rose dont l’unicité est l’importance. Que se passe-t-il donc, lorsque l’imagination intervient et que fait-elle passer au juste ? C’est à voir. C’est ce que Silex fait voir. Nous assistons à un jeu et nous avons la joie d’observer que les visualisations, de par leur fait accompli, ont du jeu, elles aussi. Les divagations et les digressions de Silex se développent, se découvrent. Devant nos yeux. Les dessins et les traces, arrachés aux gestes premiers font arrêt sur image. C’est cette enveloppe qui connote le message d’une différence toujours retrouvée et rapportée du paradis perdu. C’est cela de gagné : l’unique est précis et précieux. Il suffit de (le) voir. XV André Vladimir Heiz R XVI E S KO MMT ALLES ANDERS ALS E R K E N N T NISTHEORETISCHE SPUR ZU D E N ZEICHEN VON SILEX D U PA R E I L AU M ÊME, L A DIFFÉRENCE SE DESSINE FA I RE SIGNE – LE GESTE C O M M E INSTANT DE RECHERCHE P:P – Praxis und Perspektiven, La pratique en perspectives — Eine Initiative der Schule für Gestaltung Bern und Biel Gurzelenstrasse 31, CH – 2502 Biel / Bienne — Herbst 2004 Aude Lehmann Bastien Aubry Dimitri Broquard Anna Albisetti Manuel Krebs Gregory Gilbert-Lodge Dimitri Bruni Bilder Roland Bart, Auswahl Roland Bart und André Vladimir Heiz 33 // Bernhard Giger – Fotograf, Journalist, Filmemacher Thomas Pfister Bernhard Giger, geboren 1952 in Bern. Fotografenlehre bei Albert Winkler. Kurse und Berufsschule an der Kunstgewerbeschule Bern. Freischaffender Fotograf mit Schwerpunkt Film, Kunst und Theater. Fotos für Kulturzeitschrift «Der Löwe», Künstlerporträts zu «Das Schubladenmuseum» von Herbert Distel etc.¶ Ab 1972 freie Mitarbeit beim Berner Kellerkino: Dokumentationen und Jahrbücher zu den programmierten Filmen und Filmzyklen.¶ Ab 1974 freier Film- und Fernsehkritiker für «Bund», «Zoom-Filmberater», «Tages-Anzeiger», 1974-1982 Mitherausgeber «Cinema». In den siebziger Jahren Konzept und Realisation von Ausstellungen: «Tatort Bern», 1976 (mit Urs Dickerhof), Filmausstellung «Forschungsreise ins Paradies», Kunstgewerbemuseum Zürich, 1978, Douglas Sirk-Retrospektive und -Ausstellung, Filmfestival Locarno, 1978.¶ Ab 1979 Medienredaktor beim «Bund», 1988–1996 Konzept, Aufbau und Leitung des Ausgehmagazins «Berner Woche», 1996–2000 Leiter Kulturressort Berner Zeitung BZ, ab 2000 Leiter Stadtressort BZ, seit 2002 auch stellvertretender Chefredaktor.¶ Spielfilme: «Winterstadt», 1981; «Der Gemeindepräsident», 1984; «Der Pendler», 1986; «Kampf ums Glück», TV-Film, 1988; «Tage des Zweifels», 1991; «Gehirnwäsche», Tatort, 1993; «Time-out», Tatort, 2001; «Oeschenen», TV-Film, 2004. Weiter ein Videoclip mit Polo Hofer und Schmetterband, 1985, «Zürich-Emmental», ein Beitrag für eine Schweizer Filmgeschichte über die Deutschschweizer Spielfilme der Fünfzigerjahre, Cinémathèque Suisse, und «Balthasar Burkhard», ein Fotografenporträt für SF DRS, 2004.# 34 Thomas Pfister: Bernhard Giger, du warst, als wir uns vor über dreissig Jahren als Cinephile im Umkreis des Kellerkinos kennenlernten, Fotograf, später Filmkritiker und Medienredaktor beim «Bund». Du hast einen sehr spannenden Berufsweg hinter dir, auf dem du Persönlichkeiten wie dem Hollywood-Regisseur Douglas Sirk oder dem Künstler Andy Warhol begegnet bist. Heute arbeitest du als Vize-Chefredaktor der Berner Zeitung BZ und machst daneben noch Spielfilme. Was war der Grund, weshalb du eine Fotografenlehre machtest und welche Rolle spielte dabei die damalige Kunstgewerbeschule für dich?¶ Bernhard Giger: Vor meiner Fotografenlehre habe ich ein Jahr Kurse an der Kunstgewerbeschule besucht. Weil meine Zeichnungen zu ungenau waren, hatte man mich leider nicht in den Vorkurs aufgenommen. Dieses Jahr mit den Kursen hat mir in gestalterischer Hinsicht sehr viel gebracht. Ich besuchte u.a. Malkurse bei Toni Grieb, und ich lernte, worauf man bei der Gestaltung eines Bildes achten muss. Warum ich Fotograf wurde? Mit vierzehn begann ich regelmässig ins Kino zu gehen. Natürlich musste ich «reinbrennen», weil die Kinos damals nur ab sechzehn, oft gar erst ab achzehn Jahren besucht werden durften. Meine Mutter war eine grosse Kinogängerin, sie hat sich vor allem europäische Filme angeschaut und erzählte viel über ihre Kinoerlebnisse. Diese Filme ging ich mir dann selber anschauen. So habe ich mich bereits mit vierzehn Jahren entschlossen, später Filme zu machen. Es gab damals noch sehr wenige Ausbildungsmöglichkeiten für Filmemacher, darunter litten die meisten, die den so genannten neuen Schweizer Film geprägt haben. Deshalb habe ich mich entschieden, zuerst etwas Verwandtes zu machen, die Ausbildung als Fotograf. Für mich war das der erste Schritt zum Film. Es hätte natürlich alles ganz anders kommen können, aber bei mir hat sich mein Wunsch erfüllt. Nach der Fotografenlehre habe ich als selbständiger Fotograf gearbeitet und konnte auch einigermassen davon leben: Das Schwergewicht war Theater und Kunst, daneben habe ich für die von Gerhard Johann Lischka herausgegebene Kulturzeitschrift «Der Löwe» fotografiert und habe Künstlerporträts für die Dokumentation zu Herbert Distels’ «Schubladenmuseum» gemacht. Dann kam durch die Arbeit für das Kellerkino die Auseinandersetzung mit dem Medium Film, später wurde ich Filmkritiker beim «Bund». Die Fotografie blieb aber entscheidend und bei meinen ersten Filmen, «Winterstadt» und «Der Gemeindepräsident», stellten die Filmkritiker fest, dass man hinter dem Cineasten noch den Fotografen spüre. Die Fotografie hat meine Anfänge als Filmemacher wesentlich geprägt.¶ Thomas Pfister: Du hast scheinbar einen Umweg gemacht, um zu deinem Ziel, Filmemacher, zu gelangen. War dieser Umweg verlorene Zeit oder eine Chance? Hat sich die Ausübung eines zweiten Berufs für dich gelohnt?¶ Bernhard Giger: Es war kein Umweg, sondern ein ein bisschen längerer Weg zu meinem Ziel. Zuerst kam die Fotografie, das Bild, dann kam die Filmkritik, das Schreiben, das Wort dazu und schliesslich kamen Bild und Wort zusammen. Die Sache begann sich zu bewegen und wurde Film. Durch meine Erfahrung als Fotograf konnte ich meine Vorstellungen den Kameramännern viel klarer näher bringen. Ich weiss, was Gegenlicht bedeutet und was Grau- und Farbabstufungen sein könnten. Der Kameramann meiner ersten Filme, der bekannte Pio Corradi, hat sich auf Grund meiner Fotografien und nicht wegen des Drehbuchs dafür entschieden, mit mir als Regisseur zu arbeiten.¶ Thomas Pfister: Du bist im weitesten Sinne ein Gestalter. Du hast Fotos gemacht, Ausstellungen gestaltet, bei Filmen Regie geführt, du bist Journalist und arbeitest bei einer grossen Tageszeitung in der Chefredaktion. Welche Bedeutung hat Gestaltung für dich?¶ Interview am 1. September 2004 in der Redaktion der Berner Zeitung BZ in Bern Bernhard Giger: Man muss sich immer wieder überlegen, warum man etwas so und nicht anders gestaltet. Das finde ich etwas Entscheidendes. Wählt man etwas aus, weil es so genannt schön ist oder weil es einen tiefern Sinn macht? Die Gefahr besteht, dass man heute zu schnell gestalterische Lösungen gut findet, weil es gut aussieht und man sich zu wenig überlegt, warum man ein Bild so macht und nicht anders. Früher waren die Regeln fast zu streng und heute ist eher das Gegenteil der Fall. Man muss sich immer wieder fragen, was der Hintergrund ist.