Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes

Transcription

Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest
Planfeststellungsbehörde
P-143.3/85
Aurich, den 29.02.2012
Planfeststellungsbeschluss
für
den Ausbau der Bundeswasserstraßen Ems und
Dortmund-Ems-Kanal
durch die bereichsweise Anpassung der Unterems und des
Dortmund-Ems-Kanals
I
Gliederung:
Seite:
A
Verfügender Teil
1
I.
Feststellung der Pläne
1
II.
Nebenbestimmungen
8
1.
Allgemeines
8
2.
Baudurchführung
8
3.
Öffentliche und private Belange
11
4.
Monitoring / Beweissicherung
16
5.
Verminderung / Kompensation
18
III.
Vorbehalt weiterer Anordnungen und (ergänzender) Verfahren
19
IV.
Entscheidungen über die erhobenen Stellungnahmen und Einwendungen
20
V.
Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit
21
VI.
Kostenentscheidung
21
B.
Gründe
22
I.
Tatbestand
22
1.
Träger des Vorhabens
22
2.
Beschreibung des Vorhabens
22
3.
Darstellung des Planfeststellungsverfahrens
29
3.1
Vorlage der Planunterlagen
29
3.2
Bekanntmachung des Vorhabens
30
3.3
Erörterungstermin
39
3.4
Einvernehmen
40
II.
Formalrechtliche Würdigung
40
II
1.
Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde
40
2.
Beachtung der Verfahrensvorschriften im Planfeststellungsverfahren
45
III.
Materiell-rechtliche Würdigung
46
1.
Planrechtfertigung
47
2.
Alternativenprüfung
102
3.
Darstellung und Bewertung der öffentlichen Belange
114
3.1
Umweltauswirkungen
114
3.1.1
Zusammenfassende Darstellung
114
3.1.1.1
Auswirkungen auf den Menschen
116
3.1.1.2
Auswirkungen auf das Wasser
146
3.1.1.3
Auswirkungen auf den Boden
213
3.1.1.4
Auswirkungen auf das Klima und die Luft
225
3.1.1.5
Auswirkungen auf die Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt
237
3.1.1.6
Auswirkungen auf die Landschaft
324
3.1.1.7
Auswirkungen auf Kultur- und sonstige Sachgüter
330
3.1.1.8
Wechselwirkungen
333
3.1.2
Bewertung
334
3.1.2.1
Bewertung der Auswirkungen auf den Menschen
334
3.1.2.2
Bewertung der Auswirkungen auf das Wasser
356
3.1.2.3
Bewertung der Auswirkungen auf den Boden
383
3.1.2.4
Bewertung der Auswirkungen auf das Klima und die Luft
387
3.1.2.5
Bewertung der Auswirkungen auf die Tiere, Pflanzen und die
biologische Vielfalt
390
3.1.2.6
Bewertung der Auswirkungen auf die Landschaft
411
3.1.2.7
Bewertung der Auswirkungen auf Kultur- und sonstige Sachgüter
413
3.1.2.8
Bewertung der Wechselwirkungen
414
3.1.3
gesetzlich geschützte Biotope
421
3.1.4
nationale Schutzgebiete
424
III
3.1.5
Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Vorgaben der Richtlinie 92/43/EWG
(FFH – Richtlinie), der Richtlinie 2009/147/EG (Vogelschutzrichtlinie)
und der Richtlinie 2000/60/EG (Wasserrahmenrichtlinie) sowie deren
nationaler Umsetzung
426
3.1.5.1
Verträglichkeitsprüfung
426
3.1.5.2
Artenschutzprüfung
624
3.1.5.3
Wasserrahmenrichtlinie
654
3.1.6
Ramsar Gebiete
680
3.1.7
UNESCO-Weltnaturerbe
681
3.1.8
Trilaterale Wattenmeerkooperation
682
3.1.9
Behördliche Stellungnahmen zu den naturschutzfachlichen Vorgaben
682
3.2
Darstellung und Bewertung weiterer abwägungserheblicher Belange
687
3.2.1
Auswirkungen auf die Landwirtschaft / Forstwirtschaft
687
3.2.2
Auswirkungen auf die Fischerei
694
3.2.3
Auswirkungen auf touristische Belange
701
3.2.4
Auswirkungen auf die Deichsicherheit
706
3.2.5
Auswirkungen auf die Wasserwirtschaft/Wasserversorgung
710
3.2.6
Auswirkungen auf die Schifffahrt/Häfen
713
3.2.7
Auswirkungen auf das Emssperrwerk
717
3.2.8
Auswirkungen auf Ver- und Entsorgungsleitungen
718
3.2.9
Sonstige abwägungsrelevante Gesichtspunkte
720
4.
Begründung der Anordnungen
720
5.
Entscheidung über die eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen 720
5.1
Stellungnahmen der Naturschutzverbände
721
5.2
Entscheidung und Begründung der Entscheidung über die Einwendungen
771
5.2.1
Einwendungen hinsichtlich befürchteter Schäden
771
5.2.1.1
Befürchtete Schäden durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
772
5.2.1.1.1 Befürchtete Schäden durch Rammungen, Sprengungen, Baustellenverkehr 772
IV
5.2.1.1.2 Befürchtete Schäden durch Umleitungsverkehr
782
5.2.1.2
783
Befürchtete Schäden durch die wasserbaulichen Maßnahmen
5.2.1.2.1 Befürchtete Schäden an Grundstücken, Gebäuden, Betriebseinrichtungen,
Uferdeckwerken, Deichen und Straßen
784
5.2.1.2.2 Befürchtete Schäden durch Verschlickung
805
5.2.2
Einwendungen hinsichtlich der Immissionen
806
5.2.2.1
Schallimmissionen
807
5.2.2.1.1 Durch den Umbau der Brücke verursachte Schallimmissionen
809
5.2.2.1.2 Durch die wasserbaulichen Maßnahmen verursachte Schallimmissionen
822
5.2.2.2.
Luftschadstoffe
836
5.2.2.3
Vibrationen
837
5.2.2.4
Lichtimmissionen
839
5.2.3
Einwendungen in Bezug auf die durch die baubedingte Sperrung der
Jann-Berghaus-Brücke notwendigen Verkehrsveränderungen
840
5.2.3.1
Umleitungsverkehr
841
5.2.3.2
Fährverkehr
845
5.2.3.3
Allgemeine Einwendungen zum Verkehrskonzept
848
5.2.4
Einwendungen zu Belangen der Landwirtschaft
850
5.2.4.1
Sperrung der Jann-Berghaus-Brücke
850
5.2.4.2
Wasserbauliche Maßnahmen
851
5.2.5
Einwendungen zu Belangen der Fischerei
853
5.2.6
Einwendungen hinsichtlich touristischer Belange
858
5.2.6.1
Umbau Jann-Berghaus-Brücke
858
5.2.6.2
Wasserbauliche Maßnahmen
859
5.2.7
Einwendungen zu Belangen der Deichsicherheit des Küstenschutzes
und der Wasserwirtschaft
860
V
5.2.7.1
Umbau Jann-Berghaus-Brücke
860
5.2.7.2
Wasserbauliche Maßnahmen
861
5.2.8
Einwendungen zu Belangen der Schifffahrt/Häfen
867
5.2.8.1
Umbau Jann-Berghaus-Brücke
867
5.2.8.2
Wasserbauliche Maßnahmen
868
5.2.9
Einwendungen in Bezug auf das Emssperrwerk
878
5.2.10
Einwendungen von Ver- und Entsorgungsunternehmen
882
5.2.11
Einwendungen zu naturschutzfachlichen Aspekten
882
5.2.12
Allgemeine Einwendungen
883
5.2.12.1
Planrechtfertigung, Planungsziel, Alternativen
883
5.2.12.2
Verfahren, Unterlagen
886
5.2.13
Sonstige Einwendungen
891
5.2.14
Verfristete Einwendungen
893
5.2.15
Zurückgenommene Einwendungen
894
6.
Gesamtabwägung und Abwägungsergebnis
895
7.
Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit
900
8.
Begründung der Kostenentscheidung
903
9.
Rechtsbehelfsbelehrung
903
1
A. Verfügender Teil
I.
Feststellung der Pläne
Die von den Landkreisen Leer und Emsland als Träger des Vorhabens vorgelegten Pläne zum Ausbau der Bundeswasserstraßen Ems und DortmundEms-Kanal (DEK) werden gem. §§ 14 ff. des Bundeswasserstraßengesetzes
(WaStrG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Mai 2007 (BGBl. I S.
962; 2008 I S. 1980), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 6. Oktober 2011 (BGBl. I S. 1986) geändert worden ist, i. V. m. §§ 72 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom
23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 1 des
Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2827) geändert worden ist mit
den sich aus diesem Beschluss ergebenden Änderungen und Ergänzungen
im Einvernehmen mit dem Land Niedersachsen festgestellt.
2
Ordner
Nr. der
Bezeichnung des Plans/der Abbil-
Plan-
dung/
Stand
hat ausgelegen
nicht
unterlagen Tabelle
Antragsunterlagen A-E
B
Erläuterungsbericht
C.1.1
Übersichtskarte
Planfestgestellt /
planfestgestellt
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
Ordner 1/4
Maßstab 1:25.000
Antragsunterlagen A-E
C.1.2
Lageplan
Ordner 1/4
ersetzt
Maßstab 1:1000
21.03.2007 25.04. – 25.05.07
nicht
planfestge-
stellt
durch
C1.2a
Antragsunterlagen A-E
C.1.2a
Ordner 1/4
Lageplan
08.10.2007
planfestgestellt
21.03.2007 25.04. – 25.05.07
nicht
Maßstab 1:1000
Antragsunterlagen A-E
C.1.3
Bauwerksplan
Ordner 1/4
ersetzt
Maßstab 1:250
planfestge-
stellt
durch
C.1.3a
Antragsunterlagen A-E
C.1.3a
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
Ordner 1/4
Bauwerksplan
08.10.2007
planfestgestellt
31.01.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
Maßstab 1:250
C.1.4
Übersichtskarte: Lage im Straßennetz
Maßstab 1:25000
3
Ordner
Nr. der
Bezeichnung des Plans/der Abbil-
Plan-
dung/
Stand
hat ausgelegen
nicht
unterlagen Tabelle
Antragsunterlagen A-E
Planfestgestellt /
planfestgestellt
D.1.1
Bauwerksverzeichnis
01/2007
25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
D.1.2
Grundstücksverzeichnis
31.01.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
C.2.1
Übersichtslageplan
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
nicht
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
Ordner ¼
Antragsunterlagen A-E
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
Maßstab 1:80000
C.2.2
Ordner 1/4
Lageplan Bereich Papenburg
Maßstab 1:4000
Antragsunterlagen A-E
C.2.3
Lageplan Bereich Weener
Ordner 1/4
ersetzt
Maßstab 1:4000
planfestge-
stellt
durch
C.2.3a
Antragsunterlagen A-E
C.2.3a
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
13.11.2007
planfestgestellt
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
Maßstab 1:4000
C.2.4
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
Lageplan Bereich Weener
Lageplan Bereich Leer
Maßstab 1:4000
C.2.5
Lageplan Bereich Gandersum
4
Ordner
Nr. der
Bezeichnung des Plans/der Abbil-
Plan-
dung/
Stand
hat ausgelegen
nicht
unterlagen Tabelle
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
C.2.6
C.2.7
C.2.8
C.2.9
C.2.10
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
Querschnitt Bereich Weener
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
Querschnitt Bereich Weener
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
Querschnitt Bereich Leer
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
Maßstab 1:500
C.2.11
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
Querschnitt Bereich Papenburg
Maßstab 1:500
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
planfestgestellt
Maßstab 1:500
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
Maßstab 1:500
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
Lageplan Bereich Pogum
Maßstab 1:10000
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
planfestgestellt
Maßstab 1:10000
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
Querschnitt Bereich Pogum
Maßstab 1:500
C.2.12
Ordner 1/4
Längsschnitt Bereich OldersumEmden
Maßstab 1:200/25000
Antragsunterlagen A-E
Ordner 1/4
Planfestgestellt /
C.2.13
Bohrungen und Bodenarten
Maßstab 1:30000
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
5
Ordner
Nr. der
Bezeichnung des Plans/der Abbil-
Plan-
dung/
Stand
hat ausgelegen
nicht
unterlagen Tabelle
Antragsunterlagen A-E
D.2.1
Ordner 1/4
Antragsunterlagen A-E
Flurstücksverzeichnis der Ausbaustre-
Planfestgestellt /
planfestgestellt
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
cke Wasserbau
D.2.2
Ordner 1/4
Verz. der Inh. einer strom- und schiff-
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
fahrtspolizeilichen Genehmigung in
den Ausbaustrecken
Antragsunterlagen A-E
D.2.3
Bauwerksverzeichnis
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
G
Landschaftspflegerischer Begleitplan
30.03.2007 25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
01/2007
25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
02/2007
25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
25.04. – 25.05.07
planfestgestellt
Ordner 1/4
Antragsunterlagen G-J
Ordner 3/4
Antragsunterlagen G-J
(LBP)
G.1
Ordner 3/4
Antragsunterlagen G-J
Bestands- und Konfliktplan
Maßstab 1:1000
G.2
Ordner 3/4
Lageplan mit Darstellung der Kompensations-Fläche
Maßstab 1:5000
Antragsunterlagen G-J
Ordner 3/4
J
Antrag auf Befreiung nach §28 a
Abs. 5 NNatG
6
7
Hinweis zur vorläufigen Anordnung vom 16.11.2007:
Gemäß § 14 Abs. 2 des Bundeswasserstraßengesetzes wurden am
16.11.2007 im Einvernehmen mit dem Niedersächsischen Landesbetrieb für
Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) folgende Teilmaßnahmen durch eine vorläufige Anordnung festgesetzt:
1. Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
2. Fahrrinnenanpassung von Ems-km 6,2 bis 7,6
(Bereich Weener – Friesenbrücke)
3. Fahrrinnenanpassung von Ems-km 14,4 bis 15,9
(Bereich Leer – Jann-Berghaus-Brücke)
Die vorläufige Anordnung ersetzt den Planfeststellungsbeschluss nicht (§ 14
Abs.2 S.6 WaStrG). Ihre Wirksamkeitsdauer ist bis zum Wirksamwerden des
Planfeststellungsbeschlusses begrenzt. Infolgedessen verliert die vorläufige
Anordnung ihre Wirksamkeit mit Feststellung des Planes durch den Planfeststellungsbeschluss. Das gilt auch dann, wenn der Beschluss die vorläufige
Anordnung bestätigt. Die Unwirksamkeit der vorläufigen Anordnung tritt mit
dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ein (vgl. Friesecke § 14 Rn.
68).
Die vorläufige Anordnung vom 16.11.2007 wird durch diesen Planfeststellungsbeschluss vollständig ersetzt und mit dem Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses unwirksam. Die vorstehend genannten Teilmaßnahmen, die
in der vorläufigen Anordnung festgesetzt wurden und zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses bereits umgesetzt sind, wurden in das Planfeststellungsverfahren vollständig integriert und demgemäß auch vollständig
überprüft.
Soweit in diesem Planfeststellungsbeschluss für Ausführungsplanungen eine
Abstimmung mit Dritten angeordnet wird, entscheidet im Falle der Nichteinigung die Planfeststellungsbehörde. Soweit Belange der Landeskultur oder
der Wasserwirtschaft betroffen sind, geschieht dies im Einvernehmen mit den
zuständigen Behörden.
8
II.
Nebenbestimmungen
Die Nebenbestimmungen beziehen sich auf die Gesamtmaßnahme und daher auch auf Bereiche, die bereits auf Grundlage der vorläufigen Anordnung
umgesetzt wurden. So ist z. B. der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke inzwischen baulich abgeschlossen. Da die nachfolgenden Nebenbestimmungen
jedoch für die Zulässigkeit einzelner Maßnahmen erforderlich waren, sind
diese in dem Beschluss aufgeführt, auch wenn die betreffenden Maßnahmen
inzwischen umgesetzt wurden.
1.
Allgemeines:
1.1
Beginn und Ende der Arbeiten sowie die Umsetzung der Kompensationsmaßnahme sind der Planfeststellungsbehörde vorab schriftlich anzuzeigen. Als Beginn ist die erste Einrichtung der Baustellen anzusehen, als Ende die letzte Räumung der Baustellen.
Die Anordnung 1.1 ermöglicht der Planfeststellungsbehörde, die Ausführung des planfestgestellten Vorhabens zu überwachen und dient
dem Wohl der Allgemeinheit.
1.2
Die vorläufige Anordnung vom 16.11.2007 wird durch diesen Planfeststellungsbeschluss vollständig ersetzt und verliert ihre Wirksamkeit.
Die Anordnung 1.2 dient der Klarstellung des rechtlichen Verhältnisses
von Planfeststellungsbeschluss und vorläufiger Anordnung.
2.
Baudurchführung:
2.1
Die gesamten Baumaßnahmen sind nach den gesetzlichen Vorgaben,
den geltenden technischen Bestimmungen und den anerkannten Regeln der Technik unter Einhaltung der geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen auszuführen. Alle Anlagen müssen jederzeit den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Die
Träger
des
Vorhabens
haben
dies
wachungsmaßnahmen sicherzustellen.
durch
geeignete
Über-
9
Soweit die Träger des Vorhabens sich zur Erfüllung ihrer nach diesem
Beschluss obliegenden Verpflichtungen Dritter bedienen, haben sie
die ordnungsgemäße Umsetzung der Bestimmungen und Regelungen
des Beschlusses einschließlich der Beachtung der gesetzlichen Regelungen zu gewährleisten. Sie haben die fachgemäße Überwachung
und Anleitung der Dritten sicherzustellen.
2.2
Die Träger des Vorhabens haben die mit den Umbaumaßnahmen an
der Jann-Berghaus-Brücke beauftragten Unternehmen zu verpflichten,
bei allen Arbeiten die Vorgaben der AVV Baulärm einzuhalten.
Das Einbringen der Stahlspundwandbohlen und der Stahlpfähle zur
Tiefgründung sowie die Betonierarbeiten sind auf die Tageszeit von
07.00 bis 20.00 Uhr zu begrenzen. Die Zeit des tatsächlichen Einbringens der Spundwandbohlen durch den Hochfrequenzrüttler ist auf 8
Stunden täglich zu begrenzen.
Die Spundwandbohlen sind vorrangig mittels Hochfrequenzrüttler mit
resonanzfreiem An- und Auslauf einzubringen. Beim Einbringen der
Stahlpfähle für die Tiefgründung mittels Hydraulikbären ist als Lärmminderungsmaßnahme ein Auspuffschalldämpfer und eine Ummantelung des Rammbären sowie des Rammgutes zu installieren. Die Träger des Vorhabens sind berechtigt, andere Maßnahmen zur Reduzierung der Lärmbelastung zu ergreifen, wenn sie der Planfeststellungsbehörde rechtzeitig vor Baubeginn nachweisen, dass damit die Vorgaben der AVV Baulärm eingehalten werden können.
Hinweis: Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke ist bei Erlass des Beschlusses bereits abgeschlossen.
2.3
Die Träger des Vorhabens haben sicherzustellen, dass die ausführenden Firmen dem WSA Emden sowie der Verkehrszentrale Ems des
WSA Emden den Einsatz von schwimmenden Fahrzeugen und Geräten unter Angabe von Einsatzort und Einsatzzeit rechtzeitig vorher an-
10
zeigen sowie eine verantwortliche Person benennen. Die schwimmenden Fahrzeuge und Geräte müssen bei ihrem Einsatz unter Beachtung der geltenden Verkehrs- und Sicherheitsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung ständig über UKW-Sprechfunk auf den bekannt gemachten Kanälen ansprechbar sein. Die für die Durchführung
im Einzelnen vom WSA Emden festzulegenden Bedingungen und Auflagen sind zu erfüllen.
Die Träger des Vorhabens haben sicherzustellen, dass beim Bau und
Betrieb der Ausbaumaßnahmen keine Stoffe in die Wasserstraße gelangen, die den für die Schifffahrt erforderlichen Zustand in der Wasserstraße oder die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf der
Wasserstraße beeinträchtigen.
Die Träger des Vorhabens haben die im Zuge der Fahrrinnenvertiefung von DEK-km 225,8 bis Ems-km 0,05 erforderliche Teilsperrung des Dortmund-Ems-Kanals rechtzeitig vorher mit dem Wasserund Schifffahrtsamt Meppen abzustimmen und die erforderlichen
Schifffahrtszeichen nach Absprache mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt Meppen aufzustellen. Der Beginn und die Beendigung der
Arbeiten sind dem Wasser und Schifffahrtsamt Meppen jeweils 2 Wochen zuvor zu benennen. Die für die Durchführung der Arbeiten verantwortliche Person ist vor Beginn der Arbeiten dem Wasser- und
Schifffahrtsamt Meppen schriftlich zu benennen.
Nach Abschluss der Arbeiten zur Errichtung der Ausbaumaßnahmen
sind die topographischen Veränderungen aufzumessen und an das
Wasser- und Schifffahrtsamt Emden und soweit der Dortmund-EmsKanal betroffen ist an das Wasser- und Schifffahrtsamt Meppen weiterzuleiten. Die konkrete Vorgehensweise ist mit dem Wasser- und
Schifffahrtsamt Emden und dem Wasser- und Schifffahrtsamt Meppen
vorab abzustimmen.
11
2.4
Die Detailplanung der Umleitung der Verkehre während der Sperrung
der Jann-Berghaus-Brücke ist mit der zuständigen Straßenverkehrsbehörde abzustimmen.
Hinweis: Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke ist bei Erlass des Beschlusses bereits abgeschlossen.
2.5
Sofern bei den Arbeiten Kampfmittel gefunden werden, ist umgehend
das Kampfmittelbeseitigungsdezernat der Zentralen Polizeidirektion,
Marienstraße 34-36, 30171 Hannover, die zuständige Polizeidienststelle, das Ordnungsamt sowie die Verkehrszentrale Ems des Wasserund Schifffahrtsamtes Emden zu benachrichtigen. Hinsichtlich des
Ausbaubereiches von Ems-km 40,0 bis 40,5 sind durch den Träger
des Vorhabens oder von ihm beauftragte Dritte Gefahrerforschungsmaßnahmen hinsichtlich möglicher Kampfmittel rechtzeitig vor Beginn
der Arbeiten durchzuführen. Die Einzelheiten sind mit dem Kampfmittelbeseitigungsdezernat
der
Zentralen
Polizeidirektion
abzu-
stimmen.
Die Anordnungen 2.1 bis 2.5 sind zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit erforderlich. Die Anordnung 2.3 ergeht zur Sicherstellung der
Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs. Die Anordnung 2.4
ergeht zur Sicherstellung der Sicherheit des Straßenverkehrs. Durch
die Anordnung 2.5 wird die Stellungnahme der Zentralen Polizeidirektion umgesetzt.
3.
Öffentliche und private Belange:
3.1
Die Träger des Vorhabens haben die Bauarbeiten so durchzuführen,
dass an bestehenden Versorgungsanlagen /-leitungen sowie an Telekommunikationslinien keine Beschädigungen eintreten und die Versorgung gewährleistet bleibt. Maßnahmen zur Sicherung, Verlegung
oder Anpassung von Versorgungsanlagen /-leitungen sind mit deren
Betreibern so rechtzeitig abzustimmen, dass die Versorgung gewähr-
12
leistet bleibt. Die Vorgaben der Betreiber sind zu beachten, soweit sie
dem Vorhaben nicht entgegenstehen.
Der TdV hat sich rechtzeitig vor Baubeginn bei den betroffenen Versorgungsunternehmen sowie bei der Deutschen Telekom AG und den
von ihnen beauftragten Dienstleistungsunternehmen sowie den betroffenen Grundstückseigentümern über eventuell noch nicht erfasste
Leitungen zu erkundigen.
Die Anordnungen unter 3.1 dienen dem Wohl der Allgemeinheit und
den Interessen der Versorgungsunternehmen. Es liegt im öffentlichen
Interesse, die Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten und
sonstige Anlagen zu berücksichtigen, um deren Funktionsfähigkeit zu
erhalten. Dabei ist generell auf einen den Sicherheitsbestimmungen
entsprechenden Umgang mit den Leitungen zu achten.
3.2
An der Friesenbrücke bei Weener, Strecke 1575, befindet sich in der
Ems ein Düker mit Kabelanlagen der DB AG. Rechtzeitig vor Durchführung der wasserbaulichen Maßnahmen im Bereich der Friesenbrücke haben die Vorhabensträger die maßgeblichen Kabellagepläne
auszuwerten und mit der DB Services Immobilien GmbH die Arbeiten
in diesen Bereichen abzustimmen.
3.3
Hinsichtlich der Umsetzung der wasserbaulichen Maßnahme im Bereich der Friesenbrücke sind zur Vermeidung von Auswirkungen auf
Pfeiler IV und V die Untersuchungen der Prof. Bellmer Ingenieurgruppe vom 19.07.2006 und 05.12.2006 zu berücksichtigen. Die Details der Umsetzung sind rechtzeitig vor Durchführung der Maßnahme
mit der DB Services Immobilien GmbH abzustimmen. Die Ausführungspläne und zugehörige Statik für die Eisenbahnbrücke sind über
die DB AG dem Eisenbahn-Bundesamt (Sb1 und Sb2) vorzulegen. Die
Träger des Vorhabens haben sicherzustellen, dass die Sicherheit des
13
Eisenbahnbetriebes zu keiner Zeit durch die Baumaßnahme gefährdet
wird.
Hinweis: Mit Datum vom 22.01.2010 wurde von der Prof. Bellmer Ingenieurgruppe der Abschlussbericht vorgelegt. Ziel war die Betrachtung der Auswirkungen der Ausbaggerung zur Verbreiterung der Fahrrinne zwischen den Pfeilern IV und V durch Auswertung der Messergebnisse der Überwachungsmessung. Als Ergebnis der Untersuchung
wurde festgestellt, dass das Bauwerk durch die Ausbaggerung nicht
beeinträchtigt wurde.
3.4
Die EWE Netz GmbH hat teilweise in den geplanten Ausbaubereichen
Versorgungsleitungen verlegt. Rechtzeitig vor Beginn der Baumaßnahmen sind insoweit die Details mit der EWE Netz GmbH abzustimmen.
Die Anordnungen 3.2 bis 3.4 ergehen zum Schutz der Anlagen der DB
Services Immobilien GmbH und der EWE Netz GmbH.
3.5
In Bezug auf den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke sind für die Bauphase rechtzeitig vor Baubeginn mit der Moormerländer Deichacht
einvernehmlich Regelungen hinsichtlich der Beweidung des Deiches,
des Anschlusses des Teekabfuhrweges, der Wiederherrichtung der in
Anspruch genommenen Deich- und Bermenflächen geeignete Regelungen zu treffen. Vorhabensbedingt eingetretene Schäden sind in
Abstimmung mit der Moormerländer Deichacht zu beheben. In Abstimmung mit der Moormerländer Deichacht ist das Höhenniveau des
geplanten Lagerplatzes im Deichvorland auf NN + 4,00 m anzulegen.
Darüber hinaus ist während der Bauphase sicherzustellen, dass im
Fall erhöhter Tidewasserstände keine Gegenstände an den Deich gespült werden können. Ansonsten sind diese unverzüglich auf Weisung
der Moormerländer Deichacht zu entfernen.
Hinweis: Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke ist bei Erlass des Beschlusses bereits abgeschlossen.
14
3.6
Die Ausführungsplanung zur Gründung und Konstruktion der Behelfsbrücke für den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke ist vor Beginn der
Baumaßnahme mit der Deich- und Wasserbehörde des Landkreises
Leer sowie der Moormerländer Deichacht abzustimmen.
Vor Beginn der Baumaßnahmen an der Jann-Berghaus-Brücke ist ein
mit der Deichbehörde des Landkreises Leer sowie der Moormerländer
Deichacht abgestimmter Sturmflutalarmplan mit der Benennung verantwortlicher Personen und Stellen zu entwickeln. Der Bauleitung und
den bauausführenden Unternehmen sind die Sturmflutwarnungen der
entsprechenden Institutionen unverzüglich zu übermitteln.
Die Anordnungen 3.5 und 3.6 ergehen zur Sicherstellung der Belange
der Deichsicherheit.
Hinweis: Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke ist bei Erlass des Beschlusses bereits abgeschlossen.
3.7
Soweit sich – verursacht durch die mit diesem Beschluss genehmigten
Maßnahmen – nachweisbar Mehrkosten für die an der Ems ansässigen Wasser- und Bodenverbände in Bezug auf ihre Anlagen ergeben,
sind diese durch die Vorhabensträger zu ersetzen.
3.8
Sollten sich an den von der Moormerländer Deichacht zu unterhaltenden Deichabschnitten nach Ausführung der Kompensationsmaßnahme erhöhte Mengen Teek ablagern, haben die Träger des
Vorhabens ihr die Mehrkosten der Beseitigung zu erstatten. Voraussetzung einer Kostenerstattung ist, dass die Einwendungsführerin die
Kosten der Beseitigung dokumentiert und nachvollziehbar belegt. Vergleichsmaßstab sind die durchschnittlichen Kosten der letzten 5 Jahre
vor Umsetzung der Kompensation.
15
3.9
Die Zusage der Vorhabensträger, in der Nähe der Jann-BerghausBrücke einen Fährverkehr für den nicht motorisierten Verkehr einzurichten, ist entsprechend zeitgerecht vor Sperrung der Brücke umzusetzen. Die Fähreinsatzzeiten haben dabei insbesondere den Bedürfnissen der Berufspendler und Schüler Rechnung zu tragen.
Die Vorhabensträger haben im Falle eines Ausfalles der über die Ems
führenden Fähre zur Verminderung der Betroffenheit der landwirtschaftlichen Betriebe, die auf beiden Seiten der Ems Flächen bewirtschaften, Ersatzlösungen, z. B. Beauftragung eines Spediteurs, zu
organisieren. Hierfür hat der Landkreis Leer Rahmenverträge mit geeigneten Spediteuren (für Viehtransporte sowie Transporte landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Dünger usw.) sowie Lohnunternehmen, Maschinenringen etc. zu schließen, die kurzfristig bei Transport- und/ oder Geräteanforderungen der Landwirte bereitstehen. Ansprechpartner der Landwirte ist der den Landwirten vor Sperrung der JannBerghaus-Brücke benannte Koordinator. Sofern eine Ersatzlösung im
Einzelfall nicht in Betracht kommt, wird der Landkreis Leer eine angemessene Zahlung an den betroffenen landwirtschaftlichen Betrieb leisten.
Die Vorhabensträger haben im Falle eines Ausfalles der über die Ems
führenden Fähre zur Verminderung der Betroffenheit der die Ems querenden Fußgänger und Radfahrer Busersatzverkehr mit der Möglichkeit der Aufnahme von Fahrrädern zu organisieren. Hierfür hat der
Landkreis Leer Rahmenverträge mit Busunternehmen abzuschließen,
die den Busverkehr innerhalb von 30 Minuten nach Aufforderung aufzunehmen haben.
Hinweis: Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke ist bei Erlass des Beschlusses bereits abgeschlossen.
3.10 In Bezug auf Notfalltransporte ist rechtzeitig vor Sperrung der Brücke
ein Notfallplan mit der zuständigen Rettungsleitstelle und den Trägern
der umliegenden Krankenhäuser abzustimmen.
16
Hinweis: Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke ist bei Erlass des Beschlusses bereits abgeschlossen.
Die Anordnungen 3.7 bis 3.10 beruhen auf einer Zusage der Vorhabensträger.
3.11 Die Träger des Vorhabens haben dem Niedersächsischen Landesbetrieb
für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz – Betriebsstelle Aurich
GB I – einen Zeitplan für die Durchführung der einzelnen Baggermaßnahmen rechtzeitig vor Durchführung vorzulegen. Nutzungen der Notanlegestellen oberhalb und unterhalb des Emssperrwerkes, als auch des
Großschiffsanlegers „Oldersum“ sind mit dem NLWKN – Betriebsstelle
Aurich GB I – rechtzeitig abzustimmen. Schäden an den Notanlegestellen und an dem Großschiffsanleger, die auf das Vorhaben zurückzuführen sind, sind in Abstimmung mit dem NLWKN durch die Vorhabensträger zu beseitigen. Die Kontrolle der Baggerarbeiten hat über zur Verfügung stehende digitale Werkzeuge, wie z.B. Replays und Tagesberichte zu erfolgen.
Die Anordnung 3.11 dient der Wahrung der Interessen des Betriebes
und der Unterhaltung des Emssperrwerkes.
4.
Monitoring / Beweissicherung:
4.1
Monitoring
Die Vorhabensträger haben das bereits mit der Umsetzung der vorgezogenen Teilmaßnahmen begonnene Monitoring für die wasserbaulichen Maßnahmen weiter umzusetzen. Die dazu vom WSA Emden in
Abstimmung mit der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) und der
Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) erarbeiteten Vorgaben (Konzept vom 01.11.2007) sind einzuhalten. Beginn der Messungen zur
Aufnahme des Ist-Zustandes war im Januar 2008.
Die in Absatz 1 angeordneten Maßnahmen sind, soweit nicht im Einzelnen näher bestimmt, weiterzuführen und bis zum Ende des 10. dem
Jahr des spätesten Ausbaubeginns folgenden Jahr durchzuführen.
17
Die Laufzeit der Messungen, Untersuchungen und Auswertungen
kann entgegen der genannten Laufzeit verlängert werden, wenn sich
die Notwendigkeit hierfür aus der Entwicklung der gemessenen bzw.
untersuchten Bedingungen ergibt. Ebenso kann die Laufzeit verkürzt
werden, wenn sich die Notwendigkeit hierfür aus der Entwicklung der
gemessenen bzw. untersuchten Bedingungen ergibt. Über die Verlängerung bzw. Verkürzung der Messungen, Untersuchungen und Auswertungen entscheidet die Planfeststellungsbehörde im Einvernehmen
mit der Projektgruppe „Einvernehmen Jade/Ems“ des NLWKN.
4.2
Beweissicherung
In Bezug auf den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke haben die Vorhabensträger für die Bauzeit eine Beweissicherung an den Gebäuden
aller Einwender aus dem Bereich Leerort zugesagt. Diese ist entsprechend des Konzeptes der Niedersächsischen Landesbehörde für
Straßenbau und Verkehr vom 07.11.2007 umzusetzen. Dabei sind
Rüttel- und Rammprotokolle lückenlos zu führen sowie ein geeignetes
Rissmonitoring durchzuführen.
Hinweis: Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke ist bei Erlass des Beschlusses bereits abgeschlossen. Die Beweissicherung wurde entsprechend durchgeführt.
Sofern als Ergebnis der Beweissicherung Schäden feststellbar sind,
hat sich der Träger des Vorhabens für den Umbau der Brücke verpflichtet, Einigungen mit den betroffenen Einwendern aus Leerort zu
erzielen. Ist in Einzelfällen keine Einigung herbeizuführen, so hat der
Träger des Vorhabens für den Umbau der Brücke gutachtlich festzustellen, ob die Schäden auf das Vorhaben zurückzuführen sind. Bei
einer Ursächlichkeit des Vorhabens hat der Träger des Vorhabens
eine angemessene Entschädigung zur Beseitigung der Schäden zu
leisten. In Zweifelsfällen entscheidet die Planfeststellungsbehörde.
Diese Anordnung ergeht zum Schutz der durch den Umbau der JannBerghaus-Brücke betroffenen Einwender in Leerort.
18
4.3
Die Träger des Vorhabens haben die Daten entsprechend auszuwerten. Sobald das Monitoring oder die Beweissicherung zu Erkenntnissen führen, die eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse von
den dem Antrag zu Grunde liegenden prognostizierten Wirkungen des
Vorhabens erkennen lassen, ist die Planfeststellungsbehörde unverzüglich zu unterrichten.
Die Anordnungen 4.1 und 4.2 beruhen auf einer Zusage der TdV.
5.
Verminderung / Kompensation:
5.1.
Zur Minimierung von Beeinträchtigungen der Fauna wird das erstmalige Herstellen des genehmigten angepassten Fahrwassers in der Zeit
zwischen dem 1. April und 15. Juni untersagt. Darüber hinaus wird für
den Maßnahmebereich Emden die erstmalige Herstellung des mit diesem Beschluss genehmigten Fahrwassers auch für die Zeit vom
15. September bis zum 30. November untersagt.
5.2
In Bezug auf den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke wird eine Bauausschlusszeit zur Vermeidung von Auswirkungen auf die Fauna festgesetzt. Vom 14.04. bis zum 15.06. sind folgende Maßnahmen ausgeschlossen: Drucksondierung, Gründung, Pfahlrammung, Baugrubenherstellung (Spundwandeinbringung, Aussteifung, Herstellung der
Sohle), Versetzung der Dalben.
In der Zeit vom 01.04. bis zum 13.04. sind die vorstehend ausgeschlossenen Arbeiten zulässig, sofern die Wassertemperatur 11°C
nicht übersteigt. Die Träger des Vorhabens haben während dieser Arbeiten die Wassertemperatur kontinuierlich zu messen und zu dokumentieren. Ergänzend sind die Rammarbeiten im April mit der sog.
„soft-start“ Methode durchzuführen.
19
Weiterhin ist die Baustelleneinrichtungsfläche für die Jann-BerghausBrücke außerhalb der Brut- und Setzzeiten, d. h. vor dem 01.04., anzulegen.
Hinweis: Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke ist bei Erlass des Beschlusses bereits abgeschlossen.
5.3
Die auf Seite 31 der gutachterlichen Stellungnahme (regionalplan &
uvp / Diekmann & Mosebach) in Tabelle 1 aufgeführten Vermeidungsund Verminderungsmaßnahmen sowie die in der Unterlage zur speziellen Artenschutzprüfung seitens der Gutachter vorgeschlagenen
Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen (S.14 f.) sind entsprechend umzusetzen.
5.4.
Die Kompensationsmaßnahme ist gemäß dem Landschaftspflegerischen Begleitplan zeitgleich mit dem Baubeginn umzusetzen.
Die Anordnungen 5.1 bis 5.4 ergehen zum Schutz der Umwelt.
III.
Vorbehalt weiterer Anordnungen und (ergänzender) Verfahren
1. Für den Fall, dass sich die der Erteilung des Planfeststellungsbeschlusses zugrunde liegenden Verhältnisse wesentlich ändern sollten, bleiben
weitere Anordnungen vorbehalten, die erforderlich sind, um eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten oder auszugleichen.
2. Sollten nicht vorhersehbare nachteilige Wirkungen des Vorhabens oder
der diesem Planfeststellungsbeschluss entsprechenden Anlagen auf das
Wohl der Allgemeinheit oder auf das Recht eines anderen auftreten,
bleibt die Anordnung weiterer Einrichtungen und Maßnahmen, welche
die nachteiligen Wirkungen verhindern oder ausgleichen, vorbehalten.
Sind solche Einrichtungen oder Maßnahmen oder die Unterhaltung der
Einrichtungen, mit denen die nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines
anderen verhütet oder ausgeglichen werden können, wirtschaftlich nicht
20
gerechtfertigt oder mit dem Vorhaben nicht vereinbar, so wird zugunsten
des Berechtigten eine angemessene Entschädigung in Geld festgesetzt.
Die Entscheidung darüber obliegt in jedem Einzelfall der Planfeststellungsbehörde.
Zu III. 1, 2:
Die beiden Anordnungen ergehen im Interesse des Wohls der Allgemeinheit.
Durch die beiden Vorbehalte weiterer Anordnungen kann nachträglich eintretenden, nicht erwarteten nachteiligen Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse bzw. Abweichungen von ermittelten Auswirkungen des Vorhabens auf geschützte Positionen Dritter oder der Allgemeinheit Rechnung getragen werden.
Damit sind insbesondere auch Fälle erfasst, in denen entgegen der dem Planantrag sowie diesem Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegenden Prognosen kausal auf das Vorhaben zurückzuführende nachteilige Auswirkungen auftreten, so dass die Träger des Vorhabens diesen nach Maßgabe geltenden
Rechts entgegenzuwirken bzw. Entschädigungen zu leisten haben.
IV.
E nts c heidungen über die erhobenen S tellungnahmen und E inwendungen
Die im Anhörungsverfahren erhobenen Stellungnahmen und Einwendungen
und gestellten Anträge werden abgewiesen, soweit sie nicht im Laufe des
Verfahrens berücksichtigt, durch Änderung oder Auflagenerteilung gegenstandslos, zurückgenommen oder für erledigt erklärt worden sind.
Wegen der Entscheidungen wird im Einzelnen auf die Ausführungen unter
B. III. 5 verwiesen. Die differenzierten Entscheidungen werden dort, nach
Gruppen und Sachthemen geordnet, gemeinsam mit der Begründung der
Entscheidung dargestellt.
21
V.
Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit
Die sofortige Vollziehbarkeit dieses Planfeststellungsbeschlusses wird angeordnet.
VI.
Kostenentscheidung
Der Planfeststellungsbeschluss ergeht gebührenfrei.
Von den Landkreisen Leer und Emsland als Träger des Vorhabens werden
Auslagen gesondert erhoben.
22
B.
Gründe
I.
Tatbestand
1.
Träger des Vorhabens
Die Bundesrepublik Deutschland (Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des
Bundes) hat den abschnittsweisen Ausbau der Bundeswasserstraße Ems
zwischen km 0 und 40,5 und der Bundeswasserstraße Dortmund-Ems-Kanal
(DEK) zwischen km 225,80 und 225,82 gemäß § 12 Abs. 5 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) und entsprechender Vereinbarung vom 24.04.2007
den Landkreisen Emsland und Leer übertragen. Träger des Vorhabens sind
demgemäß die Landkreise Emsland und Leer. Der Landkreis Emsland für
den wasserbaulichen Teil und der Landkreis Leer für den Umbau der JannBerghaus-Brücke.
2.
Beschreibung des Vorhabens
Gegenstand des Gesamtvorhabens ist die Optimierung der Schiffbarkeit der
Ems sowie des DEK für Schiffe mit folgenden maximalen Abmessungen:
−
Breite in der Wasserlinie: ca. 42 m
−
Breite über der Wasserlinie: ca. 55 m
−
Höhe: ca. 63 m
−
Länge zwischen den Loten: ca. 330 m
−
Überführungstiefgang: max. ca. 8,50 m
Zur sicheren Überführung von Schiffen der vorstehend genannten Größenordnung („XXL-Schiffe“) sind der, auf der Grundlage einer vorläufigen Anordnung vom 16.11.2007 bereits durchgeführte, Umbau der Jann-BerghausBrücke im Verlauf der Bundesstraße 436 bei Leer sowie zum Teil ebenfalls
bereits vollzogene, wasserbauliche Maßnahmen im Verlauf der Ems und des
DEK in nachfolgend dargestellten Abschnitten von Papenburg bis Emden
erforderlich:
− Fahrrinnenvertiefung von DEK-km 225,8 bis Ems-km 0,05 und
-anpassung von Ems-km 0,3 bis Ems-km 1,3
23
− Fahrrinnenanpassung von Ems-km 6,2 bis 7,6 (bereits durchgeführt)
− Fahrrinnenanpassung von Ems-km 14,4 bis 15,9 (bereits
durchgeführt)
− Fahrrinnenvertiefung von Ems-km 31,0 bis 37,0 und 40,0 bis
40,5
Die ursprünglich als Teil des Vorhabens in Betracht gezogene Verlegung der
über die Ems führenden Hochspannungsfreileitungen der Firma E.O.N. ist
zwischenzeitlich durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau
und Verkehr mit Plangenehmigung vom 23.08.2007 genehmigt worden und
nicht mehr Gegenstand dieses Planfeststellungsverfahrens.
Bei den wasserbaulichen Maßnahmen handelt es sich, wie vorstehend dargestellt, in einigen Bereichen um Vertiefungen der Fahrrinne. In drei der oben
dargestellten Bereiche wird hingegen keine weitere Vertiefung der Sohle
durchgeführt, sondern eine Verlegung der Fahrrinne innerhalb der bereits
planfestgestellten Tiefen. In dem Bereich Ems-km 6,2 bis 7,6 führt dies insgesamt zu einer räumlichen Erweiterung der bisherigen Fahrrinnentrasse. In
den anderen Bereichen wurde bzw. wird die Fahrrinne insgesamt in Richtung
Osten verlegt.
Die Grundlage für die nunmehr durchzuführenden wasserbaulichen Maßnahmen bildet der derzeitige Ausbauzustand, den die Wasserstraße durch
vorangegangene, bestandskräftige und inzwischen umgesetzte Planfeststellungsbeschlüsse, die seit dem Jahre 1983 ergangen sind, erfahren hat. Daneben bietet das Emssperrwerk die Möglichkeit eines Aufstauens des Flusses.
Zuletzt wurde der Bereich von Ems-km 0,0 bis Ems-km 40,45 auf Grundlage
eines Planfeststellungsbeschlusses der Wasser- und Schifffahrtsdirektion
Nordwest vom 31.05.1994 (Az.: A4-143.3/50) angepasst. Hiermit wurde eine
Befahrbarkeit durch das 7,30 m tiefgehende Bemessungsschiff durch Feststellung einer Basistiefe von NN - 5,20 m (Vorhafen Papenburg) bis NN 7,04 m (Emden) und einer bedarfsweise herzustellenden Tiefe für eine tideabhängige Überführung von NN - 6,30 m (Vorhafen Papenburg) bis NN -
24
7,40 m (Emden) gesichert. Hinsichtlich der einzelnen Basis- und Bedarfstiefen an den verschiedenen Standorten sei auf folgende Tabelle verwiesen, die
dem Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahre 1994 (S. 5) entnommen ist:
Die Basistiefe ist nach dem Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahre 1994
die Tiefe, bis zu der die Ems aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen
wieder auflanden kann und deren Einhaltung unter Beachtung der durchgehenden Schifffahrt durch entsprechende Unterhaltungsmaßnahmen angestrebt wird (Unterhaltungstiefe). Die Werte der jeweiligen Stationen sind jeweils geradlinig miteinander zu verbinden.
Unter Bedarfstiefe wird in dem Beschluss vom 31. 05. 1994 die Ausbautiefe
verstanden, die für die tideabhängige Überführung eines Bemessungsschiffes (7,30 m Tiefgang) erforderlich ist und die bedarfsweise hergestellt und
zeitlich befristet unterhalten wird.
Daneben besteht seit der Indienstnahme des zur Verbesserung des Küstenschutzes und der Schifffahrt errichteten Emssperrwerks bei Gandersum im
Jahre 2002 die Möglichkeit zur Überführung von Schiffen mit einem Tiefgang
bis 8,50 m bei einer Breite von bis zu 38 m und einer Länge von bis zu 300 m
im Wege eines kurzzeitigen Aufstauens der Wasserstraße mit einem maximalen Stauziel von 2,70 Metern über Normalnull. In der Inbetriebnahme des
Emssperrwerkes liegt auch der Grund dafür, dass sich die Vertiefungsmaß-
25
nahmen des vorliegenden Verfahrens im Wesentlichen auf den Bereich von
Gandersum bis zur Nordsee beschränken, in dem sich ein Aufstau nicht
auswirkt. Außerhalb dieses Bereiches, von Gandersum bis zum DEK, sind
für die verkehrssichere Überführung des Bemessungsschiffes mit Ausnahme
des unten näher beschriebenen Bereiches des DEK bis Ems-km 0,05 lediglich Anpassungen der Lage und Breite der Fahrrinne notwendig.
Soweit die Naturschutzverbände BUND und WWF (N-007/N-008) hervorbringen, das XXL-Schiff könne auch mit Zulassung des vorliegenden Antrags auf
Planfeststellung auf Grund der Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses
zum Emssperrwerk nur im Winterhalbjahr überführt werden, ist dies für das
hiesige Verfahren unerheblich. Mit dem vorliegenden Planfeststellungsbeschluss wird die Schaffung der Infrastruktur für das Bemessungsschiff genehmigt. Die Herstellung einer ganzjährigen Überführbarkeit ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Darüber hinaus erließ die Planfeststellungsbehörde am 16.11.2007 eine vorläufige Anordnung zur Zulassung von Teilmaßnahmen für die bereichsweise
Anpassung der Bundeswasserstraßen Ems und DEK.
Im Einzelnen wurden der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke und die wasserbaulichen Maßnahmen im Bereich vorgenannter Brücke und der Friesenbrücke zugelassen. Das Bedürfnis hierfür ergab sich aus der bereits für
Herbst 2008 terminierten Überführung eines Schiffes mit im Vergleich zum
„XXL-Schiff“ geringeren Abmessungen, des so genannten „XL-Schiffes“, die
ohne die vorherige Durchführung der Teilmaßnahmen nicht möglich gewesen
wäre. Eine nautische Simulation führte zu dem Ergebnis, dass die Fahrwasserbreite in der Zufahrt und Durchfahrt der Jann-Berghaus-Brücke sowie die
Durchfahrtsbreite der Brücke mit 40 m zu schmal waren. Auch die Zufahrt in
der vorhandenen Fahrrinne zur Friesenbrücke, nach Fahrt aus der stromauf
liegenden Kurve, wurde als zu schmal zum Einfädeln des „XL-Schiffes“ für
eine exakt rechtwinklige Fahrt zum Brückenbauwerk bewertet.
26
Die vorläufige Anordnung wurde inzwischen gerichtlich überprüft. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.11.2010 (Az.: 7 B 68/10) ist
die vorläufige Anordnung rechtskräftig geworden. Dieser Beschluss löst die
vorläufige Anordnung ab.
Auf vorstehend beschriebener Grundlage werden nunmehr zur Verwirklichung des Planzieles folgende Maßnahmen von Papenburg bis zur Nordsee
durchgeführt:
In dem Teilabschnitt DEK-km 225,8 bis Ems-km 0,05 bei Papenburg wird ein
Sohlsprung für die Bedarfstiefe um ca. 25 m nach Westen verlegt. In diesem
Zusammenhang erfolgt auf einer Fläche von 1.050 m² eine Vertiefung der
Fahrrinne um ca. 1,10 m auf NN -6,30 m (Sohltiefe der Ems dort).
Zwischen Ems-km 0,3 und 1,3 wird das Fahrwasser um bis zu 8 m nach
Osten bei einer Sohltiefe von NN - 6,30 verschoben.
In dem Bereich der Eisenbahnbrücke Weener (Friesenbrücke) bei Ems-km
6,2 bis 7,6 wird die bedarfsweise herzustellende Fahrrinne auf einer Länge
von ca. 1,2 km um bis zu ca. 30 m räumlich nach Osten erweitert.
Die bisherige Fahrrinne bedarf in dem Bereich mit Verlauf unter der westlichen Brückendurchfahrt keiner Unterhaltung auf die volle Bedarfstiefe. Für
Binnenschiffe und normale Seeschiffe mit einem Tiefgang von bis zu 5,60 m
ist zur Durchfahrt der Brücke in diesem Bereich des Klappteils eine Unterhaltung auf Basistiefe ausreichend.
In dem östlichen Bereich der Brücke wird die Fahrrinne zur Herstellung der
Bedarfstiefe erweitert.
Diese Teilmaßnahme wurde auf der Grundlage der vorläufigen Anordnung
vom 16.11.2007 bereits durchgeführt.
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke erfolgte, ebenfalls auf der Grundlage
der vorläufigen Anordnung, unter Beibehaltung der Brückentechnik. Auch die
Gestaltungsmerkmale der Brückenanlage blieben erhalten. Lediglich die bisherige Durchfahrtsbreite erfuhr eine Vergrößerung von 40 m auf ca. 57 m.
27
Hierzu wurde der vorhandene Brückenpfeiler 6 bis ca. NN - 8,40 m abgebrochen und durch einen neuen Pfeiler 6a, etwa 16 m näher zum Ostufer der
Ems, ersetzt.
In dem Bereich der Versetzung des Brückenpfeilers wurde der neue Überbau
als zweites Klappteil ausgeführt. Somit besteht der bewegliche Teil der Brücke nunmehr aus zwei Flügeln, die auf der Höhe des früheren, nunmehr abgebrochenen Pfeilers 6 zusammentreffen und die westlichen und östlichen
Überbaubereiche verbinden. Der Überbau von der Achse des neuen Pfeilers
bis zur Koppelfuge beim Pfeiler 7 wurde durch eine Stahlkonstruktion ersetzt.
In Folge des Umbaus der Jann-Berghaus-Brücke in Leer wurde die Fahrrinne
in dem Brückennahbereich auf einer Länge von ca. 1,7 km um bis zu ca.
21 m nach Osten verlegt.
Im Bereich Ems-km 31,0 – 37,0 und 40,0 – 40,5 wird die Fahrrinne in den
bestehenden Grenzen des Fahrwassers vertieft. Die erforderliche Wassertiefe ergibt sich bei mittleren Bedingungen (MThW) auf der Grundlage des Tiefgangs des Bemessungsschiffes von 8,50 m für die tideabhängige Fahrt nach
Maßgabe folgender Berechnungen unter Berücksichtigung aller für den
Schiffstiefgang relevanten Parameter (Erläuterungsbericht, S. 33/43, Tabelle
2):
28
Zusammengefasst ergeben sich folgende Ausbautiefen und Vertiefungsmaße zwischen Papenburg und der Nordsee (Erläuterungsbericht, S. 34/43,
Tabelle 3):
Unter Berücksichtigung des mit diesem Beschluss genehmigten neuen Vertiefungsmaßes wird die Bedarfstiefe wie folgt definiert:
Unter Bedarfstiefe wird diejenige Ausbautiefe verstanden, die für das jeweils
zu überführende Schiff erforderlich ist, maximal bis zu den in Unterlage B,
Pkt. 4.4.1 des Planfeststellungsantrags genannten Fahrrinnentiefen. Diese
Tiefe wird bedarfsweise hergestellt und zeitlich befristet unterhalten.
Bei den in vorstehender Tabelle aufgeführten Basistiefen handelt es sich um
die in dem Beschluss aus dem Jahre 1994 festgestellten. Sie werden durch
diesen Beschluss nicht verändert.
29
Im Rahmen der baulichen Maßnahmen sind als Ausbaubaggermenge zur
erstmaligen Herstellung der Bedarfstiefe insgesamt ca. 130.000 m³ Material
(Schlick-/Sandgemisch) zu erwarten. Diese Menge umfasst auch die bereits
im Rahmen der vorläufigen Anordnung gebaggerten Massen.
Etwa ein Drittel der Gesamtausbaubaggermenge entfällt auf die Bereiche
Leer, Weener und Papenburg, in denen die Flächen der verlegten bzw. verbreiterten Fahrrinne auf die neue Solltiefe gebaggert werden müssen. Diese
Teilmenge wird auf bereits genehmigte Spülfelder verbracht.
Ca. zwei Drittel der Gesamtbaggermenge werden zwischen Ems-km 31,0 –
37,0 und Ems-km 40,0 – 40,5 entnommen. Hier sind einzelne Kuppen zu
baggern. Dieses Material wird auf bereits bestehenden Klappstellen in der
Außenems untergebracht.
Nach erstmaliger Herstellung der Topographie wird es bei Bedarf zu weiteren
Baggerungen kommen. Die tatsächlich erforderliche Fahrrinnentiefe soll je
nach Bedarf in Einzelfallprüfung und unter Ausnutzung aller Optimierungsmöglichkeiten ermittelt und entsprechend gebaggert werden.
Für die Unterhaltungsbaggerungen in Form der erneuten Herstellung der Bedarfstiefe wird auf der sicheren Seite liegend von einer Unterhaltungsbaggermenge in einer Größenordnung von ca. 90.000 m³ ausgegangen. Ein genauer Wert lässt sich nicht bestimmen, da die Baggermenge von diversen
Einflüssen abhängig ist.
3.
Darstellung des Planfeststellungsverfahrens
3.1 Vorlage der Planunterlagen
Die Träger des Vorhabens haben am 08.02.2007 einen Entwurf der Planunterlagen bei der Planfeststellungsbehörde eingereicht. Am 30. März 2007
lagen die Planunterlagen der Planfeststellungsbehörde vollständig vor. Der
Erstellung und Einreichung dieser Unterlagen war eine Erörterung über den
Gegenstand, Umfang und Methoden der Umweltverträglichkeitsprüfung
(UVP) sowie sonstige für die Durchführung der UVP erhebliche Fragen vo-
30
rausgegangen. Diesen sog. „Scoping-Termin“ gem. § 5 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) hat die Planfeststellungsbehörde unter Beteiligung zahlreicher Landesbehörden, Kommunen, Vereine, Verbände sowie
von Gutachtern und Sachverständigen am 04. Oktober 2006 in der Osterstegschule in Leer mit den Trägern des Vorhabens durchgeführt. Auf der
Grundlage dieser Erörterung wurden die Träger des Vorhabens über den
voraussichtlichen Untersuchungsrahmen der UVP sowie über Art und Umfang der nach § 6 UVPG voraussichtlich beizubringenden Unterlagen unterrichtet.
3.2 Bekanntmachung des Vorhabens
Planauslegung
Die Planunterlagen lagen in der Zeit vom 25. April bis 25. Mai 2007 jeweils
einschließlich in den nachfolgend genannten Städten und Gemeinden aus:
-
Gemeinde Bunde, Kirchring 2, 26831 Bunde
-
Gemeinde Rhede, Gerhardyweg 1, 26899 Rhede (Ems)
-
Gemeinde Westoverledingen, Bahnhofstraße 18, 26810 Westoverledingen
-
Gemeinde Jemgum, Hofstraße 2, 26844 Jemgum
-
Gemeinde Moormerland, Theodor-Heuss-Straße 12, 26802 Moormerland
-
Stadt Papenburg, Hauptkanal re. 68/69, 26871 Papenburg
-
Stadt Weener (Ems), Osterstraße 1, 26826 Weener
-
Stadt Leer, Rathausstraße 1, 26789 Leer
-
Stadt Emden, Frickensteinplatz 2, 26721 Emden
Die genannten Kommunen haben die Auslegung gem. § 73 Abs. 5 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in Verbindung mit § 17 Nr. 2 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) vorher ortsüblich bekannt gemacht. Auf die Möglichkeit bis zum 08. Juni 2007 Einwendungen zu erheben wurde in der Bekanntmachung hingewiesen.
Beteiligung der Behörden / Sonstige
Mit Schreiben vom 05. April 2007 – P -143.3/85 - wurde unter Fristsetzung
bis zum 08. Juni 2007 folgenden Behörden und sonstigen Stellen Gelegenheit zur Abgabe von Stellungnahmen und Einwendungen gegeben:
31
Deutsche Telekom AG
Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie
(LBEG)
NLWKN
Projektgruppe
Einvernehmen
Jade-Ems
NLWKN - Direktion
NLWKN Betriebsstelle Brake - Oldenburg
Geschäftsbereich IV
NLWKN Betriebsstelle Brake - Oldenburg
Geschäftsbereich III
NLWKN Betriebsstelle Meppen
Geschäftsbereich III
NLWKN Betriebsstelle Norden - Norderney
Geschäftsbereich III
NLWKN Betriebsstelle Norden - Norderney
NLWKN Betriebsstelle Aurich
LAVES Institut für Fischkunde Cuxhaven
Niedersächsische Landesbehörde für Straßen- Geschäftsbereich
Aurich
bau und Verkehr
Niedersächsische Landesbehörde für Straßen- Geschäftsbereich
bau und Verkehr
Oldenburg
Niedersächsische Landesbehörde für Straßen- Geschäftsbereich
bau und Verkehr
Landkreis Leer
Landkreis Emsland
Stadt Emden
Stadt Leer
Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Entwässerungsverband Oldersum/Ostfriesland
Leda-Jümme-Verband
Moormerländer Deichacht
Muhder Sielacht
Overledinger Deichacht
Rheider Deichacht
Sielacht Moormerland
EL
32
Sielacht Rheiderland
Wasserversorgungsverband
Moormerland-
Uplengen
Wasserversorgungsverband Overledingen
Wasserversorgungsverband Rheiderland
Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Emden
EWE Netzregion Ostfriesland
Ostfriesische Landschaft Aurich
DB Netz AG
DB Netz AG Regionalnetz Oldenburg
DB Netz AG Regionalnetz Hannover
Bundesamt für Naturschutz
Staatliches Fischereiamt Bremerhaven
Entwässerungsverband Halte
Entwässerungsverband Völlen
Wasser- und Bodenverband Lehe
Wasserverband "Hümmeling"
Kreisverband WBV Aschendorf-Hümmling
Stadtwerke Leer GmbH
Behörde für Geoinformation, Landentwicklung Amt für Landentwicklung
und Liegenschaften Aurich
Aurich
Behörde für Geoinformation, Landentwicklung GLL
Meppen
und Liegenschaften Meppen
Niedersachsen
Ports
GmbH
&
Co
KG,
Niederlassung Emden
Bundesamt für Gewässerkunde
Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
Zentrale Polizeidirektion Hannover, Dezernat 23 Kampfmittelbeseitigung
Niedersächsisches
Landesgesundheitsamt
Hannover
Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland
und Papenburg
33
Handwerkskammer für Ostfriesland
Wasser- und Schifffahrtsamt Emden
Lotsenbrüderschaft Emden, Körperschaft des
öffentlichen Rechts
Stadtwerke Emden GmbH
Entwässerungsverband Emden
Entwässerungsverband Norden
Nationalparkverwaltung
Niedersächsisches
Wattenmeer
Beteiligung der anerkannten Naturschutzvereine
Mit Schreiben vom 10. April 2007 – P- 143.3/85 – wurde den nachfolgend
aufgeführten anerkannten Naturschutzvereinen unter Fristsetzung bis zum
08. Juni 2007 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben:
Bundesverband beruflicher Na- Konstantinstraße 110 53179 Bonn
turschutz e.V. (BBN)
Bund für Umwelt und Natur- Am Köllnischen Park 10179 Berlin
schutz Deutschland e.V. (BUND)
1
Deutsche Gesellschaft für Gar- Wartburgstraße 42
10823
Berlin
tenkunst und Landschaftskultur
(Schöneberg)
e.V. (DGGL)
Deutscher
Alpenverein
e.
(DAV)
V. Von-Kahr-Straße 2 - 80997 München
4
Deutsche Gesellschaft für Herpe- Wörmersdorfer Stra- 53351
tologie und Terrarienkunde e.V. ße 46-48
Rhein-
bach
(DGHT)
Deutscher Naturschutzring e.V. Am Michaelshof 8-10
53177 Bonn
(DNR)
Deutscher Tierschutzbund e.V.
Baumschulallee 15
53115 Bonn
Komitee gegen den Vogelmord Auf dem Dransdorfer 53121 Bonn
e.V.
Naturschutzbund
Berg 98
Deutschland Herbert-Rabius-
53225 Bonn
34
e.V. (NABU)
Straße 26
Deutscher Falkenorden (DFO)
Meißnerweg 69
64289
Darm-
stadt
Bund Heimat und Umwelt in Adenauerallee 68
53113 Bonn
Deutschland (BHU)
Deutscher
Jagdschutz-Verband Johannes-Henry-
e.V. (DJV)
53113 Bonn
Straße 26
Verband Deutscher Gebirgs- und Wilhelmshöher Allee 34121 Kassel
Wandervereine e.V. (VDGW)
157-159
Verband Deutscher Naturparke Dahlmannstraße 5-7
e.V.
Schutzgemeinschaft
(VDN)
Deutscher Meckenheimer Allee 53115 Bonn
Wald e.V.
Schutzgemeinschaft
53113 Bonn
79
Deutsches Godesberger
Wild e.V.
Allee 53175 Bonn
108 - 112
Deutscher Rat für Vogelschutz Am Obstberg 1
78315
Radolf-
(DRV) e.V. Vogelwarte Radolfzell
zell
Bundesverband für fachgerech- Postfach 11 10
76707 Hambrü-
ten Natur- und Artenschutz e.V.
cken
(BNA)
Vereinigung
Deutscher Königswinterer Stra- 53227 Bonn
Gewässerschutz e.V. (VDG)
ße 829
Zoologische Gesellschaft Frank- Alfred-Brehm-Platz
60316 Frankfurt
furt von 1858 e.V.
16
am Main
NaturschutzForum e.V. (NaFor)
Alleestraße 1
30167
Hanno-
ver
GRÜNE LIGA e.V.
Greifswalder Straße 10405 Berlin
4
Verband Deutscher Sportfischer Siemensstraße 11 - 63071
e. V.
Naturschutzbund
13
Deutschland Calenberger
(NABU) Landesverband Nieder- 24
sachsen e.V.
Offen-
bach
Straße 30169
ver
Hanno-
35
Bund für Umwelt und Natur- Goebenstraße 3a
30161
schutz Deutschland (BUND)
ver
Landesverband
Hanno-
Niedersachsen
e.V.
Landesjägerschaft
Niedersach- Schopenhauerstraße
sen e. V.
21
30625
Hanno-
ver
Naturschutzverband Niedersach- Alleestraße 1
30167
sen e. V. (NVN)
ver
Biologische Schutzgemeinschaft Gartenweg 5
26203 Warden-
Hunte - Weser-Ems e.V.
burg
Niedersächsischer
30159
Heimatbund Landschaftsstraße
e. V.
6a
Schutzgemeinschaft
Wald
Deutscher Prinzenstraße 17
Landesverband
Nieder-
Hanno-
Hanno-
ver
30159
Hanno-
ver
sachsen e.V.
Landesverband Niedersachsen
Ellerstraße 100
Deutscher Gebirgs- und Wan-
49088
Osnab-
rück
dervereine e. V.
Aktion Fischotterschutz e. V. Ot- Reimersstraße6
26789 Leer
ter-Zentrum
Landesverband Bürgerinitiativen
Umweltschutz
Marker Straße 3
Niedersachsen
26810
Westo-
verledingen
(LBU) e. V.
Landessportfischerverband
Bürgermeister-
30479
Niedersachsen (LSFV) e. V.
Stümpel-Weg 1
ver
Naturfreunde Niedersachsen e.V. Hermann-Bahlsen-
30655
Verein für Umweltschutz, Touris- Allee 8
ver
Hanno-
Hanno-
tik und Kultur
Verein
Naturschutzpark
e.V. Niederhaverbeck 7
29646
(VNP)
gen
Sportfischerverband im Landesfi- Mars-la-Tour-Straße
26121
schereiverband Weser-Ems e.V. 6
burg
(LFV-S)
Bispin-
Olden-
36
Mit einem weiteren Schreiben vom 12. September 2008 – P – 143.3/85 –
wurde den nachstehend genannten Behörden und anerkannten Naturschutzvereinen unter Bezugnahme auf die o. g. Schreiben vom 05. bzw.
10.04.2007 folgende ergänzende Planunterlagen, nämlich
•
Anpassung der Umweltverträglichkeitsstudie (Unterlage F) im
Hinblick auf die betriebsbedingten Auswirkungen der Unterhaltungsbaggerungen in den einzelnen wasserbaulichen Maßnahmenbereichen
•
Ergänzungspapier zur Darstellung der Wirkungen der Emsanpassungsmaßnahmen hinsichtlich der Zielsetzungen der EGWasserrahmenrichtlinie (WRRL)
sowie Ausführungen zum Verschlechterungsverbot gemäß EG-
Wasserrahmenrichtlinie
•
FFH-Verträglichkeitsstudie gemäß § 34 BNatSchG (FFH-VS)
•
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP).
zur Kenntnisnahme unter Einräumung einer Frist zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb eines Monats übersandt:
Behörden
Stadt Emden
Fachdienst
Ringstraße 28b
26721 Emden
Umwelt
Landkreis Leer
Amt für Natur- Bergmannstraße 26789 Leer
schutz
Nationalparkverwaltung
27
Virchowstraße 1 26382
Niedersächsisches
Wil-
helmshaven
Wattenmeer
Nieders. Landesbetrieb Direktion
Ratsherr-
26122
für
Schulze-Straße
burg
Wasserwirtschaft,
Küstenschutz
und
Natur-
10
Olden-
37
Bundesamt für Natur-
Karl-Liebknecht- 04277 Leipzig
schutz
Straße
143
Orderniederung
Landkreis Emsland
Fachb.
Natur- 1
schutz /Wald
49715
pen
Mep-
38
Naturschutzvereine
Bundesverband beruflicher Na- Konstantinstraße 110 53179
Bonn
turschutz e.V. (BBN)
Wörmersdorfer
Stra-
Deutsche Gesellschaft für Her- ße
53351 Rheinbach
petologie und Terrarienkunde 46-48
e.V. (DGHT)
Deutscher Naturschutzring e.V. Am Michaelshof 8-10 53177
Bonn
(DNR)
Komitee gegen den Vogelmord Auf dem Dransdorfer 53121
e.V.
Berg 98
Deutscher Falkenorden (DFO)
Meißnerweg 69
64289 Darmstadt
Schutzgemeinschaft Deutsches Godesberger
Wild e.V.
Bonn
Allee 53175
Bonn
1 78315
Radolfzell
76707
Hambrü-
108-112
Deutscher Rat für Vogelschutz Am
(DRV)
Obstberg
e.V.
Vogelwarte Radolfzell
Bundesverband für fachgerech- Postfach
11
10 cken
ten Natur- und Artenschutz e.V.
(BNA)
Zoologische Gesellschaft Frank- Alfred-Brehm-Platz 16 60316
Frankfurt
furt von 1858 e.V.
am Main
NaturschutzForum e.V. (NaFor) Alleestraße 1
30167 Hannover
GRÜNE LIGA e.V.
Greifswalder Straße 4 10405 Berlin
Calenberger
Naturschutzbund
Deutschland 24
Straße
30169
Hannover
3a 30161
Hannover
(NABU)
Landesverband Niedersachsen
e.V.
Bund für Umwelt und Natur- Goebenstraße
schutz
Deutschland
(BUND)
Landesverband Niedersachsen
39
e.v.
Landesjägerschaft Niedersach- Schopenhauerstraße
sen e.V.
30625
Hannover
1 30167
Hannover
26203
Warden-
21
Naturschutzerband Niedersach- Alleestraße
sen e.V. (NVN)
Biologische Schutzgemeinschaft Gartenweg
5 burg
Hunte - Weser-Ems
Niedersächsischer Heimatbund
e.V.
Landschaftsstraße 6a 30159 Hannover
Schutzgemeinschaft
Prinzenstraße
Deutscher
17 30159
Hannover
Wald
Landesverband Niedersachsen
e.V
Landesverband Niedersachsen Ellerstraße
100 49088 Osnabrück
Deutscher Gebirgs- und Wandervereine e.V.
Aktion
Fischotterschutz
e.V. Reimersstraße
6 26789
Leer
3 26810
Westover-
Otter-Zentrum
Landesverband Bürgerinitiativen Marker
Umweltschutz
Straße
Niedersachsen
e.V.
ledingen
(LBU)
c/o De Dyklopers e.V
Verein
Naturschutzpark
e.V. Niederhaverbeck
7 29646
Bispingen
(VNP)
Sportfischerverband im Landes- Mars-la-Tour-Straße 6 26121 Oldenburg
fischereiverband
Weser-Ems
e.V. (LFV-S)
3.3 Erörterungstermin
Auf die Durchführung eines Erörterungstermins wurde gemäß § 14a Nr. 5
WaStrG verzichtet.
40
3.4 Einvernehmen
Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und
Naturschutz – Direktion – Projektgruppe Einvernehmen Jade/Ems hat mit
Schreiben vom 20.02.2012 - Zeichen: 30470-2-7 – gemäß § 14 Abs. 3 Wasserstraßengesetz (WaStrG) zu dem Entwurf des Planfeststellungsbeschlusses sein Einvernehmen erklärt.
II.
Formalrechtliche Würdigung
1.
Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde
Für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens ist die Wasser- und
Schifffahrtsdirektion Nordwest in Aurich nach § 14 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 45
Abs. 1 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) und den Organisationsregelungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sachlich und örtlich zuständig.
1.1 Sachliche Zuständigkeit
Es handelt sich vorliegend um den Ausbau einer Bundeswasserstraße als
Verkehrsweg im Sinne des § 12 Abs. 2 WaStrG, der nach § 14 Abs. 1
WaStrG der vorherigen Planfeststellung durch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion bedarf.
Ausbau sind nach § 12 Abs. 2 WaStrG zunächst Maßnahmen zur wesentlichen Umgestaltung einer Bundeswasserstraße, die über die Unterhaltung
hinausgehen und die Bundeswasserstraße als Verkehrsweg betreffen.
Daneben sind auch Maßnahmen zur wesentlichen Umgestaltung einer Kreuzung als Ausbau einer Bundeswasserstraße einzuordnen.
§ 12 Abs. 2 WaStrG folgt damit dem gestiegenen Erfordernis der Anpassung
von Brücken, die die Bundeswasserstraßen überqueren, und stellt klar, dass
der Ausbaubegriff auch das Lichtraumprofil unter Brücken erfasst (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drcks. 15/3982, B. Besonderer Teil, zu
41
Artikel 1 Nr. 3, S. 13; Friesecke, Komm. zum WaStrG, 6. Auflage, 2009, § 12,
Rn. 10).
Der Ausbaubegriff ist vorliegend erfüllt.
1.1.1 Bundeswasserstraße
Durch den Ausbau ist eine Bundeswasserstraße bzw. die Kreuzung mit einer
solchen betroffen.
Die wasserbaulichen Maßnahmen liegen im Wesentlichen in der Ems. Die
Ems ist nach Nr. 13 der Anlage 1 des WaStrG (zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs.
5 und § 2 Abs. 2) „Verzeichnis der dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen des Bundes“ eine Binnenwasserstraße im Sinne des § 1
Abs. 1 Nr. 1 WaStrG und damit eine Bundeswasserstraße nach diesem Gesetz.
Gleiches gilt nach Nr. 7 der Anlage 1 des WaStrG für den marginal betroffenen Teilbereich des DEK.
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke in Leer betrifft deren Kreuzung mit
der Ems als Bundeswasserstraße.
Kreuzungen mit Bundeswasserstraßen bestehen jedenfalls aus den Überschneidungen mit den in § 40 Abs. 2 WaStrG beschriebenen öffentlichen
Verkehrswegen (Friesecke, Komm. zum WaStrG, 6. Auflage, 2009, § 12, Rn.
10).
Die vorliegend umgestaltete Brücke ist als Teil der Bundesstraße 436 dem
öffentlichen Verkehr gewidmet und stellt einen öffentlichen Verkehrsweg im
Sinne des § 40 Abs. 2 Nr. 2 WaStrG dar.
1.1.2 Wesentliche Umgestaltung
Der überplante Abschnitt im Bereich von DEK-km 225,8 bis Ems-km 0,05
sowie die verschiedenen Abschnitte der Ems von Ems-km 0,3 bis Ems-km
1,3, von Ems-km 6,2 bis 7,6, von Ems-km 14,4 bis 15,9, von Ems-km 31,0
bis 37,0 und von Ems-km 40,0 bis 40,5 werden durch die oben unter B. I. 2.
zusammengefasst dargestellten Maßnahmen wesentlich umgestaltet.
42
Eine wesentliche Umgestaltung liegt vor, wenn die Maßnahme den Zustand
des Gewässers in bedeutsamer Weise ändert.
Dies ist vorliegend der Fall, da in verschiedenen Abschnitten der Wasserstraße eine Fahrrinnenvertiefung und in weiteren Abschnitten eine –anpassung vorzunehmen ist. Daneben wird im Teilabschnitt DEK-km 225,8 bis
Ems-km 0,05 ein Sohlsprung verlegt.
Sowohl bei den Vertiefungen der Fahrrinne als auch den Fahrrinnenanpassungen wird die Gewässersohle nachhaltig umgestaltet.
Die aufgrund der Anpassung im Bereich Papenburg zusätzlich benötigte Fläche beträgt ca. 6.750 m², während gleichzeitig aus dem Planfeststellungsbeschluss von 1994 genehmigte Flächen von ca. 8.500 m² nicht mehr beansprucht werden.
Im Bereich der Eisenbahnbrücke Weener (Ems-km 6,2 - 7,6) wird zusätzlich
eine Fläche von ca. 20.700 m² in Anspruch genommen. Baggerungen zur
Herstellung der Bedarfstiefe von NN - 6,20 m im Bereich der bislang in Anspruch genommenen Fahrrinnenfläche von ca. 18.500 m² entfallen. Weiterhin können hier aber erforderlichenfalls Baggerungen zur Aufrechterhaltung
der Basistiefe von NN - 5,60 m durchgeführt werden, was nach derzeitigem
Erfahrungsstand aufgrund der natürlichen Strömung jedoch nicht sehr wahrscheinlich ist.
Im Rahmen der Anpassung im Bereich der Jann-Berghaus-Brücke (Ems-km
14,4 - 15,9) werden zusätzliche Flächen von ca. 20.850 m² in Anspruch genommen, während nach dem Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahre
1994 genehmigte Flächen von etwa 27.300 m² nicht mehr als Fahrrinne benötigt werden.
Insgesamt werden genehmigte Flächen von 35.800 m² nicht mehr beansprucht. Die zusätzlich benötigte Gewässerfläche für die oben genannten
drei Strecken beträgt 48.291 m².
Für die Erstbaggerungen auf die Bedarfstiefe sind voraussichtlich rund
130.000 m³ Material (Schlick- / Sandgemisch) als Ausbaumenge zu erwarten.
43
Für die Unterhaltungsbaggerungen in Form der erneuten Herstellung der Bedarfstiefe wird entsprechend obiger Ausführungen auf der sicheren Seite liegend von einer Unterhaltungsbaggermenge in einer Größenordnung von
90.000 m² ausgegangen.
Insgesamt verdeutlicht ein Vergleich des früheren Zustandes mit dem zukünftigen Zustand, dass das bisherige Gewässersystem durch Schaffung
eines neuen Dauerzustandes wesentlich umgestaltet und in nicht unerheblicher Weise verändert wird.
Auch die Umgestaltung der Brücke ist wesentlich, da die Brücke durch den
Einbau eines neuen Klappteils und die Versetzung eines Pfeilers eine bedeutsame Veränderung erfährt.
1.1.3 Verkehrsbezogenheit
Die Maßnahme ist auch verkehrsbezogen.
Dies ist der Fall, wenn mit einem Vorhaben der Zweck verfolgt wird, die verkehrlichen Verhältnisse der Bundeswasserstraße zu verändern, insbesondere also die Schifffahrt zu ermöglichen, zu fördern oder auch nur aufrecht zu
erhalten (OVG Lüneburg, Urteil vom 07. Januar 1999, Az.: 3 K 4464/94, Rn.
10 f., zitiert nach juris; Urteil vom 20. März 2003, Az.: 7 KS 2667/01, Rn. 25,
zitiert nach juris).
Diese Anforderungen sind vorliegend erfüllt. Die Maßnahmen betreffen die
Bundeswasserstraße in ihrer Funktion als Verkehrsweg. Die Verkehrsfunktion wird geändert, indem Schiffen mit den oben angegebenen Maßen der
widmungsgemäße Gebrauch der Bundeswasserstraße im Sinne des § 5
WaStrG ermöglicht wird. Nach § 5 WaStrG darf jedermann die Bundeswasserstraßen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften mit Wasserfahrzeugen
befahren. Indem die Wasserstraße auch größeren Fahrzeugen zugänglich
gemacht und die Schiffbarkeit wesentlich erweitert wird, dient das Vorhaben
der Verwirklichung dieser gesetzlichen Widmung, mithin verkehrlichen Zwecken. Ohne die Umsetzung des Vorhabens wäre den Wasserfahrzeugen in
44
den Abmessungen des Bemessungsschiffes eine Nutzung der Ems bzw. des
DEK nicht möglich. Folglich werden die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse
und die Leistungsfähigkeit der Bundeswasserstraße wesentlich verbessert.
Hierbei handelt es sich entgegen vorgebrachter Bedenken auch um die Verbesserung des allgemeinen Wasserverkehrs.
Die Einwendung E-0086, es handele sich nicht um Verkehr im Sinne der Gesetze, vielmehr ausschließlich um „Überführungen“ von neuen Werftschiffen
der Meyer Werft und um Sondernutzungen, welche genehmigungspflichtig
seien und erheblicher Vorbereitungszeiten bedürften, ist zurückzuweisen.
Für die Zuordnung zum allgemeinen Wasserverkehr kommt es nicht darauf
an, ob die Nutzung der Bundeswasserstraße in Form von Überführungen des
Bemessungsschiffes als Sondernutzung der Wasserstraße einzuordnen ist.
Denn auch in diesem Fall handelte es sich um eine Nutzung der Wasserstraße als Verkehrsweg. Auch Maßnahmen zur Ermöglichung einer Sondernutzung in Gestalt einer Fortbewegung betreffen die Bundeswasserstraße
als Verkehrsweg (OVG Lüneburg, Urteil vom 07. Januar 1999, Az.:
3 K 4464/94, Rn. 11, zitiert nach juris).
Auf besondere Zwecke des Verkehrs kommt es in diesem Zusammenhang
nicht an. Verkehr bedeutet jede Tätigkeit, die in der Absicht der Fortbewegung, der Ortsveränderung oder des Transports mit Hilfe von Wasserfahrzeugen vorgenommen wird (Friesecke, Komm. zum WaStrG, 6. Auflage,
2009, Einl. Rn. 7).
Der Begriff der Wasserfahrzeuge ist dabei weit zu fassen. Hierzu zählt jedes
Verkehrsmittel, welches sich auf dem Wasser bewegen kann, insbesondere
Schiffe jeder Art (Friesecke, Komm. zum WaStrG, 6. Auflage, 2009, § 5, Rn.
3).
Dies folgt auch aus den im Rahmen der Einwendung E-0086 angesprochenen schifffahrtspolizeilichen Genehmigungen für Überführungen von Neubauten der Meyer Werft. Diese erfolgen auf der Grundlage des Art. 28 der
Schifffahrtsordnung Emsmündung, der solche Genehmigungen gerade für
den Verkehr außergewöhnlich großer Fahrzeuge fordert. Somit folgt entgegen der mit der Einwendung E-0086 offensichtlich vertretenen Auffassung,
45
bei einer Überschreitung der in der Bekanntmachung der WSD Nordwest zur
Schifffahrtsordnung Emsmündung genannten Maße liege kein Schiffsverkehr
mehr vor, auch aus dieser Bestimmung eine Zuordnung der Überführungen
zum allgemeinen Schiffs- und Wasserverkehr, für die lediglich auf Grund der
Größe der Fahrzeuge im Einzelfall eine schifffahrtspolizeiliche Genehmigung
erforderlich sein kann. Diese vermag an der rechtlichen Einordnung als allgemeiner Verkehr jedoch nichts zu ändern.
1.2 Örtliche Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest in
Aurich ergibt sich aus den Organisationsregelungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Nach diesen liegt der wesentliche Teil der
Maßnahmen an der Ems im Zuständigkeitsbereich der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest. Lediglich die Sohlsprungverlegung und die Fahrrinnenvertiefung von DEK-km 225,8 bis Ems-km 0,05 liegen im örtlich der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West zugeteilten Dienstbezirk.
Diesbezüglich erfolgte jedoch eine Übertragung der Zuständigkeit auf die
Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 WaStrG
durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
2.
Beachtung der Verfahrensvorschriften im Planfeststellungsverfah-
ren
Der Planfeststellungsbeschluss ergeht aufgrund eines ordnungsgemäß
durchgeführten Verfahrens. Die Verfahrensförmlichkeiten der Planfeststellung sind ausweislich des vorstehend unter B. I. 3. dargelegten Verfahrensablaufes beachtet.
So wurden die Stellungnahmen der vom Vorhaben in ihrem Aufgabenbereich
betroffenen Behörden und Verbände eingeholt (§ 73 Abs. 2 VwVfG).
Der Plan hat in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben auswirken wird,
mehr als einen Monat zur Einsicht ausgelegen. Die Auslegung erfolgte in den
umliegenden Gemeinden.
46
Die Auslegung wurde ordnungsgemäß ortsüblich bekannt gemacht (§ 73
Abs. 5 VwVfG). Auf die Möglichkeit, bis zu zwei Wochen nach Ablauf der
Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Planfeststellungsbehörde oder der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan zu erheben, wurde
hierbei ausdrücklich hingewiesen (§ 73 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2 VwVfG).
Des Weiteren sind auch die Förmlichkeiten des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) gewahrt.
Die Träger des Vorhabens haben die entscheidungserheblichen Unterlagen
über die Umweltauswirkungen des Vorhabens der Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde zu Beginn des Verfahrens vorgelegt. Die auf der Grundlage
eines sog. Scoping-Termines (§ 5 UVPG) erstellten Unterlagen enthalten die
nach § 6 Abs. 3 und – soweit vorliegend geboten – Abs. 4 UVPG erforderlichen Angaben.
Die Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde hat die Stellungnahmen der
von dem Vorhaben in ihrem Aufgabenbereich berührten Behörden, der sonstigen Träger öffentlicher Belange sowie der anerkannten Naturschutzverbände eingeholt. Die Öffentlichkeit wurde zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens dadurch angehört, dass die Umweltverträglichkeitsstudie sowie der
Landschaftspflegerischer Begleitplan zusammen mit dem Fachplan ausgelegen haben (§ 9 UVPG) und die Möglichkeit der Abgabe von Stellungnahmen
bzw. Einwendungen eingeräumt wurde.
III.
Materiell-rechtliche Würdigung
Die vorgelegten Pläne zum Ausbau konnten gemäß § 14b WaStrG i.V.m.
§ 74 VwVfG nach Würdigung aller betroffenen öffentlich-rechtlichen und privaten Belange festgestellt werden.
Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ist gegeben. Zugleich besteht an
dessen Verwirklichung ein öffentliches Interesse, welches den durch dieses
Vorhaben berührten Interessen und Rechten Dritter und den durch die Verwirklichung der Maßnahme betroffenen Belangen des Umwelt- und Naturschutzes sowie sonstigen öffentlichen Belangen vorgeht.
47
1.
Planrechtfertigung
Die folgenden für die Verwirklichung des Vorhabens sprechenden Erwägungen werden auch im Hinblick auf das Abwägungsgebot dargestellt. Den von
der Planung nachteilig betroffenen Rechten, Interessen und Belangen sind
also die nachfolgend aufgeführten, für die Verwirklichung des Vorhabens
sprechenden Erwägungen gegenüber zu stellen. Die konkrete Abwägung
erfolgt im Rahmen der Darstellung und Bewertung der jeweiligen vom Vorhaben betroffenen öffentlichen und privaten Belange.
Die allgemeine Planrechtfertigung für das Vorhaben ist gegeben. Das Vorhaben ist gemäß den Zielen des Fachplanungsrechts objektiv gerechtfertigt und
erforderlich.
Die Planrechtfertigung ist eine ungeschriebene Voraussetzung für jede
Fachplanung und zugleich eine Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in private Rechte verbunden
ist. Eine öffentliche Planung trägt ihre Rechtfertigung nicht bereits in sich
selbst, sondern bedarf wegen ihrer Einwirkungen auf Rechte Dritter einer an
ihrer gesetzlichen Zielbestimmung gemessenen Rechtfertigung.
Eine Planung ist gerechtfertigt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach
Maßgabe der vom Fachplanungsgesetz verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis besteht, die Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist.
Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(BVerwG) nicht erst bei einer Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall,
sondern bereits dann, wenn das Vorhaben, gemessen an den Zielen des
jeweils zugrundeliegenden Fachplanungsgesetzes aus Gründen des Wohles
der Allgemeinheit „vernünftigerweise geboten“ ist, weil für dieses ein konkreter Bedarf besteht. Insbesondere kann ein Vorhaben wegen eines geänderten Verkehrsbedürfnisses erforderlich sein (BVerwG, Urteil vom 22. März
1985, Az.: 4 C 15/83, Rn. 16, zitiert nach juris; BVerwG, Urteil vom 08. Juli
1998, Az.: 11 A 53/97, Rn. 24, zitiert nach juris; BVerwG, Urteil vom
48
26. April 2007, Az.: 4 C 12/05, Rn. 45, zitiert nach juris; BVerwG, Beschluss
vom 30. September 2008, Az.: 7 VR 1/08, Rn. 7, zitiert nach juris).
Die nach Maßgabe vorstehender Ausführungen erforderlichen Voraussetzungen für eine Planrechtfertigung liegen bei dem hiermit genehmigten Ausbau der Bundeswasserstraßen Ems und DEK vor.
Das Vorhaben verfolgt fachplanerische Ziele des WaStrG und ist „vernünftigerweise geboten“, da aufgrund der zu erwartenden Nachfrage nach und
Produktion von Schiffen in der Größe des Bemessungsschiffes ein Verkehrsbedarf entsteht, welcher im Wege der Umsetzung des Vorhabens befriedigt
werden kann. Eine geeignete Verkehrsinfrastruktur kann auf diese Weise
sichergestellt werden.
1.1 Fachplanerische Ziele
Das WaStrG nennt seine Ziele, die als Planrechtfertigung dienen können,
nicht in einer gesonderten Vorschrift.
Die Planrechtfertigung steht jedoch in einem engen Zusammenhang mit der
Verkehrsfunktion der Bundeswasserstraße und die fachplanerischen Ziele
sind daher aus den spezifisch wegerechtlichen Bestimmungen des WaStrG
herzuleiten.
Aus § 1 Abs. 1 WaStrG folgt, dass die Bundeswasserstraßen zu Verkehrszwecken gewidmet sind. Sie sind damit Bestandteil der Verkehrsinfrastruktur.
§ 5 Satz 1 WaStrG gestaltet ihre Indienstnahme als Verkehrsweg für die
Schifffahrt näher aus und regelt die Nutzungsgewährung für das Befahren
mit Wasserfahrzeugen. Aus der Anlage 1 des WaStrG ergibt sich ein definiertes Netz der dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen.
Daneben dienen die Seewasserstraßen in ihrer gesamten Fläche dem Verkehr.
Dementsprechend können als fachplanerische Ziele des Bundeswasserstraßengesetzes, die für eine wesentliche Umgestaltung i. S. d. § 12 Abs. 2
WaStrG in Betracht kommen, insbesondere die Herstellung einer neuen oder
Veränderung einer bestehenden Verkehrsverbindung, die Verbesserung der
49
Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, die Erhaltung der Verkehrsfunktion
durch bauliche Maßnahmen, die Verbesserung oder sonstige der Verkehrsfunktion dienende Veränderung einer Bundeswasserstraße oder die auf den
Verkehr bezogene Verbesserung oder sonstige Veränderung des Netzes von
Binnenwasserstraßen oder des Fahrwassernetzes von Seewasserstraßen
genannt werden (Friesecke, Komm. zum WaStrG, 6. Auflage 2009, § 14 Rn.
14).
Wie bereits oben unter B.II.1. dargestellt, wird größeren Schiffsgefäßen mit
den Abmessungen des Bemessungsschiffes durch die Verbreiterung des
Lichtraumprofils der Jann-Berghaus-Brücke und die Anpassung der Fahrrinne eine sichere Passage der Ems Richtung Nordsee ermöglicht. Hierdurch
wird die vorhandene Infrastruktur für größere Schiffsgefäße ausgebaut und
die Wasserstraße befahrbar gestaltet. Vorhandene Engstellen für die Schifffahrt werden beseitigt.