# Fernsehfilm Oeschenen Regisseur Bernhard Giger (Mitte) mit den beiden Hauptdarstellern, Walo Lüönd (links) und Martin Rapold © SF DRS/Klaus Rózsa 35 // Von der Engelsburg zur Schwabgutspitze Andreas Schärer Nach der mir verhassten Volksschulzeit, wo das Fach Zeichnen immer mit Rechnen ersetzt wurde, besuchte ich den Vorkurs in der Kunstgewerbeschule Bern. Für mich bedeutete dieses Jahr eine Zeit der Offenbarung, und es freut mich, dass der «Vorkurs» offensichtlich bis heute für viele seiner Absolventen und Absolventinnen, mindestens im Rückblick, immer noch als solche wahrgenommen wird. Der Direktor der Gewerbeschule vermittelte damals noch persönlich für jede/n einzelne/n Vorkürsler/in eine Lehrstelle in einem kunstgewerblichen Beruf. Niemand blieb «auf der Strecke».¶ Meine Lehrzeit als Grafiker, bei dem damals in bernischen Gestalterkreisen renommierten Hugo Wetli, öffnete mir nochmals viele Türen. Zur Lehrzeit gehörte aber auch, «Mädchen für Alles» zu sein, was heute sofort die Lehrlingskommission alarmieren würde. Da gab es wochenlanges Aufziehen von Leinwänden auf grosse Rahmenchassis, bis die Handballen schmerzhaft geschwollen waren. Wetli malte damals nur noch und hatte sich von der Werbegrafik verabschiedet.¶ Mein Lehrlingslohn betrug im ersten Lehrjahr monatlich zwanzig Franken und wuchs bis zum letzten Lehrjahr auf achtzig Franken an.¶ 36 Nach Abschluss der Lehrzeit fand ich eine Anstellung als so genannter Allrounder in der Werbeabteilung der Warenhauskette Oscar Weber AG in Zürich. Damit war die Möglichkeit verbunden, Abschied zu nehmen vom Mief einer allzu bürgerlichen Herkunft. Ich erinnere mich an riesige mittägliche Fressgelage, welche zwischen sehr sensiblen Reinzeichnungen im Atelier stattfanden. Das Team bestand aus zwei Grafikern, mich eingerechnet und einer Grafikerin, einer Werbetexterin, einem Werbeassistenten und einer -assistentin und einem sehr liebenswürdigen Art Director, welcher mich fast täglich flehentlich bat, meine Nächte nicht in derart exzessiver Weise mit Malerei zu vergeuden, damit ich am nächsten Tag doch bitte rechtzeitig am Arbeitsplatz erscheinen könne. Ich erschien damals meistens erst gegen 10 Uhr vormittags, was die Stempeluhr erbarmungslos registrierte. Den Zahltag gab es aber trotzdem monatlich, und man erhielt diesen auf dem Lohnbüro in einer gelben Lohntüte ausgehändigt. Bei mir waren es damals rund tausend Franken.¶ Taxifahrten auf Spesenrechnung des Warenhauses gab es à discretion, oft war man ganztags unterwegs, z.B. beim Fotografen, welcher unverzüglich Sachaufnahmen von Unterwäsche oder Modelleisenbahnen vornehmen musste, anschliessend wurden die Bilder zum Retoucheur gebracht und der bestellte Satz musste in der Setzerei abgeholt werden, weil deren Kurierdienst überlastet war. Ferner mussten Warenmuster, welche als Sonderangebot per Inserat erscheinen sollten, im Lager des Warenhauses zum Fotografieren abgeholt werden. Da spielte es dann keine Rolle mehr, wenn das Taxi einen Abstecher zu einer Galerie machte, die man im Eildurchgang besuchte, oder man zum Globus fuhr, wo man sich in der Delicatessa für das nächste gemeinsame mittägliche Gelage eindeckte.¶ Mein Abgangszeugnis nach zweijähriger Werbetätigkeit wurde sehr wohlwollend verfasst. Sehr unvorhergesehen rief mich dann ein junges Kollegenpärchen nach Rom: Da gebe es Arbeit für Freelancer noch und noch, und es bestehe die reelle Chance, sich bei Feltrinelli und anderen grossen Verlagshäusern einen Namen als Illustrator zu machen. Von alldem war dann aber leider nichts zu spüren. Es gab nur spärliche Aufträge, um die wir uns sogar stritten, wie die Hühner um die besten Körner. Die mir zufallenden Aufträge waren häufig sehr fremdartig: Da war z.B. eine Grusskarte zu gestalten für einen Teigwarenkonzern, welcher nur klerikale Kundschaft mit seinen Produkten belieferte; dabei sollte das Motiv auf der Karte den Gekreuzigten in persona darstellen.¶ Am mühsamsten erschien mir der Auftrag eines Möbelkonzerns, wobei aus unerfindlichen Gründen die Meinung vorherrschte, die Interieurs mit den ohnehin scheusslichen Möbel, würden besser zeichnerisch interpretiert statt fotografisch. Unzählige Male musste ich die Zeichnungen wiederholen, weil einmal die dargestellte Dame des Hauses auf dem falschen Sofa sass, das Sofa selbst nicht das gemeinte Produkt repräsentierte, die Meinung darüber geändert wurde, wer sich genau wohin und in welcher Pose setzten solle.¶ Für die schliesslich «erledigten» Aufträge musste ich oft monatelang auf eine Entschädigung warten und ass dabei nur noch Linsengerichte in einer Trattoria, wo sich Schwerabeiter, welche sich an der unteren Existenzgrenze befanden, ernährten.¶ Bekam ich vom Auftraggeber endlich den ersehnten Scheck, den ich möglicherweise am anderen Ende der Stadt persönlich abholen musste, was eine zweistündige Busfahrt hin und eine ebenso lange zurück bedeutete, wurde diese Bank vielleicht gerade bestreikt. Wenn die Bankangestellten nicht streikten, musste man häufig eine Serie von katholischen Feiertagen erdulden, während welchen sowohl die Bank als auch die Trattoria mit den Linsengerichten geschlossen blieben.¶ Als sich schliesslich das ansonsten umgängliche Kollegenpärchen mit mir verkrachte, landete mein Bett (eine Matratze) auf der Strasse und ich damit. Ich mietete somit selbst ein Zimmer, ohne zu wissen, womit ich die Mietkosten bezahlen sollte. Dort kam ich in engen Kontakt mit meinen Nachbarn, Existenzialisten und Underground-Filmer, welche zum Kreis um Pier Paolo Pasolini zählten und die sich «cavallieri del nulla» nannten.¶ Irgend einmal erschien mir dann die ewige Stadt aber doch zu «ewig» (im Hinblick auf das permanent in Frage gestellte materielle Überleben), so dass ich mich entschloss, dahin zurückzukehren, wo ich das Terrain als Heimat empfand, trotz aller Vorbehalte gegenüber diesem Begriff. Ich fühlte mich zudem dazu berufen, mein gestalterisches Wissen weiterzugeben: natürlich dort, wo ich selbst soviel erfahren durfte, an der Kunstgewerbeschule der Stadt Bern.¶ Zu meiner Bewerbung als Lehrkraft «Zeichnen und Kunstgeschichte» hatte ich vor einer der beiden Vorkursklassen, vor der Schulleitung und vor Mitgliedern der Schulkommission ein Referat über Surrealismus zu halten, mit anschliessender praktischer Aufgabenstellung für die Schüler/innen. Der Diaprojektor, ein sehr wichtiges Gerät zur Bebilderung des Gesagten, war plötzlich blockiert, dann streikte die Projektionslampe und – um das Unglück zu vervollkommnen – fielen die Dias auch noch aus der Kassette. Trotzdem wurde ich gewählt.¶ Zunächst unterrichtete ich in kleinem Pensum am Vorkurs und in einigen Kursen der Fort- und Weiterbildung. Daneben befasste ich mich mit Illustrationsaufträgen und der Gestaltung von Buchumschlägen. Parallel zu diesen Tätigkeiten absolvierte ich die methodischdidaktische Ausbildung am damaligen Zeichenlehrer-Seminar.¶ Bald einmal setzte ich alle Karten auf das Unterrichten und fand als sogenannter Hauptlehrer mit Vollpensum (was heute möglicherweise im Zusammenhang mit einer gestalterischen Lehrtätigkeit exotisch anmuten mag) eine meinen Vorstellungen und meinem Engagement entsprechende Anstellung. Parallel zum Vorkurs-Unter- 37 richt arbeitete ich während Jahren auch in der Abteilung Berufsschule und vermittelte den Dekorateuren und Dekorateurinnen Kenntnisse in Sachbereichen wie der Konstruktion zentralperspektivischer Räume, regulärer und irregulärer Vielecke, Kenntnisse über Begriffe des goldenen Schnitts und der Seitenverhältnisse der DIN-A-Formate, über Zusammenhänge und Herstellung platonischer und archimedischer Körper, über die subtraktive und additive Farbenlehr-Theorie und vieles andere.¶ Von vielen Dingen hatte ich anfänglich selbst keine Ahnung und musste mich fortlaufend in die Materie hineinknien, wobei mir seitens des damaligen Kollegiums in liebenswürdiger Weise geholfen wurde. Einige dieser Kollegen sind bis heute berufliche Weggefährten geblieben. Die Kurstätigkeit in den Gestaltungsbereichen «Figur, Akt, Porträt» bildet den konstantesten Teil meiner Arbeit an unsere Gestalterschule. Nächstes Jahr werden es dreissig Jahre sein.¶ Seit Anbeginn meiner Lehrtätigkeit führe ich konsequent ein Buch mit Lektionsprotokollen: Es ist sehr interessant zurückverfolgen zu können, welche Materie wann und bei welcher Klasse vermittelt wurde.¶ Die Direktion hat während dieser Jahre mehrmals gewechselt, ebenso veränderte sich die Zusammensetzung des Schulleitungskaders immer wieder. Oft waren Umstellungen aus meiner persönlichen Sicht schwer zu akzeptieren.¶ Im Vorkursbetrieb ist der Frontalunterricht längst der Förderung individueller Fähigkeiten gewichen. Sicher ist dies besser so und auch zeitgemässer, doch vielleicht ging dabei auch einiges an früherer Wissensaneignung verloren. Die Schule hat sich durch den Wandel der Technologien, aber auch durch den Wandel des Zeitgeistes, permanent verändert und muss dies natürlich auch weiterhin tun.¶ 38 Persönlich denke ich oft an die Engelsburg in Rom zurück, deren Anblick mich damals bei Spaziergängen am Tiberufer fasziniert hat. Natürlich steht sie unverrückt nach wie vor an ihrem Platz. Die Engel von damals sind hingegen grösstenteils entflogen und finden nur noch selten zu mir zurück ... in den seltenen Träumen verdeutlichter Erinnerung.¶ Dafür entstehen neue Träume, wie es z.B. die Berge von Bümpliz sind, dem neuen Vorkurs-Standort. Gibt es da möglicherweise die Schwabgutspitze oder das Bümplizer-Nordhorn?¶ In solcher Weise werden, bei Studierenden und Unterrichtenden gleichermassen, stets neue bildhafte Assoziationen entstehen, aus welchen gestalterische Formulierungen resultieren ...¶ Das ist es, was uns weiterführt, ganz ausdrücklich im Hinblick auf den persönlichen Berufsweg, aber auch ganz allgemein, auf dem Weg der Persönlichkeitsentfaltung.# 39 // Chantal Michel – Künstlerin Thomas Pfister Die Foto-, Video- und PerformanceKünstlerin Chantal Michel wurde 1968 in Bern geboren. Sie liess sich zuerst als Floristin ausbilden, dann absolvierte sie die Fachklasse Keramik der Schule für Gestaltung in Bern und wurde daraufhin in die Bildhauerklasse von Harald Klingelhöller an der Staatlichen Kunstakademie in Karlsruhe aufgenommen. Die Reihe der Auszeichnungen begann mit dem Kiwanis-Preis für Keramik und in der Kunst mit dem Aeschlimann/CortiStipendium der Bernischen Kunstgesellschaft, 2001 wählte Harald Szeemann eine Videoarbeit von Chantal Michel für die Biennale di Venezia aus und 2004 wurde ihr, nach vielen anderen Auszeichnungen und Werkbeiträgen, der Kunstpreis der Stadt Thun verliehen.¶ Schon als Floristin begann Chantal Michel mit Blumen zu gestalten und musste von ihrer Lehrmeisterin immer wieder gebremst werden, weil die Blumenobjekte nicht den Konventionen entsprachen. Zu dieser Zeit spielte sie mit dem Gedanken, anschliessend an die Lehre den gestalterischen Vorkurs in Bern zu besuchen. Zu ihrer Überraschung wurde die Floristin-Lehre als ausreichende gestalterische Vorbildung betrachtet, und so konnte sie in die Fachklasse Keramik eintreten.¶ Aber auch da hielt sie sich nicht an die Regeln, produzierte extrem viel, stellte über den Mittag Vasen her, die sie an Blumengeschäfte verkaufte, und machte bei Wettbewerben mit. Als einzige Schülerin war sie ausserhalb der Schule aktiv. Ihr Lehrer, Aschi Rüfenacht, der sie besonders förderte, habe jeweils gesagt, dass sie wie «aus dem Truckli» aussehe: Schon damals seien für sie Kleider, ihre «Verpackung», wichtig gewesen. Verpackung war auch ein Thema, dass ihr an der Abschlussprüfung gestellt wurde.¶ Zu dieser Zeit begann sie, inspiriert von Oskar Schlemmers’ Bauhausbühne, Strassentheater zu spielen. In den Ferien reiste sie jeweils mit ihrem Partner, Martin Lüthi (auch er Künstler, er gewann das A / C-Stipendium 2004), zwei bis drei Monate in Frankreich und Deutschland herum; mit Strassentheater verdienten sie schönes Geld, logierten in Hotels, genossen die urbane Umgebung und besuchten überall die Kunstmuseen. Und Chantal Michel kaufte bei Gelegenheit ausgefallene Kleider, die ihr heute als Fundus für ihre künstlerischen Arbeiten dienen. Dieses Leben war ein sehr befruchtender Gegensatz zur Wohnsituation in der Schweiz, wo die beiden ein abgelegenes altes Bauernhaus mit einem grossen Blumen- und Gemüsegarten in der Nähe eines kleinen Dorfes am Fusse des Stockhorns bewohnten.¶ Beim Tingeln durch Deutschland besuchten die beiden wohl gegen zwanzig Kunstakademien und Hochschulen, aber keine wollte ihnen gefallen. Der Zufall wollte es, dass sie unterwegs in einem Speisewagen den bekannten Videokünstler Klaus vom Bruch kennen lernten, der sie einlud, 40 auch in die Hochschule der Künste in Karlsruhe, wo er unterrichtet, hereinzuschauen. Doch wegen der fehlenden Matura konnte Chantal Michel nicht in seine Klasse eintreten. So liess sie sich in der Staatlichen Kunstakademie, die am gleichen Ort ist, von Harald Klingelhöller in die Bildhauerei einführen.¶ In einer schwierigen Phase des Studiums stiess sie auf ein Buch über Bruce Nauman, der in einer seiner Arbeiten versuchte, mit dem Boden zu verschmelzen. Sie war fasziniert von ihm, wie er auch aus einer künstlerischen Krise heraus ein Kunstwerk schaffen konnte. Vorher meinte sie, dass man ein «Thema» haben und «etwas Gescheites» machen müsse. Von da an begann sie mit dem Medium Video zu arbeiten. Körper und Raum, Kleider und Verpackung begannen die Künstlerin intensiv zu beschäftigen.¶ Nach dem Video kam die Performance als Kunstform dazu. Sie war eine logische Fortsetzung des Strassentheaters.¶ Die Verkleidung half Chantal Michel auch da, denn im Grunde genommen ist die Künstlerin eher schüchtern und tritt nicht gerne vor Publikum auf. Die Video-Performance, wo sie allein vor der laufenden Kamera ihren Auftritt gestalten konnte, entsprach ihr. Für ihre ersten Foto-Inszenierungen, mit denen sie auf Anhieb einen furiosen Erfolg in der Kunstwelt hatte, arbeitet sie manchmal mit Fachleuten zusammen. Immer wieder zieht Chantal Michel jedoch vor, allein zu arbeiten, sich die Zeit für die Verarbeitung neuer Räume und Environments zu nehmen und dann für einen Moment eins mit ihren Inszenierungen zu werden.# 41 42 43 44 45 46 47 48 // Bildlegenden Seite 41_Fotografie von Chantal Michel¶ Seite 42 bis 45_Fotografien von Roland Bart¶ Seite 46 / 47_Goldschmiedearbeiten Bern¶ Seite 48_Olma-Plakat von Michael Ziska# 49 // Geschäft mit Emotionen Berufsbild der Goldschmiedin / des Goldschmieds im Wandel der Zeiten Urs Liechti Gold als Nimbus Eitelkeit, Aberglauben und das Streben nach materiellem Besitz waren seit jeher die Gründe, sich zu schmücken. Wie an Höhlenmalereien oder Alkohol konnten sich die Menschen am Schmuck berauschen.