Die Verkehrsverbindung erfährt auf diese Weise, entgegen der Auffassung
der Einwender E-0082 und E-0086, eine Flexibilisierung des Verkehrsweges
Ems sei nicht ersichtlich, eine wesentliche Verbesserung. Nach vollständiger
Durchführung des Ausbaus der Bundeswasserstraße kann diese auch von
wesentlich größeren Wasserfahrzeugen ihrer Verkehrsfunktion entsprechend
genutzt werden. Eine solche Befahrung des Verkehrsweges wäre ohne die
Durchführung der Maßnahme jedenfalls für das Bemessungsschiff nicht
möglich. Das Vorhaben verfolgt damit fachplanerische Ziele und dient unmittelbar dem allgemeinen Verkehr im Sinne der öffentlichen Zweckbestimmung
nach Maßgabe obiger Ausführungen.
Maßnahmen zur Änderung der Verkehrsfunktion einer Bundeswasserstraße,
die eine Bundeswasserstraße im Verkehrsinteresse, d. h. zur Ermöglichung,
Aufrechterhaltung oder Förderung der Schifffahrt ändern sollen, betreffen die
Bundeswasserstraße als Verkehrsweg (OVG Lüneburg, Urt. v. 07. Januar
1999, Az.: 3 K 4464/94, Rn. 10, zitiert nach juris).
50
Hiermit entspricht das Vorhaben auch den Vorgaben des § 1 Abs. 1 Binnenschifffahrtsaufgabengesetz bzw. des § 1 Seeaufgabengesetz, den Binnenund Seeschiffsverkehr als im allgemeinen deutschen Interesse liegend zu
fördern und Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs abzuwehren. Ohne die Durchführung der beantragten Maßnahmen wäre ein sicherer Verkehr des Bemessungsschiffes von Papenburg bis See nicht möglich und die Nutzung der Bundeswasserstraßen durch einen Teil des zukünftigen Verkehrs wäre nicht sicher gestellt.
1.2 Bedarf
Der Bedarf für das Vorhaben ist gegeben, weil dieses einen zukunftsorientierten Schiffsverkehr erschließt, auf den die Schiffbauindustrie angewiesen
ist. Das Vorhaben ermöglicht der Bundesrepublik Deutschland damit eine
effektive Teilnahme an dem Weltmarkt in den betroffenen Segmenten.
1.2.1 Erforderlichkeit der Einzelmaßnahmen
Auf der Grundlage des vorbeschriebenen Zustandes der Wasserstraße vor
Umsetzung der mit der vorläufigen Anordnung genehmigten Teilmaßnahmen
ergibt sich eine Erforderlichkeit der Einzelmaßnahmen zur Überführung des
Bemessungsschiffes mit seinen größeren Hauptabmessungen aus den nachfolgend beschriebenen Erwägungen, die auf verschiedenen nautischen Simulationen bei der Firma MARIN in Wageningen und einer schifffahrtspolizeilichen Bewertung durch das Dezernat Schifffahrt der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest beruhen.
Die Ausfahrt aus der Dockschleuse des Papenburger Hafens ist sehr eng.
Die größeren Schiffsabmessungen in der Breite und der Länge beanspruchen mehr Fläche in der Wasserlinie. Hierdurch gelangt die Außenhaut des
Schiffes auf beiden Seiten deutlich näher an die Spundwände der Dockschleuse. Das bedeutet, dass bereits kleinste Auslenkungen der Schiffslängsachse von der Ideallinie (Mittenlinie der Dockschleuse und des Vorhafens) zu einem Verkanten des Schiffes in der Schleuse führen können. Die
51
schiffseigenen Antriebs- und Steuersysteme können hier nicht zum Einsatz
gebracht werden, da durch die entstehenden Druckverhältnisse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sowohl das Schiff als auch das
Schleusenbauwerk erheblich beschädigt würden.
Das Schiff kann daher erst gesteuert werden, wenn auch das hintere Fahrzeugteil komplett die Dockschleuse verlassen hat. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Bug bereits soweit auf dem Revier, dass dort mit Steuermanövern gearbeitet werden muss, um das Schiff fern von der Uferböschung zu
halten. Dieses kann durch Steuermanöver des Hecks unterstützt werden,
wenn dieser Teil frei drehen kann und nicht durch die Lage der Schwelle in
dem Bereich DEK bis Ems-km 0,05 daran gehindert wird.
Dieser Bereich, der derzeit nicht die Sohltiefe der Ems (NN - 6,30 m) erreicht,
muss daher auf der hiervon betroffenen Fläche von 1.050 m² um ca. 1,10 m
an die Sohltiefe der Ems angepasst werden.
Die Verschiebung des Fahrwassers zwischen Ems-km 0,3 und 1,3 um etwa
8 m nach Osten ist erforderlich, um den derzeitigen Verlauf der Fahrrinnentrasse in der Kurve abzuflachen und auf diese Weise die Sicherheit und
Leichtigkeit der Kurvenpassage zu verbessern. Die Sohltiefe entspricht der
1994 erfolgten Planfeststellung.
Die bedarfsweise herzustellende Fahrrinne in dem Bereich der Eisenbahnbrücke Weener (Friesenbrücke) wurde entsprechend obiger Ausführungen
(B.I.2) auf einer Länge von ca. 1,2 km um bis zu ca. 30 m nach Osten verschoben, da das Schiff aus nautischer Sicht vor der Passage der Brücke mit
der Längsachse frühzeitig und exakt auf der Mittellinie der östlichen Brückenöffnung, d. h. mit exaktem Kurs und ohne seitliche Versetzung, ausgerichtet sein muss. Aus diesem Grunde und aufgrund der Länge und Breite
des Schiffes sowie der sonstigen Umstände bedarf es eines zeitlichen Vorlaufs und damit einer ausreichend geraden und breiten Strecke vor der Einfahrt. Für das Ausfahren aus dem Brückenbereich ist ebenfalls eine ausreichend gerade und breite Auslaufstrecke notwendig.
52
Diese für eine sichere Überführung erforderlichen Bedingungen waren vor
der Modifizierung des Fahrwassers durch die Vollziehung der vorläufigen
Anordnung nicht gegeben. Denn die Zufahrt in der vorhandenen Fahrrinne
zur Brücke nach Fahrt aus der stromauf liegenden Kurve war zu schmal zum
Einfädeln für eine exakt rechtwinklige Fahrt zum Brückenbauwerk.
Die Verlegung erfolgte bereits auf Grundlage der vorläufigen Anordnung vom
16.11.2007, da, wie in diesem Zusammenhang bereits erörtert, vorstehend
beschriebene Problematik bereits für das „XL-Schiff“ festgestellt wurde.
Gleiches gilt für den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke, die in bereits dargestellter Weise anzupassen war. Die Notwendigkeit dieser Anpassungsmaßnahme ergibt sich daraus, dass eine Überführung des Bemessungsschiffes
an der mit 40 m zu schmalen Brückendurchfahrt der alten Brücke scheitern
würde. Zu eben diesem Ergebnis gelangte bereits ein Modellversuch hinsichtlich des „XL-Schiffes“. Das für eine Überführung notwendige neue
Lichtraumprofil der Brücke ergibt sich aus den Schiffsabmessungen unter
Berücksichtigung der nach den bisherigen Erfahrungen bei Überführungen
erforderlichen Sicherheitsabstände. Berücksichtigt wurden dabei auch die
Abmessungen des Emssperrwerks.
In Folge dieser Maßnahme und aufgrund der bereits bezüglich der Friesenbrücke beschriebenen notwendigen Ausrichtung des Schiffes vor, während
und nach der Brückenpassage war auch die Fahrrinne im Bereich der JannBerghaus-Brücke im Wege einer Verlegung auf einer Länge von ca. 1,7 km
um bis zu ca. 21 m nach Osten auf das neue Lichtraumprofil anzupassen.
Auf der Tidestrecke von Ems-km 31,0 bis 40,5 bedarf es zur Überführung
des Bemessungsschiffes mit einem Tiefgang von 8,50 m für die tideabhängige Fahrt einer Wassertiefe gemäß oben angegebener Tabelle 3. Die erforderlichen Wassertiefen der Fahrrinne zwischen Ems-km 31,0 – 37,0 und 40,0
– 40,5 ergeben sich für die tideabhängige Fahrt durch Einrechnung aller für
den Schiffstiefgang relevanten Parameter nach oben dargestellter Tabelle 2.
53
Entgegen der Auffassung der Einwendungsführer N-0007 und N-0008 kann
auf vorgenannte Vertiefungen auch nicht verzichtet werden, indem die Schiffe in der Liegewanne Niedrigwasserereignisse abwarten und dann bei entsprechendem Wasserstand ihre Fahrt fortsetzen.
Das Schiff kann die Liegewanne erst kurz vor Erreichen des Stauwassers
verlassen und zum Sperrwerk fahren, um dort für die Durchfahrt ausgerichtet
zu werden. Die Geschwindigkeit des Schiffes im Revier ist aus Sicherheitsgründen auf 1,5 bis 2 Knoten beschränkt. Dieses Maß muss voll ausgeschöpft werden, um die fast zehn Kilometer lange Strecke inklusive der
Sperrwerkspassage (hier nur ca. 1 kn) bei bereits fallendem Wasserstand
noch sicher zu absolvieren. Die Bruttofahrtzeit für die Strecke von der Liegewanne bis Emden beträgt bei einer Geschwindigkeit von 2 Knoten bzw. 3,7
km/h rechnerisch 2,7 Stunden. Nach realistischer Schätzung wird die Fahrt
nur ca. 2 Stunden dauern, da mit fallendem Wasserstand sich auch die
Strömungsrichtung zum Ebbstrom ändert. In dieser Zeit fällt der Wasserstand
um ca. 0,75 m.
Zusätzlich ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass bei einer Krängung des Schiffes der Tiefgang in Abhängigkeit von der Schiffsbreite zunimmt.
Sämtliche vorbeschriebenen Maßnahmen sind sowohl aus nautischer Sicht
als auch aus schifffahrtspolizeilicher Sicht erforderlich und geeignet, das
Bemessungsschiff sicher von Papenburg nach See zu überführen. Dies wurde von dem Dezernat Schifffahrt der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest unter Rückgriff auf die bei der Firma MARIN durchgeführten Simulationen fachlich bestätigt.
Daher ist die Einwendung E-0113, Schiffe könnten nur im Winterstau überführt werden, weshalb eine Vertiefung nicht notwendig sei, als unrichtig zurückzuweisen und der Bedarf für sämtliche Maßnahmen ist entgegen der
Auffassung der Naturschutzverbände BUND und WWF (N-0007 und N-0008)
nachvollziehbar dargelegt.
Aus diesem Grunde werden auch die unter Hinweis auf die Simulationen
vom 18. - 20.01.2006 hervorgebrachten Bedenken der vorgenannten Naturschutzverbände hinsichtlich des Erfordernisses der Maßnahmen nicht geteilt.
54
Dies gilt zunächst für den Einwand, aus dem MARIN-Report 2006 folge, der
Dockschleusenausgang müsse auf 9,70 m gebaggert werden, dies sei jedoch nicht beantragt.
Die Empfehlung der Firma MARIN, die Dockschleuse auf 9,70 m zu baggern,
bezieht sich auf die Wassertiefe. Mit einer solchen Wassertiefe sollen Saugeffekte um den Schiffskörper herum, die auf Grund der besonderen Gegebenheiten in der Dockschleuse mit ihrem engen Querschnitt entstehen können, vermieden werden.
Bei einer Stauhöhe von NN + 2,70 m (Winterstau) ist hiernach eine Lage der
Sohle in der Dockschleuse von NN - 7,00 m erforderlich. Dies entspricht der
Drempelhöhe der Dockschleuse.
Somit sind keine Eingriffe erforderlich. Zu beachten ist daneben, dass sich
der von den Einwendern erwähnte Wert von - 6,30 m im Bereich von Emskm 0 bis 1 nicht, wie der von der Firma MARIN genannte Wert, auf die Wassertiefe bezieht, sondern auf die Lage der Sohle bezogen auf NN.
Der vorliegende Antrag auf Planfeststellung bezieht sich auch nicht auf den
Bereich der Dockschleuse, weil die Planfeststellungsbehörde für etwaige
Maßnahmen im Bereich der Dockschleuse, der keine Bundeswasserstraße
darstellt, nicht zuständig ist.
Daneben geht auch die Anmerkung fehl, die im MARIN-Report festgestellte
Überführungszeit von 24 Stunden korrespondiere nicht mit den Ergebnissen
des im Rahmen des Emssperrwerksbeschlusses festgestellten BAW-Gutachtens für eine Staufallregelung.
Das im Rahmen des Beschlusses zum Emssperrwerk festgestellte Gutachten der BAW ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Vorliegend
hat die BAW ein eigenständiges Gutachten erstellt, wie auch die Firma MARIN auf das vorliegende Verfahren abgestimmte Simulationen durchgeführt
hat. Nur diese sind von Relevanz für das hiesige Planfeststellungsverfahren,
weshalb dahinstehen kann, ob die im MARIN-Report genannte Überführungszeit mit dem für ein anderes Verfahren erstellten BAW-Gutachten korrespondiert.
55
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (B-0024) und der Einwendungsführer E-0086 (hinsichtlich des Antrags auf vorläufige Anordnung) wenden
zudem ein, der Bau des Emssperrwerkes sollte die geplanten Ausbaumaßnahmen eigentlich unnötig machen. Auch die Einwender E-0082 und E-0083
vertreten die Auffassung, es gebe keinen Grund für eine weitere Vertiefung
der Ems. Hierzu wird ausgeführt, im Verfahren zum Emssperrwerk sei durch
die Bezirksregierung eindeutig erklärt worden, weitere Baggerungen wären
für die Überführung von 8,50 m tief gehenden Schiffen der Meyer Werft nicht
erforderlich.
Soweit hiermit zum Ausdruck gebracht werden soll, die Maßnahmen für die
Überführungen des XXL-Schiffes seien nicht erforderlich, da die Überführungen mit dem Planfeststellungsbeschluss zum Emssperrwerk im vorhandenen
Ausbauzustand der Ems erfolgen können, teilt die Planfeststellungsbehörde
dies nicht.
Wie die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen, sind sämtliche Maßnahmen zur Überführung des Bemessungsschiffes erforderlich. Es kann daher
dahinstehen, welche Aussagen in dem Planfeststellungsverfahren zum Emssperrwerk getroffen wurden.
Insofern ist auch die Behauptung, die Meyer Werft habe Vertiefungsmaßnahmen als nicht notwendig erachtet (N-007/N-008), unerheblich.
1.2.2 Konkreter Bedarf: Nachfrage Bemessungsschiff
Für die hiernach erforderlichen Maßnahmen zur sicheren Überführung des
Bemessungsschiffes besteht ein konkreter Bedarf, da unter Berücksichtigung
der derzeit zu erwartenden Entwicklung des Weltmarktes und der Position
der Meyer Werft in dem Segment des Baus von Kreuzfahrtschiffen bei vorausschauender Betrachtung mit hinreichender Sicherheit erwartet werden
kann, dass bis zum Jahre 2020 Kreuzfahrtschiffe in der Größe des Bemessungsschiffes von der Meyer Werft ausgeliefert werden und von Papenburg
über den DEK und die Ems in die Nordsee überführt werden.
Die Meyer Werft in Papenburg zählt auf dem Segment des Baus von Kreuzfahrtschiffen zu den drei führenden Werften, die diesen speziellen Markt be-
56
herrschen. Sie zeichnete sich im Jahre 2007 für 26 Prozent des gesamten
globalen Auftragsbestandes verantwortlich (Institut für Seeverkehrswirtschaft
und Logistik, Trends im Kreuzfahrtmarkt (ISL-Studie), S. 5-6, Abb. 5-1). Nach
Angaben des Geschäftsführers der Meyer Werft, Herrn Lambert Kruse, Mitte
des Jahres 2011 hatte die Werft weltweit gesehen einen Marktanteil von 50
Prozent am Bau von Kreuzfahrtschiffen (Ostfriesen Zeitung vom 19.07.2011,
S. 15).
Die Kapazitäten der Meyer Werft sind bis zum Jahre 2015 vollständig ausgelastet. Nach Auslieferung der „Disney Dream“ für „Disney Cruise Line“, der
„AIDASol“ für „AIDA Cruises“, der „Celebrity Silhouette“ für „Celebrity Cruises“ sowie der „Disney Fantasy“ für „Disney Cruise Line“ befindet sich derzeit
die „AIDAmar“ im Bau. Sie soll im Frühjahr 2012 fertig gestellt und übergeben werden.
Für „AIDA Cruises“ folgt im Jahr 2013 ein weiteres Schiff und an „Celebrity
Cruises“ wird die „Celebrity Reflection“ im Herbst 2012 ausgeliefert.
Diese Schiffe überschreiten nicht die Maße des so genannten „XL-Schiffes“,
für welches bereits die auf Grundlage der vorläufigen Anordnung vorgezogenen Teilmaßnahmen erforderlich waren. Ohne diese Maßnahmen wäre jedoch auch eine Überführung des Großteils der bis zum Jahre 2013 in Bau
befindlichen Schiffe nicht möglich.
Darüber hinaus steht jedoch zu erwarten, dass bis zum Jahre 2020 Aufträge
für den Bau von Kreuzfahrtschiffen mit den Abmessungen des „XXLSchiffes“, auch an die Meyer Werft, die diese Schiffe nach eigenen Angaben
sofort bauen könnte, vergeben werden. In Folge dessen müssten solche
Schiffe nach ihrem Bau von Papenburg nach See überführt werden.
Es besteht somit nicht nur ein Bedarf für die Schaffung der Überführungsmöglichkeit für „XL-Schiffe“, sondern darüber hinaus auch für Schiffsgefäße
in der Größe des Bemessungsschiffes. Entgegen der Auffassung der Naturschutzverbände BUND und WWF (N-007/N-008) ist das „XXL-Schiff“ somit
weltmarktfähig.
57
Dieser erforderliche Ausbaubedarf wurde prognostisch bestimmt. In die
Prognose, sind sämtliche Entwicklungsmöglichkeiten des Kreuzfahrtschiffsmarktes unter Berücksichtigung aller verfügbaren Erkenntnismittel und Beachtung der für sie erheblichen Umstände eingeflossen. Die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen wurde soweit wie
möglich minimiert und angemessen berücksichtigt.
1.2.2.1.
Studie des Institutes für Seeverkehrswirtschaft und Logis-
tik
Die Planfeststellungsbehörde greift dabei in erster Linie auf ein vom Landkreis Emsland bei dem Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL),
Bremen, in Auftrag gegebenes Gutachten zu „Trends im Kreuzfahrtmarkt“
zurück.
Dieses zielt auf eine längerfristige Prognose des Kreuzfahrtmarktes und eine
Abschätzung der Auswirkungen auf die Entwicklungen im Bau von Kreuzfahrtschiffen weltweit sowie in Papenburg ab.
Das stark zusammengefasste Gesamtergebnis der Studie besteht in folgender Feststellung (ISL-Studie, S. 1-1):
„Im Prognosezeitraum bis 2020 besteht für den Standort Papenburg (Meyer
Werft) ein nachhaltiger Bedarf an der Überführbarkeit von Schiffen, die eine
Länge über alles von max. 350 m, eine Breite von bis zu 42,0 m und einen
“maximalen Tiefgang“ von über 7,50 m und bis zu rund 9 m haben.“
Der maximale Tiefgang bezieht sich auf die Tauchtiefe am tiefsten Punkt,
sollte bei Kreuzfahrtschiffen aber über die gesamte Schiffslänge gleich sein
(ISL-Studie, S. 2-4).
Der Tiefgang während einer Überführung ist geringer (ISL-Studie, S. 1-1, Fn.
1).
Dieses Ergebnis leitet das ISL aus einer Prognose der Nachfrage nach
Kreuzfahrten, den Aktivitäten der am Kreuzfahrtmarkt tätigen Reedereien,
den absehbaren Trends beim Design der Kreuzfahrtschiffe und einer Be-
58
trachtung der Anbieterseite, der Werften, und hierbei konkret einer Analyse
der strategischen Position der Meyer Werft ab (ISL-Studie, S. 1-1) .
Im Einzelnen prognostiziert das ISL für Kreuzfahrtreisen, die eines der am
schnellsten wachsenden Segmente des Tourismus darstellen, eine Steigerung der Nachfrage von 14,3 Mio. Reisen weltweit im Jahr 2005 auf 31,8 Mio.
Reisen im Jahre 2020.
Auf der Grundlage der Feststellungen zur Entwicklung der Flotte zu wesentlich größeren Schiffen hin gelangt das ISL unter Berücksichtigung der Nachfrageprognose zu einer Bewertung des Neubaubedarfs. Die benötigte Bettenkapazität und der Ersatzbedarf für die ausscheidenden Schiffe führt nach
dieser Bewertung zu einem Neubaubedarf von sieben bis acht Schiffen bzw.
nach einer alternativen Rechnung von acht bis neun Kreuzfahrern jährlich.
Dies stimmt mit der bisherigen Ordertätigkeit und der Kapazität der drei großen, am Markt tätigen Werften überein.
Die Neubauten werden auf Grund der Wünsche der Reeder und der Trends
bei Kreuzfahrtschiffen insgesamt wesentlich größer und es ist, auch in Folge
der notwendigen Umsetzung diverser Vorschriften, mit einer Zunahme des
Tiefgangs zu rechnen. Abhängig vom jeweiligen Design wird diese mit 0,5 bis
0,9 m beziffert. Die zu liefernden Kreuzfahrtschiffe werden, von Ausnahmen
abgesehen, zur Größenordnung von 100.000 bis 150.000 BRZ gehören und
die Einzelmaße von 350 m Länge und 42 m Breite nicht überschreiten.
Bei der Verteilung des oben genannten Neubaubedarfs unter Berücksichtigung der Beziehungen der Reedereien zu den Werften entfällt der Bau von
mindestens zwei dieser Kreuzfahrtschiffe auf die Meyer Werft.
Das ISL greift hiermit nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde auf eine
Methode zurück, die geeignet ist, die mit jeder Prognose verbundenen Ungewissheiten in höchstem Maße zu minimieren.
59
Die Planfeststellungsbehörde teilt die in der Studie getroffenen Feststellungen. Das Gutachten kommt zu einem einleuchtend begründeten Ergebnis
und ist in sich schlüssig sowie nachvollziehbar. Das ISL ermittelt den zugrundeliegenden Sachverhalt zutreffend und beleuchtet sämtliche für die Bestimmung des Bedarfs relevanten Parameter.
Es ist der Planfeststellungsbehörde bewusst, dass es sich bei den gutachterlichen Aussagen um Prognosen handelt, deren Eintritt nicht mit Sicherheit
vorhergesagt werden kann. Das hier festgestellte Ergebnis eines Ausbaubedarfs besteht jedoch unabhängig von dem exakten Eintritt der im Einzelnen
prognostizierten Zahlen und Zeiten. Aussagen hinsichtlich eines zukunftsorientierten Projektes tragen regelmäßig das Risiko einer abweichenden tatsächlichen Entwicklung in sich und können lediglich vorausschauend unter
Minimierung des mit jeder Prognose verbundenen Risikos erfolgen, was vorliegend beachtet wurde.
Selbst eine Veränderung der prognostizierten Nachfragesituation hätte nicht
zur Folge, dass der vorliegende Ausbau nutzlos wäre. In diesem Fall träte
der Nutzen des Projektes lediglich kurze Zeit später ein.
Die Verwirklichung des Projektes ist damit unabhängig von einzelnen Detailaussagen geboten, um einen zukunftsorientierten Schiffsverkehr zu erschließen.
Die Feststellungen des ISL beanspruchen auch zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung unter Berücksichtigung der Finanz- und Wirtschaftskrise
Geltung. Dies wurde auf Nachfrage der Planfeststellungsbehörde von Seiten
des ISL bestätigt. Einzelheiten diesbezüglich werden im Folgenden im jeweiligen Zusammenhang erörtert. Das ursprünglich aus September 2007 stammende Gutachten wurde in diesem Zusammenhang nach bereits erfolgten
Nachträgen bis März 2008 zum Teil erneut ergänzt. Teilweise wurden neue
Daten innerhalb der Beschreibung der ursprünglichen Studie eingefügt. Diese sind entsprechend gekennzeichnet.
Entgegen der Zweifel der Naturschutzverbände BUND und WWF (N-0007
und N-0008), die Maße des XXL-Schiffes ergäben sich aus emsspezifischen
Restriktionen durch das Sperrwerk sowie den Größenbeschränkungen der
60
Baudocks der Meyer Werft und nicht aus einem Weltmarkterfordernis, ist ein
solches gegeben.
Zwar bestehen Restriktionen durch externe Vorgaben, jedoch bilden die von
den Naturschutzverbänden genannten Schiffsgrößen der so genannten UltraVoyager-Klasse, für die nach den Einwendungen eine Konkurrenzfähigkeit
der Meyer Werft an den erwähnten Restriktionen scheitere, wie unten näher
ausgeführt wird, ohnehin den oberen Rand des erwarteten Größenspektrums. Dagegen bilden die Schiffe der Genesis-Klasse mit 220.000 BRZ die
Ausnahmen.
Mit der ISL-Studie liegt auch eine von den vorgenannten Naturschutzverbänden geforderte Expertise zum Nachweis des Weltmarkterfordernisses vor.
Im Einzelnen folgen die vorgenannten Ergebnisse der Studie aus nachstehenden Überlegungen.
1.2.2.1.1.
Nachfrage nach Kreuzfahrten
Die Kreuzfahrt als Urlaubsform etablierte sich in den späten sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zunächst in den USA. Auch heute noch kommt
aus Nordamerika die stärkste Nachfrage. Es werden jährlich über
11 Millionen Urlaubs- und Kurzreisen verkauft, wobei die Branche seit über
20 Jahren ein stabiles Wachstum verzeichnen kann (ISL-Studie, S. 1-1; ISLNachtrag).
In Europa liegen die Anfänge weit früher, die Entwicklung verlief jedoch wesentlich langsamer. Insgesamt konnten in Europa im Jahre 2008
4,4 Millionen Seereisen verkauft werden. Im Jahre 2009 waren es 4,9 Mio.
Seereisen, im Jahre 2010 5,5 Mio. und im Jahre 2011 5,7 Mio. (ISL-Studie,
S. 1-1f; ISL-Nachtrag; Meyer Werft, Quellen der Zahlen für 2010 sind die
Passenger Shipping Organisation (PSA) und das European Cruise Council
(ECC). Erfasst sind daher nur Zahlen der Mitglieder dieser Organisationen.
Allerdings sind nur wenige kleinere Reedereien nicht in den Organisationen
61
vertreten. Die Zahlen für das Jahr 2011 stammen aus eigenen Erhebungen
des Projektbüros der Meyer Werft). Im Jahre 2001 wurden noch
2,01 Millionen Reisen verzeichnet (ISL-Studie, S. 3-8). Die Zuwachsraten
liegen nunmehr über denen der USA (ISL-Studie, S. 1-2).
Auch auf der Südhemisphäre sind einige Regionen vom Wachstum umfasst
(ISL-Studie, S. 1-2).
Die Größe der Märkte in den übrigen Regionen der Welt fällt gegenüber Europa jedoch nochmals deutlich ab. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang Japan, China, Südostasien, Australien, Neuseeland und Südamerika.
Insbesondere wird trotz wenig ermutigender Anfänge an einem Aufschwung
in China nicht gezweifelt, zumal administrative Behinderungen zwischenzeitlich ausgeräumt wurden bzw. demnächst beseitigt werden sollen. Auch in
Südostasien wächst nach der Asienkrise der Bedarf an Seereisen wieder
(ISL-Studie, S. 3-9ff.). Als Märkte der Zukunft gelten daher Südostasien und
China. Auch Indien wird hierzu gezählt (ISL-Studie, S. 1-1f.).
Kreuzfahrtreisen stellen eines der am schnellsten wachsenden Segmente
des Tourismus dar. Dies verdeutlicht ein Vergleich mit den sonstigen Reisearten. Während sich dies für Europa mangels Grenzkontrollen und entsprechender Zählungen statistisch nicht verlässlich nachweisen lässt, zeigen die
Zahlen für Nordamerika deutlich einen Trend zu Kreuzfahrten hin auf. Während Überseereisen der US-Amerikaner, vermutlich in Folge der Anschläge
des 11. September 2001, in der Zeit von 2000 bis 2004 zurückgingen, nahm
die Zahl der Kreuzfahrten der Nordamerikaner einschließlich der kanadischer
Bürger in diesem Zeitraum deutlich zu (ISL-Studie, S. 3-3f.). Dies verdeutlicht
folgende Abbildung (ISL-Studie, S. 3-4, Abb. 3-3):
62
Das ISL gelangt, auch unter Berücksichtigung der Vorhersagen anderer
Marktbeobachter und Angaben der Reedereien, für das Jahr 2020 zu folgender Nachfrageprognose:
Nordamerika wird noch längere Zeit der größte Markt bleiben. Zwar wird ein
Rückgang der langjährigen Zuwachsraten von 8 % (2005) auf 6 % (2010),
4 % (2015) und 3 % (2020) im Jahresdurchschnitt prognostiziert. Hieraus
ergibt sich für das Jahr 2020 jedoch immer noch ein Wert von 18,25 Millionen
Seereisen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass der größte Markt etwa
zwei Drittel des jährlichen Kapazitätszuwachses von ca. einer Mio. Reisen
weltweit aufnimmt (ISL-Studie, S. 3-19f.).
Für Europa wird eine Entwicklung von etwa 3,2 Millionen Seereisen im Jahre
2005 zu ca. 9,9 Millionen Reisen 2020 prognostiziert, wie die folgende Tabelle aufzeigt (ISL-Studie, S. 3-21ff; S. 3-22, Tab. 3-4):
63
Bisher ist in Europa Großbritannien der größte Markt mit 1,2 Mio. Seereisen
im Jahre 2006. Die Passenger Shipping Association erwartete zum Zeitpunkt
der Erstellung der ISL-Studie für 2008 rund 1,5 Mio. Reisen, woraus für 2010
auf mindestens 1,7 Mio. Reisen geschlossen wurde.
Als Wachstumsmarkt erweist sich auch Deutschland. Zwischen 1994 und
2006 haben sich die Reisen vervierfacht. Seit dem Jahre 2000 (379.000
Passagiere) wuchs der deutsche Markt bis zum Jahre 2008 (907.000 Passagiere) um 139 Prozent an (ISL-Studie, S. 3-20; ISL-Nachtrag).
Die jährliche Zuwachsrate lag seit 1995 im zweistelligen Bereich. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Studie wurde prognostiziert, dass diese bis zum
Jahre 2010 17 % betragen könnte, da mehr neue Tonnage denn je auf den
Markt gelangt (ISL-Studie, S. 1-1f.).
In den Folgejahren dürfte dann eine wesentliche Verlangsamung eintreten,
wie die folgende Tabelle verdeutlicht (ISL-Studie, S. 3-21):
64
Quelle: ISL 2007
Auch das Hamburger Beratungshaus SeaConsult geht nach einem Bericht
der Fachzeitschrift Schiff & Hafen davon aus, dass der deutsche Markt bis
2018 auf über zwei Mio. Hochseekreuzfahrtgäste steigt (Schiff & Hafen, September 2009, Nr. 9, S. 35).
Der erhebliche Zuwachs der letzten Jahre wird auf eine qualitative und quantitative Ausweitung des Angebotes zurückgeführt, insbesondere durch die
neue Club-Schiff-Marke „AIDA“ mit neuen Schiffen für den deutschen Markt
(ISL-Studie, S. 1-2, 3-5, 3-20).
An dritter Stelle folgt Italien, wo sich die Branche ebenfalls rasch entwickelt.
Das Angebot ab Italien erfährt eine Ausweitung. Die neue Angebotsvielfalt
und die kurze Anreise dürfte die Seereise für Italiener attraktiv machen.
Langfristig könnte die Möglichkeit, in Italien ohne großen Aufwand im warmen Klima den Urlaub zu verbringen, die Nachfrage im Gegensatz zu Großbritannien und Deutschland weniger stark ausfallen lassen. Ähnlich prognostiziert ISL die Lage in Portugal und Spanien, wo sich mit steigendem Angebot
die Nachfrage vervielfacht hat.
In Frankreich fehlt bislang ein ausreichend national geprägtes Angebot, welches die Nachfrage entwickeln könnte. Ein Aufschwung wird hier daher später erwartet (ISL-Studie, S. 3-21f .).
Die Ländergruppen Skandinavien und Benelux sind mit einem Anteil der Reisenden an der Bevölkerung von 0,15 bzw. 0,25 Prozent noch stark unterentwickelt. Das ISL setzt daher lediglich ein Ziel von 1 % der Einwohner für
2020 an. Gleiches gilt für Griechenland.
Stärker sind bereits heute die Schweizer aktiv. Für sie gilt ein Prognoseziel
für 2020 von 3 %, für Österreich 2,5 % (ISL-Studie, S. 3-22).
65
Insgesamt lag im Jahre 2000 die Teilnehmerzahl bei 0,8 % der Einwohner
Europas. Im Jahre 2020 wird mit etwa 2,5 Prozent gerechnet (ISL-Studie, S.
3-22).
Für den Rest der Welt lassen sich mit Ausnahme von Südamerika und Australien nur schwer Prognosen treffen. Insbesondere für China und Japan fehlt
die Basis, auf der solche aufsetzen könnten. Die Zahlen hierfür beruhen daher auf einer groben Schätzung durch das ISL (ISL-Studie, S. 3-22).
Für das Jahr 2020 prognostiziert ISL 31,8 Millionen Seereisen, bezeichnet
diese Zahl jedoch als „eher konservativ“, zumal Teile des Weltmarktes, insbesondere der Markt Chinas, schwer einzuschätzen seien und die Prognose
lediglich einer Erhöhung von 57 % gegenüber dem Jahre 2010 entspräche,
während zwischen 2000 und 2010 mit einer Steigerung um 112 % gerechnet
werden könne (ISL-Studie, S. 1-1f.).
Im Einzelnen gelangt das ISL zu folgenden Zahlen (ISL-Studie, S. 3-23, Tab.
3-5):
Die Prognose der Entwicklung der Nachfrage ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde plausibel begründet und nachvollziehbar.
Das ISL begründet die prognostizierte Nachfrageentwicklung insbesondere
damit, dass die Marktentwicklung im Wesentlichen durch das Angebot ge-
66
steuert wird. Dies belegen die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte. Kapazitätszuwächse führten in der Vergangenheit stets zu einer erhöhten Nachfrage. Besonders die europäische Marktentwicklung verdeutliche dies (ISLStudie, S. 1-1, 3-8, ISL-Nachtrag).
Wie später in Deutschland sei auch in Großbritannien ein sprunghafter Anstieg der Nachfrage mit einem neuen Seereiseprogramm mehrerer Pauschalreiseveranstalter erfolgt (ISL-Studie, S. 1-1f., 3-7).
Aber auch in den USA sei das Wachstum des Marktes stark vom Angebot
geprägt gewesen. Dieses eilte zeitweise etwas voraus, sei aber immer wieder eingeholt worden (ISL-Studie, S. 3-2).
Einen Schub verzeichnete auch Ostasien, als Star Cruises große Neubauten
für die asiatischen Märkte in Fahrt brachte (ISL-Studie, S. 3-10).
Daneben stützt das ISL seine Prognose auf die demographische Entwicklung
in Deutschland und den anderen Industrieländern. Die Altersgruppe, die bevorzugt Kreuzfahrten wähle, wachse noch an (ISL-Studie, S. 3-21). Auch das
Fachinstitut Ocean Shipping Consultants (OSC) folgere ein erhebliches
Wachstumspotential aus einer Steigerung des Anteils der 40 bis 60 Jahre
alten Menschen. Daneben neigen Urlauber aus niedrigeren Einkommensgruppen verstärkt zu Seereisen (ISL-Studie, S. 3-16).
Zudem sei etwa in Deutschland das Potential der Kreuzfahrturlauber bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Eine dies beleuchtende Studie habe ergeben,
dass vier Prozent der Bevölkerung Interesse an einer Seereise haben. Dies
entspräche 3,3 Mio. Fahrgäste jährlich, während der Anteil der Seereisenden
derzeit weniger als ein Prozent der Bevölkerung ausmache (ISL-Studie, S. 320). ISL erwartet zudem, dass weltweit immer mehr Reisende von ursprünglichen Urlaubsarten zu Kreuzfahrtreisen wechseln werden. Dies sei bereits
eine Folge verstärkter Werbemaßnahmen (ISL-Nachtrag).
Auch die von ISL vorgestellten Prognosen anderer Marktbeobachter (ISLStudie, S. 3-16ff.) stehen dem Ergebnis der ISL-Prognose nicht entgegen.
Die bis zum Jahre 2015 reichende Prognose von Ocean Shipping Consultants (OSC) fällt insgesamt pessimistischer aus als die ISL-Studie. ISL merkt
67
jedoch an, dass die von 2002 stammende Studie von OSC die Auswirkungen
des Terroranschlages vom 11. September 2001 noch nicht voll abschätzen
konnte. Zudem zeigt ISL auf, die Prognosen von OSC seien bereits im Jahre
2003 übertroffen worden. So prognostizierte OSC für den US-Markt 8,2 Mio.
Reisen im Jahre 2005, während bereits im Jahre 2003 knapp 8,0 Mio. Reisen
erfasst wurden.
Vor diesem Hintergrund erscheint es plausibel, dass die Zahlen der ISLStudie insgesamt höher ausfallen.
Die Prognose von Tony Peisley aus dem Jahre 2006 fällt dagegen nur geringfügig niedriger aus als die des ISL und kann daher als Bestätigung der
von ISL genannten Zahlen verstanden werden. Peisley prognostiziert für das
Prognoseziel 2015 knapp 25 Mio. Gäste weltweit.
Vorstehende Prognose kann trotz der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise
aufrechterhalten werden. Dies hat das ISL auf Nachfrage der Planfeststellungsbehörde versichert sowie nachvollziehbar und überzeugend begründet.
Die Kreuzfahrt sei nicht in erster Linie ein Teil der Schifffahrt, die möglicherweise stärker von der Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen ist, sondern ein
spezieller Teil des Tourismusmarktes. Dieser sei weit weniger berührt. Zudem seien nur einige Bevölkerungsschichten betroffen und die Kreuzfahrt
könne anders als die Schifffahrtsbranche, die bei einem etwaigen geringeren
Ladungsaufkommen weniger „abzufahren“ habe und unter Überkapazitäten
leide, die Nachfrage über verstärkte Werbung oder gesenkte Preise beeinflussen.
Das ISL kommt daher zu dem Ergebnis, die Kreuzfahrtbranche werde von
der Krise zwar tangiert, die langfristigen Wachstumstendenzen würden aber
nicht grundsätzlich verändert, allenfalls verzögert.
Die aktuelle Situation wird ähnlich eingeschätzt wie die Zeit nach den Terroranschlägen in New York im Jahre 2001. Damals kamen auch neue Schiffe
auf den Markt, die gefüllt wurden, wenn auch mit Preisabschlägen. Zu Beginn des Jahres 2009 war die Buchungslage ebenfalls unbefriedigend. Hie-
68
rauf verstärkten die Reedereien ihre Werbung und senkten die Preise. Auf
diese Weise, möglicherweise aber auch auf Grund der leichten Entspannung
in Bezug auf die Wirtschaftskrise, konnten die Schiffe ausgebucht werden.
Auch nach den Anschlägen 2001 wurden Neubauten nicht bestellt, bis sich
die Auswirkungen auf die Kreuzfahrtbranche klarer abzeichneten. Als sich
die Buchungszahlen auf höherem Niveau normalisiert hatten, wurden auch
die Preise wieder erhöht. Die derzeitige Situation ist insofern vergleichbar,
als aktuell wieder Schiffe geordert werden.
Laut ISL könnte sich daher eine „Delle“ in der Entwicklung, vergleichbar der
nach dem Jahre 2001 ergeben, bevor das Wachstum wieder anzieht. Ein
solcher Aufschwung ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt zu verzeichnen.
Die Nachfrage im Hauptmarkt USA hat zuletzt tatsächlich etwas nachgelassen, da sich dort auch Rentner vom Finanzmarkt abhängig gemacht haben.
Im Jahre 2009 wurden dort 10,198 Mio. Reisen gebucht. Hier könnte sich
eine Verschiebung der Prognose in zeitlicher Hinsicht einstellen.
In Europa, dem weit schneller wachsenden Markt, sind Rentner als wichtiger
Kundenkreis jedoch weitgehend unabhängig von der Finanzkrise.
Zudem verlagern die internationalen Reedereigruppen schon seit Jahren
immer mehr Kapazitäten nach Europa, da hier die Nachfrage schneller
wächst als in den USA. Mittelfristig ist daher ohnehin eine zunehmende Verlagerung der Kapazitäten nach Europa hin zu erwarten. Europa ist noch immer aufnahmefähig für neue Tonnage (ISL-Nachtrag).
Bestätigt wird dies durch die nunmehr vorliegenden Passagierzahlen der
Jahre 2009 und 2010 für Europa (die Zahlen für das Jahr 2010 folgen aus
Angaben der PSA und des ECC; vgl. obige Hinweise hierzu), die die in der
ISL-Prognose aus den Jahren 2007 und 2008 zugrunde gelegten Zahlen nahezu erreichen.
69
In Europa stiegen die Buchungszahlen im Jahre 2009 auf 4,945 Mio. und im
Jahre 2010 auf 5,5 Mio. Hierbei haben Großbritannien (1,533 Mio. / 1,622
Mio. Reisen), Italien (0,799 Mio. / 0,889 Mio.) und einige kleinere Länder die
oben aufgestellte Prognose für 2010 nahezu erfüllt oder übertroffen. Skandinavien hat die für 2010 prognostizierte Zahl bereits im Jahre 2008 mit
0,123 Mio. Reisen übertroffen und lag im Jahre 2009 bereits bei 0,174 Mio.
Reisen. Deutschland (2009: 1,027 Mio. / 2010: 1,219 Mio.) hat das Ziel
knapp nicht erreicht.
Europa hat folglich trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise das Ziel für das
Jahr 2010 fast erfüllt.
Langsamer erfolgt die Entwicklung weltweit. Dies ist jedoch ausschließlich
auf das geringere Wachstum in Nordamerika zurückzuführen. Andere Regionen entwickeln sich dagegen bereits schneller als prognostiziert. Weltweit
wurde das Ziel von 20 Mio. Passagieren im Jahre 2010 daher mit 18,3 Mio.
Passagieren noch nicht überschritten. Die Prognosen 2015 und 2020 müssen jedoch aus heutiger Sicht nicht signifikant verändert werden (ISLNachtrag).
Auch Chris Hayman, Managing Director der Seatrade Europe 2009, ging
nach einem Bericht der Zeitschrift Schiff & Hafen davon aus, dass die Kreuzfahrtbranche die Finanz- und Wirtschaftskrise überwinden wird. In der Vergangenheit habe die Kreuzfahrtindustrie bewiesen, Konjunkturschwächen
abfedern zu können. 2009 werde auf Grund der stabilen Nachfrage in Nordamerika und Europa keine Ausnahme sein (Schiff & Hafen, September 2009,
Nr. 9, S. 35).
Ähnlich schätzte David Dingle, Präsident des European Cruise Council und
Geschäftsführer von Carnival UK, die Marktlage ein. „Die Nachfrage ist ungebrochen. Der Markt wird weiter wachsen“, zitiert ihn die Deutsche Schiffahrts-Zeitung, THB („Kreuzfahrtbranche rechnet mit weiterem Wachstum“ in
Deutsche Schiffahrts-Zeitung, THB vom 15. September 2009, Nr. 178, S. 1,
3).
70
1.2.2.1.2
Angebotsentwicklung: Flotten und Reedereien
Die Entwicklung der Kreuzfahrtflotte verdeutlicht einen Trend zu immer größeren Schiffen mit mehr Betten und mehr Raum je Fahrgast.
Dabei verlief die Angebotsentwicklung trotz Wirtschafts- und Finanzkrise wie
mit den Werften vereinbart. Seit 2008 wurde lediglich ein Neubau storniert,
was nicht alleine auf den Markt zurückzuführen ist. Optionen wurden zunächst jedoch nicht mehr eingelöst und Neubauprojekte verschoben. Zu der
abwartenden Haltung trug bei, dass die Reeder mit fallenden Schiffbaupreisen rechneten und auch daher nicht zu früh ordern wollten (ISL-Nachtrag).
Im Jahre 2010 war wieder eine Ordertätigkeit der Reeder zu verzeichnen,
abhängig davon, wie viele Schiffe sich für diese noch im Bau befanden. So
standen für „Norwegian Caribbean Lines Gruppe“ (NCL) keine Schiffe mehr
in den Auftragsbüchern, so dass NCL im Jahre 2010 bei der Meyer Werft
orderte. Die „Carnival-Gruppe“ kündigte an, auch künftig zwei bis drei Schiffe
jährlich zu bestellen. Auch bei „STX“ in Frankreich befanden sich wieder zwei
Schiffe im Bau. Insgesamt ist die Branche seit Anfang 2011 wieder auf dem
Weg, an das Bautempo vor der Wirtschafts- und Finanzkrise anzuschließen
(ISL-Nachtrag).
Die Marktanteile der Reedereien konzentrieren sich im Wesentlichen auf vier
große Firmengruppen:
Die größte Gruppe ist die „Carnival-Gruppe“, die im Laufe der Jahre zahlreiche Traditionsreedereien übernahm.
Ihr folgt die in Miami ansässige „Royal Caribbean International“ (RCI), welche
„Celebrity Cruises“ und „Pulmantar“ übernahm.
Als drittgrößte Gruppe ist die „Star / Norwegian Caribbean Lines“ (NCL)Gruppe zu nennen.
Schließlich hebt sich aus dem Rest der vielen kleinen Reedereien die „MSC
Cruises“ (MSC)mit einem großen Neubauprogramm hervor.
Während die drei anderen Gruppen tief im US-Markt verwurzelt, aber weltweit aktiv sind, zielt MSC Cruises schwerpunktmäßig auf Europa und Brasilien.
71
Diese vier führenden Reedereien verfügen nicht nur über die finanzielle Kraft,
die größten Neubauten zu ordern, sondern sind gleichzeitig fast die alleinigen
Auftraggeber der Neubauwerften (ISL-Studie, S. 1-2f.).
Im Jahre 1980 zählte die Statistik des ISL, die tatsächlich als solche eingesetzte Kreuzfahrtschiffe mit mehr als 100 Betten und mehr als 1.000 BRZ
erfasst, noch 147 Schiffe, im Jahre 2007 hingegen 277 Kreuzfahrtschiffe. Der
Durchschnittswert der Tonnage betrug 2007 47.000 BRZ, der der Betten
1.222 je Schiff. Zehn Jahre zuvor waren es noch 26.000 BRZ und 793 Betten
pro Schiff. Auf den modernen Schiffen bleibt darüber hinaus für jeden Fahrgast mehr Raum als zuvor.
Vorgenannte Durchschnittswerte täuschen indes über die Entwicklungen der
Neubauten, da alte Schiffe im Rahmen dieser Statistik immer noch mit einbezogen werden.
Galten vor etwa 40 Jahren Neubauten von 20.000 BRT mit 600 Betten als
angemessene Größe (zwischenzeitlich wurde die neue Bruttoraumzahl
(BRZ) obligatorisch eingeführt, BRZ und BRT sind annähernd vergleichbar
(ISL-Studie, S. 2-3)), werden heute Schiffe mit 110.000 BRZ und
3.000 Betten als Regelschiff eingeordnet. Der Durchschnitt der Neubauten
lag von 1996 bis 2000 bei 57.600 BRZ, zwischen 2001 und 2005 bei
80.500 BRZ und seit 2006 bei 94.000 BRZ (ISL-Studie, S. 1-2f.).
Die Entwicklung der Kreuzfahrtflotte verdeutlichen folgende Tabellen (ISLStudie, S. 4-13f., Tab. 4-2, 4-3):
72
Das ISL hat die Flottenstatistik auf Nachfrage der Planfeststellungsbehörde
zwischenzeitlich ergänzt. Hiernach betrug die Zahl der Schiffe im Jahre 2008
284 bei einem durchschnittlichen BRZ-Wert von 50.000 und einer Bettenzahl
von 1280 im Durchschnitt. Im Jahre 2009 zählte die Statistik 286 Schiffe mit
einem Durchschnittswert von 52.000 BRZ und 1.343 Betten. Im Jahre 2010
waren es 291 Schiffe mit durchschnittlich 54.000 BRZ und 1.388 Betten. Die
73
Steigerung der Durchschnittsgrößen im Jahre 2010 ist darauf zurückzuführen, dass mehrere kleinere Schiffe wegen verschärfter IMO-Vorschriften, die
im Jahre 2010 in Kraft getreten sind, aufwändig nachgerüstet oder verschrottet werden mussten. Zusätzlich kamen die größten Neubauten aller Zeiten
wie geplant in Fahrt (ISL-Nachtrag).
Bereits im Oktober 2009 wurde mit der „Oasis of the Seas“ das bislang größte Kreuzfahrtschiff der Welt mit einer Größe von gut 225.000 BRZ und einem
Fassungsvermögen
für
maximal
6.360 Passagiere
und
über
2.100 Besatzungsmitglieder an Royal Caribbean übergeben. Die erste
Kreuzfahrt erfolgte im Dezember 2009. Das Schwesterschiff „Allure of the
Seas“ wurde im Herbst 2010 fertig gestellt.
1.2.2.1.3
Prognose für Neubauten
Die Prognose für den gesamten Neubaubedarf ergibt sich aus dem Ersatzbedarf für die vorhandene Flotte und der notwendigen Bettenzahl für den
zusätzlichen Bedarf.
Kreuzfahrtschiffe erreichen etwa im Vergleich zu nicht spezialisierten Frachtschiffen eine wesentlich längere Nutzungsdauer. So können die seit Ende
der 1960er Jahre nur für Kreuzfahrten gebauten Schiffe, bei entsprechender
Modernisierung, auf absehbare Zeit in Fahrt bleiben.
Die führenden Reedereien trennen sich schon nach etwa 20 Jahren von ihren eigenen Neubauten, die nicht mehr den Anforderungen des Marktes entsprechen. Unabhängig davon, ob diese danach innerhalb der Gruppe zum
Einsatz kommen oder verkauft werden, entsteht auch auf diese Weise Ersatzbedarf. Die meist kleineren Schiffe werden auf sekundäre Märkte verlegt
und durch größere Neubauten ersetzt.
Das durchschnittliche Alter der Außerdienststellung eines Kreuzfahrtschiffes
beträgt etwa 50 Jahre. Bis zum Jahre 2020 wären somit die Baujahre bis
1970 mit insgesamt 20.000 Betten zu ersetzen.
74
Darüber hinaus werden Schiffe aus anderen Gründen, etwa aufgrund von
Schäden oder Totalverlusten, die Flotte verlassen. Hierfür werden nochmals
20.000 Betten angesetzt.
Insgesamt entsteht somit ein Ersatzbedarf von etwa 40.000 Betten, der ab
2010 in Neubauten umgesetzt werden konnte.
Daneben könnte jedoch eine neue Vorschrift zur Entrauchung von Fluchtwegen zu unlösbaren Problemen auf alten Schiffen führen. Auch die Ablehnung
von Besatzungen, auf Schiffen zu arbeiten, in denen ihre Unterbringung in
4- oder 6-Bett-Kabinen erfolgt, könnte eine vorzeitige Außerdienststellung
einiger Schiffe zur Folge haben. Eine alternative Prognose sieht für derartige
Fälle einen Ersatzbedarf von 50.000 Betten vor (ISL-Studie, S. 4-15ff.).
Für den Zusatzbedarf an Betten ist zunächst die Teilnehmerzahl je Bett zu
betrachten. Im Jahre 2000 kamen 43 Gäste auf ein Bett. Im Jahre 2005 waren es bereits 47 Gäste je Bett. Da der Anteil der nur saisonal eingesetzten
Schiffe weiter zurückgeht und der Massenmarkt, in dem Reisen von sieben
Tagen oder weniger typisch sind, sich ausdehnt, wird die Zahl der Gäste pro
Bett weiter ansteigen. Künftig werden 50 Gäste je Bett kalkuliert.
Unter Berücksichtigung der Nachfrageprognose ergab sich für 2010 ein Bedarf von 404.000 Betten, für 2015 ergibt sich ein Bedarf von 520.000 Betten
und für 2020 von 636.000 Betten.
Werden die Neubauaufträge bis 2010 betrachtet, bestätigt sich diese Prognose: Die Flotte kommt hiernach im Jahre 2010 auf 408.000 Betten und liegt
nur minimal über dem Bedarf.
Unter Beachtung des Ersatzbedarfes von jeweils 20.000 Betten für die Zeitabschnitte 2011-2015 bzw. 2016-2020 ergibt sich für diese Abschnitte ein
Neubaubedarf von 132.000 bzw. 136.000 Betten wie die folgende Tabelle
verdeutlicht. Die Werte der rechten Spalte ergeben sich aus der oben angesprochenen alternativen Prognose für den Fall einer zusätzlichen vorzeitigen
Außerdienststellung einiger Schiffe (ISL-Studie, S. 4-17f.).
75
Unter Zugrundelegung der Nachfrageprognose von 31,8 Millionen Reisen im
Jahre 2020, der benötigten Bettenkapazität, des Ersatzbedarfes für ältere
Schiffe und eines Trends zum Bau größerer Schiffe mit höherer Bettenzahl
kann auf die Zahl der Neubauten geschlossen werden. Zu berücksichtigen ist
jedoch, dass ein Teil des jährlichen Neubaubedarfs für kleinere Schiffe in den
Marktsegmenten Expeditions-, Luxus- und Premiumkreuzfahrten abzuspalten
sein wird. Angenommen werden hierfür 2.000 Betten. Somit blieben 22.000
(2010), 24.000 (2015) bzw. 25.000 (2020) Betten, die auf Großtonnage zu
verteilen wären. Die acht Schiffe, die von Herbst 2006 bis Sommer 2007 gebaut wurden, wiesen durchschnittlich 2.750 Betten auf. Für das Jahr 2010
wurde ein Durchschnittswert von 3.000 Betten erwartet, was der Auftragsbestand bestätigte. Da für 2015 und 2020 noch keine Trendumkehr abzusehen
ist, wird die durchschnittliche Kapazität nochmals auf 3.250 und 3.500 Betten
angehoben.
76
Die Zugrundelegung dieser Zahlen führt zu dem Ergebnis, dass jährlich sieben bis acht Neubauten geordert werden. Der oben angesprochene höhere
Ersatzbedarf würde bei gleicher Bettenanzahl zu acht bis neun Neubauten
jährlich führen, was die zweite Tabelle verdeutlicht (ISL-Studie, S. 4-18f.).
Diese Zahlen stimmen mit der bisherigen jährlichen Order und somit auch
den Kapazitäten der Werften überein (ISL-Studie, S. 1-3f., S. 4-20).
Auch bezüglich der Prognose für Neubauten gilt die allgemeine Aussage zur
Finanz- und Wirtschaftskrise, dass die langfristig prognostizierten Wachstumstendenzen unverändert bleiben. Dies verdeutlichen auch die neueren
Aufträge der Reedereien (ISL-Nachtrag).
1.2.2.1.4
Trends bei großen Neubauschiffen
Neben der Frage des mengenmäßigen Umfangs der zu erwartenden Nachfrage nach Neubauten ist von Bedeutung, welche Ausmaße die zu bauenden
Schiffe haben werden. ISL betont dabei im Rahmen der Studie nachvollziehbar, präzise Prognosen wären eher spekulativer Natur. Allerdings ließen sich
„auf der Grundlage der in der Vergangenheit feststellbaren Trends, der diesen zugrunde liegenden maßgeblichen Faktoren und unter Berücksichtigung
der voraussichtlich in der Zukunft wirkenden maßgeblichen Motive mit Blick
auf die Schiffsgröße, ihr Design sowie ihre technische Ausstattung durchaus
77
verlässliche Angaben dazu machen, wohin tendenziell die Entwicklung gehen wird“ (ISL-Studie, S. 4-21).
1.2.2.1.4.1
Schiffsgrößen
Die Schiffsgröße ist bisher jährlich angestiegen und hat im Jahre 2007 einen
Durchschnittswert über alle Größenklassen von 46.000 BRZ erreicht. Dieser
Größenwert schließt alle Schiffe ab 1.000 BRZ ein. Der Mittelwert der von
1996-2000 gefertigten Neubauten lag bei 57.600 BRZ, der von 2001-2005
bei 80.500 BRZ und 2006/2007 bereits bei 94.000 BRZ.
Einer der Gründe hierfür liegt in der Steigerung des Raums pro Fahrgast.
Lag der Wert BRT/BRZ pro Gast im Jahre 1990 noch bei 26,4, stieg er bis
zum Jahre 2007 auf 38,5. In jüngster Zeit ist eine Abflachung der Zunahme
zu verzeichnen.
Ein weiterer Grund ist die größere Auswahl an Restaurants, Bars und anderen neuen Einrichtungen.
Eine Häufung der Schiffe ist bei Größen von 75.000 / 95.000 BRZ zu verzeichnen, da bei dieser Tonnage die Panamax-Breite (Breite eines Schiffes,
die nicht überschritten werden darf, um den Panamakanal passieren zu können) von 32,2 m erreicht wird. Das Längenmaximum liegt bei 294 m, wird
jedoch selbst von vielen Postpanamax-Schiffen nicht erreicht (ISL-Studie,
S. 4-21ff.).
Die Größenbeschränkungen des Panamakanals werden künftig nicht mehr
relevant sein, da der Kanal breitere Schleusen erhält (ISL-Studie, S. 1-4).
Selbst bei Entfallen von extern vorgegebenen Größenmaxima ist jedoch eine
äußerste Grenze für die Tonnage absehbar. Denn bei einer gewissen Passagierzahl ist das Optimum erreicht. Besonders das Handling von mehr als
3.000 Gästen in den Häfen und die Versorgung gestalten sich als äußerst
aufwendig.
Die nächsten Projekte sind daher eher in der Größe von 120.000 –
145.000 BRZ anzusiedeln und die 220.000-Tonner von RCL blieben die
Ausnahme. Die 158.000- und 150.000-Tonner dürften daher, von Ausnahmen abgesehen, die obere Größengrenze markieren.
78
Die durchschnittliche Größe der Neubauten wird folglich wohl die 100.000
BRZ-Marke noch überspringen, bis 2020 aber noch weit von 150.000 BRZ
entfernt sein (ISL-Studie, S. 4-21ff.).
1.2.2.1.4.2 Tiefgang
Diese größere Tonnage führt nicht zu einer entsprechenden Tiefgangszunahme. Diese ist sehr gering, setzt allerdings auf einem sehr hohen Ausgangsniveau auf. Schon Mitte der 1990er Jahre lag der Durchschnittswert bei
nahe 8 m. Seit 2004 wird die 8 m-Grenze um drei bis vier Dezimeter überschritten.
Nach der Auslieferung der „Oasis of the Seas“ und eines 150.000 BRZ Schiffes von STX aus St. Nazaire beträgt der durchschnittliche Tiefgang bereits
8,50 m. Im Bereich der Kreuzfahrtschiffe besteht keine wesentliche Nachfrage mehr nach Schiffen mit einem geringeren Tiefgang und die Tendenz ist
weiter steigend.
Zugleich ist jedoch erkennbar, dass im Bereich bis ca. 80.000 BRZ eine starke, nach oben abnehmende Beziehung zwischen Größe und Tiefgang besteht. Ab ca. 80.000 BRZ überschreiten fast alle Neubauten die Schwelle von
8,00 m Tiefgang. Selbst eine Verdoppelung der Schiffsgröße führt aber nicht
zu einem Tiefgang von mehr als 9,00 Metern. Selbst bei der 138.000 BRZ
großen Navigator of the Seas – Klasse konnte der Tiefgang auf 8,60 m beschränkt werden (ISL-Studie, S. 4-25ff.).
Mit einer Steigerung der Tonnage wachsen auch die Längen und Breiten der
Schiffe. Eine größere Breite kann eine Zunahme des Tiefgangs verhindern.
Eine größere Länge hat eine ähnliche Wirkung (ISL-Studie, S. 4-25ff.). Der
Wunsch der Reeder, möglichst viele Außen- und Balkonkabinen zu erhalten,
kann jedoch nur durch eine größere Länge und mehr Aufbaudecks erfüllt
werden. Stabilitätskriterien und das unangenehme Seeverhalten zu breiter
Schiffe setzen ebenfalls enge Grenzen (ISL-Studie, S. 1-4). Auch die Zielvorgabe eines schlankeren Rumpfes zur Verringerung des Ölverbrauchs, der
Widerstand und die Festigkeit des Rumpfes sowie Schaukelbewegungen und
Baukosten sind Faktoren, die beim Verhältnis Länge zu Breite nur einen geringen Spielraum lassen (ISL-Studie, S. 4-27).
79
Daher sind „Postpanamax-Schiffe“ nur wenige Meter breiter als „PanamaxSchiffe“. Letztendlich müssen erheblich größere Schiffe doch mehr Tiefgang
haben als kleinere (ISL-Studie, S. 1-4).
Von extremen Ausnahmeschiffen abgesehen, ist nicht damit zu rechnen,
dass die Länge 350 m und die Breite 42 m überschreiten wird (ISL-Studie, S.
4-27).
1.2.2.1.4.2.1 Auswirkungen auf den Tiefgang
Der Tiefgang eines Schiffes ist abhängig von dessen Gewicht und dem Völligkeitskoeffizienten (ISL-Studie, S. 4-28).
Letzterer beschreibt, vereinfacht ausgedrückt, den Anteil des Raumes, den
ein vorne und hinten schlanker gestalteter Schiffsrumpf in dem Quader einnimmt, der aus Länge und Breite in der Wasserlinie sowie dem Tiefgang gebildet wird. Je größer der Völligkeitskoeffizient (Völligkeitsgrad) ist, desto näher tendiert das Unterwasserschiff an die Form des Quaders. Schlank geschnittene Schiffe haben daher einen vergleichsweise geringen Völligkeitsgrad (ISL-Studie, S. 4-28, Fn. 21).
Die Bestimmung des Gewichts eines Schiffes steht in einem engen Zusammenhang mit den Wünschen der Reedereien, die ein Kreuzfahrtschiff nach
ihren Vorstellungen und den Ansprüchen ihrer Kunden gestalten möchten. Im
Vordergrund stehen dabei die Anordnung der Kabinen, deren Mindestgröße,
die Wahl der Fahrtroute, der Wunsch nach einem niedrigeren Energieverbrauch und Anforderungen an die Festigkeit, Stabilität sowie ein angenehmes Seeverhalten. Diese Wünsche der Reeder sind in Einklang zu bringen
mit technischen Notwendigkeiten, navigatorischen Restriktionen, strengeren
Umweltanforderungen und vielfältigen Vorschriften, z. B. hinsichtlich eines
niedrigeren Energieverbrauchs.
Die Umsetzung dieser Anforderungen ist vielfach mit einem höheren Gewicht
der Schiffe verbunden und bewirkt daher, dass die künftigen Schiffe tiefer
eintauchen als die gewichtsoptimierten Designs der letzten Jahre. Techni-
80
sche Errungenschaften, die zu einer Reduzierung des Gewichtes führten,
sind weitgehend ausgereizt (ISL-Studie, S. 4-29, S. 4-43). Auch die höheren
Treibstoffkosten verlangen nach Einsparungen, die sich durch eine Veränderung der Rumpfform erzielen lassen. Diese neuen Formen laufen jedoch
ebenfalls auf eine Zunahme des Tiefgangs hinaus (ISL-Studie, S. 1-4f.).
Im Einzelnen ergeben sich folgende Veränderungen im Kreuzfahrtschiffbau.
1.2.2.1.4.2.1.1
Gewicht und Stabilität
Wie bereits angedeutet, wurden bislang alle Möglichkeiten genutzt, Gewicht
einzusparen und neueste technische Entwicklungen zu nutzen. Insbesondere
konnte der Einsatz von Stahl im Rahmen des Möglichen minimiert werden.
Hier ist jedoch das Optimum erreicht.
Aufgrund der immensen Höhen der Schiffe kann es erforderlich sein, die
Stabilität durch Ballast (z. B. Beton) im unteren Bereich zu sichern. Der
Transport „toten Materials“ ist zwar nicht erstrebenswert, angesichts des
Wunsches nach mehr Balkon- oder Außenkabinen jedoch unvermeidbar.
Obwohl die Beschränkungen des Panamakanals hinsichtlich der Breite der
Schiffe wegfallen werden, werden die Schiffe nur eine geringe, technisch
notwendige Verbreiterung, die Stabilität bieten könnte, erfahren. Denn die
Schiffsbreite kann zu den gewünschten Kabinen nicht beitragen. Zu breite
Schiffe liegen zudem zu steif im Wasser mit der Folge unangenehmer Bewegungen im Seegang. Auch SOLAS-Vorschriften sprechen gegen eine zu
große Breite.
Folglich kann bei größeren und schwereren Schiffen eine Zunahme des Tiefgangs nicht mehr verhindert werden, zumal für die Fahrt im freien Ozean ein
größerer Tiefgang wegen des besseren Seegangs vorzuziehen ist (ISLStudie, S. 4-32f.).
1.2.2.1.4.2.1.2
Antriebstechnik und Brennstoffkosten
Die gestiegenen Brennstoffkosten nehmen bereits seit längerer Zeit Einfluss
auf die Konzeption der Antriebsanlagen. Die jüngsten Kostensteigerungen
81
zwingen jedoch dazu, nunmehr nach anderweitigen Möglichkeiten zur Energieeinsparung zu suchen.
Zum Teil wünschen die Reedereien dieselelektrische Antriebe mit Dieselgeneratoren, Fahrmotoren und Propellerwellen. Gegenüber dem Podantrieb
entsteht auf Grund des höheren Stahleinsatzes und der notwendigen Verwendung von Isoliermasse zur Verringerung von Vibrationen ein höheres
Gewicht durch die Propellerwellen, die Ruder und eine andere Konstruktion
im Hinterschiff. Zudem muss der um 6 bis 8 Prozent bessere Wirkungsgrad
der Pods durch eine höhere installierte Leistung ausgeglichen werden.
Schließlich müssen auch im Heck wieder Querstrahler für seitliche Bewegungen des Schiffes eingebaut werden. Das zusätzliche Gewicht beträgt inklusive aller Folgemaßnahmen etwa 500 t und kann den Tiefgang um maximal 5,4 cm vergrößern (ISL-Studie, S. 4-34).
Weitere Energiesparmöglichkeiten bietet eine Veränderung der Hydrodynamik des Schiffes durch den Bau eines schlankeren Schiffsrumpfes. Dies wird
akzeptiert, obwohl ein schlankeres Unterwasserschiff bei gleichbleibendem
Gewicht zu mehr Tiefgang führt. Bei einem optimierten Rumpf könnte dies
bei einem Tiefgang von 8,0 m zu einer Zunahme von maximal 0,65 m führen
(ISL-Studie, S. 4-35).
Auch die gerade für Kreuzfahrtschiffe wichtigen Querstrahler, die bei den
jüngsten Neubauten zum Einsatz kommen, führen zu einem effektiven Mehrgewicht von 100 Tonnen und einer Tiefgangszunahme von maximal 0,01 –
0,02 m (ISL-Studie, S. 4-35).
1.2.2.1.4.2.1.3
Einfluss von Vorschriften
Die Konventionen der International Maritime Organisation (IMO) oder regionaler Organisationen zielen auf eine Erhöhung der Sicherheit und des Umweltschutzes ab.
Die hierin enthaltenen Vorschriften bilden jedoch oft nur ein Minimum, weshalb die Reeder bestrebt sind, möglichst weit in die Zukunft zu planen und
82
oftmals höhere Standards setzen. Der Grund hierfür kann auch in lokal
strengeren Vorschriften liegen.
So sind bereits jetzt neue Vorschriften zu erwarten, die zur Sicherung des
„safe return to port“ erfordern, dass alle Elemente zur Funktion des Antriebs
doppelt vorhanden und getrennt voneinander sind. Dies könnte zu einer Tiefgangszunahme um etwa 2-3 cm führen (ISL-Studie, S. 4-36).
Auch die auf Grund von Vorschriften zur Abgasreduzierung erforderlichen
technischen Maßnahmen können ein Gewicht von etwa 500 t nach sich ziehen und einen zusätzlichen Tiefgang von maximal 5 cm beitragen (ISLStudie, S. 4-36f.).
Durch die Einschränkung der Abgabe von Abwässern werden künftig biochemische Anlagen zum Standard, die im gefüllten Zustand ein Gesamtgewicht von etwa 500 t aufweisen.
Geringer sind die Veränderungen bei festen Abfällen. Eine Gewichtszunahme ist jedoch denkbar in Bezug auf umfangreichere Filteranlagen oder größere Kühlräume, da Abfälle in vielen Häfen nicht mehr verbrannt werden dürfen und somit zwischengelagert werden müssen.
Für das Ballastwasser, welches mit dem Verbrauch von Vorräten zur Stabilisierung des Schiffes erforderlich ist, sind nach den Vorgaben der IMO Anlagen vonnöten, die verhindern, dass Lebewesen in fremde Lebensräume verbracht werden. Diese Anlagen sind nicht von großem Gewicht und führen
lediglich zu einer Tiefgangszunahme von etwa 1 cm (ISL-Studie S. 4-38).
1.2.2.1.4.2.1.4
Sonstige Entwicklungen
Als weitere Trends (ISL-Studie S. 4-39f.) bei Schiffssicherheit, Energieeinsparung, Passagierkomfort und Gästeunterhaltung seien folgende genannt,
die allerdings nicht bei jedem Neubau zur Ausführung kommen werden:
 Doppelte Verglasung zur Energieeinsparung
83
 Mehr Glaseinsatz zur besseren Anpassung an das
Klima
 Einsatz von Solarzellen
 Einrichtungen zur Wärmerückgewinnung
 Einsatz zusätzlicher Filter zur besseren Reinigung
der in Klimaanlagen umgewälzten Luft zur Vermeidung der Ausbreitung von Krankheiten
 Einsatz weiterer Sprinkleranlagen, jedoch Einsparungen durch Einsatz dünnerer Rohrquerschnitte
 Einsatz von Flossenstabilisatoren zur Erhöhung des
Komforts / Minderung von Gefahren
 Ausstattung
der
Räumlichkeiten
mit
stabilem
Schmuck
 Ausgedehnte Spaß- und Whirlpools
 Aufteilung des Bordrestaurants in bis zu zehn kleine
Restaurants mit eigenen Küchen
 Neue Attraktionen, wie Kletterwände, Poollandschaften, Eisbahnen und „Flowrider“
Die vorgenannten Trends führen grob geschätzt zu einer Tiefgangszunahme
von maximal 5 cm (ISL-Studie S. 4-39f.).
1.2.2.1.4.2.1.5
Vorgaben durch Einsatzgebiete
Schließlich weisen die Häfen, die die hohen Fahrgastzahlen der großen
Schiffe bewältigen können, ausreichende Wassertiefen auf bzw. schaffen
solche, so dass das früher genannte Argument, bei größerem Tiefgang könnten weniger Häfen angesteuert werden, zunehmend an Gewicht verliert (ISLStudie, S. 1-4f., S. 4-31, S. 4-43).
Auch die Beschränkungen durch den Panamakanal für Karibikschiffe, die im
Sommer durch den Kanal in das Fahrtgebiet Alaska wechseln, fallen, wie
bereits erörtert, durch die Ausstattung des Kanals mit größeren Schleusen
weg (ISL-Studie S. 4-31).
84
1.2.2.1.4.2.1.6
Umsetzung bei neueren Kreuzfahrtschiffen
Bereits die Ausstattung der neueren Schiffe verdeutlicht die oben beschriebenen Entwicklungen.
So bietet die im Oktober 2009 ausgelieferte „Oasis of the Seas“ der Reederei
Royal Caribbean Cruises den Passagieren zwei Surfbecken, zwei Kletterwände, ein Theater und eine Eisshow. Darüber hinaus existiert ein 129 Meter
langer und 20 Meter breiter „Central Park“ mit Naturgras und echten Bäumen. (Deutsche Schiffahrts-Zeitung, THB, vom 29.10.2009, S. 13; „Schwimmende Stadt geht auf erste große Fahrt“ in Ostfriesen Zeitung v. 30.10.2009,
S. 10).
Die von der Meyer Werft für „Celebrity Cruises“ gebaute „Celebrity Equinox“,
die im Sommer 2009 in Fahrt ging, zeichnet sich durch ihre hohen Umweltund Sicherheitsstandards aus. Besonders energieeffiziente Systeme, wie
eine Photovoltaik-Anlage, eine optimierte Schiffsform und ein energiesparendes LED-Beleuchtungssystem führen nach Werftangaben zu einer Energieeinsparung von 30 Prozent gegenüber vergleichbaren Schiffen. Die „Celebrity Equinox“ ist daneben eines der ersten Schiffe, welches die seit 2009 geltenden neuen Vorschriften zur Leckstabilität erfüllt. Sie verfügt über
1.426 Passagierkabinen, davon 140 Innen- und 1.286 Außenkabinen. Die
Penthouse und Royal Suiten mit einer Größe von 110 m² bzw. 54 m² verfügen über Wohnzimmer, Esszimmer und ein separates Schlafzimmer sowie
ein Bad, welches mit einer Whirlpool-Badewanne und einer separaten Dusche ausgestattet ist. Daneben bietet das Schiff den Passagieren eine Vielzahl von Besonderheiten. So erstreckt sich das „Equinox-Theater“ über drei
Decks und ist für 1.095 Gäste ausgelegt. Darüber hinaus besteht die Ausstattung in diversen Restaurants, Clubs, Lounges, Bars, umfangreichen
Shoppingmöglichkeiten, einem Casino, einem Nachtclub, einem weiteren
Veranstaltungsort und dem Unterhaltungszentrum des Schiffes „Entertainment Court“. Bis zu 200 Personen finden Platz in einem Konferenzsaal. Auf
Deck 15 des Schiffes wurde eine 2.130 m² große Rasenfläche mit diversen
85
weiteren Angeboten für die Passagiere angelegt. Für Kinder bietet die „Fun
Factory“ mit Teens Disco und Gaming Arcarde sowie Café Bar Unterhaltung.
Zudem ist die „Celebrity Equinox“ nach den neuesten IMO-Vorschriften gestaltet. Sie besitzt sechs Tenderboote, 16 Rettungsboote und zwei FastRescue-Boote. Weiterhin befinden sich auf dem Schiff vier „Marine Evacuation Systems“, die mit Hilfe von Rettungsrutschen eine sichere und schnelle
Evakuierung gewährleisten.
Für eine optimale Manövrierfähigkeit wurde das Kreuzfahrtschiff mit zwei
Azipods und drei Bugstrahlern ausgerüstet. Die Verpflegung der Gäste erfolgt durch insgesamt zehn Küchen sowie elf Pantrys und Bars.
An Bord können bis zu 2,18 Mio. Liter Trinkwasser pro Tag erzeugt werden.
Das Trinkwasser wird über zwei Verdampfer und eine Umkehrosmoseanlage
hergestellt. Dabei sind die Verdampfer für einen sehr niedrigen Energieverbrauch ausgelegt und werden hauptsächlich über die Abwärme der Dieselmotoren mit Energie versorgt. Die Umkehrosmoseanlage verfügt über ein
Energierückgewinnungssystem, um Primärenergie zu sparen. Ein möglichst
sparsamer Umgang mit Wasser wird etwa dadurch erreicht, dass das in den
Klimaanlagen anfallende Kondensatwasser gesammelt und als Brauchwasser für die Wäscherei verwendet wird. Der Wärmewasserkreislauf wird mit
Dampf beheizt. Trinkwasser kann zudem auch über eine Bunkerstation von
Land übernommen werden.
Das gesamte Schwarzwasser wird über ein Rohrsystem den vier Vakuumanlagen zugeführt und kann bei Bedarf in Speichertanks zwischengelagert werden. Das anfallende Schwarz- und Grauwasser wird in einem Bioreaktor biologisch-physikalisch aufbereitet und in Trinkwasserqualität wieder über Bord
gegeben. Der anfallende Klärschlamm wird getrocknet und in der bordeigenen Müllverbrennungsanlage rückstandslos beseitigt.
Insgesamt wurde eine Fläche von mehr als 3.000 m² mit einem Sonnen-/
Wärmeschutzglas, teilweise mit integrierter Photovoltaik, verglast (Schiff &
Hafen, September 2009, Nr. 9, S. 30 ff.).
Vorstehende Ausführungen enthalten nicht die gesamte Ausstattung der
Schiffe. Sie bestätigen jedoch das Gutachten des ISL diesbezüglich und ver-
86
deutlichen, dass die in Zukunft gebauten Schiffe über zahlreiche Neuerungen
verfügen werden, die zwangsläufig mit einer Gewichtszunahme verbunden
sind.
87
1.2.2.1.4.2.2 Tiefgangszunahme
Unter Berücksichtigung sämtlicher für die Bemessung zukünftiger Kreuzfahrtschiffe maßgeblicher Faktoren bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass der
Tiefgang mit der Größe der Schiffe signifikant ansteigen wird. Abhängig vom
jeweiligen Design ist mit 0,5 bis 0,9 m Zunahme zu rechnen. Schiffe von
100.000 – 150.000 BRZ, die bisher einen Maximaltiefgang von 8,2 bis 8,5 m
aufweisen, werden aufgrund der neueren Entwicklungen bis zum Jahre 2020
mit hoher Wahrscheinlichkeit bei 8,5 m bis gut 9 m Tiefgang liegen (ISLStudie, S. 4-41).
1.2.2.1.5
Werften
Auch bei den Werften herrscht hinsichtlich der Fahrgastschiffe mit einer Größe von über 32.000 BRZ eine ähnliche Konzentration wie bei den Reedereien. Seit dem Jahre 2006 teilen drei große Werften den Markt untereinander
auf.
Der staatliche italienische Schiffbaukonzern Fincantieri erhielt bislang fast
alle Aufträge für den Bau von Kreuzfahrtschiffen für die Carnival-Gruppe. Mit
drei bis vier Neubauten für Carnival wird Fincantieri auch künftig weitgehend
ausgelastet sein. Die Größenordnung der Neubauten reicht von 80.000 BRZ
bis 130.000 BRZ. Gesichert wurde diese Zusammenarbeit durch einen vor
einigen Jahren geschlossenen Rahmenvertrag. Gleichzeitig bedeutet dies,
dass Carnival nur wenige Aufträge an andere Werften vergeben wird, wie die
zum Bau der AIDA-Schiffe durch die Meyer Werft (ISL-Studie, S. 1-5).
Als zweites Unternehmen bauten die Aker-Werften aus Finnland (früher
Wärtsilä, Masa-Yards, Finnyards) Kreuzfahrtschiffe. Nach Ablieferung einer
Serie von drei 154.000-Tonnern wurden im offenen Großdock in Turku bis
zum Jahre 2010 zwei Schiffe der „Genesis-Klasse“ mit 220.000 BRZ gefertigt. Kunde für insgesamt zehn sehr große Schiffe war und ist Royal Caribbean, die hiermit zum einzigen Kunden geworden sind.
Als dritte Werft etabliert war Chantiers de l`Atlantique in St. Nazaire. Nach
einem Orderloch in Folge der Ereignisse des 11. September 2001 erhielt die
Werft eine Reihe von Aufträgen der MSC Cruises. Im Jahre 2006 wurde die
88
Werft zu 75 % von dem französischen Alstrom-Konzern an die Aker-Werften
veräußert, womit diese ein zweites großes Dock erhielten (ISL-Studie, S. 1-5;
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/uebernahme-vonhantiers-de-l-atlantique-genehmigt;1056136, Stand 02.12.2009).
Die Aker-Werften wiederum wurden im Jahre 2009 von dem südkoreanischen
Werftkonzern
STX-Shipbuilding,
der
bereits
im
Jahre
2007
39,2 Prozent der Anteile erworben hatte, übernommen und firmieren seit November 2008 unter STX Europe (http://de.wikipedia.org/wiki/STX _Europe,
Stand 02.12.2009).
Die letzte an diesem Markt teilnehmende Werft ist die Meyer Werft in Papenburg.
Sie hat in den letzten 30 Jahren Lieferbeziehungen zu allen drei großen
Gruppen und zu Disney Cruises aufgebaut. Sie baut ausschließlich in Hallendocks, seit dem Jahre 2002 in zwei Hallen. Die Werftanlage und die Ausrüstung befinden sich auf dem modernsten Stand (ISL-Studie, S. 1-5ff.).
Insbesondere im Bereich der Schweißtechnik verfügt die Meyer Werft über
die beste Technik. Das jüngst in Betrieb genommene Laserzentrum, in welches die Werft 80 Mio. Euro investierte, ist das modernste in ganz Europa
und wird u. a. mit 56 Schweiß-Systemen ausgestattet, die auf einem innovativen Fügeverfahren basieren (Schiff & Hafen, September 2009, Nr. 9, S. 58).
Nach eigenen Angaben verfügt die Werft weltweit über die modernsten
Schiffbauanlagen (http://www.meyerwerft. com/page.asp?lang=d&main=2&
subs=0&did=633, Stand 28.01.12). Mit der Verlängerung der zweiten Baudockhalle um weitere 120 Meter ist die Werft in der Lage, in demselben Baudock an zwei Schiffen größter Dimensionen gleichzeitig zu arbeiten. Auf diese Weise können pro Jahr statt zwei, nunmehr drei große Kreuzfahrtschiffe
gefertigt werden. Auch 180.000 BRZ-Neubauten sind möglich („60 Jahre
Schiffbau in Deutschland“ in Schiff & Hafen Spezial, April 2009, Nr. 4, S. 57).
Lediglich bei den größten Dimensionen kann die Meyer Werft nicht mit STX
Europe mithalten (ISL-Studie, S. 1-5ff.).
Die Meyer Werft hat heute gute Beziehungen zu allen großen ReedereiGruppen. Dies erhöht die Chance auf Folgeaufträge, erfordert aber auch ein
89
besonders flexibles Reagieren auf die Wünsche der Kunden (ISL-Studie, S.
5-4).
Die Bedarfsprognose von sieben bis acht Schiffen jährlich bedeutet keine
größere Veränderung der heutigen Werftkapazitäten oder der Zuordnung zu
den Werften. Von sieben Schiffen würde je eines auf die drei Standorte von
Fincantieri, die beiden Hallendocks der Meyer Werft und die beiden Großdocks in Turku und St. Nazaire entfallen. Auch die bisherigen vertraglichen
Beziehungen zu den Reedereien dürften einer gleichmäßigen Verteilung der
Aufträge nicht entgegen stehen. Voraussetzung dabei ist selbstverständlich,
dass keine gravierenden Veränderungen des Marktes sowohl hinsichtlich der
Reedereien als auch bezüglich der Werften eintreten.
Folglich wird die Meyer Werft in Zukunft in keinem Fall mehr Auswahl bei der
Annahme von Aufträgen haben als heute und sich auf die Wünsche der Kunden einstellen müssen.
Könnte sich die Werft nicht mehr an dem Bau der vom Weltmarkt gefragten
Kreuzfahrtschiffe von 100.000 bis 150.000 BRZ mit den beschriebenen Maßen beteiligen, müsste sie mit einem starken Einbruch der Aufträge rechnen.
In Folge des Wegfalls der Breitenbeschränkung durch die Schleusen des
Panamakanals muss damit gerechnet werden, dass weniger PanamaxSchiffe geordert werden (ISL-Studie, S. 5-20f.).
Insgesamt wird sich der Wettbewerbsdruck auf die europäischen Werften
weiter verstärken.
Eine nachhaltige Veränderung der Werftenlandschaft und der Gesamtprognose in Folge der Übernahme der Aker-Werften durch die südkoreanische
STX-Gruppe und eines befürchteten Einstiegs asiatischer Werften in dieses
Marktsegment nach Abschöpfen des Know-how ist derzeit nicht zu erwarten.
Eine Verlagerung aus Europa nach Asien ist zurzeit nicht vorstellbar.
Dies begründet das ISL auf Anfrage der Planfeststellungsbehörde (ISLNachtrag) damit, dass nur die Werften in Europa über die notwendige Infrastruktur zum Bau der zukünftig nachgefragten Schiffe verfügen. Insbesondere die technisch anspruchsvollen Aufgaben könnten zurzeit nur in Europa
vollzogen werden. Gerade die Meyer Werft sei technisch auf dem höchsten
90
Niveau und biete mit einem „Eldorado der Lasertechnik“ (vgl. auch:
http://www.handels
blatt.com/technologie/forschung-
medizin/b=2339483,_p=134,_t=ftprint,doc_
page=0;printpage,
Stand
03.12.09) den besten Stand bei der Stahlverarbeitung. Dies garantiere qualitativ hochwertige Arbeit. Ferner könnten in Europa, auch bei der Meyer
Werft, XXL-Schiffe sofort gebaut werden. Dies sei in Asien nicht möglich und
der Vorsprung, der zugunsten der Europäer bestehe, sei nicht leicht aufzuholen.
Zudem sei zu beachten, dass die Nachfrage nach Kreuzfahrtschiffen bereits
nachließ, als STX die mehrheitliche Übernahme gesichert hatte. Es bliebe
laut ISL zunächst abzuwarten, wie sich die neuen Eigner verhalten, wenn die
früheren Aker-Werften mangels Aufträgen in die Verlustzone geraten sollten.
In diesem Falle sei auch ein Ausstieg der STX-Gruppe möglich.
Überdies berichte die Fachzeitschrift Lloyd’s List, STX Europe beginne, die
Werften neu auszurichten. Obwohl hinsichtlich des Baus von Kreuzfahrtschiffen Optimismus bestehe, nähme STX Schiffe für arktische Gewässer, Offshore-Fahrzeuge und Kriegsschiffe verstärkt ins Visier. Der Betrieb in Helsinki
bemühe sich zudem um Reparaturen an Fährschiffen.
Der Betrieb in Turku hatte bereits eine große Fähre in Auftrag.
Auch der Auftrag der Reederei AIDA Cruises für die japanische Werft Mitsubishi hat auf die Gesamtprognose derzeit keinen Einfluss. Nach Auffassung
des Vorsitzenden des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik, Herrn
Werner Lundt, ändert der Auftrag am Markt im Moment wenig. Zwar befürchtet er, dass Mitsubishi von den Erfahrungen der Reederei profitieren werde.
Eine Gefahr, dass ganze Pläne aus Deutschland kopiert werden, sieht er
jedoch nicht, da jedes Kreuzfahrtschiff anders sein müsse. Für die Nachfrage
nach Schiffen und die Werftkapazitäten ändere sich zunächst nichts (THB,
Täglicher
Hafenbericht,
27.09.2011, S. 4).
Sonderbeilage
Kreuz-
und
Fährschifffahrt,
91
1.2.2.2
Bestätigung durch neueste Aufträge
Bestätigt werden die in vorstehend behandelter Prognose wiedergegebenen
Entwicklungen zudem durch die aktuellsten Aufträge der Meyer Werft.
Im Oktober 2010 bestellte die Reederei Norwegian Cruise Line zwei weitere
Kreuzfahrtschiffe, deren Auslieferung für die Frühjahre 2013 bzw. 2014 geplant ist. Die 143.500 BRZ großen Schiffe sind für über 4.000 Passagiere
(http://www.meyerwerft.de/page.asp?lang=d&main=
1&subs=0&did=875,
Stand 15.03.2011) ausgelegt.
Die Reederei Royal Caribbean Cruises Ltd. unterzeichnete darüber hinaus
im Februar 2011 einen Vorvertrag mit der Meyer Werft für ein neues Kreuzfahrtschiff mit dem Projektnamen „Sunshine“. Das erste Schiff soll im Herbst
2014 ausgeliefert werden mit einer Option auf ein weiteres Schiff im
Frühling 2015. Auf dem Schiff mit einer Vermessung von 158.000 BRZ werden bis zu 4.100 Gäste Platz finden (http://www.meyerwerft.de/page.
asp?lang=d& main=3&subs=0&did=1852, Stand 14.03.2011).
Obwohl die genauen Maße der Schiffe noch nicht feststehen, deuten aus
Sicht der Planfeststellungsbehörde bereits die Raumzahl mit bis zu 158.000
BRZ sowie die Bettenzahlen darauf hin, dass der in der Prognose des ISL
beschriebene Trend sich verwirklichen wird.
Nach dem Antrag der TdV auf sofortige Vollziehung dieses Planfeststellungsbeschlusses liegen zudem Aussagen der Meyer Werft vor, nach denen
die Schiffe mit dem Projektnamen „Sunshine“ eine Größenordnung erreichen, die eine sichere Überführung über die Wasserstraße in dem derzeit auf
der Grundlage der vorläufigen Anordnung bestehenden Zustand nicht zulässt.
1.3 Regionalökonomische Bedeutung
Ergänzend und unter Hinweis darauf, dass die Planfeststellungsbehörde die
Planrechtfertigung nicht auf die folgenden Ausführungen stützt, sei ange-
92
merkt, dass für die Verwirklichung des Vorhabens neben dem verkehrlichen
Bedarf auch regionalökonomische Gründe sprechen. Diese sind für die Planrechtfertigung nicht maßgeblich, erlangen jedoch im Rahmen der Abwägung
als Sekundäreffekte Bedeutung (BVerwG, Urt. v. 26.04.2007, 4 C 12/05, Rn.
51 ff., zitiert nach juris).
Der Planfeststellungsbehörde liegt hierzu das von den Trägern des Vorhabens beim Niedersächsischen Institut für Wirtschaftsforschung (NIW) in Auftrag gegebene Gutachten „Die regionalökonomische Bedeutung der Meyer
Werft GmbH Papenburg für die Landkreise Emsland und Leer“ (NIWGutachten) aus September 2009 vor.
Das NIW hat auf Basis von Daten der Meyer Werft mit einem modifizierten
Input-Output-Modell die direkten, indirekten und durch die Werft induzierten
Produktions-, Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte für die gesamte
deutsche Wirtschaft, das Land Niedersachsen sowie die Region der Landkreise Emsland und Leer geschätzt.
Die gesamtwirtschaftlichen Produktionseffekte entstehen aus der Vorleistungsnachfrage der Meyer Werft sowie der Konsumnachfrage aus Lohn- und
Gehaltszahlungen der Werft. Die Wertschöpfungseffekte aus den ökonomischen Aktivitäten der Meyer Werft folgen aus den Produktionseffekten abzüglich der durchschnittlichen sektoralen Vorleistungsbezüge. Die Beschäftigungseffekte werden abgeleitet aus dem durch die Vorleistungs- und Konsumnachfrage angestoßenen gesamtwirtschaftlichen Produktionseffekt und
der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität in insgesamt 71 Wirtschaftssektoren in Deutschland.
Als fiskalische Effekte hat das NIW die Grundsteuer, die Gewerbesteuer, die
Einkommenssteuer, die Körperschaftssteuer und die Umsatzsteuer betrachtet und dort, wo keine konkreten Angaben gemacht werden konnten, aus einer durchschnittlichen Relation von Wertschöpfung und jeweiligen Steuereinnahmen eine Schätzung vorgenommen.