¶ Das tiefe Bedürfnis, Gold zu besitzen, veranlasste die Menschen, das Gold zu sammeln und zu horten oder als Amulett in seiner Rohform auf sich zu tragen; das Bedürfnis, sich damit zu schmücken, zwang den Menschen, Techniken der Metallbearbeitung zu erlernen.¶ Schon im 4. Jahrtausend v. Chr. entwickelten die Goldschmiede in Ägypten und Nubien die Technik des Metallschmelzens. Fortan waren also auch kleinste Goldflitter wertvoll, da sie sich zu grösseren Goldmengen vereinigen liessen. Ab dem 3. Jahrtausend v. Chr. war man bereits in der Lage, aus Bienenwachs hergestellte Formen in Gold zu giessen oder Goldobjekte aus einzelnen Teilen zusammen zu löten: die beiden grundsätzlich verschiedenen Bearbeitungstechniken, wie wir sie noch heute kennen und anwenden.¶ Entwicklung des Formalen Die allerersten Schmuckstücke aus Gold waren objets trouvés, d.h. gefundene Goldnuggets, die gebohrt und auf Haare aufgezogen um den Hals getragen wurden.¶ Die Auftraggeber der ersten eigentlichen Goldschmiede, die das Metall zu bearbeiten wussten, waren Könige und Priester. Diese brauchten die goldenen Objekte, um ihre Herrlichkeit und ihre Macht zu demonstrieren, und hatten klare Vorstellungen, welcher Art die Schmuckstücke zu sein hatten. Die Goldschmiede waren also willenlose Werkzeuge in den Händen der Besitzenden und formten das Gold nach deren Absichten, Wünschen und Ideen. Im Verlauf der Jahrhunderte und der verschiedenen Epochen kamen als Auftraggeber die Adeligen dazu. Die Goldschmiede blieben aber Ausführende von konkreten Wünschen und damit von vorgegebenen Motiven und altbekannten Formen.¶ Soziale Stellung des Goldschmieds Unter allen Handwerkern nahm der Goldschmied stets eine Sonderstellung ein. Als Handwerker der Privilegierten war er – aus diesem Grund – stets ein Privilegierter unter den Handwerkern, zu Beginn als einzelner Berufsmann, mit steigender Nachfrage nach Goldschmuck, ab dem 4. Jahrtausend v. Chr., mit einer Schar von Gehilfen und Sklaven, die er beispielsweise als Sauerstoff-Lieferanten für die Temperatursteigerung von Feuern brauchte: Es entstanden erste Goldschmiede-Werkstätten. Diese Werkstätten waren allerdings noch sehr einfach eingerichtet, die Arbeitsverfahren entsprachen jedoch im Wesentlichen bereits den heutigen.¶ Über die einzelnen Goldschmiede ist, mit ganz wenigen Ausnahmen, wie bei allen Schöpfern von künstlerischen Objekten nichts bekannt, waren sie doch alle namenlose Handwerker, die einzig der höheren Ehre der Auftraggeber zu dienen hatten. Ab dem Mittelalter schlossen sich die Goldschmiede, wie alle übrigen Handwerker, zu Zünften zusammen und unterlagen damit der strengen zünftischen Ordnung. Selbständiger Goldschmied konnte praktisch nur werden, wer, wie beispielsweise Albrecht Dürers Vater in Nürnberg, nach langjähriger Gesellenschaft als neuer Meister in die Familie eines etablierten Meisters einheiraten konnte.¶ Nach der Französischen Revolution verloren Kirche und Adel ihre Vormachtstellung und die Bourgeoisie hatte von nun an die finanziellen Möglichkeiten, sich mit Luxus zu umgeben. Doch sie ahmte noch vorwiegend altbekannte historische Vorbilder nach.¶ Erst die Weltausstellungen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts führten zu neuen Impulsen bei der Gestaltung von Schmuck. Zum ersten Mal in der Geschichte der Goldschmiedekunst kreierten die Handwerker Einzelstücke nach ihren eigenen Vorstellungen. Die zu dieser Zeit stattfindende industrielle Revolution brachte neue maschinelle Herstellungsverfahren für die Massenproduktion. Dies führte zu einer Zweiteilung bei der Schmuckherstellung in Serien- und Unikat-Schmuck. Für Serien-Schmuck entwarfen Schmuckdesigner Objekte und meist nur angelernte Handwerker überwachten den maschinellen Fertigungsprozess dieser Objekte. Dagegen wurde der Unikat-Schmuck weiterhin und wird er heute noch von gelernten Goldschmiedinnen und Goldschmieden in den traditionellen Techniken angefertigt.¶ 50 Aktuelle und zukünftige Situation im Goldschmiedeberuf Heute ist der Strukturwandel, der in den letzten Jahren stattgefunden hat, abgeschlossen. Wie in der Uhrenindustrie Ende der sechsziger Jahre sind mehrere veraltete und verkrustete Goldschmiede-Betriebe, meist kleinere Fabrikationsbetriebe mit bis etwa zwanzig Mitarbeitern, die nach altväterischer Tradition Serienschmuck für Bijouterien ohne eigenes Atelier mit hohen Kosten produzierten und die auf die neue wirtschaftliche Situation nicht reagieren konnten, verschwunden. Dieser ganze Wirtschaftszweig der seriellen Massenproduktion wurde, meist unter westeuropäischer Führung, nach Ostasien ausgelagert, wo dieser Schmuck zu einem Bruchteil der früher anfallenden Kosten in gleicher Qualität hergestellt wird. Dieser Massenschmuck wird nach wie vor in Grossbijouterien oder ländlichen Bijouterie-Uhren-Optik-Läden ohne eigenes Atelier angeboten und findet Käufer, die für relativ wenig Geld Goldschmuck ohne Anspruch auf Exklusivität erstehen wollen.¶ Die übriggebliebenen oder neu entstandenen Goldschmieden sind Kleinbetriebe mit meist wenigen, selten bis zu ungefähr acht Mitarbeitern, wo in den altbewährten und zeitaufwändigen Fertigungstechniken Einzelstücke zu hohen Kosten kreiert werden. Der Umsatz solcher Luxusgüter ist stark Konjunktur abhängig. Nach dem konjunkturellen Einbruch Anfang der neunziger Jahre stieg er wieder stark an, um nach dem 11. September 2001 wieder massiv einzubrechen. Momentan scheinen sich die Umsätze wieder zu beleben. Nach wie vor gibt es nicht wenige Kunden, die bereit sind, viel Geld auszugeben, um in den Besitz eines Einzelstückes zu gelangen. Die Anbieter dieser exklusiven Objekte haben begriffen, dass sie nie mit Serienprodukten aus Billiglohnländern konkurrenzieren können, sondern dass ihr Geschäft nicht eigentlich, oder zumindest nicht ausschliesslich, ein Geschäft mit teuren Edelmetallwaren und Edelsteinen, sondern ein Geschäft mit Emotionen sein muss.# Zu den Abbildungen auf Seite 46 und 47: Unter anderen ist die Farbenlehre ein Thema im Gestalterischen Unterricht. Ziel ist es, dass die Schülerinnen und Schüler des 3. Lehrjahrs die Farbe als Element der Schmuckgestaltung erkennen, mit dem Gestaltungsmittel Farbe bewusst umgehen und dieses gezielt bei der Schmuckgestaltung umund einsetzen.¶ In einem theoretischen Teil lernen die Schülerinnen und Schüler die Primär-, Sekundär- und Tertiärfarben, den Farbkreis, die additive und die subtraktive Farbmischung und die sieben Farbkontraste nach Johannes Itten kennen. Alle haben erkannt, dass mit Farbe als Gestaltungsmittel in unserem Auge, in unserem Hirn und letztlich wohl auch in unserem tiefsten Inneren Harmonien oder Dissonanzen erzeugt werden können. Allen ist bewusst geworden, dass Farbe ein Gestaltungsprinzip sein kann, nach welchem ein Schmuckobjekt für eine bestimmte Person mit ihrer ganz eigenen Haut-, Haar- und Augenfarbe gestaltet werden muss.¶ In einem praktischen Teil sollten die Erkenntnisse umgesetzt werden zu einem Schmuckobjekt. Der Auftrag lautete «Schmuck und Farbe – Schmuck aus Farbe». Bereits der Arbeitstitel sollte verdeutlichen, dass bei dem zu gestaltenden Schmuckobjekt nicht mit Metall oder einem anderen Material, sondern «mit Farbe» gestaltet werden sollte und zwar so, dass ein klares Konzept der Farbwahl und ein oder mehrere Farbkontraste klar erkennbar würden. Als Arbeitsmaterial für den Ring verwendeten die Schülerinnen und Schüler farbiges opakes oder transparentes Acrylglas.