93
Die Analyse wurde hinsichtlich struktureller und qualitativer Erkenntnisse ergänzt durch eine standardisierte Unternehmensbefragung sowie Experteninterviews bei Vorleistungsbetrieben der Meyer Werft.
Das NIW greift hiermit nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde auf
eine Methode zurück, die geeignet ist, die regionalökonomische Bedeutung
der Werft zu analysieren.
Die Planfeststellungsbehörde teilt die in dem Gutachten getroffenen Feststellungen. Das Gutachten kommt zu einem einleuchtend begründeten Ergebnis
und ist in sich schlüssig sowie nachvollziehbar. Das NIW ermittelt den zugrundeliegenden Sachverhalt zutreffend und beleuchtet sämtliche für die Bestimmung der regionalökonomischen Bedeutung relevanten Parameter.
Es ist der Planfeststellungsbehörde bewusst, dass es sich bei den gutachtlichen Aussagen zum Teil um Prognosen handelt, deren Eintritt nicht mit
Sicherheit vorhergesagt werden kann. Aus Sicht der Planfeststellungsbehörde wurden diese jeder Prognose innewohnenden Risiken jedoch in höchstem
Maße minimiert.
Das NIW gelangt zu dem Ergebnis, dass die Meyer Werft in Papenburg von
zentraler Bedeutung für die ökonomische Entwicklung in der Region ist.
Das aus dem Jahre 2009 stammende Gutachten nimmt dabei zunächst die
zu diesem Zeitpunkt bestehende Situation in den Blick, betrachtet jedoch
auch die Auswirkungen der Erweiterung und Modernisierung der Produktionskapazitäten in Form einer Verlängerung des Baudocks 2 sowie des Neubaus einer modernen Schweißhalle, die im Jahre 2009 bereits geplant waren. Die Prognose erstreckt sich daher auf einen Zeitraum bis zum Jahre
2012. Die Erweiterung wirkt sich zum Teil erst zu diesem Zeitpunkt aus. Zwischenzeitlich sind die Erweiterungsmaßnahmen umgesetzt worden.
Die Meyer Werft besaß zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens einen
Weltmarktanteil von 28 %. Die komparativen Vorteile der Werft gegenüber
den Wettbewerbern sind insbesondere auf den Einsatz modernster Produktionstechnologien und Verfahren sowie auf die räumliche Vernetzung mit spe-
94
zialisierten Zulieferern zurückzuführen, die eine Schlüsselrolle in der Sektionsbauweise der Schiffe einnehmen. Im Jahre 2007 verzeichnete die Werft
Ausgaben von etwa 7 % ihres Umsatzes für Forschung und Entwicklung
(FuE), während die deutsche Schiffbaubranche im Jahre 2005 lediglich
knapp 5 % ihres Produktionswertes in FuE investierte. Wettbewerbsvorteile
entstehen auch aufgrund von Produktinnovationen im Bereich umweltfreundlicher Technologien an Bord.
Um der oben beschriebenen Nachfrage gerecht werden zu können, hat die
Meyer Werft, wie bereits angesprochen, ihre Produktionskapazitäten ausgebaut, so dass seit dem Jahre 2011 von der Werft jährlich bis zu drei Kreuzfahrtschiffe fertig gestellt werden können (NIW-Gutachten, S. 17).
Die regionalökonomische Bedeutung der Werft kann auf verschiedene Effekte zurückgeführt werden.
Direkte Effekte
Ende des Jahres 2008 waren etwa 2.730 Beschäftigte bei der Meyer Werft
tätig. Im Jahre 2009 wurde das Laserzentrum vom Hauptbetrieb abgespalten
und in eine eigene Gesellschaft überführt. In Folge dessen waren noch 2.450
Mitarbeiter bei der Meyer Werft GmbH beschäftigt. Im Folgenden wird jedoch
dem NIW-Gutachten entsprechend die Situation vor der Ausgliederung des
Laserzentrums zugrunde gelegt.
295 Personen waren in der Berufsausbildung, was einem Anteil von etwa
10 % der Gesamtbelegschaft entspricht. Die Meyer Werft trug hiermit mit einer Quote von gut 3 % zu den Ausbildungsplätzen im Landkreis Leer bei.
Etwa 49 % der Beschäftigten haben ihren Wohnsitz im Landkreis Leer und
46 % der Angestellten im Landkreis Emsland. Seit dem Jahre 2000 hat sich
die Beschäftigtenzahl um etwa 20 % erhöht.
Die Meyer Werft hat im Jahre 2005 einen Umsatz von 522 Mio. € erwirtschaftet, im Jahre 2008 war ein Umsatz von 994 Mio. € zu verzeichnen. Dies entspricht einer Steigerung um etwa 90 %.
95
Daneben leistet die Werft einen erheblichen Beitrag zur Bruttowertschöpfung.
Im Jahr 2008 erzielte sie eine geschätzte Bruttowertschöpfung von gut
130 Mio. €, wie bereits im Jahre 2006. Im Jahre 2006 entsprach dies einem
Anteil von etwa 1,4 % der Wertschöpfung des Landkreises (NIW-Gutachten,
S. 27ff.).
Bis zum Jahre 2012 wird die Zahl der Beschäftigten auf 2.850 ansteigen.
Unberücksichtigt bleibt hierbei die Ausgliederung des Laserzentrums, welche
dazu führt, dass die Zahl der direkt Beschäftigten sinkt, während sich die indirekten Beschäftigungseffekte erhöhen.
Die Umsätze der Werft entwickeln sich nach dem NIW-Gutachten zunächst
moderat. Das NIW ging für das Jahr 2010 von einem Umsatz von unter
1 Mrd. € aus. Mit dem Bau von zwei Postpanamax-Schiffen wird der Umsatz
in den Jahren 2011 und 2012 jedoch um mehr als die Hälfte auf gut 1,5 Mrd.
€ steigen.
Die geschätzte Bruttowertschöpfung der Werft wird von 130 Mio. € im Jahre
2008 jährlich um gut 2 % auf über 140 Mio. € im Jahre 2012 ansteigen (NIWGutachten, S. 41ff.).
Indirekte Effekte
Indirekte Produktions-, Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte ergeben
sich aus den unmittelbaren Lieferantenbeziehungen der Werft sowie bei Betrieben auf den vorgelagerten Produktionsstufen, dort hervorgerufen durch
die Zulieferunternehmen der Meyer Werft.
Die Werft hat im Jahre 2007 für etwa 803 Mio. € Vorleistungen bezogen.
Hiervon stammten Vorleistungen für 167 Mio. € aus dem Land Niedersachsen, für rund 76 Mio. € aus dem Landkreis Emsland und für 17 Mio. € aus
dem Landkreis Leer.
Gegenüber 2005 stieg der Wert der Vorleistungen im Jahre 2007 um 50 %.
Das Vorleistungswachstum seit 2005 verblieb fast ausschließlich in Deutschland. Im Landkreis Emsland sind die Vorleistungsbezüge der Zulieferer um
das 1,5-fache gestiegen. Vorleistungen aus dem Landkreis Leer stiegen um
ein Drittel.
96
Nach Angaben der befragten Unternehmen, von denen fast zwei Drittel
schon vor dem Jahre 2000 Lieferbeziehungen zur Werft führten, betrug der
Anteil der Umsätze mit der Werft im Jahre 2007 durchschnittlich ein Drittel
der gesamten Umsätze.
Aus den im Input-Output-Modell geschätzten Produktionseffekten durch Vorleistungen der Meyer Werft können Beschäftigungseffekte für die gesamte
deutsche Wirtschaft abgeleitet werden: Aus der Vorleistungsnachfrage der
Meyer Werft ergaben sich im Jahre 2008 gut 5.800 Vollzeitarbeitsplätze. Von
den in Deutschland wirksam werdenden Vorleistungen verbleiben nach
Schätzung des NIW insgesamt 25 % in Niedersachsen und 14 % in den
Landkreisen Emsland und Leer. Auf die Region der Landkreise entfallen fast
700 Vollzeitarbeitsplätze aus den Produktionseffekten bei Zulieferern, weitere
860 Vollzeitarbeitsplätze entstehen in den übrigen Regionen Niedersachsens.
Aus den Ergebnissen der NIW-Zulieferbefragung lässt sich eine Zahl von
rund 1.000 Beschäftigten für die Region der Landkreise Emsland und Leer
ableiten, die in einem direkten Zusammenhang mit den Lieferbeziehungen
der Werft steht.
Die Differenz zu den aus dem Input-Output-Modell gewonnenen Ergebnissen
ist darauf zurückzuführen, dass in der Befragung Kopfzahlen erhoben wurden, mithin auch Teilzeitarbeitsplätze mit einer Quote von etwa 10 % Berücksichtigung fanden, während in dem Modell auf Vollzeitarbeitsplätze abgestellt wurde. Zudem kann aufgrund der Berechnungsart des Modells der
Beschäftigungseffekt der Input-Output-Berechnung unterschätzt sein (NIWGutachten, S. 19, 29ff.).
Für das Jahr 2010 war nach den Planungen der Werft mit einer Reduzierung
der Vorleistungen gegenüber dem Vorjahr um 20 % zu rechnen. Danach sollten die Vorleistungen um etwa drei Viertel auf fast 1,3 Mrd. € steigen, da ab
2011 jährlich drei Kreuzfahrtschiffe fertig gestellt werden. In der Region Emsland-Leer zeigt sich dies in einer Steigerung der regionalen Vorleistungsbezüge um 42 % auf fast 150 Mio. €. Das NIW geht dabei davon aus, dass sich
der angenommene regionale Verbleib mit einer Quote von 14 % steigern
wird, da Zulieferer im Zuge steigender Auftragsvolumina verstärkt Niederlas-
97
sungen in der Region gründen und regionale Arbeitskräfte rekrutieren werden, wie es bereits in der Vergangenheit geschehen ist.
Deutschlandweit können bis zum Jahre 2012 aus der Vorleistungsnachfrage
Produktionseffekte erwartet werden, die einem Beschäftigungsvolumen von
etwa 8.200 Vollzeitarbeitsplätzen bei Zulieferunternehmen entsprechen. Auf
die Region Emsland-Leer entfallen 930 Vollzeitarbeitsplätze, was eine Zunahme gegenüber 2008 um 250 Arbeitsplätze bedeutet. Nach den Befragungsergebnissen der regionalen Zulieferer ist bei einer Produktionssteigerung auf drei Schiffe im Jahr eine Zunahme der Zahl der Beschäftigten um
knapp 350 zu erwarten. Hinsichtlich der Differenz gelten die Ausführungen
hierzu im vorherigen Absatz.
Signifikante zusätzliche Beschäftigungseffekte zeichnen sich erst ab dem
Jahre 2011 mit der Steigerung der Vorleistungsnachfrage der Meyer Werft
auf 1,3 Mio. € ab. Der Anteil der Region an den zusätzlichen Beschäftigungseffekten ist mit 10 % geringer als ihr Anteil an der zusätzlichen Vorleistungsnachfrage der Werft (NIW-Gutachten, S. 43ff.).
Weitere indirekte und induzierte Effekte
Neben einkommensinduzierten Effekten aus den verausgabten Löhnen und
Gehältern der Beschäftigten der Werft sowie der Zulieferer und ihren Vorleistungslieferanten ergeben sich weitere indirekte Effekte aus den Vorleistungsbezügen der an die Meyer Werft liefernden Unternehmen und den weiteren
nachgelagerten Produktionsstufen.
Die aus der Vorleistungsnachfrage der Zulieferer der Werft sowie den weiteren nachgelagerten Produktionsstufen entstehenden Produktionseffekte entsprechen deutschlandweit noch einmal gut 4.000 Vollzeitarbeitsplätzen. Aufgrund der geringen regionalen Verbleibquote entfallen hiervon lediglich
50 Vollzeitarbeitsplätze auf die Landkreise Emsland und Leer sowie 120 auf
das übrige Niedersachsen.
98
Die Konsumnachfrage durch Löhne und Gehälter der Vorleistungsunternehmen stößt Produktionseffekte mit einem Beschäftigungsvolumen von 2.330
Vollzeitarbeitsplätzen an. Davon verbleiben 140 in der Region.
Eine größere regionale Wirkung entfaltet die Konsumnachfrage der Beschäftigten der Werft, welche mit einem Anteil von 95 % aus der Region kommen.
Von den insgesamt 920 Vollzeitarbeitsplätzen verbleiben 590 in der Region,
weitere 50 in anderen Regionen Niedersachsens.
Insgesamt entsprechen die weiteren indirekten und einkommensinduzierten
Produktionseffekte einem Beschäftigungsvolumen von etwa 7.270 Vollzeitarbeitsplätzen deutschlandweit, von denen 780 in der Region Emsland-Leer
verbleiben (NIW-Gutachten, S. 34f.).
Im Jahre 2012 ergibt sich aus den weiteren indirekten Produktionseffekten
aus der Vorleistungsnachfrage der Zulieferer sowie aus den einkommensinduzierten Produktionseffekten deutschlandweit ein geschätztes Beschäftigungsvolumen von insgesamt fast 10.100 Vollzeitarbeitsplätzen, mithin gut
2.800 mehr als im Jahre 2008. Auf die Region Emsland-Leer entfallen dann
etwa 910 Vollzeitarbeitsplätze, 130 mehr als im Jahre 2008 (NIW-Gutachten,
S. 46).
Effekte durch den werftinduzierten Tourismus
Regionalökonomische Effekte durch werftinduzierte touristische Ausgaben
entstehen durch Gäste des Besucherzentrums der Werft (295.000 im Jahre
2008), durch Tagesbesucher im Rahmen von Events der Werft, durch Besucher und Geschäftsreisende von Partnern und Lieferanten der Werft sowie
durch Beschäftigte von Zulieferern für Montagearbeiten.
Nach Schätzung des NIW beliefen sich die werftinduzierten touristischen
Ausgaben im Jahre 2007 auf etwa 8,4 Mio. €. Die touristische Nachfrage
führt deutschlandweit zu einem Beschäftigungsvolumen von 100 Vollzeitarbeitsplätzen, von welchen 50 in der Region verbleiben. Die Kopfzahlen
dürften aufgrund der im Tourismus verbreiteten Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeiten höher liegen. Gesicherte Aussagen zu den Beschäftigungseffekten
sind mangels empirischer Untersuchungen allerdings nicht möglich.
99
Aufgrund der Kapazitätserweiterungen, neuerer Aufträge und zahlreicher
Kooperationsaktivitäten im Besucherwesen der Werft ist mit einer Steigerung
des Tourismusgeschäftes zu rechnen (NIW-Gutachten, S. 35ff.).
Auf eine Betrachtung der Veränderung der tourismusinduzierten Nachfrage
hat das NIW verzichtet, da eine solide empirische Datenbasis zum Tourismus, der durch die Meyer Werft entsteht, fehle (NIW-Gutachten, S. 36f.).
Effekte durch Investitionen in die Kapazitätserweiterung
Regionalökonomische Effekte entstehen auch durch die Investitionen der
Meyer Werft in zusätzliche Kapazitäten. Hierbei handelt es sich jedoch um
einmalige Investitionen. Diese werden mit einer Höhe von knapp 160 Mio. €
veranschlagt, von denen ein Anteil von etwa 75 Mio. € in der Region verbleibt. Durch diese Investitionen wird ein Produktionsprozess angestoßen,
der einem Beschäftigungsvolumen von 2.900 Vollzeitarbeitsplätzen entspricht. Von diesen entfallen etwa 830 auf die Region der Landkreise Emsland und Leer (NIW-Gutachten, S. 47).
Gesamteffekte
Insgesamt waren im Jahre 2008 neben den 2.730 direkt bei der Werft Beschäftigten deutschlandweit schätzungsweise weitere 13.200 indirekte und
induzierte Vollzeitarbeitsplätze auf die ökonomischen Aktivitäten der Meyer
Werft zurückzuführen.
Gut 11 % der indirekten und induzierten Effekte entfallen auf die Landkreise
Emsland und Leer. Zusammen mit den direkt Beschäftigten der Werft waren
im Jahre 2008 somit 4.240 Vollzeitarbeitsplätze in der Region von der Werft
abhängig. In einem erweiterten Verflechtungsraum der Werft, in den übrigen
niedersächsischen Regionen, sind weitere 1.200 Vollzeitarbeitsplätze zu
addieren (NIW-Gutachten, S. 38).
Neben den geplanten 2.850 direkten Beschäftigten der Werft führt die Kapazitätserweiterung der Werft im Jahre 2012 zu Produktionseffekten (deutsch-
100
landweit) aus der Vorleistungsnachfrage der Werft sowie aus der Konsumnachfrage durch Löhne und Gehälter, die einem Beschäftigungsvolumen von
schätzungsweise 18.400 Vollzeitarbeitsplätzen entsprechen. Hinzu kommen
die oben angesprochenen Arbeitsplätze, die einmalig aus den Produktionseffekten der Bauinvestitionen resultieren. Gut ein Fünftel entfällt auf die Landkreise Emsland und Leer. Die Kapazitätserweiterung führt somit deutschlandweit zu zusätzlichen 5.300 Vollzeitarbeitsplätzen. Auf die Landkreise
Emsland und Leer entfallen hiervon 500, was einer Quote von gut 9 % entspricht (NIW-Gutachten, S. 47f.).
Fiskalische Effekte
Neben vorbeschriebenen regionalökonomischen Effekten führen die ökonomischen Aktivitäten der Meyer Werft zu fiskalischen Effekten auf den Gebieten der Grund-, Gewerbe-, Körperschafts-, Lohn- und Einkommenssteuer
sowie der Umsatzsteuer.
Die fiskalischen Effekte beliefen sich im Jahre 2008 auf schätzungsweise
10,1 Mio. €. Der größte Teil entfiel mit 7,9 Mio. € auf das Land Niedersachsen. Die Städte und Gemeinden der Landkreise Emsland und Leer erhielten
insgesamt etwa 2,2 Mio. €. Die Landkreise selbst nehmen hiervon 1,1 Mio. €
ein.
Mit der Kapazitätserweiterung werden die Steuereinnahmen nach der Schätzung des NIW auf insgesamt 17,4 Mio. € ansteigen. 5,3 Mio. € hiervon entfallen auf die Landkreise sowie ihre Städte und Gemeinden.
Das NIW bezeichnet diese Schätzungen als eher konservativ. Die Effekte
würden eher unter- als überzeichnet. Zudem weist das NIW auf mögliche
Unsicherheiten hin, die sich etwa aus Änderungen des Steuerrechts ergeben
könnten (NIW-Gutachten, S. 55ff., 69).
1.4 Öffentliches Interesse / Wohl der Allgemeinheit
Die an dieser Stelle angeführten, für die Verwirklichung des Vorhabens sprechenden Erwägungen stellen zugleich Gründe für das Wohl der Allgemeinheit dar. Diese werden nachfolgend in die Abwägung der von der Planung
101
möglicherweise nachteilig betroffenen Rechte, Interessen und Belange einbezogen und dort (s. B.III.3.bis B.III.7) im Rahmen der diesbezüglichen Darstellung und Bewertung sowie der Entscheidung darüber gegenübergestellt.
Der vorliegende Ausbau dient, entgegen der Auffassung des Einwendungsführers E-0086 und von N-0005, dem öffentlichen Interesse. Er ist als gemeinnützig einzustufen.
Zu beachten ist dabei zunächst, dass sich private und öffentliche Interessen
nicht ausschließen müssen. Neben einen gemeinnützigen Effekt, der unmittelbar mit der Zweckbestimmung des Vorhabens verbunden ist, kann auch
die private Gewinnerzielungsabsicht eines Unternehmens treten. In diesem
Fall treten die positiven Auswirkungen des Vorhabens für das öffentliche
Verkehrsnetz unabhängig von der privaten Absicht zur Gewinnerzielung ein.
Für die Einordnung eines Vorhabens kommt es demnach in erster Linie auf
die objektive Zweckbestimmung des Vorhabens selbst an und darauf, ob es
als solches kraft seiner Funktionalität öffentlichen Interessen dient.
Die Beantwortung der Frage, ob die spezifische Zweckbestimmung eines
Vorhabens eine gemeinnützige ist, lässt sich indes nicht vom Standpunkt
allgemeiner Vorstellungen über die Nützlichkeit für die Allgemeinheit beurteilen. Maßgeblich kann allein sein, wie der Gesetzgeber die Gemeinnützigkeit
definiert (Bonk/Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, Komm. zum VwVfG,
7. Auflage 2008, § 72 Rn. 28; Ramsauer/Bieback, NVwZ 2002, 277, 278).
So hat der Gesetzgeber für den Ausbau bzw. die Planfeststellung von Wasserstraßen in § 1 WaStrG für Binnenwasserstraßen die Frage zum Kriterium
der Gemeinnützigkeit gemacht, ob das Vorhaben dem allgemeinen Verkehr
dient. Dieses Kriterium erfüllen die vorliegend betroffenen Wasserstraßen.
Dies folgt bereits aus ihrer Nennung in der Anlage 1 des WaStrG, welche
konstitutive Wirkung besitzt.
Folglich ist der Ausbau einer Wasserstraße, die dem allgemeinen Verkehr
dient, mithin der einer Bundeswasserstraße, gemeinnützig und erfolgt im
102
Sinne des Allgemeinwohls, zumal es sich bei dieser um eine öffentliche Sache handelt, die von jedermann genutzt werden kann.
Der Ausbau einer solchen Wasserstraße dient somit stets dem Wohl der Allgemeinheit (Friesecke, Komm. zum WaStrG, § 14b, Rn. 64, § 44 Rn. 2).
Dabei ist nicht entscheidend, ob die Wasserstraße in der Folge von nur einer
Person genutzt wird, oder ob mehrere Personen sie befahren. Maßgeblich ist
allein die rechtliche Möglichkeit der Nutzung durch die Allgemeinheit als
Ausprägung der gesetzlichen Widmung der Bundeswasserstraße und die
unter B.III.1.2 beleuchtete Frage, ob ein verkehrlicher Bedarf besteht und
dieser durch das Vorhaben auf geeignete Weise befriedigt werden kann.
Denn in diesem Falle werden fachplanungsrechtliche Ziele verfolgt und das
Vorhaben ist vernünftigerweise geboten.
2.
Alternativenprüfung
Alternativen zur Verwirklichung des Planungszieles, welche die mit der Planung angestrebten Ziele unter geringeren Opfern entgegen stehender öffentlicher und privater Belange verwirklichen, stehen zur Überzeugung der Planfeststellungsbehörde nach Würdigung aller Umstände nicht zur Verfügung.
Die Träger des Vorhabens haben im Erläuterungsbericht anderweitige Lösungsmöglichkeiten sowie die Auswahlgründe dargelegt. Zusätzlich erfolgte
mit Schreiben vom 22.02.2008 die Darstellung der Prüfung weiterer Alternativen mit Begründung deren Ablehnung.
Ziel des Planungsvorhabens ist der Erhalt der Wirtschaftskraft der Region
und – hiermit verbunden – des Werftenstandortes Papenburg durch Ertüchtigung der Unterems und des DEK zwischen Papenburg und dem Dollart für
die Überführung von XXL-Schiffen.
Gemessen an diesem Ziel scheidet eine Werftverlagerung an die Küste,
mit der eine Überführung von Kreuzfahrtschiffen über die Ems entfiele, als
103
Planungsalternative zu dem nunmehr festgestellten Vorhaben bereits aus
formalen Gründen aus.
Als Alternativlösungen kommen grundsätzlich nur solche in Betracht, die die
Identität des geplanten Vorhabens unberührt lassen. Die Frage nach einer
Alternative ist somit stets abhängig von dem jeweiligen Planungskonzept.
Zwar sind möglicherweise Abstriche am Grad der Zielerfüllung hinzunehmen,
läuft eine Variante jedoch auf ein anderes Projekt hinaus, mit dem die vom
TdV ursprünglich verfolgten Ziele nicht mehr zu verwirklichen sind, kann von
einer
Alternative
nicht
mehr
gesprochen
werden
(BVerwG,
Urt. v. 17.01.2007, 9 A 20/05, Rn. 143, zitiert nach juris; Friesecke, Komm.
zum WaStrG, § 14, Rn. 38).
Mit einer Werftverlagerung an die Küste könnten von der Verwirklichung des
Vorhabens ausgehende Beeinträchtigungen zwar vermieden werden. Hiermit
wäre jedoch weder die Ertüchtigung der Schifffahrtsstraße noch die Erhaltung des Werftenstandortes Papenburg verbunden. Auch könnten die wirtschaftlichen Effekte für die Region voraussichtlich nicht erhalten werden, da
eine Werftverlagerung innerhalb der Region an die Küste ausgeschlossen
sein dürfte. Denn bei einer Verlagerung dürften osteuropäische Regionen mit
attraktiveren Standortfaktoren den Zuschlag erhalten.
Eine Werftverlagerung zöge hiernach nicht nur zumutbare Abstriche am Grad
der Zielerfüllung nach sich, sondern stellte sich als vollständig anderes Projekt dar, welches zudem nicht realisierbar wäre. Nach dem bereits unter
B.III.1.3 erörterten Gutachten des NIW (NIW-Gutachten, S. 50) ließen die
logistischen Probleme einer Verlagerung und die damit verbundenen Folgen
für den laufenden Produktionsbetrieb sowie die betriebswirtschaftlichen Aspekte der Finanzierung eines Werftneubaus eine Aufgabe des Standortes
Papenburg nur im Zuge einer Kapazitätserweiterung zu. Durch eine Kapazitätserweiterung an einem zweiten Standort würde die Werft jedoch ihre
Wettbewerbsvorteile in Form eines innovativen Intra-Logistikkonzeptes, einer
so genannten Kompaktwerft, einbüßen, da in der Folge doppelte Infrastrukturen vorgehalten werden müssten. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wäre
104
eine Verlagerung der Werft nur dann möglich, wenn sie an einen Standort im
Ausland mit einem geringeren Kostenniveau erfolgen würde.
Auch der Vorschlag einer Standortteilverlagerung entspricht nicht dem
Planungsziel.
Mit einer Teilverlagerung der Werft an einen Standort ohne nautische Begrenzungen an der Küste soll die Möglichkeit eröffnet werden, Schiffe in zwei
Stufen zu bauen.
In einer ersten Stufe könnten größere Schiffe zunächst in der Werft in
Papenburg mit einer noch nicht endgültigen Ausstattung gefertigt werden, so
dass sie mit einem geringeren Gewicht und in Folge dessen mit einem geringeren Tiefgang bis zur Emsmündung überführt werden können.
An einem zweiten Standort an der Küste sollen die Schiffe dann ihre Endausstattung und somit ihr endgültiges Gewicht erhalten.
Eine solche Standortteilverlagerung würde dem Ziel der Erhaltung des
Werftenstandortes Papenburg nicht gerecht werden, da zumindest ein Teil
der Produktion verlagert würde, was eine deutliche Schwächung des Standortes Papenburg nach sich zöge. So müssten allein vier Unternehmen ihren
Sitz an den zweiten Ausrüstungsstandort der Werft verlegen. Die Verringerung des regionalen Nachfrageanstoßes würde insgesamt zu geringeren indirekten und induzierten Beschäftigungseffekten von etwa 200 Vollzeitarbeitsplätzen in der Region Emsland-Leer führen (NIW-Gutachten, S. 53).
Auch das Ziel der Ertüchtigung der Ems fiele weg.
Folglich handelt es sich hierbei nicht um eine Alternative, die die Identität des
Vorhabens unberührt lässt.
Daneben wäre eine Standortteilverlagerung auch nicht realisierbar.
Die größten Einsparpotentiale das Gewicht betreffend entfallen neben Ankern, Ketten, Füllung von Kläranlagen und Rohren sowie losen Einrichtungsgegenständen (Stühle, Tische, gastronomisches Inventar etc.) auf die Kabinen und Nebenräume. Diese werden von einer externen Firma in Papenburg
komplett vorgefertigt und im Baukastensystem von der Werft eingebaut. Die
Dimension und die Anzahl der Kabinen sowie die Einbindung des Kabineneinbaus in den Produktionsprozess lassen einen Transport der Fertigkabinen
105
von Papenburg an einen Küstenstandort nicht zu. Der Einbau muss vielmehr
am Ort der Montage der Kabinen erfolgen. Somit bedürfte es zunächst des
Aufbaus eines zweiten Standortes der externen Herstellungsfirma am Küstenstandort der Werft. Da zudem viele Produktionsprozesse, u.a. der Kabineneinbau, parallel sowie mit Zulieferungen „just in time“ laufen und das bestehende Konzept der Werft über Jahrzehnte optimiert wurde, verlängerte
sich der Produktionsprozess bei einem erst späteren Einbau an der Küste mit
einem veränderten Zeitplan um 24 Wochen. Eine Standortteilverlagerung
würde im Ergebnis Mehrkosten verursachen, die sich zusammensetzen aus
den Kosten für die Investition und Unterhaltung eines zweiten Ausrüstungsstandortes, aus erhöhten Finanzierungs- und Versicherungskosten durch die
Bauzeitverlängerung, aus Personalmehraufwand durch einen zweiten Ausrüstungsstandort sowie aus zusätzlichen Betriebskosten des Schiffes durch
längere Energieversorgung aufgrund der Bauzeitverlängerung. Die Mehrkosten pro Schiff würden zwischen 38 und 45 Mio. € betragen. Dies entspräche
zwischen 6 und 8 % des Auftragswertes eines Postpanamax-Schiffes. Aufgrund der Wettbewerbssituation könnte diese Kostensteigerung nicht an den
jeweiligen Auftraggeber weitergegeben werden. Der erwartete Gewinn der
Meyer Werft beträgt lediglich 3 % der Auftragssumme. Eine kostendeckende
Fertigung wäre mit einer Standortteilverlagerung folglich nicht mehr möglich,
so dass die Gefahr einer Insolvenz der Werft drohte (NIW-Gutachten, S.
52f.).
Ebenfalls keine Planungsalternative stellt die Anpassung der Unterems nur
für das so genannte XL-Schiff dar.
Formuliertes Planungsziel ist eine Anpassung der Wasserstraße für das
XXL-Schiff. Dieser Plan ist, wie oben unter B.III.1 ausführlich dargestellt, gerechtfertigt, da der Bedarf für eine solche Anpassung aufgrund der zu erwartenden Nachfrage nach Kreuzfahrtschiffen in dieser Größenordnung nachgewiesen ist.
Eine Anpassung der Unterems nur für das XL-Schiff griffe daher zu kurz und
wäre aufgrund des erheblichen Maßes des Abweichens vom Zielerfüllungsgrad als ein anderes Projekt einzuordnen. Zudem wäre bereits zum jetzigen
106
Zeitpunkt ein weiteres Planfeststellungsverfahren für eine erneute Anpassung abzusehen, was aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht zu rechtfertigen wäre. Eine Beschränkung auf die Anpassung nur für das XL-Schiff
auf Dauer führte zu erheblichen Auftragseinbrüchen (ISL-Gutachten, S. 5-21)
und voraussichtlich zur Existenzvernichtung der Werft, jedenfalls in ihrer derzeitigen Ausrichtung, womit der Großteil der regionalökonomischen Effekte
wegfiele.
Um eine Alternative handelt es sich dagegen bei dem Vorschlag zur Überführung der Werftschiffe in so genannten „fluid mud“-Suspensionen, die mit
Hilfe des „in-situ-conditioning-Verfahrens“ unter gewissen Randbedingungen für Schiffskörper durchfahrbar gemacht werden können.
Bei einer Überführung im „fluid mud“ soll ein Schiff nicht in Wasser, sondern
in Weichschlick (fluid mud-Suspension) fahren. Auf diese Weise sollen Baggerungen der bisherigen Art entfallen können.
Definition von „fluid mud“
„Fluid mud“ zählt zu den HF-Formationen (Hyperconcentrated Flows). Hierunter sind hochkonzentrierte Feststoffsuspensionen zu verstehen, die eine
nur geringe Tendenz zur Konsolidierung aufweisen. Zwischen den einzelnen
Partikeln besteht ein enger räumlicher Kontakt. Die Hohlräume sind mit mikrobiellen Schleimen aufgefüllt. Der enge Kontakt, die Schleime und die daraus resultierende „Klebefähigkeit“ des organischen Feststoffmaterials stabilisieren diese Suspensionen so stark, dass sie detektierbare Ablagerungen
größeren Ausmaßes bilden.
Ausgangssysteme für „fluid mud“ sind Schwebstoffformationen, die aufgrund
ihres hohen organischen Anteils über ein äußerst geringes spezifisches Gewicht verfügen. Diese Teilchen können sich folglich recht lange in der
Schwebe halten. Sobald diese Teilchen zu sedimentieren beginnen, entsteht
„fluid mud“. Die mikrobiellen Schleime, welche einzelne Partikel in hoch konzentrierte Suspensionen verwandeln, werden von den angelagerten Bakterien erzeugt. Eine „fluid mud“-Lage muss sich in einem aeroben Zustand be-
107
finden, damit die angelagerten Bakterienkulturen die Schleime erzeugen
können. Die Schleime setzen die Reibung zwischen den einzelnen Partikeln
erheblich herab und sorgen für eine längere Schwebefähigkeit, da die
Schleime erheblich leichter sind als klares Wasser und somit für Auftrieb sorgen. Aufgrund der niedrigen Reibungskraft zwischen den Partikeln soll „fluid
mud“ die Durchfahrbarkeit mit Schiffen zulassen.
Wenn „fluid mud“ konsolidiert, d.h. wenn nach dem Absterben der aeroben
Substanzen durch mikrobiellen Abbau eine langfristige Verfestigung
ent-
steht, wird von der Entstehung von Schlick gesprochen (biogene Konsolidierung). Der Übergang von „fluid mud“ zu Schlick wird daher durch die Veränderung des aeroben in einen anaeroben Zustand bedingt (Rewert Wurpts:
Bestimmung der nautischen Sohle durch Anwendung rheologischer Parameter – 15 Jahre Erfahrung mit fluid mud, S. 4ff.).
In den von dem vorliegenden Planfeststellungsverfahren betroffenen Bereichen bestehen derzeit keine durchfahrbaren „fluid mud“-Suspensionen.
Vielmehr herrscht Schlick vor, welcher, wie oben beschrieben, in Folge der
Konsolidierung von „fluid mud“ entstanden ist. Dieser Schlick kann nicht von
Schiffen durchfahren werden, weshalb es der auch bislang durchgeführten
Baggerungen und der Verbringung des Schlicks bedarf.
Konsolidierter Schlick lässt sich jedoch unter gewissen Randbedingungen
(insbesondere bei nur sehr geringem Sandanteil) durch eine mechanische
Behandlung mittels Baggerverfahren („in-situ-conditioning-Verfahren“) soweit
wieder beleben, dass eine Resuspendierung, d.h. ein durch ein Schiff durchfahrbares Fluid („fluid mud“) entsteht.
Bewertung der Überführung von Werftschiffen im „fluid mud“
Eine Fahrt von Schiffen durch eine „fluid mud - Suspension“ ist nach dem
derzeitigen Stand der Technik aus praktischen Gründen nicht umsetzbar und
scheidet, wie nachfolgend dargestellt, aus.
Die physikalische Konsistenz von „fluid mud“ unterscheidet sich grundlegend
von Wasser und unterliegt zeitlich starken Veränderungen hinsichtlich Scher-
108
kraft, Fließgrenze und Viskosität. Der Schiffskörper ist hinsichtlich Fahrdynamik und Antrieb nicht auf die Bewegung in diesen Verhältnissen hin ausgelegt
Die Überführungsfahrt von Papenburg bis See ist aufgrund der damit verbundenen besseren Manövrierfähigkeit des Schiffes achterlich gerichtet, d. h.
sie erfolgt rückwärts. Eine achterliche Fahrt durch „fluid mud“ stellt eine Situation dar, für die weder der Schiffskörper und die Schiffsmaschinentechnik
konstruiert noch das nautische Personal ausgebildet ist. Das Kühlwasser der
Schiffsmotoren wird durch Siebe gefiltert von außenbords bezogen. Bereits
bei der bisher geübten Praxis der Fahrt nach Ausbaggerung der Ems mit geringer „under keel clearance“ (UKC), d. h. mit geringer Kielfreiheit über der
Schlicksohle, bestehen im Emswasser mit dem relativ hohen Gehalt an
Schwebstoffen Probleme, sauberes Kühlwasser über die Seekästen anzusaugen.
Bei einer Fahrt durch "fluid mud" würde das Schiff eingetaucht in die „fluid
mud“-Schicht bewegt und noch mehr Sedimentpartikel würden aufgenommen werden, wodurch die Filter viel schneller verstopfen. Zudem wäre mehr
Maschinenleistung abzurufen, um gegen den höheren Widerstand der „fluid
mud“–Schicht die erforderliche Fahrtgeschwindigkeit zu erzielen. Als Folge
stiege das Risiko von Maschinenausfällen stark an.
Die Hinweise zur Möglichkeit eines solchen Vorhabens beschränken sich auf
die Vorausfahrt (langsame Manövrierfahrt) in stehenden (Hafen-) Gewässern
mit gut bekannten und vergleichsweise homogenen Eigenschaften des „fluid
mud“. Im Gegensatz hierzu sind die physikalischen Eigenschaften des „fluid
mud“ in einem freien Fließgewässer wie der Ems derzeit nicht als bekannt
vorauszusetzen und unterliegen durch die regelmäßigen Tidebewegungen
einem steten Wandel. Die Fahrt durch „fluid mud“ selbst unter gewöhnlichen
und aus nautischer Sicht gut bekannten verkehrlichen Bedingungen ist in
einem Fließgewässer nicht erprobt. Eine Fahrt durch "fluid mud" kann ferner
nicht kursstabil vorgenommen werden. Es muss durch die Eigenschaften des
Materials mit einem unvorhersehbaren seitlichen Ausbrechen des Schiffes
gerechnet werden. Dieses ist bei den engen Fahrwasserverhältnissen der
Unterems nicht beherrschbar und daher bereits aus Gründen der Sicherheit
abzulehnen. Auch könnte die erforderliche Schiffsgeschwindigkeit nicht er-
109
reicht bzw. gehalten werden, wodurch die Gefahr bestünde, dass das Tidefenster nicht einzuhalten ist.
Zu beachten ist im Übrigen die Größe der Schiffe im Verhältnis zum Fahrwasser. Zur Vermeidung von Schäden an den Schiffen und des Gewässerbettes muss das Schiff präzise durch die Fahrrinne bewegt werden. Dabei
kommt es auf ein kalkulierbares Verhalten des Fahrzeugs an. Die Berechenbarkeit des Fahrverhaltens bildet auch die elementare Basis für das Simulatortraining der Schiffsführung. Da zur Reaktion auf unerwartete Schiffsbewegungen während einer Überführung sowohl in zeitlicher als auch räumlicher
Hinsicht kein Spielraum besteht, kommt eine Überführung im „fluid mud“
schon aus Sicherheitsgründen nicht in Betracht.
Bewertung des „in-situ-conditioning Verfahrens“
Darüber hinaus ist, unabhängig von der Frage der Möglichkeit der Überführbarkeit durch „fluid mud“, das „in situ-conditioning Verfahren“ nach dem derzeitigen Stand der Technik nicht geeignet, in den betroffenen Bereichen ein
durchfahrbares Fluid herzustellen.
Wie oben erläutert, ist Voraussetzung für eine Überführung durch „fluid mud“
die Behandlung des vorherrschenden Schlicks. Mit dem „in-situ-conditioning
Verfahren“, welches auch als Sedimentkonditionierungsmethode bezeichnet
wird, soll konsolidierter Schlick in ein von einem Schiff durchfahrbares Fluid
umgewandelt werden.
Dazu dient ein mechanisches Baggerverfahren, das dem Prinzip einer Saugbaggerung ähnelt. Hierbei wird das Material von der Gewässersohle entnommen und in den Laderaum gefördert, dabei belüftet und dann „in situ“
(am Ursprungsort) wieder eingebaut. Durch die Belüftung reaktivieren sich
die dem Schlick innewohnenden Mikroorganismen und verleihen durch ihre
Stoffwechselprodukte dem Sediment eine Art Auftrieb, wodurch der so belüftete Schlick sich nicht sofort wieder absetzt, sondern erst nach einer für das
Fließgewässer Ems allerdings unbekannten Zeitspanne.
Gegen dieses Verfahren spricht zunächst die starke Inhomogenität der Ausgangssedimente. Der Oberwassereinfluss, der noch im Bereich Papenburg
110
bis Leerort prägend ist, führt zu einer starken Schichtung und z.T. mächtigen
Sandschichten. Für nicht kohäsive Sedimente wie Sande ist eine in-situ Behandlung in der dargestellten Weise jedoch nicht möglich. Diese müssten
verfahrenstechnisch abgetrennt werden, was einen erhöhten Zeit- und Kostenaufwand darstellt.
Zusätzlich besteht die Schwierigkeit, dass die belüfteten Weichschlickschichten in unbekannter Zeit wieder konsolidieren und die anfänglich gewonnene
Mobilität bei der Überführung selbst möglicherweise nicht mehr vorhanden
ist. Das „in situ Verfahren“ kann nur in einem ähnlichen Zeitfenster umgesetzt
werden wie die derzeitige Baggerung. In dieser Zeit kann das Sohlmaterial,
wie oben beschrieben, abhängig von den Umweltbedingungen, jedoch wieder zu nautisch nicht zu durchfahrenden Horizonten degenerieren.
Schließlich existieren keinerlei Erfahrungen mit diesem Verfahren im Fließgewässer. Die technische Umsetzung wurde bisher nur in Bereichen mit geringen bis keinen Strömungsgeschwindigkeiten (z.B. Hafenbecken) praktiziert.
Neueste Untersuchungen
Vorstehend beschriebene Bedenken konnten auch durch neueste Untersuchungen zu Unterhaltungsverfahren im Wege einer Sedimentkonditionierung
bislang nicht ausgeräumt werden.
Im Jahre 2009 wurde in Anlehnung an die vom damaligen Niedersächsischen Hafenamt (heute: Niedersachsen Ports – Niederlassung Emden) Ende
der 1980er Jahre für die Hafenunterhaltung entwickelte und seit etwa 1994
praktizierte in situ Behandlung von Sedimenten ein Pilotversuch im Emder
Fahrwasser zur Erkundung der Übertragbarkeit der Methode in ein zu unterhaltendes Fließgewässer durchgeführt.
Bei diesem Verfahren nimmt ein Laderaumsaugbagger Sohlsedimente auf
und verändert bei der Aufnahme durch die mechanische Einwirkung (Scherkraft) die Konsistenz. Dies gilt nur für bindige, organische Böden mit thixotroper Eigenschaft. Durch die Verweilzeit im Laderaum und eine dadurch bedingte kurze Kontaktzeit mit Luftsauerstoff während des Vorganges verändert
sich der chemisch-biologische Zustand des Baggergutes.
111
Erfahrungen mit der Konditionierungsmethode erstreckten sich bislang auf
den Baggererfolg und den Einfluss auf die Manövrierbarkeit in einem Hafenbecken mit weitgehend konstanten Randbedingungen. Im Rahmen des Versuches mussten daher unterschiedliche Merkmale berücksichtigt werden,
welche in nachfolgender Gegenüberstellung von Merkmalen eines Hafenbeckens wie im Emder Außenhafen und Merkmalen der Tideems dargestellt
sind.
Emder Außenhafen
Tideems
Sedimentologische und baggertechnische Merkmal
1
nach außen abgegrenztes, nach außen offenes, ästuares Benur einseitig offenes Bewirt- wirtschaftungsgebiet mit Interaktion
schaftungsgebiet
hinsichtlich Wasser, Sediment, Biologie und Chemie
2
flächig konstante Unterhal- differenziert
tungstiefen
3
nautisch
notwendige
Tiefen
konstantes, homogenes Se- nach Ort und Zeit veränderliche Zudimentinventar
mit
einem sammensetzung der Sedimente mit
vernachlässigbaren Sandan- Sandgehalten zwischen 0 und 100
teil
4
%
geringe Durchströmung mit ständig nach Ort und Zeit verändergeringen
Strömungsge- liche Strömungsgeschwindigkeiten
schwindigkeiten
5
keine oder nur sehr geringe durch ständig wirkende Strömung
Verdriftung von Sedimenten stetiger und weiträumiger Sedimentinfolge Strömung
6
transport
kein Transport von Sedimen- Verdriftung durch „tidal pumping“
ten in unterhaltungstechnisch vor allem nach stromauf und in unschwierige Bereiche
terhaltungsintensive Bereiche (Unterems, Sielhäfen, Muden,…)
7
keine
bis
geringe
natur- direkter Kontakt zu großräumig um-
schutzfachliche und ökologi- gebenden Wasserkörper, maßgesche Randbedingungen und bende Randbedingungen aus FFH,
Risiken
WRRL,
baggertechn.
Richtlinien,
112
etc.
Merkmale der Schiffsicherheit und Manövrierbarkeit
8
unmittelbare
Schlepperver- keine
fügbarkeit
9
geringe
keiten
unmittelbare
Schlepperver-
fügbarkeit
Schiffsgeschwindig- normale Fahrtgeschwindigkeit mit
mit
entsprechenden ggf. größeren negativen Wirkungen
geringen negativen Wirkun- von Fluid Mud auf Steuer- und Magen von Fluid Mud auf Steu- növrierbarkeit
er- und Manövrierbarkeit
Als mögliche Nachteile einer Sedimentkonditionierung in der Tideems wurden folgende benannt:
• Unbekannte Verdriftung des konditionierten Materials und dadurch unvorhersehbar auftretende Probleme in nautischer Hinsicht (Beeinträchtigung der
Sicherheit bzw. Manövrierfähigkeit von Schiffen)
• Erhöhter Baggeraufwand an anderer Stelle bei einer nennenswerten Verdriftung
• Verstärkung eines stromauf gerichteten „tidal pumping“-Effektes in die Unterems
• Probleme ökologischer Art (Sauerstoffzehrung, Trübung)
• Erhöhter Monitoringaufwand durch das unvorhersehbare Verlagerungsverhalten der konditionierten Sedimente und das für die Schifffahrt existierende
Gefährdungspotential
Als Ergebnis konnte in Beantwortung der im Rahmen der Versuchsaufstellung aufgrund vorstehend dargestellter Erwägungen aufgeworfenen Fragen
nach Durchführung des Naturversuches Folgendes festgehalten werden:
Durch den Versuch konnte nachgewiesen werden, dass die Methode technisch in der Lage ist, junge und alte Sedimente aufzunehmen und der Sohle
wieder zuzuführen. Der Aufwand für alte, konsolidierte Sedimente war jedoch
um ein Mehrfaches höher.
113
Die mit verschiedenen Frequenzen durchgeführten Echolotpeilungen sowie
das parametrische Echolot (SES 2000) lieferten keine eindeutigen und widerspruchsfreien Ergebnisse. Eine belastbare Aussage über das Maß des
mit der Konditionierung ereichten Tiefeneffektes und dessen flächenmäßiger
Ausdehnung innerhalb eines Einsatzgebietes war auf der Grundlage des Pilotversuches nicht möglich. Aus diesen Gründen konnte auch die Frage nach
der Dauer des Zugewinns an nautischer Tiefe und der Rekonsolidierung des
„fluid muds“ nicht eindeutig beantwortet werden.
Eine abgesicherte Bewertung des Unterhaltungseffektes der Konditionierungsmethode ist auf Basis der Messergebnisse des Pilotversuches folglich
nicht möglich.
Es wurde dennoch beschlossen, die Konditionierung weiter zu erproben, um
zu zuverlässigen, abschließenden Einschätzungen zu gelangen. Unter Berücksichtigung der Erfahrungen im Rahmen des Pilotversuches wurde daher
Ende des Jahres 2011 ein weiterer optimierter Naturversuch in der Ems
durchgeführt. Dieser wird derzeit ausgewertet. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass sich auch hieraus weitere Frage ergeben werden, welche möglicherweise in weiteren Versuchen geklärt werden müssen. Zu berücksichtigen
ist auch, dass nautische Aspekte im Rahmen der Versuchsdurchführung bislang weitgehend unberücksichtigt blieben.
Folglich ist nach dem derzeitigen Stand der Technik die Durchführung auch
dieser Alternative nicht möglich.
Die fehlende Umsetzbarkeit der Alternative der Überführung der Werftschiffe
im so genannten „fluid mud“ bzw. mit Hilfe des „in-situ-conditioning Verfahrens“ steht zur Überzeugung der Planfeststellungsbehörde fest aufgrund
der Angaben der Träger des Vorhabens sowie einer Abstimmung mit den
Dezernaten „Regionales Management“ und „Schifffahrt“ der Wasser- und
Schifffahrtsdirektion Nordwest.
114
3.
Darstellung und Bewertung der öffentlichen Belange
3.1
Umweltauswirkungen
Der Ausbau der Bundeswasserstraßen Ems und DEK ist auch aus naturschutzrechtlicher Sicht zulässig. Soweit von dem planfestgestellten Vorhaben
erhebliche Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVPG ausgehen, wird
hierfür durch die im Beschluss angeordneten Kompensationsmaßnahmen
Ersatz geschaffen. Erhebliche Beeinträchtigungen von Gebieten, die seitens
des Landes als EU-Vogelschutzgebiete erklärt bzw. als FFH Gebiete gemeldet wurden, sind durch das Vorhaben nicht zu erwarten. Auch anderweitig
gemeinschaftsrechtlich geschützte Gebiete werden nicht erheblich tangiert.
Mangels Verschlechterung der Gesamtsituation der betroffenen Arten entstehen vorhabensbedingt ebenso keine unwiederbringlichen Einbußen für
den Artenschutz. Weiterhin steht das Vorhaben und insbesondere dessen
Auswirkungen auf das Wasser der Erreichung der Umweltziele der Richtlinie
2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2000
zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im
Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)) und der Erreichung der Bewirtschaftungsziele nach §§ 27 bis 31 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) nicht im Wege.
3.1.1
Zusammenfassende Darstellung
Grundlage der zusammenfassenden Darstellung bilden die vom Träger des
Vorhabens vorgelegten Unterlagen nach § 6 UVPG, weitere Untersuchungen, die der Träger des Vorhabens im Laufe des Verfahrens vorgelegt hat,
die behördlichen Stellungnahmen nach § 7 UVPG, die Stellungnahmen der
Umwelt- und sonstigen Interessenverbände, die Äußerungen der Öffentlichkeit gem. § 9 UVPG sowie eigene Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde.
In der zusammenfassenden Darstellung werden alle entscheidungserheblichen Informationen aufbereitet. Es werden bau-, betriebs- und anlagebeding-
115
te Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens dargestellt, soweit diese
durch das Vorhaben verursacht werden. Die Reihenfolge kann aus Gründen
der verständlicheren Darstellung bei den einzelnen Schutzgütern variieren.
Ebenso werden Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von Auswirkungen teilweise in der zusammenfassenden Darstellung erörtert, teilweise aber auch erst im Rahmen der Bewertung der Auswirkungen.
Aus der Reihenfolge der Darstellung ergibt sich keine Wertung der Planfeststellungsbehörde. Die Systematik der Darstellung leitet sich aus Gründen
des besseren Verständnisses allein aus dem Verlauf der Ursachenkette ab.
Die nachfolgende Darstellung der Auswirkungen beschränkt sich nicht nur
auf die Auswirkungen, die die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, sondern
umfasst alle festgestellten bzw. prognostizierten Auswirkungen. Eine Bewertung der Auswirkungen erfolgt anschließend unter Punkt B.III.3.1.2.
Die Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen der planfestgestellten Maßnahme erfolgt getrennt nach der Art der Maßnahmen. Zum
Einen werden die Auswirkungen des Umbaus der Jann-Berghaus-Brücke
geprüft und zum Anderen die Auswirkungen, die die wasserbaulichen Anpassungsmaßnahmen verursachen. Überlagerungswirkungen sind grundsätzlich nicht zu erwarten. Sofern es im Einzelfall doch zu sich überlagernden Wirkungen der Maßnahmen kommen sollte, wird dies gesondert
dargestellt.
In Bezug auf die Fahrrinnenverlegung von Ems-km 14,4 bis 15,9 werden
von den einzelnen Gutachtern teilweise unterschiedliche Begriffe benutzt,
um die Örtlichkeit dieses Maßnahmebereiches zu lokalisieren. Der Maßnahmebereich wird Leer, Leerort, Ledamündung oder auch Fahrrinne im
Bereich der Jann-Berghaus-Brücke genannt. Gemeint ist bei allen Begrifflichkeiten der Maßnahmebereich Ems-km 14,4 bis 15,9.
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke, der inzwischen abgeschlossen ist,
hat aus unterschiedlichen Gründen mehr Zeit in Anspruch genommen, als
ursprünglich seitens der Träger des Vorhabens hierfür geplant war. In Be-
116
zug auf die Schutzgüter des UVPG ergeben sich durch die verlängerte
Bauzeit jedoch keine Veränderungen der maßgeblichen Aussagen der
UVU, die zusammen mit den anderen Planunterlagen ausgelegen hat.
Dies haben die Träger des Vorhabens durch gutachterliche Stellungnahmen überzeugend dargelegt (Stellungnahmen des Büros regionalplan &
uvp, Diekmann & Mosebach vom 29.5.2009, 20.4.2009, 30.10.2008).
Aufgrund der Tatsache, dass Teile des Vorhabens durch eine vorläufige
Anordnung bereits im November 2007 genehmigt wurden, sind bei Erlass
dieses Beschlusses die entsprechenden Teilbereiche des Vorhabens bereits verwirklicht. Diese Teilbereiche wurden in diesem Beschluss nochmals vollumfänglich überprüft.
3.1.1.1
Auswirkungen auf den Menschen
Das Schutzgut umfasst die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, nicht hingegen die ökonomischen und sozialen Folgen für den Menschen und die
menschliche Gesundheit (vgl. Hoppe Komm. zum UVPG, 3. Aufl. § 2 Rn.
25 mwN).
Betrachtet werden daher die Auswirkungen des Vorhabens auf die Wohnund Erholungsfunktion des von dem Ausbauvorhaben betroffenen Gebietes.
Als tatbestandsrelevante Auswirkungen kommen beispielsweise Körperschäden, Krankheiten, somatische Funktionsstörungen sowie Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität, etwa durch Lärm in Betracht (vgl. Hoppe
Komm. zum UVPG, 3. Aufl. § 2 Rn. 25 mwN).
In Bezug auf das Schutzgut Mensch verursacht das Vorhaben in erster Linie
baubedingte Auswirkungen. Anlage- und betriebsbedingt ergeben sich durch
das Vorhaben weitestgehend keine relevanten Auswirkungen auf den Menschen. Nach dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke wird die Widmung der
Brücke bzw. die Verkehrssituation auf der Straße nicht verändert. Die neue
117
Infrastruktur der Wasserstraße erlaubt zwar größeren Schiffsgefäßen, die
Ems zu passieren, dies führt jedoch nicht zu Immissionen, die im Vergleich
zur Istsituation relevant sein könnten (Stellungnahme des TDV Landkreis
Leer vom 01.12.2008 – per E-Mail). Relevante anlagebedingte Auswirkungen
werden demgemäß durch das planfestgestellte Vorhaben nicht verursacht.
Betriebsbedingt sind lediglich die Unterhaltungsbaggerungen betrachtungsrelevant. Der Betrieb der Brücke wird sich aus oben angeführten Gründen im
Vergleich zur Istsituation nicht verändern.
Bei der Prüfung, inwieweit durch das planfestgestellte Vorhaben schädliche
Immissionen hervorgerufen werden, ist zwischen den Immissionen, die durch
den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke verursacht wurden und den Immissionen, die durch die Herstellung der neuen Topografie der Wasserstraße entstanden sind bzw. entstehen werden, zu unterscheiden. Wie bereits an anderer Stelle erörtert, werden die Immissionen getrennt dargestellt, da sich
überwiegend keine Überlagerungswirkungen einstellen. Lediglich im Bereich
der Jann-Berghaus-Brücke fielen vom 25.03. bis 26. 03.2008 sowie vom
17.09. bis 18.09.2008 die wasserbaulichen Maßnahmen und die Umbaumaßnahme an der Brücke zeitlich und räumlich zusammen. Zusätzliche Beeinträchtigungen für das Schutzgut Mensch ergeben sich hieraus jedoch
nicht, da die Nassbaggerarbeiten selbst zum Zeitpunkt der Rammarbeiten als
geräuschintensivste Arbeit an der Jann-Berghaus-Brücke nach Aussage des
Ingenieurbüros Zech lärmtechnisch nicht ins Gewicht fallen (Stellungnahme
Ingenieurbüro Zech vom 28.11.2008- per E-Mail).
a) Auswirkungen auf die Wohnfunktion
Unter diesem Gesichtspunkt werden mögliche Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens durch Immissionen dargestellt.
aa)
Auswirkungen durch Schallimmissionen
Istzustand: Auch ohne das planfestgestellte Vorhaben werden durch den bereits bestehenden Schiffsverkehr auf den Bundeswasserstraßen Ems und
118
DEK und den Straßenverkehr auf der B 436 (Jann-Berghaus-Brücke) Schallemissionen erzeugt. Schiffslärm wird dabei von Menschen generell als weniger störend empfunden, als durch PKW verursachter Verkehrslärm. Dies
hängt mit der geringeren Fahrzeugdichte auf Wasserstraßen zusammen als
auch - lautstärkeunabhängig - mit den unterschiedlichen Tonfrequenzen und
der unterschiedlichen Dynamik. Beim laufenden Schiffsverkehr wird kein Aufund Abschwellen des Lärmpegels wie sie beim Beschleunigen von Motorrädern oder Autos entstehen erzeugt, was bei gleicher Lautstärke als unangenehmer empfunden wird als gleichmäßig tieffrequente Schiffsmotoren mit
geringer Dynamik (vgl. UVU Planunterlage F, S.218).
In der UVU sind keine quantitativen Angaben zur derzeitigen Lärmimmissionssituation enthalten. Da sich durch das planfestgestellte Vorhaben wie bereits oben dargestellt wurde, keine relevanten anlage- oder betriebsbedingten Änderungen der Immissionssituation ergeben, sind diese Angaben zur
Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nach Auffassung der
Planfeststellungsbehörde auch nicht erforderlich. Die AVV Baulärm, die für
die Beurteilung der baubedingten Schallimmissionen maßgeblich ist, enthält
keine Regelung zur Berücksichtigung anderer, bereits vorhandener Geräusche.
aaa) Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
-
baubedingte Auswirkungen
Zur Ermittlung der Auswirkungen des Baulärms hat der Träger des Vorhabens durch die Ingenieurgesellschaft Zech eine schalltechnische Prognose
erstellen lassen (Schalltechnischer Bericht Nr. LL3509.1/02). Diese Bauschallimmissionsprognose ist Bestandteil der ausgelegten Planunterlagen
(Planunterlage K 5). Gegenstand der Prognose sind die Geräuschimmissionen eines exemplarischen Bauablaufs des planfestgestellten Umbaus der
Brücke. Es wurden die Schallimmissionen für das Einbringen der Spundwandbohlen mittels Hochfrequenzrüttler und mittels Freifallramme im Umfeld
der Jann-Berghaus-Brücke - einschließlich der nächstgelegenen relevanten
Immissionsorte - berechnet sowie die Schallimmissionen durch die Betonier-
119
arbeiten. Dabei wurde ein Radius von ca. 1000 m um den Baustellenbereich
betrachtet.
Der Umbau der Brücke, der bereits Gegenstand der vorläufigen Anordnung
vom 16. Nov. 2007 war, ist nunmehr abgeschlossen. Die Planfeststellungsbehörde hatte in der vorläufigen Anordnung unter A.III.2.2 angeordnet, dass
das Einbringen der Stahlspundwandbohlen und der Stahlpfähle zur Tiefgründung sowie die Betonierarbeiten auf die Tageszeit von 07.00 bis 20.00 Uhr
zu begrenzen sind. Weiterhin hatte die Planfeststellungsbehörde Lärmreduzierungsmaßnahmen angeordnet.
Mit Schreiben vom 10. 10. 2008 hat der Landkreis Leer als Träger des Vorhabens für den Umbau der Brücke zu den bis dahin durchgeführten Arbeiten
an der Brücke Stellung genommen. Der Stellungnahme ist zu entnehmen,
dass die Spundwände mit einem Hochfrequenzrüttler eingebracht wurden.
Für die Bauwerkspfähle ist ein Mischverfahren zum Einsatz gekommen. Die
Pfähle sind bis zum Wasserspiegel mit einem Hochfrequenzrüttler eingebracht worden. Unter Wasser wurde mit einer Dieselramme gearbeitet. Eine
Freifallramme wurde nicht eingesetzt.
Die von der Ingenieurgesellschaft Zech prognostizierten Werte für das Rammen mittels Freifallramme sind demgemäß für den konkret zu beurteilenden
Fall nicht von Relevanz, da dieses Bauverfahren keine Anwendung gefunden
hat. Für die Beurteilung der Unterwasserrammarbeiten liegen der Planfeststellungsbehörde Messergebnisse vor.
Für die Prognosen wurden die Schallimmissionen in der Nachbarschaft als
Wirkpegel (unter Berücksichtigung eines kontinuierlichen Dauerbetriebes)
nach DIN ISO 9613-2 E mit dem Berechnungsprogramm SoundPLAN 6.4
ermittelt. Zur Berechnung der Beurteilungspegel hat der Gutachter gemäß
AVV – Baulärm weiterhin eine Zeitkorrektur in Ansatz gebracht. Hinsichtlich
der Einzelheiten wird auf den Schalltechnischen Bericht Nr. LL3509.1/02
(Planunterlage K) Bezug genommen.
120
Die Lärmdaten wurden für die umliegende Wohnnachbarschaft erfasst, um
die Einwirkungen des Baulärms auf den nächstgelegenen Wohnbereich beurteilen zu können. Der Ortsteil Leerort ist dabei von dem Baulärm am
Stärksten betroffen gewesen, da er die kürzeste Entfernung zur Baumaßnahme aufweist. Die nächstgelegenen Bebauungen/Siedlungseinheiten
(Stadt Leer, Kindergarten/Wohnnutzung, An der Emsbrücke) befinden sich
jenseits des Deiches in einem Abstand zum betreffenden Brückenabschnitt
von > 200 m.
Alle anderen Bereiche sind weiter von der Baustelle entfernt und damit dem
Baulärm weniger stark ausgesetzt gewesen.
Die vorgelegten Untersuchungen sind aus Sicht der Planfeststellungsbehörde geeignet, die von dem Vorhaben verursachten Schallimmissionen darzustellen und zu bewerten. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Emissionswerte nicht sachgerecht ermittelt und in die Prognose eingestellt wurden oder
dass die Ausbreitungsrechnung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
Nach diesen Berechnungen ergeben sich für die Arbeiten mit einem Hochfrequenzrüttler unter Zugrundelegung der Zeitkorrektur Beurteilungspegel
zwischen 47 und 57 dB(A).
121
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf nachstehend abgedruckte Karte verwiesen.
122
Im Zuge der Errichtung des neuen Stützpfeilers sind Betonierarbeiten durchgeführt worden. Beispielsweise wurde zur Abdichtung der Baugrube Unterwasserbeton und dann die Fundamentplatte des neuen Pfeilers 6a eingebracht. Der Pfeiler 6a selbst besteht auch aus Stahlbeton. Darüber hinaus
wurden Betonierarbeiten für den Überbau der Brücke notwendig.
Laut Prognose des Ingenieurbüros Zech sind für die Betonierarbeiten im Bereich der nächstgelegenen Wohnbebauung unter Zugrundelegung der Zeitkorrektur Immissionspegel von 44 dB(A) bis zu 54 dB(A) zu betrachten.
123
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf nachstehend abgedruckte Karte verwiesen.
Da der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke nunmehr abgeschlossen ist, kann
die Planfeststellungsbehörde neben den oben dargestellten Prognosen konkrete Erkenntnisse und Daten aus dem Bauablauf heranziehen.
124
Laut Vermerk der Firma Grote – Oberbauleitung Umbau Jann-BerghausBrücke – vom 03.06.2009 wurde für die Pfahlgründung vom 15.02.2008 bis
zum 28.03.2008 ca. 70 x für 1,5 Minuten gerüttelt. Bei 37 Arbeitstagen entspricht dies einer durchschnittlichen täglichen Einsatzdauer des Rüttlers von
weniger als 3 Minuten. Für die Errichtung des Spundwandkastens wurde
zwischen dem 27.03.2008 und dem 01.04.2008 bzw. zwischen dem
07.04.2008 und dem 10.04.2008 ca. 72 X 5 Minuten gerüttelt. Bei 9 Arbeitstagen entspricht dies einer durchschnittlichen täglichen Einsatzdauer des
Rüttlers von ca. 40 Minuten. Weiterhin wurde am 11.04.2008 für die Rohrpfähle der Behelfsbrücke insgesamt 55 Minuten gerüttelt. Hieraus ergibt sich
der Ansatz einer Zeitkorrektur von 10 db(A).
Die Zeit des tatsächlichen Einbringens der Spundwandbohlen durch den
Hochfrequenzrüttler wurde bereits in der vorläufigen Anordnung vom
16.11.2007 auf 8 Stunden täglich begrenzt. Diese Vorgabe wurde, wie vorstehend dargestellt, weit unterschritten.
Laut Vermerk des Ingenieurbüros Grote zu den durchgeführten Rammarbeiten mit Datum vom 18.02.2009 wurde eine Lärmpegelmessung für die Unterwasserrammung durchgeführt. Hierbei wurde ein Wert von 50 dB (A) ermittelt. Dieser Wert ist gemäß der Zeitkorrektur nach Ziff. 6.7 der AVV Baulärm noch entsprechend nach unten zu korrigieren.
Für die Pfahlgründung wurde laut Vermerk des Ingenieurbüros Grote vom
15.02.2008 bis zum 28.03.2008 an 37 Arbeitstagen ca. 1993 Minuten
gerammt. Dies entspricht einer durchschnittlichen täglichen Einsatzzeit des
Rammgerätes von fast 54 Minuten, also weniger als eine Stunde am Tag.
Hiernach ergibt sich eine Zeitkorrektur von 10 dB (A).
Die von der Ingenieurgesellschaft Zech prognostizierten Werte für das Rammen mittels Hydraulikbär bzw. Freifallramme sind wie bereits dargelegt wurde, für den konkret zu beurteilenden Fall nicht mehr von Relevanz, da dieses
Bauverfahren keine Anwendung gefunden hat.
125
Weiterhin konnte die Planfeststellungsbehörde die Betriebszeiten für die Betonierarbeiten für die Prüfung heranziehen. Eine Auswertung der vorgelegten
Betriebszeiten für die Betonierarbeiten hat eine durchschnittliche tägliche
Arbeitszeit von 3,08 Stunden ergeben. Hiernach ist gemäß AVV Baulärm für
die Betonierarbeiten eine Zeitkorrektur von 5 dB (A) anzuwenden.
Umleitungsverkehr
Während der insgesamt .13 Monate dauernden Sperrung der Brücke wurde
der Verkehr umgeleitet. Hierdurch haben die Schallimmissionen auf den Umleitungsstraßen entsprechend zugenommen.
Baustellenverkehr
Während einzelner Baumaßnahmen z.B. Betonierarbeiten ergaben sich
Schallimmissionen durch die Baustellenfahrzeuge.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Anlagebedingte Auswirkungen ergeben sich durch den Umbau der Brücke
nicht. Die Brücke als Bauwerk verursacht keine nennenswerten Schallemissionen.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Relevante betriebsbedingte Auswirkungen sind durch das planfestgestellte
Vorhaben im Zusammenhang mit dem Umbau der Brücke nicht zu erwarten,
da sich die Widmung der Brücke für den Straßenverkehr durch den Umbau
nicht verändert. Der nach dem Umbau auf der Brücke stattfindende Verkehr
wird sich nicht von dem Verkehr unterscheiden, der vor dem Umbau auf der
Brücke zugelassen war. Auch in tatsächlicher Hinsicht ist nicht von einer vorhabensbedingten Veränderung des Betriebes auf der Brücke auszugehen,
da sich die Situation auf der Brücke für den Fahrzeugverkehr nicht verändert.
Es findet keine Verbreiterung der Fahrbahn o.ä. statt. Die neue Klappe wird
wie die alte mit einem hydraulischen Antrieb angetrieben. Dieser ist weitge-
126
hend geräuschlos, weil sich die Motoren in einem festen Gebäude befinden
und hierdurch die Geräusche unterhalb der Wahrnehmungsgrenze gedämmt
werden.
Der Belag der Brücke ist ebenfalls nicht lauter geworden. Es wurde ein Belag
mit den gleichen Eigenschaften und gleicher Beschaffenheit des ursprünglichen Brückenbelages hergestellt. Das einzige Geräusch, das näher an die
Anlieger gerückt ist, ist die Klingel beim Ablassen der Schranke. Da es sich
hierbei um eine Warneinrichtung handelt, kann hierauf nicht verzichtet werden und auch die Lautstärke der Klingel nicht verringert werden. Die Brücke
wird nicht öfter geklappt als früher, da hierfür ausschließlich der Verkehr auf
der Ems maßgeblich ist. Die Zeitdauer der Öffnung hat sich um bis zu ca. 80
Sekunden je Klappvorgang erhöht. Die Zeitdauer ist von der Geschwindigkeit, Größe und Anzahl der die Brücke jeweils passierenden Schiffe und dem
Tidestrom abhängig (Stellungnahme des TdV vom 26.09.2011 – per E-Mail).
bbb) Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Auch die planfestgestellte Anpassung der Bundeswasserstraßen verursacht
Schallimmissionen. Diese entstehen durch die einmaligen Baggeraktivitäten
zur Herstellung der beantragten Fahrrinnenanpassung sowie durch die in
unregelmäßigen Abständen wiederkehrenden Unterhaltsbaggerungen (jeweils unter Einsatz von Hopperbaggern).
-
baubedingte Auswirkungen
Die Schallemissionen entstehen durch die Baggeraktivitäten des Schiffes
(Hopperbagger). Im Streckenabschnitt Ems-km 31,0 bis 37,0 und Ems-km
40,0 bis 40,5 ist vorgesehen, die Hopperbagger durchgängig 24 Stunden pro
Tag an 7 Tagen die Woche einzusetzen.
Die tägliche Betriebszeit der Baggerungen liegt in den übrigen Streckenabschnitten innerhalb von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr an 7 Tagen die Woche bei
einer Dauer von im Regelfall max. 10 Stunden pro Tag.
127
Die effektiven Baggerzeiten betragen maximal 1/3 der vorgenannten Betriebszeiten, da das jeweilige Schiff das aufgebaggerte Material nicht an Ort
und Stelle verbringt, sondern an die einzelnen Unterbringungsstellen fährt.
Die Träger des Vorhabens haben einen schalltechnischen Bericht der Ingenieurgesellschaft Zech (Bericht Nr. LL3509.1/01) vorgelegt, der Bestandteil
der ausgelegten Planunterlagen ist (Planunterlage K 4). Das Untersuchungsgebiet umfasst die Strecke zwischen Papenburg und Emden und berücksichtigt die örtlichen und topografischen Gegebenheiten. Es wurden Beurteilungspegel für 24 Punkte entlang der Ems berechnet. Die Verortung der einzelnen Immissionspunkte ergibt sich aus nachfolgender Darstellung.
128
Zur Ermittlung der zu erwartenden Schallemissionen wurden Schallimmissionsmessungen im Bereich von Nassbaggerarbeiten mittels Hopperbagger
durchgeführt. Die Messungen erfolgten am Ufer während eines Betriebszyk-
129
lus mit Absaugung des Baggergutes während der Fahrt und anschl. Wendemanöver des Baggerschiffes.
Die Schallleistungspegel, die sich in der Nachbarschaft der Baumaßnahmen
an den oben dargestellten Punkten ergeben, wurden anschließend nach DIN
ISO 9613-2 E berechnet. Hierbei wurde auch die für die Schallausbreitung
günstige Witterungsbedingung berücksichtigt. Bei der Schallausbreitungsberechnung wurde das Berechnungsprogramm SoundPLAN 6.4 verwendet.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den schalltechnischen Bericht Nr.
LL3509.1/01 Bezug genommen.
Von der Stadt Emden (B -0010) wurde die Frage aufgeworfen, ob Punkt
6.6.3 der Anlage 2 zur Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen
Baulärm (AVV Baulärm) Berücksichtigung gefunden habe. Dieses wurde seitens des Gutachters Herrn Gerling bestätigt. Man habe im Rahmen der
schalltechnischen Untersuchung zu den Nassbaggerarbeiten Immissionsmessungen beim Betrieb des Hopperbaggers durchgeführt. Die Messungen
erfolgten am Ufer während eines repräsentativen Betriebszyklusses mit Absaugung des Baggergutes während der Fahrt und anschließendem Wendemanöver des Schiffes. Nach Aussage des Gutachters traten hierbei weder
subjektiv noch messtechnisch relevante Einzeltöne hervor, die gemäß 6.6.3
der AVV Baulärm einen Lästigkeitszuschlag erfordern würden (Stellungnahme des TdV vom 25. Juni 2008 – per E-Mail).
Für die Verklappung des Materials ergeben sich keine anderen Schallimmissionen. Die Verspülung an Land erfolgt auf bereits genehmigten Spülfeldern,
so dass sich in diesem Zusammenhang kein Bedürfnis für die Betrachtung
dieser Immissionen ergibt.
Die vorgelegten Untersuchungen sind aus Sicht der Planfeststellungsbehörde geeignet, die von dem Vorhaben verursachten Schallimmissionen darzustellen und zu bewerten. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Immissionswerte nicht sachgerecht ermittelt und in die Prognose eingestellt wurden
oder dass die Ausbreitungsrechnung nicht ordnungsgemäß durchgeführt
wurde.
130
An den nächstgelegenen relevanten Immissionsorten im Umfeld der wasserbaulichen Maßnahmen (IP 01 – IP 24) werden bei Ansatz einer 24-stündigen
Baggeraktivität pro Tag im Dauerbetrieb Beurteilungspegel zwischen 29 und
51 dB(A) errechnet.
Bei Ansatz einer Zeitkorrektur, die sich daraus ergibt, dass die Einsatzzeiten
für die eigentlichen Baggerarbeiten in den Streckenabschnitten nur maximal
ca. 1/3 der gesamten Arbeitszeit einnehmen (Das Schiff ist in der restlichen
Betriebszeit zu den Spülfeldern bzw. Klappstellen unterwegs und löscht)
werden im Ergebnis der Schallausbreitungsrechnung Beurteilungspegel zwischen 24 und 46 dB (A) tags und zwischen 24 und 43 dB (A) nachts ermittelt
(vgl. nachfolgende Tabelle).
131
132
-
anlagebedingte Auswirkungen
Die neue Topografie der Bundeswasserstraßen erlaubt die Passage größerer
Schiffsgefäße. Hierdurch wird sich jedoch die Immissionssituation nicht relevant verändern, da mit der Schiffsgröße die Lautstärke der maßgeblichen
Emissionsquellen nicht proportional zunimmt (Stellungnahme des TdV vom
01.12.2008 – per E-Mail).
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Um die Fahrwassertiefen für das Bemessungsschiff bei Bedarf wiederherzustellen, sind Baggerungen notwendig, die sich hinsichtlich der Auswirkungen
nicht von den unter dem Aspekt – baubedingte Auswirkungen – dargestellten
Immissionen sowie von den bereits für die Aufrechterhaltung des Istzustandes notwendigen Unterhaltungsbaggerungen unterscheiden. Für die Unterhaltung der Fahrwassertiefen wird auch mit Hopperbaggern gearbeitet. Es ist
nach gutachterlicher Aussage bzw. nach Aussage des TdVs davon auszugehen, dass betriebsbedingt 30 % weniger Baggerungen zu erwarten sind, als
baubedingt.
bb) Auswirkungen durch Luftschadstoffe
Die Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens durch Luftschadstoffe
sind unter Ziffer B.III.3.1.1.4 unter dem Schutzgut Luft behandelt. Im Folgenden werden daher nur die wesentlichen Aspekte zusammenfassend aufgeführt. Im Übrigen wird auf B.III.3.1.1.4 verwiesen.
Der Ist-Zustand stellt sich nach den Angaben in der UVU anhand der Messergebnisse und Auswertungen der vergangenen Mittelwerte der Jahre 2001
– 2005 so dar, dass alle betrachteten Luftschadstoffe deutlich unterhalb der
Immissionsgrenzwerte nach der 22. BImSchV und TA Luft bleiben. Dies gilt
auch für die zwischenzeitlich vorliegenden Messwerte der Jahre 2006 und
2007.
133
aaa) Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
-
baubedingte Auswirkungen
Beim Umbau der Jann-Berghaus-Brücke wurden Luftschadstoffemissionen
wie Stickstoffoxide, Schwefeldioxid und Staub durch die Abgase der Baugeräte und des Baustellenverkehrs sowie durch den Umleitungsverkehr freigesetzt. Während der Bauzeit kam es somit zu einer temporären Erhöhung der
Luftschadstoffe.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Anlagebedingt ergaben sich durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke im
Vergleich zum Istzustand keine Veränderungen der lufthygienischen Situation. Es traten somit keine Auswirkungen auf.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Betriebsbedingt ergaben sich durch den Umbau der Brücke im Vergleich zum
Istzustand ebenfalls keine Veränderungen der lufthygienischen Situation, da
sich für den Verkehr auf der Brücke keine neue Situation einstellt. Es traten
somit keine Auswirkungen auf.
bbb) Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Bei den wasserbaulichen Maßnahmen entstehen Luftschadstoffemissionen,
die durch die Abgase beim Einsatz von Hopperbaggern und den Schiffsfahrten zum Abtransport des Baggergutes (Erstbaggerungen und Unterhaltsbaggerungen) freigesetzt werden. Anlagebedingt ergeben sich keine signifikanten Auswirkungen.
-
baubedingte Auswirkungen
Für die Baggeraktivitäten zur Herstellung der beantragten Fahrrinnenanpassung (Erstbaggerungen) ergeben sich zusätzlich zum derzeitigen Schiffsauf-
134
kommen von 10.000 – 11.000 Schiffsbewegungen pro Jahr einmalig zusätzlich ca. 150 Schiffsbewegungen (= zusätzlich ca. 1,5 % Schiffsbewegungen).
-
anlagebedingte Auswirkungen
Durch die neue Topografie der Bundeswasserstraßen Ems und DEK ergeben sich keine Veränderungen der lufthygienischen Situation. Es treten somit
keine Auswirkungen auf.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Bei den Unterhaltsbaggerungen kann das zusätzliche Schiffsaufkommen mit
ca. 50 Schiffen (Ansatz: 1.000 m3 bzw. 3.000 m³/Schiff) je einmaliger Unterhaltungsbaggerung abgeschätzt werden. Die zusätzliche betriebsbedingte
Schadstoffemission ist angesichts des ohnehin stattfindenen Schiffsverkehrs
nach Ansicht der Planfeststellungsbehörde gering. Eine deutliche Veränderung der Immissionssituation tritt nicht auf. Es werden keine Auswirkungen
erwartet, die sich isoliert auf das Vorhaben zurückführen lassen.
Insgesamt ist daher festzustellen, dass aufgrund der zeitlich und mengenmäßig begrenzten Zunahme der Schiffsbewegungen sowie der zeitlich und
nach Ihrem Umfang begrenzten Umbauaktivitäten der Jann-BerghausBrücke nicht mit einer signifikanten Erhöhung der Luftschadstoffemissionen
bzw. mit einer relevanten Veränderung der Immissionssituation zu rechnen
ist.
cc) Auswirkungen durch Lichtimmissionen
Lichtimmissionen wurden durch den Umbau der Brücke und durch die wasserbaulichen Maßnahmen verursacht.
135
aaa) Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Die Umbauarbeiten an der Jann-Berghaus-Brücke wurden überwiegend bei
Tageslicht durchgeführt. Jahreszeitlich bedingt wurde jedoch auch in der
Dunkelheit gearbeitet. Die Ausleuchtung der Baustelle war dabei auf den
unmittelbaren und jeweils aktuellen Baustellenbereich beschränkt und auf die
Baustelle ausgerichtet, damit abgewandt zur Bebauung. Daneben wurden
auch die Baustelleneinrichtungs- und die Lagerflächen ausgeleuchtet, jedoch
nicht mittels starker Scheinwerfer, sondern mit an Masten befindlichen Lampen. Teilweise befinden sich diese Flächen -aus Sicht der Anwohner- hinter
dem Emsdeich (Mail des TDV vom 13.11.2008). Für die Anwohner kommt es
somit zu einer zeitlich begrenzten, geringen Lichtbelastung durch Streulicht.
Die Umleitungsverkehre erfolgen nach dem Verkehrskonzept ausschließlich
über klassifizierte Straßen, ergänzend zum bereits derzeit vorhandenen Verkehrsaufkommen.
bbb) Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Die Baggerungen in der Staustrecke werden überwiegend bei Tageslicht
durchgeführt. Im Bereich der Tidestrecke kann auch nachts gearbeitet werden. Allerdings sind auch bei Dunkelheit im Zusammenhang mit der erforderlichen Ausleuchtung des Arbeitsplatzes an Bord keine störenden Lichtimmissionen zu besorgen. Die vorhandenen Deiche wirken insofern als optische
Barriere.
dd)
Auswirkungen durch Erschütterungen/Vibrationen
aaa) Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
-
baubedingte Auswirkungen
Während der Bauphase wird das Vorhaben sich erschütterungsrelevant
auswirken. Bei Beschlusserlass war der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
auf Basis der vorläufigen Anordnung bereits abgeschlossen, so dass die erschütterungsrelevanten Arbeiten sehr genau beurteilt werden konnten.
136
Mit Datum vom 31.03.09 haben die Vorhabensträger einen Bericht über die
erschütterungstechnische Untersuchung zur Situation im Bereich der JannBerghaus-Brücke in Leer im Zuge der Baumaßnahmen zur „Anpassung der
Unterems“ (Bericht Nr. LE3509.2/01) vorgelegt. Hierin wurden u. a. die Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden prognostiziert.
Der vorgelegte Bericht prognostiziert die Auswirkungen der durch die Bautätigkeit verursachten Erschütterungen nach Vorgabe der DIN 4150, Teil 2, Teil
3 und der Erschütterungsrichtlinie des Landes Niedersachsen.
Die Prognose ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde geeignet die Auswirkungen auf den Menschen darzustellen, zumal die Rammarbeiten bereits
abgeschlossen sind, und die Gutachter daher die konkret verwendeten Geräte und Arbeitstechniken betrachten konnten. So wurden hinsichtlich des
schlagenden Rammens die Emissionen der einer hydraulischen Schlagramme vom Typ S-30 und des ICH Hydrohammers BV beurteilt und für das vibrierende Rammen die Emmissionen der Vibrationsrammen vom Typ PTC 12
HFV und PTC 15 HFVS der ThyssenKrupp GfT Bautechnik GmbH zugrunde
gelegt. Den Gutachtern lagen somit die technischen Daten der konkret verwendeten Rammgeräte vor. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den erschütterungstechnischen Bericht Bezug genommen.
tagsüber
Die Rammarbeiten wurden von Februar bis April 2008 an insgesamt 22 Arbeitstagen während der Tageszeit durchgeführt.
Für den Immissionspunkt „An der Emsbrücke 36“, der als Wohngebäude die
geringste Entfernung zur Baustelle aufweist und sich in einer Entfernung von
ca. 240 m zum Emissionsort befindet, wurden nachfolgend dargestellte
Schwingstärken für die Vibrations- und die Schlagrammung prognostiziert:
137
nachts
Nachts wurden vorbereitende Arbeiten durchgeführt wie z. B. das Anrütteln
zur Herstellung der Standsicherheit des Rammgutes.
Hier wurde ein
KB
FTr
– Wert von 0,01 bis 0,03
ermittelt.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Anlagebedingte Erschütterungswirkungen gehen von dem planfestgestellten
Vorhaben nicht aus.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Da die Brücke nach Fertigstellung im Vergleich zum Istzustand nicht für andere Verkehre umgewidmet wird, sind betriebsbedingt keine Auswirkungen
durch Erschütterungen zu erwarten.
bbb) Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
-
bau- und betriebsbedingte Auswirkungen
Vibrationseintragungen in den Boden können auf Grund der Baggertechnik
ausgeschlossen werden. Der Einsatz eines Hopperbaggers ist mit einem
überdimensional großen Staubsauger vergleichbar, der den Schlick absaugt
und im Laderaum ablagert. Dabei werden keine Vibrationen erzeugt. Dies gilt
auch für die Beförderung des Materials in die Spülleitungen (vgl. Stellung-
138
nahme WSA Emden vom 08.10.2007). Es treten keine bau- und betriebsbedingten Auswirkungen auf.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Durch das Vorhaben wird zwar größeren Schiffsgefäßen ermöglich, die Ems
zu befahren. Nachteilige Auswirkungen, die durch Vibrationen/Erschütterungen auf den Menschen wirken könnten, werden aus gutachterlicher Sicht
hierdurch jedoch nicht verursacht.
b) Auswirkungen auf die Erholungsfunktion
Für die Betrachtung und Bewertung möglicher Auswirkungen auf das
Schutzgut Mensch – Wohnen und Freizeit wurden Daten des amtlichtopografisch-kartografischen Informationssystems (ATKIS) mit Stand 2004
ausgewertet. Weiterhin wurden die regionalen Raumordnungsprogramme
der Landkreise Leer (Stand 2006) und Emsland (Stand 2001) sowie die Flächennutzungspläne der Stadt Emden (Stand 2000), Stadt Leer (Stand 1981),
Stadt Papenburg (Stand 1977) sowie der Gemeinden Westoverledingen
(Stand 2005) und Moormerland (Stand 1999) betrachtet und zusätzlich eine
Internetrecherche u. a. über Wander- und Radwege im Emsbereich durchgeführt.
Diese Vorgehensweise ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde geeignet,
die Auswirkungen des Vorhabens auf die Belange Wohnen und Freizeit darzustellen und zu bewerten.
Ist-Situation Maßnahmenbereich Emden
Im Maßnahmenbereich Emden befindet sich im betrachteten Untersuchungsraum um Ems-km 40 - 40,5 ein Großteil des Emder Vor- und Außenhafens
sowie der Neue Binnenhafen, der im Flächennutzungsplan der Stadt Emden
als Sonderbaufläche gekennzeichnet ist. In diesem Bereich ist außer den
Warenumschlägen auch der Tourismus von besonderer Bedeutung. Zum
einen legen hier die Fähren zur Nordseeinsel Borkum ab, zum anderen bildet
139
der Hafen für Freizeitskipper den Durchlass von buten (Hochsee) nach binnen (Binnenwasserstraßen in Ostfriesland).
Im weiteren Maßnahmen- und Untersuchungsbereich Emden werden die
rechtsemsischen Orte Siedlung Hilmarsum, Jarssum, Petkum, Gandersum
und Oldersum berührt. Linksemsisch befinden sich Pogum, Jemgum und
Ditzum. Bei diesen betroffenen besiedelten Bereichen handelt es sich um
Dorfgebiete bzw. um reine Wohngebiete (Siedlung Hilmarsum). Bei Oldersum sind zusätzlich Sonderbauflächen (Yachthafen) sowie gewerbliche und
gemischte Bauflächen betroffen.
Weiterhin sind als Hafenstandorte Oldersum, Ditzum und Jemgum im regionalen Raumordnungsprogramm dargestellt. Es handelt sich hierbei vorwiegend um Fischereihäfen, in denen sich vorwiegend die Fischerboote der ansässigen Fischer befinden. Von Ditzum beispielsweise verkehren zusätzlich
Fähren über die Ems, die aus touristischer Sicht von hoher Bedeutung sind,
da die drei Fahrradrouten "Internationale Dollard Route", die "DortmundEmskanal-Route" sowie der "Nordseeküsten-Radweg" im Bereich Ditzum Petkum die Ems kreuzen und auf die Fähre als Transportmittel angewiesen
sind. Darüber hinaus stellt die Emsfähre ein Bindeglied zwischen der "Internationalen Dollard-Route" auf der westlichen Emsseite und der "Deutschen
Fehnroute" auf der östlichen Emsseite dar.
Eine weitere touristische Freizeitaktivität lässt sich in Ditzum als auch in Oldersum / Rorichum durchführen. Die beiden Orte sind Stationen des Paddel
und Pedal Netzes, welches eine Kombination aus Paddel- und Fahrradtouren
durch die Fehnlandschaften darstellt.
Vorbelastungen ergeben sich für diesen Maßnahmenbereich lediglich aus
dem laufenden Hafenbetrieb sowie dem aktuellen Schiffsverkehr auf der
Ems, der eine gewisse Geräuschkulisse bildet. Die Deiche fungieren in diesem Rahmen allerdings als Lärmpuffer, so dass nur die direkt im Außendeichsbereich stattfindende Freizeit- und Wohnnutzung betroffen ist.
Ist-Situation Maßnahmenbereich Jann-Berghaus-Brücke
Der Untersuchungsraum im Maßnahmenbereich Jann-Berghaus-Brücke umfasst rechtsemsisch im Bereich der Stadt Leer Gewerbe- und Mischgebiete
sowie geplante und vorhandene Sonderbauflächen. Linksemsisch befindet
140
sich der Yachthafen mit umgebenden Sonderbauflächen mit der Zweckbestimmung Erholungsgebiet im Bereich Bingum. Hier ist neben der Marina
Bingum ein Campingplatz vorhanden, der neben dem sommerlichen Zelten
an sich noch zahlreiche Freizeitaktivitäten wie Minigolf, Reiten, Volleyball,
sowie einen großen Spielplatz bietet. Zudem befindet sich ein Badesee im
Westen des Zeltplatzes.
Im Flächennutzungsplan der Stadt Leer sind für den Bereich in Bingum gemischte Bauflächen sowie Wohnbau- und Spielplatzflächen dargestellt.
Im regionalen Raumordnungsprogramm stellt sich die Fläche um Bingum als
Vorranggebiet für Erholung mit starker Inanspruchnahme durch die Bevölkerung dar. Südlich des Maßnahmenbereiches Jann-Berghaus-Brücke befindet
sich ein Vorsorgegebiet für Erholung im Bereich zwischen Esklum und Driever. Auch in diesem Betrachtungsraum verlaufen vorwiegend entlang des
Deiches verschiedene Radwanderwege wie die Dollartroute, die DortmundEmskanalroute und auch die Fehnroute.
Die Erholungsfunktion ist durch den laufenden Verkehr im Bereich des
Stadtgebiets Leer sowie durch die gewerbliche Nutzung vorbelastet.
141
Ist-Situation Maßnahmenbereich Friesenbrücke
Der Untersuchungsraum um den Maßnahmenbereich Friesenbrücke berührt
neben den gemischten und gewerblichen Bauflächen der Stadt Weener auch
Wohnbauflächen sowie den Bereich des Sportboothafens und des Campingplatzes. In diesem Areal können Aktivitäten wie Tennis, Minigolf sowie
Schwimmen im angrenzenden Freibad durchgeführt werden. Es handelt sich
hier gemäß dem regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Leer
ebenfalls um ein Vorranggebiet für Erholung mit starker Inanspruchnahme
durch die Bevölkerung.
Weener ist ferner eine Paddel- und Pedal Station wie Ditzum und Rorichum
und wird von der Dollartroute durchquert. Rechtsemsisch befinden sich ebenfalls Radwanderwege sowie ein Vorranggebiet für Erholung, das parallel die
Ems begleitet.
Die Erholungsfunktion ist durch die Auswirkungen der gewerblichen Flächen
vorbelastet.
Ist-Situation Maßnahmenbereich Papenburq
Der Untersuchungsraum im Maßnahmenbereich Papenburg umfasst neben
Teilbereichen des Stadtgebietes Papenburg auch Flächen der Orte Halte und
Völlen.
Der Bereich der Stadt Papenburg stellt dabei Sonderbauflächen sowie gewerbliche und gemischte Bauflächen neben dem Hafenbecken dar. Der Hafen von Papenburg ist dabei als international anerkannter Schiffbau- und
Umschlagshafen eine der wichtigsten Lebensadern der Stadt. Im Bereich der
Ortschaft Völlen und Halte sind vorwiegend Wohnbauflächen und gemischte
Bauflächen dargestellt.
Im Bereich der direkten Emsufer befindet sich nach dem regionalen Raumordnungsprogramm ein schmales Vorsorgegebiet für Erholung.
Als touristische Elemente treten linksemsisch die Radwege der Dollartroute
sowie rechtsemsisch ein Streckenabschnitt der Dortmund-Emskanalroute
und der Emslandroute auf. Als weitere Freizeitaktivitäten sind Hafenführungen sowie Führungen durch die Meyerwerft zu nennen.
142
Vorbelastungen sind für diese Bereiche durch den ausgedehnten Hafen mit
internationalem Schiffsverkehr sowie angrenzende Gewerbegebiete vorhanden.
143
Bewertung des Ist-Zustandes
In der UVU wurde der Ist-Zustand von „Wohnen und Freizeit“ im Hinblick auf
Vorbelastungen (z.B. Lärm, Immissionen, Verkehr), Art der baulichen Nutzung und der Art der Freizeitnutzung (z. B. sehr ruhige bis lebhafte Freizeitund Erholungsnutzung) in einer 5-stufigen Werte-Skala von sehr gering
(Wertstufe 1) bis sehr hoch (Wertstufe 5) bewertet.
Bezüglich der Vorbelastungen und der Art der baulichen Nutzung wurde die
Wertigkeit in allen Maßnahmenbereichen jeweils mit gering bzw. sehr gering
eingestuft. Bei der Art der Freizeitnutzung wurden den Maßnahmenbereichen
Jann-Berghaus- Brücke und Friesenbrücke die Wertigkeit mit „gering“, im
Maßnahmenbereich Papenburg mit „mittel“ und im Maßnahmenbereich Emden mit „hoch“ eingestuft.
Tabelle 1: Bewertung des Ist-Zustandes bezogen auf das Schutzgut Mensch
– Wohnen und Freizeit
Maßnahmenbereich
Vorbelastungen
Art der
Art der
baulichen Freizeitnutzung
Nutzung
Emden
2
2
4
Jann-Berghaus-Brücke
2
1
2
Friesenbrücke
2
2
2
Papenburg
1
1
3
Erläuterung: 1: sehr gering; 2: gering; 3: mittel; 4: hoch; 5 (nicht vergeben): sehr hoch
Im Maßnahmenbereich Emden sind starke Vorbelastungen durch den direkten Hafeneinfluss vorhanden. Ebenfalls queren Fähren die Ems und Schiffe
frequentieren häufig den Bereich. Bei den betrachteten Bauflächen handelt
es sich vorrangig um Dorfgebiete bzw. um gemischte Bau- oder Sonderflächen, die für eine ruhige Wohnnutzung wenig geeignet sind. Die unmittelbare
Erholungsnutzung durch Touristen und Anwohner wird dennoch als ruhig
eingestuft, da es sich vorrangig um Fahrradfahrer oder Spaziergänger handelt, die in ihrem Verhalten als nicht auffällig einzustufen sind.
144
Der Bereich um die Jann- Berghaus- Brücke sowie um die Friesenbrücke
sind durch die unmittelbar angrenzenden Yachthäfen und Campingplätze mit
diversen Freizeitmöglichkeiten mit einer starken Vorbelastung durch vor allem Lärm einzustufen. Dazu sind gemischte Bauflächen mit gewerblichen
Anteilen vorhanden, die bei der Friesenbrücke aufgrund der Größe der Stadt
Weener etwas geringer belastend eingestuft werden. In beiden Maßnahmenbereichen findet eine lebhafte Freizeit- und Erholungsnutzung statt, die zu
einer geringen Wertigkeit führt, da sie vorwiegend saisonal begrenzt ist.
Der Hafenstandort Papenburg ist für die erheblichen Vorbelastungen des
Maßnahmenbereiches Papenburg ausschlaggebend. Weiterhin sind vorrangig gewerbliche und Sonder- oder Mischbauflächen vorhanden, welche die
Art der baulichen Nutzung für das Schutzgut Mensch geringwertig ausfallen
lassen. Eine lebhafte Freizeit- und Erholungsnutzung findet durch die Möglichkeiten der Besichtigungstouren der Meyerwerft mit einer gewissen Frequentierung statt.
Durch das geplante Vorhaben werden keine Flächen für Wohnen und Freizeit/Erholung beansprucht. Betrachtungsrelevant ist demzufolge ausschließlich, inwieweit sich indirekte Auswirkungen durch vorhabensbezogenen
Emissionen auf die Belange des Wohnens sowie der Freizeit/Erholung ergeben können. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Belange der Freizeit/Erholung. Etwaige Auswirkungen auf die
Wohnbelange durch die vorhabensbezogenen Emissionen wurden bereits
vorstehend unter a) Auswirkungen auf die Wohnfunktion behandelt.
aa) Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen auf die Freizeitnutzung sind
durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke von vornherein ausgeschlossen, so dass allein baubedingte Auswirkungen betrachtungsrelevant sind.
Als Flächen für die Baustelleneinrichtung wurden südlich der Jann-BerghausBrücke gelegene Außendeichsflächen genutzt. Von dieser temporären Flä-
145
cheninanspruchnahme waren keine Flächen mit besonderer anthropogener
Nutzung (Wohnen/Freizeit) betroffen.
Die Freizeiteinrichtungen im Umfeld des Yachthafens Bingum (u. a. Campingplatz, Sporteinrichtungen, Badesee) befinden sich bei einem Abstand
von mindestens ca. 350 m zum betreffenden Brückenabschnitt in größerer
Entfernung vom Baustellenbereich der Jann-Berghaus-Brücke als die Wohn/Siedlungsflächen von Leer (Abstand > 200 m). Unter Bezugnahme auf die
unter dem Aspekt Lärm genannten Ausführungen sind daher keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte der AVV-Baulärm im Bereich der genannten Freizeiteinrichtungen zu besorgen. Die vorgenannten Freizeiteinrichtungen und die südlich angrenzende Freifläche bis zur Jann-BerghausBrücke sind als „Vorranggebiet für Erholung“ im Regionalen Raumordnungsprogramm dargestellt.
Durch die Bautätigkeiten wird nur eine unwesentliche Erhöhung der Luftschadstofffrachten erwartet (vgl.B.III.3.1.1.1 a) bb) aaa)).
Die Belange von Wohnen und Freizeit werden durch die temporäre Sperrung
der Jann-Berghaus-Brücke nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt, da
ein Umleitungskonzept umgesetzt sowie ein Fährbetrieb eingerichtet wurde.
Hierdurch konnte dem Bedürfnis nach Mobilität ohne unzumutbare Einschränkungen nachgekommen werden. Zweiradfahrern sowie Fußgängern
stand eine Fährverbindung in unmittelbarer Nähe der Jann-Berghaus-Brücke
zur Verfügung. PKWs wurden durch den Emstunnel umgeleitet.
Vorhabensbedingt wurde das Angebot an Freizeitmöglichkeiten daher nicht
verändert. Aktivitäten, die typischer Weise in der Freizeit zur Erholung durchgeführt werden, wie z.B. Camping, Gehen/Laufen und Radfahren, Schiffe
beobachten, Natur beobachten, Sportboot fahren etc., wurden durch das
Ausbauvorhaben nicht oder nur sehr gering beeinträchtigt.
146
bb) Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Auch unter Betrachtung der wasserbaulichen Maßnahmen wurde durch das
planfestgestellte Vorhaben das Angebot an Freizeitmöglichkeiten nicht verändert.
Es gehen keine Flächen, die für Erholungszwecke genutzt werden, verloren.
Nachteilige Auswirkungen auf die gemeldeten Badestellen an der Ems sind
nicht zu befürchten.
Im relevanten Umfeld der wasserbaulichen Maßnahmen sind Radwanderwege (Dollartroute und Emslandroute) vorhanden. Die Radwanderwege werden
vorhabensbedingt nicht verändert.
Andere Aktivitäten, die zur Erholung dienen, werden durch das Vorhaben
ebenfalls nicht behindert. So sind relevante Wirkungen auf die Freizeitschifffahrt vorhabensbedingt nicht zu erwarten. Die anlagebedingten Wirkungen
auf die Ems und den DEK werden sich nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde nicht relevant auf die Freizeitschifffahrt auswirken (vgl. entsprechende Ausführungen unter Ziff. B.III.3.2.6 Verweis auf Auswirkungen
auf die Schifffahrt). Naturbeobachtungen werden durch die vorhabensbedingten Baggeraktivitäten aus Sicht der Planfeststellungsbehörde ebenfalls nicht
in einem relevanten Ausmaß gestört werden, da sich hierdurch der ohnehin
schon vorhandene Schiffsverkehr auf der Ems nicht maßgeblich verändert.
Insgesamt ist daher festzustellen, dass das planfestgestellte Vorhaben keine
relevanten Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch – Teilaspekt Erholungsfunktion – verursacht.
3.1.1.2
Auswirkungen auf das Wasser
Das Schutzgut Wasser umfasst das Oberflächen- und das Grundwasser. Die
Betrachtung der Auswirkungen auf das Oberflächengewässer beinhaltet
auch die Auswirkungen auf das Gewässerbett, das Ufer und die physikalischen und chemischen Charakteristika des Wassers. Das Eulitoral (Watt) ist
dem Schutzgut Wasser zugehörig. Das Supralitoral (Spritzwasserzone) erfüllt
147
hingegen in erster Linie Bodenfunktionen und wird demgemäß unter Punkt
B.III.3.1.1.3 – Auswirkungen des Vorhabens auf den Boden – betrachtet.
Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser betreffen die Veränderung der
Wassermenge,
der
natürlichen
Temperatur,
der
Fließrichtung
oder
-geschwindigkeit, der stofflichen Zusammensetzung sowie der Schadstoffoder Nährstoffbelastung (vgl. Hoppe, Kommentar zum UVPG § 2 Rn. 32).
Grundlagen für die Betrachtung der Auswirkungen des Vorhabens auf das
Schutzgut Wasser sind insbesondere:
− Planunterlage F: Umweltverträglichkeitsuntersuchung
− Anpassung der Umweltverträglichkeitsstudie (Unterlage F) in Hinblick auf
die betriebsbedingten Auswirkungen der Unterhaltungsbaggerungen in
den einzelnen wasserbaulichen Maßnahmenbereichen“ D&M vom
04.09.2008
− Bundesanstalt für Wasserbau: Gutachten zur Untersuchung der Auswirkung einer bereichsweisen Anpassung der Unterems und des DortmundEms-Kanals, BAW-Nr. A3955 03 10095, Januar 2007
− Bundesanstalt
für
Wasserbau,
Stellungnahmen
vom
29.03.2007,
04.04.2007 und 16.07.2007
− Ing.-Büro Grote GmbH, Schreiben vom 24.10.2007
BAW-Gutachten Nr. A3955 03 10095
Wesentliche Erkenntnisse über die Auswirkungen des Vorhabens auf das
Schutzgut Wasser hat das im ausgelegenen Materialband K 1 enthaltene
„Gutachten zur Untersuchung der Auswirkung einer bereichsweisen Anpassung der Unterems und des Dortmund-Ems-Kanals, Bundesanstalt für Wasserbau, BAW-Nr. A3955 03 10095, Januar 2007“ geliefert. Im Rahmen dieses Gutachtens wurden die maßnahmebedingten Änderungen
•
der Wasserstände
•
der Strömungsgeschwindigkeiten
•
der Salzgehaltsverhältnisse
•
des Sedimentstransportes sowie
148
•
der Sturmflutwasserstände
prognostiziert.
Die Sturmflutscheitelwasserstände wurden dafür mit einem zweidimensionalen hydrodynamisch-numerischen (HN-) Modell untersucht. Alle anderen Untersuchungen wurden mit einem dreidimensionalen HN-Modell durchgeführt.
Für die Untersuchung der Vorhabensauswirkungen sind durch die BAW im
Rahmen einer wasserbaulichen Systemanalyse die hydrodynamischen Zustandsgrößen für den Vergleichszustand und den Ausbauzustand für eine
gleich bleibende ausgewählte hydrologische Situation mit einem hydrodynamisch-numerischen Modell flächendeckend ermittelt worden. Der Gutachter
hat als Vergleichzustand der ausbaubedingten Veränderungen den Zustand
gewählt, der zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens bedarfsweise hergestellt werden darf. Da dieser Zustand, der die Überführung von 7,30 m
tiefgehenden Schiffen von Papenburg in die Nordsee ermöglichen soll, wegen der schnellen Veränderlichkeit der Wassertiefen in der Unterems, nur
von kurzer Dauer ist, konnte seitens der BAW kein digitales Geländemodell
aus einem messtechnisch genau erfassten morphologischen Zustand entwickelt werden. Die Topografie des Vergleichzustandes musste künstlich geschaffen werden. Daher erfolgte die Erstellung des Vergleichzustandes auf
der Grundlage des Istzustandes 2005, wobei als Referenztiefe für das Fahrwasser von der planfestgestellten Soll-Sohllage für das 7,30 m tiefgehende
Bemessungsschiff ausgegangen wurde. Zusätzlich wurden in der Modelltopografie die Sohlen in den zu baggernden Bereichen 0,3 m tiefer gelegt. Diese sogenannte Baggertoleranz beruht darauf, dass in der Natur die SollSohllagen aus technischen Gründen nicht Zentimeter genau eingehalten
werden können. Dies findet seine Begründung in der Baggertechnik, in der
Ortungsgenauigkeit (Positionieren des Gerätes in der Fahrrinne) und der
Eingabe des örtlichen aktuellen Tidewasserstandes, die auf der Grundlage
der benachbarten Pegel vorgenommen wird. Nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde ist diese Vorgehensweise für die Darstellung und Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut Wasser als geeignet und ausreichend anzusehen. Die BAW hat durch die gewählte Modellie-
149
rung den Zustand abgebildet, der aufgrund vorhandener Genehmigungen
regelmäßig hergestellt wird.
Seitens des BUND (N7-N8) wurde dieses Vorgehen kritisiert. Der BUND ist
der Auffassung, dass nicht die Bedarfstiefe zu Grunde gelegt werden dürfe,
sondern ein im Mittel über das Jahr vorhandener Zustand, was in etwa die
Basistiefe ausmache. Vor allem aber die Tieferlegung der Sohlen um 0,30 m
stelle sich als unverständlich und unzulässig dar. Die Auswirkungen des
Ausbauzustandes würden modelltechnisch unterschätzt werden. Es wird seitens des BUND daher vermutet, dass wenn als Referenzzustand eine aus
einer Peilung gewonnene Ist-Topografie verwendet werden würde, sich wesentliche ausbaubedingte Änderungen der Wasserstände, der Tidekennwerte und der Strömungsverhältnisse zeigen würden.
Wie bereits oben dargelegt wurde, hat die BAW für den Referenzzustand den
Zustand abgebildet, der regelmäßig auf Basis vorhandener Genehmigungen
unterhalten wird. Der Planfeststellungsbeschluss vom 31. Mai 1994 (sog.
7,30 m Beschluss) erlaubt jederzeit die Herstellung dieser Tiefenlage im Bedarfsfall. Die Auswirkungen dieser Vertiefung wurden in dem entsprechenden
Beschluss dargestellt und bewertet. Damit wurde die sogenannte Bedarfstiefe genehmigt. Mittlerweile genießt diese Genehmigung Bestandsschutz, d. h.
eine erneute Überprüfung dieser Tiefenveränderungen ist nicht zulässig. Die
Wiederherstellung dieser Bedarfstiefen obliegt der Unterhaltung.
In dem hier zu beurteilenden Sachverhalt ist daher die Bedarfstiefe als Istzustand zu Grunde zu legen, da sie planungsrechtlichen Bestandsschutz genießt und jederzeit auch den faktischen Zustand widerspiegeln kann. Ansonsten würde dieser Bestandsschutz unterlaufen und die Grenzen zwischen
Ausbau und Unterhaltung aufgehoben.
Darüber hinaus stellt die Bedarfstiefe auch den tatsächlichen Zustand dar, da
sie regelmäßig hergestellt wird. Insofern kann der Kritik des BUND nicht
Rechnung getragen werden. Einen im Mittel über das Jahr vorhandenen Zustand als Referenzzustand zu wählen, würde dem Referenzzustand im oben
dargestellten Sinne nicht gerecht, da sich die Bedarfstiefe einer neuen Über-
150
prüfung stellen müsste und sie regelmäßig den faktischen Zustand widerspiegelt.
Gemäß Nr. 0.5.1.2 der UVPVwV ist der Zustand zu ermitteln und zu beschreiben, der unmittelbar vor Beginn der Vorhabensverwirklichung gegeben
sein wird. Dies ist aus vorstehend angeführten Erwägungen die Bedarfstiefe
Sowohl im Istzustand als auch im Vergleichszustand ist die Baggertoleranz in
den Modellierungen der BAW berücksichtigt worden. Selbst bei Nichtberücksichtigung der Baggertoleranz würden sich nach Auskunft der BAW die später dargelegten Ergebnisse kaum ändern, da sie aufgrund der geringen vorhabensbedingten Auswirkungen ohnehin gerundet sind. Der Rundungsbereich würde durch die Nichteinbeziehung der Baggertoleranz nicht verlassen.
Konkret wurden von der BAW folgende Simulationsmodelle verwendet:
•
das dreidimensionale HN-Simulationsverfahren UnTrim, bei dem die
wichtigsten dreidimensionalen Prozesse der Tidedynamik, sowie der
Transport von Salz und fraktionierten suspendierten Sedimenten simuliert
werden,
•
das morphodynamische Simulationsverfahren SediMorph bei dem der
fraktionierte Geschiebetransport sowie die Erosions- und Depositionsströme suspendierter Sedimente berechnet bzw. verwaltet werden und
•
das spektrale Seegangsmodell Unk (k-Modell) bei dem die Ausbreitung
und Veränderung des Seegangs simuliert wird.
Die Simulationen wurden mit zeit- und ortsvariablen Wind- und Luftdruckfeldern durchgeführt, um zusätzlich wirkende Kräfte bzw. Spannungen an der
Wasseroberfläche zu berücksichtigen.
Von der BAW wurde das folgende Gebiet den Untersuchungen zu Grunde
gelegt:
151
Modell-Topografie des HN-Modells der Tideems mit den Nebenflüssen Leda und
Jümme (Ausschnitt)
Gegen die Größe und räumliche Ausdehnung des Modellgebietes bestehen
aus Sicht der Planfeststellungsbehörde keine Bedenken. Es ist räumlich groß
genug um die vorhabensbedingten Auswirkungen auch auf die Bereiche von
Leda und Jümme vollständig zu erfassen. Auch die Beschränkung der Untersuchung hinsichtlich der tidebeeinflussten Nebenflüsse auf mögliche Änderungen lokal relevanter Parameter wie z. B. Tidenhub und Schwebstoffeintrag stellt sich als plausibel und nachvollziehbar dar.
Die Methodik der BAW sowie die Interpretation der Ergebnisse der Rechenläufe ist nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde auf dem Stand der
Wissenschaft und Forschung. Das Gutachten ist geeignet alle untersuchten
Auswirkungen des Vorhabens auf die eingangs beschriebenen Parameter
darzustellen und zu bewerten
Die weiteren vom TdV vorgelegten Unterlagen und Untersuchungen, sind im
Zusammenhang mit dem vorstehend dargestellten Gutachten der BAW für
152
die Darstellung und Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf das
Schutzgut Wasser als geeignet und ausreichend anzusehen.
3.1.1.2.1
Auswirkungen auf das Grundwasser
Beim Schutzgut Wasser – Teilaspekt Grundwasser – stehen die Qualitätsanforderungen hinsichtlich seiner Bedeutung für die Wassergewinnung im Vordergrund.
Zur Beschreibung der Auswirkungen des geplantes Vorhabens auf das (Teil-)
Schutzgut Grundwasser wurden insbesondere die Unterlagen des regionalen
gewässerkundlichen Landesdienstes herangezogen, der im Bereich der Ems
ein Landesgrundwassermessnetz betreibt und die Daten der an der Ems angrenzenden Wassergewinnungsgebiete sammelt und für überörtliche Betrachtungen zusammenfasst.
Neben den hydrogeologischen Gutachten für die Wassergewinnungsgebiete
sind zudem Untersuchungen von der TU Braunschweig im Zuge des Emssperrwerksbaus durchgeführt worden. Die Ergebnisse sind in dem Bericht
„Auswirkungen des Sperrwerkbetriebes auf die Grundwasserbeschaffenheit
im Bereich der Wasserwerke Tergast, Leer-Heisfelde und Weener“ im April
2003 vorgelegt worden. In diesem Zusammenhang sind auch Betrachtungen
zu den hydraulischen und hydrochemischen Zusammenhängen an der Unterems im Rahmen einer Dissertation an der TU Braunschweig mit dem Titel
„Salz- und Süßwasserdynamik im Grundwasser des Ems-Ästuars“ 2004 vorgenommen worden.
Aus Sicht der Planfeststellungsbehörde sind die Daten ausreichend, um die
Auswirkungen auf das Schutzgut Grundwasser darzustellen und zu bewerten.
Im Bereich der Ems sind mächtige Grundwasserleiter bis 150 m Tiefe entwickelt, die mit der Ems im hydraulischen Kontakt stehen. Das Grundwasser
fließt von der Geest über die Marschengebiete der Ems zu. Die Süßwasservorkommen werden von den Wasserwerken Weener, Leer-Heisfelde und
Emden-Tergast zu Trinkwasserzwecken mit Fassungen unweit der Ems erfasst und aufbereitet. Durch die Wasserentnahme werden alle Wassererfas-
153
sungen der Wasserwerke radialstrahlig angeströmt. Von der Ems geht ein
hydraulisches Gefälle in Richtung Binnenland aus. Die Ems befindet sich im
oder am Rande des Einzugsgebietes der Wassererfassungen. Während des
Tideniedrigwassers kommt es zu einer Umkehr des Gefälles, was aber nur
einen schmalen Streifen entlang der Ems betrifft. Mit Wasserstandsschwankungen in der Ems von –1,65 bis + 1,65 m NN und einem resultierenden Tidenhub von rd. 3,30 m gelten für alle Wassergewinnungsanlagen in etwa die
gleichen Randbedingungen. Aus der UVU ergibt sich, dass für das Wasserwerk Emden-Tergast die Ems-km 25,0 – 29,0, für das Wasserwerk Leer die
Ems-km 16,0 – 19,0 und für den Wasserwerk Weener die Ems-km 3,5 – 6,5
als bedeutsame Infiltrationsstrecken anzusehen sind. Der Salzgehalt des
potentiell infiltriertbaren Emswassers variiert zeitlich und räumlich, wobei als
maßgebliche Einflussfaktoren das Tidehoch- und –niedrigwasser, der Oberwasserabfluss und die Windrichtung anzusehen sind.
Im Bereich der Jann-Berghaus-Brücke bewegt sich der Grundwasserstand
nur knapp unter der Geländehöhe und wird mit ca. 0,5 m unter Flur angenommen. Das nächstgelegene Trinkwasserschutzgebiet befindet sich östlich
der Ems und nördlich der Stadt Leer in ausreichender Entfernung zum Vorhabensbereich.
154
a) Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Unter diesem Punkt hat die Planfeststellungsbehörde geprüft, ob sich durch
den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke bau-, anlage- und betriebsbedingte
Auswirkungen auf das Schutzgut Grundwasser ergeben.
155
-
baubedingte Auswirkungen
Zu betrachten ist, inwieweit sich durch die Baustelleneinrichtung oder die
Baumaßnahme selbst (Errichtung eines neuen Pfeilers 6a) Auswirkungen auf
das Grundwasser ergeben konnten.
Die Flächen für die Baustelleneinrichtung (gesamt: 3.335 m²) wurden verdichtet und im Bereich der Fahrwege und Lagerflächen mit einer Schotterschicht befestigt. Für die Dauer der Bauphase wurden die Infiltrationsrate
und die natürlichen Bodenfunktionen infolge der Bodenverdichtung im direkten Einwirkungsbereich beeinträchtigt. Nach Beendigung der Bauphase wurde diese Fläche wieder rückgebaut und der Boden wieder aufgelockert, so
dass die Funktionen für den Grundwasserhaushalt dann wieder umfänglich
wahrgenommen werden konnten. Durch organisatorische und technische
Maßnahmen wurde Vorsorge gegen Schadensfälle mit Freisetzung von wassergefährdenden Stoffen im Baustelleneinrichtungsbereich getroffen.
Die Baugrube für den neu erstellten Brückenpfeiler befand sich in der Ems.
Der Aushub dieser Baugrube ist innerhalb eines Spundwandkastens unter
Wasser ohne Grundwasserabsenkung durchgeführt worden.
Beim Einbringen der bis zu 22 m langen Spundwände war mit einer Verbindung verschiedener Grundwasserhorizonte zu rechnen, die nach der Stellungnahme des Ing.-Büros Grote (2007) allerdings aufgrund der dort vorhandenen Bodenverhältnisse und der Einbauverfahren nur kurzzeitig stattfand.
Es wird davon ausgegangen, dass sich die Fugen zwischen Erdreich und
Bauwerk unmittelbar abdichten, so dass die Setzungs- und Dichtungsprozesse die vorhandene Trennung unterschiedlicher Grundwasserhorizonte
aufrechterhalten.
Das Lenzen der Baugrube zur Erstellung des Pfeilerfundamentes erfolgte
nach Abdichtung der Baugrube durch eine Unterwasserbetonsohle. Eine Beeinflussung der Grundwasserverhältnisse durch den Aushub und das Lenzen
der Baugrube war entsprechend der Stellungnahme der Bundesanstalt für
Wasserbau vom 16.07.07 somit nicht zu erwarten.
156
Für die Durchführung der Baumaßnahmen (Herstellen des Pfeilers 6a, Abbruch des alten Pfeilers 6 und der Vorlandbrücke bis zur Koppelfuge bei Pfeiler 7) wurden schwimmende Baustellengeräte, Schwimmramme, Saugbagger und Schuten eingesetzt. Diese Arbeiten wurden so koordiniert und überwacht, dass Unfälle und Havarien mit Schiffen vermieden wurden. Für dennoch eintretende Unfallsituationen, Ölverlusten von Baumaschinen oder
sonstigen Schadensfällen mit möglichen Umweltbelastungen sind organisatorische Vorsorgemaßnahmen und Notfallketten vorbereitet worden, die jedoch nicht zum Einsatz kamen.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Anlagebedingte Auswirkungen auf das Schutzgut Grundwasser sind laut
UVU nicht prognostiziert. Schadstoffeinträge durch die Anlage selbst sind
nicht gegeben, da technische Vorsorgemaßnahmen umgesetzt und beim
Bau lediglich ökologisch abbaubare Schmierstoffe verwandt wurden.
Die bestehende Brückenentwässerung wurde nicht verändert, so dass auch
hierdurch keine Auswirkungen zu erwarten sind.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Betriebsbedingte Auswirkungen durch den Umbau der Jann-BerghausBrücke können nicht auftreten, da das Brückenbauwerk in seiner betrieblichen Funktion nicht verändert wurde.
b)
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Für die 4 Bereiche der Fahrrinnenverlegungen /-vertiefungen werden zur
erstmaligen Herstellung Baggerungen mit Laderaumsaugbagger vorgenommen. Die direkt durch das erstmalige Ausbaggern verursachten Auswirkungen werden als baubedingt dargestellt. Die durch die Ausbaggerungen verursachten potentiellen Veränderungen der Salzgehalte und hydrologischen
Veränderungen sind entgegen des Aufbaus der UVU zu den anlagenbedingten Auswirkungen zu zählen. Da die für den Bedarfsfall ausgebaggerten Flä-
157
chen durch die starke Sedimentation der Ems relativ schnell wieder aufsedimentieren, müssen sie für den einzelnen Bedarfsfall wieder gebaggert werden, es handelt sich hierbei um Unterhaltungsbaggerungen die im Rahmen
der betriebsbedingten Auswirkungen betrachtet werden.
-
baubedingte Auswirkungen
Als potenzieller Wirkungspfad ist zu betrachten, ob infolge der erstmaligen
Herstellung der Bedarfstiefe Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit (insbesondere bzgl. des Salzgehaltes) unter besonderer Berücksichtigung der Grundwasserfassungen hervorgerufen werden können.
Wie dargestellt befinden sich am Verlauf der Ems die drei TWGewinnungsanlagen Tergast (östlich des Maßnahmenbereichs Emden),
Leer-Heisfelde (nördlich des Maßnahmenbereichs Leer/Friesenbrücke) und
Weener (östlich des Maßnahmenbereichs Weener). Die wasserbaulichen
Maßnahmen im Bereich Emden erfolgen außerhalb der infiltrationssensiblen
Strecken im Bereich der Wassergewinnungsanlage Tergast. Für die wasserbaulichen Maßnahmen im Bereich Leer/Jann-Berghaus-Brücke gilt dieses
bezüglich der Wassergewinnungsanlage Leer-Heisfelde. Für diese Bereiche
sind Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit durch Infiltration auf
Grund der Bebaggerung nicht zu befürchten. Für diese Bereiche sind Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit durch Infiltration auf Grund der
Bebaggerung nicht zu befürchten. Etwa 300 Meter der Ausbaumaßnahmen
im Bereich Weener/Maßnahmenbereich Friesenbrücke liegen im Infiltrationsbereich des Wassergewinnungsgebiets Weener, jedoch außerhalb des Wasserschutzgebietes Gemäß UVU befindet sich der Ausbauabschnitt im Bereich der unteren Kulmination der Wasserfassung Weener, so dass dort
mögliche infiltrierende Wassermengen auftreten, die jedoch als gering zu
bewerten sind.
158
-
anlagebedingte Auswirkungen
Des Weiteren ist für die Beurteilung der Auswirkungen der wasserbaulichen
Maßnahmen auf das Schutzgut Grundwasser maßgeblich, inwieweit sich die
Salzgehalte und die Fluss-Grundwasser-Wechselwirkungen / Veränderungen der Grundwasserverhältnisse durch die Tidenhubänderungen verändern und somit zu einer nachhaltigen Beeinflussung der Grundwasserbeschaffenheit führen können.
Nach den Prognosen der BAW (Stellungnahme vom 16.07.2007, Bericht Januar 2007) werden sich die morphologischen-hydrologischen Parameter/Gegebenheiten einschließlich der Salzgehalte in der Ems folgendermaßen verändern:
Eine Verschiebung der Brackwasserzone findet nicht statt oder kann aufgrund der Geringfügigkeit der Veränderungen nicht abgebildet werden.
Im Bereich Emden liegen die ausbaubedingten Veränderungen für das Tidehoch- und das Tideniedrigwasser auch bei Extremwerten unter 1 cm. Der
Salzgehalt nimmt ausbaubedingt in diesem Abschnitt um 0,2 PSU zu.
Im Bereich Leer liegen die ausbaubedingten Veränderungen für das Tidehoch- und das Tideniedrigwasser ebenfalls unter 1 cm; für den Salzgehalt
kann keine ausbaubedingte Veränderung festgestellt werden.
Im Bereich Weener liegen die ausbaubedingten Veränderungen für das Tidehoch- und das Tideniedrigwasser ebenfalls unter 1 cm (Tidenhuberhöhung
max. 1 – 2 cm); eine Veränderung des Salzgehaltes kann nicht prognostiziert
werden.
Für den Bereich Papenburg ist prognostiziert worden, dass die ausbaubedingten Veränderungen für das Tidehoch- und -niedrigwassser unterhalb von
1 cm liegen werden (Tidenhuberhöhung max. 1-2 cm), eine Veränderung des
Salzgehaltes ist durch den Ausbau nicht gegeben.
159
Durch die wasserbaulichen Anpassungsmaßnahmen sind für den gesamten
Ausbaubereich keine Veränderungen des Tidemittelwasserstandes zu erwarten. Anpassungsbedingt wird eine Absenkung des mittleren Tideniedrigwassers und die Anhebung des mittleren Tidehochwassers erwartet.
Veränderungen der Grundwasserstände werden sich nach der Prognose der
dargestellten Veränderungen in der Tide allenfalls im unmittelbaren Uferbereich auswirken. Mit zunehmender Entfernung vom Ufer wird diese Veränderung in Abhängigkeit der Bodenverhältnisse gegen Null gehen. Aufgrund der
ohnehin tidebedingten Grundwasserstandsschwankungen sind die anpassungsbedingten geringen Veränderungen messtechnisch nicht erfassbar.
Der mittlere Grundwasserstand wird sich nicht verändern, da die Anpassungsmaßnahmen den Mittelwasserstand der Ems nicht verändern. Es treten
somit keine Auswirkungen auf.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Durch die starke Sedimentation der Ems, ist mit einer schnellen Verschlickung der erstmalig auf Bedarfstiefe gebaggerten Bereiche zu rechnen, was
zur Folge hat, dass die Ausbaubereiche im Bedarfsfall wieder gebaggert
werden müssen. In der ursprünglichen UVU von 2007 wurden diese Unterhaltungsbaggerungen nicht näher betrachtet, da nach Aussage des Gutachters die vorhabensbezogenen Baggermehrmengen vor dem Hintergrund der
jährlich stark differierenden Unterhaltungsbaggermengen aus ökologischer
Sicht als nicht signifikant anzusehen seien. Dieser Einschätzung hat sich die
Planfeststellungsbehörde in Bezug auf das Gesamtvorhaben nicht angeschlossen und den Gutachter erneut um fachgutachterliche Einschätzung der
betriebsbedingten Auswirkungen der Unterhaltungsbaggerungen gebeten.
Dem ist der Gutachter mit der Studie „Anpassung der Umweltverträglichkeitsstudie (Unterlage F) in Hinblick auf die betriebsbedingten Auswirkungen
der Unterhaltungsbaggerungen in den einzelnen wasserbaulichen Maßnahmenbereichen“ mit Stand vom 04.09.2008 nachgekommen. Diese Ergänzung
wurde den Fachbehörden und den Umweltverbänden zur Stellungnahme
übersandt. Der Gutachter ist in diesem Papier zum Ergebnis gekommen,
160
dass hinsichtlich der Wirkungen der Unterhaltungsbaggerungen auf das
Grundwasser gleichartige Auswirkungen entstehen, wie sie bei den bau- und
anlagebedingten Auswirkungen dargestellt sind. Dieser Einschätzung
schließt sich die Planfeststellungsbehörde an, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen wird.
161
3.1.1.2.2
Auswirkungen auf das Oberflächenwasser
Bei der Darstellung der Auswirkungen auf das Oberflächenwasser werden
folgende Aspekte unterschieden:
•
Wasserbeschaffenheit (insbesondere Schweb-/Sauerstoffgehalt, Nährstoff-/Salzgehalt) – siehe Kap. 3.1.1.2.2.1
•
Schadstoffe in Sedimenten (Remobilisierungspotenzial) – siehe Kap.
3.1.1.2.2.2
•
Hydrologie
und
Sturmflutwasserstände
(Tidecharakteristik,
Strö-
mungsverhältnisse, Schwebstoffregime, Sturmflutszenarien) – siehe Kap.
3.1.1.2.2.3
•
Morphologie (Struktur der Gewässersohle, Sedimentations- / Verschlickungsprozesse) – siehe Kap. 3.1.1.2.2.4
162
3.1.1.2.2.1
Auswirkungen auf die Wasserbeschaffenheit
Zur Beschreibung der Wasserbeschaffenheit wurden im Wesentlichen Daten
des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft Küsten- und
Naturschutz (NLWKN), Betriebsstelle Aurich, sowie des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Emden verwendet, die im Rahmen der regelmäßigen
Gewässergüteüberwachung erhoben werden. Es handelt sich bei diesen Daten zum Teil um automatisierte Messungen, die als Dauermessungen an
neun über die Unterems verteilte Pegelmessstellen erfasst werden.
Abbildung:
Lage der NLWKN- Messstellen in der Tideems für verschiedene
Wassergüteparameter (Quelle: NLWKN, A. Engels 2006)
Die nachfolgende Tabelle zeigt den Beginn und die Dauer der gemessenen
Parameter.
Ems-km
50,856
Messstation
Beginn/
Parameter/ Abk.
Einheit
Sauerstoff/O 2
mg L-1
ab 1993
Schwebstoff/Cs
g L-1
ab 1993
Dauer
Knock
163
Ems-km
41,248
35,304
31,725
24,640
14,738
Messstation
Beginn/
Parameter/ Abk.
Einheit
Leitfähigkeit/Lf
mS m-1
ab 1993
Temperatur/T
°C
ab 1993
Sauerstoff/O 2
mg L-1
ab 2001
Schwebstoff/Cs
g L-1
nur 2001
Leitfähigkeit/Lf
mS m-1
ab 2001
Temperatur/T
°C
ab 2001
Sauerstoff/O 2
mg L-1
ab 2001
Schwebstoff/Cs
g L-1
ab 2001
Leitfähigkeit/Lf
mS m-1
ab 1995
Temperatur/T
°C
ab 1995
Sauerstoff/O 2
mg L-1
ab 1986
Schwebstoff/Cs
g L-1
ab 1996
Leitfähigkeit/Lf
mS m-1
ab 1986
Temperatur/T
°C
ab 1986
Sauerstoff/O 2
mg L-1
ab 1988
Schwebstoff/Cs
g L-1
ab 1990
Leitfähigkeit/Lf
mS m-1
ab 1988
Temperatur/T
°C
ab 1988
Sauerstoff/O 2
mg L-1
ab 2001
Schwebstoff/Cs
g L-1
ab 2001
Leitfähigkeit/Lf
mS m-1
ab 1997
Dauer
Emden
Pogum
Gandersum
Terborg
Leerort
164
Ems-km
06,890
00,391
-12,74
Messstation
Beginn/
Parameter/ Abk.
Einheit
Temperatur/T
°C
ab 1997
Sauerstoff/O 2
mg L-1
ab 2000
Schwebstoff/Cs
g L-1
ab 2000
Leitfähigkeit/Lf
mS m-1
ab 1997
Temperatur/T
°C
ab 1997
Sauerstoff/O 2
mg L-1
ab 1999
Schwebstoff/Cs
g L-1
ab 1999
Leitfähigkeit/Lf
mS m-1
ab 1998
Temperatur/T
°C
ab 1998
Sauerstoff/O 2
mg L-1
ab 1996
Schwebstoff/Cs
g L-1
ab 1996
Leitfähigkeit/Lf
mS m-1
ab 1996
Temperatur/T
°C
ab 1996
Dauer
Weener
Papenburg
Herbrum
Tabelle: Messstationen in der Unterems und gemessene Parameter mit jeweiligen
Messbeginn (Quelle NLWKN, A. Engels 2006)
Weitere Daten wurden vom NLWKN aus monatlich durchgeführten Längsschnittbeprobungen der Ems zur Überwachung der Gewässergüte zur Verfügung gestellt.
Die vorhandenen Daten reichen aus Sicht der Planfeststellungsbehörde für
die Ermittlung und Bewertung der vorhabensbedingten mess- und beschreibbaren Wirkungen auf das Schutzgut Oberflächenwasser aus.
Es liegt eine ausreichende zeitliche und örtliche Abdeckung vor. Hinsichtlich
bestehender Datenlücken, wie fehlende Schwebstoff- und Sauerstoffdaten
165
aus tieferen Wasserschichten, ist seitens des Gutachters eine worst-caseAnnahme durchgeführt worden. Gegen dieses Vorgehen bestehen keine Bedenken.
Die Bewertung des Ist-Zustandes des Kriteriums der Wasserbeschaffenheit
erfolgte in der UVU nach folgendem Bewertungsrahmen:
Tabelle: Bewertungsrahmen für das Schutzgut Wasser / Wasserbeschaffenheit
Bewertungskriterien
Wertstufe
Sehr hoch
5
hoch
4
mittel
3
gering
2
sehr gering
1
TN
TP
[mg L-1]
[mg L-1]
<0,3
<0,03
O2-
Schweb-
Sättigung
stoffge-
[%]
halte
> 87 %
0,30-0,36
0,03-0,04
87%-85 %
0,36-0,72
0,04-0,075
85%-76 %
0,72- 1,20
>1,20
0,0750,125
>0,125
76 %-35 %
< 35 %
Salzgehalte
der histori-
der histori-
schen Re-
schen Re-
ferenz ent-
ferenz ent-
sprechend
sprechend
kaum ver-
kaum ver-
ändert
ändert
mittel ver-
mittel ver-
ändert
ändert
stark ver-
stark ver-
ändert
ändert
sehr stark
sehr stark
verändert
verändert
Gegen diesen Bewertungsrahmen bestehen aus Sicht der Planfeststellung
keinerlei Bedenken. Dies gilt auch für die vom Gutachter vorgenommene
Bewertungsmethode. Es stellt sich plausibel dar, dass der Gutachter nicht
eine dauerhafte und ununterbrochene Unterschreitung eines Parameters als
Einstufungskriterium angenommen hat, sondern ob die Unterschreitung über
einen längeren Zeitraum (Wochen, Monate) auftrat und auf diese Weise Organismen geschädigt werden konnten. Diese Vorgehensweise betraf insbesondere die Einstufung der Sauerstoffsättigung. Auch gegen die vom Gut-
166
achter vorgenommene Betrachtung der mittleren Jahreswerte bei den Nährsalzen bestehen aus Sicht der Planfeststellungsbehörde keine Bedenken.
Salzgehalte
Die Pegelstationen von Knock bis Terborg (s. obige Abbildung) befinden sich
im Brackwasserbereich der Unteren Ems. In Abhängigkeit vom Oberflächenabfluss der Ems liegen die Messstellen Pogum und Gandersum häufig im
Bereich eines steilen Salzgradienten. Die Salzgehalte folgen dabei dem
Tidezyklus und zeigen eine starke Variabilität. So ist z.B. im Sommer, wo der
Oberflächenwasserabfluss deutlich geringer ist als im Winter, der Salzgehalt
erhöht, da in dieser Zeit mangels Gegendruck das salzhaltige Meerwasser
weiter flussauf gelangen kann.
Die Salzgehalte lagen im Bereich Knock im Mittel bei 20 PSU, im Bereich
Emden bei 12 bis 15 PSU und nehmen stromaufwärts immer weiter ab. Bei
Leerort, Papenburg und Weener näherten sich die Werte dann Minima von
< 1 PSU. Von Leer stromaufwärts sind die Salzgehalte sehr niedrig und nur
noch sehr eingeschränkt den tidebedingten Schwankungen unterworfen.
Dauerhafte Salzgehaltsänderungen waren im Tidegewässer Ems aufgrund
der eingeschränkten Datenlage und der komplexen Situation im Übergangsbereich Fluss-Meer nicht eindeutig nachzuweisen. Allerdings gehen morphologische Änderungen in Ästuaren generell mit langjährigen Veränderungen
im Salzgehalt einher. Es ist aus Untersuchungen der BAW bekannt (BAW
2006), dass Verlagerungen von Fahrwasserrinnen und Änderungen der Sohltiefen grundsätzlich mit Änderungen der Salzgehalte verbunden sind. Die
tidetypischen Salzwasserzungen schieben sich in der Regel weiter stromauf.
Damit verlagert sich die Brackwasserzone ebenfalls stromauf.
Vor diesem Hintergrund wurden die Salzgehalte in der UVU lediglich als „mittel verändert“ bewertet und der Ist-Zustand für den Parameter „Salzgehalte“
in der Tideems insgesamt in die Wertstufe 3, „mittel“, eingeordnet.
167
Wassertemperaturen
Die Jahresmittelwerte der Wassertemperaturen bewegten sich im Zeitraum
1985 bis 2006 für alle Messstationen zwischen 10 und 12 °C. Lediglich 1996
wurden an allen Orten verhältnismäßig niedrige Temperaturjahresmittelwerte
von deutlich unter 10 °C gemessen. Insgesamt zeigten die Temperaturen
seit Ende der 1990er Jahre einen leichten jedoch statistisch nicht signifikanten Anstieg.
Das Vorhaben ist nicht geeignet, die Jahresmittelwerte zu beeinflussen, so
dass auf eine ausführliche Darstellung verzichtet werden kann.
Schwebstoffe
Die Schwebstoffgehalte an den Messstationen in der gesamten Unterems
sind über die vergangenen 20 Jahre deutlich angestiegen. So erhöhten sich
die mittleren Konzentrationen seit 1986 um den Faktor 2 (Gandersum) bis 16
(Papenburg) auf 650 bis 800 mg L-1 im Jahre 2005, wobei Maximalwerte von
1.700 bis 2300 mg L-1 erreicht wurden. Die Schwebstoffgehalte im Jahresmittel sind an den seewärtigen Stationen Knock und Gandersum seit Mitte der
1990er Jahre relativ konstant geblieben, während sie an den im oberen Teil
der Unterems gelegenen Stationen Leerort, Papenburg und Weener seit den
2000er Jahren sehr hohe Anstiege zeigten. Es wurden teilweise extreme
Jahresmittel von > 6 g L-1 (Papenburg) und > 8 g L-1 (Weener) erreicht. Dabei
bewegten sich die zugrunde liegenden Tagesmittelwerte häufig zwischen 15
und 20 g L-1. Die höchsten Schwebstoffgehalte konnten in den Sommer- und
Herbstmonaten, wenn der Oberwasserabfluss in der Regel am niedrigsten
ist, nachgewiesen werden, während die niedrigsten Werte in den Monaten
Dezember bis März vorlagen.
Auf der Basis der starken Zunahme der Schwebstoffe über den betrachteten
20-Jahre-Zeitraum und der damit verbundenen negativen Auswirkungen auf
den Stoff- und Sauerstoffhaushalt wurden die Schwebstoffwerte in der UVU
als „sehr stark verändert“ bewertet und der Ist-Zustand für den Parameter
„Schwebstoffe“ in der Tideems insgesamt in die Wertstufe 1, „sehr gering“,
eingeordnet.
168
Nährstoffgehalte
Für die Nährstoffe liegen Daten für die Gesamtfraktionen, d. h. partikuläre
und gelöste Summen, von Stickstoff und Phosphor als monatliche Messwerte
von Emslängsschnitten, durchgeführt durch das NLWKN, vor. Darüber hinaus existieren Zeitreihendaten der gelösten Fraktionen Nitrat, Nitrit, Ammonium und Phosphat.
Die Nährstoffgehalte in der Wassersäule werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst:
−
Einträge aus kommunalen Abwasseranlagen und der Landwirtschaft,
−
Atmosphärische Ein- und Austräge (vorwiegend Stickstoff),
−
Grundwassereinträge,
−
Deponierung und Remobilisierung im/ aus dem Sediment.
Für alle drei Stickstoffparameter (Nitrat, Nitrit und Ammonium) waren signifikante Abnahmen (p < 0,001) an allen Messstationen über die Zeit zu beobachten: So sanken die Mittelwerte für Nitrat, das in Gewässern ohne dauerhaften Sauerstoffmangel die Hauptfraktion des gelösten Stickstoffs stellt,
an den Stationen Gandersum, Leerort und Papenburg von > 5 mg L-1 im Jahre 1987 (Gandersum 1992) auf < 4 mg L-1 im Jahre 2006 ab. Gleichzeitig
gingen die beobachteten Maximalwerte von > 8 mg L-1 auf unter 7 mg L-1
zurück. Auch bei bei Terborg waren Reduktionen von > 4 mg L-1 auf < 4 mg
L-1 im gleichen Zeitraum zu beobachten. Die Maximalwerte sanken hier von
7 mg L-1 auf 6 mg L-1. Die höchsten Werte wurden generell an der Station
Papenburg beobachtet. Die Nitritwerte der Emszeitreihe waren Anfang der
1990er Jahre für alle Stationen mit < 0,1 mg L-1 im Normbereich und nahmen
bis 2005 auf unter 0,03 mg L-1 ab. Dabei lagen die Maximalwerte zu Beginn
der Messreihen häufig deutlich über 0,1 mg L-1, insbesondere bei Papenburg, während diese Werte in 2005 in der Regel < 0,05 mg L-1 waren. In den
1980er Jahren lagen die Ammoniumkonzentrationen an allen beprobten
Messstationen (ohne Gandersum) zwischen 0,60 und 0,80 mg L-1 und gingen
bis 2005 auf Werte zwischen 0,3 und 0,4 mg L-1 zurück. Die Maximalwerte
waren Ende der 1980er Jahre häufig > 1,3 mg L-1, auch hier am häufigsten in
Papenburg, und sanken bis 2005 auf > 0,70 mg L-1. Die beschriebenen Reduktionen der anorganischen Stickstoffnährsalze in der Wassersäule wäh-
169
rend der vergangenen 10 bis 20 Jahre sind eine Folge von reduzierten Emissionen aus der Landwirtschaft.
Hinsichtlich des Parameters Phosphor ist folgende Situation zu beschreiben:
Die Ortho-Phosphatkonzentrationen haben sich um etwa 0,07 mg L-1 an allen
Orten reduziert, wobei sich hier zeigte, dass die Phosphatkonzentrationen in
Papenburg niedriger lagen als in den mündungsnahen Stationen. Diese Abnahmen können auf die Einführung der Phosphatfällungsmethoden in den
kommunalen Abwasseranlagen zurück geführt werden. Im Gegensatz zum
Ortho-Phosphat kann hinsichtlich der Gesamtphosphorfraktion ein starker
Anstieg der Konzentrationen über die letzten 20 Jahre registriert werden.
Dieser Anstieg war höchst signifikant (p < 0,001) und betrug zwischen 0,9
(Terborg) und 1,2 mg L-1 (Papenburg). Eine Ausnahme war hier die Messstelle Gandersum, an der sich die Gesamtphosphorkonzentrationen nicht
signifikant änderten. Dieser Anstieg des Gesamtphosphorgehaltes an den
oberen Emsstationen im Gegensatz zum gelösten Ortho-Phosphat deutete
darauf hin, dass hier die Schwebstoffe einen erheblichen Anteil an partikulärem Phosphat aufwiesen. Außerdem fand und findet in diesem Emsabschnitt
hier eine Akkumulation von Phosphor statt, vermutlich genau durch die partikuläre Fraktion.
Die Gehalte von Gesamtstickstoff und Gesamtphosphor in der Unterems
entsprachen in früheren Zeiten den Werten anderer größerer Ästuare, die in
die Nordsee münden, namentlich Weser, Elbe und Rhein. Der dort beobachtete leicht rückläufige Trend für Gesamtstickstoff und die gelösten Stickstoffund Phosphatwerte konnte auch in der Ems bestätigt werden. Allerdings fand
besonders ausgeprägt im oberen Teil der Unterems - beim partikulären
Phosphat seit Mitte der 1980er Jahre eine erhebliche Steigerung statt, die
Gehalte an Gesamtphosphat haben sich teilweise mehr als vervierfacht. Dies
führt den Gutachter der UVU zu der Vermutung, dass eine erhebliche Änderung in der Wechselwirkung zwischen Sediment und den Phosphorverbindungen stattgefunden haben muss.
Eine mögliche Ursache für die Anreicherung waren sauerstoffabhängige
Konversionen in Eisenhydroxykomplexe bzw. Hydroxyapatite und temporäre
Speicherung im Sediment.
170
Die hieraus resultierenden sehr hohen Werte für Gesamtphosphat lagen im
Mittel zwischen 1,5 und 2,0 mg L-1 und damit etwa 10- bis 15-fach über dem
Schwellenwert der Wertstufe 1 des Bewertungsrahmens. Ähnliches galt für
den Gesamtstickstoff: Mittlere Konzentrationen von 7 bis 10 mg L-1, die an
allen beprobten Stationen, gefunden wurden, betrugen das 6- bis 8-fache
des Schwellenwertes der Wertstufe 1.
Der Ist-Zustand der Tideems wurde auf Basis dieser starken Schwellenwertüberschreitungen für die Nährsalze Stickstoff und Phosphor und den damit
verbundenen negativen Eutrophierungseffekten vom UVU-Gutachter eindeutig in die Wertstufe 1, „sehr gering“, eingeordnet.
Sauerstoff
In den letzten 15 Jahren wurde eine Abnahme der Sauerstoffgehalte in der
Unterems beobachtet. Die vom NLWKN monatlich durchgeführten Messungen der Sauerstoffgehalte zeigten an allen Stationen (Papenburg, Leerort,
Terborg und Gandersum) eine abnehmende Tendenz, die sich stromauf etwas verstärkte. In den 80er Jahren schwankten die Sauerstoffkonzentrationen im Jahresverlauf etwa zwischen 5 mg L-1 und 13 mg L-1. Zu Beginn der
90er Jahre wurden erstmals Gehalte < 4 mg L-1 an der Station Papenburg
gemessen. Seit Mitte der 90er Jahre traten Sauerstoffkonzentrationen < 4
mg L-1 insgesamt häufiger auf. In den letzten Jahren waren O 2 -Gehalte < 4
mg L-1 für die Sommermonate eher die Regel und lagen über längere Zeiträume auch erheblich niedriger. Damit verbunden fielen die Sauerstoffsättigungen teilweise unter 40 %.
An den Dauermessstationen Papenburg (Ems-km 0,4) und Weener (Ems-km
6,9) wurden in den letzten Jahren die geringsten Sauerstoffgehalte gemessen. Die Anzahl der Tage mit O 2 -Gehalten unter 4 mg L-1 ist in diesem Zeitraum insgesamt gestiegen, schwankt aber im Verlauf der letzten vier Jahre
durch verschiedene Einflussfaktoren wie unterschiedliche Oberwasserabflüsse, Wassertemperatur, Salzwassereinfluss und Schwebstofffracht.
Eine deutliche Zunahme zeigt auch die Anzahl der Tage mit Werten unter 2
mg L-1 O 2 . So sanken im Jahr 2006 die O 2 -Gehalte an der Station Weener
im Mai unter 2 mg L-1. Nach einer kurzfristigen Erholung wurden bis weit in
den Oktober hinein Sauerstoffgehalte unter 4 mg L-1, überwiegend sogar un-
171
ter 2 mg L-1 gemessen. Die kurzfristige Erholung der Sauerstoffgehalte Anfang September kann auf ein Abflussereignis, also höhere Oberwasserabflüsse über mehrere Tage, zurückgeführt werden. Dabei wurde ein Anstieg
auf ~ 6 mg L-1 O 2 gemessen, während gleichzeitig relativ geringe Schwebstoffgehalte um 1 g L-1 vorlagen. Fünf Tage später sanken die Sauerstoffkonzentrationen wieder unter 2 mg L-1.
T abelle: S auers toffgehalt als T ages mittelwert an den S tationen P apenburg und Weener
Station Papenburg (km 0,4)
Station Weener (km 6,9)
Anzahl der Tage
O 2 -Gehalt
O 2 -Gehalt
O 2 -Gehalt
O 2 -Gehalt
< 4,0 mg L-1
< 2,0 mg L-1
< 4,0 mg L-1
< 2,0 mg L-1
2002
24
0
80
4
2003
105
25
117
47
2004
38
0
78
8
2005
78
18
122
53
2006
127
59
140
90
Jahr
Entsprechend dieser Daten ist das Gebiet zwischen Papenburg und Weener
als Sauerstoffmangelgebiet zu beschreiben. Denn hier lagen die Sauerstoffkonzentrationen im Jahr 2004 fast durchgehend von Anfang Juni bis Ende
August unter 2 mg L-1. Die Ausdehnung dieser Sauerstoffmangelzone weiter
stromab war unterschiedlich stark ausgeprägt und erstreckte sich maximal
bis zur Station Terborg. Die maximale Ausdehnung der Zone mit < 4 mg L-1
O 2 erreichte von Papenburg ausgehend sogar die Station Pogum, was einer
Flussstrecke von 35 km entspricht.
Im Juli 2006 durchgeführte Vertikalprofilmessungen bei Ems-km 11,1 (zwischen den Stationen Weener und Leerort) haben folgendes Ergebnis erbracht. In der Ebbphase bildete sich eine ausgedehnte „fluid-mud“-Schicht
172
mit Schwebstoffgehalten > 50 g L-1. Es kam zur Ausbildung starker vertikaler
Gradienten für Sauerstoff und Stickstoff. In einer nahezu O 2 -freien Schicht
fanden Denitrifikation (Umwandlung des im Nitrat gebundenen Stickstoffs zu
molekularem Stickstoff durch Bakterien) und reduktive Prozesse statt. In der
Flutphase kurz nach dem Kenterpunkt begann die Resuspension des „fluid
mud“ und Schwebstoff- und Stickstoffkonzentrationen wurden ausgeglichen.
In der Flutphase mit verstärktem advektivem Transport (Transport in horizontaler Richtung) lagen keine Stickstoffgradienten mehr vor und die Schwebstoffe wurden fast vollständig eingemischt bei gleichmäßig geringen Sauerstoffgehalten.
Die Sauerstoffsättigungen nahmen wie die O 2 -Gehalte an allen Stationen der
Unterems mit der Zeit ab und dies ebenfalls stärker stromaufwärts. So sank
die Sauerstoffsättigung an der Station Papenburg stärker als an der Station
Terborg. Die Station Papenburg zeigte dabei die größten Unterschiede in der
Sättigung mit Werten zwischen 20 % und knapp 100 %. Bei der Trennung
der Sauerstoffsättigung in Sommer- (Juni – September) und Wintermonate
(Dezember – Februar) zeigte sich an der Station Papenburg ein leichter Anstieg der Werte im Winter während der letzten vier Jahre. Im Gegensatz dazu
nahmen die Sommerwerte dem generellen Trend folgend ab. Die 10 %Monatsquantile der Sauerstoffsättigung als Maß für minimale Werte ließen im
Jahresverlauf deutliche Unterschiede an den ausgewählten Stationen Knock,
Papenburg und Weener erkennen. An der Station Knock sanken die minimalen Sauerstoffsättigungswerte auch in den Sommermonaten nicht unter 60%.
In Papenburg dagegen lagen die Sättigungswerte im Sommer unter 50%,
häufig sogar unter 40 %. Die niedrigsten Sättigungswerte wies die Station
Weener auf. Hier lag die minimale Sauerstoffsättigung von Mai bis September durchgängig unter 40% und wies mit Sättigungen unter 10 % extrem
niedrige Werte auf. Erst im November lag die Sauerstoffsättigung wieder
durchgängig über 50 %.
Der Sauerstoffhaushalt im Untersuchungsraum der Unterems von Herbrum
bis Knock ist nach diesen dargelegten Daten als erheblich beeinträchtigt vom
UVU-Gutachter bewertet worden. Dies trifft insbesondere in den Bereichen
173
um Weener und Papenburg zu. Dort waren die sommerlichen Sauerstoffsättigungswerte mit 20 % bis 40 % fast durchgehend sehr gering und sanken
teilweise unter 10% Sättigung. Insgesamt hatte sich die Anzahl der Tage mit
niedrigen Sauerstoffkonzentrationen unter 4 mg L-1 deutlich erhöht und damit
die Zeitspanne mit Sauerstoffmangel weiter verlängert. Diese sehr niedrigen
Sauerstoffsättigungen traten nicht durchgängig, aber über zunehmend längere Zeiträume (Sommerperiode) auf. Eine Verstärkung dieses Trends konnte
aus den Daten der letzten 20 Jahre bestätigt werden.
Die Sauerstoffsättigungen im Oberflächenwasser waren bei Papenburg und
Weener im Jahre 2006 für mindestens 60 bzw. 90 Tage unterhalb des kritischen 35 %-Grenzwertes. Daraus folgt, dass die Sauerstoffgehalte und Sauerstoffsättigungen in der Tideems sehr stark verändert sind.
Auf Basis dieser beschriebenen Sauerstoff- und Schwebstoffverhältnisse und
gemäß den Richtwerten aus dem Bewertungsrahmen wurde der Ist-Zustand
für die Sauerstoffverhältnisse in der Tideems vom UVU-Gutachter insgesamt
in die Wertstufe 1, „sehr gering“, eingeordnet.
a)
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Beim Umbau der Jann-Berghaus-Brücke wurde nur kleinräumig in die Ems
(Baugrubenverbau: ca. 16 x 29 m) bzw. das östliche Emsufer eingegriffen.
Der neue Pfeiler 6a, der ca. 16 m östlich des bestehende Pfeilers 6 errichtet
wurde, hat nur geringfügig größere Abmessungen als der zurück gebaute
alte Pfeiler 6, so dass auch über die Bauphase hinaus (anlagebedingt und
betriebsbedingt) keine relevanten Auswirkungen auf die Wasserbeschaffenheit zu erwarten sind.
Die Fläche bzw. das Volumen der Baugrube wird dem Wasserkörper für die
Dauer der Bauzeit entzogen (kleinräumiger Flächen- und Raumverlust). Veränderungen der Tidewasserstände sowie der stofflichen und physikalischen
Komponenten, sind nicht zu erwarten, da diese weitgehend durch großräumige Faktoren wie, z. B. Tidegeschehen, Topographie und Morphologie des
174
Emsästuars sowie Oberwasserabfluss bestimmt werden. Die Baumaßnahme
ist nicht geeignet diese Faktoren nennenswert zu beeinflussen, da es sich
um eine kleinräumige und kurzzeitige Maßnahme handelt. Es treten kleinräumige Strömungsveränderungen durch die Verengung des Durchflussquerschnittes im Baustellenbereich auf (siehe Kap. Hydrologie), die wiederum kleinräumige Veränderungen im Erosions- und Sedimentationsgeschehen hervorrufen. Dadurch sind auch kleinräumige Änderungen der Wasserbeschaffenheit, insbesondere im Schwebstoffgehalt, möglich. Diese Änderungen werden jedoch als nicht relevant angesehen.
b)
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Der dargelegte Istzustand der Ems zeigt auf, dass die Ems geprägt ist durch
die Ausbaumaßnahmen der letzten 50 Jahre. Dies betrifft neben der ausbaubedingten Morphologieveränderung insbesondere die Kriterien Schwebstoffund Sauerstoffgehalt. Zu überprüfen ist, wie sich die wasserbaulichen Maßnahmen auf diese Kriterien der Wasserbeschaffenheit auswirken.
175
-
baubedingte Auswirkungen:
Während der Bauphase (Nassbaggerarbeiten) ist von vorübergehenden, lokalen Veränderungen im Stoffhaushalt des Fließgewässers Ems auszugehen:
Beim Baggern entsteht in Abhängigkeit der Strömung eine Sedimentfahne.
Durch das Aufnehmen des feinkörnigen Substrates an der Flusssohle wird
Schwebstoffmaterial aus der unmittelbaren Umgebung gelöst und in die
Wassersäule eingetragen; Nährsalze und sauerstoffzehrende organische
Substanzen werden freigesetzt.
Lokal ist mit einem weiteren Absinken der Sauerstoffkonzentration zu rechnen, unter Umständen auch mit der Folge einer Unterschreitung von Schwellenwerten. Möglich ist auch eine räumliche Ausdehnung der Sauerstoffmangelsituation durch den Transport sauerstoffzehrenden Materials. Auswirkungen des erhöhten Sauerstoffverbrauchs infolge der Baggerarbeiten sind abhängig von Verdünnungsprozessen bzw. von den Strömungs- und Abflussverhältnissen während der Baggerungen.
Zusammenfassend wird in der UVU festgestellt, dass der Stoffhaushalt, speziell der Sauerstoffhaushalt, baubedingt kurzfristig belastet werden kann.
Insbesondere bei Baggeraktivitäten in den Sommermonaten kann es zu
Grenzsituationen kommen, in denen lokal und temporär biogeochemische
Schwellenwerte für den Sauerstoff unterschritten werden können. Aus dem
Sediment freigesetzte Nährstoffe können zwar in Zeiten von starken Algenblüten weiteres Wachstum und damit zusätzliche Biomasseproduktion stimulieren, jedoch dürfte das Auftreten von Algenblüten in der Unterems aufgrund
des hohen Schwebstoffgehaltes unwahrscheinlich sein.
Aufgrund der Dynamik des gesamten Flusssystems (Oberflächenwasserabfluss, Strömung, Turbulenz, Tide) werden sich die vorgenannten Prozesse
nach den Angaben der UVU zeitlich und räumlich im Wesentlichen direkt auf
die Durchführung der Baggermaßnahme beschränken. Bereits Stunden nach
Ende der Maßnahme werden Auswirkungen über das Gebiet der Baggerstelle hinaus im Nährstoff- Schwebstoff- und Sauerstoffregime aufgrund der ext-
176
remen Hintergrundkonzentration der Schwebstoffe, des hohen Eutrophierungsgrades und dem damit verbundenen Gesamtzustand des Sauerstoffgehaltes nicht mehr nachweisbar sein.
Der UVU-Gutachter kommt dementsprechend zu dem Ergebnis, dass abgesehen von möglichen, dann aber schnell abklingenden Veränderungen vor
Ort der Baggerungen mess- und nachweisbare baubedingte Wirkungen des
Vorhabens auf Salz-, Sauerstoff-, Nährstoff- und Schwebstoffgehalt der Ems
nicht zu erwarten sind.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Anlagenbedingt können die veränderten morphologischen Strukturen zu weiteren Veränderungen im Stoffhaushalt führen.
Für die einzelnen Maßnahmenbereiche sind zusammengefasst folgende
Auswirkungen auf die Wasserbeschaffenheit festzustellen:
− Maßnahmenbereich Emden: Nach der Prognose der BAW 2007 ist für
den Maßnahmenbereich Emden (Fahrrinnenvertiefung, Ems-km 31,0 –
37 km und 40,0 bis 40,5 km, Tidestrecke) eine leichte Verringerung der
Schwebstoffkonzentration (weniger als 0,2 g/l) zu erwarten.
Der Salzgehalt nimmt nach der Prognose der BAW um maximal 0,2 PSU
zu. Auswirkungen im seewärtigen Abschnitt der Unterems im Hinblick auf
die Lage der Brackwasserzone und einer Beeinflussung der tidebedingten
Schwankungen des Salzgehaltes sind nicht zu erwarten.
− Obere Maßnahmenbereiche der Ems (Leer, Weener, Papenburg): Durch
die anlagenbedingten Veränderungen der Morphologie (Abflachung / Verschwenkung) verändern sich Tiefenverteilung und Strömungsverteilung
im Querprofil; die Strömungsgeschwindigkeiten werden sich durch die
Anpassung lokal geringfügig ändern. Solche Veränderungen sind geeignet den Schwebstoffgehalt zu erhöhen.Nach der Prognose der BAW ist
177
in den Maßnahmebereichen Jann-Berghaus-Brücke, Friesenbrücke und
Papenburg eine Erhöhung der Schwebstoffkonzentration um weniger
als 1 g/l zu erwarten.
Die ausbaubedingte Änderung des Salzgehaltes wird lediglich für den
Bereich unterhalb von Terborg erwartet; flussaufwärts sind keine Veränderungen prognostizierbar.
Weiterhin kann es durch die planfestgestellten Maßnahmen zu Auswirkungen
auf die Sauerstoffgehalte kommen. Durch die zunehmende Sedimentation
und den vermehrten Eintrag sauerstoffzehrenden Materials ist langfristig mit
einer weiteren Abnahme der Sauerstoffgehalte zu rechnen. Durch die Fahrwasserverlagerungen können die Veränderungen in der Niveauflächenverteilung auf Bereiche einwirken, in denen noch eingeschränkt biogener Sauerstoffeintrag vorhanden ist und damit zu einer Verminderung des Sauerstoffeintrags beitragen. Die Summe aller am Sauerstoffregime beteiligten Faktoren
kann ausweislich der UVU temporär zu einer Kombination führen, die den
Sauerstoffhaushalt zusätzlich belastet. Die UVU geht insoweit davon aus,
dass es sich hierbei um Tendenzen handelt, die aber im nicht messbaren
Bereich liegen.
Auswirkungen auf den Nährstoffgehalt sind insbesondere für den partikulären Phosphatgehalt zu besorgen, da dieser vorhabensbedingt tendenziell
steigen könnte. Nach den Ergebnissen von Eluationsversuchen wird jedoch
kein Phosphor messbar aus dem Sediment remobilisiert. Dies gilt auch für
die Bereiche, die auf Grund der Verlegung der Fahrrinne bisher noch nicht
gebaggert wurden. Die Sedimentbeprobungen dieser neu zu baggernden
Bereiche haben keinerlei signifikante Unterscheidungen zu den Sedimenten,
die schon bisher bebaggert wurden, ergeben.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
In der Studie „Anpassung der Umweltverträglichkeitsstudie (Unterlage F) in
Hinblick auf die betriebsbedingten Auswirkungen der Unterhaltungsbaggerungen in den einzelnen wasserbaulichen Maßnahmenbereichen“ mit Stand
178
vom 04.09.2008 kommt der Fachgutachter zu dem Ergebnis, dass analog zu
den bau- und anlagebedingten Auswirkungen die betriebsbedingten Auswirkungen zu bewerten sind, auch unter Berücksichtigung des zeitlichen Faktors. Dieser Einschätzung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an, so
dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen wird.
3.1.1.2.2.2 Auswirkungen auf das Kriterium Schadstoffe in Sedimenten
Zur Beschreibung der bestehenden Schadstoffbelastung in den Sedimenten
wurden im Wesentlichen Daten des Niedersächsischen Landesbetriebes für
Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Betriebsstelle Aurich,
sowie des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Emden im Zuge der Beweissicherungsverfahren im Rahmen der regelmäßigen Unterhaltungsbaggerungen in der Unterems (von Herbrum bis Knock) verwendet.
Es handelt dabei zumeist um Daten aus Sedimentproben, die mit Van-VeenBodengreifern aus den oberflächennahen Sedimentschichten im horizontalen
Abstand von etwa 500 m entnommen und dann als Mischproben aus einem
2-km-Intervall analysiert wurden. Die Probenahmestationen, -zeiten und die
durchgeführten Untersuchungen ergeben sich aus nachstehender Tabelle.
179
Tabelle: Probenahmestationen und -zeiten für Sedimente in der Unterems im
Rahmen von Unterhaltungsbaggerungsmaßnahmen
Strom-km
Mess-
Parameter/Bemerkungen
station
Messungen
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
0,50
MP 1
Organochlorverbindungen,
HCHs
2,00
MP 2
MP 3
Organochlorverbindungen,
02/2005, 11/2005,
HCHs
11/2006
Organochlorverbindungen,
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
MP 4
Organochlorverbindungen,
HCHs
7,75
MP 5
MP 6
MP 7
MP 8
HCHs
11/2006
Organochlorverbindungen,
Organochlorverbindungen,
02/2005, 11/2005,
HCHs
11/2006
Organochlorverbindungen,
Organochlorverbindungen,
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
MP 10
11/2005, 11/2006
02/2002, 11/2003,
HCHs
17,75
11/2003, 02/2005,
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
MP 9
11/2005, 11/2006
02/2005, 11/2005,
HCHs
15,75
11/2003, 02/2005,
Organochlorverbindungen,
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
13,75
11/2005, 11/2006
02/2002, 11/2003,
HCHs
11,75
11/2003, 02/2005,
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
9,75
11/2005, 11/2006
02/2002, 11/2003,
HCHs
5,75
11/2003, 02/2005,
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
3,75
Zeitpunkte der
Organochlorverbindungen,
HCHs
11/2003, 02/2005,
11/2005, 11/2006
11/2003, 02/2005,
11/2005, 11/2006
11/2003, 02/2005,
11/2005, 11/2006
180
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
19,75
MP 11
Organochlorverbindungen,
HCHs
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
21,75
MP 12
Organochlorverbindungen,
HCHs
23,50
MP 13
11/2003, 02/2005,
11/2005, 11/2006
11/2003, 02/2005,
11/2005, 11/2006
Schwermetalle, PAKs, PCBs,
02/2002, 11/2003,
Organochlorverbindungen,
02/2005, 11/2005,
HCHs
11/2006
181
Zusätzlich wurde im November 2006 als Beweissicherungsmaßnahme eine
Beprobung der Sedimente seitlich des Fahrwassers an den drei Baggerstellen nahe den Orten Leerort, Weener und Papenburg durchgeführt, da hier
nicht nur eine Vertiefung, sondern eine Verbreiterung bzw. Verlegung des
Fahrwassers geplant ist.
Diese Proben wurden als Bohrkerne bis zu 2,5-2,9 m unterhalb der Sedimentoberfläche gewonnen, um alle Sedimentfraktionen zu erfassen, die von
der Baggerung betroffen sein können.
Aus Sicht der Planfeststellungsbehörde liegt eine ausreichende zeitliche und
örtliche Abdeckung der Unterems und damit ausreichende Datengrundlage
zur Bewertung des Istzustandes vor, die eine Prognose für die vorhabensbedingten Auswirkungen ermöglicht.
Schwermetallgehalte
Die Schwermetallfraktionen im Sediment zeigten über die letzten 2 Dekaden
relativ konstante Werte. Teilweise waren Abnahmen mit der Zeit zu beobachten. Die Konzentrationen sind im Vergleich zu anderen Ästuaren und zum
Wattenmeer als moderat einzustufen (Wadden Sea Quality Status Report
2004). Abgesehen von einigen Ausnahmen lagen die Konzentrationen unterhalb der Richtwerte RW1 der HABAK-WSV. Der UVU-Gutachter kategorisiert
den Istzustand in der Tideems für den Parameter Schwermetalle in die Wertstufe 2 „gering“.
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs)
Die PAKs waren die einzige Schadstoffgruppe mit einer eindeutig positiven
Entwicklungstendenz. Seit 2005 waren die Konzentrationen fast aller Messwerte unter die Bewertungsschwelle nach HABAK-WSV und OSPAR gefallen. Auch die Sedimente neben dem Fahrwasser wiesen niedrige Konzentrationen auf.
Daher konnte der Ist-Zustand der Tideems auf Basis der Schwellenwertunterschreitungen für die PAKs seit 2005 und den damit verbundenen äußerst
182
positiven Entwicklungen mit der Zeit in die Wertstufe 3, „mittel“, eingeordnet
werden.
Polychlorierte Biphenyle (PCBs)
Der Ist-Zustand der Tideems wurde auf Basis der moderaten Schwellenwertüberschreitungen für die PCBs im Jahre 2006 mit der Wertstufe 2, „gering“
bewertet.
Tributylzinn (TBT)
Die Konzentrationen an TBT im Sediment entsprachen im Wesentlichen den
Sedimentkonzentrationen anderer westeuropäischer Ästuare. Sie überschritten die Bezugswerte für TBT nach OSPAR um das bis zu 8-fache. Eine Tendenz zur Änderung konnte dabei nicht festgestellt werden.
Daher wird der Ist-Zustand der Tideems auf Basis der nach wie vor hohen
TBT-Werte und der starken Überschreitung des Bezugswertes auch im Jahre
2006 in die Wertstufe 1, „sehr gering“, eingeordnet.
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
baubedingte Auswirkungen
Während der Bauarbeiten an der Jann-Berghaus-Brücke, war von vorübergehenden, zeitlich begrenzten und punktuellen Aufwirbelungen des Sediments auszugehen. Diese Verwirbelungen führen nach den ergänzenden
Ausführungen des UVU-Gutachters (Stellungnahme vom 1.12.2008 – per
E-Mail) jedoch nicht zu messbaren Resuspensionen der Sedimente. Eluationsversuche haben ergeben, dass nicht mit einer Mobilisierung und einem
Wiedereintritt von im Sediment gelagerten Schadstoffen in den Wasserkörper
auszugehen ist.
-
anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen
183
Durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke werden keine anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf das Kriterium Schadstoffe in Sedimenten
bewirkt.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Bei den zur Herstellung der Bedarfstiefen bzw. Verlegungen der Fahrrinne
erforderlichen Baggerungen wird das Sediment aufgewirbelt. Es handelt sich
hierbei um eine vorübergehende und lokale Auswirkung. Zu betrachten ist,
inwieweit es in diesem Zusammenhang zur Remobilisierung von Schadstoffen kommen kann.
Nach den Ergebnissen von Eluationsversuchen werden weder Schwermetalle noch organische Schadstoffe messbar aus dem Sediment remobilisiert.
Dies gilt auch für die Bereiche, die auf Grund der Verlegung der Fahrrinne
bisher noch nicht gebaggert wurden. Die Sedimentbeprobungen dieser neu
zu baggernden Bereiche haben keinerlei signifikante Unterscheidungen zu
den Sedimenten, die schon bisher bebaggert wurden, ergeben.
Auch durch die Verbringung des ausgebaggerten Sediments auf die Klappstellen und Spülfelder ist keine Negativauswirkung seitens des UVUGutachters für diese Bereiche festgestellt worden. Die Unterbringung des
Baggergutes im Bereich der Klapsstellen 5 und 7 der Außenems bzw. der
Spülfläche (See) Veenhusen III erfolgt im Rahmen bestehender Genehmigungen. Als Auflage dieser Genehmigungen wird das Baggergut, welches
dort untergebracht wird, regelmäßig beprobt.
Ausweislich der UVU werden auch an den Klappstellen dort keine messbaren Änderungen im Schadstoffgehalt der Umgebungssedimente oder des
Wasserkörpers durch die Unterbringung des Baggergutes erwartet. Auch
durch den natürlicherweise erfolgten Rücktransport des Sediments von den
Klappstellen in die Ems ist nicht mit Remobilisierungen zu rechnen. Die Planfeststellungsbehörde schließt sich dieser Ansicht an.
184
-
anlagebedingte Auswirkungen
Anlagebedingte Auswirkungen sind hinsichtlich des Kriteriums Schadstoffe in
Sedimenten nicht gegeben, da durch die erfolgte Herstellung der Bedarfstiefe
und Verlegung der Fahrrinne keine zusätzlichen Schadstoffbelastungen entstehen werden.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Auch durch die bei den Unterhaltungsbaggerungen eintretenen vorübergehenden lokalen Aufwirbelungen des Sediments sind laut UVU keine Mobilisierungen von Schwermetallen, organischen Schadstoffen oder Phosphor zu
befürchten. Da sich die Unterbringung des Unterhaltungsbaggergutes entsprechend der Unterbringung des Herstellungsbaggergutes gestaltet, kann
auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden.
3.1.1.2.2.3
Auswirkungen auf die Hydrologie und Sturmflutwasserstände
Zur Abschätzung der vorhabensbedingten Auswirkungen auf die Hydrologie
und die Sturmflutwasserstände wurde das oben näher beschriebene „Gutachten zur Untersuchung der Auswirkung einer bereichsweisen Anpassung
der Unterems und des Dortmund-Ems-Kanales (BAW-Nr. A 3955 03 10095)“
durch die Bundesanstalt für Wasserbau in Hamburg im Jahre 2007 erarbeitet. Für die Darstellung des Ist-Zustandes sind die Modellaussagen begleitend mit den Tidewasserständen der im Untersuchungsgebiet liegenden Pegel Papenburg, Weener, Leerort, Terborg, Pogum, Emden, Große Seeschleuse und Knock sowie dem Oberflächenwasserzufluss am Wehr Herbrum des gewässerkundlichen Jahres Oktober 2004 bis einschließlich März
2005 herangezogen worden. Zudem wurden Zeitreihen der Wasserstände
von 1950 bis 2002 exemplarisch für die Pegel Borkum und Papenburg ausgewertet.
185
Aus Sicht der Planfeststellungsbehörde ist dieses Gutachten geeignet, die
vorhabensbedingten Auswirkungen auf die hydrologischen Kenngrößen und
die Sturmflutwasserstände darzustellen und zu bewerten.
Die BAW hat hinsichtlich der Betrachtung des vor Realisierung der mit diesem Beschluss genehmigten Maßnahmen bestehenden Zustandes an der
Ems folgenden Feststellungen getroffen:
1. Die Tidedynamik im Emder Fahrwasser, in der Unterems sowie im Dortmund-Ems-Kanal ist geprägt durch die Ausbaumaßnahmen der letzten 50
Jahre (Geiseleitwerk von 1958 bis 1961; Außenems - Emder Fahrwasser
von 1958 bis 1972; Unterems von 1982 bis 1995).
2. Ausbaubedingt ist das Tnw in der Unterems seit Beginn der 80er Jahre
um ca. einen halben Meter abgesunken. Der Absunk seit 1950 beträgt
etwa einen Meter.
3. Von Pogum bis Papenburg hat sich die Fortschrittsgeschwindigkeit des
Thw-Scheitels etwa verdoppelt.
4. Die Tidekurve hat sich im Emder Fahrwasser und in der Unterems
asymmetrisch verformt, so dass
− die Flutdauer weiter verkürzt (folglich die Ebbedauer verlängert) wurde,
− die Steiggeschwindigkeit des Wasserstandes, insbesondere in der
ersten Flutphase, erhöht wurde,
− das Thw bei Papenburg unter besonderen Randbedingungen früher
eintreten kann als in Pogum und
− das Tidewellenliniengefälle in der Flutphase nachhaltig erhöht wurde.
5. Durch die Asymmetrie der Tideprozesse in der Flut- und Ebbephase ist in
der Ems eine ausgeprägte Flutstromdominanz (bezogen auf die maximalen Strömungen) entstanden. Diese Dominanz wird durch den Dichtegradienten in der Brackwasserzone gestärkt.
6. Die Flutstromdominanz, die aus verkürzter Flutstromdauer und hohen
Steiggeschwindigkeiten des Wasserstandes in der ersten Flutstromphase
resultiert, führt in der Feststoffbewegung zu einem noch größeren Über-
186
gewicht der Transporte in der Flutstromphase gegenüber der Ebbestromphase.
7. Bei großen Oberwassermengen kann es auch bei hohen Ebbestromgeschwindigkeiten (welche die Flutstromgeschwindigkeiten überwiegen),
z. B. im Bereich Knock, zu einer Flutstromtransport-Dominanz kommen.
Bei geringeren Oberwassermengen verlagert sich die Zone der Flutstromtransport-Dominanz weiter stromauf. Die Ems hat folglich das Bestreben,
die Feststoffe unablässig tidezyklisch stromauf zu pumpen.
8. Die Simulation der Tideverhältnisse in den äußeren Ästuaren in Wechselwirkung mit den Tideprozessen in der Deutschen Bucht zeigt, dass die
Verhältnisse an der Ems nicht mit denen an der Jade, Weser oder Elbe
vergleichbar sind.
Durch diese Entwicklung der Tidedynamik in den vergangenen Jahrzehnten
und den damit gekoppelten Transportprozessen hat sich das System Ems
mehr und mehr mit Feststoffen "aufgeladen". Auch die Baggerstrategien sind
im Emder Vorhafen und im Emder Fahrwasser verändert worden. Durch das
Verklappen von Baggermaterial oberhalb von Knock wird das Material in einem Kreislauf gehalten. Im Jahreszyklus scheint es an der Ems kaum Situationen zu geben, in denen die Fein- und Feinstsedimente in die Außenems
oder auch in die Deutsche Bucht gelangen können. Als Folge dieser Entwicklung treten an der Gewässersohle lokal sehr hohe Schwebstoffgehalte mit
Werten bis über 300 g/l auf. Dies führt zu einer erhöhten Sedimentation und
damit zu einer Abnahme der Wassertiefe.
Im Bereich zwischen der Ledamündung und dem Ledasperrwerk werden die
Stauwasserdauern zusätzlich durch die Schließung des Ledasperrwerkes
(zum Schutz des Leda-Jümmegebietes vor höher auflaufenden Tiden einschl. Sturmfluten) verlängert. Dies bewirkt eine erhöhte Sedimentation insbesondere im Leeraner Vorhafen. Die Zunahme dieser Sedimentation im Laufe
der Jahre resultiert nicht nur aus der Erhöhung der Schwebstoffgehalte, sondern auch aus der Zunahme der Schließungen des Sperrwerkes, die wiederum aus der Zunahme des Tidehochwassers resultiert.
187
Seitens des UVU-Gutachters wurde dieser Istzustand anhand des anliegend
dargestellten Bewertungsrahmens, der sich aus Sicht der Planfeststellungsbehörde als geeignet darstellt, bewertet:
188
Tabelle: Bewertungsrahmen für das Schutzgut Wasser / Hydrologie
Bewertungskriterien
Tidecharak-
Strömungsver-
teristik
hältnisse
(Tidehoch-, nied-
(mittlere und ma-
Wertstufe
-mittelwasser,
5
hoch
4
mittel
3
gering
2
transporte
ximale Flut- und
Ebbestromge-
(Schwebstoff(Lage und Ausmaß
des Salzgradienten)
verteilungen
und –
Tidenhub)
schwindigkeiten)
der historischen
der historischen
der historischen
Referenz entspre-
Referenz entspre-
Referenz entspre-
chend
chend
chend
kaum verändert
kaum verändert
kaum verändert
mittel verändert
mittel verändert
mittel verändert
stark verändert
stark verändert
stark verändert
stark verändert
sehr stark verän-
sehr stark verän-
sehr stark
dert
dert
verändert
sehr gering sehr stark verän1
-gehaltsver-
Sediment-
teilungen
rigwasser und
sehr hoch
Salzgehalte und
dert
transporte)
der historischen Referenz entsprechend
kaum verändert
mittel verändert
Die anhand dieses Rahmens erfolgte Bewertung des oben dargelegten Istzustandes stellt sich folgendermaßen dar:
Für die hydrologischen Kenngrößen Tidecharakteristik und Strömungsverhältnisse erfolgt eine Einordnung in die Wertstufe 1 „sehr gering“. Das Kriterium Salzgehalt, zu dessen Einzelheiten auf den Abschnitt Wasserbeschaffenheit (B.III.3.1.1.2.2.1) verwiesen wird, ist mit der Wertstufe 2 „gering“ zu
bewerten. Das in der Ems äußerst veränderte Schwebstoffregime, zu den
Einzelheiten wird ebenfalls auf den Abschnitt Wasserbeschaffenheit verwiesen (B.III.3.1.1.2.2.1) ist mit der Wertstufe 1 „sehr gering“ zu bewerten.
189
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
bau- und anlagebedingte Auswirkungen
Ausweislich der ergänzenden Stellungnahme der BAW vom 29.3.2007 ist es
durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke während der Bauphase zu einer Verbauung des Durchflussquerschnittes um ca. 100 m² gekommen. Dieser Verbau bewirkte eine Erhöhung der querschnittsgemittelten Strömungsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Tidephase um bis zu ca. 0,20 m/s.
Im unmittelbaren Nahfeld der Baumaßnahme musste auf Grund der turbulenten Umströmung der Spundwände mit einer Verdoppelung der Strömungsgeschwindigkeiten gerechnet werden. Der Pfeilerstau wird sich von ca. 4 cm
auf max. 6,5 cm erhöhen.
Baubedingte und anlagebedingte Auswirkungen auf Sturmflutwasserstände
wurden nicht prognostiziert.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke sind ebenfalls keine betriebsbedingten Auswirkungen auf die Hydrologie und die Sturmflutwasserstände
verbunden.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Die größten baubedingten Auswirkungen auf hydrologische Kenngrößen sind
für den Endzustand zu erwarten. Die Bauphasen wurden dementsprechend
nicht von der BAW modelliert. Weiter verändern sich die relevanten Parameter – gemessen am Baufortschritt – ständig und sind demgemäß nicht für ein
mathematisches Modell zugänglich, das den Zustand über mehrere Tidephasen rechnet.
Diese Vorgehensweise ist für die Planfeststellungsbehörde schlüssig und
nachvollziehbar. Zusätzliche Auswirkungen, die über die nachstehend be-
190
schriebenen anlagebedingten Auswirkungen hinausgehen, sind daher auch
aus Sicht der Planfeststellungsbehörde ausgeschlossen.
-
anlagenbedingte Auswirkungen
Die Begutachtung der BAW, der sich die Planfeststellungsbehörde anschließt, ist zu folgenden ausbaubedingten Veränderungen der hydrologischen Eigenschaften gekommen:
− Tidecharakteristik
•
mThw: Die ausbaubedingten Änderungen des mittleren Tidehochwassers
in der Ems treten zwischen dem Wehr Herbrum und Emden auf. Sie erreichen Werte bis zu + 0,01 m (Zunahme), die Richtung Knock abklingen.
•
mTnw: Die ausbaubedingten Änderungen des mittleren Tideniedrigwassers in der Ems treten zwischen dem Wehr Herbrum und Emden auf. Sie
erreichen Werte bis zu - 0,01 m (Abnahme), die Richtung Knock abklingen.
•
mThb: Die ausbaubedingten Änderungen des mittleren Tidenhubes in
der Ems treten zwischen dem Wehr Herbrum und Emden auf. Sie erreichen Werte bis zu + 0,02 m (Zunahme), die Richtung Knock abklingen.
In den einzelnen Maßnahmebereichen stellt sich die Veränderung dieser Tidekennwerte folgendermaßen dar:
o Maßnahmebereich Emden:
Veränderungen des mThw und mTnw unter 1 cm, mThb weniger als 1 cm
o Maßnahmebereich Leer:
Veränderungen des mThw und mTnw unterhalb 1 cm,
mThb maximal 1-2cm
o Maßnahmebereich Weener:
Veränderungen des mThw und mTnw unterhalb 1 cm,
mThb maximal 1-2cm
o Maßnahmebereich Papenburg:
Veränderungen des mThw und mTnw unterhalb 1 cm,
mThb maximal 1-2cm
191
− Strömungsverhältnisse
•
Flut- und Ebbestromgeschwindigkeit: Die ausbaubedingten Änderungen der Strömungsgeschwindigkeiten in der Ems treten zwischen dem
Wehr Herbrum und Emden auf. Sie liegen zumeist in der Größenordnung
+ 0,05 m/s, können aber lokal insbesondere im Nahbereich des Ausbaus
auch Werte von + 10-15 cm/s erreichen. Die vorhabensbedingten Änderungen der Strömungsgeschwindigkeiten klingen in Richtung Knock ab.