¶ 51 // Le grand départ: Roland Bart Urs Dickerhof Weg von Deiner Schule, weg von uns! Viele, sehr viele Geschenke haben Dich begleitet. Ein Fest war auch dabei, voller Freundschaft, Hochachtung und Dankbarkeit, mit viel Lachen, Lächeln und nicht wenig heimlichen Tränen. Während 38 Jahren hast Du Dich in immer grösserem Mass für unsere Schule eingesetzt, unermüdlich, mit Haut und Haar. Wenn es einstmals gelungen ist, die Neuorientierung der Bieler Schule in die Wege zu leiten, dann hatte dies sehr viel mit Menschen wie Dir zu tun – unser Klima der gegenseitigen Wertschätzung ist auch Dein Verdienst. Du warst der etwas Vorsichtige unter uns. Sturm und Drang mündeten nicht selten dank Dir in geordneten Bahnen. Wahrscheinlich ist Dein Tempo jenes Deines Herzschlags und dementsprechend erträglich und human. Lehrer für Fotografie, der erste, bist Du gewesen. Die Erfahrungen Deiner Arbeit als erfolgreicher Fotograf hast Du vorbehaltlos weiter vermittelt. Technische Kenntnisse und Systematik, selbstverständlich. Fotografie als Abbildung und Interpretation, als Inszenierung und Dokumentation. Fotografie als eine Schule des Sehens, von der Intensität des Augenblicks bis zur Kreation einer eigenen Wirklichkeit. Mit Dir erlebten wir ein vagabundierendes en route zum Kontinent der Wahrnehmung, das Nutzen des Zufalls als eine Begabung und die Kraft der Lernenden als ein inspirierendes Geschenk. Dann war da noch die Sache mit dem neuen Bieler Schulhaus. Meistens hast auch Du daran geglaubt und als es endlich soweit war, wurde der Umbau Dein Fall, der Umzug, das Einrichten, die ganzen technischen Belange – um es kurz zu machen: Ohne Dich hätte wohl kaum alles einen dermassen geordneten Verlauf genommen. Hellhörig, achtsam, umsichtig: Aufmerksamkeit ist ein kostbares Gut. Du hast es gepflegt. Für und mit uns. Menschen hinterlassen Spuren. In der Erinnerung beginnen neue Geschichten. Unsere schönsten Erinnerungen gelten dem treuen Freund unserer Schule in guten wie in schwierigen Zeiten. Lieber Roland: Zum Abschied einen Strauss bunter Blumen, einen Strauss, gebunden von vieler Hände Finger, für einen Verbündeten im Wirken zum Wohl einer prosperierenden Schule. Blumen zum Abschied, bedauerlicherweise. Von uns, Deiner Bieler Schule.# 52 Erwin Hänni Anna-Marie Kappeler Seit Mitte Jahr 2004 ist Erwin Hänni im Ruhestand. Ich habe mit Erwin Hänni nur ein Jahr zusammengearbeitet. In diesem einen Jahr aber habe ich ihn ausserordentlich schätzen gelernt. Ich möchte ihn hier so charakterisieren: souverän, gelassen, geduldig, zuverlässig, humorvoll. Wann immer ich ihm eine Frage stellte – und ich habe ihm viele Fragen gestellt – antwortete er mir kenntnisreich und mit einer profilierten persönlichen Meinung. Ich habe mit ihm ein sehr gutes Jahr gehabt, und die Diskussionen mit ihm haben mir in meinem ersten Jahr als Direktorin der Schule für Gestaltung Bern und Biel ausserordentlich viel geholfen. Es gibt viele, die Erwin länger kennen als ich. Erwin Hänni kam 1987 an unsere Schule, und zwar als Abteilungsvorsteher Vorkurse und Fachklassen. Bald wurde er auch Mitglied der Schulleitung, was er bis zu seiner Pensionierung blieb. Zuvor war er Art Director und Atelierleiter verschiedener Werbeagenturen. Die Schule hat ihn angestellt und sich beim Kanton für ihn eingesetzt, obwohl er damals noch nicht alle Wahlvoraussetzungen erfüllte. Ihm fehlte die didaktische Ausbildung, die er dann natürlich nachholte. Bis vor drei Jahren (2001) hat er Schule gegeben, zuletzt Atelierunterricht in der Fachklasse Grafik in Biel. Es war ein weitsichtiger Entscheid, Erwin Hänni anzustellen. Man hat offenbar erkannt, was er aus seiner beruflichen Erfahrung alles in die Schule einbringen konnte. Wenn einer so lange an einem Ort ist, macht er auch Veränderungen mit. Die Fusion der Schulen in Bern und Biel vor rund fünf Jahren waren verständlicherweise auch für ihn nicht ganz einfach. Aus Konkurrenten mussten Kollegen, musste eine Schule werden. Er hat auch diese Aufgabe souverän gemeistert. Vorbildhaft war Erwin Hänni für uns (noch) Jüngere auch bei seinem schrittweisen Abbau des Pensums. Er hat loslassen und sich in seinem letzten Jahr mit einem kleineren Pensum bereits auf die Zeit ab August vorbereiten können – und seine Frau hoffentlich auch. Wenn einer so lange an einem Ort ist, gestaltet er die Schule wesentlich mit. Besonders erwähnen möchte ich das Portfolio, das Erwin Hänni aufgebaut hat, das heisst die Möglichkeit, sich aus dem reichhaltigen Angebot von Weiterbildungskursen einen individuellen Ausbildungsgang zusammenzustellen und sich ein Zertifikat zu erwerben. Neben dem Umbau des 53 Kurswesens in ein kundenorientiertes Angebot, das neben künstlerisch-gestalterischen auch die computergestützten Kommunikationstechniken umfasst, nahm er in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften stetige Anpassungen bei den Vorkursklassen und Fachklassen Keramik und Grafik vor. Er leitete den Aufbau der Fachklasse für Konservierung und Restaurierung von Schriftgut, Grafik und Fotografie und führte sie zur Anerkennung als Höhere Fachschule. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Fachklasse für Kunst zu der Bedeutung, welche notwendig war zur Aufnahme in die Hochschule für Kunst und Konservierung, der jetzigen Hochschule der Künste. Er war massgeblich beteiligt an der Initiierung und Entwicklung dieser Hochschule. Und er leitete den Wechsel vom Zeichenlehrerseminar zum Studiengang Bildnerisches Gestalten. Im Namen der Schule für Gestaltung Bern und Biel, jedoch auch ganz persönlich, danke ich Erwin Hänni für alles, was er für uns und die Schule geleistet hat, was er für uns als Mensch und Kollege war. Zu seinem neuen Lebensabschnitt wünsche ich Erwin Hänni viel Freude – sei es beim Lesen oder beim Reisen, am Computer oder an einem unserer Kurse, wo wir ihn sicher hin und wieder treffen werden.# Jörg E. Kocher Beat Küffer Nur etwa 150 m neben der heutigen Schule für Gestaltung aufgewachsen ahnte Jörg Kocher wohl noch nicht, dass er seinem Quartier treu bleiben würde und den grössten Teil seiner Arbeitszeit an der Schänzlihalde und dem Filialbetrieb in der Enge, an der damaligen Kunstgewerbeschule Bern, leisten würde. Nach der obligatorischen Schulzeit und den vier Jahren in der Primarlehrerausbildung in Hofwil unterrichtete Jörg Kocher neun Jahre an der Oberschule in Bowil. Seine Fortbildung in den Staats- und Wirtschaftskursen des BIGA befähigte ihn zur Berufsschullehrerkarriere. Zuerst noch zwei Jahre, von 1966 – 1967 als Nebenamtlehrer, ab dem 1. April 1968 als vollamtliche Lehrkraft an der Kunstgewerbeschule Bern, begann seine 38 Jahre dauernde Tätigkeit als Gewerbelehrer. «Ich bin jeden Tag gerne arbeiten gegangen», war eine seiner wichtigsten Aussagen anlässlich seiner Pensionierungsfeier im Restaurant Dählhölzli, in der letzten Januarwoche 2004. Und es stimmte! Dies vermögen all die Hunderten von Lehrlingen bestätigen, die seinem Unterricht folgten. Mit seiner Persönlichkeit und dem grossen Engagement verstand er es, ohne viel Aufhebens direkte Kontakte zu knüpfen, zu fördern, zu helfen, aber auch zu fordern. Besonders am Herzen lagen ihm die schwachen