In den einzelnen Maßnahmebereichen stellt sich die Veränderung der
Stromgeschwindigkeit folgendermaßen dar:
o Maßnahmebereich Emden
Die maximalen Strömungsgeschwindigkeiten verändern sich in einer Größenordnung von ca. 5 cm/s, wobei die maximale Ebbestromgeschwindigkeit
verringert und die maximale Flutstromgeschwindigkeit erhöht wird. Die Orte
der maximalen Änderungen liegen jeweils in der Wirkungsrichtung der Strömung, d.h. die größten Veränderungen der Ebbestromgeschwindigkeit treten
stromab der Fahrrinnenanpassung auf. Analog dazu sind die größten Veränderungen der Flutstromgeschwindigkeit stromauf der Fahrrinnenanpassung
zu sehen.
o Maßnahmebereich Leer
Die maximalen Strömungsgeschwindigkeiten verringern sich in einer Größenordnung von ca. 5 cm/s. Die Veränderung der maximalen Ebbestromgeschwindigkeit wird lokal im Bereich der Fahrrinnenanpassung auftreten. Auch
die maximale Flutstromgeschwindigkeit wird durch diese Maßnahme lokal
verringert. Zugleich ergibt sich angrenzenden westlichen Uferbereich eine
leichte Erhöhung.
o Maßnahmebereich Weener
Die maximalen Strömungsgeschwindigkeiten verringern sich lokal im Bereich
der Fahrrinnenanpassung in einer Größenordnung von bis zu 15 cm/s. Die
Veränderung der maximalen Flutstromgeschwindigkeit ist etwas größer als
192
die der maximalen Ebbestromgeschwindigkeit. Stromauf der Fahrrinnenanpassung ergibt sich eine leichte Erhöhung der Flutstromgeschwindigkeit.
o Maßnahmebereich Papenburg
Die maximalen Strömungsgeschwindigkeiten verringern sich lokal im Bereich
der Fahrrinnenanpassung in einer Größenordnung von bis zu 10cm/s. Die
Veränderung der maximalen Flutstromgeschwindigkeit ist etwas größer als
die der maximalen Ebbestromgeschwindigkeit.
− Schwebstoffregime
Die ausbaubedingten Änderungen des mittleren Schwebstoffgehaltes in der
Ems treten zwischen dem Wehr Herbrum und Emden auf. Sie erreichen Werte bis zu ±1 g/l, die Richtung Knock abklingen. Hinsichtlich der Einzelheiten
wird auf die Darstellung unter B.III.3.1.1.2.2.1 verwiesen.
− Sturmflutszenarien
Für die Ermittlung der anlagebedingten Auswirkungen auf die Sturmflutwasserstände wurden seitens der BAW 2 Sturmfluten simuliert. Bei der Sturmflut
SF 1 handelte es sich um eine Sturmflut. die die von der FSK Norderney vorgeschlagenen Bemessungswasserstände der Ems erreicht. Die Sturmflut
SF2 erreicht in der Außenems und im Dollart die niederländischen Bemessungswasserstände für ein Ereignis mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von
1:4.000 Jahren. Für jedes Szenario werden die ausbaubedingten Änderungen der Sturmflutscheitelwasserstände aus der Differenz Ausbauzustand
minus Vergleichszustand bestimmt.
Die BAW ist unter Zugrundelegung dieser Szenarien zu folgendem Ergebnis
gekommen:
„Durch das geschlossene Sturmflutsperrwerk wird das Emsästuar bei
Gandersum geteilt. Die Außenems wird durch das Sturmflutgeschehen in der
Deutschen Bucht und der Nordsee beeinflusst. Die Wasserstände in der
durch das geschlossene Sperrwerk geschützten Unterems stromauf von
Gandersum sind nur noch von Oberwasserzufluss und Wind abhängig. Das
geschlossene Sperrwerk hebt die Wechselwirkung zwischen Tidewelle und
193
Oberwasserzufluss der Ems auf. Das Abtrennen der Unterems verringert
außerdem den Flutraum und den Schwingungsraum für das Flutstromvolumen der Sturmflut.
Der geplante Ausbau der Unterems führt bei beiden untersuchten Sturmflutszenarien zu einer Veränderung der Sturmflutscheitelwasserstände im Emder Fahrwasser und in der Unterems von ± 2 cm. Die geplante Anpassung im
Emder Fahrwasser und in der Unterems verändert bei hohen Sturmfluten
nicht das bestehende Hochwasserschutzniveau. Sie wird daher als hochwasserneutral bewertet.“
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Die Unterhaltungsbaggerungen führen dazu, dass die anlagebedingten Auswirkungen langfristig erhalten bleiben, bzw. in bestimmten Abständen wiederkehren. Die Auswirkungen der Unterhaltungsbaggerungen selbst entsprechen
den baubedingten Baggerungen, mit Ausnahme der Verbreiterung/Verlegung
der Fahrrinne. Insoweit wird auf die Darstellung der bau- und anlagebedingten
Auswirkungen verwiesen.
3.1.1.2.2.4
Auswirkungen auf die Morphologie
Unter dem Gesichtspunkt Morphologie werden Auswirkungen des Vorhabens
auf die Struktur der Gewässersohle sowie auf Sedimentations- und Verschlickungsprozesse dargestellt.
Zur Beurteilung der Morphologie, deren Entwicklung und maßnahmenbedingte Veränderungen, ist die Auswertung verschiedener Quellen bzw. Daten erforderlich. Hierzu zählen Beobachtungen der Geländeoberfläche und Informationen aus Peilungen und Befliegungen aus denen Karten, Geländemodelle,
Querprofile o. ä. erzeugt wurden.
Zur Beschreibung der Morphologie im Istzustand wurden insbesondere Daten
des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Emden, des Bundesamtes für
Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), des Niedersächsisches Landesamtes
194
für Wasserwirtschaft, des Küsten- und Naturschutzes (NLWKN) und der
Rijkswaterstaat (RWS) sowie Seekarten ausgewertet.
Um Veränderungen der Gewässersohle zu erfassen, ist es auch notwendig,
die Zusammensetzung der Sohle sowie die Beschaffenheit der Sedimente
ergänzend zu beurteilen. Aus diesem Grunde wurden zur Verdichtung der
vorhandenen Datenlage in den Maßnahmenbereichen zusätzlich Bohrkerne
zur Ermittlung der Sedimentzusammensetzung entnommen, deren Ergebnisse aus dem ausgelegenen Materialband K.2 und K.3 ersichtlich sind.
Diese Datengrundlage ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde für die Beschreibung des Istzustandes ausreichend und als Bewertungsgrundlage geeignet.
Das für dieses Verfahren von der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) erstellte Gutachten (BAW-Nr.: A39550310095 – Januar 2007) beinhaltet auch Aussagen hinsichtlich der Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens auf
den Aspekt Morphologie. Die BAW hat mittels eines morphodynamischen Simulationsverfahrens (SediMorph) den fraktionierten Geschiebetransport berechnet und die Erosions- und Despositionsströme suspendierter Sedimente
berechnet bzw. verwaltet. Das Verfahren SediMorph ist eine Eigenentwicklung der BAW zur Simulation von dreidimensionalen sedimentologischen Prozessen an der Gewässersohle. Hierzu werden Massenbewegungen infolge
Geschiebe- und Suspensionstransport der einzelnen Kornfraktionen sowie
des Porenwassers bilanziert. Aus diesen Sedimentströmen werden Sohlhöhenveränderungen bilanziert. Auch die Beschreibung des Aufbaus und der
Veränderung des Bodens, d.h. die Verwaltung des Sedimentinventars, die
Genese von Dünen etc. ist innerhalb des Moduls SediMorph realisiert. Ferner
wird der fraktionierte Geschiebetransport berechnet. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Beschreibung unter Abschnitt 4 des Gutachtens (BAWNr.: A39550310095 – Januar 2007) Bezug genommen.
Die BAW hat auf Basis von Modellergebnissen und ihres wasserbaulichen
Expertenwissens Aussagen über die langfristige morphologische Wirkung
195
getroffen, die eine Darstellung und Bewertung der vorhabensbedingten Auswirkungen ermöglichen.
Diese Methodik ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde geeignet, um die
Auswirkungen des Vorhabens auf das Teilschutzgut Morphologie darzustellen
und zu bewerten.
Die planfestgestellten wasserbaulichen Maßnahmen in der Unterems müssen in die bisherige Entwicklung des Ästuars eingeordnet werden. Diese ist
sowohl durch eine natürliche als auch durch anthropogen verursachte Dynamik charakterisiert.
Die durch diesen Planfeststellungsbeschluss nicht überplante Außenems (die
Außenems beginnt ab Ems-km 40,7) ist durch die natürlichen Kräfte infolge
Tidebewegung sowie der Sturmfluten, durch großräumige Sediment- und
Rinnenumlagerungen sowie Platenwanderungen gekennzeichnet.
Der heutige Zustand der Unterems ist geprägt durch den anthropogenen Einfluss bzw. die technische Nutzung als Verkehrsweg. Die Ufer sind weitgehend durch Steinschüttung gesichert. Entlang der Unterems existieren zur
Regulierung des Niedrigwassers Buhnen und Leitwerke, die zum Teil bereits
Ende des 19. Jh. errichtet und den sich ändernden Verhältnissen angepasst
wurden, den Strom morphologisch stützen und auf diese Weise nur eine geringe Dynamik zulassen. Die Hauptdeiche besitzen eine Bestickhöhe von NN
+ 8,5 m und begrenzen so den Flutraum. Die Deiche sind alte Kleideiche die
nachträglich durch Sand aufgespült und mit einer Kleischicht erneut überdeckt wurden. Zusätzlich zum passiven Hochwasserschutz ist seit Herbst
2002 das Emssperrwerk Gandersum in Betrieb. Im Sturmflutfall schließt das
Emssperrwerk bei NN + 3,7 m und schützt somit die Oberlieger. Die Vorländer besitzen eine Höhe von ca. NN + 2-2,5 m und liegen damit über dem
mittleren Springhochwasser (MSpHW). Die Breite der Vorländer vergrößert
sich von Papenburg nach See zunehmend.
196
Die Unterems wird von der Binnen- und Seeschifffahrt und zur Überführung
von tiefgehenden Werftschiffen genutzt. Entsprechend gilt eine Basistiefe für
die Binnen- und Seeschifffahrt unter Ausnutzung der Tide sowie eine bedarfsweise herzustellende Tiefe zur Überführung der Werftschiffe (Bedarfstiefe), die sich in der Tiefenlage voneinander unterscheiden. Die überwiegende Menge an Baggergut entsteht, um diese Bedarfstiefe herzustellen.
Derzeit werden pro Jahr etwa 1 -1,5 Mio. m³ Baggergut aus der Unterems
entnommen und dem System u. a. durch Verbringung an Land entzogen.
Der ca. 100 km² große Dollart liegt räumlich zwischen den hydrologischen
Einheiten Unter- und Außenems und steht durch das große ein- und ausschwingende Tidevolumen in stärkster Wechselwirkung zur Außenems. Eine
Anbindung existiert zur Unterems über die etwa 10 km lange Schnittstelle
Geisetrennwerk (Pogum bis Geisesteert), welches das Emder Fahrwasser
vom Dollart trennt. Die Höhe des Geisetrennwerks beträgt NN +1,5 m und
wird daher regelmäßig überströmt. Der Dollart wird von der Großschifffahrt
nicht befahren.
Der UVU-Gutachter hat seine Bewertung der einzelnen für dieses Verfahren
relevanten Flussabschnitte an der Ems an Hand des folgenden 5-stufigen
Bewertungsrahmens vorgenommen.
Tabelle: Bewertungsrahmen für das Schutzgut Wasser / Morphologie
Bewertungskriterien
Wertstufe
Anthropogene Beeinflussung der Morphodynamik und Sedimentdynamik bzw. -zusammensetzung; Vorhandensein von
Flachwasserbereichen sowie Baggermengen
gewässertypische Morphodynamik, im dynamischen
sehr hoch
Gleichgewicht; sehr große Diversität der Sedimente;
5
Transportkörper gut ausgeprägt; sehr hoher Anteil an
Flachwasserbereichen, keine Baggermengen
hoch
geringe Veränderung der gewässertypische Morphody-
197
Bewertungskriterien
Wertstufe
Anthropogene Beeinflussung der Morphodynamik und Sedimentdynamik bzw. -zusammensetzung; Vorhandensein von
Flachwasserbereichen sowie Baggermengen
4
namik, z. B. durch leichte Festlegung des Stromstrichs
durch Buhnen, Uferbefestigungen; große Diversität der
Sedimente; Ausprägung der Transportkörper mittelmäßig;
hoher Anteil an Flachwasserbereichen, sehr geringe Baggermengen
starke Veränderung der gewässertypische Morphodynamik, z. B. durch Festlegung der Gewässer durch Buhnen,
mittel
3
Verengungen oder Aufweitungen des Flussbettes; mittlere
Diversität der Sedimente; Transportkörper gering ausgeprägt; mittlerer Anteil an Flachwasserbereichen, geringe
Baggermengen
sehr starke Veränderung der gewässertypische Morpho-
gering
2
dynamik, z. B. durch hohen Anteil an Baggermengen,
Verengungen oder Aufweitungen des Flussbettes; geringe
Diversität der Sedimente; Transportkörper nicht vorhanden; geringer Anteil an Flachwasserbereichen
extreme Veränderung der gewässertypische Morphodynamik, z. B. durch teilweise oder vollständige Befestigung
sehr gering
1
der Sohle und / oder befestigte Ufer, Verengungen oder
Aufweitungen des Flussbettes; sehr geringe Diversität der
Sedimente; Transportkörper nicht vorhanden; sehr geringer Anteil an Flachwasserbereichen
Typisch für das Untersuchungsgebiet ist eine große Diversität der Sedimente, die von Schlick (Schluff, Ton) bis zu Grobsand, Schill sowie organischen
Bestandteilen unterschiedlicher Größe und Zersetzungsgraden reicht.
198
Sehr dicht an dem Bewertungskriterium Sedimente liegt das Kriterium
„Transportkörper“. Die Kriterien „Sedimente“ und „Transportkörper“ beeinflussen sich gegenseitig. Die Sedimente reagieren träger auf starke Veränderungen innerhalb des Wasserkörpers und bilden auf natürliche Art und Weise
(durch Variation der Transportkörperhöhe) eine dynamische Rauigkeit,
wodurch das hydrologische Gleichgewicht zusätzlich gestützt wird.
Flachwasserbereiche sind von ihrer ökologischen Wertigkeit hoch anzusetzen, weil Flachwasserzonen Funktionen besitzen, die von anderen Bereichen
nicht übernommen werden können (z.B. Fischlaichzonen).
Letztlich lassen sich Baggermengen zur Bewertung der Auswirkungen einer
Maßnahme heranziehen, da sie ein direkter Hinweis für ein Ungleichgewicht
der Gewässersohle bzw. Morphologie darstellen (genau wie das Gegenteil
des künstlichen Einbringens von Material, bspw. Kolkverbau).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist der Istzustand der einzelnen
Flussabschnitte folgendermaßen zu charakterisieren und vom UVUGutachter bewertet worden:
Abschnitt Dortmund-Ems-Kanal (DEK) von Herbrum bis Papenburg
Der DEK besitzt ein trapezförmiges Kanalprofil mit einer Breite von ca. 50 m.
Typisch für die Kanäle ist die geringe bis nicht vorhandene Breiten- und Tiefenvarianz im Vergleich zu den meisten natürlichen Gewässersohlen. Durch
den hohen Schwebstoffgehalt und der Asymmetrie der Tide kommt es vorwiegend in den Sommermonaten bei geringem Oberwasserabfluss zu Ablagerungen von Feinstsediment (Schlick). Eine gewisse Varianz der Sedimentzusammensetzung kommt nur infolge der winterlichen Oberwasserspitzen mit
entsprechendem Eintrag von Sanden zustande. Das vorherrschende Sediment ist ein schwach feinsandiger Schlick. Die Varianz ist äußerst gering.
Transportkörper sind in diesem Regime nicht zu erwarten. Baggermengen
sind in den letzen Jahren immer dann entstanden, wenn durch Oberwasser
Sand in den DEK eingetragen worden sind. Die Feinsedimente werden im
Eggenbetrieb bewegt, sodass es nicht zu dauerhaften Ablagerungen kommt.
Insgesamt wird dieser Abschnitt mit der Wertstufe 2 „gering“ belegt.
199
Abschnitt Papenburg bis Leerort
Dieser erste Abschnitt bei Papenburg ist mit Fahrwasserbreiten 55 m und einer Breite des MThw Flussbettes von ca. 120 m relativ schmal. Bis Leerort
(Emskilometer 14) verbreitert sich das MThw Flussbettes auf ca. 240 m. Erwähnenswert ist die Abflachung bei Stapelmoor 1985, der Durchstich der
Weekeborger Bucht 1984 (Emskilometer 11) sowie der Bau neuer Buhnen in
diesen Bereichen 1988 im Zusammenhang mit dem Ausbau der Unterems auf
5,7 m (6,3 m Ausbau 1992, 7,3 m Ausbau 1994). Infolge der Kurvenströmung
existiert bei Weekeborg ein tiefer Kolk. Der Verbauungsgrad der Ufer durch
Steinschüttungen und Deckwerke ist fast vollständig. Unverbaute Ufer finden
sich von Ems-km12,28 – 12,9. Bei Kilometer 14 mündet die Leda in die Ems.
In diesem betrachteten Abschnitt ist die Zusammensetzung der Sedimente
ähnlich der des DEK. Das vorherrschende Sediment ist ein schwach feinsandiger Schlick. Die longitudinale Varianz ist äußerst gering. Transportkörper
sind in diesem Regime nicht zu erwarten. Die gleiche Qualität der Aussage
findet sich in den übrigen Maßnahmenbereichen wieder. In der Tiefe findet
jedoch ab GOK nach ca. 3 m Schlick bzw. Klei der Übergang zu sandigen
Böden statt.
Flachwasserbereiche beschränken sich auf die Buhnenfelder sowie den angeschlossenen Altarm in der Weekeborger Bucht. Die Baggermengen in diesem Abschnitt sind, vor allem zwischen Emskilometer 0 und 7 in der Unterems am höchsten mit etwa 1 Mio. m³/a. Insgesamt wird dieser Abschnitt
mit der Wertstufe 2 „gering“ belegt.
Abschnitt Leerort bis Emden
Durch den Zufluss der Leda bei Emskilometer 14 vergrößert sich das Flutvolumen und damit auch die Breite von Deich zu Deich. Charakteristisch für diesen Abschnitt ist die Existenz von Sänden und Stromspaltungen. Zu nennen
sind hier der Bingumer und Hatzumer Sand sowie die Stromspaltung bei Jemgum. Unterhalb der Ledamündung finden sich regelmäßig erhebliche Eintiefungen der Sohle (vor allem im sog. drei Kurven Bereich zwischen Terborg
und Oldersum) die bis zu NN -15 m bei Emskilometer 24,8 erreichen. Die
Diversität der Sedimente nimmt durch das Anschneiden älterer geologischer
Formationen erheblich zu. Es finden sich entlang der Fahrrinne Sedimente mit
200
fast vollständig sandigen Anteilen (Mittelsand, feinsandig, grobsandig) die im
Bereich Hatzum – Gandersum auch Transportkörper bilden. Nach dem Emssperrwerk schließt sich bis km 38 erneut eine Schlickstrecke an die auf den
letzten drei Kilometern bis Emden tendenziell wieder zum sandigen hin wechselt. Flachwasserbereiche finden sich in den Buhnenfeldern sowie den Nebenrinnen der Sände in erheblichen Anteilen. Ab Pogum beginnt der Dollart
mit großen Flachwasserbereichen. Die Baggermengen zwischen Leerort und
Emden erreichen nur etwa 30% der Baggermengen des Abschnittes von Papenburg nach Leerort. Durch die erhöhte Variabilität der Sedimente sowie der
großen Breiten- und Tiefenvarianz ist die Wertigkeit mit Wertstufe 3 bis 4
„mittel“ bis „hoch“ einzusetzen.
201
Abschnitt Emden bis Knock
Dieser Abschnitt ist geprägt durch die Unterhaltungsarbeiten der Fahrrinne
zum Emder Außen- / Binnenhafen. Die Ufer sind auf der Emder Seite verbaut
durch Steinschüttungen, Deckwerke sowie Molen und Kaianlagen. Ausnahme
stellt das Südufer zum Dollart hin dar, das lediglich durch Buhnen und das
Geiseleitwerk verbaut ist. Die Sohle der Ems tieft sich relativ sprunghaft bei
km 40,4 auf die Unterhaltungstiefe (-10,6 m) ab, die Varianz ist aber durch die
ständigen Baggerungen zu vernachlässigen und eher mit der des DEK zu
vergleichen. Die Strecke ist sedimentologisch gekennzeichnet durch starken
Schlickanfall der zum Gatjebogen hin je nach Tidezeitpunkt mehr oder weniger mit vorwiegend Feinsand durchsetzt ist. In diesem Abschnitt entstehen
jährlich die höchsten Baggermengen mit ca. 4-5 Mio. m³. Transportkörper finden sich im Übergangsbereich zwischen Emder Fahrwasser (Geisesteert)
und Knock und treten von dort stromab regelmäßig auf. Die Flachwasserbereiche beschränken sich auf die Buhnenfelder und die angrenzenden Flächen
des Dollarts. Die Wertigkeit wird durch die starke anthropogene Überprägung
mit Wertstufe 1 „sehr gering“ angesetzt.
Die Planfeststellungsbehörde schließt sich der Bewertung der einzelnen Abschnitte im Istzustand an. Die Argumentation des Fachgutachters ist schlüssig
und nachvollziehbar.
a)
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Im Zusammenhang mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke sind keine
signifikanten bau, anlage- oder betriebsbedingten Auswirkungen auf die
Morphologie eingetreten. Die Veränderung der Gewässersohle durch die Errichtung des Pfeilers 6a wurde durch den Rückbau des Pfeilers 6 ausgeglichen. Der zusätzliche Verbau während der Bauphase bewirkte kleinräumig
eine Zunahme der Strömung und damit einhergehend eine Kolkbildung in
dem sandig-schluffigen Untergrund. Dieses wurde bei der Baudurchführung
entsprechend berücksichtigt.
Die Verlegung der Fahrrinne, die durch die Veränderung des Lichtraumprofils
der Brücke erforderlich wird, wird unter dem nachfolgenden Punkt behandelt.
202
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Um die mit diesem Beschluss genehmigte Bedarfstiefe herzustellen, wird die
Gewässersohle der Ems und des DEK in unterschiedlichen Mächtigkeiten
ausgebaggert.
Die Baggerbereiche liegen im Nahfeld der bestehenden Fahrrinne. Diese Bereiche werden durch die planfestgestellten Maßnahmen in Fahrwasser umgewandelt, was eine morphologische Umstrukturierung zur Folge hat.
Infolge der Baggerungen in den einzelnen Bereichen kommt es demgemäß
zunächst zu einer baubedingten Veränderung der Morphologie und zu einer
Störung des dort jeweils vorhandenen Sedimentes. Diese Veränderungen
werden teilweise vorübergehender Natur sein, da die Herstellung der neuen
Topografie nur im Bedarfsfall notwendig sein wird.
Weitere baubedingte Auswirkungen auf die Morphologie können aus der Verklappung folgen.
Für die einzelnen Bereiche stellen sich die Veränderungen der Gewässermorphologie mit Flächenbilanz zusammenfassend unter Berücksichtigung der
zukünftig zu nutzenden Bedarfstiefen (Antragsgegenstand) wie folgt dar:
Maßnahmenbereich Papenburg:
Folgende Maßnahmen sind in diesem Bereich vorgesehen:
− Fahrrinnenvertiefung: Dortmund-Ems-Kanal (DEK)-km 225,8 bis Emskm 0,05 von vorhandenen NN - 5,08 m bzw. - 5,20 m auf NN - 6,30 m
− Fahrrinnenverlegung von Ems-km 0,3 bis Ems-km 1,3 um ca. 8 Meter
nach Osten; die herzustellende Sohltiefe entspricht der Sohltiefe nach
dem PFB 1994 (NN - 6,30 m)
Die durch die Ausbaumaßnahmen erstmalig zusätzlich in Anspruch genommene Fläche umfasst ca. 6.750 m². Demgegenüber entfallen zukünftig Bag-
203
gerungen auf einer Fläche von ca. 8.500 m². Insgesamt verringert sich dort
die zu baggernde Fläche um ca. 1.750 m².
Abbildung:
Lageplan Maßnahmenbereich Papenburg
Maßnahmenbereich Weener / Friesenbrücke:
In diesem Bereich findet eine Fahrrinnenverlegung, Ems-km 6,2 bis 7,6 um
ca. 30 m nach Osten statt. Im Bereich Weener ergibt sich in soweit eine faktische Fahrrinnenverbreiterung, da zwar auf einer Fläche von ca. 18.500 m²
zukünftig Baggerungen zur Herstellung der Bedarfstiefe von NN -6,20 m entfallen, weiterhin aber erforderlichenfalls Baggerungen zur Aufrechterhaltung
der Basistiefe von NN -5,60 m durchgeführt werden können. Nach derzeitigem Erfahrungsstand sind zur Aufrechterhaltung der Basistiefe keine Baggerungen erforderlich, da dieser Bereich durch die natürliche Strömung freigehalten wird. Die durch die Ausbaumaßnahmen erstmalig zusätzlich in Anspruch genommene Fläche umfasst ca. 20.700 m².
204
Abbildung:
Lageplan Maßnahmenbereich Weener/Friesenbrücke
Maßnahmebereich Jann-Berghaus-Brücke
In diesem Bereich findet eine Fahrrinnenverlegung um ca. 21 m nach Osten
statt (Ems-km 14,4 bis 15,9). Auf die Herstellung der Basis-/ Bedarfstiefe für
den nicht mehr benötigten Teil wird verzichtet. Im Bereich Jann-BerghausBrücke entfallen zukünftig Baggerungen auf einer Fläche von ca. 27.300 m².
Demgegenüber ergeben sich durch die Fahrrinnenverlegung zukünftig ca.
20.850 m² neu zu baggernde Fläche. Von den Baggerungen sind hier somit
Flächen betroffen, die bisher nicht der Unterhaltungsbaggerung unterlagen.
Andere Flächen werden in Zukunft nicht mehr unterhalten. Insgesamt verringert sich dort die zu baggernde Fläche um ca. 6.450 m².
205
Abbildung:
Lageplan Maßnahmenbereich Jann-Berghaus-Brücke
Das mittels Hopperbagger geförderte Baggergut aus den wasserbaulichen
Maßnahmebereichen Papenburg, Weener und Leer (der Träger des Vorhabens geht hierbei von einer Baggermenge von rund 80.000 m³ lose Masse
Sand-/Schlickgemisch bzw. rund 43.000 m³ schlickiger, sandiger Boden aus),
wird landseitig untergebracht. Es wird auf bereits genehmigte Spülflächen
verbracht, so dass dieses Verfahren keine weitere Genehmigung der Baggergutunterbringung an Land zu betrachten hat.
Maßnahmebereich Emden
Im Bereich Emden sind von den Ausbaubaggerungen ausschließlich Flächen
betroffen, die bisher auch der Unterhaltungsbaggerung unterlagen. Hier findet
eine Fahrrinnenvertiefung von Ems-km 31,0 –37 und 40,0 bis 40,5 statt.
Die erforderliche Wassertiefe der Fahrrinne zwischen Ems-km 31,0 -37 und
40,0 – 40,5 bei mittleren Bedingungen (MThW) wird auf der Grundlage eines
Tiefgangs des Bemessungsschiffes von 8,50 m für die tideabhängige Fahrt
durch Einrechnung aller für den Schiffstiefgang relevanten Parameter nach
anliegender Tabelle hergestellt.
206
Es werden im Maßnahmebereich Emden ca. 503.054 m² Fläche vertieft, eine
Veränderung in der schon planfestgestellten vertikalen Ausdehnung findet
nicht statt. Die genannte Flächenzahl ist die der Flächenbilanz zu Grunde gelegte Zahl, tatsächlich wird es nach den vorliegenden Peilungen zur Herstellung der genannten Tiefen nur erforderlich sein, einzelne Kuppen zu baggern,
d.h. die tatsächlich zu baggernde Fläche ist in ihrer Ausdehnung kleiner. Das
WSA Emden hat im Laufe des Verfahrens für den Landkreis Emsland die im
Maßnahmebereich Emden (Ems-km 31 bis 40,5) betroffene Ausbaubaggerfläche konkretisiert. Statt der in den Planunterlagen eingestellten 50,3 ha sind
- aufgrund der Tatsache, dass nicht die gesamte Fläche, sondern nur einzelne Kuppen zu baggern sind - 35,2 ha durch die geplante Maßnahme betroffen.
Das Vertiefungsmaß wird im Bereich des Schiffsliegeplatzes bei km 31,00 bei
- 0,41 m, im Bereich Pogum km 35,30 bei - 0,25 m und im Bereich Emden bei
- 0,38 m liegen.
207
Für die Unterbringung des Baggergutes, welches im wasserbaulichen Maßnahmebereich Emden anfällt, ist eine Unterbringung auf die Klappstellen 5
und 7 in der Außenems vorgesehen. Der Träger des Vorhabens geht davon
aus, dass in diesem Bereich rd. 180.000m³ lose Masse Sand- / Schlickgemisch (Feststoff / lose Masse 1/2) bzw. rund 87.000 m³ schlickiger sandiger
Boden gebaggert und verbracht werden müssen.
Abb.: Übersichtsplan Klappstellen 5 und 7
208
Auf die Klappstelle 5 bei Ems-km 69,5 kann sowohl schlick- als auch sandhaltiges Baggergut verbracht werden. Bei einer Größe von 46 ha kann die
Stelle tideunabhängig genutzt werden. Der Bereich weist eine mittlere Wassertiefe von ca. 9,00 unter SKN (LAT) auf.
Die Klappstelle 7 bei Ems-km 65 weist eine Fläche von 48 ha bei einer mittleren Wassertiefe von ca. 7,80 unter SKN (LAT) auf. Sowohl Schlick- als auch
Sandmassen können tideunabhängig untergebracht werden.
Infolge der Verklappungen sowie der anschließenden Verdriftung auf den
Klappstellen und in ihrem direkten Umfeld wird es zu Auflandungen und damit einer Veränderung der Morphologie kommen. Eine deutliche Beeinflussung großräumigerer morphologischer und hydrologischer Vorgänge ist nicht
zu erwarten. Je nach Beschaffenheit des Baggergutes verbleibt das Material
dort temporär oder dauerhaft.
Der Maßnahmebereich Emden ist sedimentologisch gekennzeichnet durch
starken Schlickanfall der zum Gatjebogen mit Feinsand durchsetzt ist.
Die auf der Durchgangsklappstelle verbrachten Sedimente werden größtenteils (unterschiedlich schnell) wieder bodennah verdriften bzw. in Suspension
gelangen und am übrigen Transportgeschehen teilnehmen. Die schlickigen
Anteile werden weiträumig verdriftet, während die feinsandigen Anteile in der
Umgebung der Klapstelle absedimentieren.
Hinsichtlich der jährlichen Unterbringungsmengen der beiden Klappstellen
wird auf nachfolgend dargestellte Tabelle verwiesen.
Tabelle:
Verklappmengen in Mio. m³ sowie Anzahl der Umläufe in den Jahren
2001 bis 2007 für die Klappstellen 5 und 7
Verklappmengen Verklappmengen
Kl. 5
Kl. 7 [Mio m³]
[Mio m³]
2001
2,57
2,47
Gesamtmenge
Umläufe
Kl. 5 u. 7
Anzahl
[Mio m³]
(ca.)
5,04
1.904
209
2002
2,7
2,97
5,67
2.548
2003
2,46
2,51
4,97
2.130
2004
2,84
3,49
6,33
2.428
2005
2,27
2,44
4,71
1.724
2006
2,29
2,46
4,75
1.980
2007
2,23
2,41
4,64
2.542
Durchschnitt
2,48
2,68
5,16
2.179
Die Kapazitäten der Klappstellen sind nach Aussage der Vorhabensträger
weiterhin ausreichend, um die Baggermengen künftig aufnehmen zu können.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Die unter Punkt B.III.3.1.1.2.2.3 dargestellten anlagebedingten hydrologischen Veränderungen werden sich auch morphologisch auswirken.
Die BAW hat in ihrem Gutachten zu den Auswirkungen des Vorhabens aus
dem Jahre 2007 - A39550310095 (Unterlage K.1) die anlagebedingten Auswirkungen auf die morphologische Entwicklung, die geprägt ist durch die
Tideverhältnisse und den Oberwasserzufluss, folgendermaßen prognostiziert:
„Die morphologische Entwicklung der Unterems ist geprägt durch die
Tideverhältnisse und durch den Oberwasserzufluss. Die Asymmetrie
der Tidekurve sorgt permanent für einen Nettotransport von Schwebstoffen in die Unterems und nur bei einem hohen Oberwasserzufluss
wird Material aus der Unterems in das Emder Fahrwasser eingetragen.
Diese Entwicklung wird auch nach der Herstellung der Überführungstiefen weiter anhalten, und zwar tendenziell sogar noch etwas
stärker (nicht nachweisbar), da der Tidenhub etwas größer wird und
sich dadurch tendenziell auch die Flut- und Ebbestromdauer und -
210
volumina in eine ungünstigere Richtung verändern. In einigen Teilbereichen wird auch die bestehende Tendenz zum Flutstromtransport
leicht erhöht. Die größten Veränderungen in Form von geringeren
Strömungsgeschwindigkeiten und erhöhten Schwebstoffkonzentrationen wurden direkt im Nahfeld der Ausbaumaßnahmen detektiert, so
dass diese Bereiche einer verstärkten Sedimentation unterliegen werden. Dies entlastet zunächst die angrenzenden Bereiche, doch diese
Entlastung wird nur von kurzer Dauer sein. Angesichts des extrem hohen Schwebstoffangebotes auch oberhalb von Papenburg werden die
ausgebauten Bereiche wieder verschlicken. Ein Zeitraum dafür kann
nicht angegeben werden, da der Oberwasserzufluss bei diesem Prozess eine entscheidende Funktion hat“ (BAW 2007 - A39550310095).
Der langfristige morphologische Trend wird sich nach Einschätzung der
BAW nur unwesentlich verändern. Es wird weiterhin eine starke Tendenz zur Verschlickung (Unterems, Zufahrt zu den Häfen, Freizeitanlagen, Siel-Außentiefs) vorherrschen (BAW 2007 – A39550310095).
Für den Bereich der tidebeeinflussten Nebenflüsse prognostiziert die
BAW nur einen geringfügigen Schwebstoffeintrag. Die ausbaubedingten Änderungen im Bereich Leda/Jümme seien in ihrem Maximum auf
die Größe der ausbaubedingten Änderungen an der Mündung beschränkt (BAW 2007 – A39550310095).“
Tendenziell wird demgemäß durch die errechnete Zunahme des Tidenhubs,
der nach Aussage der Fachgutachter in der Natur nicht messbar sein wird,
eine Zunahme der mobilisierten Feststoffe zu erwarten sein. Die BAW hat für
die ausbaubedingten Änderungen des mittleren Schwebstoffgehaltes in der
Ems einen Wert bis zu 1 g/l ermittelt.
Weiterhin führt die vorstehend unter dem Aspekt baubedingte Auswirkungen
beschriebene morphologische Umstrukturierung der Wasserstraßen – bis auf
den Maßnahmebereich Papenburg – nicht zu einer Veränderung der Flachwasseranteile. Die Bereiche sind vor und nach Durchführung der Maßnahme
211
als Sublitoral einzustufen. Im Bereich Papenburg wird sich die Flächenbilanz
zum Tiefwasser verschieben. Gleichzeitig werden jedoch auf der gegenüberliegenden Flussseite neue flachere Zonen geschaffen, da ein Teil der bisherigen Fahrrinne nicht mehr benötigt wird und zukünftig auch nicht mehr unterhalten werden muss.
Durch das prognostizierte Absinken des mittleren Tideniedrigwassers von
maximal 1 cm gehen die ständig mit Wasser bedeckten Flächen nicht in einem messbaren Umfang zurück. Die vorhabensbedingten Veränderungen
sind derart gering, dass sie sich nicht von der ohnehin großen natürlichen
Variabilität herausfiltern lassen. Der Flächenanteil der Flachwasserbereiche
wird durch die maßnahmebedingte Veränderung der Wasserstände nicht
nachweisbar kleiner. Dennoch führt zu das Vorhaben tendenziell zu einer
weiteren Vergrößerung des Tidenhubs, so dass die derzeit schlechte Situation der Ems auch weiter verschlechtert wird.
Das Ausbauvorhaben bewirkt keine messbare Veränderung der Überflutungsdauer. Daher sind Strukturveränderungen im Uferbereich nicht zu erwarten, zumal hiervon lediglich unbefestigte Ufer betroffen wären.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Die ausbaubedingte Zunahme von Unterhaltungsbaggerungen beinhaltet zum
Teil eine Wiederholung der beschriebenen baubedingten Auswirkungen. Die
planfestgestellte neue Topografie kann bei Bedarf wiederhergestellt werden.
Durch die starke Sedimentation der Ems, ist mit einer schnellen Verschlickung der erstmalig auf Bedarfstiefe gebaggerten Bereiche zu rechnen, was
zur Folge hat, dass die Ausbaubereiche im Bedarfsfall wieder gebaggert werden müssen.
Die BAW hat hinsichtlich der voraussichtlichen Baggermengenentwicklung
nachfolgend zitierte Aussage getroffen:
212
„Diese voraussichtlichen Baggermengen werden sich von den bisherigen Baggermengen im Wesentlichen durch die Volumina unterscheiden, die in den neuen Ausbaustrecken zusätzlich anfallen. Auch hier
gilt die [...] Aussage, dass die zukünftige hydrologische Situation entscheidend für Ort und Menge des anfallenden Baggergutes ist. Sicher
ist eine Zunahme der Baggermenge in den Bereichen der neu angepassten Tiefen“ (BAW 2007).
Entgegen anderer Ästuarausbaumaßnahmen wird an der Ems die sogenannte Bedarfstiefe nur dann gebaggert, wenn ein sogenannter Überführungsfall
ansteht. Aber auch im Falle einer Überführung ist es sowohl vom Zeitpunkt
der Überführung mit dem dann zulässigen Staufall und vom Tiefgang des
Schiffes als auch von dem der Baggerung vorausgehende Wetterlage mit
dem davon abhängigen Oberwasserzufluss abhängig, welche Mengen letztendlich konkret an den Kuppen abgebaggert werden müssen. Dies führt dazu, dass eine Unterhaltungsbaggermengenprognose nur sehr grob möglich
ist.
Entsprechend der Erfahrungen des Wasser- und Schifffahrtsamtes Emden,
das für die Emsunterhaltungsbaggerungen zuständig ist, machen die Unterhaltungsbaggerungen ca. 70% der Menge der Erstbaggerung aus.
Wird von einer Erstbaggermenge von rund 130.000 m³ schlickiger, sandiger
Boden (nicht lose Masse) ausgegangen, so kann eine Unterhaltungsbaggermehrmenge von rund 90.000 m³ angenommen werden. Ausgehend von
der Tatsache, dass im Maßnahmenbereich Emden bei der Erstbaggerung ca.
2/3 der Baggermenge anfällt, wird dies für die Unterhaltungsbaggerungen
ebenfalls angesetzt. Somit wird für den Bereich Emden für die maßnahmebedingte Unterhaltungsbaggerungen eine Menge von ca. 60.000 m³ sowie
für die übrigen Maßnahmenbereiche Leer, Weener und Papenburg eine Unterhaltungsbaggermehrmenge von ca. 30.000 m³ zu Grunde gelegt. Die Unterhaltungsbaggermehrmengen werden in gleicher Verteilung wie bei der
Erstbaggerung dargestellt (baubedingte Wirkungen) landseitig sowie auf die
Klappstellen 5 und 7 untergebracht. Die Kapazitäten der Klappstellen sind
213
nach Aussage der Vorhabensträger ausreichend, um die Baggermengen
künftig aufnehmen zu können.
3.1.1.3
Auswirkungen auf den Boden
Boden im Sinne des Bundesbodenschutzgesetzes (BBodSchG) ist die obere
Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der in § 2 Abs. 2 genannten Bodenfunktionen (natürliche Funktionen (z.B. Lebensraumfunktion, Bestandteil des
Naturhaushaltes) sowie Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte sowie Nutzungsfunktionen (z.B. Rohstofflagerstätte) ist, einschließlich der
flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft), ohne Grundwasser und Gewässerbetten.
Von den wasserbaulichen Maßnahmen, die ausschließlich im Bereich der
Gewässersohle der Unterems vorgenommen werden, werden demzufolge
unmittelbar keine Böden im Sinne des BBodSchG betroffen. Die Auswirkungen auf die Gewässersohle sind mittelbar durch die Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut Wasser (Auswirkungen auf die Morphologie) zusammengefasst. Insoweit wird auf die Darstellung unter B.III:3.1.1.2.2.4 –
Auswirkungen auf die Morphologie – Bezug genommen. Die nachfolgenden
Ausführungen zum Schutzgut Boden beziehen sich daher schwerpunktmäßig
auf terrestrische, semiterrestrische und semisubhydrische Bereiche
Datengrundlage
Die Beschreibung des Schutzgutes Boden erfolgte auf Grundlage von Daten
des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Auf dieser
Grundlage wurden die Geologie der Bodengroßlandschaften, Bodenlandschaften und die Bodenübersichtskarte betrachtet. Daneben sind die Suchräume für schutzwürdige Böden ausgewertet worden.
Die Datenauswertung erfolgte unter Berücksichtigung der Bodenkundlichen
Kartieranleitung (2005).
214
Geologie
Auf der geologischen Übersichtskarte wird ersichtlich, dass es sich bei dem
gesamten Emstal bis auf Höhe Mitling um holozäne Brackwasserablagerungen aus tonig, schluffigem Material handelt. Südlich davon schließen sich
Bereiche mit holozänen fluviatilen Gezeitenablagerungen (tonig, schluffig)
an.
Bodengroßlandschaften
Der Unterlauf der Ems wird der Bodengroßlandschaft der Küstenmarschen
zugeordnet, die im Wesentlichen auf dem langsamen Meeresspiegelanstieg
der letzten 10.000 Jahre beruht (NLfB 1997). Bei den Küstenmarschen
überwiegen schluffig-tonige Sedimente, die von Torfresten durchsetzt sein
können. Das feinkörnige Sediment des Meeres hat sich im Gezeiteneinflussbereich abgesetzt. Bei Flut wurden neue Sedimente herantransportiert, die
sich entsprechend bei Ebbe ablagern konnten. Die Nähe zu Flussmündungen bedingt dabei Übergänge von marinen zu brackischen Sedimenten, die
einen geringeren Salzgehalt aufweisen. Dadurch ergibt sich eine Differenzierung in marine, brackische und perimarine Bereiche.
Der Oberlauf der Ems bei Papenburg ist der Bodengroßlandschaft der Talsandniederungen und Urstromtäler zuzuordnen, die in Niedersachsen als weite Ebenen die Geest durchziehen und im Bereich der Ems nur wenige Meter
über NN liegen. Die Urstromtäler entstanden überwiegend in der vorletzten
Eiszeit und wurden durch abfließendes Schmelzwasser der Gletscher angelegt (NLfB 1997). Im Emsbereich dominieren hier sandige Materialien.
Bodenlandschaften
Die Uferbereiche der Ems sind im Petkumer Deichvorland sowie weiter zur
Nordsee gelegen den Verbreitungsgebieten der marinen Sedimente zuzuordnen. Diese gehen im direkten Emsverlauf in das Verbreitungsgebiet der
brackischen Sedimente über, denen sich im Oberlauf perimarine Sedimente
anschließen.
Terrestrische / Semiterrestrische Bodentypen
215
Der Außendeichsbereich der Ems ist noch durch eine gewisse natürliche Dynamik geprägt, da die Böden im Uferbereich bei entsprechenden Wasserständen überflutet werden können.
Durch diesen natürlichen dynamischen Prozess haben sich Rohmarschen
gebildet. Das Hinterland der Ems ist hingegen durch Klei- bzw. Knickmarschen geprägt.
Die Rohmarschen sind gekennzeichnet durch eine einheitlicher Sedimentabfolge. Es handelt sich um Böden mit periodischer und episodischer Sedimentzufuhr durch Überflutung sowie Prägung durch geo-pedogene Prozesse
verschiedener Art (u. a. beginnende Entkalkung, Entsalzung usw.) (AG BODENKUNDE 2005). Bohrprofile, die durch das LBEG u. a. im Bereich der
Außendeichsflächen im Zuge der bodenkundlichen Kartierung des Küstenraumes aufgenommen worden sind, zeigen in den oberen Zentimetern im
Übergang vom oligohalinen zum limnischen Bereich entkalktes Material, welches aus feinsandigem, schluffigen Ton besteht. Die Wasserdurchlässigkeit
dieser Böden liegt durch den hohen Tongehalt um oder sogar unter 0,5 cmIh
(SCHROEDER 1992).
Im Bereich der Kleimarschen, die im Bereich südlich von Leer zum Teil bis
an den Emswasserbereich reichen, herrschen stark schluffige Tone vor, die
stark durchwurzelt und humos sind. Kalk ist in diesen Bereichen im gesamten Profil nicht vorhanden. In den Tiefen ab ca. 0,5 m herrschen Feinsande
vor, die sich mit Lagen von Ton abwechseln können. Auch die Emsinseln
sind dem Bodentyp der Kleimarsch zuzuordnen.
Ab dem Bereich Weener ist der Einfluss der Urstromtalregion in den vorherrschenden Bodentypen erkennbar. So kommen in diesen Bereichen Gleyböden vor, die unter Grundwassereinfluss stehen.
Im Bereich der Hafeneinfahrt Papenburg werden kleinteilig Pseudogleye unterlagert von Kleimarschen dargestellt. Es handelt sich hierbei um stauwasserbeeinflusste Zweischichtprofile, die sich zeitweilig vernässt darstellen und
häufig einen schroffen Wechsel zwischen Nass- und Trockenphasen aufweisen.
216
Ebenfalls im Bereich der Seeschleuse Papenburg treten Lockersyroseme
auf. Es handelt sich hierbei um einen Bodentyp, der letztlich eine sehr geringe Bodenentwicklung aufweist und dessen Eigenschaften dadurch vorrangig
durch das, in diesem Fall, lockere Ausgangsgestein charakterisiert sind.
Suchräume für schutzwürdige Böden
Für den Bodenschutz von besonderer Bedeutung im Sinne der §§ 1 und 2
BBodSchG sind die natürlichen Bodenfunktionen und die Funktion als Archivund Kulturgeschichte. Deren Beeinträchtigung durch Einwirken auf den Boden soll nach Bodenschutzrecht (§1 BBodSchG) vermieden werden.
Als besonders schutzwürdig sind in Niedersachsen danach insbesondere die
folgenden Böden ausgewiesen:
•
Böden mit besonderen Standorteigenschaften: Extremstandorte mit extrem trockenen oder extrem nassen Böden
•
naturnahe Böden (historische Waldstandorte, Böden mit besonderen
Standorteigenschaften, Naturschutzgebiete und die Biotope aus der Biotopkartierung des Landes)
•
Böden mit hoher natürlicher Bodenfruchtbarkeit
•
Böden mit hoher kulturgeschichtlicher Bedeutung (z. B. Plaggenesche)
•
Böden
mit
hoher
naturgeschichtlicher
Bedeutung
(z. B.
Boden-
Dauerbeobachtungsflächen)
•
seltene Böden
Im Bereich der Ems handelt es sich bei den gesamten Außendeichsflächen
um naturnahe Böden bzw. um Böden mit besonderen Standorteigenschaften
(Extremstandorte). Die dort vorhandenen Rohmarschen sind aufgrund der
extremen Vernässung des Materials schutzwürdig, da aufgrund der weit reichenden Veränderungen durch landwirtschaftliche Nutzung diese Standorte
selten sind. Weiterhin gelten die Böden als naturnah, da sie zwar geringfügig
anthropogen beeinflusst sein können, in ihren Bodeneigenschaften jedoch
weitgehend unbeeinträchtigt sind (GUNREBEN & BOESS 2003). Bei der Er-
217
mittlung von naturnahen Böden ergeben sich oft Überschneidungen mit Extremstandorten, da die Flächen wenig oder gar nicht genutzt werden können.
Im Bereich Leer befinden sich Flächen unmittelbar an die Ems angrenzend,
die neben ihrer Naturnähe auch ein hohes Filter- und Puffervermögen aufweisen. Mit dem Filter- und Pufferpotenzial wird die Fähigkeit von Böden im
Sickerwasser gelöste oder suspendierte Stoffe zurück zu halten beschrieben
(GUNREBEN & BOESS 2003). Dabei hängt das Filtervermögen von den Bodeneigenschaften (Ton- und Humusgehalt, Porenvolumen, pH etc.) ab. Es
handelt sich hierbei um schützenswerte seltene Böden.
Die Vorbelastungen der oben aufgeführten terrestrischen und semiterrestrischen Bodentypen entstehen durch die vorhandene anthropogene Überprägung. Durch die Anlage der emsseitigen Deiche werden die natürlichen Prozesse unterbunden und eine Bodenentwicklung findet binnendeichs durch
landwirtschaftliche Nutzung und Entwässerungsmaßnahmen in einem anderen Rahmen statt. Die außendeichs gelegenen Böden können durch im
Wasser transportierte Stoffe ebenfalls beeinflusst werden. Bei Überflutungen
sind z. B. mögliche Akkumulationseffekte bei der Ablagerung feinster Sedimente im Bereich der oberen Bodenhorizonte zu beachten.
Semisubhydrische Bodentypen
Unter dem Begriff der semisubhydrischen Böden sind die Bodentypen zu
fassen, die ständig unter dem Einfluss der Gezeiten stehen und sich zwischen MThw und MTnw befinden. Im Bereich der Ems sind die Fluss- und
Brackwattflächen zu den semisubydrischen Böden zu zählen, die zugleich
unter den Schutz des § 28a NNatG fallen und als Lebensraumtyp 1130 Ästuare im Anhang I der FFH-Richtlinie vertreten sind.
Die Fluss- und Brackwasserwattböden unterscheiden sich in ihrem Aufbau
untereinander nicht. Sie sind lediglich durch den im Brackwasserwatt höheren Salzgehalt zu differenzieren. Weiterhin zeichnen sie sich durch eine
weitgehend vegetationslose Oberfläche aus und sind vollständig wassergefüllt. Eine Horizontierung ist in geringer Ausprägung durch die Bildung eines
218
Initialoberbodenhorizontes mit einem sich anschließenden Horizont mit Oxidationsmerkmalen gegeben.
Vorbelastungen ergeben sich bei diesen Böden ggf. durch Verunreinigungen
des Wasserkörpers bzw. Ablagerungen von Schadstoffen in den Sedimenten. Momentan befinden sich die Belastungen der Sedimente gemäß den
Untersuchungen des Chemischen Untersuchungsamtes Emden in keinem
erhöhten Bereich. Insgesamt sind die Vorbelastungen als mäßig einzustufen.
Insgesamt betrachtet ist das Schutzgut Boden im Bereich der Ems durch die
teilweise eingeschränkte Hydro- und Morphodynamik als gering beeinträchtigt zu bewerten.
Bewertung des Ist-Zustand:
Die natürlichen Bodenentwicklungsprozesse im Bereich der Ems, die aus
den natürlichen Ablagerungsprozessen, dem ungehinderten Sedimenttransport und Überflutungen bestehen, sind aktuell nicht in Gänze vorhanden.
Zum einen werden Unterhaltungsbaggerungen in der Ems getätigt, die natürliche Sedimentablagerungen beeinflussen. Zum anderen wird extremen
Überflutungsereignissen mit erhöhter Schwebstofffracht durch das 2002 errichtete Emssperrwerk entgegengewirkt. Eine natürliche Dynamik ist noch in
geringem Maße in den Außendeichsbereichen gegeben. Diese Prozesse
sind bis zum Deichfuß vorhanden, darüber hinaus unterliegt der Boden durch
verschiedene Bewirtschaftungsformen (u. a. Landwirtschaft, Siedlungsstrukturen etc.) einer gewissen anthropogenen Beeinträchtigung.
Insgesamt betrachtet ist das Schutzgut Boden im Bereich der Ems durch die
teilweise eingeschränkte Hydro- und Morphodynamik als gering beeinträchtigt zu bewerten.
Gemäß den Angaben in der UVU sind im engeren Untersuchungsraum der
Jann-Berghaus-Brücke, der u.a. die Baustellenrichtungsfläche für den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke umfasst, Marschen vorhanden (im Außendeichsbereich: feuchte und nasse, meist salzhaltige, häufig überflutete, tonige Schluff- und schluffige Tonböden; binnenseitig/jenseits des Deichs: feuch-
219
te,
grundwasserbeeinflusste,
staunasse
schluffige
Tonböden),
deren
Schutzwürdigkeit in der UVU in die Kategorie „hoch / sehr hoch“ eingestuft
wird (vgl. nachfolgenden Tabelle).
Tabelle 1: Bewertungskriterien Schutzgut Boden
Wertstufe
Bewertungskriterien Schutzgut Boden
Deichvorland
Sehr hoch
Natürlich gewachsener Boden
5
Hoch
Kaum verändert
4
Mittel
Mittel verändert
3
Gering
Stark verändert
2
Sehr gering
Sehr stark verändert
1
Die von den Trägern des Vorhabens vorgelegten Unterlagen zur Ist-Situation
der Böden stellen nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde eine geeignete Grundlage für die nachfolgende Auswirkungsprognose dar.
Auswirkungen auf den Boden im Sinne des UVPG sind alle Veränderungen
seiner physikalischen, chemischen oder biologischen Eigenschaften, etwa
durch Veränderung der Bodenphysik (Abtragung, Erosion, Verdichtung),
durch Flächenversiegelung oder stoffliche Einträge (Hoppe, Kommentar zum
UVPG, 3. Auflage 2007, § 2 Rn. 30).
a)
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Die Gründungsmaßnahmen für den neuen Pfeiler (Bezeichnung 6a) erforderten tiefe Fundamente (Tiefgründung), die im Fluss zu errichten waren. Der
Baugrubenverbau erfolgte mit Stahlspundbohlen, die mit Längen von 21 Meter in den Boden eingebracht wurden. Die Tiefgründung erfolgte mit Stahl-
220
pfählen, die in Längen von bis zu 19 Meter tief in den Bodenkörper der Ems
eingebracht wurden.
Für die neue Gründung musste der Boden entnommen werden.
Für die Durchführung der Baumaßnahmen waren darüber hinaus entsprechende Baustelleinrichtungs- und Baustellenabwicklungsbereiche an Land
herzustellen.
-
baubedingte Auswirkungen
In Zusammenhang mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke ist vorrangig
die temporäre Flächeninanspruchnahme durch die Baustelleneinrichtung betrachtungsrelevant. Weiterhin musste kleinräumig Boden aus der Emssohle
für die Errichtung des Fundamentes für den neuen Pfeiler 6a entnommen
werden.
Für die Baustelleneinrichtung war eine ca. 140 m lange und 7 m breite
Baustraße mit Böschungsabdichtung sowie ein ca. 900 m² Lagerplatz (Befestigung jeweils mit Schotter) und eine Behelfsbrücke vorgesehen. Für die
Dauer der ca. 14-monatigen Bauphase wurde die Leistungsfähigkeit des Bodens durch die Aufschüttungen/Verdichtungen und Schotterfestigungen auf
einer Fläche von insgesamt 3.335 m² in seinen natürlichen Funktionen (z.B.
Filter-, Lebensraumfunktion) deutlich beeinträchtigt. Die Wertigkeit der beanspruchten Böden im engeren Untersuchungsraum (Marschen) wird in der
UVU als „hoch / sehr hoch“ eingestuft (Karte F.2.2).
Auswirkungen auf den Boden sind über den unmittelbaren Eingriffsbereich
(Baustelleneinrichtungsflächen und Pfeilerherstellung) hinaus nicht zu erwarten.
Als Kompensationsmaßnahme wird eine 3.335 m2 große, derzeit landwirtschaftlich genutzte Fläche, aus der Nutzung genommen und der Sukzession
überlassen.
221
Gemäß der „Fachgutachtlichen Stellungnahme“ zum Antrag auf vorläufige
Anordnung von Teilmaßnahmen sind die Bereiche der Baustelleneinrichtung
nach Beendigung der Baumaßnahme ordnungsgemäß rückgebaut und die
verdichteten Böden gelockert und rekultiviert worden. Es wird davon ausgegangen, dass nach erfolgter Rekultivierung die natürlichen Bodenfunktionen
(insbesondere auch die Funktionen für den Grundwasserhaushalt) vor Ort
wieder initiiert werden können.
Bodenverunreinigungen (z. B. in Folge von Schadensfällen an Maschinen
und Aggregaten) sind bei ordnungsgemäßem Baustellenbetrieb weitgehend
auszuschließen bzw. entsprechende Gegenmaßnahmen konnten sofort eingeleitet werden (organisatorische Vorsorgemaßnahmen und Notfallketten).
Herstellen des neuen Brückenpfeilers:
Die Baugrube für den neuen Brückenpfeiler befand sich in der Ems. Der
Aushub dieser Baugrube ist innerhalb eines Spundwandkastens unter Wasser ohne Grundwasserabsenkung durchgeführt worden. Die Aushubmengen
sind im Hinblick auf etwaige Auswirkungen auf das Schutzgut Boden nicht
relevant.
-
anlagenbedingte Auswirkungen
Anlagenbedingte Auswirkungen auf den Boden treten nicht auf. Die für die
Baustelleneinrichtung benötigten Flächen werden rückgebaut und rekultiviert,
so dass sich die Bodenfunktionen relativ schnell wieder einstellen können
und der Ist-Zustand wieder hergestellt werden kann. Die Anlage selbst beansprucht keine zusätzlichen Bodenbereiche.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Im Zusammenhang mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke und dem
zukünftigen Verkehr auf der umgebauten Jann-Berghaus-Brücke ergeben
sich keine betriebsbedingten Auswirkungen auf den Boden. Die Verkehrssituation wird sich gegenüber dem bisherigen Ist-Zustand nicht verändern. Es
222
werden demzufolge durch das Vorhaben keine zusätzlichen Auswirkungen
auf das Schutzgut Boden durch stoffliche Einträge wie z.B. Schadstoffeintrag
oder Reifenabrieb verursacht.
b)
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Die wasserbauliche Maßnahmen sind Maßnahmen zur Fahrrinnenverlegung
und -vertiefung im Bereich der Staustrecke (im Bereich der Jann-BerghausBrücke (Ems-km 14,4 bis 15,9), im Bereich der Friesenbrücke/Weener (Emskm 6,2 bis 7,6) und im Maßnahmenbereich Papenburg (Dortmund-EmsKanal (DEK)-km 225,8 bis Ems-km 1,3)) sowie im Bereich der Tidestrecke
(Bereich Emden (Ems-km 31,0 –37 km und 40,0 bis 40,5 km). Die Vertiefungen und Fahrrinnenverlegungen werden durch Baggerungen mit Laderaumsaugbagger (Hoppenbagger) hergestellt.
-
baubedingte Auswirkungen
Zu betrachten ist, inwieweit sich infolge der wasserbaulichen Maßnahmen
(Erstbaggerungen) durch veränderte morphologisch-hydrologische Rahmenbedingungen Einflüsse/Veränderungen für die Böden im Umfeld der Ems
ergeben können und inwieweit sich Auswirkungen durch Verbringung des
Baggergutes ergeben können.
Nach den Prognosen der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW, 2007) ist davon auszugehen, dass sich in den Außendeichsbereichen keine Auswirkungen auf die vorkommenden Bodentypen ergeben (UVU). Bereits derzeit werden im Rahmen der natürlich auftretenden Hochwasserereignissen die Rohmarschböden überflutet. Veränderungen/Auswirkungen sind nach der UVU
nicht zu besorgen.
Auswirkungen auf die binnendeichs gelegenen Böden sind durch das Vorhaben im Wasserkörper der Ems nicht zu erwarten.
Das Baggergut aus dem Maßnahmenbereich Emden (Erstbaggerung: rd.
87.000 m³) wird im Bereich der Klappstellen 5 und 7 der Außenems unterge-
223
bracht. Die Menge von rd. 87.000 m³ entspricht in etwa 1,6 % der Jahresgesamtmenge von durchschnittlich rd. 5,60 Mio. m³ der letzten sieben Jahre.
Somit sind die vorhabensbedingten Klappmengen im Vergleich zur Gesamtmenge gering. Es ist davon auszugehen, dass durch die geringfügigen zusätzlichen Verbringungsmengen keine zusätzlichen ökologischen Auswirkungen auf das System ausgehen. Die Kapazität der Klappstellen ist weiterhin ausreichend, um die zukünftig anfallenden Baggermengen aufnehmen zu
können.
Das Baggergut aus dem Bereich der Tidestrecke (rd. 43.000 m³) wird landseitig in die durch Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Leer vom
31.01.2005 zugelassene Spülfläche (See) Veenhusen III eingespült. Dieses
Material verbleibt dort und unterliegt den natürlichen Umwandlungsprozessen.
-
anlagenbedingte Auswirkungen
Unter den anlagenbedingten Auswirkungen ist zu betrachten, inwieweit sich
im Zeitraum nach den Baggerungen bis zum Einstellen der ursprünglichen
hydro- und morphologische Verhältnisse nachteilige Auswirkungen für die
Böden im Umfeld der Ems ergeben können.
Bezugnehmend auf die Ausführungen in Kapitel 1.1.2.1 ist auch nach den
Baggerungen nicht davon auszugehen, dass sich in den Außendeichsbereichen Auswirkungen auf die vorkommenden Bodentypen ergeben. Bereits
derzeit werden bei entsprechenden Hochwasserereignissen die Rohmarschböden überflutet, was der natürlichen Dynamik entspricht. Art und Ausmaß
der künftig zu erwartenenden Hochwasserereignisse werden vorhabensbedingt nicht verändert. Veränderungen/Auswirkungen sind nach der UVU nicht
zu besorgen.
Auswirkungen auf die binnendeichs gelegenen Böden sind durch Vorhaben
im Wasserkörper der Ems nicht zu erwarten.
224
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Unter den betriebsbedingten Auswirkungen sind die Auswirkungen durch die
Baggertätigkeiten zu betrachten, die bedarfsweise/wiederkehrend zur Aufrechterhaltung/Wiederherstellung der Fahrrinnentiefe für das Bemessungsschiff notwendig sind (Unterhaltsbaggerungen).
Nach Art und Weise entsprechen die Unterhaltsbaggerungen den Baggertätigkeiten zur erstmaligen Herstellung der erforderlichen Fahrrinnentiefe, so
dass die Aussagen zu den Auswirkungen unter Kapitel 1.1.2.1 und 1.1.2.2.
auch für die Unterhaltsbaggerungen gültig sind.
Der Umfang der Baggerungen ist allerdings gegenüber den Erstbaggerungen
insoweit geringer, als etwa nur 2/3 der Baggergutmenge der Erstbaggerungen pro Kampagne erwartet wird (Fachbeitrag zu Unterhaltsbaggerungen;
21.08.08).
Abgeleitet aus den Erstbaggerungen aus dem Jahr 1994 und den Wiederholungsbaggerungen auf die Bedarfstiefe bis zur Inbetriebnahme des Emssperrwerkes (2003/04) wird die Baggermenge der Unterhaltsbaggerungen
infolge des geplanten Vorhabens mit rd. 90.000 m³/a abgeschätzt.
Das Baggergut aus dem Maßnahmenbereich Emden (rd. 60.000 m³/a) wird
im Bereich der Klappstellen 5 und 7 der Außenems untergebracht. Die Mengen von rd. 60.000 m³/a entsprechen in etwa 1% der Jahresgesamtmenge
von durchschnittlich rd. 5,60 Mio. m³ der letzten sieben Jahre. Es ist davon
auszugehen, dass durch die geringfügigen zusätzlichen Verbringungsmengen keine zusätzlichen ökologischen Auswirkungen auf das System ausgehen. Die Kapazität der Klappstellen ist weiterhin ausreichend, um die zukünftig anfallenden Baggermengen aufnehmen zu können.
Das Baggergut aus dem Bereich der Tidestrecke (rd. 30.000 m³/a) wird landseitig in die durch Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Leer vom
31.01.2005 zugelassene Spülfläche (See) Veenhusen III eingespült. Dieses
225
Material verbleibt dort und unterliegt den natürlichen Umwandlungsprozessen.
3.1.1.4
Auswirkungen auf das Klima und die Luft
3.1.1.4.1 Klima
Unter Klima versteht man die Gesamtheit aller meteorologischen Erscheinungen, die für den durchschnittlichen Zustand der Erdatmosphäre an einem
Ort verantwortlich sind. Hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens auf
das Schutzgut Klima ist das regionale bzw. lokale Klima von Bedeutung. Die
Auswirkungen eines Vorhabens auf das Makroklima lassen sich quantitativ
kaum abschätzen (vgl. Hoppe, Kommentar zum UVPG § 2 Rn. 35).
Tatbestandsrelevante Auswirkungen auf das Klima sind z.B. Veränderungen
der Lufttemperatur, der Luftfeuchtigkeit, der Windgeschwindigkeit und richtung, sowie der Häufigkeit, Dauer und Intensität von Niederschlägen (vgl.
Hoppe, Kommentar zum UVPG § 2 Rn. 36).
Im Zusammenhang mit den wasserbaulichen Maßnahmen (Vertiefung, Aufweitung, Verschwenkung der Fahrrinne) sowie dem Umbau der JannBerghaus-Brücke (Errichtung eines neuen Pfeilers, Rückbau alter Pfeiler,
Vergrößerung der Durchfahrtsbreite und -höhe für Schiffe) werden u.a. Geländerelief (landseitig), Bodeneigenschaften und Pflanzenbewuchs (terrestrisch) sowie der Wärmehaushalt des Gewässers nicht signifikant verändert.
Das geplante Vorhaben führt zu keinen Veränderungen klimawirksamer Faktoren/Landschaftsbestandteilen, so dass Veränderungen bzw. erhebliche
nachteilige Auswirkungen auf das regionale/lokale Klima von vorne herein
aufgrund fehlender Wirkungsbeziehungen ausgeschlossen werden können.
Aus diesem Grunde waren keine vertiefenden Aussagen zum Schutzgut Klima in den Antragsunterlagen sowie keine klimabezogenen Fachbeiträge erforderlich. Dies gilt auch bzgl. der von Einwenderseite vorgetragenen Anforderung, die ökologischen Belastungen der Umwelt durch CO 2 -Ausstoß der
Bagger und sonstiger Maschinen darzustellen.
226
3.1.1.4.2 Luft
Unter dem Begriff Luft wird das die Atmosphäre der Erde bildende Gasgemisch, vornehmlich die unteren Luftschichten, verstanden (vgl. Hoppe,
Kommentar zum UVPG § 2 Rn. 33).
Eine Auswirkung im Sinne des UVPG auf das Schutzgut Luft liegt vor, wenn
sich die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Gasgemisches Luft durch das Vorhaben verändert. Derartige Veränderungen
können z.B. durch gasförmigen Schadstoffeintrag oder durch Druck- und
Temperaturveränderungen hervorgerufen werden (vgl. Hoppe, Kommentar
zum UVPG § 2 Rn. 34).
Durch das planfestgestellte Vorhaben sind ausschließlich Auswirkungen aufgrund von Emissionen auf das Schutzgut Luft zu erwarten. Eine vorhabensbedingte Veränderung klimarelevanter Bereiche wie z.B. Flächen, die aufgrund ihrer Vegetationsstruktur bzw. ihrer Topografie geeignet sind, negative
Auswirkungen der Luft zu verringern und für Luftreinhaltung, Lufterneuerung
oder Temperaturausgleich sorgen, findet durch das Vorhaben nicht statt. Das
geplante Vorhaben führt zu keinen Veränderungen klimawirksamer Faktoren/Landschaftsbestandteilen (siehe Ausführungen unter dem Stichwort
„Klima“). Insofern beschränkt sich die nachfolgende Darstellung auf die Auswirkungen, die durch die eingesetzten Geräte verursacht wurden bzw. werden.
Datengrundlage
Hinsichtlich der Betrachtung des Aspektes Luftschadstoffe wurde in der UVU
der Jahresbericht 2005 des Lufthygienischen Überwachungssystems Niedersachsen – LÜN des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim zur Betrachtung der Luftsituation in Niedersachsen zur Auswertung herangezogen.
Als Grundlage dienten weiterhin aktuelle Messdaten der Stationen Ostfriesland und Emsland.
227
Die Datengrundlage wird seitens der Umweltgutachter als ausreichend angesehen, um die Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut Luft – Immissionen – beurteilen zu können. Die Planfeststellungsbehörde schließt sich
dieser Einschätzung an.
Beschreibung des Ist-Zustandes
Im Rahmen des lufthygienischen Überwachungssystems Niedersachsen
werden vor allem partikuläre und gasförmige Schadstoffe wie Partikel (Feinstaub), Stickstoffdioxid, Stickstoffoxide sowie Schwefeldioxid gemessen.
Bei den Parametern Schwefeldioxid sowie Gesamtstäube ist ab dem Jahr
1988 generell eine deutliche Reduktion der Schadstoffkonzentrationen in der
Luft festzustellen.
In der Luftüberwachungsstation Ostfriesland werden neben den hier betrachteten Stickoxiden auch Feinstaub-Partikel gemessen. Der Luftschadstoff
Schwefeldioxid wird nicht gemessen, dieser Parameter wird allerdings in der
nächstgelegenen Station Emsland, die SO 2 messtechnisch erfasst und ebenfalls als allgemeine Station mit städtischem Hintergrund eingestuft wird, erhoben. Die Werte dieser Station werden daher für eine Beurteilung herangezogen. Generell ist davon auszugehen, dass bei der Station Ostfriesland
durch die direkte Nähe zu Emden durchschnittlich höhere Schadstoffwerte
gemessen werden, als dies in den ländlicheren Regionen der unteren Ems
der Fall ist. Insofern liegen die Annahmen auf der sicheren Seite und stellen
eine worst case Annahme dar.
Es ist aktuell davon auszugehen, dass Schiffe nicht unerheblich zu den Belastungen der Luft beitragen, da sie u. a. hoch schwefelhaltige Treibstoffe
(weltweiter Durchschnitt 4,5% Schwefelanteil) verbrennen, die als Schwefeldioxidemissionen die Atmosphäre belasten. Zusätzlich zu den Schwefeldioxiden sind Stickoxide sowie Kohlendioxid als hauptursächliche Luftschadstoffe aus den Schiffen zu benennen.
Bewertung des Ist-Zustandes
Als maßgebende nationale Bewertungsvorschriften stehen das Bundesimmissionsschutzgesetz und die entsprechenden Durchführungsvorschriften (22. BImSchV) zur Verfügung. Bedeutung hat auch die Allgemeine
228
Verwaltungsvorschrift die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA
Luft).
Im Ergebnis der Datenauswertungen in der UVU ist festzustellen, dass die
Immissionswerte der TA Luft bei allen genannten Parametern unterschritten
werden.
Wie bereits vorstehend erwähnt, wurden folgende Luftschadstoffe betrachtet:
−
Schwefeldioxid (SO 2 )
−
Schwebstaub /PM10
−
Stickstoffdioxid (NO 2 )
−
Stickstoffoxid (NO x )
Jahresmittelwerte Schwefeldioxid (SO 2 )
Für die Station Emsland befinden sich die Jahresmittelwerte aus den Jahren
2001 bis 2005 bei 3 bzw. 4 μg/m³.
Jahresmittelwerte Schwebstaub /PM10
Für die Partikelmessung ergab sich bei der Station Ostfriesland ein Wert in
den Jahren 2001 bis 2005 von 25 – 30 μg/m³, der sich im Verlauf der Jahre
relativ einheitlich zeigt.
229
Jahresmittelwerte Stickstoffdioxid (NO 2 ) und Stickstoffoxid (NO x )
Die Jahresmittelwerte für die Stickstoffdioxid-Konzentration bewegen sich für
die Station Ostfriesland in einem Bereich zwischen 16 und 20 μg/m³. Bei den
Stickstoffoxiden wurden Konzentrationen zwischen 22 und 28 μg/m³ gemessen.
230
231
Die nachfolgende Tabelle fasst die Immissionsgrenzwerte der 22. BImSchV
zusammen.
Grenzwert
Komponente
Kenngröße
(zulässige ÜberEinheit
schreitungshäufig-
einzuhalten
Schutz-
ab
ziel
Bemerkungen
keit pro Jahr)
1-hWert
24-hSchwefeldioxid
Wert
Jahresmittel
Wintermittel
1-h-
Stickstoffdioxid
Wert
Jahresmittel
Stickstoffoxide
Jahresmittel
24-h-
PM10
2)
Wert
Jahresmittel
Jahres-
Blei
mittel
Benzol
Kohlenmonoxid
Jahresmittel
8-hWert
µg/m³
350 (24-mal)
01.01.2005
Mensch
µg/m³
125 (3-mal)
01.01.2005
Mensch
µg/m³
20
19.07.2001
µg/m³
20
19.07.2001
µg/m³
200 (18-mal)
01.01.2010
Mensch
µg/m³
40
01.01.2010
Mensch
µg/m³
30
19.07.2001
Vegetation
µg/m³
50 (35-mal)
01.01.2005
Mensch
µg/m³
40
01.01.2005
Mensch
µg/m³
0,5
01.01.2005
Mensch
µg/m³
5
01.01.2010
Mensch
mg/m³
10
01.01.2005
Mensch
Öko-
emissions-
system
fern
Öko-
emissions-
system
fern
1)
1)
emissionsfern
1)
Begriffserklärungen und Fußnoten:
Stickstoffoxide: NO + NO 2 (als NO 2 )
PM10: Feinstaub (Particulate Matter) mit einem Durchmesser < 10 µm
Wintermittel: Mittelwert im Zeitraum 01.10.-31.03.
1)
Messung 20 km entfernt von Ballungsräumen oder 5 km von Bebauung, Industrie oder Straßen
2)
Ab 2010 (Stufe 2) sind strengere Grenzwerte für PM10 vorgesehen.
232
Für den Zeitraum bis zum Jahr 2005 bzw. 2010 sind für einen Teil der o. g.
Immissionsgrenzwerte Toleranzmargen vorgesehen, d. h. in einer Übergangszeit wird der jeweilige Grenzwert mit einer Toleranzspanne versehen,
die von Jahr zu Jahr abgesenkt wird. Die folgende Tabelle zeigt die Summenwerte aus Grenzwert und jeweils erlaubter Toleranzmarge.
Grenzwerte inklusive Toleranzmargen
SO 2
NO 2
NO 2
PM10
PM10
Benzol
CO
Jahr 1-h-Wert 1-h-Wert Jahresmittel 24-h-Wert Jahresmittel Jahresmittel 8-h-Wert
[µg/m³]
[µg/m³]
[µg/m³]
[µg/m³]
[µg/m³]
[µg/m³]
[mg/m³]
2000
500
300
60
75
48
10
16
2001
470
290
58
70
46,4
10
16
2002
440
280
56
65
44,8
10
16
2003
410
270
54
60
43,2
10
14
2004
380
260
52
55
41,6
10
12
2005
350
250
50
50
40
10
10
2006
240
48
1)
1)
9
2007
230
46
8
2008
220
44
7
2009
210
42
6
2010
200
40
5
1) Revision der Grenzwerte PM10 durch die EU-Kommission vorgesehen
Aus der TA Luft ergeben sich in Bezug auf den Schutz der menschlichen Gesundheit folgende Werte:
•
Grenzwert für Schwefeldioxid
Der Jahresgrenzwert für den Schutz der menschlichen Gesundheit beträgt 50 µg/m³.
•
Grenzwert für Feinstaub
Der Jahresgrenzwert für den Schutz der menschlichen Gesundheit beträgt 40 µg/m³.
•
Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Stickstoffoxid
233
Die Grenzwerte sind in der u.a. Tabelle dargestellt. Ab dem Jahr 2010
beträgt der Grenzwert für Stickstoffdioxid und Stickstoffoxid 40 µg/m³.
In den Vorjahren lagen die Grenzwerte um 2 µg/m³ höher. (2009: 42
µg/m³; 2008: 44 µg/m³, usw.)
Bei den Parametern Stickstoffdioxid (Anteil am Immissionswert der TA Luft
und der 22. BImSchV < 50%) und Schwefeldioxid (Anteil am Immissionswert
der TA Luft in Bezug auf das Schutzziel menschliche Gesundheit < 10%; in
Bezug auf das Schutzziel Ökosystem bis zu 20%) ist ein geringes Belastungsniveau zu verzeichnen. Hinsichtlich Stickstoffdioxid ergibt sich aus den
Bewertungsgrundlagen ein Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ in Bezug auf das
Schutzziel menschliche Gesundheit. Gemessen wurden Werte zwischen 16
und 20 µg/m³. Hinsichtlich der Schwefeldioxide enthält die TA Luft einen
Grenzwert (Jahresmittelwert) von 50 µg/m³. In Bezug auf das Schutzziel Ökosystem beinhalten beide Bewertungsgrundlagen einen Jahresgrenzwert von
20 µg/m³. Gemessen wurde ein Jahresmittelwert von 3 bis 4 µg/m³.
234
Beim Schwebstaub (PM 10 ) wird ein Anteil von bis zu 75% am Immissionswert der TA Luft und der 22. BImSchV erreicht. Beide Bewertungsgrundlagen
geben für das Schutzziel Mensch einen Grenzwert von 40 µg/m³ vor. Der
mittlere gemessene Jahreswert beträgt 25-30 µg/m³.
Bei den Stickstoffoxiden wird ein Anteil von bis zu 93% am Immissionswert
der TA Luft erreicht – abhängig vom jeweiligen Schutzziel. Die TA Luft gibt für
das Schutzziel Mensch einen Grenzwert von 40 µg/m³ an. Beide Bewertungsgrundlagen geben für das Schutzziel Vegetation einen Grenzwert von
30 µg/m³ vor. Der mittlere gemessene Jahreswert beträgt 22-28 µg/m³.
Der Vergleich der Stickstoffoxid-Messwerte der Station Ostfriesland mit den
Immissionswerten gemäß Nr. 4.4.1 der TA Luft zum Schutz von Ökosystemen und der Vegetation hat nur orientierenden Charakter, da sich die Immissionswerte der Nr. 4.4.1 der TA Luft auf Beurteilungspunkte beziehen, die
mehr als 20 km von Ballungsräumen oder 5 km von anderen bebauten Gebieten, Industrieanlagen oder Straßen entfernt sind. Die Lage der Station Ostfriesland entspricht nicht diesen Randbedingungen. Die StickstoffoxidMesswerte der Station Ostfriesland überschätzen in diesem Sinne die Immissionssituation (die Messwerte der Station Emsland weisen vergleichbar hohe
Werte auf). Dennoch werden die Immissionswerte für Schwefeldioxid und
Stickstoffoxid zum Schutz von Ökosystemen und der Vegetation nicht überschritten, sondern größtenteils weit unterschritten.
Der Ist-Zustand stellt sich anhand der vorstehend dargestellten Messerergebnisse und Auswertungen der Mittelwerte der in der UVU untersuchten
Zeiträume so dar, dass alle betrachteten Luftschadstoffe in Bezug auf das
Schutzziel Mensch sowie das Schutzziel Ökosystem und Vegetation deutlich
unterhalb der Immissionsgrenzwerte nach der 22. BImSchV und TA Luft liegen. Gemäß unten angefügten Bewertungsrahmen ist der Ist-Zustand des
Schutzgutes Luft mit Wertstufe 4 „hoch zu bewerten:
235
Tabelle 2: Bewertungskriterien Schutzgut Luft
Wertstufe
Bewertungskriterien Schutzgut Luft
Sehr hoch
Die Luft ist weitgehend unbelastet
5
Hoch
4
Mittel
3
Gering
2
Sehr gering
1
Die Schadstoffkonzentration liegt deutlich unter den Grenzwerten
Die Schadstoffkonzentration liegt geringfügig unter den Grenzwerten
Die Schadstoffkonzentration erreicht bzw. überschreitet geringfügig die Grenzwerte
Die Schadstoffkonzentration überschreitet deutlich die Grenzwerte
236
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
baubedingte Auswirkungen
Luftschadstoffemissionen wurden durch die Abgase der Baugeräte und des
Baustellenverkehrs freigesetzt.
Es kamen nach Angaben des Vorhabensträgers ausschließlich bauartzugelassene Fahrzeuge/Geräte zum Einsatz, die den geltenden Bestimmungen an
die Emissionen entsprechen (TdV, zu E73/74).
Die an der Station Ostfriesland gemessenen Immissionswerte liegen für
Stickstoffoxide/Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid und Staub unterhalb der Immissionswerte der TA Luft bzw. der 22. BImSchV. Durch die Bautätigkeiten
wird sich die derzeitige Emissions-/Immissionssituation an Luftschadstoffen
nur temporär und unwesentlich verändern.
Für den Zeitraum der ca. 13 monatigen Vollsperrung der Jann-BerghausBrücke wurde ein Umleitungskonzept auf fachgutachtlicher Basis umgesetzt.
Die Nutzung der Umleitungsstrecken erfolgte im Rahmen des zulässigen
Gemeingebrauchs dieser Straßen. Eine Verkehrsverlagerung in Wohngebiete
war nicht vorgesehen.
-
anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen
Neben dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke verbleiben keine anlage- oder
betriebsbedingten Auswirkungen auf das Schutzgut Luft. Der Fahrzeugverkehr auf der B 436 wurde unverändert wieder aufgenommen.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
bau- und betriebsbedingte Auswirkungen
Luftschadstoffemissionen werden durch die Abgase beim Einsatz von Hopperbaggern und den Schiffsfahrten zur Entsorgung des Baggergutes (Erstbaggerungen und Unterhaltsbaggerungen) freigesetzt.
237
Wie Forschungsergebnisse zur Emissionssituation in Ostseehäfen am Beispielhafen Lübeck-Travemünde zeigen, sind im Zusammenhang mit dem
Schiffs- bzw. Hafenbetrieb erhebliche Emissionen verbunden. Für die Baggeraktivitäten zur Herstellung der beantragten Fahrrinnenanpassung (Erstbaggerungen) ergeben sich zusätzlich zum derzeitigen Schiffsaufkommen
von 10.000 – 11.000 Schiffsbewegungen pro Jahr einmalig zusätzlich ca. 200
Schiffsbewegungen (= zusätzlich ca. 2% Schiffsbewegungen). Bei den Unterhaltsbaggerungen kann das zusätzliche Schiffsaufkommen mit ca. 30 Schiffen (Ansatz: 3.000 m³/Schiff) je einmaliger Unterhaltsbaggerung abgeschätzt
werden (Fachbeitrag zu Unterhaltsbaggerungen; 21.08.08).
Aufgrund der zeitlich und mengenmäßig sehr begrenzten Zunahme der
Schiffsbewegungen ist nicht mit einer signifikanten Erhöhung der Luftschadstoffemissionen bzw. mit einer relevanten Veränderung der Immissionssituation zu rechnen.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Nach Durchführung des Ausbaus werden die Wasserstraßen für größere
Schiffsgefäße schiffbar sein. Hierdurch ist jedoch kein deutlicher Mehrausstoß an Emissionen zu erwarten, da der Schadstoffausstoß nicht linear mit
der Größe des Schiffes ansteigt und die modernen Schiffe mit entsprechender Technik ausgestattet sind. Angesicht des ohnehin stattfindenden Schiffsverkehres fällt der geringfügige Mehrausstoß nicht ins Gewicht.
3.1.1.5
3.1.1.5.1
Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt
Tiere
Unter dem Schutzgut „Tiere“ werden folgende Tiergruppen betrachtet: marine
Säuger, Fische, Makrozoobenthos und die Avifauna.
Auswirkungen auf sonstige Tiergruppen sind bei den vorhabensspezifischen
Projektwirkungen nicht betrachtungsrelevant.
238
3.1.1.5.1.1
Marine Säuger
Unter den marinen Säugern werden der Seehund (Phoca vitulina) und der
Schweinswal (Phocoaena phocoaena) betrachtet. Die in jüngster Zeit im
Wattenmeer häufiger auftretende Kegelrobbe (Halichoerus grypus) wird nicht
berücksichtigt, da diese Art kein relevantes Vorkommen im Emsästuar aufweist.
Der Schweinswal wurde in den ursprünglichen Antragsunterlagen nicht betrachtet, weil zum Zeitpunkt der Erstellung kaum Schweinswalnachweise in
der Ems bekannt waren. Neuere Ergebnisse zeigen jedoch, dass der
Schweinswal sehr wohl in der Ems auftritt. Daher erschien der Planfeststellungsbehörde die Einbeziehung dieser Art in das Verfahren notwendig.
-
Seehunde
Beschreibung der Ist-Situation
Datenbasis
Für die Art liegt umfangreiches Datenmaterial aus Zählungen des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) vor, das seit
der Verwaltungsreform im Rahmen eines Seehundmonitorings im Niedersächsischen und Hamburgischen Wattenmeer die Seehundpopulationen
durch jährliche Zählflüge erfasst. Die Erfassungen werden auf Basis des trilateral geschlossenen “Seal Agreements“ durchgeführt und liegen von 1991 bis
2010 durchgängig vor.
Bestand
Der größte Liege-/Wurfplatz im Emsästuar befindet sich im nördlichen Teil
des Hund-/Paapsandes mit bis zu 200 Tieren. Weitere kleinere Liegeplätze
(<20 Tiere) befinden sich gegenüber des Emder Hafens auf dem Geisleitdamm in der Nähe zu den Maßnahmenbereichen Ems-km 40,0 – 40,5 sowie
Ems-km 31,0 – 37,0. Ein weiterer kleiner Liegeplatz ist am Westufer des Dollarts nahe der Emseinmündung vorhanden. Oberhalb des Emssperrwerkes
sind keine Liegeplätze des Seehunds bekannt, jedoch wird in der Literatur
berichtet, dass einzelne Seehunde gelegentlich weiter stromaufwärts in die
Ems hinein schwimmen (Walter et al. 2010a, S. 68). Generell sind die See-
239
hundbestände auf den Liegeplätzen im Frühjahr/Sommer am höchsten, weil
dann die empfindliche Jungeraufzuchts- und Haarwechselzeit ansteht. Im
Winter halten sich die Tiere vermehrt im Meer auf.
Eine Betrachtung des Seehundbestandes im Maßnahmenbereich Emden,
konzentriert sich auf die Vorkommen der Sandplate Geisesteert. Dort befinden sich regelmäßige Seehundvorkommen. Seit 1998 sind hier regelmäßig
zwischen einem und zwölf Seehunde, vorwiegend Alttiere, zu beobachten.
Diese befanden sich jedoch pro Zählflug an maximal zwei Liegeplätzen. Bei
den insgesamt 63 Zählflügen in dieser Zeit ergaben sich an 45 Tagen Beobachtungen von Seehunden.
Innerhalb des Betrachtungsraumes (1998 – 2006) betrug die Anzahl der Liegeplätze in dem jeweiligen Jahr zwischen 3 (2004) und 10 (2000). Die nachgewiesene Anzahl an Seehunden während eines Jahres lag im Jahr 2000 bei
maximal 72 Tieren. Die beobachteten Jungtiere waren dabei mit einem
(2001) bzw. zwei (2000) Jungtieren deutlich unterrepräsentiert. Durch die
Daten ergibt sich eine durchschnittliche Anzahl Tiere pro Liegeplatz von mindestens vier (1999, 2003, 2004) bzw. maximal zehn (2000).
Die Ergebnisse der Befliegung machen deutlich, dass der betrachtete Bereich des Geisesteerts erst seit 1998 von Seehunden regelmäßig frequentiert
wird, wobei das Jahr 2000 sowohl von der Anzahl der Liegeplätze als auch
von der Gesamtindividuen- und Jungtieranzahl die Maximalwerte aufweist.
Durch die Seehundstaupe im Jahr 2002 sind die Zahlen in diesem und im
darauf folgenden Jahr im gesamten Wattenmeer deutlich zurückgegangen.
Anschließend stiegen die Seehundzahlen wieder deutlich an und erreichten
im Jahr 2010 einen neuen Höchstwert (6.623 Seehunde im niedersächs.
Wattenmeer)
(LAVES
2011:
http://www.rp-online.de/wissen/umwelt/
Hoechster-Seehundbestand-im-Wattenmeer-seit-1958_aid_897308.html).
Vorbelastungen der Seehunde bestehen im gesamten Wattenmeerbereich
durch den zunehmenden Tourismus- und Schiffsverkehr. Dieser führt in häufigen Fällen dazu, dass die Seehunde bei Unterschreitung der Fluchtdistanz
240
aufgeschreckt werden und damit wertvolle Regenerations- und Säugezeit
verloren geht. Weiterhin ist die Belastung des Wassers durch Schadstoffe
aus Haushalt, Industrie und Schifffahrt für die Seehundpopulationen gegeben
(Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer 2005a).
Bewertung
Die Bewertung des Ist-Zustandes der Seehunde erfolgte in der UVU differenziert in 5 Wertestufen anhand der Kriterien „Natürlichkeit des Bestandes“ und
„Ökologische Funktion des Gebietes“. Das Kriterium „Natürlichkeit des Bestandes“ berücksichtigt die Quantität, d. h. die Anzahl der vorkommenden
Seehunde sowie die Liegeplatzdichte, d. h. die maximale Anzahl an Seehunden während eines Zählfluges. Weiterhin werden die Anzahl der Liegeplätze
sowie die Anzahl der Seehunde an Einzelliegeplätzen berücksichtigt.
Das Kriterium „Ökologische Funktion des Gebietes“ betrachtet das Gebiet im
Hinblick auf die Bedeutung als Wurf- und Säugeplatz sowie als Jagd- und
Nahrungshabitat ebenso wie die Frequentierung von Sommerliege- und Ruheplätzen.
Über die Definition der Kriterien innerhalb der einzelnen Wertstufen fließt der
angenommene Referenzzustand für den Seehundbestand für den Bereich
des Emsästuars mit ein.
Die „Natürlichkeit des Bestandes“ im Bereich Geisesteert wird mit einer mittleren Wertigkeit (Wertstufe 3) eingestuft. Es sind nur in vereinzelten Fällen
Einzeltiere gesichtet worden. Meistens handelte es sich um mehrere Tiere,
die auf verschiedenen Liegeplätzen im Laufe der Zählungen angetroffen
worden sind. Die durchschnittliche Liegeplatzzahl ist mit 3 – 10 Tieren als
mittelgering einzustufen. Die regelmäßige Frequentierung zeigt, dass die Bedeutung des Geisesteerts seit 1998 für die Seehunde zumindest als Liegeplatz Bestand hat.
Die „ökologische Funktion des Gebietes“ für Seehunde wird ebenfalls mit
Wertstufe „mittel“ bewertet. Es handelt sich bei dem betrachteten Gebiet
um einen genutzten Sommerliegeplatz.
241
Tabelle 1: Bewertung Ist-Zustand Schutzgut Tiere – Meeressäuger (Seehunde)
Natürlichkeit Ökologische FunkBereich
des Bestandes
tionen des Gebie- Gesamt
Bemerkungen
tes für Seehunde
Regelmäßige Frequentierung als Sommerliege-
Geisesteert
3
3
3
platz, mittelgeringe Seehundliegeplatzdichte,
lediglich Einzeljungtiernachweise
Die von den Trägern des Vorhabens gewählte Datengrundlage und die Vorgehens-weise zur Beschreibung und Bewertung der Ist-Situation ist nach
Auffassung der Planfeststellungsbehörde als Grundlage für die Auswirkungsbetrachtung geeignet. Die Planfeststellungsbehörde schließt sich der
Einschätzung der Gutachter an.
-
Schweinswal
Datenbasis und Bestand
Der Schweinswalbestand in der Nordsee beläuft sich derzeit auf ca. 335.000
Schweinswale (SCANS II 2006). Der maximale Bestand für den deutschen
Teil der Nordsee wurde im April / Mai 2005 mit 51.600 Schweinswalen ermittelt (Gilles et al. 2008). Systematische Zählungen liegen aus dem Wattenmeer und den Küstengewässern (Gilles et al. 2008, 2010), aber nicht aus der
Ems vor. Jedoch läuft derzeit eine Erfassung mittels Klickdetektoren in der
Ems (Walter et al 2010b). Mehr oder weniger zufällige Sichtbeobachtungen
werden von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer gesammelt.
Danach dringen die Schweinswale aus der Nordsee etwa bis zum Emder
Hafen vor. Dies wird auch durch die aktuellen Untersuchungen mittels KlickDetektoren bestätigt (Walter et al. 2010b). In Ausnahmefällen gelangen sie
bis Höhe Gandersum, ein einzelnes Tier konnte sogar bei Papenburg gesichtet werden (siehe Abb.). In früheren Zeiten drang der Schweinswal bis nach
242
Weener vor (Poppe 1882, zit. in IBL 1997). Im Vergleich zum Wattenmeer
und der offenen Nordsee sind die Schweinswalnachweise eher gering und
nur im Frühjahr häufiger. Wahrscheinlich folgt der Schweinswal den aufsteigenden, anadromen Fischarten, die in der Unterems laichen.
243
Abbildung: Schweinswalsichtungen zwischen Ems und Elbe zwischen 2001 und 2008
Quelle: http://www.wattenmeer-nationalpark.de/sites/default/files/media/pdf/
S c hweins wale% 20K arte%202001-2008_0.pdf
Bewertung
Die Bewertung erfolgt analog zu der der Seehunde.
Die „Natürlichkeit des Bestandes“ im Bereich der Ems zwischen Sperrwerk
und Knock wird mit einer mittleren Wertigkeit (Wertstufe 3) eingestuft. Es
sind zwar in Regel Einzeltiere gesichtet worden, jedoch zeigt das wiederholte
Auftreten in mehreren Frühjahren eine gewisse Regelmäßigkeit im Vorkommen an.
Die „ökologische Funktion des Gebietes“ für Seehunde wird ebenfalls mit
Wertstufe „mittel“ bewertet. Es handelt sich bei dem betrachteten Gebiet
um einen Nahrungshabitat, insbesondere im Frühjahr, wenn die anadromen
Fischarten Stint und Finte in die Ems aufsteigen, und die Schweinswale den
Fischen folgen.
244
Tabelle 2: Bewertung Ist-Zustand Schutzgut Tiere – Meeressäuger (Schweinswale)
Bereich
Natürlichkeit
Ökologische Funk-
des
tionen des Gebietes
Bestandes
für Schweinswale
Gesamt
Bemerkungen
Nahrungshabitat zur
Ems
zwischen
Sperrwerk
3
3
3
Zeit des Fischaufstiegs (Frühjahr)
und Knock
a)
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Im Zusammenhang mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke sind keine
Auswirkungen auf marine Säuger zu erwarten.
Nach den vorgelegten Antragsunterlagen befinden sich im Bereich der planfestgestellten Maßnahmen Seehundbestände ausschließlich im Umfeld des
Emder Hafens (ca. 21 km stromabwärts der Jann-Berghaus-Brücke) im Bereich des Geisesteerts. Ein Auftreten des Schweinswals im Baustellenbereich ist selbst in den Frühlingsmonaten äußerst unwahrscheinlich.
Bau-, anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen auf Seehunde und
Schweinswale durch die Umbaumaßnahmen an der Jann-Berghaus-Brücke
sind daher bereits aufgrund der Entfernung zwischen den Aufenthaltsbereichen von Seehund und Schweinswal und Maßnahmebereich JannBerghaus-Brücke auszuschließen.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Als potenzielle baubedingte Auswirkungen sind hier die zusätzlichen Baggerungen im Maßnahmebereich Emden mit den damit verbundenen Schiffsverkehren (Erstbaggerungen) sowie mögliche Veränderungen der Wasserbeschaffenheit im Zuge der Erstbaggerungen zu betrachten.
245
Die Baggerungen in den übrigen Bereichen, die mit diesem Beschluss planfestgestellt werden, sind als Auswirkungen auf Seehunde und Schweinwale
nicht relevant, da die Baggerstrecken sich in zu weiter Entfernung zu den
Bereichen befinden, in denen Seehunde und Schweinswale regelmäßig auftreten und das Baggergut nicht verklappt, sondern an Land untergebracht
wird.
•
Auswirkungen auf Seehunde
Der Maßnahmebereich Emden umfasst den Bereich von Ems-km 31,0 bis
37,0 sowie 40,0 bis 40,5. Hier werden Baggerarbeiten zur Vertiefung der
Fahrrinne stattfinden Das Material wird anschließend auf die bereits vorhandenen Klappstellen 5 (bei Ems-km 69,5) und 7 (bei Ems-km 65) verbracht.
Die Liegeplätze befinden sich auf dem Geisesteert, der im Dollartmund liegt
und bis etwa km 49 reicht. Die Baggerarbeiten finden demzufolge im Umfeld
der Liegeplätze statt. Darüber hinaus fahren die Baggerschiffe auf dem Weg
zu den Klappstellen an den Liegeplätzen vorbei. Hierdurch können Störungen entstehen. Die Seehundliegeplätze im Dollart und Wurfplätze auf dem
Hund-/Paapsand sind dagegen so weit von den Baggerstrecken entfernt,
dass Störungen ausgeschlossen werden können (s.u.).
Im Wasser sind Seehunde weniger scheu als an Land, da sie dort sehr mobil
sind. Sie zeigen bei Schiffen auch in geringer Entfernung kaum Reaktionen.
Teilweise nähern sie sich langsam fahrenden Schiffen auf wenige Meter.
An Land dagegen sind sie schwerfällig und aufgrund ihrer geringen Fluchtgeschwindigkeit deutlich aufmerksamer und vorsichtiger. Auswirkungen sind
somit im Wesentlichen auf die Liege- bzw. Wurfplätze zu erwarten, wobei
das Ausmaß der Störungen von der Entfernung zwischen Bagger- bzw. Verklappflächen und den Liege- und Wurfbänken abhängig ist. In der Literatur
werden dabei verschiedene Stör- und Fluchtdistanzen angegeben.
Direkte Fluchtreaktionen werden bei Seehunden bei Annäherung mit hoher
Geschwindigkeit und bei Unterschreiten der Toleranzgrenzen der Tiere ausgelöst. Aus diesem Grunde wird bei einer Annäherung an Seehundliegeplät-
246
ze die Einhaltung eines Mindestabstandes von 500 m empfohlen (Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer 2005b). Jedoch gibt es Gewöhnungseffekte bei offenbar bekannten langsam fahrenden Schiffen, die dazu führen,
dass Seehunde bei einer Distanz von 200 m nicht oder nur sehr gering reagieren (z. B. bei Touristenfahrten zu den Seehundsbänken).
Da die Liegeplätze der Seehunde hier bis maximal 270 m an die Fahrrinne
heranreichen, sind Fluchtreaktionen nach Auffassung der Fachgutachter nahezu auszuschließen, da in dem betroffenen Bereich die geschilderten Gewöhnungseffekte vorhanden sind. Bereits im Istzustand frequentieren regelmäßig Baggerschiffe die entsprechenden Bereiche. Die Planfeststellungsbehörde schließt sich der Auffassung der Fachgutachter an, da die Seehunde
trotz des regelmäßigen Schiffsverkehrs die Liegeplätze besiedeln, was als
Indiz für das Vorhandensein entsprechender Gewöhnungseffekte anzusehen
ist.
Besonders empfindlich könnten die Seehunde auf Störungen während der
Wurf- und Säugezeit reagieren, da Muttertier und Nachwuchs bei fluchtartigem Verlassen der Sandbänke getrennt werden könnten. Jungtiere wurden
während der jährlichen Zählflüge nur extrem selten gesichtet, so dass davon
auszugehen ist, dass die Seehundliegeplätze keine Bedeutung für die Reproduktion aufweisen (FFH-VS, 21.08.08). Die Jungtiere stammen sehr
wahrscheinlich vom Hund-/Paapsand, wo sich ein größerer Wurfplatz befindet.
Darüber hinaus ist auch für diese sensiblen Phasen festzustellen, dass
schon im Ist-Zustand die Stör- und Fluchtdistanzen zwischen Fahrrinne und
genutzten Liegeplätzen unterschritten werden. Aufgrund der Tatsache, dass
die Seehunde diese Plätze trotzdem nutzen, und die Seehundbestände sich
aktuell auf einem Höchststand befinden, schließt sich die Planfeststellungsbehörde der Auffassung der Fachgutachter an, die davon ausgehen, dass
unter den vorstehend geschilderten Bedingungen auch bei der vorhandenen
Unterschreitung der Stör- und Fluchtdistanzen nicht mit signifikanten Auswirkungen auf die Seehunde zu rechnen ist.
247
Weiterhin ist zu beachten, dass die zusätzlichen vorhabensbedingten
Schiffsverkehre aufgrund der geringen Anzahl (ca. 150 Schiffsbewegungen
für alle Maßnahmen, davon ca. 30 Schiffsbewegungen zur Klappstelle und
30 Fahrten von der Klappstelle zum hier relevanten Maßnahmebereich Emden) bei den Erstbaggerungen im Vergleich zum derzeitigen Schiffsverkehr
(ca. 10.000 – 11.000 Schiffsbewegungen pro Jahr) von untergeordneter Bedeutung sind.
Daher vertritt die Planfeststellungsbehörde die Auffassung, dass diese Erhöhung angesichts des ohnehin sehr hohen Schiffsverkehrs nicht zu einer Verlagerung der Seehundliegeplätze führen wird.
Auch durch die vorhabensbedingten Verklappaktivitäten sind keine nachteiligen Auswirkungen zu erwarten. Die Klappstelle 7 befindet sich in einer Entfernung von mehr als 1,5 km von den Liege-/ Wurfplätzen und liegt somit außerhalb der Stördistanz. Zwischen der Klappstelle und den Liegeplätzen befindet sich zudem das Emsfahrwasser, so dass die dort liegenden Seehunde
ohnehin an Schiffsverkehr gewöhnt sind. Auswirkungen durch Trübungswolken sind ebenfalls auszuschließen, da Seehunde ihre Beute nicht optisch
suchen sondern mit ihren Tasthaaren wahrnehmen.Die Liegeplätze auf dem
Geisesteert befinden sich in einem Abstand von mindestens 16 km von der
nächstgelegenen Klappstelle. Die Bereiche der Klappstellen liegen weit außerhalb der Stördistanz.
Nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde kann demzufolge eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustandes für die Seehunde durch die baubedingte Verklappung mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.
Weiterhin führen die wasserbaulichen Maßnahmen nicht zu deutlichen baubedingten Veränderungen der Wasserbeschaffenheit z.B. durch Remobilisierung von Schadstoffen o.ä. (vgl. entsprechende Ausführungen unter
B.III.3.1.1.2). Auch eine deutliche Beeinträchtigung der Nahrungsgrundlage
(Fische) lässt sich durch das Vorhaben nicht ableiten. Zwar kann es durch
248
die Baggertätigkeiten zu Fischvergrämungen kommen, so dass sich das Aufenthaltsmuster der Fische ändert. Dies findet jedoch nur kleinräumig im unmittelbaren Baggerbereich statt. Da Seehunde ihre Nahrung sehr großräumig
suchen (bis zu 100 km von den Liegeplätzen entfernt), wird die Nahrungssuche nicht beeinträchtigt. Es ist demzufolge davon auszugehen, dass sich
durch das geplante Vorhaben keine nachteiligen Auswirkungen auf die Seehundliegeplätze und das Seehundvorkommen im Bereich der Sandplate Geisesteert ergeben werden.
•
Auswirkungen auf Schweinswale
Auswirkungen der Baggerarbeiten können sich im Frühjahr ergeben, da nur
zu dieser Zeit Schweinswale in der Ems aufhalten. Dann kann es zu Vergrämungseffekten kommen, so dass die Schweinswale die Orte der Baggerung
meiden und ausweichen werden. Eine Kollision mit den relativ langsam fahrenden Baggerschiffen wird als unwahrscheinlich erachtet.
Da die Schweinswale den Fischen folgen, werden sich Vergrämungen der
Fische auch auf die Verteilung der Schweinswale auswirken. Jedoch werden
nur relativ kleinräumigen Vergrämungseffekte auftreten, da die Ems auch
ohne Baggerschiffe stark befahren ist und Schweinswale trotzdem in die Ems
schwimmen.
Vergrämungseffekte können auch bei der Verklappung von Sediment im Bereich der Klappstellen auftreten. Auch hier kann die Verklappungstätigkeit
dazu führen, dass die Schweinswale den Klappstellenbereich meiden. Die
dabei entstehenden Trübungswolken werden jedoch nicht den Nahrungserwerb beeinflussen, da Schweinswale nicht optisch, sondern durch Echolokation ihre Beute jagen.
Zusammenfassend erwartet die Planfeststellungsbehörde nicht, dass sich
der Schweinswalbestand durch die baubedingten Auswirkungen verändert.
Mit Ausnahme von örtlich und zeitlich begrenztem Ausweichweichverhalten
sind keine Auswirkungen zu erwarten.
249
-
anlagebedingte Auswirkungen
Es ist nicht ersichtlich, dass sich durch die anlagebedingten Änderungen wie
z.B. Veränderungen der Wasserbeschaffenheit und der Hydrologie relevante
Auswirkungen auf das Vorkommen der Meeressäuger einstellen können.
Selbst unmittelbar nach Abschluss der Baggerungen (also zum Zeitpunkt der
relativ größten Veränderungen) sind die Auswirkungen gering.
Nach Ansicht der Planfeststellungsbehörde sind keine relevanten anlagebedingten Auswirkungen durch Zunahme des Tidenhubs und der Veränderung
weiterer hydrologischer Parameter (vgl. entsprechende Ausführungen unter
B.III.3.1.1.2) auf die Seehunde und Schweinswale erkennbar, da die Veränderung dieser Parameter im Verhältnis zu der hohen Variabilität des Lebensraumes als sehr schwach angesehen wird. Das Auftreten von Seehund und
Schweinswal wird von anderen Faktoren (z.B. Nahrungsangebot) beeinflusst
als durch die Hydromechanik. Da die Fischfauna allenfalls gering beeinträchtigt wird (siehe Kap. Fische) ist auch keine deutliche Veränderung der Nahrungsgrundlage für die beiden Säugerarten zu erwarten. Ein verändertes
Verhalten der Meeressäuger oder eine Veränderung der Bestände wird bezüglich der anlagebedingten Auswirkungen nicht erwartet.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Hinsichtlich der Unterhaltungsbaggerungen gelten grundsätzlich die oben
genannten Ausführungen zu den baubedingten Auswirkungen (Erstbaggerungen), da die Auswirkungen durch die Baggerfahrzeuge auf die Meeressäuger identisch sind. Zu unterscheiden sind die betriebsbedingten Auswirkungen von den baubedingten Auswirkungen dadurch, dass sie vom Umfang her geringer sind, jedoch regelmäßig bei Bedarf wieder auftreten.
Zu berücksichtigen ist, dass der Umfang der Schiffsbewegungen für die Unterhaltungsbaggerungen mit ca. 40 Schiffsbewegungen pro Baggerkampagne bei den Unterhaltungsbaggerungen im Maßnahmenbereich Emden, der in
diesem Zusammenhang relevant ist, deutlich geringer ist als bei den Erstbaggerungen (hier sind es 60).
250
Insofern können auch die Unterhaltungsbaggerungen bzw. -verklappungen
zu räumlich und zeitlich begrenzten Ausweichreaktionen der Meeressäuger
führen, wenn auch in geringerem Maße als bei der Erstbaggerung. Bestandsveränderungen und Funktionsverluste in den Aufenthaltsräumen sind
nicht zu besorgen. Es sind allenfalls Einzeltiere betroffen.
251
3.1.1.5.1.2
Fische
Datenbasis
Zur Beschreibung der Fischfauna wurden aus mehreren Jahrzehnten vorhandene Daten zum Artenbestand ausgewertet.
Ergänzend wurde im Frühjahr/Mai 2006 die Fischfauna an drei Messstellen
(Rysum, Wybelsum und Terborg) und im Herbst/September 2006 an 10
Messstellen zwischen Papenburg und Rysum durch Befischung erfasst (Bioconsult, November 2006 (2006b)). Im Frühjahr 2007 wurden die 10 Messstellen, z.T. etwas versetzt, erneut beprobt (Bioconsult 2007a) Hierdurch konnten auch saisonale Veränderungen berücksichtigt werden. Zusätzlich liegt
eine Untersuchung zur Laichaktivität der Finte in der Unterems von Bioconsult (2007b) vor.
Abbildung 0-1: Messstellen Fischfauna 2006/07 (aus Bioconsult 2007a)
252
Für die Beschreibung der Ist-Situation der Fischfauna in der UVU wurden
folgende Daten (ab dem Jahr 1995) ausgewertet.
Maßnahmenbereich
DEK-km 225,8 und
Ems-km 1,3
Relevante Ausbaumaßnahmen
zugeordnete aktuelle
Quellen mit Ems-km
Punktuell an DEK-km 225,6:
Bioconsult (2006a,
Sohlsprung für die Bedarfstiefe
2007a; Ems-km 3),
um ca. 25 m nach Westen.
Bioconsult (2006b,
Verschiebung des Fahrwassers
2007a; Ems-km 0,5)
um bis zu 8 m nach Osten
Ems-km 0 – 1,3)
Ems-km 6,2 bis 7,6
Ems-km 14,4 bis 15,9
Ems-km 31,0 – 37
und 40,0 – 40,5
Fahrrinnenverschiebung auf
Bioconsult (2006a, b,
einer Länge von 1,2 km um bis
2007a) (Ems-km 8,4-
zu 30 m
8,5)
Fahrrinnenverschiebung um bis
LFV (2003) (ca. Ems-
zu 21 m auf einer Länge von
km 18-19)
1,7 km sowie Umbau der Jann-
Bioconsult (2006b,
Berghaus- Brücke
2007a; Ems-km 14,5)
Absenkung der Bedarfstiefe um
Meldebogen NLÖ
bis zu 0,4m
(aus 1996-1997) (ca.
Ems-km 32)
Bioconsult (2006b ,
2007a; Ems-km 30,5
u. 41)
Die vorgelegten Untersuchungen sind nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde geeignet und ausreichend, die Auswirkungen des Vorhabens
auf die Fischfauna darzustellen und zu bewerten. Sie decken das gesamte in
dem zu betrachtenden Raum vorkommende Artenspektrum ab und berücksichtigen saisonale Unterschiede. Aussagen über Laichaktivitäten der Finte
in der Unterems (Bioconsult 2007b) wurden aus der FFH-VS (September
2008) übernommen und von der Planfeststellungsbehörde auf Aktualität
überprüft (D&M, gutachterliche Stellungnahme vom 03.02.2011). Die Aktualität der in den Quellen genannten Daten ist somit gesichert.
253
Bestand
Nach Bioconsult (2006b, 2007a) stellt sich die Ist-Situation wie folgt dar:
Insgesamt wurden während der Untersuchung im Frühjahr und im Herbst
2006 41 Fischarten festgestellt. Mit unterschiedlichen saisonalen und räumlichen Schwerpunkten sind Flunder, Stint, Hering und Grundeln als häufige
Arten im Emsästuar zu nennen. 10 Arten sind als Arten der Roten Liste
(Bless et al. 1998) geführt. Mit der Finte, dem Flussneunauge und dem
Meerneunauge sind insgesamt drei der nach der Roten Liste stark gefährdeten Arten als maßgebliche Bestandteile des FFH-Gebiets „Unterems und
Außenems“ bzw. „Ems“ (nur Flussneunauge) gemäß Anhang II der FFHRichtlinie gelistet.
Hinsichtlich der einzelnen, jeweils nachgewiesenen Arten wird auf die nachstehende Tabelle verwiesen.
254
255
Entlang des ästuarinen Salinitätsgradienten konnten deutliche Artenwechsel
innerhalb und zwischen den verschiedenen ökologischen Gilden wie limnische, ästuarine, diadrome Wanderarten sowie rein marine bzw. saisonal marine oder juvenil-marine Arten dokumentiert werden. Dem Untersuchungsgebiet kommt auch eine Funktion als Transitgebiet für Arten wie Flussneunauge, Dreistacheliger Stichling und Aal sowie als Nahrungs- und Aufwuchsgebiet für Arten wie juvenile Scheibenbäuche, Schollen, Seezungen und Heringe zu.
Die Ergebnisse zeigen für den unteren Abschnitt der Unterems bis Rysum
ein Artenspektrum und auch Abundanzen, wie sie hier für einen mäßig bis
stark genutzten ästuarinen Lebensraum auch zu erwarten sind. Für den oberen Abschnitt der Unterems zeigen die Ergebnisse jedoch eine sehr stark
degradierte Fischgemeinschaft, die auch über das Artenspektrum, vor allem
aber über die Abundanzen und die Biomasse als stark verarmt zu bezeich-
256
nen ist. Als wesentliche Schlüsselfaktoren sind die ausgeprägten Sauerstoffdefizite und die sehr stark erhöhten Schwebstoffkonzentrationen plausibel.
Die Ergebnisse der ergänzend im Frühjahr 2007 durchgeführten Befischung
haben die Ergebnisse der Befischungen aus dem Jahr 2006 insgesamt bestätigt, jedoch unterschieden sich die die Häufigkeiten z.T. deutlich. So traten
zwischen Leer und Herbrum im Herbst 2006 Flunder und Flussbarsch als
dominante Arten und der Güster als eudominante Art auf. Im Frühjahr 2007
waren Brassen, Flunder und Güster die dominanten Arten. Vom Brassen, der
häufigsten Art im Frühjahr 2007, wurden im Herbst 2006 keine Individuen
nachgewiesen. Auch Flussneunauge, Finte, Großer Scheibenbauch zeigten
deutliche saisonale Unterschiede im Auftreten zwischen den Beprobungszeiten im Frühjahr und Herbst. Insgesamt wurden für den Herbst deutlich höhere Fangzahlen und eine höhere Biomasse als im Frühjahr dokumentiert, auch
wenn im Frühjahr die Artenzahl geringfügig höher lag.
Die Untersuchung zur Laichaktivität der Finte von Bioconsult (2007b) stellt
sich die Situation der Finte als sehr kritisch dar. Genaue Zahlen hinsichtlich
der Populationsgröße der Finte in der Ems fehlen bisher. Nach aktuellen Erkenntnissen (Bioconsult 2007b, bzw. gutachterliche Stellungnahme D&M
2011) kommt es derzeit nicht zu einer erfolgreichen Reproduktion der Finte in
der Ems. Die Anzahl laichbereiter Finten, die in die Unterems einwanderten,
ist verhältnismäßig gering. Die Eiablage findet nur in sehr geringem Umfang
statt. Da von Bioconsult (2007b) keine Larvennachweise festgestellt werden
konnten, ist davon auszugehen, dass sich die Eier in der Unterems aufgrund
der pessimalen Rahmenbedingungen bezüglich Sauerstoff und Schwebstoffgehalt nicht entwickeln. Als Laichgebiete wird von den o.g. Untersuchungen
der Bereich zwischen Leer und Weener und eventuell der Unterlauf der Leda
genannt. Nach Bioconsult (2010) ist derzeit noch nicht abzuschätzen (unter
Voraussetzung nicht wesentlicher Änderungen der abiotischen Rahmenbedingungen), ob die Finte auf niedrigem Niveau im Emsästuar erhalten bleibt
oder in den nächsten Jahren ganz verschwindet. Eine Subventionierung aus
anderen Ästuaren ist möglich.
257
Bewertung
Der Bewertung der Ist-Situation erfolgte anhand folgender Kriterien:
•
Natürlichkeit des Arteninventars unter Bezug auf den historischen
Referenzzustand;
•
Quantitative Zusammensetzung der Fischfauna unter Bezug auf den
historischen Referenzzustand;
•
Grad der anthropogenen Beeinträchtigung des Lebensraums;
•
wesentliche ökologische Funktionen (Wanderkorridor, Reproduktion,
Kinderstube, Nahrungsgebiet).
Das Untersuchungsgebiet ist bereits stark vorbelastet. Schon durch die Ausbaumaßnahmen der vorangegangenen 20 Jahre hat sich die Tidedynamik
der Ems stark verändert. Die veränderte Tidensituation hat die Brackwassergrenze und damit auch Schwebstofffrachten weiter nach stromauf verlagert.
Durch die mit den Ausbaumaßnahmen einhergehende Nivellierung von Gewässerstrukturen hat sich die Vielfalt an Lebensstätten im Vergleich zu früheren Zuständen inzwischen deutlich verringert, so dass auch die Fischbestände durch diese Maßnahmen als beeinträchtigt gelten müssen (vgl. u.a. IBL
1994). Hinzu kommt seit Mitte der 1990er Jahre und extrem seit Beginn des
21. Jahrhunderts die verstärkte Problematik zeitweise extrem geringer Sauerstoffwerte im Emswasser.
Aktuell ist der Sauerstoffhaushalt in der Ems stark beeinträchtigt. So lagen
während der Herbstbefischungen (2. September-Hälfte 2006) die Sauerstoffwerte im Bereich Papenburg-Weener zeitweise um 10 % bei gleichzeitig
extrem hohen Trübungswerten (um 1000 NTU) (Bioconsult 2006b). Stromauf
nahm zwischen Emden und Papenburg die Sauerstoffkonzentration m.o.w.
kontinuierlich ab, während die Trübung (Schwebstoffkonzentration) zunahm.
Insgesamt bestanden sowohl im Frühjahr als auch im Herbst 2006 deutliche
Sauerstoffdefizite im Bereich der Unterems (Bioconsult 2006b). Je nach
Größe des Sauerstoffdefizites sind bei der hier zu betrachtenden Fischfauna
mehr oder weniger ausgedehnte Ausweichreaktionen, u.U. Fischsterben und
Barrierewirkungen die Folge.
258
Hinsichtlich der Sedimente ist in der Unterems oberhalb von Emden seit Anfang der 1980er Jahre außerdem eine deutliche Zunahme des Feinkornanteils festgestellt worden, so dass heute der Schlickanteil 70-75% beträgt (IBL
1997, Bioconsult 2006c). Erhebungen im Rahmen vorliegender Planungen
bestätigen dies (vgl. Materialband).
Gemäß der UVU wird das Fazit der Bewertung der Fischfauna der Unterems
daher wie folgt zusammengefasst:
Aufgrund der vorhandenen Artenbestände, die dem potentiell natürlichem
Fischbestand nach wie vor fast vollständig entsprechen (vgl. schon Nöthlich
1998, IBL 1999), kann die ichthyologische Bedeutung der Unterems auch
heute noch kaum weniger als landes- und bundesweit „hoch“ bis „sehr hoch“
eingestuft werden. Auch IBL (2005) ordnet der Fischfauna der Unterems ab
Leer die höchste Wertstufe zu (Wertstufe a).
Hinsichtlich des Artenspektrums inkl. des Vorkommens von zahlreichen
Rote Liste Arten kann die Wertigkeit der gesamten Unterems mit Wertstufe
5 („sehr hoch“) eingestuft werden. Der Parameter „Häufigkeit“ bzw. „Dominanz“ weist allerdings Verschiebungen auf, d. h. erwartete Häufigkeiten werden heute nicht mehr erreicht. Insbesondere in dem stromauf von Leer gelegenem Abschnitt, der in den letzten Jahren während des Sommers gelegentlich Sauerstoffmangelsituationen aufwies, sind die Quantitäten zeitweise in
ihrer Wertigkeit verändert (Wertstufe 3). Der mittlere Grad der anthropogenen Beeinträchtigung, der einen (deutlichen) Einfluss auf die (quantitative)
Zusammensetzung der Fischfauna ausmacht, bringt hinsichtlich des Parameters „Grad der anthropogenen Beeinträchtigung“ eine Bewertung in der mittleren (3) Wertstufe mit sich. Die funktionale Bedeutung der Unterems mit
Wertstufe 4 („hoch“) ergibt sich aus der wichtigen Funktion als Wanderkorridor ebenso wie aus der Funktion als Laich- und Aufwuchshabitat z. T. für
gefährdete Arten. Die Qualität als Nahrungshabitat muss allerdings aufgrund
der Substratbeschaffenheit, aus der geringe Dichten des streckenweise artenarmen Makrozoobenthos resultieren, sowie der wenigen vorhandenen
produktiven Flachwasserbereiche als eingeschränkt beurteilt werden. Rein
259
rechnerisch ergibt sich somit eine durchschnittliche Bewertung von 3,8
(3,75) Wertepunkten („hoch“).
Tabelle 3: Bewertung des Ist-Zustandes für das Schutzgut Fischfauna
Gesamt
Bewertungskriterien
Bereich /
Natürlichkeit
Quantitative
Grad der
wesentli-
Wertstufe
des Artenin-
Zusammen-
anthropoge-
che
ventars
setzung der
nen Beein-
ökologi-
Fischfauna
trächtigung
sche
Funktionen
Emden
4
4
3-4
4
5
JB Brücke
4
5
3-4
3
4
3
4
3
3
3
3
4
3
3
3
4
5
3
3
4
Friesenbrücke
Papenburg
Unterems
gesamt
Erläuterung der Wertstufen: 1: sehr gering (nicht vergeben), 2: gering (nicht vergeben), 3:
mittel, 4: hoch, 5: sehr hoch
Nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde stellen die von den Trägern
des Vorhabens gewählten Datengrundlagen und die Vorgehensweise zur
Beschreibung und Bewertung der Ist-Situation geeignete Grundlagen für die
Auswirkungs-betrachtung dar. Die gutachterliche Stellungnahme auf Nachfrage der Planfeststellungsbehörde (D&M, schriftliche Mitteilung vom
03.02.2011) bestätigt die Aktualität der verwendeten Daten bzw. der beschriebenen Zustände in der Ems.
a)
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke hat nach Aussage der Fachgutachter
aufgrund seiner zeitlichen Begrenzung und seiner Kleinräumigkeit keine
260
Auswirkungen auf die Fischfauna verursacht. Bei dieser Einschätzung war
auch die Bauzeitenregelung relevant, die bereits als Vermeidungsmaßnahme
in der vorläufigen Anordnung vom 16.11.2007 Berücksichtigung gefunden
hat.
-
baubedingte Auswirkungen
Als Auswirkungen auf die Fischfauna waren insbesondere die wasserseitigen
Baumaßnahmen an der Brücke relevant. Deshalb wurden zur Vermeidung
etwaiger Beeinträchtigungen der Fischfauna (insbesondere der Finte) wasserseitige Umbaumaßnahmen (Drucksondierung, Gründung, Pfahlrammung,
Baugrubenherstellung (Spundwandeinbringung, Aussteifung, Herstellung der
Sohle), Versetzung der Dalben) in der Zeit vom 14.04. bis zum 15.06. ausgeschlossen. Dieses Zeitfenster umfasst die Zeit der Aufwärtsbewegungen sowie die Laichzeit der Finte.
In der Zeit vom 01.04. bis zum 13.04. waren die vorstehend ausgeschlossenen Arbeiten zulässig, sofern die Wassertemperatur 12° C nicht erreichte.
Die Träger des Vorhabens hatten während dieser Arbeiten die Wassertemperatur kontinuierlich zu messen und zu dokumentieren. Ergänzend waren
die Rammarbeiten im April mit der sog. „soft-start“ Methode durchzuführen.
Sämtliche Bauarbeiten fanden daher außerhalb der Einwanderungs- und
Laichphase der Finte statt, da diese erst ab 12° C Wassertemperatur einwandert und bei ca. 15° C Wassertemperaturen laicht.
Anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen auf die Fischfauna sind
ebenfalls nicht gegeben.
b)
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Im Rahmen der UVU wurden bau- und anlagenbedingt folgende potenzielle
Auswirkungen der wasserbaulichen Maßnahmen auf die Fischfauna betrachtet:
261
-
baubedingt
•
Vergrämung durch Lärm und Schwebstoffe; physiologische Schädigungen
durch Sauerstoffdefizite und Trübstoffe; Beeinträchtigung des Aufstiegs
diadromer Arten
•
Erhöhte Mortalität durch Baggereinwirkung
•
Beeinträchtigung des Fraßerfolgs von Individuen (Makrozoobenthos)
•
Habitatveränderungen (Sediment)
•
Zusätzliche Schiffverkehre (Baggerfahrten)
•
Auswirkungen auf die Fischfauna der Nebenflüsse und den Fortbestand
mariner Fischarten
-
anlagebedingt
•
Verluste von Flachwasserlebensräumen und Unterwasserböschungen
•
Zunahme der jährlich auftretenden Sauerstoffdefizite
•
Auswirkungen auf die Fischfauna der Nebenflüsse und den Fortbestand
mariner Fischarten
•
Veränderung von Tidenhub, Brackwassergrenze und Strömungsgeschwindigkeit
Die betriebsbedingten Auswirkungen werden sich grundsätzlich mit den
vorstehend beschriebenen baubedingten Auswirkungen des Vorhabens decken, in der Intensität jedoch geringer sein. Im Unterschied zu den baubedingten Auswirkungen sind betriebsbedingten Auswirkungen jedoch wiederkehrend.
Diese Vorgehensweise ist nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde
geeignet, alle in Betracht kommenden Auswirkungen des planfestgestellen
Vorhabens auf die Fischfauna darzustellen und zu bewerten.
262
Unter Berücksichtigung der Bauzeitenfenster, die als Verminderungsmaßnahme seitens der Träger des Vorhabens in das Verfahren eingebracht wurden, stellen sich die möglichen vorhabensbedingten Auswirkungen nach den
Angaben der UVU wie folgt dar:
-
baubedingte Auswirkungen
Nach Aussage der Fachgutachter sind kleinräumige Vergrämungen durch
Lärm und Schwebstoffe sowie physiologische Schädigungen durch Sauerstoffdefizite und Trübstoffe im Bereich der Baggertätigkeiten bis hin zur Beeinträchtigung des Aufstieges des überwiegenden Teils der diadromen Arten
(Aal, Lachs, Meerforelle, Fluss- und Meerneunauge, Stint, Flunder) während
der Baggerung nicht grundsätzlich auszuschließen gewesen.
Ein lokaler Funktionsverlust in den Maßnahmenbereichen durch Vergrämung
der Fische während der Bauphase bis hin zu Beeinträchtigungen (Verzögerungen) der im Frühjahr (z. B. Finte, Meerneunauge) oder Herbst (z. B.
Flussneunauge, Lachs, Meerforelle) stattfindenden Aufwärtswanderungen
konnte gemäß der Angaben der Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Unterlage F S. 310 f. mwN) auftreten. Es ist nachgewiesen, dass sehr starke Trübungszonen von anadromen Fischarten u. U. nicht durchquert werden.
Grundsätzlich sei im Bereich von starken Trübungsfahnen mit einer Verringerung der Abundanzen und mit einer Veränderung der Artenzusammensetzung zu rechnen, da die durch Baggerungen kleinräumig verstärkten Trübungsfahnen und Sauerstoffzehrungen zu Vermeidungs- und Fluchtverhalten
bei den Fische führen. Zusätzlich kann Vergrämung durch den durch die
Bagger verursachten Lärm entstehen.
In den einzelnen Maßnahmenbereichen war von vorübergehenden bis kurzzeitigen starken und kleinräumigen Trübungsfahnen während der Baggerungen auszugehen, da das zu baggernde Substrat überwiegend schluffig war.
Allerdings waren die Vorbelastungen infolge der Schwebstoffgehalte insgesamt hoch bis sehr hoch, vor allem in den Abschnitten Papenburg und Friesenbrücke. An diesen beiden Strecken und im Bereich der Jann- Berghaus-
263
Brücke fielen durch die planfestgestellten Maßnahmen relativ geringe Mengen an Baggergut an. Eine zu den Vorbelastungen additiv wirkende, weitreichende maßnahmenbedingte Vergrämung der Tiere war an diesen Strecken
daher nach Ansicht der Fachgutachter nicht anzunehmen.
Hingegen waren insbesondere im Bereich Emden aufgrund des zeitlichen
Umfanges und der Ausdehnung der Maßnahmen kurzzeitige bis mittelfristige
Auswirkungen auf das Wandergeschehen möglich. Dies ergab sich daraus,
dass die Finte als eine anadrom-aestuarine Art empfindlich auf schlechte
Wasserqualitäten reagiert. Trübungszonen und durch deren Abbau ausgelöste umfangreichere Sauerstoffdefizite hätten zu einer erhöhten Mortalität bei
Finten führen (UVU S. 311 mwN) können. Es wird für jedoch wahrscheinlich
gehalten, dass, wie die anderen Fischarten auch die Finten dem unmittelbaren Bereich der Baggertätigkeiten ausgewichen sind.
Weiterhin sind nach Einschätzung der Fachgutachter auch unmittelbare
Auswirkungen durch Baggereinwirkungen möglich. Fische können ggf. unmittelbar am Saugrohr der eingesetzten Hopperbagger aufgrund der hohen Einsauggeschwindigkeiten nicht mehr entkommen. Angesaugte Fische haben
faktisch keine Überlebenschance (UVU S. 311 mwN). Ob ein Fisch angesaugt wird, hängt wesentlich von der Fähigkeit ab, den Bagger frühzeitig
wahrzunehmen und zu flüchten. Erhöhte Mortalitäten betreffen vorwiegend
Laich und Fischlarven, da adulte Tiere sich aus dem Einflussbereich des sich
langsam bewegenden Baggers aktiv entziehen können (UVU S. 311 mwN).
Darüber hinaus können Fischeier durch aufgewirbeltes Sediment überdeckt
werden oder durch anhaftendes Substrat vermehrt der Verpilzung oder einem Bakterienbefall ausgesetzt werden. Die Folge wäre ein in Abhängigkeit
des Umfanges der Baggermaßnahmen mehr oder weniger stark verringerter
Rekrutierungserfolg im Jahr der Baggerung (UVU S. 311f. mwN). Somit sind
die Auswirkungen des Vorhabens am größten, wenn sie während der Laichund Entwicklungsphase stattfinden. Die von den Trägern des Vorhabens ins
Verfahren eingebrachten und umgesetzten Bauzeitenregelungen (s.o.) ließen
die Auswirkungen der Baggertätigkeiten auf die Finte deutlich vermindern.
264
Erhöhte Mortalitäten hätten jedoch nicht nur bei der Finte, sondern auch bei
anderen in der Ems laichenden Arten (Stint, Dreistacheliger Stichling) bzw.
einwandernden Jungfischen (Aal, Scheibenbauch, Plattfische) auftreten können. Der Aufstieg von Glasaalen im Ästuar erfolgt etwa Mitte April bis Anfang
Mai bei Temperaturen zwischen 9 bis 11° C und erstreckt sich u. U. bis in
den Juni. Der Aufstieg erfolgt dabei unter Ausnutzung des Flutstromes, insbesondere auch von Springtiden, besonders in Ufernähe. Adulte Tiere dürften die Baggergeräte überwiegend mit ihrem Seitenlinienorgan wahrnehmen
und sich dem langsam bewegenden Bagger aktiv entziehen können. Anders
ist die Situation beim Abstieg der Blankaale in der Ems: Der Blankaalabstieg
erfolgt zwischen September und November, eher mittig im Gewässer, tief in
der Stromrinne und v.a. nachts (UVU S. 312 mwN). Der Baggerbetrieb erfolgte in den Bereichen Papenburg, Friesenbrücke und Jann- Berghaus- Brücke zwischen 6:00 Uhr und 22:00, so dass in diesen Maßnahmenbereichen
in Bezug auf die Aale keine Konflikte entstanden sind.
Im Maßnahmebereich Emden wurde jedoch ein 24 h Betrieb durchgeführt.
Ein Ausweichen absteigender Blankaale entlang tieferer Wasserschichten
wäre aufgrund bestehender Vorbelastungen (Hamenfischerei) kaum möglich
gewesen bzw. die Fische wären durch Ausweichreaktionen in die Netze getrieben. Auch der in diesem Bereich im Spätsommer begonnende Aufstieg
der Flussneunaugen hätte negativ beeinträchtigt werden können (UVU S.
312 mwN). Dies wurde durch die Umsetzung der zweiten Bauzeitenregelung
verhindert, da im Bereich Emden zum Zeitpunkt des Abstiegs keine Erstbaggerung durchgeführt wurden.
Die Baggerungen können nach Aussage der Fachgutachter weiterhin negative Auswirkungen auf das Makrozoobenthos haben und damit zu einer Beeinträchtigung des Fraßerfolges der Fische führen. Wie bereits dargestellt wurde, ist die derzeitige Ist-Situation des Makrozoobenthos durch degradierte
Artenspektren mit geringen Abundanzen und Biomassen gekennzeichnet.
Unter Berücksichtigung der lokal begrenzten wasserbaulichen Maßnahmen
werden nur schwach ausgeprägte Auswirkungen auf die Fischfauna betreffend den Fraßerfolg erwartet. Die vorhandenen Substrateigenschaften lassen
265
darüber hinaus keine besondere Wertigkeit als Nahrungsrefugium für Fische
erkennen (UVU S.313). Daher sind auch die baubedingten Veränderungen
der Sedimentstruktur (Habitatveränderungen) nicht relevant, da in den Maßnahmenbereiche keine höherwertigen Substrate vorkommen (UVU S.314).
Außer durch die Baggerarbeiten waren auch Auswirkungen durch die Verklappungs- bzw. Umlagerungstätigkeiten möglich. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass die ausbaubedingte zusätzliche Unterbringung von Baggergut auf den Klappstellen 5 und 7 aufgrund der Geringfügigkeit (ca. 1 % der
Jahresgesamtmenge) zusätzliche ökologische Auswirkungen auf das System
verursachen hat. Die zusätzliche Schiffsverkehre durch die Baggerungen und
Verklappungen sind aufgrund der geringen Anzahl (ca. 60 Schiffsbewegungen für die Erstbaggerungen und ca. 40 Schiffsbewegungen für die wiederkehrenden Unterhaltungsbaggerungen – für den Maßnahmebereich Emden,
in Bezug auf die übrigen Bereiche findet keine Verklappung statt) im Vergleich zum derzeitigen Schiffsverkehr (ca. 10.000 – 11.000 Schiffsbewegungen pro Jahr) von untergeordneter Bedeutung.
Auswirkungen auf die Fischfauna der Nebenflüsse und den Fortbestand mariner Fischarten sind nicht zu besorgen (vgl. UVU S.315).
-
anlagebedingte Auswirkungen
Grundsätzlich sind nach den Angaben der Fachgutachter dauerhafte Verluste von Flachwasserlebensräumen (Randbereiche) und Unterwasserböschungen als potentiell produktive und bedeutende Fischhabitate und Laichplätze – Einschränkung der ökologischen Funktionen der betroffenen Bereiche; Verkleinerung sublitoraler Laich-, Aufwuchs- und Nahrungsgebiete (bei
gleichzeitiger Vergrößerung eulitoralen Nahrungsraums) möglich. Solche
produktiven Bereiche sind in der Unterems nur noch begrenzt vorhanden und
eine deutliche weitere Flächenreduktion wäre u. a. wegen der genannten
Funktionen problematisch.
266
Im Saldo der wasserbaulichen Maßnahmen erweitern sich die zukünftig zu
baggernden Flächen um ca. 12.491 m², betreffend den Maßnahmenbereich
Weener (zur Flächenbilanzierung vgl. Kapitel B.III.3.1.1.2). Flachwasserbereiche, als potenziell produktive und bedeutende Fischhabitate und Laichplätze, sind von einer zusätzlichen Flächeninanspruchnahme nur in einem
Umfang von 55 m² betroffen (Flächen zwischen 0 und - 2m unter MTnw).
Anhand der aktuellen Sedimentproben lässt sich allerdings keine besondere
Wertigkeit der betroffenen Habitate als sublitorale Laich-, Aufwuchs- und
Nahrungsgebiete der Fische erkennen, da der Gewässerboden in den Eingriffsbereichen nahezu ausschließlich aus Schlick/Schluff ohne nennenswerte Sandanteile besteht und die Dichten des artenarmen Makrozoobenthos
ein insgesamt geringes Niveau aufweisen.
Eine messbare Zunahme der jährlich auftretenden Sauerstoffdefizite vor dem
Hintergrund der starken Vorbelastungen ist nicht zu erwarten, da die vorhabensbedingten Auswirkungen im Verhältnis zu den bestehenden Verhältnissen zu gering sind, um den Sauerstoffgehalt nachweisbar zu beeinflussen.
Auch die Veränderungen von Tidenhub, Brackwassergrenze und Strömungsgeschwindigkeit sind gering. Die BAW prognostizierte für die hiermit
planfestgestellten Maßnahmen eine schwache (bis 2 cm) Veränderung des
Tidenhubs sowie die schwachen Änderungen der Strömungsgeschwindigkeiten (lokal bis zu ± 10/15 cm/s) und der unveränderten Lage der Brackwassergrenze. Diese Veränderungen sind für Rundmäuler und Fische von untergeordneter Bedeutung. Eine Beeinträchtigung ist über diesen Wirkpfad nicht
zu erwarten, eine signifikante Abnahme der Wertigkeit ebenso nicht.
Darüber hinaus sind mit den wasserbaulichen Maßnahmen keine Auswirkungen auf die Fischfauna der Nebenflüsse und den Fortbestand mariner Fischarten verbunden, da die vorhabensdingten Wirkungen in diesen Bereichen
nicht bzw. kaum mehr auftreten.
267
-
betriebsbedingte Auswirkungen
In der UVU wurde zunächst dargelegt, dass sich die zukünftigen Unterhaltungsbaggermengen gegenüber den derzeitigen mittleren jährlichen Unterhaltungsbaggermengen nicht signifikant verändern werden. Die tatsächlich
erforderliche Fahrrinnentiefe würde je nach Tiefgang des zu überführenden
Schiffes in Einzelfallprüfung und unter Ausnutzung aller Optimierungsmöglichkeiten ermittelt und entsprechend gebaggert. Hieraus wurde geschlossen,
dass sich in Bezug auf diesen Aspekt vorhabensbedingt keine Auswirkung
ergebe.
Auf Anforderung der Planfeststellungsbehörde wurde die UVU im Hinblick
auf die betriebsbedingten Auswirkungen der Unterhaltungsbaggerungen in
den einzelnen wasserbaulichen Maßnahmebereichen ergänzt. Die Auswirkungsbetrachtung erfolgte unter dem Ansatz, dass mehrmals pro Jahr Unterhaltsbaggerungen durchzuführen sind. Die ausbaubedingten Unterhaltungsbaggermehrmengen und die damit verbundenen Baggertätigkeiten gehen
nach Auffassung der Fachgutachter im Gesamtgefüge der Vorbelastung des
Systems auf, so dass keine signifikanten Änderungen zwischen dem Ist- und
dem Prognosezustand zu erwarten sind.
Die im Bedarfsfall zur Herstellung der beantragten Fahrrinnenbreiten und –
tiefen erforderlichen Unterhaltungsbaggerungen sind nach Art und Weise
vergleichbar mit der unter dem Aspekt „baubedingte Auswirkungen“ dargestellten Erstbaggerung.
Unterschiede zu der Erstbaggerung ergeben sich insoweit, als davon ausgegangen wird, dass bei den Unterhaltungsbaggerungen nur 2/3 der Baggermenge der Erstbaggerung anfällt. Weiterhin ist zu beachten, dass die Unterhaltungsbaggerungen zwar nicht permanent, aber bei Bedarf auch mehrmals
im Jahr durchgeführt werden können. Sie können also auch zu Wander- und
Laichzeiten bestimmter Fischarten stattfinden, deren Beeinträchtigung während des Ausbaus durch Bauzeitenregelungen vermieden bzw. vermindert
wurden.
268
Dennoch sind aus gutachterlicher Sicht trotz Unterhaltungsbaggerungen in
den wasserbaulichen Maßnahmenbereichen auch in den Hauptwander- und
Laichzeiten keine deutlichen Veränderungen zu erwarten (Unterlage F, S.
12). Hauptgrund dafür sind die bereits bestehenden Unterhaltungsbaggerungen in der Unterems, die eine entsprechend starke Vorbelastung darstellen.
Die durch die geplanten wasserbaulichen Maßnahmen verursachten Unterhaltungsbaggermengen und die damit verbundenen Baggertätigkeiten gehen
im Gesamtgefüge dieser Vorbelastungen auf, so dass keine signifikanten
Änderungen zwischen dem Ist- und dem Prognosezustand erwartet werden.
Die Planfeststellungsbehörde schließt sich dieser Auffassung an, da die Unterhaltungsbaggerungen wesentlich geringe Baggergutmengen als der Ausbau verursachen und eine zeitliche Restriktion für die Unterhaltungsbaggerungen nicht angemessen erscheint.
269
3.1.1.5.1.3
Avifauna
Beschreibung der Ist-Situation
Datengrundlage
Zur Beschreibung der Ist-Situation wurden in der UVU die Daten der Staatlichen Vogelschutzwarte Niedersachsen beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Daten zur den
EU-Vogelschutzgebieten und ornithologische Gutachten zu anderen Maßnahmen (u. a. Emssperrwerks) ausgewertet.
Ergänzend wurden vorhabensbezogen folgende Erhebungen durchgeführt:
•
Maßnahmenbereich Jann-Berghaus-Brücke (Juni 2006 – Januar 2007):
-
Erfassung der Brutvögel von Anfang Juni bis Anfang August 2006;
-
Erfassung der Gastvögel von August 2006 bis Ende Januar 2007 (regionalplan & uvp 2007)
•
Wasserbauliche Maßnahmenbereiche (November 2006 – Juni 2007):
o Erfassung der Brutvögel von Mitte April bis Ende Juni 2007; im Bereich der Maßnahmen Jann-Berghaus-Brücke, Friesenbrücke und Papenburg (Diekmann & Mosebach 2007a)
o Kartierung der Gastvögel von Mitte November 2006 bis Anfang April
2007 (Diekmann & Mosebach 2007b)
Die folgende Beschreibung des Ist-Zustandes für den Maßnahmenbereich
Emden wurde aus den ursprünglichen Antragsunterlagen (UVU) übernommen, weil für diesen Bereich bereits eine umfassende Datenlage vorlag. Der
Bestand für die übrigen drei Maßnahmenbereiche (Jann-Berghaus-Brücke,
Friesenbrücke, Papenburg) erfolgt zusammenfassend und mit den im Nachgang zur UVU im November 2006 bis Juni 2007 durchgeführten Erhebungen.
Ist-Zustand – Brutvögel
•
Maßnahmenbereich Emden
Innerhalb dieses Maßnahmenbereiches sind die Vorländer bei Petkum und
Nendorp als Brutgebiete relevant. Stromab Ems-km 37 befinden sich keine
adäquaten Bruthabitate mehr.
270
Innerhalb eines Fünfjahreszeitraumes (1999-2003) wurden (siehe nachfolgend dargestellte Tabelle) 41 Brutvogelarten in den einzelnen Teilbereichen
der Vorländer nachgewiesen. Dies entspricht 20,8 % der rezenten niedersächsischen Brutvogelfauna (N = 197; vgl. Südbeck & Wendt 2002). Wichtigste Brutvögel im Petkumer Vorland sind die Koloniebrüter (Lachmöwe, Säbelschnäbler) sowie Wiesenvögel wie Rotschenkel, Kiebitz, Uferschnepfe
und Austernfischer. Dieser Avizönose ist eine Brutvogelgemeinschaft beigestellt, die sich aus Brandgans, Süßwasserenten, Regenpfeifern und Rallen
zusammensetzt. Für eine Reihe von Brutvögeln (u. a. Rotschenkel, Säbelschnäbler, Uferschnepfe) ergeben sich besonders hohe Siedlungsdichten.
Mit Ausnahme eines westlich von Petkumersiel unmittelbar an den Emsdeich
grenzenden Wattbereichs ohne Vegetation höherer Pflanzen weisen alle übrigen Bereiche einen bestimmten Besatz mit Brutvögeln auf. Darunter ist ein
hoher Anteil an Arten, die auf landesweiten Roten Liste der gefährdeten
Brutvogelarten geführt werden und mit einem Gehährdungsstatus versehen
sind.
Angesichts einer ähnlichen Strukturierung der Vorlandflächen im Raum
Nendorp treten dort im Wesentlichen dieselben Brutvogelgemeinschaften wie
auf der gegenüberliegenden Emsseite auf. Zwar kommt die Lachmöwe im
Raum Nendorp nicht vor, jedoch erweist sich der Säbelschnäbler mit 41 bis
65 Paaren auch in diesem Korridor als einer der dort häufigen Brutvögel.
Austernfischer, Kiebitz, Rotschenkel und Uferschnepfe brüten ebenfalls im
Nendorper Raum, sind jedoch insgesamt weniger häufig als zwischen Petkum und Gandersum (Quelle UVU, S. 334-337.).
271
Liste der im Maßnahmenbereich Emden nachgewiesenen Brutvögel
Erläuterung: Angegeben sind die für 5 Teilbereiche (Petkum I und II, Nendorp I bis III, Abgrenzung gemäß NLWKN) im Zeitraum von 1999 bis 2003 ermittelten Revierzahlen (Brutpaare) der in den jeweiligen Teilbereichen vorkommenden Brutvögel sowie deren Gefährdungseinstufung (es bedeuten: RL W/M: Rote Liste der in der naturräumlichen Region Watten und Marschen gefährdeten Brutvögel, RL Nds.: Rote Liste der in Niedersachsen und
Bremen gefährdeten Brutvögel, RL D: Rote Liste der in der Bundesrepublik Deutschland
gefährdeten Brutvögel, Stand: 2002; Gefährdungsgrade: 1 = vom Erlöschen bedroht, 2 =
272
stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Arten der Vorwarnliste, N = Neozoen, / = nicht gefährdet,
Angaben nach Südbeck & Wendt 2002), s. Text
•
Maßnahmenbereiche Jann-Berghaus-Brücke, Friesenbrücke und Papenburg
Im Bereich der drei untersuchten wasserbaulichen Maßnahmen wurden insgesamt 74 Brutvogelspezies erfasst (s. nachfolgende Tabelle). Damit wurden
53,6% der im Kreis Leer sicher belegten rezenten Brutvogelarten erfasst.
Die höchste Artenzahl wurde an der Jann-Berghaus-Brücke ermittelt (63 Arten).
Tabelle 7: Liste der im Jahr 2007 in den drei Maßnahmenbereichen Jann-BerghausBrücke, Friesenbrücke und Papenburg erfassten Brutvögel
Brutvögel alle 3
Status
Bestand
Status
Bestand
Maßnahmenbereiche
Lk Leer
Lk Leer
Maßn.ber.
Maßn.ber.
Haubentaucher (Podiceps cristatus)
rB
25-30
rB
1
Höckerschwan (Cygnus olor)
rB
30
rB
2
Graugans (Anser anser)
rB
70
rB
1
Nilgans (Alopochen aegyptiacus)
rB
10 bis 15
rB
5
Brandgans (Tadorna tadorna)
rB
300
rB
5
Stockente (Anas platyrhynchos)
rB
800 bis
rB
>150
1.000
Löffelente (Anas clypeata)
rB
50 bis 100
rB
4
Reiherente (Aythya fuligula)
rB
50 bis 100
rB
8
Rohrweihe (Circus aeruginosus)
rB
30 bis 40
rB
2
Mäusebussard (Buteo buteo)
rB
150 bis 170
rB
2
Turmfalke (Falco tinnunculus)
rB
30 bis 160
rB
2
Rebhuhn (Perdix perdix)
rB
5
rB (?)
1
Wachtel (Coturnix coturnix)
rB
~5
rB
2
Fasan (Phasianus colchicus)
rB
151 bis
rB
~45
rB
8
1.000
Teichhuhn (Gallinula chloropus)
rB
151 bis
273
Brutvögel alle 3
Status
Bestand
Status
Bestand
Maßnahmenbereiche
Lk Leer
Lk Leer
Maßn.ber.
Maßn.ber.
rB
9
1.000
Blässhuhn (Fulica atra)
rB
151 bis
1.000
Austernfischer
rB
~5.000
rB
9
rB
151 bis
rB
1
(Haematopus ostralegus)
Säbelschnäbler
(Recurvirostra avosetta)
1.000
Kiebitz (Vanellus vanellus)
rB
1000
rB
15
Uferschnepfe (Limosa limosa)
rB
500 bis 800
rB
2
Rotschenkel (Tringa totanus)
rB
700 bis 800
rB
4
Haustaube (Columba f. domestica)
rB
151 bis
rB
15
1.000
Hohltaube (Columba oenas)
rB
20 bis 30
rB
1
Ringeltaube (Columba palumbus)
rB
>2.000
rB
>50
Türkentaube (Streptopelia decaocto)
rB
151 bis
rB
~15
1.000
Kuckuck (Cuculus canorus)
rB
k. A.
rB
8
Waldohreule (Asio otus)
rB
100 bis 150
rB
4
Buntspecht (Dendrocopos major)
rB
100
rB
~15
Rauchschwalbe (Hirundo rustica)
rB
k. A.
rB
~50
Mehlschwalbe (Delichon urbica)
rB
151 bis
rB
~65
1000
Schafstelze (Motacilla flava)
rB
200
rB
1
Bachstelze (Motacilla alba)
rB
151 bis
rB
>50
rB
>50
rB
>50
rB
~45
1.000
Zaunkönig (Troglodytes troglodytes)
rB
151 bis
1.000
Heckenbraunelle
rB
(Prunella modularis)
Rotkehlchen (Erithacus rubecula)
151 bis
1.000
rB
151 bis
274
Brutvögel alle 3
Status
Bestand
Status
Bestand
Maßnahmenbereiche
Lk Leer
Lk Leer
Maßn.ber.
Maßn.ber.
1.000
Blaukehlchen
rB
150
rB
6
rB
80 bis 100
rB
20
rB
150
rB
4
Amsel (Turdus merula)
rB
10.000
rB
>50
Singdrossel (Turdus philomelos)
rB
>1000
rB
>50
Misteldrossel (Turdus viscivorus)
rB
100 bis 200
rB
8
Feldschwirl (Locustella naevia)
rB
100
rB
6
Schilfrohrsänger (Acrocephalus
rB
150 bis 200
rB
8
rB
500
rB
71
rB
1.000 bis
rB
147
(Luscinia svecica)
Hausrotschwanz
(Phoenicurus ochruros)
Gartenrotschwanz (Phoenicurus
phoenicurus)
schoenobaenus)
Sumpfrohrsänger
(Acrocephalus palustris)
Teichrohrsänger
(Acrocephalus scirpaceus)
1500
Gelbspötter (Hippolais icterina)
rB
150 bis 200
rB
8
Klappergrasmücke (Sylvia curruca)
rB
151 bis
rB
>50
1.000
Dorngrasmücke (Sylvia communis)
rB
1.000
rB
29
Gartengrasmücke (Sylvia borin)
rB
151 bis
rB
>50
rB
>50
1.000
Mönchsgrasmücke
rB
(Sylvia atricapilla)
151 bis
1000
Zilpzalp (Phylloscopus collybita)
rB
1000
rB
>50
Fitis (Phylloscopus trochilus)
rB
>3000
rB
>50
Grauschnäpper (Muscicapa striata)
rB
200
rB
11
Trauerschnäpper
rB
50 bis 100
rB
6
(Ficedula hypoleuca)
275
Brutvögel alle 3
Status
Bestand
Status
Bestand
Maßnahmenbereiche
Lk Leer
Lk Leer
Maßn.ber.
Maßn.ber.
Bartmeise (Panurus biarmicus)
rB
100
rB
2
Schwanzmeise (Aegithalos caudatus)
rB
30
rB
9
Sumpfmeise (Parus palustris)
rB
20
rB
5
Blaumeise (Parus caeruleus)
rB
~5000
rB
>50
Kohlmeise (Parus major)
rB
~5000
rB
>50
Elster (Pica pica)
rB
1000
rB
13
Eichelhäher (Garrulus glandarius)
rB
21 bis 150
rB
5
Dohle (Corvus monedula)
rB
>1000
rB
~55
Saatkrähe (Corvus frugilegus)
rB
800
rB
325
Rabenkrähe (Corvus c. corone)
rB
1000 bis
rB
>50
2000
Star (Sturnus vulgaris)
rB
~5000
rB
>50
Haussperling (Passer domesticus)
rB
151 bis
rB
>50
1000
Feldsperling (Passer montanus)
rB
21 bis 150
rB
48
Buchfink (Fringilla coelebs)
rB
>2000
rB
>50
Grünling (Carduelis chloris)
rB
1000
rB
>50
Stieglitz (Carduelis carduelis)
rB
150
rB
~50
Bluthänfling (Carduelis cannabina)
rB
~150
rB
5
Gimpel (Pyrrhula pyrrhula)
rB
21 bis 150
rB
6
Goldammer (Emberiza citrinella)
rB
200 bis 300
rB
1
Rohrammer (Emberiza schoeniclus)
rB
1000
rB
46
Erläuterung: Aufgelistet sind sämtliche nachgewiesenen Arten mit Angaben zu deren Status
und Bestand in den drei Maßnahmenbereichen sowie deren Status und Bestand im Landkreis Leer (nach Gerdes et al. 1998). Es bedeuten: Status und Bestand im Landkreis Leer:
rB = regelmäßiger (alljährlicher) Brutvogel, Bestandsgrößen (absolute Revierzahlen bzw.
Brutpaare) nach Gerdes (2000), k. A. = keine Angabe. Status und Bestand in den Maßnahmenbereichen: rB = regelmäßiger (alljährlicher) Brutvogel, ? = unsicher (nach Daten des
NLWKN für 1997 bis 2004 sowie Gerdes et al. 1998, Gerdes 2000), Bestandsgrößen (absolute Revierzahlen bzw. Brutpaare) nach Erhebungen des Planverfassers, s. Text.
276
61 % (N = 45) der 74 Arten sind in allen drei Maßnahmenbereichen, 18 Arten
(24 %) in zwei Bereichen vertreten. 11 Arten (15 %) wurden hier als exklusive Brutvögel eingestuft, da sie in nur einem Maßnahmengebiet vorkommen.
Dies sind Haubentaucher, Höckerschwan, Graugans, Löffelente, Rebhuhn,
Säbelschnäbler, Hohltaube, Schafstelze, Bartmeise, Bluthänfling und Goldammer; sie sind mit zusammen 20 Brutpaaren repräsentiert.
In den drei Maßnahmenbereichen finden sich Vogelarten mit den unterschiedlichsten ökologischen Ansprüchen. Erwähnenswert sind eine Reihe
von Küstenvögeln, die schwerpunktartig die in Flussnähe gelegenen Habitate
besiedeln. Mit zunehmender Entfernung von der Ems wird die Brutvogelfauna der Vorländer von Gehölzbrütern und Brutvögel der Siedlungsbiotope abgelöst. Somit treffen im Untersuchungsraum einerseits stenotope, auf naturnahe Habitate angewiesene, Arten (z. B. Bartmeise, Rotschenkel), andererseits kulturfolgende Arten (u. a. Amsel, Buchfink) und selbst Gebäudebrüter
wie Hausrotschwanz und Türkentaube aufeinander.
Bei genauerer Betrachtung der vorliegenden Artenliste scheinen einige im
Kreis Leer bodenständige Arten, wie z. B. Braunkehlchen (Saxicola rubetra),
Feldlerche (Alauda arvensis) und / oder Wiesenpieper (Anthus pratensis), die
angesichts der Strukturierung des Untersuchungsraumes hier zu erwarten
gewesen sind, zu fehlen. Dass diese Arten, die sich in der Brutzeit durch
charakteristische Revierverhaltensweisen auszeichnen, übersehen wurden,
kann ausgeschlossen werden. Vielmehr dürften diese Spezies derzeit nicht
zum Inventar des Untersuchungsraumes gehören. Von diesen ist der Wiesenpieper auf dem Bingumer Sand und in anderen Unteremsbereichen regelmäßiger Brutvogel. Wachtelkönig (Crex crex) Tüpfelsumpfhuhn (Porzana
porzana), zwei Arten die in der Vergangenheit im Emsästuar des Öfteren
registriert wurden, konnten 2007 nicht nachgewiesen werden.
Bewertung Ist-Zustand - Brutvögel
Die Bewertung der Vogelbrutgebiete erfolgte nach dem von der Staatlichen
Vogelschutzwarte/NLWKN entwickelten Verfahren (Wilms et al. 1997). Als
Bewertungskriterien werden der regionale Gefährdungsgrad, die Brutpaar-
277
zahlen, die Artenzahl und die Größe des Untersuchungsgebietes berücksichtigt.
Im Ergebnis der Bewertung ist die Bedeutung des Brutvogelvorkommens in
den drei Maßnahmenbereichen Jann-Berghaus-Brücke, Friesenbrücke und
Papenburg als „mittel“ einzustufen. Der Bingumer Sand sowie die Vorländer
in Petkum und Nendorp sind aufgrund seiner nationalen Bedeutung mit „sehr
hoch“ (Wertstufe 5) zu bewerten.
278
Tabelle 8: Zusammenfassende Darstellung der Bewertung für die vier Maßnahmenbereiche als Vogelbrutgebiete.
Maßnahmenbereiche
Emden
(Binnenhafen)
Bewertung /
Bemerkungen
Wertstufe
sehr geringe
Bedeutung
Landschaft größtenteils naturfern überbaut,
keine geeigneten Brutbiotope
1
Emden (Petkumer
sehr hohe
Vogelbrutgebiete von nationaler Bedeutung,
und Nendorper
Bedeutung
sehr hohe Artenvielfalt, Siedlungsdichte und
Vorland)
Jann-BerghausBrücke
5
mittlere
Bedeutung
3;
Repräsentanz, große Naturnähe
im Nahbereich 2; Vogelbrutgebiete von lokaler Bedeutung, in größerer Entfernung weitere
Vogelbrutgebiete von lokaler u. höherer Be-
Bingumer Sand deutung, Bingumer Sand mit nationaler Besehr hohe
deutung
Bedeutung
5
Weener Friesenbrücke
mittlere
keine zusammenhängenden Vogelbrutgebie-
Bedeutung
te von lokaler u. höherer Bedeutung, im Ge-
3
biet 5 Saatkrähenkolonien u. eine stellenweise hohe Brutpaardichte von nicht gefährdeten
Brutvögeln
Papenburg
mittlere
im Raum Nesseburg ein Vogelbrutgebiet von
Bedeutung
lokaler Bedeutung, im Süden des Maßnah-
3
menbereichs keine relevanten Vogelbrutgebiete, in manchen Bereichen eine hohe Brutpaardichte von nicht gefährdeten Brutvögeln
Die von den Trägern des Vorhabens gewählte Datengrundlage und die Vorgehensweise zur Beschreibung und Bewertung Bewertung nicht der IstSituation ist nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde als Grundlage für
die Auswirkungsbetrachtung geeignet.
279
Ist-Zustand - Gastvögel
Für die Bestandsbeschreibung der Gastvogelbestände im Petkumer und
Nendorper Vorland wurde auf vorhandenes Datenmaterial (ursprünglichen
Antragsunterlagen, UVU) zurückgegriffen, welches umfangreich und aktuell
vorhanden war. Der Ist-Zustandes der übrigen von den Maßnahmen betroffenen vier Bereiche (Emden-Binnenhafen, Jann-Berghaus-Brücke, Friesenbrücke sowie Bereich Seeschleuse vor Papenburg) wurde dagegen neu
erfasst (Diekmann & Mosebach 2007, a, b).
•
Maßnahmenbereich Emden (Nendorper und Petkumer Vorland)
In nachfolgend dargestellter Tabelle sind 47 Gastvogelarten mit 62.725 Individuen aufgeführt. Mit 39 Spezies erweist sich der Bereich Pogum / Knockster Muhde als am artenreichsten. Dagegen weist das Petkumer Vorland, das
sich von Jarßum bis Gandersum erstreckt, die meisten Individuen (N =
24.995) auf. Im Bereich Knockster Muhde / Pogum wurden nach Angaben
des NLWKN Tagesspitzen von 10.899 Vögeln und im Petkumer Vorland sogar von 13.290 Wasser- und Watvögeln registriert. Im Gebiet häufigster
Gastvogel ist die Nonnengans, die 45,8 % (N = 28.732) des gesamten Individuenbestandes von 62.725 Vögeln stellt. Auf dem zweiten Platz folgt der Alpenstrandläufer mit 18,34 % (N = 11.514) am Bestand aller nachgewiesenen
Vögel. Alle übrigen Arten sind mit < 10 % am Gesamt-Individuenbestand vertreten.
Für den im Raum Petkum–Nendorp ebenfalls sehr häufigen Alpenstrandläufer spielen die schlick- und nahrungsreichen Wattflächen des Dollart und der
angrenzenden Bereiche eine große Rolle. Das Petkumer Vorland stellt für
diese Art seit jeher einen traditionellen Rastplatz dar. Gerdes (2000) nennt
Tagesspitzen von 2.000 Vögeln. Bei Flut hält sich dieser Strandläufer vorzugsweise im Bereich der Vorländer auf, während bei überdurchschnittlich
hohen Tiden große Teile der Schwärme auf die binnendeichs gelegenen
Grünländer ausweichen. Somit fungieren diese Gebiete als Hochwasserfluchtplätze.
280
Gastvögel im Petkumer und Nendorper Vorland
281
•
Maßnahmenbereiche Emden-Binnenhafen, Jann-Berghaus-Brücke, Friesenbrücke sowie Bereich Seeschleuse vor Papenburg
Durch die aktuellen Erfassungen im Bereich der vier wasserbaulichen Maßnahmen wurden insgesamt 8.923 Wasser- und Watvögel von 17 Arten erfasst. Das Artenspektrum setzt sich vornehmlich aus Schwimmenten und
Möwen zusammen. Tauchende Arten (Lappentaucher, Säger) sowie Watvögel sind unterrepräsentiert.
Die nachfolgende Tabelle 4 bildet die Dominanzverhältnisse der Winterbefunde für 2006/07 ab. Mit insgesamt 4.044 Individuen ist die Pfeifente die
eudominante Gastvogelart, gefolgt von 3 dominanten Arten (Stockente,
Lach- und Sturmmöwe), die zusammen 50,9 % aller nachgewiesenen Individuen (N = 8923) stellen. Unter den rezedenten Vertretern wurden hier Gastvögel
zusammengefasst,
die
mit
weniger
als
5%
am
Gesamt-
Individuenbestand vertreten sind. Insgesamt 11 der 17 Arten kommen mit
einem Individuenanteil von zusammen 1 % vor. Unter diesen finden sich
Gänse, Schwäne, Watvögel und andere (siehe Tabelle 4).
Einige der in den Maßnahmenbereichen häufigen Arten, wie z.B. Pfeif- und
Stockente, überwintern alljährlich mit großen Beständen an der Unterems.
Legt man zugrunde, dass angesichts der Gesamtlänge der Ems von Papenburg bis Emden die darin eingelagerten Maßnahmengebiete lediglich sehr
kleine Raumausschnitte darstellen, dürften sich im gesamten Unteremsraum
zu bestimmten Zeiten mitunter mehr als 5.000 Pfeifenten und bis zu 3.000
Stockenten aufhalten.
282
Tabelle 4: Rangfolge der vom 10.11.2006 bis 02.04.2007 in den vier Maßnahmenbereichen nachgewiesenen Gastvögel
Gastvogelart
∑ Individuen
Pfeifente (Anas penelope)
4044
1
Stockente (Anas platyrhynchos)
2393
2
Lachmöwe (Larus ridibundus)
1133
3
Sturmmöwe (Larus canus)
1015
4
Kiebitz (Vanellus vanellus)
200
5
Silbermöwe (Larus argentatus)
51
6
Brandgans (Tadorna tadorna)
17
7
Höckerschwan (Cygnus olor)
16
8
Austernfischer (Haematopus ostralegus)
15
9
Reiherente (Aythya fuligula)
10
10
Nilgans (Alopochen aegyptiacus)
6
11
Bekassine (Gallinago gallinago)
5
12
Gänsesäger (Mergus merganser)
5
13
Graugans (Anser anser)
4
14
Kormoran (Phalacrocorax carbo)
4
15
Heringsmöwe (Larus fuscus)
3
16
Graureiher (Ardea cinerea)
2
17
∑ 17 Arten
8.923
Erläuterung:
1 sp. = eudominante Art (45,3%)
3 spp. = dominante Arten (50,9%)
2 spp. = rezedente Arten (2,8%)
11 spp. = subrezedente Arten (1,0
%)
In der nachfolgenden Tabelle 5 werden Hinweise auf die räumliche Verteilung der in den vier Maßnahmenbereichen erfassten Gastvögel gegeben.
Das Maximum mit 3.059 Vögeln wird an der Friesenbrücke erreicht. Die Anzahl der Vögel liegen mit 2.609 1 bzw. 2.578 für die Jann-Berghaus-Brücke
und den Papenburger Raum auf demselben Niveau. Dagegen wurde mit 677
1
In den für die Jann-Berghaus-Brücke ausgewiesenen Gesamt-Individuenbestand (N = 2.609) sind die Ergebnisse
von zwei exemplarischen Zählungen eingeflossen, in deren Verlauf Teile des am Bingumer Sand verlaufenden
Ems-Seitenarmes zusätzlich berücksichtigt wurden.
283
Individuen (entsprechend 7,6 % des gesamten Individuenbestandes) der geringste Anteil im Bereich des Hafens Emden verzeichnet.
Die Verteilung der 17 Wasser- und Watvogelarten auf die vier Untersuchungsbereiche stellt sich folgendermaßen dar:
Sechs Arten wurden ausschließlich an einem Standort und jeweils 3 Arten in
2 bzw. 3 Gebieten nachgewiesen. Fünf der 17 Arten entfallen auf alle 4 Untersuchungsbereiche, und zwar Pfeif- und Stockente sowie Lach-, Silber- und
Sturmmöwe. Mit insgesamt 14 Spezies erweist sich die Friesenbrücke als am
artenreichsten, gefolgt von dem an der Jann-Berghaus-Brücke gelegenen
Gebiet mit 12 Arten. Im Raum Emden und Papenburg wurden 7 bzw. 8 Gastvogelarten festgestellt.
Tabelle 5: Aufkommen an Gastvögeln in den vier Maßnahmenbereichen im Zeitraum
vom 10.11.2006 bis 02.04.2007 (TG 1 = Teilgebiet Emden Hafen, TG 2 = Teilgebiet
Jann-Berghaus-Brücke, TG 3 = Teilgebiet Friesenbrücke, TG 4 = Teilgebiet Seeschleuse vor Papenburg)
∑
Gastvögel / Teilgebiete 1 bis 4
TG 1
TG 2
TG 3 TG 4
Kormoran (Phalacrocorax carbo)
3
1
0
4
4
Graureiher (Ardea cinerea)
0
1
1
0
2
Höckerschwan (Cygnus olor)
0
0
16
0
16
Graugans (Anser anser)
0
4
0
0
4
Nilgans (Alopochen aegyptiacus)
0
6
0
0
6
Brandgans (Tadorna tadorna)
0
5
8
0
17
Pfeifente (Anas penelope)
279
1.546
854 1.365
4.044
Stockente (Anas platyrhynchos)
289
740
683
681
2.393
Reiherente (Aythya fuligula)
0
0
10
0
10
Gänsesäger (Mergus merganser)
2
0
1
2
5
Austernfischer (Haematopus ostralegus)
0
3
8
4
15
Kiebitz (Vanellus vanellus)
0
0
200
0
200
Bekassine (Gallinago gallinago)
0
0
5
0
5
Heringsmöwe (Larus fuscus)
0
1
2
0
3
Silbermöwe (Larus argentatus)
24
16
3
8
51
Sturmmöwe (Larus canus)
46
145
332
492
1.015
284
Lachmöwe (Larus ridibundus)
∑ 17 spp. / Ind.
34
677
141
936
22
1.133
2.609 3.059 2.578
8.923
Bewertung Ist-Zustand - Gastvögel
Die Gastvogelaufkommen wurden anhand der quantitativen Kriterien zur Bewertung von Gastvogellebensräumen in Niedersachsen nach Burdorf et al.
(1997) bewertet. Das Bewertungsverfahren bezieht sich ausschließlich auf
Wasser- und Watvögel. Die Übertragung der Bewertung nach Burdorf et al.
(1997) in einen 5-stufige Bewertungsrahmen wird wie folgt durchgeführt (vgl.
Unterlage F, S. 332):
− Internationale, nationale oder landesweite Bedeutung (nach Burdorf et
al. 1997): Wertstufe 5 (sehr hohe Bedeutung)
− Regionale oder lokale Bedeutung (nach Burdorf et al. 1997): Wertstufe
4 (hohe Bedeutung)
− Vogelbestände, die aufgrund ihrer Anzahl die lokale Bedeutung nicht
erreichen: Wertstufe 3 (mittlere Bedeutung)
− Geringe Vogelbestände: Wertstufe 2 (geringe Bedeutung)
− keine oder nur einzelne rastende Tiere: Wertstufe 1 (sehr geringe Bedeutung)
Die Bewertungsergebnisse sind nachfolgend zusammenfassend dargestellt.
Tabelle 6: Zusammenfassende Darstellung der Bewertung der vier Maßnahmenbereiche als Gastvogellebensräume
Bewertung /
Maßnahmenbereiche
Emden
(Binnenhafen)
Wertstufe
Bemerkungen
sehr geringe
Gastvogellebensraum mit weniger als lokale
Bedeutung
1
Bedeutung, keine geeigneten Rastplätze
vorhanden, durch direkte Hafennähe stark
anthropogen überformtes Gebiet
Emden
(Petkumer und
Nendorper Vorland)
sehr hohe Bedeutung International bedeutendes Gastvogelgebiet,
5
sehr hohe Arten- und Individuenzahlen, sehr
gute Strukturvielfalt
285
mittlere Bedeutung
Jann-BerghausBrücke
3
Gastvogellebensraum mit weniger als lokale
Bedeutung daher Wertstufe III, nur der au-
(Bingumer Sand mit ßerhalb des Untersuchungsgebietes gelegehoher Bedeutung
4)
ne Bingumer Sand mit regionaler Bedeutung
(Wertstufe IV)
Nördlicher Bereich:
Friesenbrücke
mittlere Bedeutung
Nördl. der Brücke ein Gastvogellebensraum
3
von lokaler Bedeutung, südl. der Brücke we-
Südlicher Bereich:
niger als lokal bedeutend, naturnahe Struk-
geringe Bedeutung
turen nur sporadisch vorhanden
2
Seeschleuse vor
Papenburg
hohe Bedeutung
4
Gastvogellebensraum von regionaler (Sturmmöwe) u. lokaler (Pfeifente) Bedeutung, naturnahe Strukturen nur ganz vereinzelt ausgebildet
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
baubedingte Auswirkungen
Im Zusammenhang mit dem Brückenumbau sind potenzielle Auswirkungen
auf die Avifauna durch Flächeninanspruchnahme (Baustelleneinrichtung)
sowie durch Lärm und Bewegungsunruhe (Bautätigkeit, Baustellenverkehr)
zu betrachten.
Für die Baustelleneinrichtung war eine ca. 140 m lange und 7 m breite
Baustraße mit Böschungsabdichtung sowie ein ca. 900 m² Lagerplatz (Befestigung jeweils mit Schotter) und eine Behelfsbrücke vorgesehen. Die Herrichtung der Baustelleneinrichtungsflächen erfolgte außerhalb der Brutzeiten, so
dass sich hierdurch keine Beeinträchtigungen auf das Brutgeschäft ergeben
konnten.
Im Bereich der Baustelleneinrichtung wurden bei der Kartierung aus dem
Jahr 2006 drei Vogelarten mit je einem Brutpaar Brutvögel vorgefunden. Die
Flächen nördlich der Baustelleneinrichtung sind jenseits der Jann-BerghausBrücke als avifaunistisch wertvoller Bereich (nationale Bedeutung für Brutvögel) eingestuft. Die etwa 300 m südöstlich gelegenen Flächen sind ebenfalls
als avifaunistisch wertvoller Bereich (hier: landesweite Bedeutung für Brutvö-
286
gel) bewertet. Nach dem avifaunistischen Gutachten wurden im Nahbereich
von mindestens 150 m um die Brücke 2006 keine gefährdeten oder besonders störungsempfindlichen Brutvögel kartiert.
Für Gastvögel sind Meidungsreaktionen durch die Baumaßnahmen möglich.
Jedoch sind die Lebensräume im Umfeld der Jann-Berghaus-Brücke langjährig durch den Fahrzeugverkehr auf der B 436 (Jann-Berghaus-Brücke) durch
optische und akustische Reize vorbelastet. Die Freiflächen um das Umfeld
der Jann-Berghaus-Brücke bieten während der Bauzeit Ausweichmöglichkeiten auf weniger beeinflusste Flächenbereiche. Vor diesem Hintergrund werden keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf die Avifauna infolge von
baubedingtem Lärm und Bewegungen erwartet. Nach Abschluss der Bauarbeiten wird sich der ursprüngliche Bestand wieder einstellen.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Die für die Baustelleneinrichtung genutzten Flächen werden rückgebaut und
rekultiviert. Durch die baulichen Veränderungen des Brückenbauwerkes ergeben sich keine Auswirkungen auf die Avifauna, da die Wahrnehmung des
Bauwerkes nach den Umbauarbeiten für die Vögel nicht verändert ist.
287
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke erfolgt als Anpassungsmaßnahme für
den zukünftigen Schiffsverkehr auf der Unterems. Auswirkungen auf den
Fahrzeugverkehr auf der B 436 (Jann-Berghaus-Brücke) sind mit dem Umbau der Brücke nicht verbunden. Demzufolge ergeben sich keine betriebsbedingten Auswirkungen auf brütende und rastende Vögel.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Die wasserbaulichen Maßnahmen betreffen die Brutvögel nur indirekt, da die
Neststandorte außerhalb des direkten Maßnahmenbereichs liegen. Betrachtungsrelevant ist, inwieweit diese Maßnahmen Brutgeschäft, Nahrungssuche
oder Rastverhalten der Vögel stören und eine Vergrämung durch Lärm,
nächtlichen Lichteinfall und Schiffsbewegungen bewirken können.
Auswirkungen auf das Brutgeschehen können sich nach gutachterlicher Aussage im Bereich Petkum ergeben, wo die ca. 6 km lange Baggerstrecke. Dort
verläuft die Fahrrinne bzw. Baggerstrecke dicht unter Land. Die kürzeste Entfernung von Baggerstecke zu Bruthabitaten von Kiebitz und Rotschenkel am
Ufer beträgt dort 50 bzw 70 m. Gemäß Schalltechnischen Gutachtens (Zech
2006) treten durch das Baggern Immissionswerte von max. 45 dB(A) auf, die
im Bereich der Bruthabitate auf 35 dB(A) abnehmen. Derart geringe Schallpegel sind selbst für schallempfindliche Brutvogelarten (vgl. Garniel et al.
2007) ohne Belang. Optische Störungen durch die Silhouetten und Bewegungen und Lichtemission der Baggerschiffe werden von der Planfeststellungsbehörde nicht erwartet, da die Brutvögel an den Schiffsverkehr gewöhnt
sind. (Andernfalls würden sie ihre Brutplätze nicht in Nähe des Emsfahrwassers wählen.)
Relevante negative Auswirkungen auf die Nahrungssuche der Vögel (erhöhte
Mortalität durch die Baggerungen, Beeinträchtigung des Jagderfolges im
Wasser durch erhöhte Trübung und veränderte Lichtverhältnisse) sind aufgrund der örtlich und zeitlich begrenzten Ausbaumaßnahmen, der hohen
Mobilität der Vögel und vorhandener großräumiger Ausweichmöglichkeiten
288
nach den Angaben in der UVU nicht zu befürchten. Die Planfeststellungsbehörde schließt sich dieser Auffassung an.
Deutliche Auswirkungen auf die Gastvogelbestände sind ebenfalls nicht zu
besorgen. Vergrämungseffekte durch zusätzliche Schiffsverkehre (ErstBaggerungen, ca. 150 Schiffsbewegungen) sind angesichts des derzeitigen
hohen Schiffsaufkommens (ca. 10.000 – 11.000 Schiffsbewegungen pro
Jahr) kaum relevant. Selbst wenn es zu Vergrämungs- bzw. Ausweichreaktionen käme, wären diese räumlich und zeitlich eng begrenzt. Die Vögel können stromauf bzw. stromab sowie an das gegenüberliegende Ufer ausweichen und nach Abschluss der Baggerarbeiten wieder in die ursprünglichen
Gebiete zurückkehren. Eine Wertstufenänderung der Gastvogellebensräume
tritt nicht auf.
-
anlagenbedingte Auswirkungen
Im Zusammenhang mit den Baggerarbeiten wurden Veränderungen der Tidewasserstände und des Tidenhubs von bis zu +/- 2 cm prognostiziert. Dies
könnte eine Vergrößerung der Wattflächen durch Absinken des MTnw und
einen Anstieg des MThw zur Folge haben. Demgegenüber ist eine Verkleinerung der sublitoralen Nahrungsgebiete durch Absinken des MTnw und eine
Erhöhung der Überflutungshäufigkeit von Außendeichsflächen durch einen
Anstieg des MThw nicht ausgeschlossen.
Die den Brutgebieten der Außendeichsbereiche vorgelagerten Wattflächen
haben als Nahrungshabitate für die in den Vorländern nistenden Küstenvogelarten eine große Bedeutung. Die Vergrößerung der vorhandenen Wattflächen kann zu einer Vergrößerung potenzieller Nahrungsflächen führen.
Die sublitoralen Flachwasserzonen stellen Entwicklungshabitate für Fische
dar. Damit haben sie auch eine gewisse Bedeutung für solche Brutvögel, die
sich von Fischen ernähren (Möwen, Seeschwalben). Infolge der Vertiefungsmaßnahmen können Teile dieser Gebiete in ihrer Ausdehnung entsprechend des Ausmaßes des Absinkens während jeder Tnw-Phase verloren
gehen.
Die Erhöhung der Überflutungshäufigkeit von Außendeichsflächen kann sich
auf die Habitate von Wiesenbrütern auswirken. Wie dies für in der Brutzeit
289
auftretende ungewöhnlich hohe Tiden (Sommerüberflutungen) bekannt ist,
sind Gelegeverluste unter Bodenbrütern grundsätzlich nicht ausgeschlossen.
Eine vorhabensbedingte Beeinträchtigung kann nur für Brutvögel eintreten,
die in unmittelbarer Nähe der Ufer brüten und deren Nester nicht von höheren Bereichen umgeben sind. Der unmittelbare Uferbereich wird jedoch kaum
von Bodenbrütern zur Brut genutzt. So siedeln die Wiesenbrüter der Küstenmarschen bevorzugt in den deichfernen gerade ausreichend hoch gelegenen Teilen von extensiv genutzten Grünland- und Salzwiesenbereichen
mit weitgehend kurzer Vegetation. Nistplätze sind auch nach Durchführung
der Vorhaben aufgrund der geringfügigen Zunahme der Überflutungshäufigkeit und ausreichender Geländehöhen weiterhin vorhanden, zumal der vorhabensbedingte Anstieg des Tidehochwassers von 1 cm als sehr geringer
Wert anzusehen ist, der sich in der anhand von Messungen aus der natürlichen Variabilität kaum herausfiltern lassen wird. Auch sind die Vögel, die im
Uferbereich nisten, in der Lage, Gelegeverluste durch Nachgelege zu kompensieren. Es wird von der Planfeststellungsbehörde daher nicht erwartet,
dass sich auftretende Gelegeverluste bzw. Bestandsveränderungen überhaupt auf das Vorhaben zurückführen lassen.
Eine Erhöhung der Überflutungshäufigkeit von Außendeichsflächen kann
sich auch auf die Hochwasserrastplätze und Nahrungsgebiete von Gastvögeln in den Vorländern und weniger auf die Wattflächen auswirken. Hochwasserrastplätze sind in der Regel höhere Vorlandbereiche, die von den bei
Ebbe auf den Wattflächen nach Nahrung suchenden Vögeln zu Hochwasserzeiten als Ruheplatz aufgesucht werden. Durch eine Erhöhung der Überflutungshäufigkeit kann es zu zeitweiligen Nutzungseinschränkungen von derartigen Rastplätzen kommen. Allerdings kommt es auch hier nur in einem sehr
eng begrenzten Bereich zu den genannten Nutzungseinschränkungen, da
sich die Auswirkungen, wenn überhaupt, nur in einem sehr schmalen Uferbereich abzeichnen werden.
An der Unterems spielen außendeichs gelegene Hochwasserrastplätze nur
im Raum Petkum–Nendorp eine besondere Rolle. Die mit einer Überflutungshäufigkeit
verbundene
Nutzungseinschränkung
von
Hochwasser-
Rastplätzen wird in diesem Teilgebiet dadurch ausgeglichen, dass sich binnendeichs traditionelle Rastplätze befinden, die regelmäßig frequentiert wer-
290
den. Insbesondere im Raum Petkum sind Vernetzung und Funktion der einzelnen Teilbereiche besonders gut ausgeprägt. Dies zeigt sich an einer sehr
hohen Fluktuationsrate der außen- und binnendeichs rastenden Vögel.
Die anlagebedingten Auswirkungen betreffen einen schmalen Ufersaum im
Gebiet Petkum-Nendorp; die Auswirkungen sind großräumig andauernd. Potenzielle Nahrungsflächenverluste durch Reduzierung des Sublitorals werden
durch das entstehende Eulitoral kompensiert. Für Gastvögel bleibt in der Bilanz die Wertstufe als Nahrungsraum aufgrund der ausgleichenden Wirkung
bzw. leichter Gewinne bzw. Verluste erhalten.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Bei den bedarfsweise wiederkehrenden Unterhaltsbaggerungen wird davon
ausgegangen, dass jeweils nur etwa 2/3 der Baggermenge der Erstbaggerungen anfällt. Demzufolge ist mit einer verringerten Baggertätigkeit zu rechnen.
Die obigen Aussagen zu den baubedingten Auswirkungen sind demzufolge
auch für die Unterhaltsbaggerungen gültig. Die Planfeststellungsbehörde
geht davon aus, dass die Unterhaltungsbaggerungen keinen Einfluss auf das
Brutgeschehen ausüben. Kurzfristige Änderungen im Nutzungsmuster der
Vögel (z.B. Nahrungssuche, Rast), die durch die Unterhaltungsbaggerungen
hervorgerufen werden, sind nicht relevant, da ausreichend Ausweichmöglichkeiten vorhanden sind.
3.1.1.5.1.4
Makrozoobenthos
Beschreibung der Ist-Situation
Benthos ist der wissenschaftliche Sammelbegriff für die Gesamtheit der Lebewesen am und im Gewässerboden. Das Makrozoobenthos bezieht sich
vorliegenden Kapitel auf die Wirbellosen, da den Fischen, Mikroorganismen
und Pflanzen eigenen Kapitel gewidmet sind. Die benthischen Arten beschränken ihre Aktivitäten weitgehend auf den in der Vertikalen meist nur
wenige Dezimeter umfassenden Grenzbereich zwischen dem freien Wasser
291
und der oberen Bodenschicht. Sie sind damit den intensiven Wechselbeziehungen zwischen Wasser und Sediment stark ausgesetzt (Tardent 1979).