Lehrlinge oder jene, die eben besondere Betreuung und Hingabe brauchten. Gerade deshalb unterrichtete er immer wieder an den Stützkursen, auch als seine Tätigkeiten mehr organisatorisch und planerisch wurden. Einen besonderen Verdienst errang er mit seiner Funktion ab 1984 als Chefexperte der Allgemeinbildenden Prüfungen der Region Bern Mittelland. Seine korrekte und präzise Arbeit schätzten nicht nur die Lehrlinge, nein, auch alle betroffenen Lehrkräfte und Beteiligten der Verbände und der kantonalen Verwaltung. Mit grossem Engagement und Präzision bereitete er jahrelang die Lehrabschlussprüfungen vor, reservierte Räume, kontrollierte tausende von Lehrabschlussprüfungen, gab Noten weiter und konnte auch im grossen Stress seinen Humor nicht verlieren, wie damals, als der besorgte Lehrer nach den Noten einer Klasse fragte: «Eue Unterricht het ne nid gschadet, es si au zäme gnüegend gsi!» Ab 1. Februar 1996 wurde Jörg Kocher zum Stv. Leiter der Abteilung Berufsschule und zum Stundenplaner befördert. Seine persönliche Einschätzung in der Bewerbung sollte sich mehr als bewahrheiten: «Da ich als Chefexperte... erfahren habe, dass mir Organisieren, Planen, Verwalten und Arbeiten 54 im Team ... nicht nur Freude bereitet, sondern, dass ich dazu offenbar auch eine Begabung in die Wiege gelegt bekommen habe, bewerbe ich mich. So hoffe ich denn gerne, der Schule für Gestaltung in Bern einen Dienst zu erweisen». Das tat er auch – in ganz besonderem Mass. Aus dem Organisator und Stundenplanverwalter wurde mehr: Ansprechpartner für Lehrlinge, Lehrkräfte und alle Mitarbeitenden der SfGBB: «die gute Seele der Berufsschule» eben. Lieber Jörg, Deine Aussage ganz am Anfang unserer Zusammenarbeit galt bis zum letzten Arbeitstag: «Ich will in den verbleibenden sieben Jahren noch etwas bewegen!» Und dies können wir alle, die mit Dir zusammengearbeitet haben, wahrlich bestätigen. In Deinem neuen Lebensabschnitt wird es Dir nicht langweilig. Wir wissen um Deine fantastischen Fähigkeiten als Schauspieler, wir kennen Deine Begabung als Organisator und wir wissen, dass wir auch zukünftig mit Spannung auf einem Theaterstuhl Platz nehmen können, und Dir in einer Deiner Lieblingstätigkeit begegnen werden. Mit herzlichem Dank wünschen wir Dir alles Gute!# // Abschiedsfeste Fotos: Roland Aellig Roland Bart Erwin Hänni Jörg E. Kocher 55 // Ausstellungen/Expositions In Bern realisiert durch Klaus F. Pressmann, Ausstellungsleiter SfG BB u.a. Übergänge/Transitions 19. 8. 2003, Foyer SfG BB, Bern Fachklasse Grafik, Ausstellung der Lehrabschlussarbeiten BAM Bernische Ausbildungsmesse 16. – 18. 8. 2003, Kursaal, Bern Schule für Gestaltung Bern und Biel Jeune céramique au parcours céramique carougeois 20. 9. – 5. 10. 2003, Carouge Fachklasse Keramik Bern plakativ 30. 10. – 20. 12. 2003, Kornhausforum, Bern Fachklasse Grafik (Gestaltung der Ausstellung) Classe professionelle de graphisme (mise au point de l’exposition) Keramik Willisau 2003 31. 10. – 9. 11. 2003, Willisau Fachklasse Keramik und Fachlehrer Projektwoche Skulptur im Sandstein Oktober 2003, 1. OG SfG BB, Bern Goldschmiedinnen/Goldschmiede Projektwoche Fiesch 2003 2. – 11. 12. 2003 Foyer und 1. UG SfG BB, Bern Polygrafinnen/Polygrafen, 4. Lehrjahr, Kiwanis-Förderpreis 2003/04 für junge Gestalterinnen und Gestalter 23. 1. – 13. 2. 2004, Foyer SfG BB, Bern Kiwanis-Club Bern-Aare Fotoausstellung GENUA Projektwoche 21. 2. – 9. 3. 2004, Foyer SfG BB, Bern Fotografinnen/Fotografen 4. Lehrjahr Fotoausstellung: Plätze einer Stadt Projektwoche Köln und Karlsruhe 18. – 26. 3. 2003, 2. UG SfG BB, Bern Fotofachangestellte und Fotolaborantinnen/Fotolaboranten, 3. Lehrjahr 56 Projektwoche in Pesmes 6. 5. 2004, Pesmes (F) Dekorationsgestalterinnen/Dekorationsgestalter 1. Lehrjahr 1. Portfolio - Ausstellung Weiterbildung 15. 5. – 5. 6. 2004, Fover SfG BB, Bern Angela Blattner, Margrith Kulczyk und Eva Scheuter Diplomarbeiten und individuelle praktische Arbeiten 19. 6. – 2. 7. 2004 Foyer und 1. UG SfG BB, Bern Fachklasse Keramik Sonderausstellung «Maloney» und Jahresausstellung 30. 6. 2004, Schwabstrasse SfG BB, Bern Vorkurse Bern In Biel A Bienne realisiert durch die Fachlehrerinnen/Fachlehrer réalisé par les professeurs des cours concernés 31 voies 31 voix 1 exposition 29. 4. – 4. 5. 2004 Forum SfG BB, Biel/Bienne 4. Fachklasse Grafik 4e classe professionelle de graphisme Fach: Bildsprache / langage visuel Umwege/Détours Ausstellung der Diplomarbeiten 2004 Exposition des travaux de diplôme 2004 19. – 29. 5. 2004 Forum SfG BB, Biel/Bienne 4. Fachklasse Grafik 4e classe professionelle de graphisme Persönliche Vertiefungsarbeiten Projets personnels 30. 6. – 1. 7. 2004 Vorkursatelier SfG BB, Biel/Bienne Vorkurse Biel / Cours préparatoire Bienne Privé-public Portfolio-Präsentationen Présentation des dossiers 24. 6. 2004 Forum SfG BB, Biel/Bienne 3. Fachklasse Grafik 3e classe professionelle de graphisme 57 // Auszeichnungen – Vermischte Meldungen Prix – Faits divers Die Bratwürste, die für die OLMA-Messe 2003 in St Gallen warben, kamen aus Biel, aus der 3. Fachklasse Grafik.¶ In einem Wettbewerb, an dem alle Schulen für Gestaltung der Deutschschweiz mitmachen konnten, wurde der Entwurf des Bieler Lernenden Michael Ziska ausgezeichnet und ausgeführt.¶ Als Sujet wählte der angehende Gestalter eine aufgerissene Bratwurstpackung aus Plastik, in der sich noch zwei rohe Kalbsbratwürste befinden.¶ Mit diesem mutigen Entscheid, der zu reden gab, hat sich die Wettbewerbs-Jury von den traditionellen folkloristischen Plakat-Sujets (Kühe und Sennen) gelöst. Die Wettbewerbseingaben, die mit viel Witz die Ostschweizer Bratwurstolympiade thematisieren, sind im Unterricht bei den Grafik-Fachlehrern Fritz Bürki (Bern) und Urs Strähl (Luzern) entstanden.# Dimitri Bruni und Manuel Krebs, ehemalige Absolventen der Bieler Fachklasse Grafik, werden für ihr Buchprojekt «NORM/ ABC», nach diversen Auszeichnungen im In- und Ausland, mit dem Design Preis Schweiz 2003 ausgezeichnet.# Der Thuner Filmemacher Luki Frieden, Kursleiter «Short Story – Vom Drehbuch zum Filmfestival» an der Schule für Gestaltung, gewinnt mit seinem Spielfilm NOVEMBER (mit Max Rüdlinger, Charlotte Heinimann u.a.) den Filmpreis 2003 des Kantons Bern.# Mit dem Film/Video-Werkbeitrag des Kantons Bern 2003 wird die Filmemacherin Gabriele «Saba» Schärer, Kursleiterin «Die Welt der bewegten Bilder – Visuelles Storytelling» ausgezeichnet. Sie hat 2004 für die Krebsliga den Kurzfilm «Busenfreundinnen», ein Film über das Tabu Brustkrebs, realisiert. Er lief als Vorfilm im Kino.# Thomas Pfister, Lehrbeauftragter für «Bilder in Bewegung» an der Fachklasse Grafik in Biel, wird im April 2004 vom Filmfestival «Visions du Réel» Nyon in die internationale Jury «Regards neufs» berufen.# Christiane Hamacher, Künstlerin und Lehrbeauftragte am Vorkurs in Biel, realisiert im Erdgeschoss des WocherPanoramas in Thun die Wand-Installation GEGENSTÜCK (April – Oktober 2004).# 58 Le Musée des Beaux-Arts de La-Chaux-de-Fonds présente une exposition avec 400 oeuvres de Rolf Blaser, ex-élève de la classe professionelle de graphisme de Bienne.# Mit ihrem Beitrag «Sagen Sie’s durch die Zeitung» gewinnt Esther Zimmermann aus der 3. Fachklasse Grafik Bern und Biel den «Bund»- Grafik-Förderpreis.