Die weitgehend ortsbeständige Bodenfauna kann natürlichen und anthropogenen Veränderungen und Belastungen in der Regel kaum ausweichen und
ist somit in vielen Fällen Indikator für veränderte Umweltverhältnisse.
Die Zusammensetzung des Makrozoobenthos im Gewässer ist von Faktoren
wie z.B. Salzgehalt, Bodenbeschaffenheit, Wasserbedeckungszeit im Gezeitenbereich, Sauerstoffverhältnisse, Wassertemperatur, Strömung, Eutrophierung (Verunreinigung mit abbaubarer organischer Substanz), Gehalt suspendierter Feststoffe, Wassertiefe und Schadstoffgehalt des Wassers und der
Sedimente abhängig.
In extrem veränderlichen Lebensräumen kommen gewöhnlich wenige ubiquitäre Arten in hohen Bestandsdichten, in alten oder strukturreichen Lebensräumen dagegen viele Arten mit geringen Dichten vor.
Datengrundlage
Für die Beschreibung des Makrozoobenthos wurden Daten zum Referenzzustand (Leitbilder, Charakter- und Begleitarten für den potenziell natürlichen
Zustand) und Erhebungsdaten aus mehreren Untersuchungsprogrammen
aus dem Zeitraum 1990 bis 2006 ausgewertet. Die Untersuchungen aus dem
Herbst 2006 umfassten Probennahmen mit Greifer, Dredgen und Schottersäcken im Abschnitt der Unterems von Papenburg bis Emden. Der Ergebnisbericht (IBL 2007) ist als Material K.10 Bestandteil der Antragsunterlagen.
Zur genaueren Darstellung eines jahreszeitlichen Einflusses auf die Makrozoobenthosbesiedlung wurde im Frühjahr 2007 eine Wiederholungsuntersuchung an den selben Stationen und mit den selben Untersuchungsmethoden wie im Herbst 2006 durchgeführt (Bericht: Diekmann & Mosebach,
Stand: 07.11.2007).
Anthropogen bedingte Veränderungen und Vorbelastung
Die morphologischen Profile von naturbelassenen Ästuaren zeichnen sich
durch ein Nebeneinander von Wattflächen und breiten Flachwasserzonen
292
aus, die eine Folgeerscheinung der stets wechselnden Strömungsrichtung
darstellen. Sie sind wichtige Entwicklungsgebiete für Bodentiere. Der heutige
Zustand der Unterems ist jedoch durch monotone trapezförmige Querschnittsprofile gekennzeichnet. Gemäß Leitbild (Claus 2003) müsste die Ems
28,2 km Seitengewässer haben, verfügt aber nur über 14,5 km (-49%). Zu
den ästuartypischen Lebensräumen gehören Flachwasserbereiche (mit unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten, Süß- und Brackwasserwatt mit
unterschiedlichen Substrateigenschaften (Sand-, Misch- und Schlickwatt),
Sand- und Kiesbänke sowie dünenartige Strukturen (Claus 2003).
Als Folge der Ausbauarbeiten an der Unterems hat der Tidenhub deutlich
zugenommen. Im unverbauten Ästuar nimmt der Tidenhub der einlaufenden
Tidewelle in Abhängigkeit von der Gewässermorphologie stromauf ab. In der
Ems bleibt der Tidenhub im gesamten schiffbaren Bereich von Emden bis
Papenburg etwa gleich (3,2 bzw. 3,1 m). Erst am Wehr Herbrum sinkt er auf
2,8 m ab (Vgl. Kapitel XIV. 2. „Schutzgut Fauna – Fische“). Ehemalige
Flachwasserbereiche fallen daher jetzt bei Niedrigwasser trocken.
Um das Jahr 1900 wiesen Karten in der Unterems noch 733 ha Wattflächen
und 635 ha Flachwasserzone aus. Dagegen waren 1993/94 nur noch 474 ha
Wattfläche und 371 ha Flachwasserzone zu finden. Dies bedeutet einen Flächenverlust für die Benthosfauna. Im inneren Ästuar (Ems- km 12,5 – 35)
beträgt die Siedlungsfläche für das Makrozoobenthos mit 900 ha (IBL 2005)
nur 3,8 % Anteil am Fluss. Bis 1928 war die Ems zwischen Herbrum und
Leer um 5 km verkürzt worden. 1950 setzten erhöhte Baggeraktivitäten (Verlagerung und Entfernung von Sedimenten) ein.
Fahrwasservertiefungen und –begradigungen haben den mittleren Tidenhub
bei Papenburg seit 1960 um ca. 1 m erhöht. Dies ist durch Abnahme des
mittleren Tideniedrigwassers (MTnw) zustande gekommen, während das
mittlere Tidehochwasser (MThw) fast gleich geblieben ist. Seitenräume laufen zunehmend trocken und verlieren an ökologischer Bedeutung (s.o.). Darüber
hinaus
beeinträchtigen
Unterhaltungsbaggerungen
das
Makro-
zoobenthos, indem regelmäßige benthische Organismen entnommen werden. Durch die mit den Baggerungen einhergehende hohe Wassertrübung
und Sauerstoffmangelereignisse in Bodennähe werden auch die Bodenbewohner im weiteren Umkreis um die Baggerstellen geschädigt.
293
Ist-Situation
Die
Gesamtabundanzwerte
der
Makrozoobenthosuntersuchungen
(BfG-
Monitoring) aus den Jahren 1992 bis 2006 (Herbstsituation) an den Stationen
Emden und Friesenbrücke variieren stark. Die Abundanzen liegen zwischen 0
und 53 Ind./m² (Friesenbrücke) und zwischen 43 und 5.830 Ind./m² (Emden).
Der für die aquatische Fauna besiedelbare Bereich liegt im Querprofil zwischen der mittleren Tidehochwasserlinie (MThw) und der Flusssohle. Im
Querprofil der Unterems müssen die Bereiche Gezeitenbereich, Fahrrinnenrand, Fahrrinne, Fahrrinnenrand und Gezeitenbereich unterschieden werden.
Die Gesamtabundanzwerte der aktuellen Bestandserhebung (IBL 2006)
spiegeln die Lebensraumunterschiede von Längs- und Querprofil wieder.
Abbildung 1-2 zeigt, dass die Abundanz (Ind./m²) des Makrozoobenthos im
limnischen Bereich von Papenburg bis Leerort/ Leda-Mündung sehr gering
ist. Im oligohalinen Übergangsbereich, in dem sich die Jann - Berghaus Brücke befindet, ist die Individuendichte mit Ausnahme des rechten Gezeitenbereichs in dem sich eine etwas größere Anzahl des sedimentären Polychaeta Polydora (Boccardiella) ligerica befindet, ebenfalls sehr gering.
Die Gesamtabundanz steigt im mesohalinen Bereich (entspricht Bereich Emden) deutlich an, bleibt aber dennoch bis auf eine Ausnahme auf geringem
bis mittleren Niveau. Die sehr hohe Abundanz im linken Gezeitenbereich bei
Ems-km 31 ist auf ein sehr großes Vorkommen des Polychaeten Polydora
(Boccardiella) ligerica zurückzuführen.
294
16.920
1200
1000
800
Ind/m²
600
km 41
km 36
km 34
km 33
km 31
km 20,5
km 18,5
km 15
400
200
0
Abbildung 2:
Gezeitenber. links
Rand links
Fahrwassermitte
Rand rechts
Gezeitenber. rechts
km 7
km 1
Gesamtabundanzen (Ind./m²) des Makrozoobenthos im Längsverlauf
und Querschnitt der Ems zwischen km 1 und 41 (Daten aus IBL 2006).
(Die unterschiedlichen Farben geben die Fluss-km an.)
Die Gesamtindividuenzahlen sind im Gewässerquerprofil (x-Achse) im limnischen bis oligohalinen Bereich in der Fahrrinnenmitte am geringsten und
nehmen in Richtung auf die Ufer auf niedrigem Niveau zu. Im mesohalinen
Bereich (mit dem Maßnahmenbereich Emden) setzt sich dieser Trend auf
höherem Niveau fort.
Bei den im Herbst 2006 durchgeführten Erhebungen wurden überwiegend
geringe Individuenzahlen und Biomassen festgestellt. Drei der erfassten Arten werden auf der Roten Liste geführt. Vierzehn Arten können als charakteristisch für den Lebensraum „Ästuarien“ eingestuft werden.
Bei der im Frühjahr 2007 - im Nachgang der UVU - durchgeführten Wiederholungsuntersuchung konnten 33 Makrozoobenthosarten und Artengruppen
gefunden werden. Von 23 im Herbst 2003 erfassten Benthosarten konnten
17 Arten im Frühjahr 2007 erneut beobachtet werden. Die Artenzusammensetzung von Herbst- und Frühjahrerhebungen sind damit sehr ähnlich.
Bewertung der Ist-Situation
Die Bewertung der Ist-Situation erfolgte in der UVU nach 5 Wertstufen unter
Berücksichtigung folgender Bewertungskriterien:
•
Natürlichkeit des Arteninventars
295
•
Ökologische Gruppen /Indikatoren
•
Grad der anthropogenen Beeinträchtigung
•
Wiederherstellbarkeit, Regenerationsdauer
•
Ästuare Funktionen der Biotop-/Benthosgemeinschaft
In den Maßnahmenbereichen Papenburg und Friesenbrücke (limnischer Bereich) sowie im Maßnahmenbereich Jann-Berghaus-Brücke (Oligohalinikum)
ist dem Bestand nahezu durchgängig die Wertestufe 2 „gering“ zuzuordnen.
Im Maßnahmenbereich Emden (Mesohalinikum) wurde überwiegend die
Wertstufe 3 “mittel“ und im Einzelfall die Wertstufen 2 “gering“ und 4 „hoch“
ermittelt.
Nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde stellen die von den Trägern
des Vorhabens gewählten Datengrundlagen und die Vorgehensweise zur
Beschreibung und Bewertung der Ist-Situation geeignete Grundlagen für die
Auswirkungsbetrachtung dar. Jedoch hat die Planfeststellungsbehörde eine
genauere Darstellung der Besiedlung im Bereich der Friesenbrücke gefordert, um die Auswirkungsprognose in diesem Bereich besser nachvollziehen
zu können. Die Gutachter sind diesem Anliegen nachgekommen (Diekmann
& Mosebach 2011). Deren Ausführungen sind in der Auswirkungsprognose
der wasserbaulichen Maßnahmen (s.u.) dargestellt.
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
baubedingte Auswirkungen
Durch die Baumaßnahme kommt es zu einer kleinflächigen Zerstörung benthischen Lebensraums und zur Zerstörung benthischer Organismen durch
Flächenbeanspruchung beim Einbau des Pfeilers 6a bzw. Entfernung des
Pfeilers 6. Der Gewässerboden und das dort siedelnde Makrozoobenthos
werden temporär in Anspruch genommen, bis sich nach Entfernen des Pfeilers 6 die Gewässersohle wieder regeneriert hat. Nach der UVU wird die
Wertigkeit der benthischen Fauna im Maßnahmenbereiche Jann-BerghausBrücke als „gering“ eingestuft.
296
-
anlagebedingte Auswirkungen
Anlagenbedingt treten keine Beeinträchtigungen des Makrozoobenthos auf.
Der neue Pfeiler 6a beansprucht flächenmäßig nur eine geringfügig größere
Fläche als der alte Pfeiler 6. Auswirkungen auf das Makrozoobenthos lassen
sich dadurch nicht ableiten, zumal der Pfeiler selbst als Lebensstätte für verschiedene sessile Organismen fungiert.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Es treten keine betriebsbedingten Auswirkungen auf, da sich der Betrieb der
Brücke nicht ändert und die Gewässersohle durch das Öffnen und Schließen
der Brücke nicht beeinträchtigt wird.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Die Baggerungen führen zu umfangreichen Flächenbeanspruchungen und
zur Entnahme von Organismen in bisher unbebaggerten Bereichen. Die bebaggerte Fläche nimmt um 12.491 m² , also ca. 1,25 ha zu (Der Flächenverlust im Bereich der Friesenbrücke beträgt genau genommen 20.691 m². Da
jedoch in den Maßnahmenbereichen Leer und Papenburg eine positive Flächenbilanz von 8.200 m² entsteht, wird der Verlust makrobenthischen Lebensraumes auf 12.491 m² bilanziert), die im Wesentlichen aus der Verbreiterung der Fahrrinne im Maßnahmenbereich Friesenbrücke resultiert. Dabei
werden zukünftig Teile der besiedelten linken Randbereiche als Fahrrinne
genutzt. Dies bedeutet einen Qualitätsverlust der Flächen für das Makrozoobenthos, da die Fahrrinne nur für wenige Arten als Lebensraum dienen
kann.
Nach den Ergebnissen der im Jahr 2006/07 durchgeführten Bestanderfassungen des Makrozoobenthos liegt zwischen Jemgum (Terborg) und Papenburg ein degradiertes Artenspektrum mit geringen Abundanzen und Biomassen vor (IBL 2006/07). Dies ist vor allem durch den bestehenden Ausbauzustand der Ems (Fahrwasser) und der damit verbundenen regelmäßigen Wie-
297
derherstellung der Tiefe in den Fahrrinnen (Unterhaltsbaggerungen) bedingt.
Die Makrozoobenthosgemeinschaften in den Maßnahmenbereichen sind
vergleichsweise arten- und individuenarm. Die Unterschiede zwischen Fahrrinnenrand und Fahrrinne bezüglich der Artengemeinschaften sind sehr gering und nicht durch eine Wertstufe zu differenzieren.
Nach (Diekmann & Mosebach 2011) wird für den Emsabschnitt Friesenbrücke ein stark schwankendes Arteninventar von 25 Arten und Artengruppen
angegeben. 19 Arten sind Einmalbeobachtungen. Es dominieren Krebstiere
und Schlammröhrenwürmer (Tubificidae, Oligochaeta). Der Flohkrebs
Gammarus zaddachi ist die einzige relativ stetige Art (60% Präsenz) und ist
durch jahreszeitliche Wanderungen (Meurs & Zauke 1996) und hohe Reproduktionsraten gekennzeichnet. Für die Hunte geben Meurs & Zauke (1996)
an, dass ein Verhindern der Aufwanderung juveniler Tiere aus dem oligohalinen in den limnischen Bereich durch veränderte Strömungsverhältnisse deutlichere Auswirkungen haben wird, als eine zeitlich begrenzte Zerstörung von
Besiedlungssubstraten durch Baggermaßnahmen.
Die Gruppe der Tubificidae mit der Hauptart Limnodrilus hoffmeisteri wurden
in 50 % der Untersuchungsjahre genannt. Die Limnodrilus-Arten sind weit
verbreitet und haben keine besonderen Habitatansprüche. Ortega et al.
(1994) geben mögliche Bestandsdichten von 200.000 Ind./m² (Hamburger
Hafen) an. Im Bereich Friesenbrücke wurden die Tubificiden während der in
der UVU herangezogenen Bestandsaufnahmen (1990 – 2007) über den gesamten Gewässerquerschnitt gefunden. Mit einem Höchstwert von ca. 700
Ind./m² ist das Niveau generell sehr gering. Die höchsten Gesamtabundanzen zeigen sich im Bereich der Fahrwasserränder. Bereiche mit durchgängig
sehr geringer Dichte sind die Fahrwassermitte und der linke Gezeitenbereich.
Auf Höhe der Friesenbrücke werden Teile des linken Fahrwasserrandes mit
großer Schnitttiefe ausgeräumt. Die Makrozoobenthosbesiedlung verschwindet, die beanspruchten Flächen werden beträchtlich tiefer. Nach der Maßnahme werden die ehemaligen Randbereiche durch die im Durchschnitt ar-
298
ten- und individuenärmere Benthosgemeinschaft der Fahrrinne wiederbesiedelt.
Da die Unterschiede zwischen Fahrrinne und linkem Fahrwasserrand aber
nicht ausreichend sind, um sich in unterschiedlichen Wertstufen widerzuspiegeln, behalten die Sublitoralflächen des linken Fahrrinnenbereichs ihre
geringe Wertigkeit (Wertstufe 2) auch nach Durchführung der Baumaßnahme. Der dauerhafte und ersatzlose Verlust ist aus gutachterlicher Sicht daher
für das Makrozoobenthos als geringe Beeinträchtigung zu bewerten. Die
Planfeststellungsbehörde schließt sich dieser Auffassung an.
In den Maßnahmenbereichen in denen die Fahrrinne lediglich vertieft wird
(Papenburg, DEK-km 225,8 - Ems-km 0,5 sowie Emden Ems 31,0 – 37,0
bzw. Ems-km 40,0 – 40,5) geht die Planfeststellungsbehörde von einer
schnellen Wiederbesiedlung durch eine Opportunistengemeinschaft aus. In
den Maßnahmenbereichen, in denen die Fahrrinne verlagert wird (Papenburg, Ems-km 0,3 – 1,3 sowie Leer Ems- km 14,4 – 15,9), findet zwar ein
Flächenverlust bisher unbebaggerter Bereiche statt, jedoch wird sich mittelfristig im ehemaligen, zukünftig nicht mehr unterhaltenen Fahrrinnenbereich
eine neue Gemeinschaft etablieren. Daher sieht es die Planfeststellungsbehörde als sehr unwahrscheinlich an, dass sich durch die Vertiefung und Verlagerung der Fahrrinne, auch wegen der vorhandenen degenerierten Makrozobenthosgemeinschaften, die bestehenden Verhältnisse deutlich verändern.
Neben dem beschrieben Verlust der Biozönosen (Ausräumen) als direkte
Folge der Baggerungen, treten indirekte Auswirkungen auf die verbleibenden
Biozönosen infolge erhöhter Schwebstoffgehalte/Sedimentationen durch die
Trübungsfahne der Baggerungen auf. Angesichts des ohnehin hohen
Schwebstoffgehaltes in der Unterems wird die vorhabensbedingte, zeitlich
befristete erhöhte Trübung nach Ansicht der Planfeststellungsbehörde nicht
zu deutlichen Veränderungen in der Besiedlung führen, da einerseits keine
Arten in der Tideems vorkommen, die auf erhöhte Trübungen empfindlich
reagieren und andererseits die vorhabensbedingten Trübungen in Bezug zur
bereits vorhandenen Schwebstofffracht kaum ins Gewicht fallen. Maßgeben-
299
de negative Auswirkungen auf das Makrozoobenthos infolge erhöhter
Schwebstoffgehalte/Sedimentationen durch die Trübungsfahne der Baggerungen sind auch unter Berücksichtigung der bereits durchgeführten Maßnahmen nicht zu erwarten.
Außer durch die Baggerarbeiten waren auch Auswirkungen durch die Verklappungs- bzw. Umlagerungstätigkeiten möglich. Generell verursachen Verklappung höhere Trübungen, die filtrierende Organismen beeinträchtigen
können. Für sessile und wenig mobile Arten besteht außerdem die Gefahr
einer Überdeckung, aus der sich die Tiere nicht befreien können. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass die ausbaubedingte zusätzliche Unterbringung von Baggergut auf den Klappstellen 5 und 7 aufgrund der Geringfügigkeit (ca. 1 % der Jahresgesamtmenge) zusätzliche ökologische Auswirkungen auf das System verursachen hat. Angesichts einer durchschnittlich jährlich anfallenden Gesamtmenge von über 5 Mio m³, die auf die beiden Klappstellen verbracht wurde, fallen die vorhabensbedingt anfallenden Verklappmengen von 0,09 Mio m³ kaum ins Gewicht. Die Planfeststellungsbehörde
rechnet nicht mit zusätzlichen Auswirkungen, die sich isoliert auf das beantragte Vorhaben ergeben. Die zusätzliche Schiffsverkehre durch die Baggerungen und Verklappungen im Maßnahmebereich Emden, der hier relevant
ist, sind aufgrund der geringen Anzahl (ca. 60 Schiffsbewegungen für die
Erstbaggerungen und ca. 40 Schiffsbewegungen für die wiederkehrenden
Unterhaltungsbaggerungen) im Vergleich zum derzeitigen Schiffsverkehr (ca.
10.000 – 11.000 Schiffsbewegungen pro Jahr) von untergeordneter Bedeutung.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Nach Durchführung der Baggerungen (Herstellung der jeweils benötigten
Fahrrinnentiefe) stellen sich - analog den bereits bisher durchgeführten Baggerungen - nach und nach die ursprünglichen hydro- und morphologischen
Verhältnisse insbesondere infolge der dynamischen Vorgänge des Schwebstoffe und Sedimenteintrages wieder ein. Durch die veränderten Tidewasserstände und dem veränderten Stofftransport kann zu räumlichen und zeitli-
300
chen Änderungen des Verteilungsmusters der benthischen Arten kommen.
Diese sind jedoch, wenn überhaupt nur lokal zu erwarten, da die von der
BAW prognostizierten ausbaubedingten Veränderungen relativ gering und in
der Natur nur schwer nachzuweisen sind. Zusätzliche nachteilige Auswirkungen auf das Makrozoobenthos werden dadurch nicht erwartet, jedoch werden
die negativen Folgen früherer Ausbauvorhaben durch die beantragte Maßnahme weiter fortgesetzt.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Die Unterhaltungsbaggerungen verhindern die Etablierung stabiler Zönosen
in den betroffenen Bereichen. Die baubedingten Auswirkungen bleiben prinzipiell über einen langen Zeitraum erhalten. Auch wenn die Unterhaltungsbaggermengen nur 2/3 der Ausbaubaggermenge betragen, und die erforderlichen Tiefen nicht ständig vorgehalten werden, wird die Ausbildung einer
langlebiger Lebensgemeinschaften unterbunden. Im Maßnahmenbereich
Friesenbrücke (Ems-km 6,2 – 7,6) führt die Unterhaltungsbaggerung somit
zu einem dauerhaften Flächenverlust unbebaggerter Bereiche von 12.491 m²
Größe. Da jedoch in diesem Bereich bereits im Ist-Zustand keine etablierte
Zönose, sondern nur eine Opportunistengemeinschaft vorhanden ist, die sich
kurzfristig nach der Baggerung wieder einstellt, wird dieser Flächenverlust
nach Ansicht der Planfeststellungsbehörde nicht zu Besiedlungsänderungen
führen. Dies gilt ebenfalls für die übrigen Maßnahmenbereiche (siehe baubedingte Auswirkungen.) Auch in Bezugnahme auf die vorgenannten Ausführungen zu den baubedingten Auswirkungen bei den Verklappungstätigkeiten
sind bei den Unterhaltsbaggerungen keine relevanten negativen Auswirkungen auf das Makrozoobenthos zu erwarten, da die Verklappungsmengen im
Vergleich zu den jährlich verbrachten Klappmengen sehr gering sind.
3.1.1.5.2
Pflanzen
Beschreibung der Ist-Situation
Datengrundlage
301
Die
Bestandsaufnahme
der
Naturausstattung
(Biotoptypen-/Nutzungs-
kartierung) erfolgte durch Geländebegehungen im September/Oktober 2006.
Ergänzend wurden Daten der Biotopkartierung des Niedersächsischen Umweltministeriums mit Stand September 2006 ausgewertet. Zum Bestand an
geschützten Biotopen im Untersuchungsraum erfolgte eine Abfrage bei den
Unteren Naturschutzbehörden. Eine Bezugsgrundlage bildeten außerdem die
Biotoptypenkartierungen der Bereiche um die Jann-Berghaus-Brücke (regionalplan & uvp 2006) und der Außendeichsflächen an der Ems von IBL (1994,
1997).
Für die Verbreitung gefährdeter und/oder besonders geschützter Pflanzenarten in den Untersuchungsbereichen erfolgte eine Erfassung während der Biotoptypenkartierung im September/Oktober 2006. Die Artenerfassungen erfolgten gemäß den Erfassungsvorgaben des Niedersächsischen Pflanzenarten-Erfassungsprogramms (Schacherer 2001). Darüber hinaus wurden Meldebögen zur Erfassung von Arten der Roten Liste Gefäßpflanzen in Niedersachsen vom NLÖ bzw. NLWKN aus den Jahren 1993 bis 2004 ausgewertet.
Mit den Planfeststellungsunterlagen K 6 und K 7 wurden vegetationskundliche Bestandserfassungen und pflanzensoziologische Untersuchungen nach
Braun-Blanquet (1964) für den Maßnahmenbereich Jann-Berghaus-Brücke
vorgelegt.
Ist-Zustand
Die nachfolgende Beschreibung des Ist-Zustandes erfolgt mit dem Schwerpunkt besonders geschützter Lebensräume, Biotope und Arten. Zu weitergehenden Beschreibungen des Ist-Zustandes wird auf die UVU verwiesen.
302
Maßnahmenbereich Papenburg
Im Bereich Papenburg sind Biotoptypen aus sieben Obergruppen vorhanden,
die sich jeweils in verschiedene Haupt- und Untereinheiten aufgliedern. Den
größten Flächenanteil nehmen gehölzfreie Biotope der Ufer und Grünlandbiotope ein, daneben finden sich Biotope aus den Gruppen Gebüsche und
Kleingehölze, Meer und Meeresküsten, Gewässer, Ruderalfluren sowie Siedlungsbiotope. Die Biotoptypen sind oftmals mosaikartig miteinander verzahnt.
Bei kleinräumigem Vorkommen lassen sie sich teilweise nicht sinnvoll voneinander abgrenzen. Die Ufer der Ems sind im untersuchten Bereich durchgehend mit Steinschüttungen befestigt.
Geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG
(früher § 28a / 28b NNatG)
Es sind verschiedene geschützte Biotoptypen vorhanden. Dabei handelt es
sich einerseits um Röhrichte und Großseggenrieder und andererseits um
Grünlandbiotope. Röhrichte liegen in unterschiedlicher Ausprägung vor:
Schilf-Landröhricht (NRS), Wasserschwaden-Landröhricht (NRW) und Kalmus-Landröhricht (NRZ). Die Schilfröhrichte finden sich insbesondere im
Norden des Westufers in Vergesellschaftung mit Uferstaudenfluren, die im
Komplex mit den Röhrichten ebenfalls in den Schutz nach § 30 BNatSchG
und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG einbezogen werden. Wasserschwadenröhrichte treten an beiden Ufern vorwiegend auf Flächen mit Grünlandnutzung
auf und bilden aus diesem Grund nur zeitweilig eine Röhrichtstruktur aus. Am
Ostufer kommen kleinflächig Röhrichte aus Kalmus vor. Stellenweise finden
sich innerhalb der Grünlandbiotope Dominanzbestände von Seggen, die als
Großseggenrieder (NSG) ebenfalls unter den Schutz nach § 30 BNatSchG
und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG fallen. Die Grünländer sind oftmals als Flutrasen (GFF) ausgebildet, häufig mit einem hohen Wasserschwaden-Anteil.
Teilweise sind sie zudem seggen- und binsenreich (GNF). Flutrasen können
nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG den Naturnahen regelmäßig überschwemmten Bereichen zugeordnet werden, die ebenfalls zu
den gesetzlich geschützten Biotopen zählen.
303
FFH-Lebensraumtypen
Der untersuchte Bereich liegt außerhalb von FFH-Gebieten. Die Uferstaudenfluren der Stromtäler (NUT) sind, sofern sie nicht von Nitrophyten wie der
Großen Brennnessel (Urtica dioica) oder Neophyten dominiert werden, dem
FFH-Lebensraumtyp 6430 „Feuchte Hochstaudensäume der planaren bis
alpinen Stufe“ zuzuordnen. Im Bereich Papenburg sind diese kleinräumig mit
Röhrichten vergesellschaftet, die keinem LRT-Typ zugeordnet werden. Weitere FFH-Lebensraumtypen sind im Außendeichsbereich nicht vorhanden.
Gefährdete und besonders geschützte Pflanzenarten
Im Bereich Papenburg konnten zwei gemäß der Roten Liste (Garve 2004)
gefährdete und eine nach § 7 Nr. 13 BNatSchG BNatSchG besonders geschützte Pflanzenart nachgewiesen werden. Alle Arten wurden ausschließlich auf der Ostseite der Ems nachgewiesen. Die am häufigsten anzutreffende gefährdete Art ist die Sumpfdotterblume (Caltha palustris), die im Bereich
der Feucht- bzw. Nasswiesen und teilweise in unmittelbarer Ufernähe vorkommt. Die Individuendichte ist mit insgesamt weniger als 50 Exemplaren als
gering einzustufen. Als weitere gefährdete Art kommt die Geflügelte Braunwurz (Scrophularia umbrosa ssp. umbrosa) mit zwei Exemplaren am Ufer
nahe der Hafeneinfahrt vor. Die besonders geschützte Sumpf-Schwertlilie
(Iris pseudacorus) tritt an zwei Standorten auf. Im Süden ist sie in unmittelbarer Ufernähe mit wenigen Trieben vorhanden, im nördlichen Untersuchungsgebiet kommt sie in einem von Wasserschwaden dominierten Bereich auf ca.
2 m² vor.
Als Vorbelastungen treten starke anthropogene Überformungen wie der Ausbau der Wasserstraße und weit reichende Uferbefestigungen auf, die die
Entwicklung einer natürlichen Abfolge der ufertypischen Biotoptypen unterbinden.
Maßnahmenbereich Friesenbrücke
Der Bereich Friesenbrücke wird von Biotoptypen aus sieben Obergruppen
eingenommen, die sich jeweils in verschiedene Haupt- und Untereinheiten
aufgliedern. Den größten Flächenanteil nehmen wiederum gehölzfreie Biotope der Ufer und Grünlandbiotope ein, daneben finden sich Biotope aus den
304
Gruppen Wälder, Gebüsche und Kleingehölze, Meer und Meeresküsten,
Gewässer sowie Siedlungsbiotope. Am Westufer ist nur eine geringe Biotopvielfalt vorhanden, während am Ostufer zahlreiche Biotopstrukturen in
kleinräumigem Wechsel vorkommen. Ähnlich wie im Bereich Papenburg sind
die Biotoptypen hier oftmals mosaikartig miteinander verzahnt und lassen
sich bei kleinräumigem Vorkommen teilweise nicht sinnvoll voneinander abgrenzen. Die Ufer der Ems sind im Westen vollständig und im Osten überwiegend mit Steinschüttungen befestigt.
305
Geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG
(früher § 28a / 28b NNatG)
Die Ostseite der Ems wird zum überwiegenden Anteil von verschiedenen
geschützten Biotopen eingenommen, während auf der Westseite nur ein
kleiner Bereich unter den gesetzlichen Schutz fällt. Dabei handelt es sich um
ein Schilfröhricht (NRS), das von Uferstaudenfluren durchsetzt ist und an
dessen Rand Gehölzpflanzungen vorgenommen wurden. Auf der Ostseite
besteht ein Mosaik aus geschützten Biotopen aus verschiedenen Röhrichten,
Großseggenriedern,
Grünlandbiotopen
und
Weiden-Auwald
bzw.
-
Auengebüsch. Am stärksten verbreitet sind Röhrichte und unter diesen die
Schilf-Landröhrichte (NRS). Außerdem finden sich WasserschwadenLandröhricht (NRW), Rohrglanzgras-Landröhricht (NRG) und RohrkolbenLandröhricht (NRR). Letztere treten nur kleinflächig im Süden auf, die übrigen sind zerstreut entlang der gesamten Uferlinie zu finden. Innerhalb der
Röhrichte gelegene Uferstaudenfluren werden im Komplex ebenfalls in den
Schutz nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG einbezogen.
Stellenweise bilden Seggen Dominanzbestände, die als Großseggenrieder
(NSG) ebenfalls unter den Schutz nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2
NAGBNatSchG fallen. Beidseitig der Friesenbrücke finden sich darüber hinaus gesetzlich geschützte seggen- und binsenreiche Flutrasen (GNF) in größerer Ausdehnung, im Norden befindet sich ein Flutrasen (GFF) mit einem
hohen Wasserschwaden-Anteil. Die vorkommenden Weiden-Auengebüsche
(BAT) und die fragmentarischen Ausprägungen von Weiden-Auenwald
(WWT) sind auch bei Unterschreiten der Mindestgröße aufgrund der Lage
innerhalb eines geschützten Biotopkomplexes in den Schutz nach § 30
BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG einbezogen. Des Weiteren sind
auf der Ostseite zwischen den Buhnen teilweise Flächen mit Flusswatt ohne
Vegetation höherer Pflanzen (FWO) vorhanden, die die für die Einstufung als
geschütztes Biotop erforderliche Mindestbreite und -größe des regelmäßig
trockenfallenden Bereichs überschreiten.
306
FFH-Lebensraumtypen
Der untersuchte Bereich liegt außerhalb von FFH-Gebieten. Die Uferstaudenfluren der Stromtäler (NUT) sind, sofern sie nicht von Nitrophyten wie der
Großen Brennnessel (Urtica dioica) oder Neophyten dominiert werden, dem
FFH-Lebensraumtyp 6430 „Feuchte Hochstaudensäume der planaren bis
alpinen Stufe“ zuzuordnen. Im Bereich der Friesenbrücke sind diese kleinräumig mit Röhrichten vergesellschaftet, die keinem LRT-Typ zugeordnet
werden. Die übrigen Röhrichte im Süßwasser-Tidebereich sowie auch die
Flächen mit Flusswatt gehören zwar fakultativ zum LRT 1130 „Ästuarien“,
d. h. sie sind für sich betrachtet nicht Bestandteil des LRT 1130, können aber
einbezogen werden. Dies ist nach jetzigem Kenntnisstand im Wesentlichen
aber nur dann der Fall, wenn ein Süßwasser-Tidebereich Teil eines im vollständigen Zusammenhang aus Süßwasser- und Brackwasserabschnitten
gemeldeten Ästuars ist (s. DRACHENFELS: www.nlwkn.niedersachsen.de/
master/C6382722_N14045586_L20_DO_I5231158.html, Änderung des Kartierschlüssels vom 05.11.2004) Da diese Voraussetzung im Bereich Friesenbrücke nicht erfüllt ist, werden die Röhrichte nicht dem LRT 1130 zugeordnet
(vgl. aber Röhrichte im Bereich der Jann- Berghaus- Brücke).
Weiden-Auenwälder (WW) können - auch ohne Beimischung von Erle
und/oder Esche - dem prioritären Lebensraumtyp 91E0 „Erlen-/Eschenwald
und Weichholzauenwald an Fließgewässern“ zugeordnet werden. Da diese
Auenwälder jedoch täglich mit der Tide überflutet werden und nicht periodisch innerhalb eines Jahres, zählen sie nicht zu diesem prioritären Lebensraumtyp. So hat die Europäische Kommission das Vorkommen dieses Lebensraumtyps an dieser Stelle verneint (Schreiben der Kommission an die
Bundesregierung vom 06. Mai 1999, zitiert nach Emssperrwerk-Urteil des
Nds. OVG vom 02.12.2004). Weiden-Auengebüsch (BAT) wird als Pionierstadium wie auch als Degradationsstadium von SSYMANK et al. (1998)
ebenfalls dem prioritären LRT 91EO „Erlen-/Eschenwald und Weichholzauenwald an Fließgewässern“ zugeordnet. In Niedersachsen werden Weiden-Auengebüsche indes nicht dem oben genannten LRT zugeordnet (vgl.
DRACHENFELS 2004). Die Überflutung erfolgt in den meisten Fällen entsprechend der Lage im Ästuar mit der Tide. Nach dem „Interpretation Manual
307
of European Habitats“ sind Weichholzbestände, die tiderhytmisch täglich
überflutet werden nicht dem prioritären LRT 91E0 zuzuordnen. Kriterium für
die Abgrenzung von Weichholzauenwäldern sind periodische Überschwemmungen, d. h. eine vom Wechsel der Jahreszeiten abhängige Überflutungsdynamik.
Gefährdete und besonders geschützte Pflanzenarten
Im Bereich Friesenbrücke konnten eine gemäß der Roten Liste (GARVE
2004) gefährdete und eine nach § 7 Nr. 13 BNatSchG BNatSchG besonders
geschützte Pflanzenart nachgewiesen werden. Beide Arten wurden ausschließlich auf der Ostseite der Ems festgestellt. Verbreitet anzutreffen ist
hier die gefährdete Sumpfdotterblume (Caltha palustris), die im Bereich der
Feucht- bzw. Nasswiesen und teilweise innerhalb der Röhrichte beidseitig der
Friesenbrücke mit jeweils mehreren hundert Exemplaren vorkommt. Insgesamt sind mehr als eintausend Exemplare dieser Art im betrachteten Bereich
vorhanden. Die besonders geschützte Sumpf-Schwertlilie (Iris pseudacorus)
tritt an zwei Standorten nördlich der Friesenbrücke auf. Innerhalb eines Wasserschwaden-Röhrichtes kommt sie mit ca. 4 m² vor, an einem weiter nördlich gelegenen Standort mit weniger als 1 m².
Auch hier wirken als Vorbelastung die starke anthropogene Überformung und
der Ausbau der Wasserstraße mit weitreichenden Uferbefestigungen, die die
Entwicklung einer natürlichen Abfolge der ufertypischen Biotoptypen unterbinden. Es sind nur in sehr geringem Umfang Wattflächen ausgebildet.
Maßnahmenbereich Jann- Berghaus- Brücke
Der Bereich Jann-Berghaus-Brücke wird von Biotoptypen aus sechs Obergruppen eingenommen, die sich jeweils in verschiedene Haupt- und Untereinheiten aufgliedern. Den größten Flächenanteil nehmen gehölzfreie Biotope der Ufer und Grünlandbiotope ein, daneben finden sich Biotope aus den
Gruppen Wälder, Gebüsche und Kleingehölze, Meer und Meeresküsten,
Gewässer sowie Siedlungsbiotope.
Die Biotopvielfalt und Naturnähe ist am Ostufer stärker ausgeprägt, hier
kommen die Bestände häufig in kleinräumig verzahnten Mosaikstrukturen
308
vor. Die Ufer der Ems sind auf beiden Seiten, auch bis in die Leda-Mündung
hinein, mit Steinschüttungen befestigt.
Geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG
(früher § 28a / 28b NNatG)
Die Ostseite der Ems wird zum überwiegenden Anteil von verschiedenen
geschützten Biotopen eingenommen. Auf der Westseite sind die Flächen, die
unter den gesetzlichen Schutz fallen, kleiner. Dabei handelt es sich um die
vorkommenden Weiden-Auengebüsche (BAT) im nördlichen Bereich sowie
die beiden Stillgewässer (SEZ) im südlichen Teil.
Auf der Ostseite gibt es ein Mosaik aus geschützten Biotopen aus verschiedenen Röhrichten, Großseggenriedern, und Nassgrünlandbiotopen. Am
stärksten verbreitet sind Schilf-Landröhrichte (NRS). Außerdem finden sich
Wasserschwaden-Landröhricht
(NRW)
und
Rohrglanzgras-Landröhricht
(NRG).
Stellenweise bilden Seggen Dominanzbestände, die als Großseggenrieder
(NSG) ebenfalls unter den Schutz nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2
NAGBNatSchG fallen. Beidseitig der Jann-Berghaus-Brücke finden sich darüber hinaus geschützte seggen- und binsenreiche Flutrasen (GNF) auf mehreren kleinen Flächen.
Auf beiden Uferstreifen sind Flächen mit Flusswatt ohne Vegetation höherer
Pflanzen (FWO) vorhanden, die durchgehend die für die Einstufung als geschütztes Biotop erforderliche Mindestbreite und -größe des regelmäßig trockenfallenden Bereichs überschreiten.
FFH-Lebensraumtypen
Da der Bereich der Jann-Berghaus-Brücke zum FFH-Gebiet Unterems und
Außenems gehört, also in engem Zusammenhang zu sehen ist mit dem Gesamtbereich des Unterems-Ästuars, sind die hier vorkommenden Schilfröhrichte dem Lebensraumtyp 1130 „Ästuarien“ zuzuordnen. Grundsätzlich gehören hierzu auch der Biotoptyp Flusswatt und Flusswatt-Röhricht.
309
Gefährdete und besonders geschützte Pflanzenarten
Im Bereich Jann-Berghaus-Brücke konnte gemäß der Roten Liste (Garve
2004) keine gefährdete sondern lediglich eine Art der Vorwarnliste nachgewiesen werden. Es handelt sich um ausgedehnte Bestände der RoggenGerste (Hordeum secalinum) am Deichfuß und auf dem Deich.
Maßnahmenbereich Emden
Petkumer und Nendorper Deichvorland sowie Vorland bei Pogum/Ditzum
und Hafenbereich Emden
Zum Untersuchungsbereich Emden gehören im terrestrischen Bereich die
Naturschutzgebiete (NSG) „Petkumer Deichvorland“ und „Nendorper Deichvorland“. Diese Schutzgebiete sind großflächig geprägt von naturnahen
Salzwiesen- und Ästuar-Salzwiesenbiotopen. Hinzu kommen in ungenutzten
Bereichen ausgedehnte Röhrichte, die großenteils von Schilf (Phragmites
australis) dominiert werden, teilweise aber auch von der Strandsimse (Bolboschoenus maritimus) geprägt sind. Nur stellenweise treten in deichnahen,
höher gelegenen Flächen Biotoptypen des Intensivgrünlandes auf.
Im Uferbereich der Ems kommen ausgedehnte Brackwasser-Wattflächen
vor, deren Breite unterschiedlich ist und von der Ausdehnung und Nähe des
Fahrwassers abhängt.
Geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG
(früher § 28a / 28b NNatG)
Das gesamte Spektrum der Salzwiesen- und Brackwasser-Biotoptypen gehört zu den nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG besonders
geschützten Biotopen. Hierzu gehören auch die Bereiche des Brackwasserwatts.
310
FFH-Lebensraumtypen
Die im Gebiet vorhandenen Biotoptypen sind den Lebensraumtypen 1130
„Ästuarien“ und 1330 „Atlantische Salzwiesen“ (Glauco-Puccinellietalia maritimae) zuzuordnen. Lediglich die Teil-Flächen mit Intensivgrünland sind davon ausgenommen.
Gefährdete und besonders geschützte Pflanzenarten
Im Bereich Emden (Nendorper und Petkumer Deichvorland) konnten 4 Arten
der Roten Liste (GARVE 2004) nachgewiesen werden, die alle in die Kategorie „gefährdet“ eingestuft sind: Laugenblume (Cotula coronopifolia), Sardischer Hahnenfuß (Ranunculus sardous), Sumpf-Dreizack (Triglochin palustre) und Niederliegender Krähenfuß (Coronopus squamatus). Darüber hinaus
kommt mit der Roggen-Gerste (Hordeum secalinum) eine Art der Vorwarnliste vor.
Auch in diesen Bereichen sind als Vorbelastungen die über weite Strecken
vorhandenen Steinschüttungen am Ufer zu nennen, die einer natürlichen Zonierung der ufernahen Biotope entgegenstehen.
In der folgenden Tabellen geben eine Übersicht der gemäߧ 30 BNatSchG
und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG besonders geschützten Biotope / besonders
geschützten Feuchtgrünländer, der FFH-Lebensraumtypen sowie der gefährdeten und besonders geschützten Pflanzenarten.
Übersicht der besonders geschützten Biotope / Feuchtgrünländer nach § 30
BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG (bzw. § 28a / 28b NNatG (aF)) in den
einzelnen Maßnahmenbereichen
Biotoptyp-
Biotoptyp
kürzel
Papen-
Friesen-
Jann-
burg
brücke
Berg-
Emden
hausBrücke
Brackwasserwatt
KBO
ohne Vegetation
X
höherer Pflanzen
KBR
Röhricht des Brackwas-
X
311
Biotoptyp-
Biotoptyp
Papen-
Friesen-
Jann-
burg
brücke
Berg-
Emden
haus-
kürzel
Brücke
serwatts
KPB
KHU
KHO
KHQ
KHF
KRP
KRS
KRH
FWO
Brackwasser-
Untere Salzwiese,
Obere Salzwiese, struk-
Quecken- und Distelflur
Salzwiese der Ästuare
NSG
GNF
X
Schilfröhricht der
X
Brackmarsch
Strandsimsen-Röhricht
X
der Brackmarsch
Hochstaudenröhricht
X
der Brackmarsch
Flusswatt ohne Vegetation höherer Pflanzen
Schilf-Landröhricht
NRR
X
der oberen Salzwiese
NRS
NRG
X
turreich
Flusswatt-Röhricht
NRZ
X
strukturreich
FWR
NRW
X
Marschpriel
WasserschwadenLandröhricht
Sonstiges Landröhricht
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Landröhricht
Rohrkolben-
X
Landröhricht
seggenried
Seggen- und binsenreiche Flutrasen
X
X
Rohrglanzgras-
Nährstoffreiches Groß-
X
X
X
X
X
X
X
312
Biotoptyp-
Biotoptyp
Papen-
Friesen-
Jann-
burg
brücke
Berghaus-
kürzel
GFF
Brücke
Flutrasen
X
X
Typisches Weiden-
BAT
X
Auengebüsch
WWT
Emden
Tide-Weiden-Auenwald
X
Übersicht der FFH-Lebensraumtypen in den einzelnen Maßnahmenbereichen
JannFFH-Lebensraumtyp
Papen-
Friesen-
Berg-
burg
brücke
haus-
Emden
Brücke
Uferstaudenfluren der Stromtäler
(NUT)
= LRT 6430 „Feuchte Hochstauden-
X
X
X
säume der planaren bis alpinen Stufe“
Schilf-Landröhricht (NRS)
= LRT 1130 „Ästuarien“
X
Flusswatt ohne Vegetation höherer
Pflanzen (FWO)
X
= LRT 1130 „Ästuarien“
Flusswatt-Röhricht (FWR)
X
= LRT 1130 „Ästuarien“
Brackwasserwatt ohne Vegetation
höherer Pflanzen (KBO)
X
= LRT 1130 „Ästuarien“
Röhricht des Brackwasserwatts (KBR)
X
= LRT 1130 „Ästuarien“
Brackwasser-Marschpriel (KPB)
X
= LRT 1130 „Ästuarien“
313
JannFFH-Lebensraumtyp
Papen-
Friesen-
Berg-
burg
brücke
haus-
Emden
Brücke
Untere Salzwiese, strukturreich
(KHU)
X
= LRT 1330 „Atlantische Salzwiesen“
Obere Salzwiese, strukturreich (KHO)
X
= LRT 1330 „Atlantische Salzwiesen“
Quecken- und Distelflur der oberen
Salzwiese (KHQ)
X
= LRT 1330 „Atlantische Salzwiesen“
Salzwiese der Ästuare (KHF)
X
= LRT 1330 „Atlantische Salzwiesen“
Schilfröhricht der Brackmarsch (KRP)
X
= LRT 1130 „Ästuarien“
Strandsimsen-Röhricht der Brackmarsch (KRS) = LRT 1130 „Ästuarien“
Hochstaudenröhricht der Brackmarsch
(KRH) = LRT 1130 „Ästuarien“
X
X
314
Übersicht der gefährdeten/ besonders geschützten Pflanzenarten in den einzelnen
Maßnahmenbereichen
G efährdungs P flanzenart
J ann-
kategorie /
P apen-
Fries en-
B erg-
S chutzs tatus
burg
brücke
haus -
E mden
B rücke
Sumpfdotterblume
(Caltha palustris)
Sumpf-Schwertlilie
(Iris pseudacorus)
RL 3
X
X
§
X
X
RL 3
X
Geflügelte Braunwurz
(Scrophularia
umbrosa ssp.
umbrosa)
Laugenblume
(Cotula
RL 3
X
coronopifolia)
Roggen-Gerste
(Hordeum
V
X
X
secalinum)
Sardischer Hahnenfuß
(Ranunculus
RL 3
X
RL 3
X
RL 3
X
sardous)
Sumpf-Dreizack
(Triglochin palustre)
Niederliegender
Krähenfuß
(Coronopus
squamatus)
Erläuterung: Gefährdungs-Kategorien gemäß der Roten Liste in der RoteListe-Region Küste:
RL 3 = gefährdet, V = Art der Vorwarnliste
§ = gesetzlich besonders geschützte Art gemäß § 7 Nr. 13 BNatSchG
315
Bewertung des Ist-Zustandes
Für die Einstufung der Bedeutung der Biotoptypen wurden auf der Grundlage
des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Leitfaden
zur Umweltverträglichkeitsstudie an Bundeswasserstraßen, Stand 1996), der
„Leitlinie Naturschutz und Landschaftspflege in Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz“ (Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2002) und der „Wertstufen und Regenerationsfähigkeit
der Biotoptypen in Niedersachsen“ (vgl. Bierhals et al. 2004) folgende Kriterien herangezogen:
•
Natürlichkeit des Biotoptyps
•
Zeitliche und räumliche Wiederherstellbarkeit nach Verlust oder Beeinträchtigung
•
Seltenheit und Gefährdung des Biotoptyps (z. B. Schutzkategorie nach §
30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG), Lebensraumtyp nach
FFH-Richtlinie
•
Repräsentanz des Biotoptyps
Jann-Berghaus-Brücke
Im Bereich der Baumaßnahme sind sowohl Biotope mit geringer (Intensivgrünland feuchter Ausprägung), mittlerer, hoher und sehr hoher Bedeutung
(Schilf-Landröhricht) vorhanden. Der letztgenannte Biotoptyp ist sehr nahe
am historischen Referenzzustand. Daneben dominieren Grünlandbereiche
mit unterschiedlicher Wertigkeit.
Das Teilgebiet hat insgesamt für die Biotoptypen eine geringe bis kleinräumig
sehr hohe Bedeutung (Wertstufe 2-5).
Maßnahmenbereich Papenburg
Es sind beidseitig der Ems sowohl Biotoptypen mit mittlerer Bedeutung als
auch solche mit hoher und sehr hoher Bedeutung vorhanden. Typische natürliche und naturnahe Biotoptypen, zu denen Röhrichtflächen sowie extensiv
landwirtschaftlich genutzte, artenreichere Feucht- bzw. Nassgrünlandflächen
zählen, treten insbesondere im Norden beidseitig der Ems auf. Diese Biotoptypen sind sehr nahe am historischen Referenzzustand. Im Übrigen domi-
316
nieren vorwiegend bedingt naturnahe artenarme Grünlandflächen. Die beidseitig auf gesamter Länge vorhandenen Uferbefestigungen unterbinden eine
natürliche Vegetationsabfolge.
Das Teilgebiet hat insgesamt für die Biotoptypen eine mittlere bis hohe Bedeutung (Wertstufe 3-4).
Maßnahmenbereich Friesenbrücke
Das Westufer dieses Teilraumes dominieren Biotoptypen mit mittlerer Bedeutung. Am Ostufer sind vornehmlich Biotoptypen mit sehr hoher Bedeutung
vorhanden. Die Biotoptypen sind am Westufer dieses Teilgebietes überwiegend nur bedingt naturnah und zeigen deutliche Abweichungen vom historischen Referenzzustand. Auf weiten Flächen am Ostufer befindet sich eine
naturnahe bzw. natürliche Vegetationsentwicklung, die sehr nahe am historischen Referenzzustand ist, die weitreichenden Uferbefestigungen unterbinden jedoch eine natürliche Vegetationsabfolge.
Das Teilgebiet hat am Westufer insgesamt eine mittlere Bedeutung (Wertstufe 3) und am Ostufer insgesamt eine hohe Bedeutung (Wertstufe 4) für die
Biotoptypen.
Maßnahmenbereich Jann- Berghaus- Brücke
Auf der Westseite dieses Teilraumes dominieren Biotoptypen mit mittlerer
Bedeutung. Am Ostufer sind großflächig Biotoptypen mit hoher bis sehr hoher Bedeutung vorhanden. Die Biotoptypen sind am Westufer dieses Teilgebietes teilweise nur bedingt naturnah und zeigen deutliche Abweichungen
vom historischen Referenzzustand. Auf weiten Flächen am Ostufer gibt es
eine naturnahe bzw. natürliche Vegetationsentwicklung, die dem Leitbild angenähert ist. Die weitreichenden Uferbefestigungen unterbinden jedoch im
Uferbereich eine natürliche Vegetationsabfolge.
Das Teilgebiet hat am Westufer insgesamt eine mittlere Bedeutung (Wertstufe 3) und am Ostufer insgesamt eine hohe Bedeutung (Wertstufe 4) für die
Biotoptypen.
317
Bereich Emden
In allen drei Teilgebieten des Bereichs Emden (Petkumer Deichvorland,
Nendorper Deichvorland, und Vorland bei Ditzum/Pogum) überwiegen Biotoptypen mit hoher und sehr hoher Bedeutung. Insbesondere alle Biotoptypen des Brackwasserbereichs haben innerhalb des Ems-Ästuars hier ihren
Verbreitungsschwerpunkt. Zu den typischen natürlichen und naturnahen Biotoptypen gehören vor allem die beiderseits der Ems vorkommenden ausgedehnten Brackwasserröhrichte, die an einigen Stellen auch wattseitig die natürliche Primärbesiedlung bilden. In den genutzten Bereichen überwiegen
Ästuar-Salzwiesen und mit typischen Elementen der unteren und oberen
Salzwiesen des Küstenbereichs.
Besonders hervorzuheben ist für den gesamten Bereich die großflächigen
und zahlreichen Vorkommen von seltenen Arten.
Das Teilgebiet hat insgesamt für die Biotoptypen eine hohe bis sehr hohe
Bedeutung (Wertstufe 4-5).
Die Ergebnisse der Bewertung der einzelnen Teilgebiete nach der 5-stufigen
Werteskala auf der Grundlage der vorkommenden Biotoptypen sind nachfolgend zusammenfassend dargestellt.
318
Tabelle 12: Zusammenfassende Bewertung der Biotoptypen in den Teilgebieten
Maßnahmen-
Bewertung/Wertstufe
Bemerkungen
bereiche
Umbau der Jann-
Geringe bis sehr
Es werden zum Teil § 28 a
Berghaus-Brücke
hohe Bedeutung
(aF) Biotope für den Zeit-
2-5
raum der Baumaßnahme in
Anspruch genommen.
Papenburg
mittlere bis hohe
Vollständige Befestigung des
Bedeutung
Uferbereichs, naturnah ent-
3-4
wickelte und bedingt naturnahe Biotoptypen im Wechsel
Friesenbrücke
Westufer
mittlere Bedeutung
Vollständige Befestigung des
3
Uferbereichs, bedingt naturnah ausgebildete Biotoptypen überwiegen
Ostufer
hohe Bedeutung
4
Weitreichende Befestigungen
im Uferbereich, vornehmlich
naturnahe Vegetationsentwicklung
Jann- BerghausBrücke
Westufer
Vollständige Befestigung des
mittlere Bedeutung
Uferbereichs, bedingt natur-
3
nah ausgebildete Biotoptypen überwiegen
Ostufer
hohe Bedeutung
4-(5)
Vollständige Befestigung des
Uferbereichs, vornehmlich
naturnahe Vegetationsentwicklung
Emden
hohe bis sehr hohe
Befestigungen im Uferbe-
319
Bedeutung
4-5
reich in großen Teilbereichen, vornehmlich naturnahe
Vegetationsentwicklung
Die Ist-Situation wurde von den Trägern des Vorhabens aus Sicht der Planfeststellungsbehörde in den vorgelegten Antragsunterlagen in geeigneter und
ausreichend umfänglicher Weise beschrieben und bewertet.
320
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
baubedingte Auswirkungen
Betrachtungsrelevanter Wirkungspfad ist die temporäre Inanspruchnahme
von Flächen für die Baustelleneinrichtung.
Gemäß den Angaben im Landschaftspflegerischen Begleitplan wird für die
bauzeitliche Flächeninanspruchnahme eine Fläche von insgesamt 4.395 m²
in Ansatz gebracht.
Es handelt sich dabei überwiegend um Flächen mit einer hohen floritisch/vegetationskundlichen Wertigkeit (UVU), darunter auch 1.466 m² von
nach § 30 BNatSchG und § 24 Abs. 2 NAGBNatSchG geschützten Biotopen:
•
GN - Seggen-, binsen- oder staudenreiche Nasswiese: 795 m²
•
NRS – Schilf-Landröhricht:
671 m²
Als Kompensationsmaßnahme wird eine 4.395 m² große, derzeit landwirtschaftlich genutzte Fläche, aus der Nutzung herausgenommen und der Sukzession überlassen.
Nach Beendigung der Baumaßnahme werden die für die Baustellenrichtung
genutzten Flächen rückgebaut und rekultiviert. Es können sich dann kurz- bis
321
mittelfristig vergleichbare/gleichwertige Biotopstrukturen wie vor dem Eingriff
neu entwickeln.
Die Lage der Kompensationsfläche ist in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Die Flächengröße von 8.270 m² ergibt sich aus der Überbauung von
Biotopflächen (4.395 m²) und der Bodeninanspruchnahme (3.335 m²).
-
anlagebedingte Auswirkungen
Mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke verbleiben keine anlagebedingten Auswirkungen auf das Schutzgut Pflanzen. Nach Beendigung der Baumaßnahme werden die für die Baustellenrichtung genutzten Flächen rückgebaut und rekultiviert (s.o. baubedingte Auswirkungen).
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke hat keine betriebsbedingten Auswirkungen zur Folge.
322
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Zu betrachten ist, inwieweit sich unmittelbare Auswirkungen auf aquatische
Biotoptypen im direkten Eingriffsbereich der Baggerungen bzw. mittelbare
Auswirkungen auf angrenzende aquatische sowie terrestrische Biotoptypen
ergeben können.
Nach der Bewertungssystematik der UVU sind mit den Baggerungen keine
Veränderungen des Biotoptyps „mäßig bis stark ausgebauter Flußlauf mit
Tideeinfluss“ verbunden, da auf Biotopebene nicht zwischen bebaggerten
und unbebaggerten Abschnitten unterscheiden wird. Ein Eingriff in den Biotoptyp „Flusswatt ohne Vegetation höherer Pflanzen“ erfolgt nicht. Daher
werden keine gesetzlich geschützten bzw. gefährdeten Biotoptypen oder
Pflanzenarten beeinträchtigt.
Zur Herstellung der beantragten Fahrrinnenanpassung sind insgesamt einmalig ca. 150 zusätzliche Schiffsbewegungen erforderlich bei einem vorhandenen Schiffsaufkommen von 10.000 – 11.000 Schiffsbewegungen erforderlich. Vor dem Hintergrund des derzeitigen Schiffsaufkommen und unter Berücksichtigung, dass die Baggerschiffe vorwiegend mit einer geringen Geschwindigkeiten fahren und die Uferbereiche größtenteils befestigt sind, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Uferabbrüche mit entsprechendem
Verlust von Biotopen/Lebensräumen infolge erhöhten Wellenschlages auftreten könnten.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Durch die wasserbaulichen Maßnahmen können sich potenziell mittelbare
Auswirkungen durch die zusätzlichen Schiffsbewegungen (erhöhter Wellenschlag, Uferabbrüche) sowie durch Veränderungen der morphologischenhydrologischen Gegebenheiten (Tidenhub, Strömungsgeschwindigkeiten)
ergeben.
Nach der Prognose der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW 2007) werden
sich die morphologischen-hydrologischen Parameter/Gegebenheiten nur unwesentlich verändern, so dass vorhabensbedingt mit keinen wesentlichen
323
Auswirkungen auf Biotope durch veränderte Überflutungshäufigkeiten oder
verstärkte Auflandungsprozesse zu rechnen ist. Dies gilt auch für den Bereich des Petkumer Vorlandes, in dem sich die geplante Lage des Fahrwassers bis auf etwa 100 m der Uferlinie nähert. Hier wurde geprüft, ob möglicherweise Wattflächen des geschützten Brackwasserwatts (KBO) von den
Maßnahmen betroffen oder in ihrer Funktion eingeschränkt werden könnten.
Im Ergebnis dieser Prüfung war festzustellen, dass die geplanten Maßnahmen sich ausschließlich auf die Bereiche beziehen, die deutlich unterhalb der
MTnw-Linie, also in der Zone liegen, die ständig von Wasser bedeckt ist. Eine Beeinflussung der Wattbereiche durch die geplanten Maßnahmen kann
ausgeschlossen werden.
Strömungsbedingte Veränderungen des Sublitorals innerhalb des Flusses
sind nicht auszuschließen, werden sich jedoch als temporäre Auswirkungen
nach den Angaben in der UVU nicht negativ auf die Biotoptypen auswirken.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Bezugnehmend auf die Ausführungen zu den baubedingten Auswirkungen
(Erstbaggerungen) liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass von den bedarfsweise wiederkehrenden Unterhaltsbaggerungen Uferabbrüche mit entsprechendem Verlust von Biotopen/Lebensräumen auftreten könnten.
3.1.1.5.3
Biologische Vielfalt
Eine Verringerung der Artenvielfalt wird durch den weitest gehenden Erhalt
der bestehenden Populationen vermieden, wobei einzelne Exemplare verschiedener Arten im Rahmen baubedingter Auswirkungen für den Genpool
verloren gehen. Die Auswirkungen führen jedoch nicht zu Veränderungen der
Vielfalt, da stabile, sich reproduzierende, Populationen im Sinne der biologischen Vielfalt erhalten bleiben. Die im Untersuchungsraum vorhandenen
Ökosysteme erfahren im terrestrischen Bereich keine deutlichen Beeinträchtigungen. Die kleinflächigen baubedingten Beeinträchtigungen in den
Baustellenbereichen der Jann- Berghaus- Brücke beschränken sich lediglich
auf den Zeitraum der Baumaßnahme. Nach erfolgter Rekultivierung wird sich
324
der Ist-Bestand wieder einstellen. Im aquatischen Bereich werden sich Veränderungen ergeben, die jedoch weitgehend nur temporäre Auswirkungen
haben und den Lebensraum als solchen in seiner Vielfalt und Eigenart bestehen lassen. Dies gilt auch für das Makrozoobenthos. Das im Maßnahmengebiet Friesenbrücke vorkommende Artenspektrum ist nicht auf den betroffenen Bereich beschränkt, sondern weiträumig im Untersuchungsgebiet
verbreitet. Es kann daher aus Sicht der Planfeststellungsbehörde ausgeschlossen werden, dass der Erhalt der reproduzierenden Populationen benthischer Arten und Lebensgemeinschaften durch den Eingriff gefährdet ist.
Demzufolge ist nicht zu erwarten, dass sich relevante Auswirkungen auf die
biologische Vielfalt (Artenvielfalt, Ökosystemschutz) ergeben.
3.1.1.6
Auswirkungen auf die Landschaft
Der Begriff Landschaft wird im Sinne des UVPG als ein durch bestimmte
strukturelle und funktionelle Merkmale und eine charakteristische Nutzungsweise individuell geprägter und als Einheit in dieser Merkmalsvielfalt abgrenzbarer Teilraum der Erdoberfläche verstanden. Hauptmerkmale der verschiedenen Landschaftstypen sind die Bodengestaltung, die Bodenart, der
Pflanzenbewuchs und die Gewässer. Landschaft ist zum einen Landschaftsbild und zum anderen Landschafts-/Naturhaushalt als Lebensraum für Tiere
und Pflanzen (vgl. Hope, Kommentar zum UVPG § 2 Rn. 37 und 38).
Eine tatbestandrelevante Auswirkung im Sinne des UVPG liegt vor, wenn
sich die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit der Landschaft verändert. Diese ist in ihrer ökologischen Bedeutung betroffen, wenn
Lebensräume für Tiere und Pflanzen durch Flächenversiegelung minimiert
oder zerstört werden. Auswirkungen auf das Landschaftsbild sind Veränderungen seiner Elemente, die die Wahrnehmbarkeit der Landschaft durch den
Menschen modifizieren (vgl. Hope, Kommentar zum UVPG § 2 Rn. 39).
Datengrundlage
Als Grundlage für die Beschreibung und Bewertung der Umweltauswirkungen auf das Landschaftsbild wurden in der UVU die Strukturen im Planungs-
325
raum aufgenommen, die durch ihre Form, Gestalt, Anzahl und Größe die
Vielfalt und Eigenart des Untersuchungsraumes bestimmen.
Zusätzlich erfolgte eine Aufnahme vorhandener visueller Beeinträchtigungen
/ Vorbelastungen des Landschaftsbildes.
Einzelkriterien der landschaftlichen Vielfalt:
•
Vegetationsvielfalt:
Ausstattung der Landschaft an verschiedenen Vegetationselementen, z. B.
Wald, Feldgehölze, Alleen, Obstwiesen, Einzelbäume
•
Reliefvielfalt:
geomorphologische Elemente, z. B. Wölbungen, Mulden, Senken, Hangneigungen
•
Gewässervielfalt:
verschiedene Gewässertypen, z. B. periodisch oder ständig wasserführende
Gräben, Bäche, Quellen, Tümpel, Seen
•
Perspektivvielfalt:
Prägung der Aussicht in der Landschaft durch vorhandene Raumbildung,
z. B. Raumbegrenzung, Raumgliederung und durch Raumwahrnehmung,
z. B. Sichtbezüge, Sichtbarrieren, Raumgestalt
•
Nutzungsvielfalt:
menschliche Nutzungen, z. B. Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Bebauung,
Verkehr
Beschreibung des Ist-Zustandes
Die landschaftlichen Gegebenheiten des Untersuchungsgebietes werden
durch die tidebeeinflusste, eingedeichte Ems in Verbindung mit den baulichen Anlagen und Siedlungsbereichen bestimmt. Zwischen diesen deutlich
anthropogen gestalteten Bereichen vermitteln großflächige Grünlandareale,
die durch einzelne Gehölzstrukturen und kleineren Baumgruppen eine gewisse Strukturierung erhalten.
Die Abhängigkeit und Gefährdung der Landschaft vom Wasserstand wird
deutlich, nicht nur durch den enormen Tidenhub der Ems, sondern auch
durch die Vielzahl an Entwässerungsgräben, Sielen, Schöpfwerken und
326
sonstigen Einrichtung im Innendeichbereich, die eine wirtschaftliche anthropogene landschaftliche Nutzung erst ermöglichen.
Im Emsbereich Leer dominiert die bauliche Anlage der Jann-BerghausBrücke, die als imposante Klappbrücke die ca. 150 m breite Ems überbrückt.
Zahlreiche Schiffe passieren den klappbaren Brückenabschnitt und das hohe
Schiffverkehrsaufkommen verdeutlicht dem Betrachter die Bedeutung der
Ems als Bundeswasserstraße. Natürliche Strukturen, die es in Form von
Schilfröhrichten entlang der Ems gibt, treten in diesem Bereich in den Hintergrund.
Die Deichanlagen und die stark ausgebaute, großdimensionierte Ems dominieren das Landschaftsbild. Bei Ebbe treten in den Uferbereichen der Ems
deutlich schlammige Bereiche hervor, die an Wattflächen der Nordsee erinnern.
Bewertung des Ist-Zustandes
Im Rahmen der UVU wurde der Ist-Zustand der Landschaft in den Maßnahmen-/Außendeichsbereichen gesamthaft im Vergleich zu einer charakteristischen Ausprägung der Landschaft im Naturraum (Leitbild) anhand der Kriterien Vegetationsvielfalt, Relief, Gewässer, Perspektivvielfalt und Nutzungsvielfalt (s. o.) bewertet.
Im Ergebnis wurde zusammenfassend eine hohe Wertigkeit des Landschaftsbildes ermittelt.
327
Tabelle 1: Bewertungskriterien und Bewertung Schutzgut Landschaftsbild
Bewertung des Landschaftsbildes
Wertstufe
Vegetations-
Relief
vielfalt
Ge-
Perspektiv-
wässer
vielfalt
Sehr hoch (5)
Hoch (4)
zungsvielfalt
Mittlerer
Wert
X
X
X
X
Hoch
Mittel (3)
Gering (2)
Nut-
(ca. 4)
X
Sehr gering (1)
Nach Auffassung der Panfeststellungsbehörde ist die von den Trägern des
Vorhabens gewählte Datengrundlage und Vorgehensweise zur Beschreibung
und Bewertung der Ist-Situation als Grundlage für die Auswirkungsprognose
geeignet.
a)
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Mögliche Auswirkungen auf die Landschaft und das Landschaftsbild konnten
sich potenziell durch die Bautätigkeit (Baustelleneinrichtung, Behelfsbrücke,
Baumaßnahmen) und im Hinblick das zukünftige Erscheinungsbild der
Brücke ergeben.
-
baubedingte Auswirkungen
Die Bauphase, in der die Baustelleneinrichtungen und die Bautätigkeit unvermeidbar visuell wahrgenommen werden konnten, beschränkte sich auf
einen Zeitraum von etwa einem Jahr. Die temporären Bautätigkeiten im anthropogen überprägten Umfeld (Jann-Berghaus-Brücke, eingedeichte Ems,
Maschineneinsatz zur Emsunterhaltung) haben sich dem Gesamterscheinungsbild der Brücke untergeordnet.
328
-
anlagebedingte Auswirkungen
Das zukünftig Erscheinungsbild der umgebauten Brücke wurde dem vorherigen Erscheinungsbild (Verklinkerung) angepasst, so dass sich das Erscheinungsbild der Brücke trotz baulicher Veränderungen (zukünftig zwei Klappbereiche, statt derzeit einem höheren Klappbereich, zukünftig kleineres Brückenleitstandgebäude) insgesamt nicht nachteilig verändert.
329
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Im Zusammenhang mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Berücke ergeben
sich keine betriebsbedingten Auswirkungen auf die Landschaft.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Die wasserbaulichen Maßnahmen (Fahrrinnenverlegung/-vertiefung) erfolgen
im Sohlbereich der Ems und führen zu keinen visuell wahrnehmbaren Veränderungen des Flussverlaufes oder des Wasserkörpers der Ems.
Die zusätzliche Schiffsverkehre (Erstbaggerungen, ca. 150 Schiffsbewegungen) werden bei dem derzeitigen Schiffsaufkommen von ca. 10.000 – 11.000
Schiffsbewegungen pro Jahr das Erscheinungsbild der Ems bzw. der Flusslandschaft Ems nicht merklich verändern.
Als Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahme sollten die Baustellenabläufe und
Maschineneinsatzzeiten aufeinander abgestimmt und so koordiniert werden,
dass eine schnellstmögliche Abwicklung der Baumaßnahme (Umbau JannBerghaus-Brücke) gewährleistet ist.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Die Änderungen des mittleren Tidenhubes von modell-rechnerisch bis zu 2
cm (vgl. entsprechende Ausführungen unter B.III.3.1.1.2) können optisch
nicht wahrgenommen werden.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Die zusätzliche Schiffsverkehre durch die Unterhaltsbaggerungen (je Baggerung: 100 Schiffsbewegungen) werden bei dem derzeitigen Schiffsaufkommen von ca. 10.000 – 11.000 Schiffsbewegungen pro Jahr das Erscheinungsbild der Ems bzw. der Flusslandschaft Ems nicht merklich verändern.
Dies gilt auch in Bezug auf die Befahrbarkeit der Ems mit zukünftig größeren
Schiffsgefäßen
330
3.1.1.7
Auswirkungen auf Kultur- und sonstige Sachgüter
Unter Kultur- und sonstige Sachgüter sind im Sinne des UVPG u.a. Denkmäler, historische Gebäude, architektonisch oder ingenieurtechnisch wertvolle
Bauten, archäologische Schätze und kulturhistorisch bedeutsame Gegenstände zu verstehen (vgl. Hoppe, Kommentar zum UVPG § 2 Rn. 40). Sachgüter mit anthropogen bezogenen Funktionen wie Wohnen, Erholung, Landund Forstwirtschaft werden - soweit betroffen - unter dem Schutzgut
„Mensch“ betrachtet.
Auswirkungen auf Kultur- und sonstige Sachgüter im Sinne des UVPG sind
Änderungen ihrer physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit etwa durch Beschädigung oder Zerstörung (vgl. Hoppe, Kommentar
zum UVPG § 2 Rn. 41).
Datengrundlage
Der Bestand an Bau- und Bodendenkmälern wurde von den Trägern des
Vorhabens abgefragt. Zudem wurden textliche Erläuterungen zu den vorhandenen Bau- und Bodendenkmälern aus dem Internet herangezogen und
ausgewertet.
Beschreibung des Ist-Zustandes
Gemäß den Angaben der Ostfriesischen Landschaft sowie der unteren
Denkmalschutzbehörden befinden sich in den Maßnahmenbereichen keine
subhydrischen Bau- und Bodendenkmäler (z. B. Schiffswracks).
Im terrestrischen Bereich befindet sich mit der Festung Leeort ein archäologisches Denkmal. Der nördliche Teilbereich der ehemaligen Festung ist heute mit der Siedlung Leerort einschließlich Außendeich bebaut.
331
Maßnahmenbereich
Festung Leerort
Abbildung 3: Festung Leerort im Deichvorland
332
Bewertung des Ist-Zustandes
Leerort hat eine herausragende Bedeutung für die ostfriesische Geschichte.
Die kulturhistorische und denkmalpflegerische Bedeutung von Leerort wird
durch die Ausweisung als archäologisches Denkmal dokumentiert.
Die von den Trägern des Vorhabens vorgelegten Angaben/Unterlagen zur
Ist-Situation sind nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde als Grundlage für die Auswirkungsbetrachtung geeignet.
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
baubedingte Auswirkungen
Die Jann-Berghaus-Brücke befindet sich in einer Entfernung von ca. 250 m
zu den nicht überbauten Arealen der Festung Leerort.
Nachteilige Auswirkungen auf die Festung Leerort z.B. durch Erschütterungen/Vibrationen im Zuge der Umbaumaßnahmen sind auszuschließen.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Das Erscheinungsbild der umgebauten Brücke wird sich nicht wesentlich
vom derzeitigen Erscheinungsbild der Brücke unterscheiden. Demzufolge
ergeben sich keine anlagebedingten Auswirkungen auf Kultur- und sonstige
Sachgüter.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Es ergeben sich keine betriebsbedingten Auswirkungen auf Kultur- und sonstige Sachgüter. Die Brücke wird wie bisher für den Fahrzeugverkehr zu Land
und zu Wasser (Durchfahrt) genutzt.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Im Zusammenhang mit den wasserbaulichen Maßnahmen im Bereich der
Jann-Berghaus-Brücke, die einen Abstand zum östlichen Emsufer von ca. 50
333
m nicht unterschreiten, sind keine Auswirkungen auf die Festung Leerort
verbunden.
Nachteilige Auswirkungen durch die zusätzlichen Schiffsverkehre (Erstbaggerungen) sind auszuschließen.
Die
anlagebedingte Auswirkungen
morphologisch-hydrologischen
Veränderungen
der
Ems
(vgl.
B.III.3.1.1.2) sind so gering, dass keine nachteiligen Auswirkungen (z.B.
durch veränderte Strömungs- und Tidenhubverhältnisse, Versackungen) auf
die denkmalgeschützte Festung Leerort zu besorgen sind. Nach der Auswirkungsanalyse der BAW werden im Uferbereich Leerort die Strömungsgeschwindigkeiten nicht bzw. nur sehr geringfügig verändert. Die Ufer sind in
den betreffenden Bereichen mit einem durchlässigen Schüttsteindeckwerk
auf Filter befestigt.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Nachteilige Auswirkungen durch die vorhabensbedingten Unterhaltungsbaggerungen sind auszuschließen.
3.1.1.8
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen wurden zwischen den einzelnen Schutzgütern bei den
schutzgutbezogenen Betrachtungen berücksichtigt (z.B. Auswirkungen morphologisch-hydrologischer Veränderungen auf die Fischfauna, Auswirkungen
der Benthosgemeinschaften auf die Fischfauna).
Belastungsverschiebungen aufgrund von Schutzmaßnahmen sind nicht zu
besorgen.
334
3.1.2
Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens
Die unter Punkt B.II.3.1.1 zusammengefasste Darstellung der Auswirkungen
auf die Schutzgüter des § 2 Abs.1 UVPG wird nachfolgend gem. § 12 UVPG
unter Berücksichtigung der gesetzlichen Eingriffsregelung und der sonstigen
Schutztatbestände bewertet. Die Bewertung erfolgt unter Berücksichtigung
der unter A.II dieses Planfeststellungsbeschlusses formulierten Anordnungen
zur Vermeidung und Verminderung der Auswirkungen sowie der im Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP) Planunterlage G beschriebenen
Maßnahmen, welche ebenfalls planfestgestellt und zu beachten sind.
3.1.2.1
Bewertung der Auswirkungen auf den Menschen
Das planfestgestellte Vorhaben ist auch vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf den Menschen rechtmäßig und bei abwägender Betrachtung aller
hier relevanten Nachteile sowie der für das Vorhaben sprechenden Erwägungen genehmigungsfähig.
a)
Auswirkungen auf die Wohnfunktion
Wie unter Punkt 3.1.1.1 detailliert dargestellt, sind durch die planfestgestellten Maßnahmen Immissionen aufgetreten bzw. werden Immissionen auftreten, die Auswirkungen auf den Menschen erwarten lassen.
335
aa) Auswirkungen durch Lärmimmissionen
Lärmemissionen sind im Zusammenhang mit dem geplanten Vorhaben durch
die Bautätigkeiten (inkl. Bauverkehre) zum Umbau der Jann-BerghausBrücke entstanden sowie durch die Baggertätigkeiten (Erstbaggerungen und
wiederkehrende Unterhaltungsbaggerungen) im Zuge der wasserbaulichen
Maßnahmen.
aaa) Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
-
baubedingte Auswirkungen
Beurteilungsmaßstab für die Zulässigkeit der oben unter B.3.1.1.1 a) dargestellten Lärmimmissionen ist § 22 BImSchG. Danach sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass
1. schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand
der Technik vermeidbar sind,
2. nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
Baustellen sind mit den auf ihnen betriebenen Baumaschinen nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne der §§ 3 Abs.5, 22 Abs.1 BImSchG (OVG
Hamburg, Beschluss vom 19. Februar 2001 – Az.: 2Bs 370/00, NVwZ 2001,
1173 – 1178; OVG Berlin, Beschluss vom 27. März 1996 – Az.: 2 S 5/96,
NVwZ 1996, 236 – 928), so dass der Baulärm an der Regelung des § 22
BImSchG zu messen ist.
Die Grenze der Zulässigkeit und Zumutbarkeit der Schallimmission durch
Baulärm ist überschritten, sofern hierdurch Gesundheitsschäden oder Gesundheitsgefahren für die angrenzende Wohnbebauung entstehen.
Als Grundlage für die Bewertung der mit dem Vorhaben verbundenen Schallimmissionen wurden mit dem Genehmigungsantrag schalltechnische Berichte (Antragsunterlagen K4 und K5) vorgelegt, die Angaben zu den vorhabensbedingten Schallimmissionen (Berechnung der Schallimmissionen) enthalten.
336
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurden zudem weitere ergänzende Angaben zu den Schallemissionen/-immissionen insbesondere zu dem
inzwischen abgeschlossenen Umbau der Jann-Berghaus-Brücke vorgelegt.
Gegen die Richtigkeit der Prognosewerte bestehen seitens der Planfeststellungsbehörde keine Bedenken. Den einzelnen Bauverfahren bzw. Baumaschinen wurden typische Schallimmissionspegel zugeordnet, die sich im Verlauf des Umbaus der Brücke weiter konkretisieren ließen. Diese Vorgehensweise wird von der Planfeststellungsbehörde als zulässig erachtet.
Baulärm führt gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG zu schädlichen Umwelteinwirkungen, wenn er nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet ist, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder für
die Nachbarschaft herbeizuführen. Die Frage, wann der Baulärm die Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen überschreitet, ist anhand der diesen unbestimmten Rechtsbegriff konkretisierenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – Geräuschimmissionen - (AVV Baulärm)
vom 19. August 1970 zu beurteilen (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom
08.12.2009 – Az.: 8 B 11243/09 Rn. 10 zitiert nach juris; VGH Mannheim,
Urteil vom 07.06.1989 – Az.: 5 S 3040/87, NVwZ-RR 1990, S. 227; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 19. Februar 2001 – Az: 2 Bs 370/00, NVwZ
2001, 1173), die gemäß § 66 Abs. 2 3. Spiegelstrich BImSchG im Rahmen
ihres Anwendungsbereichs weiterhin maßgebend ist.
Maßgebende Bewertungsgrundlage für die von den Trägern des Vorhabens
ermittelten baubedingten Schallimmissionen ist somit die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - Geräuschimmissionen - (AVVBaulärm). Unter Nr. 3.-1.1 der AVV-Baulärm sind Immissionsrichtwerte für
Siedlungsbereiche nach der Art der baulichen Nutzung für die Tagzeit (7.00 –
20.00 Uhr) und die Nachtzeit (20.00 – 07.00 Uhr) festgelegt.
Die Immissionsrichtwerte der AVV-Baulärm betragen für „Gebiete, in denen
ausschließlich Wohnungen untergebracht sind“ tags 50 dB(A), nachts 35
dB(A); „Gebiete, in denen vorwiegend Wohnungen untergebracht sind“ tags
337
55 dB(A), nachts 40 dB(A) und für „Gebiete mit gewerblichen Anlagen und
Wohnungen, in denen weder vorwiegend gewerbliche Anlagen noch vorwiegend Wohnungen untergebracht sind“ tags 60 dB(A), nachts 45 dB(A). Die
weiteren in der AVV-Baulärm ausgewiesenen Gebietseinstufungen sind im
vorliegend zu beurteilenden Fall nicht relevant.
Die Träger des Vorhabens haben durch die vorgelegten Gutachten zu den
Schallimmissionen der Bauphase aus Sicht der Planfeststellungsbehörde
überzeugend dargelegt, dass die oben genannten Werte der AVV Baulärm
eingehalten werden.
Rammarbeiten
Um die oben genannten Immissionsrichtwerte bei den Arbeiten im Zusammenhang mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke an den maßgebenden
Immissionsorten (nächstgelegene Bebauungen im Umfeld der JannBerghaus-Brücke) einhalten zu können und damit das Maß der Belastung auf
ein zumutbares Maß zu begrenzen, war es erforderlich, das Einbringen der
Spundwandbohlen, der Stahlpfähle und die Betonierarbeiten auf die Tageszeit von 07.00 bis 20.00 Uhr zu begrenzen. Diese Einschränkung wurde bereits für die vorläufige Anordnung notwendig und entsprechend angeordnet.
Die Anordnung wird auch im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zum
Schutz der Anwohner der Baustelle für erforderlich gehalten. Der Umbau der
Brücke ist inzwischen abgeschlossen, so dass die Planfeststellungsbehörde
das Bauverfahren auch anhand konkreterer Informationen über den Bauablauf bewerten kann.
Die Spundwände wurden nach Auskunft der TDV mit einem Hochfrequenzrüttler eingebracht. In Bezug auf die Pfähle ist ein Mischverfahren zum Einsatz gekommen. Bis zum Wasserspiegel wurden die Pfähle mit einem Hochfrequenzrüttler eingebracht. Unter Wasser wurde mit einer Dieselramme gearbeitet (Stellungnahme der TdV vom 10.10.2008). Mit diesem Verfahren
wurde an 37 Arbeitstagen durchschnittlich effektiv weniger als eine Stunde
am Tag gerammt.
338
Die von der Ingenieurgesellschaft Zech prognostizierten Werte für das Rammen mittels Hydraulikbär bzw. Freifallramme sind – wie bereits unter Abschnitt B.3.1.1.1 erläutert wurde - für den konkret zu beurteilenden Fall nicht
mehr von Relevanz, da dieses Bauverfahren keine Anwendung gefunden
hat.
Für die Bewertung sind daher die Werte für das Arbeiten mit einem Hochfrequenzrüttler sowie die Werte der Unterwasserrammung maßgeblich. Für die
Beurteilung der Zulässigkeit der Unterwasserrammung zieht die Planfeststellungsbehörde die Werte einer Lärmpegelmessung heran. Hierbei wurde ein
Wert von 50 dB (A) ermittelt (Vermerk des Ingenieurbüros Grote zu den
durchgeführten Rammarbeiten mit Datum vom 18.02.2009). Hinsichtlich des
Arbeitens mit dem Hochfrequenzrüttler sind durch das Ingenierbüro Zech
Werte zwischen 47 und 57 dB (A) prognostiziert worden Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter Punkt B.3.1.1.1 Bezug genommen.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Planfeststellungsbehörde in der vorläufigen Anordnung festgelegt hat, dass die Zeit des tatsächlichen Einbringens der Spundwandbohlen durch den Hochfrequenzrüttler auf
8 Stunden täglich zu begrenzen ist. Tatsächlich wurde effektiv durchschnittlich weniger gerüttelt. Nach dem oben genannten Vermerk des Ingenieurbüros Grote wurde für die Pfahlgründung vom 15.02.2008 bis zum 28.03.2008
ca. 70 x für 1,5 Minuten gerüttelt. Bei 37 Arbeitstagen entspricht dies einer
durchschnittlichen täglichen Einsatzdauer des Rüttlers von weniger als 3 Minuten. Für die Errichtung des Spundwandkastens wurde zwischen dem
27.03.2008 und dem 01.04.2008 bzw. zwischen dem 07.04.2008 und dem
10.04.2008 ca. 72 x 5 Minuten gerüttelt. Bei 9 Arbeitstagen entspricht dies
einer durchschnittlichen täglichen Einsatzdauer des Rüttlers von ca. 40 Minuten. Weiterhin wurde am 11.04.2008 für die Rohrpfähle der Behelfsbrücke
insgesamt 55 Minuten gerüttelt. Hieraus ergibt sich der Ansatz einer Zeitkorrektur von 10 db(A).
Insgesamt ist demzufolge für die Rüttelarbeiten ein Wert von max. 47 dB (A)
heranzuziehen.
339
Für die Rammarbeiten ist aus nachfolgend dargestellten Erwägungen ebenfalls eine Zeitkorrektur von 10 dB (A) zu berücksichtigen:
Für die Pfahlgründung wurde laut Vermerk des Ingenieurbüros Grote vom
15.02.2008 bis zum 28.03.2008 an 37 Arbeitstagen ca. 1993 Minuten
gerammt. Dies entspricht einer durchschnittlichen täglichen Einsatzzeit des
Rammgerätes von fast 54 Minuten, also weniger als eine Stunde am Tag.
Hiernach ergibt sich eine Zeitkorrektur von 10 dB (A).
Die Betonierarbeiten werden im Bereich der nächstgelegenen Wohnbebauung Immissionspegel von 44 dB(A) bis zu 54 dB(A) verursachen. Eine Auswertung der vorgelegten Betriebszeiten für die Betonierarbeiten hat eine
durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von 3,08 Stunden ergeben. Hiernach ist
gemäß AVV Baulärm für die Betonierarbeiten eine Zeitkorrektur von 5 dB (A)
anzuwenden.
-
Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Baulärm
Die Rechtsprechung zieht die Grenze zur Gesundheitsgefahr bei einem
Dauerschallpegel von 70 bis 75 dB (A) tags und 60 bis 65 dB (A) nachts
(BGHZ 179, 24, 127; BGH, Urteil vom 25. 03. 1993 – Az.: III ZR 60/91, BGHZ
340
122, 76, 81). Nach der Einschätzung des Rates von Sachverständigen für
Umweltfragen soll allerdings aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes als Nahziel ein Immissionswert von 65 dB (A) tags und 55 dB (A)
nachts (jeweils außen) nicht überschritten werden. Im Zusammenhang mit
den Auswirkungen von Fluglärm wurden auf einer Tagung der Ärzte für vorbeugende Umweltmedizin in Neufahrn bei München im Juni 2001 von Lärmwirkungsforschern Korrekturen dieser Werte beschlossen. Hiernach sind bei
Fluglärmbelastungen von 60 dB (A) tags und 50 dB (A) nachts aus präventivmedizinischer Sicht Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten (rheinmain-institut; „Aktueller Stand der Lärmforschung“ 12.10.2001). Hierbei wird
jedoch dem Umstand Rechnung getragen, dass gerade Fluglärm sehr große
Stör- und Belästigungswirkung entfaltet, da er von oben und somit von allen
Seiten kommt. Der durch die Bautätigkeiten zu Herstellung des planfestgestellten Vorhabens verursachte Lärm ist hingegen als aus einer bestimmten
Richtung kommend zu lokalisieren, so dass die reduzierten Werte aus der
Fluglärmwirkungsforschung in diesem Zusammenhang aus Sicht der Planfeststellungsbehörde keine Anwendung finden.
Unter Zugrundelegung der vorstehend angeführten Maßstäbe ist festzustellen, dass die unter Punkt B.III.3.1.1.1 für einen exemplarischen Bauablauf
dargestellten Beurteilungspegel keine Gesundheitsgefahren befürchten lassen.
Für die Unterwasserrammarbeiten ist ein Wert von 50 dB (A) gemessen worden, für das Arbeiten mit dem Hochfrequenzrüttler wurde ein Wert bis zu
57 dB (A) und für die Betonierarbeiten ein Wert bis zu 54 dB (A) prognostiziert. Nach Abzug der entsprechenden Zeitkorrekturen ergeben sich für die
Bewertung folgende Beurteilungspegel:
− Rammarbeiten: 40 dB (A)
− Rüttelarbeiten: 47 dB (A)
− Betonierarbeiten: 49 dB (A)
Die Beurteilungspegel befinden sich im Bereich der nächstgelegenen Wohnhäuser. Das bedeutet, dass in vielen Bereichen, die sich in der Nachbarschaft zur Baustelle befinden, geringere Schallimmissionen zu erwarten sind
bzw. angekommen sind. Für die Nachtzeit sind das Einbringen der Stahl-
341
spundwandbohlen und der Stahlpfähle zur Tiefgründung sowie die Betonierarbeiten nicht erlaubt.
In Bezug auf den Gesundheitsschutz ist daher festzustellen, dass die nach
Einschätzung des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes als Nahziel festgelegten Werte
von 65 dB (A) tags und 55 dB (A) nachts (jeweils außen) nicht überschritten
werden.
Gesundheitsgefahren für die Menschen in den angrenzenden Wohngebieten
sind durch die baubedingten Schallimmissionen demgemäß auszuschließen.
-
Erhebliche Belästigung durch Baulärm
Darüber hinaus hat die Planfeststellungsbehörde geprüft, ob die dargestellte
Lärmimmission als schädlich im Sinne des § 22 BImSchG zu bewerten ist.
Dies ist zu verneinen, da sie keine erhebliche Belästigung im Sinne des § 3
BImSchG darstellt.
Baulärm führt gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG zu schädlichen Umwelteinwirkungen, wenn er nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet ist, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder für
die Nachbarschaft herbeizuführen. Wie bereits vorstehend erläutert, ist die
Frage, wann der Baulärm die Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen
überschreitet, anhand der diesen unbestimmten Rechtsbegriff konkretisierenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – Geräuschimmissionen - (AVV Baulärm) zu beurteilen.