# Am 19. Mai 2004 wurden im Centre PasquArt in Biel die Louise Aeschlimann- / Margareta Corti -Stipendien der Bernischen Kunstgesellschaft und der Rotary-Kulturförderpreis 2004 verliehen. Drei der vier Ausgezeichneten sind ehemalige Schüler der Bieler Schule. Es sind dies Mirjam Gottier und Claude Hohl (A/C-Stipendium) sowie Stefan Guggisberg (Rotary-Preis). Inzwischen wurde Stefan Guggisberg auch noch der Kulturförderpreis der Stadt Thun zugesprochen, und Claude Hohl kann eine Auswahl seiner Werke im Kunstmuseum Bern zeigen.# Alexander Jaquemet, ehemaliger Absolvent der Berufsfachschulklasse der Fotografen, gehörte zu den sechs Preisträgern die von Fernand Rausser, Bürgi-WillertKulturpreisträger 2004, gewählt wurden.# In Radebeul bei Dresden werden Europas 100 beste Plakate 2003 ausgewählt. Unter den prämierten Arbeiten befindet sich auch das OLMA-Plakat von Michael Ziska aus der Bieler Fachklasse Grafik.# // Grafik Diplomtag Am Mittwoch, 19. Mai 2004, wurden nach vierjähriger Ausbildungszeit in der Schule für Gestaltung in Biel die Diplomarbeiten der Fachklasse Grafik präsentiert.¶ Von den 15 Diplomandinnen und Diplomanden haben alle das Diplom bestanden. Die Arbeiten belegen die hoch stehende und kreative Ausbildung in der alten SAFAG-Fabrik an der Gurzelenstrasse 31 in Biel. Mit Bedauern nimmt man zur Kenntnis, dass diese Abschlussklasse zum letzten Mal eine vierjährige Ausbildung erhielt. Vor drei Jahren wurde eine um zwei Semester verkürzte Lehrzeit eingeführt. Im Rahmen des Diplomtages wurde der renommierte deutsche Kernphysiker und das «Club of Rome»-Mitglied Prof. Dr. Hans-Peter Dürr zu einem Vortrag eingeladen. Er sprach zum Thema «Das schöpferische Prinzip – Das Geistige der Natur». In seinem anregenden Vortrag betonte er, wie kreativ-feindlich die klassische Naturwissenschaft in der Regel ist. Doch die Disziplinen stehen heute nicht mehr isoliert nebeneinander, sondern gehen immer mehr ineinander über. Gerade die Kunst sei für die Naturwissenschaft von eminenter Bedeutung, könne sie doch auf etwas weisen, das man nicht begreifen könne. Erstaunt nahm man zur Kenntnis, dass der Kernphysiker nach fünfzig Jahren Forschung zum Philosophen geworden ist.# 59 // proForma: 2003 Förderverein Schule für Gestaltung Bern und Biel Förderpreise Der Förderverein proForma der Schule für Gestaltung Bern und Biel hat Ende 2003 sein neuntes Tätigkeitsjahr erfolgreich beendet.¶ Dem Verein gehören derzeit 90 Aktivmitglieder inkl. Paarmitgliedschaften, 28 Gönnerinnen und Gönner, 17 Firmen / juristische Personen und 2 Kollektivmitglieder an. Demnach zählt proForma zu Beginn des Jahres 2004 total 137 Mitgliedschaften (1.1.2003: 145 Mitgliedschaften).¶ Ausgetreten, resp. den Mitgliederbeitrag seit mindestens zwei Jahren nicht mehr entrichtet: 8 Mitglieder.¶ Der Vorstand ist im Jahr 2003 zu vier Sitzungen zusammengetreten.¶ Richard Schmitt, Beisitzer und Vertreter der Valiant-Bank, ist auf die letzte Mitgliederversammlung hin zurückgetreten. Der Vorstand von proForma dankt ihm ganz herzlich für seinen Einsatz.¶ Im Sommer wurde Hans-Ueli Herrmann als Direktor der SfG BB von Anna-Marie Kappeler abgelöst. Auch Hans-Ueli Herrmann dankt der Vorstand im Namen aller Vereinsmitglieder ganz herzlich für die stets ausgezeichnete und kompetente Zusammenarbeit.¶ Der Verein proForma dankt weiter:¶ Allen Vereinsmitgliedern für ihre Treue, der SfG BB für die zur Verfügung gestellte Infrastruktur, der VALIANT Bank Bern für Sponsoring und Gratiskontoführung.¶ Bern, März 2004 Marianne Burkhard, Präsidentin# Joseph Jeker-Preis 2002 An der Lehrerinnen- und Lehrerkonferenz von Dienstag, 13. Mai 2003, in der Aula des Botanischen Gartens der Universität Bern, konnte der Joseph Jeker-Preis 2002 zu gleichen Teilen an Oliver Glauser und Olivier Maier, ehemalige Polygrafenlehrlinge, verliehen werden.¶ Joseph Jeker-Preis 2003 Preisträgerin ist Julia Hänni aus Burgdorf, bis Juli 2003 Lernende in der Goldschmiedeklasse.¶ Linck-Preis Am 21. März 2003 wurde der mit 1000 Franken dotierte LinckPreis an Karin Lehmann, Lernende in der Fachklasse Keramik, verliehen.¶ Grafik-Preis Mit dem Grafik-Preis von 1000 Franken für die beste Vordiplom-Arbeit wurde ausgezeichnet: Monika Stalder, 4. Lehrjahr der Fachklasse Grafik in Biel.¶ Den Stiftern der Förderpreise, Familie Lidia und Peter Jeker (Joseph Jeker-Preis), Frau Lisa Bellwald (Grafikpreis) und Frau Regula Linck (Linck-Preis) sei für ihre Grosszügigkeit ganz herzlich gedankt.¶ Dank der Unterstützung durch Vereinsmitglieder und Sponsoren konnten folgende Unternehmungen von proForma finanziell gefördert werden:¶ Mediothek SfG BB: Benutzerkarten an Lernende und Vorkursschülerinnen und -schüler der Schule für Gestaltung Bern und Biel. Fr. 2000.– / Beitrag an das Projekt P:P – Perspektiven und Praxis am Standort Biel. Fr. 250.– / Vergolder-Abschlussklasse: Beitrag an Studienreise nach Prag. Fr. 400.– / Vorkurse Schwabstrasse Bern: Beitrag an Anlass der Studierenden. Fr. 500.– / Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit der SfG BB Fr. 1000.– / Starthilfe für das «Forum Biel» Fr. 1000.–¶ 60 // Dank Altstadtleist, Biel Antikensammlung des Instituts für Archäologie des Mittelmeerraumes der Universität Bern, Bern Lisa Bellwald, Bern Bernisches Historisches Museum, Bern Bijoux Stadelmann AG, Jürg Stadelmann, Bern Bundesamt für Kultur, Sektion Kunst und Gestaltung, Bern Bündner Kunstmuseum, Chur Comedia, Die Mediengewerkschaft, Bern Ediprim AG, Biel Galerie Kornfeld, Bern Gewerbemuseum der Stadt Winterthur, Winterthur h.e.p. verlag AG, Bildung Medien Kommunikation, Bern Historisches Museum Bern, Bern Peter Hügli, MASANI’S, Zürich Lidia und Peter Jeker, Jeker Natursteine AG, Bern Kulturstiftung des Kantons Thurgau, Frauenfeld Kunsthalle Zürich, Zürich Kunsthaus Aarau, Aarau Kunsthaus Langenthal, Langenthal Kunstmuseum Bern, Bern Kunstmuseum Luzern, Luzern Kunstmuseum Thun, Thun Linck Keramik Reichenbach, Regula Linck, Zollikofen Museum für Kommunikation, Bern Museum für Kulturen Basel, Basel Museum Rietberg, Zürich proForma – Förderverein der Schule für Gestaltung Bern und Biel Rigips AG, Mägenwil Witschi Druck, Beat Witschi, Nidau 61 // Nachwort Jürg Engi / Präsident der Schulkommission Bildung – Weiterbildung: Wohin führen die Wege?¶ Ein Vorwort zum Nachwort: Im Jahresbericht 2003/2004 haben wir eingeführt, dass der Präsident nicht – wie sonst üblich – das Vorwort schreiben darf, sondern eben das Nachwort. Damit wollen wir ganz bewusst die Kultur in unserer Schule in Bern und Biel dokumentieren. Nicht der Präsident mit seiner Schulkommission hat das erste Wort; er lenkt im Hintergrund. Und folgerichtig schreibt er deshalb auch das Nachwort.¶ Bildung und Weiterbildung wurden in den letzten Jahren noch nie so stark thematisiert wie heute. Wir hören von Bologna, von Pisa und längst wissen auch Nichteingeweihte, dass es sich hier nicht um die traumhaft schönen Städte in Italien handelt... Fachhochschulen werden lanciert und per Gesetz den Universitäten gleichgestellt, ein neues Bildungsgesetz ist offiziell seit Anfang 2004 in Kraft. Kurz und gut: Alles ist im Wandel begriffen. Zukunftsforscher, wie der bekannte Matthias Horx, sagen voraus, dass junge Leute, die heute in das Berufsleben eintreten, bis zu Ihrem Ausscheiden aus der Arbeitswelt drei bis fünf verschiedene Berufe ausgeübt haben werden. Für Ausbildungs-Verantwortliche, wie wir das an der Schule für Gestaltung Bern und Biel sind, ist das eigentlich Musik in den Ohren, ruft doch diese These – mit der Horx nicht alleine da steht – geradezu nach weiteren und vor allem permanenten Aus- und Weiterbildungen.¶ Leider ist dem aber zumindest heute in der Schweiz nicht so. Es scheint, man realisiert in unserem Lande nicht oder mindest zuwenig, dass wir nur ein Kapital haben: nämlich unsere Köpfe! Und die gilt es ständig und auf hohem Niveau aus- und weiterzubilden. Nur so können wir Schritt halten im internationalen Vergleich, und wir müssen sehr wohl aufpassen, dass wir den Anschluss nicht verpassen. Leider – so muss man feststellen – sind wir auf bestem Wege dazu.¶ Wie unsere Direktorin im Vorwort anmerkt ist gerade deshalb unser Jahresbericht – der Almanach – ein Plädoyer für Bildung und Weiterbildung. Wir haben versucht, das was uns am Herzen liegt zu thematisieren.# 62 // Postface Jürg Engi / Président de la Commission scolaire Formation – Formation continue: Quels chemins prendre?¶ La préface de la postface: pour le rapport annuel 2003/2004, nous avons décidé que le président n’écrirait pas la préface, comme le veut la coutume, mais la postface. Par là, nous voulons consciemment documenter la culture existant dans nos écoles à Berne et à Bienne. Ce n’est pas le président avec sa commission qui a le premier mot, mais il oriente à l’arrière-plan. C’est pourquoi il rédige la postface.¶ Durant les 20 dernières années, le thème de la formation et de la formation continue n’a jamais été aussi présent qu’aujourd’hui. On entend parler de Bologne, de Pise, et il y a longtemps que même les non-initiés savent qu’il ne s’agit pas simplement de ces villes de rêve en Italie…Des hautes école spécialisées sont créées et décrétées équivalentes aux universités par la loi, une nouvelle loi sur la formation professionnelle est entrée en vigueur au début de l’année 2004. Bref, tout est en mouvement. Des futurologues comme le célèbre Matthias Horx prédisent que les jeunes gens qui commencent aujourd’hui leur vie professionnelle auront exercé trois à cinq professions jusqu’au moment où ils se retireront du monde du travail. C’est du baume au cœur des responsables de la formation que nous sommes à l’Ecole d’Arts Visuels puisque cette thèse – que Horx n’est pas seul à défendre – sollicite plus de formations et formations continues et ceci en permanence.¶ Mais, malheureusement, la situation actuelle en Suisse ne reflète pas cette analyse. On dirait qu’on ne se rend pas assez compte que dans notre pays nous n’avons qu’un seul capital: nos têtes! Or, il s’agit de donner à celles-ci en continuité des possibilités de formation et de perfectionnement de haut niveau. Ce n’est qu’ainsi que nous pouvons suivre le rythme international et nous devons tout faire pour ne pas rater le coche. Malheureusement, nous devons constater que nous sommes en passe de le rater.¶ Comme le dit notre directrice dans la préface, c’est pour cela que notre rapport annuel, l’almanach, est un plaidoyer pour la formation et la formation continue dans lequel nous nous sommes efforcés de dire ce qui nous tient à cœur.# 63 // Impressum Copyright © 2004 Schule für Gestaltung Bern und Biel / Ecole d’Arts Visuels Berne et Bienne Projektteam / Groupe de projet: Anna-Marie Kappeler, Urs Dickerhof, Thomas Pfister (Leitung), Roland Aellig, Markus Beer, Dario Bortoli, Stefan Gelzer, Thomas Jsaak, Francesco Micieli, Damir Milicevic, Heinz Wyder, Beat Trummer Redaktion / Rédaction: Thomas Pfister Fotos / Photos: Roland Aellig u.a. Übersetzungen / Traductions: Marguerite Zaugg-Diener Konzept und Gestaltung / Conception et création visuelle: 2. Fachklasse für Grafik / 2e classe professionnelle de graphisme Alain Aebersold, Miriam Affolter, Maya Arber, Andrea Bachofner, Jonas Bechstein, Georges Blunier, Nicole Brand, Lucas Canepa, Cornelia Diethelm, Susanne Gafner, Tobias Huber, Yannic Joray, Emanuel Künzi, Barbara Pfander, Victoria Reisle, Andrea Stebler, David Walter Fachbegleitung / Conseil professionnel: Beat Trummer, Heinz Wyder, Markus Beer Druck / Buchbinderische Arbeiten / Exposition / Impression / Reliure: Schule für Gestaltung Bern und Biel Dario Bortoli, Thomas Jsaak, Damir Milicevic Auflage / Tirage: 500 ISBN 3-033-00295-1 # Schule für Gestaltung Bern und Biel / Ecole d’Arts Visuels Berne et Bienne Bern Schänzlihalde 31 3013 Bern Tel 031 337 0 337 Fax 031 337 0 338 office.bern@sfgb-b.ch www.sfgb-b.ch Biel-Bienne Gurzelenstrasse 31, rue Gurzelen 2502 Biel/Bienne Tel 032 344 20 10 Fax 032 344 20 11 office.biel@sfgb-b.ch www.sfgb-b.ch eine Institution des Kantons Bern une institution du canton de Berne 64 # 41 60 67 28 72 54 22 7 8 22 48 69 10 13 3 28 11 1 179 160 31 40 10 9 13 24 Siebdruckerin/Siebdrucker Steinbildhauerin/Steinbildhauer Steinhauerin/Steinhauer Steinmetzin/Steinmetz Töpferin/Töpfer Vergolderin/Vergolder Buchbinderin/Buchbinder Dekorationsgestalterin/Dekorationsgestalter Druckausrüsterin/Druckausrüster Druckerin/Drucker Drucktechnologin/Drucktechnologe Fotofachangestellte/Fotofachangestellter Fotografin/Fotograf Fotolaborantin/Fotolaborant Glasmalerin/Glasmaler Goldschmiedin/Goldschmied Grafikerin/Grafiker (duale Ausbildung) Grafikerin/Grafiker (Vollzeitausbildung) Industriekeramikerin/Industriekeramiker Kartografin/Kartograf Keramikerin/Keramiker (duale Ausbildung) Keramikerin/Keramiker (Vollzeitausbildung) Keramikmalerin/Keramikmaler Keramikmodelleurin/Keramikmodelleur Die Berufsziele der Lernenden Polygrafin/Polygraf Schrift- und Reklamegestalter/in Ausbildungen im tertiären Bereich Berufsfachschule Standort Bern: 24 Berufe Vorkurse Standort Bern (Vollzeitausbildung) Vorkurse Standort Biel (Vollzeitausbildung) Fachklasse Keramik Standort Bern (Vollzeitausbildung) Fachklasse Grafik Standort Biel (Vollzeitausbildung) 3608 2350 und Stützkurse in 159 Tages- und Abendkursen Total Gestaltungs-, Fort- und Weiterbildungskurse, Freifach- 85 Technikerschule TS für Medienwirtschaft und Medienmanagement 14 Vorbereitung auf die eidg. Berufsprüfung Techno-Polygrafin/Techno-Polygraf 9 Vorbereitung auf die Berufsprüfung zur Fotofachfrau/zum Fotofachmann 12 Vorbereitung auf die eidg. Berufsprüfung Multimedia-Koordinatorin/Multimedia-Koordinator 11 Vorbereitung auf die eidg. Berufsprüfung Typografische Gestalterin/Typografischer Gestalter 933 61 36 28 69 Pflichtunterricht In Ausbildung // Schule für Gestaltung Bern und Biel 2003/2004 // Jahresrechnung 2003/2004 Aufwand Gehälter Lehrkräfte Gehälter administratives Personal Beiträge Sozialversicherungen Weiterbildung übriger Personalaufwand 9 587 206.00 1 398 419.00 1 614 267.00 74 304.00 5 215.00 Personalaufwand 12 679 411.00 Lehrmittel, Fachliteratur, Material Anschaffungen Maschinen, Mobilien, Informatik Wasser, Energie, Heizung Betriebs- und Verbrauchsmaterial Baulicher Unterhalt Unterhalt Maschinen, Mobilien, Informatik Mieten Exkursionen, Spesen Dienstleistungen Dritter übriger Sachaufwand 559 395.00 Sachaufwand 3 162 969.00 Total 15 842 380.00 621 730.00 244 125.00 61 544.00 140 193.00 121 282.00 879 334.00 57 341.00 471 723.00 6 302.00 Erträge 1 355 326.00 2 142 140.00 3 161 097.00 539 257.00 Kurs- und Schulgelder Ausserkantonale Beiträge Bundesbeitrag übrige Einnahmen 7 197 820.00 Total Erträge 8 644 560.00 Finanzierung Kanton a Total 15 842 380.00 #