Maßgebende Bewertungsgrundlage für die von den Trägern des Vorhabens
ermittelten baubedingten Schallimmissionen ist somit die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - Geräuschimmissionen - (AVVBaulärm). Unter Nr. 3.-1.1 der AVV-Baulärm sind Immissionsrichtwerte für
Siedlungsbereiche nach der Art der baulichen Nutzung für die Tagzeit (7.00 –
20.00 Uhr) und die Nachtzeit (20.00 – 07.00 Uhr) festgelegt.
342
Die Ermittlung der im vorliegenden Fall maßgeblichen Immissionsrichtwerte
für die zu beurteilende Nachbarschaft der Baustelle hat folgende Gebiete
ergeben:
„Gebiete, in denen ausschließlich Wohnungen untergebracht sind“ Immissionsrichtwert gemäß AVV Baulärm: tags 50 dB(A), nachts 35 dB(A);
„Gebiete, in denen vorwiegend Wohnungen untergebracht sind“ Immissionsrichtwert gemäß AVV Baulärm: tags 55 dB(A), nachts 40 dB(A) und
„Gebiete mit gewerblichen Anlagen und Wohnungen, in denen weder vorwiegend gewerbliche Anlagen noch vorwiegend Wohnungen untergebracht
sind“ Immissionsrichtwert gemäß AVV Baulärm: tags 60 dB(A), nachts 45
dB(A). Die weiteren in der AVV-Baulärm ausgewiesenen Gebietseinstufungen sind im vorliegenden Fall nicht relevant.
Nach Nr. 4.1 der AVV-Baulärm sollen Maßnahmen zur Minderung der von
Baumaschinen hervorgerufenen Geräusche angeordnet werden, wenn der
betreffende Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A) überschritten wird.
Aus Vorsorgegründen beurteilt die Planfeststellungsbehörde die Zumutbarkeit der baubedingten Schallimmissionen anhand der Vorgaben für das
schutzwürdigste Gebiet. Dementsprechend wird der niedrigste vorliegend
relevante Wert der AVV Baulärm, der für den Tageszeitraum 50 dB (A) zulässt, herangezogen. Es ist festzustellen, dass der Wert durch die Bauarbeiten unterschritten wird.
In allen anderen Wohnbereichen wird der Wert der AVV Baulärm demzufolge
ebenfalls unterschritten.
Lärmminderungsmaßnahmen sind nach den Vorgaben der AVV Baulärm erst
zu ergreifen, wenn der zulässige Wert um mehr als 5 dB (A) überschritten
wird, so dass die Träger des Vorhabens aufgrund der Umstellung des Bauverfahrens keine Lärmminderungsmaßnahmen an den zum Einsatz gekommenen Rammgeräten selbst vornehmen mussten. Die Begrenzung der
schallintensiven Arbeiten auf den Tageszeitraum und hierin auf 8 Stunden für
das Arbeiten mit dem Hochfrequenzrüttler ist nach Maßgabe der AVV Baulärm als ausreichend anzusehen. Die Vermerke, die durch die Firma Grote
343
als Oberbauleitung während des Umbaus der Jann-Berghaus-Brücke erstellt
wurden, dokumentieren, dass die Begrenzung auf 8 Stunden für die schallintensiven Arbeiten weit unterschritten wurde.
Weitere Maßnahmen zur Minderung von Geräuschen waren nicht erforderlich, da nach Nr. 4.1 der AVV Baulärm Maßnahmen erst vorgesehen sind,
wenn der Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB (A) überschritten wird.
Dementsprechend wäre selbst eine Überschreitung der Richtwerte um
5 dB(A) noch hinzunehmen (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 19. Februar
2001 - Az.: 2 Bs 370/00, NVw Z 2001, 1173).
Demzufolge ist festzustellen, dass die Vorgaben der AVV Baulärm während
der Tageszeit eingehalten wurden. Erhebliche Beeinträchtigungen wurden
nicht verursacht.
In der Nacht durften die schallintensiven Arbeiten nicht durchgeführt werden.
So wurde das Einbringen der Stahlspundwandbohlen und der Stahlpfähle zur
Tiefgründung sowie die Betonierarbeiten durch die Planfeststellungsbehörde
auf den Tageszeitraum begrenzt. (vgl Anordnung A.II.2.2). Diese Beschränkung der Bautätigkeit war aus Sicht der Planfeststellungsbehörde insbesondere erforderlich, um eine Beeinträchtigung des Schlafes der Anwohner auszuschließen. In diesem Zusammenhang überwiegen die Interessen der Anwohner an einer Nachtruhe den Interessen der Träger des Vorhabens an
einem unbeschränkten Bauablauf. Die Beschränkung wird durch die Auflage
Nr 2.2 abgesichert. Die Planfeststellungsbehörde sieht die Einhaltung des für
den Nachtzeitraum zulässigen Wertes von 35 dB (A) für das schutzwürdigste
Gebiet ebenfalls als gegeben an.
Laut Stellungnahme des Landkreises Leer vom 10.10.2008 wurde die mit
den Bauarbeiten beauftragte Firma verpflichtet, alle Nebenbestimmungen der
vorläufigen Anordnung zu beachten, insbesondere die Regelungen zur Begrenzung des Baulärms.
344
Die Träger des Vorhabens haben durch die vorgelegten Gutachten zu den
durch die Bauphase verursachten Schallimmissionen sowie durch die während der Bauphase gefertigten Vermerke und Protokolle aus Sicht der Planfeststellungsbehörde überzeugend dargelegt, dass die oben genannten Werte der AVV Baulärm eingehalten wurden. Die Lärmminderungsmaßnahmen,
die die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der vorläufigen Anordnung hinsichtlich der Rammarbeiten getroffen hatte, erfolgten auf der Basis eines Arbeitens mittels Hydraulikbär bzw. Freifallramme. Diese Arbeiten wurden als
besonders schallintensiv beurteilt und beduften daher der Lärmminderung.
Wie bereits oben erwähnt wurde, ist diese schallintensive Arbeitstechnik
nach Auskunft des Vorhabensträgers nicht zur Anwendung gekommen, so
dass die Träger des Vorhabens auch keine entsprechenden Maßnahmen zur
Lärmminderung treffen mussten. Die Umstellung der Rammarbeiten auf das
oben beschriebene Mischsystem hatte bereits eine ausreichende Schallminderung bewirkt.
Baustellenverkehr
Nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde ergibt sich aus dem angesprochenen Baustellenverkehr im Gesamtergebnis keine bedeutsame zusätzliche Lärmbelastung, da sie im Verhältnis zum durchschnittlichen täglichen Verkehrsaufkommen im Bereich der Jann-Berghaus-Brücke nicht erheblich ins Gewicht fällt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen,
dass der übliche Verkehrslärm an der Brücke während der Brückensperrzeit
entfällt.
Die Umleitungsverkehre erfolgen nach dem vorgelegten Verkehrskonzept
ausschließlich über klassifizierte Straßen, ergänzend zum bereits derzeit
vorhandenen Verkehrsaufkommen. Hierdurch ergibt sich keine Nutzungsänderung der von den Umleitungsverkehren betroffenen Straßen, die einer Genehmigung bedürfte.
Ergebnis
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die durch die Bautätigkeit
verursachten Schallimmissionen weder geeignet sind, Gesundheitsbeein-
345
trächtigungen hervorzurufen, noch sind die Schallimmissionen als erhebliche
Beeinträchtigung einzustufen. Nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde sind sie als zumutbar zu bewerten.
Die Planfeststellungsbehörde übersieht dabei nicht, dass auch die Zunahme
des Lärms innerhalb der durch die AVV Baulärm vorgegebenen Werte insbesondere für die Bevölkerung in Leerort eine Belästigung darstellt. Dieses
wurde durch zahlreiche Einwendungen seitens der Betroffenen dokumentiert.
Angesichts der oben angeführten Erwägungen sind die Belästigungen jedoch
nicht als erheblich im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes einzustufen. Die Planfeststellungsbehörde räumt den Erwägungen, die für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen aus den unter B.III.1 dargelegten Gründen den Vorrang ein.
Ergebnis der Bewertung des Baulärms
Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass durch den Umbau der JannBerghaus-Brücke nicht mit Gesundheitsbeeinträchtigungen oder erheblichen
Belästigungen zu rechnen ist. Das Maß des Zumutbaren ist daher nicht
überschritten. Der Umbau entspricht somit der Regelung des § 22 BImSchG.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Wie unter Punkt B.3.1.1.1 ausgeführt, verursacht der Umbau der JannBerghaus-Brücke keine anlagebedingten Wirkungen auf den Menschen.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Auch sind im Vergleich zur Istsituation durch den Umbau der Brücke keine
betriebsbedingten Wirkungen zu erwarten (vgl. B.3.1.1.1).
346
bbb) Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Die wasserbaulichen Maßnahmen verursachen ebenfalls Schallimmissionen.
-
baubedingte Auswirkungen
Wie bereits unter dem Aspekt Umbau der Jann-Berghaus-Brücke dargelegt
wurde, ist die Grenze der Zulässigkeit und Zumutbarkeit der Schallimmission
durch Baulärm überschritten, sofern hierdurch Gesundheitsschäden oder gefahren für die Bewohner der angrenzenden Wohnbebauung entstehen.
Als Grundlage für die Bewertung der mit dem Vorhaben verbundenen Schallimmissinen haben die Träger des Vorhabens mit dem Genehmigungsantrag
einen schalltechnischen Bericht über die zu erwartende Geräuschsituation in
der Nachbarschaft der geplanten Nassbaggerarbeiten im Zuge der Baumaßnahme (Antragsunterlagen K 4) vorgelegt.
Gegen die Richtigkeit der Prognosewerte bestehen seitens der Planfeststellungsbehörde keine Bedenken.
-
Gesundheitsbeeinträchtigungen
Unter Zugrundelegung der im Zusammenhang mit dem Umbau der JannBerghaus-Brücke ausgeführten Maßstäbe, die auch auf die Bewertung der
wasserbaulichen Maßnahmen Anwendung finden, ist festzustellen, dass die
unter Punkt B.III.3.1.1.1 dargestellten Beurteilungspegel keine Gesundheitsgefahren befürchten lassen. Im Ergebnis werden für die Baggerarbeiten Beurteilungspegel zwischen 24 und 46 dB (A) tags und zwischen 24 und 43 dB
(A) nachts prognostiziert. In Bezug auf den Gesundheitsschutz ist daher festzustellen, dass die nach Einschätzung des Rates von Sachverständigen für
Umweltfragen aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes als
Nahziel festgelegten Werte von 65 dB (A) tags und 55 dB (A) nachts (jeweils
außen) deutlich unterschritten werden.
Gesundheitsgefahren für die Menschen in den angrenzenden Wohngebieten
sind durch die baubedingten Schallimmissionen demgemäß auszuschließen.
347
-
Erhebliche Belästigungen
Darüber hinaus hat die Planfeststellungsbehörde geprüft, ob die unter Punkt
B.III.3.1.1.1 dargestellten Schallimmissionen als schädlich im Sinne des § 22
BImSchG zu bewerten sind. Dies ist zu verneinen, da sie keine erhebliche
Belästigung im Sinne des § 3 BImSchG darstellen.
Baulärm führt gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG zu schädlichen Umwelteinwirkungen, wenn er nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet ist, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder für
die Nachbarschaft herbeizuführen. Die Frage, wann der Baulärm die Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen überschreitet, ist anhand der diesen unbestimmten Rechtsbegriff konkretisierenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – Geräuschimmissionen - (AVV Baulärm)
vom 19. August 1970 zu beurteilen (VGH Mannheim, Urteil vom 07.06.1989
– Az.: 5 S 3040/87, NVwZ-RR 1990, S. 227; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 19. Februar 2001 – Az: 2 Bs 370/00, NVwZ 2001, 1173), die
gemäß § 66 Abs. 2 3. Spiegelstrich BImSchG im Rahmen ihres Anwendungsbereichs weiterhin maßgebend ist. Die AVV Baulärm besitzt Rang und
Wirkung einer Verwaltungsvorschrift, nicht eines Gesetzes (Jarass; § 66,
Rn. 2).
Maßgebende Bewertungsgrundlage für die von den Trägern des Vorhabens
ermittelten baubedingten Schallimmissionen ist somit die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - Geräuschimmissionen - (AVVBaulärm). Unter Nr. 3.-1.1 der AVV-Baulärm sind Immissionsrichtwerte für
Siedlungsbereiche nach der Art der baulichen Nutzung für die Tagzeit (7.00 –
20.00 Uhr) und die Nachtzeit (20.00 – 07.00 Uhr) festgelegt.
Die Immissionsrichtwerte der AVV-Baulärm betragen für „Gebiete, in denen
vorwiegend Wohnungen untergebracht sind“ tags 55 dB(A), nachts 40 dB(A)
und für „Gebiete mit gewerblichen Anlagen und Wohnungen, in denen weder
vorwiegend gewerbliche Anlagen noch vorwiegend Wohnungen untergebracht sind“ tags 60 dB(A), nachts 45 dB(A). Die weiteren in der AVV-
348
Baulärm ausgewiesenen Gebietseinstufungen sind im vorliegenden Fall nicht
relevant.
Als Ergebnis der Schallimmissionsprognose ist festzustellen, dass selbst bei
einer kontinuierlichen Baggeraktivität zur Tagzeit die errechneten Beurteilungspegel an den nächstgelegenen Bebauungen die Immissionsrichtwerte
der AVV-Baulärm für „Gebiete, in denen vorwiegend Wohnungen untergebracht sind“ (tags 55 dB(A)) bzw. „Gebiete mit gewerblichen Anlagen und
Wohnungen, in denen weder vorwiegend gewerbliche Anlagen noch vorwiegend Wohnungen untergebracht sind“ (tags 60 dB(A)) unterschritten werden.
Der höchste für den Tageszeitraum ermittelte Wert liegt bei 46 dB (A) .
Im Bereich der wasserbaulichen Maßnahmen der Staustrecke (Streckenabschnitte bis Ems-km 15,9) sind bzgl. der Baggerungen während der Nachtzeit nur die Zeiten von 6.00 – 7.00 Uhr und von 20.00 – 22.00 Uhr betrachtungsrelevant.
Unter Ansatz von einer effektiven Betriebsdauer der Baggerungen von max.
2 Stunden während der Nachtzeit gemäß AVV-Baulärm werden an den
nächstgelegenen Bebauungen (IP 01 – IP 14) die Immissionsrichtwerte der
AVV-Baulärm mit Ausnahme eines Immissionsortes unterschritten. Am IP 12
in Leer ergibt sich eine geringfügige rechnerische Überschreitung des für die
Nachtzeit geltenden Immissionsrichtwertes der AVV-Baulärm für „Gebiete, in
denen vorwiegend Wohnungen untergebracht sind“ um 1 dB (A), die kein
Erfordernis für die Umsetzung weiterer Schutzmaßnahmen begründet.
Nach Nr. 4.1 der AVV Baulärm – Geräuschimmissionen – sollen Maßnahmen
zur Minderung der Geräusche angeordnet werden, wenn der Beurteilungspegel den maßgeblichen Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A) überschreitet. Dementsprechend wäre selbst eine Überschreitung der Richtwerte
um 5 dB(A) noch hinzunehmen (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 19. Februar 2001 - Az.: 2 Bs 370/00, NVw Z 2001, 1173). Eine Überschreitung um 1
dB (A) ist daher jedenfalls zumutbar.
349
Im Bereich der wasserbaulichen Maßnahmen der Tidestrecke (Streckenabschnitte ab Ems-km 31,0) sind Baggermaßnahmen während der gesamten
Nachtzeit beantragt. Mit dem vorgelegten Schallgutachten (Antragsunterlage
K 4) ist dokumentiert, dass bei einer effektiven Betriebsdauer der Baggerungen von < 6 h pro Nacht die Immissionsrichtwerte der AVV-Baulärm an allen
Immissionsorten unterschritten werden.
Der Träger des Vorhabens hat damit durch die vorgelegten Gutachten nachgewiesen, dass die Vorgaben der AVV Baulärm während der Tages- und der
Nachtzeit eingehalten werden. Der Anordnung von schallmindernden Maßnahmen, die die Bautätigkeit einschränken würden, bedarf es daher im Zusammenhang mit den wasserbaulichen Maßnahmen nicht.
Aufgrund der Tatsache, dass der maßgebliche Richtwert während der Tageszeit in sämtlichen untersuchten Streckenabschnitten eingehalten wird und
sich während der Nachtzeit nur eine geringfügige Überschreitung um 1 dB
(A) an einem der 24 untersuchten Immissionensorte ergibt , erachtet die
Planfeststellungsbehörde die durch die Bauphase verursachten Schallimmissionen insgesamt als zumutbar im Sinne des Immissionsschutzrechtes.
Die Planfeststellungsbehörde übersieht dabei nicht, dass auch die Zunahme
des durch die Nassbaggerarbeiten verursachten Lärms, der innerhalb der
durch die AVV Baulärm vorgegebenen Werte liegt, für die betroffenen Anwohner eine Belästigung darstellt. Dieses wurde durch zahlreiche Einwendungen seitens der Betroffenen dokumentiert. Angesichts der oben angeführten Erwägungen sind die Belästigungen jedoch nicht als erheblich im Sinne
des Bundesimmissionsschutzgesetzes einzustufen. Die Planfeststellungsbehörde räumt den Erwägungen, die für die Verwirklichung des Vorhabens
sprechen aus den unter B.III.1 dargelegten Gründen den Vorrang ein.
350
Ergebnis der Bewertung des Baulärms – baubedingte Auswirkungen
Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass durch den Bau des planfestgestellten Vorhabens nicht mit Gesundheitsbeeinträchtigungen oder erheblichen
Belästigungen zu rechnen ist. Das Maß des Zumutbaren ist daher nicht
überschritten. Der Bau der planfestgestellten Anlage entspricht somit der
Regelung des § 22 BImSchG.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Die Ems als Schifffahrtsstraße wird zukünftig für größere Schiffsgefäße nutzbar sein. Dies wird sich nach Einschätzung der Planfeststellungsbehörde
jedoch nicht relevant auf die bestehende Immissionssituation auswirken.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Die Unterhaltungsbaggerungen werden geringere Auswirkungen verursachen, als die durch die erstmalige Herstellung der neuen Topografie verursachten
Immissionen
(hinsichtlich
der
Einzelheiten
wird
auf
Punkt
B.III.3.1.1.1 Bezug genommen). Für die bedarfgerechte Herstellung der mit
diesem Beschluss planfestgestellten Tiefen ist von einem Umfang von ca. 70
% der Erstbaggerarbeiten auszugehen. Die bei diesen Arbeiten entstehenden Immissionen sind daher ebenso wenig als schädlich im Sinne des Immissionsschutzgesetzes zu bewerten. Dies gilt auch unter Berücksichtigung
der bedarfgerechten Wiederholungen der Baggerungen.
Bewertung der Schallimmissionen insgesamt:
Vom geplanten Vorhaben (Brückenumbau und wasserbauliche Maßnahmen)
werden somit insgesamt keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen für den Menschen an den maßgebenden Immissionsorten
(schutzbedürftige Nutzungen = nächstgelegene Bebauungen) hervorgerufen.
Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass durch das planfestgestellte Vorhaben nicht mit Gesundheitsbeeinträchtigungen oder erheblichen Belästigun-
351
gen zu rechnen ist. Das Maß des Zumutbaren ist daher nicht überschritten.
Das Vorhaben entspricht somit der Regelung des § 22 BImSchG.
bb) Auswirkungen durch Luftschadstoffe
Luftschadstoffemissionen wie Stickstoffoxide, Schwefeldioxid und Staub sind
im Rahmen des Umbaus der Jann-Berghaus-Brücke durch die Abgase der
Baugeräte und des Baustellen- und Umleitungsverkehrs sowie bei den wasserbaulichen Maßnahmen durch die Abgase beim Einsatz von Hopperbaggern und den Schiffsfahrten zum Abtransport des Baggergutes (Erstbaggerungen und Unterhaltsbaggerungen) entstanden.
Mit den vorgelegten Antragsunterlagen wurde die Immissionssituation an
Luftschadstoffen auf Grundlage vorhandener Messdaten beschrieben und
die Relevanz der vorhabensbezogene Luftschadstoffemissionen beurteilt.
Relevante Bewertungsmaßstäbe im Hinblick auf den Schutz vor schädlichen
Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen sind die Immissionswerte
der TA Luft bzw. der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in
der Luft - 22. BImSchV.
Nach Nr. 4.2.1 der TA Luft ist der Schutz der menschlichen Gesundheit
durch die in Tabelle 1 der TA Luft bezeichneten luftverunreinigenden Stoffen
sichergestellt, wenn in der Gesamtbelastung die Immissionswerte der Tabelle 1 der TA Luft an keinem Beurteilungspunkt überschritten werden.
Nach den vorliegenden Immissionsmessungen der Station Ostfriesland werden die Immissionswerte der TA Luft bzw. der 22. BImSchV in der IstSituation überwiegend deutlich unterschritten. Es gibt keine Hinweise darauf,
dass es infolge der in ihrem Umfang begrenzten Luftschadstoffemissionen in
Zusammenhang mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke bzw. den wasserbaulichen Maßnahmen zu Überschreitungen der Immissionswerte der TA
Luft kommen könnte.
352
Der Schutz der menschlichen Gesundheit vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen ist nach den Maßgaben der TA Luft bzw. der
22. BImSchV sichergestellt.
cc) Auswirkungen durch Lichtimmissionen
Auch hinsichtlich der Lichtimmissionen hat die Planfeststellungsbehörde geprüft, ob die durch das Vorhaben verursachten Immissionen nach Maßgabe
des § 3 BImSchG schädlich und damit als belästigend zu bewerten sind.
Unzulässige, erheblich belästigende Lichtimmissionen sind durch das geplante Vorhaben nicht zu erwarten, da überwiegend bei Tageslicht gearbeitet
wird bzw. wurde und die vorhandenen Deiche als optische Barriere wirken.
Die Baustelle Jann-Berghaus-Brücke und die einzelnen Baggerbereiche befinden sich ausserhalb der direkten Bebauung.
Auch durch den baubedingten Umleitungsverkehr ergab sich keine unzumutbare Beeinträchtigung der Anwohner, da die Verkehrsteilnehmer großräumig
umgeleitet wurden (Westseite ab B 436/Abzweig L 15; Ostseite B
436/Abzeweig Straße "An der Seeschleuse).
dd) Auswirkungen durch Erschütterungen/Vibrationen
Weiterhin gibt es in der vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie sowie in
dem erschütterungstechnischen Bericht der Ingenieurgesellschaft Zech (Bericht Nr. LE3509.2/01 vom 31.03.2009) keine Anhaltspunkte für unzulässige
Beeinträchtigungen durch baubedingte Vibrationen bzw. Erschütterungen.
aaa) Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
-
baubedingte Auswirkungen
Zur Beurteilung der durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke verursachten Erschütterungen bzw. Vibrationen wird die DIN 4150, Teil 2 und die Erschütterungsrichtlinie des Landes Niedersachsen herangezogen. Hierin wer-
353
den Anforderungen und Anhaltswerte genannt, bei deren Einhaltung erwartet
werden kann, dass in der Regel erhebliche Belästigungen von Menschen in
Wohnungen und vergleichbar genutzten Räumen vermieden werden. Die
Beurteilung von zeitlich begrenzten Erschütterungswirkungen erfolgt hiernach in 3 Stufen:
Stufe I: Eine untere Stufe I, bei deren Unterschreitung auch ohne besondere
Vorinformation nicht mit erheblichen Belästigungen zu rechnen ist.
Stufe II: Eine mittlere Stufe II, bei deren Unterschreitung ebenfalls noch nicht
mit erheblichen Belästigungen zu rechnen ist. In diesem Fall sollten die Betroffenen aber z. B. umfassend über die Baumaßnahmen informiert und über
die Unvermeidbarkeit der zu erwartenden Erschütterungen aufgeklärt werden. Bei zunehmender Überschreitung auch dieser Stufe werden mit wachsender Wahrscheinlichkeit erhebliche Belästigungen auftreten. Ist zu erwarten, dass Erschütterungseinwirkungen auftreten, die oberhalb der Anhaltswerte der Stufe II liegen, so ist zu prüfen, ob der Einsatz weniger erschütterungsintensiver Verfahren möglich ist.
Stufe III: Eine obere Stufe III, bei deren Überschreitungen die Einwirkungen
unzumutbar sind. In diesem Fall wird die Vereinbarung besonderer Maßnahmen notwendig.
tagsüber
Für tagsüber auftretende Erschütterungseinwirkungen durch Baustellen gelten nachfolgend abgedruckte Anhaltswerte:
354
Die im Rahmen der durchgeführten Untersuchung ermittelten Werte liegen
selbst bei Annahme ungünstiger Randparameter unterhalb der Anhaltswerte
für Stufe I. Erhebliche Belästigungen durch die Rammarbeiten, die 22 Tage
in Anspruch genommen haben, konnten daher für die Tageszeit ausgeschlossen werden.
nachts
Für Erschütterungseinwirkungen während der Nacht können nachfolgend
abgedruckte Anhaltswerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit herangezogen werden.
Die für den Nachtzeitraum ermittelten Werte von KBFTr = 0,01 – 0,03 unterschreiten demzufolgen die für den Nachtzeitraum vorgegebenen Anhaltswerte. Erhebliche Belästigungen konnten daher auch für den Nachtzeitraum
ausgeschlossen werden.
355
-
anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen
Anlage- und betriebsbedingte Erschütterungswirkungen sind nicht zu erwarten.
bbb) Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Durch die Wasserbauarbeiten entstehen weder bau-, noch betriebs- oder
anlagenbedingte signifikante Erschütterungswirkungen.
Erhebliche Belästigungen oder schädliche Auswirkungen der planfestgestellten Maßnahme durch das Einwirken von Erschütterungen können daher für
die benachbarte Wohnbebauung ausgeschlossen werden.
Die möglichen
Belästigungen während des Umbaus der Brücke werden von der Planfeststellungsbehörde vor dem Hintergrund der kurzen Bauzeit als zumutbar bewertet. Den unter B.III.1 dargestellten Erwägungen, die für die Verwirklichung
des Vorhabens sprechen, ist insoweit der Vorzug einzuräumen.
b) Auswirkungen auf die Erholungsfunktion
Unter Punkt B.III.3.1.1.1 b) wurde festgestellt, dass das planfestgestellte
Vorhaben keine relevanten Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch – Teilaspekt Erholungsfunktion – verursacht.
Durch das planfestgestellte Vorhaben (Brückenumbau und wasserbauliche
Maßnahmen) werden demgemäß keine als erheblich zu bewertende nachteilige Auswirkungen auf Erholungs-/Freizeiteinrichtungen hervorgerufen.
Insgesamt werden die Auswirkungen auf die Funktionen Wohnen und Freizeit als nicht erheblich bewertet. Die maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben
werden unter Berücksichtigung der angeordneten Minimierungsmaßnahmen
eingehalten. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nicht zu erwarten. Darüber hinaus wird das Angebot an Freizeitnutzung durch die planfestgestellten
Maßnahmen nicht minimiert. Durch die seitens des Landkreises Leer als
Träger des Vorhabens für den Umbau der Brücke eingerichtete Fährverbindung war auch den Verkehrsteilnehmern, die die Autobahn nicht nutzen durf-
356
ten, eine Querung der Ems ermöglicht. So konnten insbesondere auch Fahrradfahrer und Fußgänger die Ems in unmittelbarer Nähe der Jann-BerghausBrücke queren. Auswirkungen auf die Freizeitnutzung wurden dadurch vermieden.
Das Vorhaben beschränkt nicht die Möglichkeiten zur wohnortgebundenen
Erholung, so dass es vorhabensbedingt nicht zu Beeinträchtigungen des gesundheitlichen Wohlbefindens der Menschen kommen kann.
Ergebnis der Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf den Menschen:
Nach alledem ist festzustellen, dass die Immissionsbelastung vorhabensbedingt zunimmt. Die Immissionsbelastung im untersuchten Bereich überschreitet jedoch keine maßgeblichen rechtlichen Vorgaben. In Bezug auf die Schallimmissionen ist auszuführen, dass während der Nachtstunden vorhabensbedingt keine Immissionen zu erwarten sind, die geeignet wären die Nachtruhe zu stören. Während der Tagstunden ist der Schutz der gebäudebezogenen Wohnnutzung gewährleistet. Kommunikationsstörungen sind nicht zu
erwarten. Auch ist eine Nutzung der Außenbereiche weiterhin möglich.
Die Planfeststellungsbehörde bewertet allerdings auch die Zunahme der Immissionen innerhalb des als zumutbar bewerteten Bereiches als negativ,
räumt jedoch den für das Vorhaben sprechenden Belangen den Vorrang ein.
Die Auswirkungen auf die Erholungsfunktion werden als nicht erheblich bewertet. Auch insoweit räumt die Planfeststellungsbehörde den unter B.III.1
dargestellten Erwägungen, die für das Vorhaben sprechen, den Vorrang ein.
3.1.2.2
Bewertung der Auswirkungen auf das Wasser
357
3.1.2.2.1
Bewertung der Auswirkungen auf das Grundwasser
Aus der Darstellung der bau-, anlage- und betriebsbedingten Wirkungen des
Vorhabens ergibt sich, dass weder der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
noch die vier hier zu überprüfenden wasserbaulichen Maßnahmen an der
Unterems erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das Grundwasser haben.
a) Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Maßgebende negative Auswirkungen auf das Grundwasser lassen sich aus
den Maßnahmen im Zusammenhang mit der Baustelleneinrichtung nicht ableiten, da die Maßnahmen zeitlich begrenzt sind und nicht im direkten Eingriffsbereich versickerndes Niederschlagswasser über die angrenzenden
Böschungen abfließt und in den dortigen Freiflächen versickern konnte.
Durch organisatorische und technische Maßnahmen wird Vorsorge gegen
Schadensfälle mit Freisetzung von wassergefährdenden Stoffen getroffen.
Da im Zusammenhang mit dem Einbringen der Spundwände – wie oben dargestellt – die verschiedenen Grundwasserhorizonte aufrecht erhalten werden, ergeben sich auch daraus keine erheblichen Beeinträchtigungen. Die
Tatsache, dass verschiedene Grundwasserhorizonte kurzzeitig während der
Erstellung der Fundamente miteinander in Verbindung getreten sind, wird
aufgrund des temporären Charakters nicht als erheblich bewertet.
Anlage- und betriebsbedingte erhebliche Auswirkungen sind ebenfalls nicht
erkennbar.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Durch die erstmalige Herstellung der Bedarfstiefe werden keine Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit hervorgerufen. Die wasserbaulichen
Maßnahmebereiche Emden und Leer befinden sich außerhalb der infiltrationssensiblen Strecken der nahegelegenen Wasserwerke, der Maßnahmebereich Papenburg liegt nicht in der Nähe eines Wasserwerkes oder eines
Wasserschutzgebietes. Auch bezüglich des Maßnahmebereiches Weener ist
358
nicht mit erheblichen Auswirkungen auf das Grundwasser zu rechnen. Die
Planfeststellungsbehörde folgt der Einschätzung der UVU, dass die Gefahr
von infiltrierender Wassermenge in die Wassererfassung als gering abzuschätzen ist.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Auch eine erhebliche nachteilige Beeinflussung der Grundwasserbeschaffenheit durch anlagebedingte Auswirkungen der wasserbaulichen Maßnahmen ist nicht zu befürchten. Die Veränderung der Salzgehalte ist auf den Bereich Emden beschränkt. Die Veränderung von 0,2 PSU ist im Vergleich zum
bestehenden Salzgehalt von 12-15 PSU als so gering zu bewerten, dass eine erhebliche Veränderung nicht zu befürchten ist. Eine Verschiebung der
Brackwasserzone findet nicht statt. Auch die dargestellten Veränderungen
der Tidekennwerte, die sich korrespondierend auf das emsnahe Grundwasser auswirken, stellen keine erhebliche Veränderung dar. Aufgrund der ohnehin tidebeeinflussten Grundwasserstandsschwankungen sind die anpassungsbedingten geringen Veränderungen messtechnisch nicht eindeutig erfassbar. Des Weiteren wird sich der mittlere Grundwasserstand nicht verändern, da die Anpassungsmaßnahmen den Mittelwasserstand der Ems nicht
verändern werden.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Die betriebsbedingten Auswirkungen werden keine erheblichen Beeinträchtigungen des Grundwassers nach sich ziehen. Es wird auf die Ausführungen
zu den bau- und anlagebedingten Wirkungen verwiesen.
Insgesamt sind die vorhabensbedingten Auswirkungen auf das Grundwasser
daher als nicht erheblich zu bewerten.
3.1.2.2.2
Bewertung der Auswirkungen auf das Oberflächenwasser
359
Die unter Punkt B.III.3.1.1.2.2 dargestellten Auswirkungen des Vorhabens
auf das Oberflächenwasser werden insgesamt als nicht erheblich bewertet.
Im Einzelnen ergibt sich dies aus nachfolgend dargestellten Gründen.
3.1.2.2.2.1
Auswirkungen auf die Wasserbeschaffenheit
Die unter Punkt B.III.3.1.1.2.2.1 beschriebenen Auswirkungen auf die Wasserbeschaffenheit werden wie folgt als nicht erheblich bewertet.
a) Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Beim Umbau der Jann-Berghaus-Brücke sind aufgrund der Kleinräumigkeit
des Eingriffs keine maßgeblichen Beeinflussungen der Wasserbeschaffenheit durch bau-, anlage- oder betriebsbedingte Wirkungen und kein Retentions- und Lebensraumverlust entstanden.
b) Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Auch hinsichtlich der vier wasserbaulichen Maßnahmebereiche sind keine
erheblichen Beeinträchtigungen der Wasserbeschaffenheit zu befürchten.
-
baubedingte Auswirkungen
Bau- und herstellungsbedingt kommt es im Zusammenhang mit den wasserbaulichen Maßnahmen zu den unter B.III.3.1.1.2.2.1 dargestellten negativen
Auswirkungen, insbesondere auf den Schweb- und Sauerstoffgehalt. Die dort
dargestellten Prozesse werden sich aber zeitlich und räumlich im Wesentlichen direkt auf die Durchführung der Baggermaßnahme beschränken. Bereits Stunden nach Ende der Maßnahme werden die Auswirkungen über das
Gebiet der Baggerstelle hinaus im Nährstoff-, Schwebstoff- und Sauerstoffregime aufgrund der extremen Hintergrundkonzentration der Schwebstoffe,
des hohen Eutrophierungsgrades und dem damit verbundenen Gesamtzustand des Sauerstoffgehaltes nicht nachweisbar sein.
360
Abgesehen von möglichen, dann aber schnell abklingenden Veränderungen
vor Ort der Baggerungen sind mess- und nachweisbare baubedingte Wirkungen des Vorhabens auf Salz-, Sauerstoff-, Nährstoff- und Schwebstoffgehalt der Ems demzufolge nicht zu erwarten. Unterstützt wird dies durch eine
fachliche Stellungnahmen der BfG (2006), die zu dem Ergebnis kommt, dass
durch Baggermaßnahmen die Sauerstoffverhältnisse, geprägt durch das natürliche Tidegeschehen und den vorhandenen Schwebstoffgehalten der Ems,
nicht weiter beeinflusst werden.
Weiterhin wird sich die Verbringung des Baggergutes nicht erheblich auswirken. Das Material wird auf bereits genehmigte Unterbringungsflächen an
Land oder auf bereits bestehende Klappstellen verbracht. Der Klappstellenbetrieb wird sich durch diese Maßnahme nicht wesentlich ändern.
Die Planfeststellungsbehörde bewertet die Veränderungen daher als nicht
erheblich.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Anlagebedingt ist festzustellen, dass insbesondere aufgrund der Veränderungen in der Morphologie mit geringfügigen tendenziell negativen Auswirkungen bzgl. der Schwebstoffgehalte und Sauerstoffgehalte zu rechnen ist.
Die Summe aller am Sauerstoffregime beteiligten Faktoren kann ausweislich
der UVU temporär zu einer Kombination führen, die den Sauerstoffhaushalt
zusätzlich belastet. Allerdings werden diese Auswirkungen vor dem Hintergrund der vorhandenen Tidedynamik der durch vorangegangene Ausbaumaßnahmen geprägten Ems voraussichtlich nicht messbar sein und deshalb
als unerheblich bewertet. So kommt die BAW in ihrem Gutachten zu dem
Ergebnis, dass hinsichtlich der Salzgehalte unterhalb von Terborg eine ausbaubedingte veränderung von 0,2 PSU zu erwarten ist und hinsichtlich des
Schwebstoffgehaltes
die
ausbaubedingte
Veränderung
des
mittleren
Schwebstoffgehaltes zwischen dem Wehr Herbrum und Emden mit einem
Wert bis zu 1 g/l auftreten wird, der Richtung Knock abklingt. Aufgrund der
Einbettung der anlagebedingten Prozesse in das hochdynamische System
361
aus Oberflächenabflussraten, Strömung, Tide, Turbulenz etc. seien diese
Belastungen jedoch nicht messbar bzw. prognostisch nicht zu quantifizieren.
Salz
Da die ausbaubedingte Zunahme der Salzgehalte von maximal 0,2 PSU nur
unterhalb von Terborg wirkt und diese Zunahme im Vergleich zu den dort
bestehenden Verhältnissen als geringfügige Veränderung zu bewerten ist,
liegt für dieses Kriterium der Wasserbeschaffenheit nach Auffassung der
Planfeststellungsbehörde keine erhebliche Beeinträchtigung vor. Insbesondere da sich die obere Grenze der Brackwasserzone durch die planfestgestellten Maßnahmen nicht verschieben wird.
In Bezug auf die vorhabensbedingten Änderungen der Salzgehalte ist festzustellen, dass die BAW lediglich für den Maßnahmebereich seewärts des
Sperrwerkes zu einer Zunahme in diesem Abschnitt von maximal 0,2 PSU
kommt. Für alle anderen Maßnahmebereiche wird in Bezug auf den Salzgehalt keine ausbaubedingte Änderung prognostiziert. Für die Messstation
Gandersum, wurden in der UVU Daten ausgewertet, die sich in einem Bereich von <0,5 bis 25 bewegen (vgl.Planunterlage F S.112f.). Vor dem Hintergrund dieser natürlichen starken Schwankungsbreite ist eine Zunahme
von maximal 0,2 PSU als nicht erheblich zu bewerten. Eine Änderung der für
den Parameter „Salzgehalte“ in der Tideems ermittelten Wertstufe 3, „mittel“ wird daher durch das Vorhaben nicht bewirkt.
362
Abbildung: 30-Minuten, Monats und Jahresmittelwerte für den Salzgehalt von 1986 bis
2006 in der Ems bei Gandersum (Messtation)
Schwebstoffe
Wie bereits unter Punkt B.III.3.1.1.2.2.1 dargestellt wurde, hat die BAW ausbaubedingte Änderungen des mittleren Schwebstoffgehaltes in der Ems bis
zu 1 g/l zwischen Herbrum und Emden prognostiziert. Diese Änderung wird
von der Planfeststellungsbehörde vor dem Hintergrund der in nachfolgender
Abbildung dargestellten hohen Varianz des Schwebstoffgehaltes in der Ems
als nicht erheblich bewertet.
363
Abb.: Schwebstobstoffkonzentration an den Messorten Gandersum, Terborg, Leerort
und Papenburg, monatliche Messwerte NLWKN
Eine Veränderung der für den Ist-Zustand für den Parameter „Schwebstoffe“
in der Tideems insgesamt mit der Wertstufe 1, „sehr gering“ getroffenen
Einordnung wird durch die planfestgestellte Maßnahme nicht bewirkt.
Sauerstoff
Die Veränderung der Sauerstoffgehalte durch die Erhöhung der Schwebstoffgehalte wird ebenfalls als nicht erheblich bewertet. Die maßgeblichen
Faktoren, die sich ungünstig auf die Sauerstoffsituation auswirken, werden
nicht durch das planfestgestellte Vorhaben bewirkt.
Nährstoffgehalt
Auswirkungen auf den Nährstoffgehalt sind für den partikulären Phosphatgehalt zu besorgen, da dieser vorhabensbedingt tendenziell steigen könnte.
Jedoch gehen die Gutachter von keiner Steigerung des Phosphatgehaltes
aus, da nach den Ergebnissen von Eluationsversuchen kein Phosphor
messbar aus dem Sediment remobilisiert wird. Dies gilt auch für die Bereiche, die auf Grund der Verlegung der Fahrrinne bisher noch nicht gebaggert
wurden. Aufgrund dieser Ergebnisse schließt sich die Planfeststellungsbe-
364
hörde der Sicht der Gutachter an. Dauerhafte Auswirkungen sind aufgrund
der planfestgestellten Maßnahme nicht zu erwarten. Die Auswirkungen auf
den Nährstoffgehalt, die durch die Maßnahmen verursacht werden, sind nicht
als erheblich zu bewerten.
3.1.2.2.2.2
Aus wirkungen auf das K riterium S chads toffe in S edimenten
Weder durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke, noch durch die hier anstehenden wasserbaulichen Maßnahmen werden erhebliche Beeinträchtigungen auf Grund von Lösung von Schadstoffen in den Wasserkörper bewirkt.
a) Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Da durch den Brückenumbau entsprechend der vorliegenden Untersuchungen keine Remobilisierung von Schadstoffen aus Sedimenten verursacht
wurden, ist nicht mit relevanten nachteiligen Auswirkungen zu rechnen. Mithin ist keine erhebliche Beeinträchtigung zu prognostizieren. Anlage- und
betriebsbedingte Auswirkungen auf das Kriterium Schadstoffe in Sedimenten
werden nicht bewirkt (siehe nachfolgende Tabelle).
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Da nach den Ergebnissen der vorliegenden Eluationsversuchen bei den
Baggerarbeiten weder Schwermetalle noch organische Schadstoffe und
Phosphor messbar aus dem Sediment remobilisiert werden und dies auch für
die Bereiche, die auf Grund der Verlegung der Fahrrinne bisher noch nicht
gebaggert wurden, gilt, ist von keinerlei erheblichen baubedingten Beeinträchtigung auszugehen.
Auch die ausbaubedingte Verbringung des ausgebaggerten Sediments auf
die Klappstellen und Spülfelder verursacht keine erhebliche Beeinträchtigung. Das Baggergut wird auf bereits genehmigte Unterbringungsflächen an
365
Land oder auf bereits bestehende Klappstellen verbracht. Der Klappstellenbetrieb wird sich durch diese Maßnahme nicht wesentlich verändern.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Da keine anlagebedingte Auswirkungen hinsichtlich des Kriteriums Schadstoffe in Sedimenten gegeben sind, erübrigt sich eine Bewertung.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Auch hinsichtlich der Unterhaltungsbaggerungen ist nicht mit erheblichen Beeinträchtigungen durch freiwerdende Schadstoffbelastungen zu rechnen. Die
Unterhaltungsbaggerungen bleiben im Umfang hinter den ausbaubedingten
Baggerungen zurück. Daher wird auf das oben unter dem Stichwort „baubedingte Auswirkungen“ Aufgeführte verwiesen. Aus der Tatsache, dass die Unterhaltungsbaggerungen bei Bedarf wiederholt werden, ergibt sich keine andere Bewertung.
366
Summarische Bewertung der Erheblichkeit der Maßnahmen für das Schutzgut
Wasser/ Schadstoffe in Sedimenten
367
3.1.2.2.3
Aus wirkungen auf die Hydrologie und S turmflutwas s ers tände
Die unter Punkt B.III.3.1.1.2.2.3 dargestellten Auswirkungen der planfestgestellten Maßnahmen auf die Hydrologie und die Sturmflutwasserstände werden als nicht erheblich bewertet.
a)
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Eine erhebliche Beeinträchtigung der Hydrologie sowie der Sturmflutwasserstände durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke ist auf Grund der Kleinräumigkeit der Veränderungen nicht gegeben.
b) Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Die Auswirkungen der wasserbaulichen Maßnahmen auf die Hydrologie und
die Sturmflutwasserstände werden als nicht erheblich bewertet.
Diese Bewertung begründet sich im Wesentlichen auf dem Gutachten der
BAW zur Untersuchung der Auswirkungen einer bereichsweisen Anpassung
der Unterems und des Dortmund-Ems-Kanals (BAW – Nr. A3955 03 10095).
Hierin kommt die BAW zu der Einschätzung, dass die festgestellten Änderungswerte hinsichtlich der Tidekennwerte aufgrund der verhältnismäßig
kleinen topografischen Veränderungen und den damit verbundenen kleinen
ausbaubedingten Änderungen, bei allen Tidekennwerten als so gering erweisen, dass sie nicht eindeutig durch Messungen bewiesen werden können.
Im Einzelnen:
-
baubedingte Auswirkungen
Wie bereits in der zusammenfassenden Darstellung erläutert wurde, werden
die baubedingten Auswirkungen auf die Hydologie und die Sturmflutwasserstände nicht über die anlagebedingten, die nachfolgend bewertet werden,
hinausgehen. Insofern wird auf die nachfolgende Bewertung verwiesen.
368
-
anlagebedingte Auswirkungen
Die anlagebedingten Auswirkungen der planfestgestellten Maßnahme auf die
Parameter Hydrologie und Sturmflutwasserstände werden als nicht erheblich
bewertet.
-
Tidecharakteristik
Die unter Punkt B.III.3.1.1.2.2.3 dargestellten Änderungen der Tidewasserstände werden von der Planfeststellungsbehörde als nicht erheblich bewertet. Sie bewegen sich im Bereich von Pegelungenauigkeiten. Für das mittlere
Tidehochwasser wurde eine Zunahme von bis zu 0,01 m und für das mittlere
Tideniedrigwasser eine Abnahme von bis zu 0,01 m prognostiziert, wobei die
Gutachter darauf hingewiesen haben, dass die Werte pauschal aufgerundet
wurden. Der mittlere Tidenhub wird durch die planfestgestellte Maßnahme
eine Zunahme von bis zu 0,02 m erfahren. Diese Werte sind aufgerundete
Rechenergebnisse. Nach Aussage der Gutachter sind die durch diese Maßnahme zu erwartenden Änderungen so klein, dass sie nicht eindeutig durch
Messungen bewiesen werden können.
369
Nachfolgende Abbildung stellt die Monatsmittelwerte des Tidehochwassers
an den Pegeln Papenburg und Borkum Südstrand bezogen auf Pegelnull
dar.
Diese Abbildung stellt die Monatsmittelwerte der gemessenen Tideniedrigwasser von 1950 bis 2002 an den Pegeln Papenburg in Rot und Borkum –
Südstrand in schwarz dar:
370
Vor dem Hintergrund der in den beiden Abbildungen erkennbaren natürlichen
Schwankungsbreite der Wasserstände ist die sehr geringfügige ausbaubedingte Veränderung als nicht erheblich zu bewerten.
Neuere, für das Jahr 2007 und 2008 durch das Wasser- und Schifffahrtsamt
Emden gemessen und ausgewertete, Wasserstände (Übersendung per mail
am 13. Oktober 2008) ergeben keine andere Bewertung.
-
Strömungsverhältnisse
Die unter Punkt B.III.3.1.1.2.2.3 dargestellten ausbaubedingten Veränderungen der Strömungsverhältnisse, die zumeist in einer Größenordnung von 5
cm/s anzusiedeln sind, lokal aber auch Werte von bis zu 10-15 cm/s erreichen können, werden von der Planfeststellungsbehörde als nicht erheblich
bewertet.
Für die einzelnen Maßnahmebereiche ergibt sich im Istzustand folgendes
aktuelles Bild:
Emden 2004 bis 2007 (maximale Flut- über maximalen Ebbstromgeschwindigkeiten)
371
Maximale Strömungsgeschwindigkeit schwankt zwischen ca. 8 cm/s und
231 cm/s
Das Mittel liegt bei ca. 138 cm/s (Ebbe) bzw. 149 cm/s (Flut)
Die im Mittel eines repräsentativen Spring-Nipp Zeitraumes (13.07.07 –
09.08.07) zu erwartenden Strömungsgeschwindigkeiten bewegen sich in diesem Maßnahmebereich in einer Größenordnung von bis zu 156 cm/s bei
Flutstrom sowie 134 cm/s bei Ebbestrom.
Die für diesen Bereich prognostizierte ausbaubedingte Veränderung der
maximalen Strömungsgeschwindigkeiten von ca. 5 cm/s ist im Vergleich zu
den mittleren Werten und vor dem Hintergrund der hohen natürlichen
Schwankungsbreite, die sich aus obiger Darstellung ablesen lässt, als nicht
erheblich zu bewerten.
372
Leerort 2004 bis 2007 (maximale Flut- über maximalen Ebbstromgeschwindigkeiten)
Maximale Strömungsgeschwindigkeit schwankt zwischen
ca. 5 cm/s und 194 cm/s.
Das Mittel liegt bei ca. 101 cm/s (Ebbe) bzw. 130 cm/s (Flut)
Die im Mittel eines repräsentativen Spring-Nipp Zeitraumes (13.07.07 –
09.08.07) zu erwartenden Strömungsgeschwindigkeiten bewegen sich in diesem Maßnahmebereich in einer Größenordnung von bis zu 102 cm/s bei
Flutstrom sowie 89 cm/s bei Ebbestrom.
Die für diesen Bereich prognostizierte ausbaubedingte Veränderung der maximalen Strömungsgeschwindigkeiten von ca. 5 cm/s ist im Vergleich zu den mittleren Werten und vor dem Hintergrund der starken natürlichen Schwankungsbreite (vgl. oben abgedruckte Darstellung) als nicht erheblich zu bewerten.
Weener 2004 bis 2007 (maximale Flut- über maximalen Ebbstromgeschwindigkeiten)
373
Maximale Strömungsgeschwindigkeit schwankt zwischen
ca.6 cm/s bis 171 cm/s.
Das Mittel liegt bei ca. 97 cm/s (Ebbe) 98 cm/s (Flut)
Die im Mittel eines repräsentativen Spring-Nipp Zeitraumes (13.07.07 –
09.08.07) zu erwartenden Strömungsgeschwindigkeiten bewegen sich in diesem Maßnahmebereich in einer Größenordnung von bis zu 103 cm/s bei
Flutstrom sowie 99 cm/s bei Ebbestrom.
Für diesen Bereich wurde eine ausbaubedingte Veränderung der maximalen
Strömungsgeschwindigkeiten von bis zu 15 cm/s prognostiziert. Auch diese
Veränderung wird von der Planfeststellungsbehörde vor dem Hintergrund der
hohen Schwankungsbreite und in Relation zu den mittleren Werten als nicht
erheblich bewertet.
374
Papenburg 2004 bis 2007 (maximale Flut- über maximalen Ebbstromgeschwindigkeiten)
Die Maximale Strömungsgeschwindigkeit schwankt zwischen ca. 2 cm/s bis
193 cm/s. Im Falle des mittleren Oberwassers Schwankungen von 70 cm/s
bis 0,95 m/s. Das Mittel liegt bei ca. 80 cm/s (Ebbe) und ca. 76 cm/s (Flut)
Die im Mittel eines repräsentativen Spring-Nipp Zeitraumes (13.07.07 –
09.08.07) zu erwartenden Strömungsgeschwindigkeiten bewegen sich in diesem Maßnahmebereich in einer Größenordnung von bis zu 90 cm/s bei Flutstrom sowie 85 cm/s bei Ebbestrom.
Für den Bereich Papenburg wurde eine ausbaubedingte Veränderung der
maximalen Strömungsgeschwindigkeiten in einer Größenordnung von bis zu
10 cm/s prognostiziert. Auch diese Veränderung wird von der Planfeststellungsbehörde vor dem Hintergrund der hohen natürlichen Schwankungsbreite und in Relation zu den mittleren Werten als nicht erheblich bewertet.
Angesichts dieser Werte, die die Strömungsverhältnisse in den einzelnen
Maßnahmebereichen vor Beginn der Ausbaumaßnahme darstellen, ist die
durch die Ausbaumaßnahme eintretene Veränderung als nicht erheblich zu
375
bewerten. In diesem Zusammenhang wird ergänzend darauf hingewiesen,
dass sich die prognostizierten Strömungsgeschwindigkeitsveränderungen
lediglich im Bereich der einzelnen Baggerabschnitte manifestieren.
-
Schwebstoffregime
Die ausbaubedingten Veränderungen des Schwebstoffregimes werden als
nicht erheblich bewertet. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter B.III.3.1.2.2.2.1 Bezug genommen.
Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich der Prognose – Zustand aus
hydrologischer Sicht nach Durchführung der planfestgestellten Maßnahme
nicht signifikant vom Istzustand unterscheiden wird. Dies gilt neben den
Kenngrößen Tidecharakteristik und Strömungsverhältnisse auch für den Aspekt der Sedimenttransporte.
376
Tabelle 39: Summarische Bewertung der Erheblichkeit der Maßnahmen für das
Schutzgut Wasser/Hydrologie
377
-
Sturmflutszenarien
Die dargestellten (rechnerischen) Änderungen der Sturmflutscheitelwasserstände verändern nach Einschätzung der BAW, der sich die Planfeststellungsbehörde anschließt, nicht das bestehende Hochwasserschutzniveau.
Die planfestgestellten Anpassungen werden daher als hochwasserneutral
bewertet.
3.1.2.2.2.4
Auswirkungen auf die Morphologie
Es sind durch den Ausbau keine erheblichen Beeinträchtigungen der Morphologie bewirkt.
a)
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke verursacht im Vergleich zum Istzstand keine signifikanten bau, anlage- oder betriebsbedingten Auswirkungen
auf die Morphologie. Der Veränderung der Gewässersohle durch den Pfeiler
6a wurde durch den Rückbau des alten Pfeilers 6 ausgeglichen. Der zusätzliche Verbau während der Bauphase führte nur kleinräumig und temporär zu
Morphlogieänderungen.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Die baubedingten Wirkungen des Vorhabens auf die Morphologie werden als
nicht erheblich bewertet. Nennenswerte morphologische Umstrukturierungen
werden durch die Maßnahme nicht verursacht. Im Bereich Emden handelt es
sich um Arbeiten in der bereits vorhandenen Fahrrinne. Bei den übrigen Bereichen, die durch die Maßnahme betroffen sind ist insgesamt gesehen festzustellen, dass zwar im Nahfeld der Fahrrinne nunmehr Bereiche gebaggert
werden können, die bislang nicht durch Baggerungen betroffen waren, auf
der anderen Seite jedoch auch Flächen aus der bisherigen Unterhaltung herausgenommen werden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die detaillierte
Darstellung unter Punkt B.III.3.1.1.2.2.4 verwiesen. Generell kommt es bau-
378
bedingt zwar örtlich zu einer Änderung der Morphologie. Eine Veränderung
der Wertigkeit ergibt sich daraus nicht, da der Anteil gebaggerte und ungebaggerte Bereiche weitgehend erhalten bleibt und lediglich räumliche Verschiebungen der entsprechenden Bereiche auftreten. Die Planfeststellungsbehörde bewertet die maßnahmebedingten Umstrukturierungen im Ergebnis
als nicht erheblich.
Die durch das Baggern verursachte Aufwirbelung von Sedimenten ist nur
vorübergehend und lokal auf die Baggerbereiche beschränkt. Sie wird daher
als nicht erheblich bewertet.
Die Unterbringung des Baggergutes aus den Bereichen Papenburg, Weener
und Leerort erfolgt auf bereits bestehende Spülfelder an Land im Rahmen
der hierfür geltenden Randbedingungen, so dass die Landunterbringung in
diesem Verfahren nicht bewertet werden muss. Die Unterbringung an Land
wurde bereits in den entsprechenden landesrechtlichen Verfahren bewertet.
Für das bei der Erstbaggerung anfallende Baggergut aus dem Bereich Emden ist eine Unterbringung auf den bereits bestehenden Klappstellen 5 und 7
in der Außenems vorgesehen. Bei der Erstbaggerung werden hier ca. 87.000
m3 anfallen. Vor dem Hintergrund einer durchschnittlichen jährlichen Beaufschlagung der beiden Klappstellen von ca. 5,16 Mio m3 ist die Menge der
Erstbaggerung als im Rahmen des durchschnittlichen Betriebs der Klappstelle anzusehen. Erhebliche Auswirkungen sind hierdurch nicht zu erwarten.
Ergänzend ist in diesem Zusammenhang anzuführen, dass die Klappstellen
5 und 7 bereits in der Vergangenheit durch die Bundesanstalt für Gewässerkunde untersucht wurden. Als Ergebnis der Untersuchung wurde festgestellt,
dass das Ems-Ästuar durch Das Baggern und verklappen nicht gravierend
beeinträchtigt wird, da sich u.a. das gesamte System natürlicherweise dynamisch darstellt (D&M „Unterhaltungsbaggerungen“ S.7 mwN)
379
-
anlagenbedingte Auswirkungen
Unter Punkt 3.1.1.2.2.4 wurden die morphologischen Verhältnisse der betroffenen Ausbauabschnitte im Istzustand ausführlich dargestellt. Es wurden
starke antrophogene Einflüsse dargestellt, insbesondere die bereits bestehende Asymmetrie der Tidekurve. Vor diesem Hintergrund sind die dargestellten zu erwartenden Auswirkungen der planfestgestellten Maßnahme als
nicht erheblich zu bewerten.
Durch die in Abschnitt 3.1.1.2.2 beschriebenen Entwicklungen infolge der
Baumaßnahmen wird sich der langfristige morphologische Trend nur unwesentlich verändern. Es wird nach Aussage der BAW weiterhin (ausbauunabhängig) eine starke Tendenz zur Verschlickung (Unterems, Zufahrt zu den
Häfen, Freizeitanlagen) vorherrschen (BAW, 2007).
Nach den Prognosen der BAW, denen sich die Planfeststellungsbehörde anschließt, werden im Vergleich zur derzeitigen Situation keine mess/nachweisbaren Veränderungen für die Morpho- und Sedimentdynamik erwartet, so dass keine Anhaltspunkte für etwaige diesbezüglich erhebliche
Auswirkungen vorliegen.
So hat die BAW für die ausbaubedingten Änderungen des mittleren Schwebstoffgehaltes in der Ems einen Wert bis zu 1 g/l ermittelt. Vor dem Hintergrund der großen Bandbreite der Schwebstoffführung des Emsästuars, das
an der Gewässersohle lokal Schwebstoffgehalte mit Werten bis über 300 g/l
aufweist (BAW A39550310095 S.6), ist eine Änderung in der vorstehend genannten Größenordnung nicht als signifikant anzusehen. Die Änderungen
werden nach Aussage der Fachgutachter nicht messbar sein. Sie werden im
Hintergrundrauschen der natürlichen Variabilität untergehen. Die Auswirkungen werden daher als nicht erheblich bewertet. Die Planfeststellungsbehörde
schließt sich dieser Auffassung an.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Die betriebsbedingten Auswirkungen bleiben hinter den vorstehend bewerteten bau- und anlagebedingten Wirkungen zurück und werden daher ebenfalls
als nicht erheblich bewertet. Dies gilt auch unter Berücksichtigung ihrer Wiederholung im Bedarfsfall.
380
Für die vorhabensbedingten Unterhaltungsbaggerungen wird, wie unter
Punkt 3.1.1.2.2.4 dargestellt, eine Unterhaltungsbaggermehrmenge von rund
90.000 m³ pro Baggerkampagne als worst case angenommen. Hiervon werden ca. 30.000 m3, die für die Überführung eines Bemessungsschiffes notwendig wird, landseitig auf bereits genehmigte Spülfelder untergebracht.
Weitere ca. 60.000 m3 aus dem Maßnahmebereich Emden werden auf die
bereits bestehenden Klappstellen 5 und 7 untergebracht. Angesichts der
durchschnittlichen Jahresgesamtmenge von ca. 5,16 Mio m3 auf beide
Klappstellen, ist die vorhabensbedingte Baggermehrmenge von maximal
0,06 Mio m3 als nicht signifikant anzusehen. Diese Menge stellt ca. 1 % der
Gesamtunterbringungsmenge dar. Zusätzliche ökologische Auswirkungen
auf das System sind hierdurch nach Auffassung der Fachgutachter nicht zu
erwarten. Dieser Meinung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an, zumal die Unterhaltungsbaggerungen in dieser Größenordnung nur im Bedarfsfall notwendig sein wird. Die Wasserstraßen werden nicht permanent auf dieser Tiefe gehalten.
Fazit Morphologie:
Insgesamt ist festzustellen, dass sich durch das planfestgestellte Vorhaben
die Bewertung des Istzustandes für die einzelnen Bereiche nicht verändert.
Die Bereiche DEK, Herbrum bis Papenburg sowie Papenburg bis Leerort
werden auch nach Verwirklichung der Maßnahme hinsichtlich des Aspektes
Morphologie mit der Wertigkeit 2 zu bewerten sein. Der Bereich Leerort bis
Emden mit der Wertigkeit 3 bis 4 und der Bereich Emden bis Knock mit der
Wertstufe 1. Das planfestgestellte Vorhaben bewirkt insofern keine Veränderung der Wertstufen. Baubedingt treten örtlich begrenzte Veränderungen der
Morphologie auf, anlage- und betriebsbedingt bewegen sich die prognostizierten Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens, die räumlich auf
wenige Ausbaukilometer begrenzt sind, in einem Bereich, der angesichts der
vorhandenen Vorbelastung des Gebietes selbst mit modernsten Messmethoden nicht nachweisbar sein wird.
381
Zusammenfassung Schutzgut „Wasser“
Mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke und den wasserbaulichen Maßnahmen zur Anpassung der Unterems sind keine erheblichen nachteiligen
Auswirkungen auf das Grundwasser (Grundwasserbeschaffenheit, Grundwasserstände, Wechselwirkungen Fluss-/Grundwasser) verbunden.
Beim Oberflächenwasser wurden folgende Aspekte unterschieden:
•
Wasserbeschaffenheit
(insbesondere Schweb-/Sauerstoffgehalt, Nährstoff-/Salzgehalt
•
Schadstoffe in Sedimenten (Remobilisierungspotenzial)
•
Hydrologie und Sturmflutwasserstände
382
(Tidecharakteristik, Strömungsverhältnisse, Schwebstoffregime, Sturmflutszenarien)
•
Morphologie
(Struktur der Gewässersohle, Sedimentations-/Verschlickungsprozesse)
Die Aufgliederung diente lediglich der Strukturierung von Sachverhalten/aspekten. Die Einzelaspekte stehen in vielfältigen, komplexen bzw. sich gegenseitig bedingenden Wechselbeziehungen/-wirkungen und bestimmen in
ihrem Zusammenwirken die Wertigkeit des Schutzgutes Wasser. Zusammenfassend ist festzustellen, dass weder bei den Einzelaspekten noch in der Gesamtheit des Schutzgutes Wasser erhebliche nachteilige Auswirkungen erwartet werden. Die als unerheblich bewerteten Auswirkungen des Vorhabens
auf das Schutzgut Wasser sind zulässig. Die mit den Ausbauvorhaben verfolgten Ziele der bedarfsgemäßen Entwicklung der Unterems und des DEK
und die damit einhergehende Sicherung und Entwicklung der am Standort
Papenburg gebundenen Arbeitsplätze sowie die Arbeitsplätze der Zulieferer
werden von der Planfeststellungsbehörde als vorzügswürdig erachtet.
Auch nach Einschätzung des NLWKN werden durch die wasserbaulichen
Maßnahmen keine wesentlichen nachteiligen Auswirkungen erwartet, da die
Maßnahmen eher als gering eingeschätzt und nur temporär umgesetzt werden Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass sich die Auswirkungen in Kumulation mit anderen Vorhaben anders darstellen könnten (Stellungnahme
vom 07.06.2007). Der Gesichtspunkt der Kumulation wird von der Planfeststellungsbehörde unter dem Aspekt der FFH-Verträglichkeit des planfestgestellten Vorhabens geprüft, auf die insoweit Bezug genommen wird.
Seitens des BfN wird die Bewertung der Planfeststellungsbehörde ebenfalls
unterstützt (Stellungnahme vom 07.06.2007). Begründet wird dies mit der
zeitlichen und räumlichen Begrenzung der Baggerungen.
Zur Bewertung des Vorhabens in Zusammenhang mit der Wasserrahmenrichtlinie wird auf die Ausführungen unter B.III.3.1.3.3 verwiesen.
383
3.1.2.3
Bewertung der Auswirkungen auf den Boden
Fachgesetzlicher Bewertungsmaßstab zum Schutz des Bodens ist das Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG). Zweck des BBodSchG ist es, nachhaltig die Funktionen des Bodens zu sichern und wieder herzustellen. Hierzu
sind u.a. schädliche Bodenveränderungen abzuwehren und Vorsorge gegen
nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen.
Gewässerbetten gehören nicht zu den Böden im Sinne des BBodSchG.
Die Böden in den Maßnahmenbereichen wurden in der UVU auf Grundlage
vorhandener Daten beschrieben und bewertet. Die Wertigkeit der Böden des
Deichvorlandes ist demnach als „hoch“ bis „sehr hoch“ einzustufen.
Betrachtungsrelevant ist insbesondere, inwieweit im Rahmen der Umbaumaßnahmen der Jann-Berghaus-Brücke Böden durch die temporäre Baustelleneinrichtung beansprucht werden bzw. inwieweit sich infolge der wasserbaulichen Maßnahmen durch veränderte morphologisch-hydrologische Rahmenbedingungen Einflüsse/Veränderungen für die Böden im Umfeld der Ems
ergeben können.
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
baubedingte Auswirkungen
Für die Dauer der ca. 14-monatigen Bauphase wurden hochwertige MarschBöden durch Aufschüttungen/Verdichtungen und Schotterfestigungen auf
einer Flächen von insgesamt 3.335 m² in ihren natürlichen Funktionen temporär erheblich in Anspruch genommen. Zwar sind die verdichteten Böden
nach Beendigung der Baumaßnahme zur Minderung der negativen Wirkungen zu lockern. Es ist dennoch von einer erheblichen Beeinträchtigung des
Schutzguts Boden und damit der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts auszugehen.
Zur Kompensation sämtlicher festgestellter erheblicher Eingriffe wird entsprechend der Darstellung im Landespflegerischen Begleitplan eine Fläche
in der Gemarkung Bingum von insgesamt 8.270 m² der landwirtschaftlichen
Nutzung entzogen und der Sukzession überlassen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Darstellung im LBP Bezug genommen.
384
Diese Maßnahme ist als Ersatzmaßnahme zu werten, da mit ihr die beeinträchtigten Funktionen und Werte des Naturhaushalts an anderer Stelle des
vom Eingriff betroffenen Raums in ähnlicher Art und Weise wiederhergestellt
werden. Eine Kompensation in Form des Ausgleichs ist nicht möglich, da im
Umfeld des Eingriffsbereichs bereits hochwertige Lebensräume bestehen,
die nicht sinnvoll weiter aufzuwerten sind und eine kurzfristige Flächenverfügbarkeit nicht erreichbar ist. Der Eingriff ist nicht deshalb unzulässig, weil
die Beeinträchtigung nicht durch vorrangige Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden kann.
Mit der Ersatzmaßnahme wird die festgestellte erhebliche (temporäre) Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts bezogen auf das
Schutzgut Boden sachgerecht und in ihrem Umfang hinreichend kompensiert; sie ist zugleich erforderlich (vgl. auch Schutzgut Pflanzen).
Schließlich ist festzustellen, dass die Träger des Vorhabens überzeugend
dargelegt haben, dass sich die als erheblich bewerteten Beeinträchtigungen
nicht vermeiden ließen. Der Eingriff ergibt sich aus dem Erfordernis der Umbaumaßnahme. Der Umbau der Jann-Berghaus- Brücke ist Bestandteil der
Anpassungsmaßnahmen an der Unterems zur Überführung großer Werftschiffe. Die Notwendigkeit der Anpassungsmaßnahmen ist durch die Vergrößerung der Abmessungen der vom Werftstandort Papenburg aus zu überführenden Schiffe begründet. Die geplante lichte Durchfahrtsbreite der JannBerghaus- Brücke von rd. 57 m ergibt sich aus den Schiffsabmessungen unter Berücksichtigung der nach bisherigen Erfahrungen mit Überführungen
erforderlichen Sicherheitsabstände, abgestimmt auf die Abmessungen des
Sperrwerks. Für die Durchführung der Baumaßnahme war es notwendig,
Flächen für den Baubetrieb zu beanspruchen. Ansonsten wäre der Umbau
der Jann- Berghaus- Brücke nicht möglich gewesen (Stellungnahme regionalplan & uvp planungsbüro peter stelzer GmbH per E-Mail vom 14.04.2011).
Dieser Einschätzung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an.
Die Kompensationsmaßnahme wurde bereits umgesetzt, da sie für die Genehmigung der vorläufigen Anordnung von Teilmaßnahmen, die durch diesen Beschluss ersetzt wird, erforderlich war.
385
Der Ist-Zustand wird nach Beendigung der Baumaßnahmen wieder weitgehend hergestellt; den Anforderungen des Bundesbodenschutzgesetzes wird
entsprochen.
-
anlagenbedingte Auswirkungen
Wir unter Punkt B.III 3.1.1.3 erläutert, verbleiben nach dem Umbau der JannBerghaus-Brücke keine anlagebedingten Auswirkungen auf den Boden.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Im Zusammenhang mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke und dem
zukünftigen Verkehr auf der umgebauten Jann-Berghaus-Brücke ergeben
sich durch das Ausbauvorhaben keine betriebsbedingten Auswirkungen auf
den Boden. Die Verkehrssituation wird sich gegenüber dem bisherigen IstZustand nicht verändern. Es werden demzufolge durch das Vorhaben keine
zusätzlichen Auswirkungen auf das Schutzgut Boden durch Schadstoffeintrag oder Reifenabrieb verursacht.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Nach den Prognosen der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW, 2007) ist davon auszugehen, dass sich in den Außendeichsbereichen keine Auswirkungen auf die vorkommenden Bodentypen ergeben (UVU). Bereits derzeit werden bei entsprechenden Hochwasserereignissen die Rohmarschböden im
Rahmen der natürlichen Dynamik überflutet. Veränderungen/Auswirkungen
sind nach der UVU nicht zu besorgen. Wie in Zusammenhang mit dem
Schutzgut Wasser erläutert, werden nur sehr geringe, nicht messbare Veränderungen des Grundwasserstandes erwartet.
Die binnnendeichs gelegenen Böden werden durch das Vorhaben im Wasserkörper der Ems nicht beeinträchtigt.
386
Auswirkungen/Beeinträchtigung der Böden in den Außen- und Innendeichsbereichen durch die wasserbaulichen Maßnahmen sind nicht zu besorgen.
-
anlagenbedingte Auswirkungen
Auch im Zeitraum nach den Baggerungen bis zum Einstellen der ursprünglichen hydro- und morphologische Verhältnisse werden keine nachteilige
Auswirkungen für die Böden im Umfeld der Ems erwartet.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Nach Art und Weise entsprechen die Auswirkungen der Unterhaltsbaggerungen den Baggertätigkeiten zur erstmaligen Herstellung der erforderlichen
Fahrrinnentiefe. Jedoch treten die Auswirkungen der Untehaltungsbaggerrungen periodisch wiederkehrend auf. Prinzipell decken die Aussagen unter dem
Aspekt baubedingte Auswirkungen jedoch auch die Unterhaltsbaggerungen,
da keine zusätzlichen Wirkpfade hinzukommen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Vorhaben mit den Zielvorgaben und den Grundsätzen des Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) in
Einklang steht.
Die Träger des Vorhabens haben geeignete Kompensationsmaßnahmen für
die erhebliche Beeinträchtigung während der temporären Baustelleneinrichtung sowie Rückbau- und Rekultivierungsmaßnahmen im Baustellenbereich
durchgeführt.
Im Ergebnis verbleiben daher keine schädlichen Bodenveränderungen oder
unzulässige Beeinträchtigungen von Bodenfunktionen. Der Schutz des Bodens ist nach den Maßgaben des BBodSchG sichergestellt.
387
3.1.2.4
Bewertung der Auswirkungen auf Klima und Luft
Klima
Das geplante Vorhaben führt zu keinen Veränderungen klimawirksamer Faktoren/Landschaftsbestandteilen, so dass Veränderungen bzw. erhebliche
nachteilige Auswirkungen auf das Mikroklima bzw. das regionale/lokale Klima
von vorne herein aufgrund fehlender Wirkungsbeziehungen ausgeschlossen
werden können.
Ein Verlust oder eine erhebliche Minderung von Klimaschutzfunktionen im
Sinne der Nr. 1.1.1.4 des Anhangs 1 der UVPVwV oder Beeinträchtigungen
des Klimas im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 4 des Bundesnaturschutzgesetzes
liegen demzufolge nicht vor.
Luft
Um die Belastung der Luft durch Schadstoffe bewerten zu können, stehen
mehrere Bewertungsmaßstäbe zur Verfügung. Diese haben unterschiedliche
Verbindlichkeit sowie zum Teil verschiedene Schutzausrichtungen. Als
Rechtsvorschriften stehen das Bundesimmissionsschutzgesetz und die entsprechenden Durchführungsvorschriften (22. BImSchV) zur Verfügung. Bedeutung hat auch als Allgemeine Verwaltungsvorschrift die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft). Die TA Luft gilt vorrangig für nach
dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftige Anlagen. Sie
enthält Anforderungen zum Schutz vor und zur Vorsorge gegen schädliche
Umwelteinwirkungen
durch
Luftverunreinigungen,
ausgenommen
zum
Schutz gegen Gerüche. Das planfestgestellte Vorhaben ist keine genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Die
Planfeststellungsbehörde zieht die Werte der TA Luft dennoch als Orientierung heran, da z.B. der Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit
sichergestellt ist, sofern die Gesamtbelastung die vorgegebenen Immissionswerte der TA Luft nicht überschreitet. Die gilt auch für den Schutz vor
schädlichen Umwelteinflüssen. Die Planfeststellungsbehörde zieht daher die
Vorgaben der TA Luft als Orientierungshilfe für die Frage der Erheblichkeit
der vorhabensbedingten Auswirkungen heran.
388
Die Luftqualitäts-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 96/62/EG von 1996) und deren
Tochterrichtlinien bilden die Grundlage der europäischen Luftreinhaltestrategie. In den schadstoffspezifischen Tochterrichtlinien sind Durchführungsbestimmungen und Grenzwerte für die einheitliche Erfassung, Beurteilung und
Kontrolle der Luftqualität festgelegt. Dieses Regelwerk wurde durch die Novellierung der Verordnung über Immissionswerte (22. BImSchV) im Jahr
2002 in nationales Recht umgesetzt.
In Bezug auf die Immissionsgrenzwerte unterscheiden die Vorschriften nach
verschiedenen Schutzgütern (Schutzziel menschliche Gesundheit und
Schutzziel Ökosysteme und Vegetation). Die Bewertung der Auswirkungen
auf das Schutzgut Luft im Hinblick auf den Schutz der menschlichen Gesundheit erfolgt daher im Zusammenhang mit der Bewertung der Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch (Punkt 3.1.2.1) auf die insoweit verwiesen
wird.
In Bezug auf die Schutzziele Ökosystem und Vegetation ist festzustellen,
dass eine Beeinflussung der angrenzenden Flora und Fauna nicht zu erwarten ist.
-
bau- und betriebsbedingte Auswirkungen
Es gibt keine Hinweise darauf, dass es infolge der Luftschadstoffemissionen
in Zusammenhang mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke bzw. den
wasserbaulichen Maßnahmen zu Überschreitungen der Immissionswerte der
22. BImSchV bzw. TA Luft kommen könnte.
Durch die Bautätigkeiten sowie die vorhabensbedingten zusätzlichen Unterhaltungsbaggerungen wird sich die derzeitige Emissions-/Immissionssituation
an
Luftschadstoffen
nur
unwesentlich
verändern.
Wie
unter
Punkt
B.III.3.1.1.4 umfangreich dargestellt, ist der Istzustand im Bereich des planfestgestellten Vorhabens so zu beschreiben, dass die betrachteten Stoffklassen alle unterhalb der nach TA Luft und der 22. BImSchV einzuhaltenden
Grenzwerte liegen. So beträgt beispielsweise bei der Stoffgruppe Schwefel-
389
dioxid der Anteil im Istzustand weniger als 10% der zulässigen Belastung.
Eine Überschreitung ist durch den geringfügigen und nur temporären Einsatz
weiterer emissionsverursachender Maschinen nicht zu erwarten. So erhöht
sich der Schiffsverkehr temporär bei Herstellung der Erstbaggerung um ca.
2% im Vergleich zu dem jährlichen Schiffsaufkommen. In Hinblick auf die
Unterhaltungsbaggerungen liegt der Wert pro Maßnahme bei ca. 1/3%.
390
-
anlagebedingte Auswirkungen
Es sind keine relevanten anlagebedingten Auswirkungen zu besorgen.
Insgesamt ist daher festzustellen, dass die Planfeststellungsbehörde die
ausbaubedingten Auswirkungen auf das Schutzgut Luft als nicht erheblich
bewertet. In Bezug auf die als nicht erheblich eingestuften, geringfügigen
Auswirkungen sieht die Planfeststellungsbehörde das Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens als vorrangig an.
3.1.2.5
Bewertung der Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und die biologischen Vielfalt
3.1.2.5.1
Bewertung der Auswirkungen auf Tiere
3.1.2.5.1.1
Marine Säuger
a)
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Schweinswale treten nicht bzw. nur in in sehr seltenen Ausnahmefällen im
Bereich der Jann-Berghaus-Brücke auf. Auswirkungen auf diese Tiere sind
durch die Maßnahme nicht zu besorgen
Die nächstgelegenen Seehundbestände befinden sich ca. 21 km stromabwärts der Jann-Berghaus-Brücke im Umfeld des Emder Hafens. Bau-, anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen auf Seehunde durch die Umbaumaßnahmen der Jann-Berghaus-Brücke sind bereits aufgrund der Entfernung auszuschließen.
b)
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Schweinswale treten im Bereich der wasserbaulichen Maßnahmen nicht regelmäßig auf, dennoch ist besonders im Frühjahr eine Frequentierung des
Emder Fahrwassers nicht auszuschließen.
Der Seehund frequentiert regelmäßig die in der Nähe zu den wasserbaulichen Maßnahmenbereichen Emden Ems-km 40,0 – 40,5 sowie Ems-km
31,0-37,0 befindliche Sandplate Geisesteert.
391
Die Wertigkeit der Schweinswal- und Seehundbestände wurde nach den Kriterien „Natürlichkeit des Bestandes“ und „Ökologische Funktionen des Gebietes als „mittel“ eingestuft.
-
baubedingte Auswirkungen
Nach den Ausführungen unter B.III.3.1.1.5 sind keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die Schweinswal- und Seehundvorkommen einschließlich der Seehundliegeplätze durch die in geringem Umfang erforderlichen zusätzliche Schiffsverkehre und Bagger- bzw. Verklapptätigkeiten
(Erstbaggerung) zu erwarten. Schweinswale können den langsam operierenden Schiffen ausweichen. Eine Störung der Seehunde auf den Liegeplätzen
ist durch die vorhabensbedingte Zunahme der Baggeraktivitäten grundsätzlich möglich, doch zeigt der Seehundbestand und die –verteilung im Istzustand, dass sich die Seehunde von den derzeitigen Schiffsbewegungen offensichtlich nicht signifikant stören lassen bzw. vertrieben werden. Eine vorhabensbedingte Zunahme des Schiffsverkehrs und damit der Störungen erscheint angesichts der bereits vorhandenen starken Schiffsbewegungen für
die Seehunde als nicht relevant. Eine Aufgabe der Liegeplätze wird nicht erwartet.
Auch eine mögliche temporäre und örtlich begrenzte Beeinträchtigung der
Nahrungsgrundlage und der Nahrungsbereiche werden für Schweinswal und
Seehund nicht auftreten, da sich der Fischbestand nicht nennenswert ändert.
Beide Säugerarten können außerdem ohne weiteres in andere Bereiche
ausweichen. Die baubedingten Auswirkungen werden daher als nicht erheblich bewertet.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde sind keine relevanten anlagebedingten Auswirkungen durch Zunahme des Tidenhubs und der Veränderung weiterer hydrologischer Parameter auf Schweinswale und Seehunde
erkennbar, da die Veränderung dieser Parameter im Verhältnis zu der hohen
392
Variabilität des Lebensraumes als sehr schwach angesehen wird. Ein verändertes Verhalten der Tiere oder eine Veränderung der Bestände wird bezüglich der anlagebedingten Auswirkungen nicht erwartet.
Erhebliche anlagebedingte Auswirkungen sind nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde auszuschließen.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Hinsichtlich der Unterhaltungsbaggerungen sind die oben genannten Ausführungen zu den baubedingten Auswirkungen heranzuziehen. Auch die Unterhaltungsbaggerungen, die vom Umfang her geringer sein werden, als die
Erstbaggerung, werden von der Planfeststellungsbehörde als unerheblich
bewertet. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der regelmäßig bei Bedarf wiederkehrenden Baggerarbeiten. Störungen durch die Arbeiten können zwar
eintreten, doch werden diese maximal zu Verhaltensänderungen (z.B. Ausweichen) führen Eine vorhabensbedingte Bestandsveränderung ist nicht für
die marinen Säuger zu erwarten.
Insgesamt ist daher festzustellen, dass sich für das Schutzgut Tiere – marine
Säuger – durch die planfestgestellten Maßnahmen die Wertstufe nicht verändert. Auch nach Verwirklichung des Vorhabens ist die Wertigkeit sowohl
der Schweinswalvorkommen als auch der Seehundbestände als „mittel“
einzustufen. Eine vorhabensbedingte erhebliche Beeinträchtigung ist aus
Sicht der Planfeststellungsbehörde auszuschließen.
Die dennoch verbleibenden sehr geringfügigen Auswirkungen (Störungen)
auf das Schutzgut Tiere – marine Säuger – treten nach Bewertung der Planfeststellungsbehörde hinter den Vorteilen, die mit der Verwirklichung des
Vorhabens verbunden sind, zurück.
393
3.1.2.5.1.2
a)
Fische / Rundmäuler
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Auswirkungen auf die Fischfauna 2 wurden aus den unter Ziff. 3.1.1.5.1.2 genannten Erwägungen für den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke nicht prognostiziert. Die Planfeststellungsbehörde schließt sich der Auffassung der
Fachgutachter an. Maßgeblich ist dabei, dass es sich um eine kleinräumige,
zeitlich begrenzte Maßnahme handelt, für die Vermeidungsmaßnahmen angeordnet wurden (vgl. A.II 5) die insbesondere die Aufwärtsbewegungen und
die Laichzeit der Finte umfassen und Beeinträchtigungen ausschließen.
b)
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
In der UVU wurde die Ist-Situation der Fischfauna auf Grundlage vorhandener Daten und ergänzender Datenerhebungen beschrieben. Die Wertigkeit
des Ist-Zustandes der Fischfauna wurde für die Unterms insgesamt als
„hoch“ eingestuft. Die Planfeststellungsbehörde erachtet das zur Auswertung
herangezogene Datenmaterial als ausreichend und schließt sich der Einstufung des Ist-Zustandes an. Es gibt keine Anhaltspunkte, die eine andere Bewertung erfordern würden.
-
baubedingte Auswirkungen
Im Rahmen der UVU wurden baubedingt folgende potenzielle Auswirkungen
der wasserbaulichen Maßnahmen auf die Fischfauna betrachtet:
•
Vergrämung durch Lärm und Schwebstoffe; physiologische Schädigungen durch Sauerstoffdefizite und Trübstoffe; Beeinträchtigung des Aufstiegs diadromer Arten
•
Erhöhte Mortalität durch Baggereinwirkung
•
Beeinträchtigung des Fraßerfolgs von Individuen (Makrozoobenthos)
•
Habitatveränderungen (Sediment)
•
Zusätzliche Schiffverkehre (Baggerfahrten)
2
Der Begriff „Fischfauna“ schließt die Rundmäuler im vorliegenden Text mit ein.
394
•
Auswirkungen auf die Fischfauna der Nebenflüsse und den Fortbestand
mariner Fischarten
Während der Bauphase kommt es zu (sehr) gering bis mäßig negativen, vorübergehenden, örtlich begrenzt in den jeweiligen Maßnahmenbereichen auftretenden Auswirkungen. Diese sind unter Berücksichtigung der angeordneten Vermeidungsmaßnahmen (Bauzeitenregelungen) als nicht erheblich zu
bewerten und führen nicht zu einer Veränderung der Wertigkeit des Istzustandes.
Eine Reduzierung der jeweiligen Wertstufen um mindestens eine Wertstufe
sowie insbesondere ein Verlust der Funktionen als Wanderkorridor (u.a. Aal)
und möglicher Reproduktionsraum (u.a. Finte) lassen sich durch die beiden
projektimmanenten Vermeidungsmaßnahmen verhindern. Das planfestgestellte Vorhaben ist baubedingt unerheblich negativ für die Fischfauna.
Dies ergibt sich insbesondere aus nachfolgenden Erwägungen:
In Bezug auf die durch die Baggerungen verursachte Trübung ist die bereits
im Istzustand bestehende hohe bis sehr hohe Vorbelastung an Schwebstoffen zu beachten. Vor diesem Hintergrund ergibt sich keine signifkante Erhöhung, die sich erheblich negativ auf die Fischfauna auswirken würde.
Eine zu den Vorbelastungen additiv wirkende, weiterreichende maßnahmenbedingte Vergrämung der Tiere einschließlich etwaiger physiologischer
Schäden oder Beeinträchtigungen von Wanderbewegungen sind aufgrund
der angeordneten Bauzeitenbeschränkung weitestgehend minimiert, so dass
es auch unter diesem Aspekt nicht zu erheblichen Auswirkungen auf die
Fischfauna kommt.
Es ist wahrscheinlich, dass die Finte, wie die anderen Fischarten auch, dem
unmittelbaren Bereich der Baggertätigkeiten ausweichen. Zur Vermeidung
erhöhter Mortalitäten bei Laich und Fischlarven wurden die oben genannten
Ausschlusszeiten festgesetzt. Der Grad der Beeinträchtigung wird in der
UVU als „mäßig negativ“ (Maßnahmenbereich Emden) bzw. als „gering ne-
395
gativ“ (übrige Maßnahmenbereiche eingestuft. Dieser Bewertung schließt
sich die Planfeststellungsbehörde an.
Die Wirkungen auf die Reproduktion der Finte sind vor dem Hintergrund der
sehr hohen natürlichen Mortalität sowie der starken Schwankungen der täglichen Mortalitätsraten bzw. der sehr hohen Variabilität der jährlichen Larvenaufkommen der Finte zu sehen (vgl. UVU, S. 312 mwN).
Das Makrozoobenthos ist durch ein degradiertes Artenspektrum mit geringen
Abundanzen und Biomassen gekennzeichnet, so das nur schwach ausgeprägte Auswirkungen auf den Fraßerfolg von Fischen erwartet werden. Insgesamt ist von gering negativen, kurzzeitigen Auswirkungen auf die Fischfauna auzugehen.
Relevante Habitatveränderungen sind nicht zu besorgen. Die Maßnahmenbereiche stellen keine höherwertigen Lebens- bzw. Funktionsräume für Fische / Neunaugen dar.
Die zusätzliche Schiffsverkehre für die Erstbaggerungen sind vor dem Hintergrund der übrigen Schiffsverkehre von untergeordneter Bedeutung, so
dass diese Auswirkungen auf die Fischfauna als vorübergehend, sehr gering
negativ zu bewerten sind.
Erheblich negative ausbaubedingte Auswirkungen auf die Fischfauna der
Nebenflüsse und den Fortbestand mariner Fischarten sind nicht zu besorgen.
Insgesamt ist daher festzustellen, dass die baubedingten Wirkungen des
Vorhabens auf die Fischfauna unter Berücksichtigung der angeordneten
Vermeidungsmaßnahmen als nicht erheblich zu bewerten sind. Die baubedingten Auswirkungen traten räumlich und zeitlich begrenzt auf. Durch die
Bauzeitenregelung konnten erhebliche Auswirkungen (deutliche Verluste von
Fischen und Neunaugen verschiedener Entwicklungsstufen) vermindert bzw.
vermieden werden.
396
-
anlagebedingte Auswirkungen
Die anlagebedingten Auswirkungen des Vorhabens auf die Fischfauna werden aus nachfolgend dargestellten Gründen als nicht erheblich bewertet.
Im Rahmen der UVU wurden anlagebedingt folgende potenzielle Auswirkungen der wasserbaulichen Maßnahmen auf die Fischfauna betrachtet:
•
Verluste von Flachwasserlebensräumen und Unterwasserböschungen
•
Zunahme der jährlich auftretenden Sauerstoffdefizite
•
Auswirkungen auf die Fischfauna der Nebenflüsse und den Fortbestand
mariner Fischarten
•
Veränderung von Tidenhub, Brackwassergrenze und Strömungsgeschwindigkeit
Von der zusätzlichen Flächeninanspruchnahme sind Flachwasserbereiche
nur in einem Umfang von 55 m² betroffen (Flächen zwischen 0 und - 2m unter MTnw). Eine besondere Wertigkeit der betroffenen Habitate als sublitorale
Laich-, Aufwuchs- und Nahrungsgebiete der Fische / Neunaugen ist nicht zu
erkennen. Aufgrund des geringen Umfangs und der geringen Wertigkeit der
betroffenen Flachwasserbereiche werden die Auswirkungen als nicht erheblich bewertet.
Weiterhin ist eine messbare Zunahme der jährlich auftretenden Sauerstoffdefizite vor dem Hintergrund der starken Vorbelastungen nicht zu erwarten.
Ebenso sind mit den wasserbaulichen Maßnahmen keine Auswirkungen auf
die Fischfauna der Nebenflüsse und auf den Fortbestand mariner Fischarten
verbunden. Die Veränderungen von Tidenhub, Brackwassergrenze und
Strömungsgeschwindigkeit sind darüber hinaus so gering, dass nur sehr geringe negative Auswirkungen auf die Fischfauna erwartet werden. Die BAW
prognostizierte für die hiermit planfestgestellten Maßnahmen eine schwache
(bis 2 cm) Veränderung des Tidenhubs sowie die schwachen Änderungen
der Strömungsgeschwindigkeiten (bis zu ± 10/15 cm/s) und der unveränderten Lage der Brackwassergrenze. Diese Veränderungen sind für Rundmäuler
und Fische von untergeordneter Bedeutung. Eine Beeinträchtigung ist über
397
diesen Wirkpfad nicht zu erwarten, eine signifikante Abnahme der Wertigkeit
ebenso nicht.
Insgesamt sind die anlagenbedingten Auswirkungen des planfestgestellten
Vorhabens aufgrund des nur minimalen Verlustes von Flachwaserbereichen
und die geringfügigen Veränderungen der Tidekennwerte, die für Rundmäuler und Fische von untergeordneter Bedeutung ist, als nicht erheblich zu bewerten.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Bereits in der ursprünglichen UVU wurde seitens der Fachgutachter festgestellt, dass vor dem Hintergrund, dass für die planfestgestellten Maßnahmen
nicht die Unterhaltungsbaggerungen insgesamt, sondern nur der Anteil der
Folgebaggerungen der hier behandelten Einzelmaßnahmen zu beurteilen
sind, sich die zukünftigen Unterhaltungsbaggermengen gegenüber den derzeitigen mittleren jährlichen Unterhaltungsbaggermengen nicht signifikant
verändern werden. Die tatsächlich erforderliche Fahrrinnentiefe wird je nach
Tiefgang des zu überführenden Schiffes in Einzelfallprüfung und unter Ausnutzung aller Optimierungsmöglichkeiten ermittelt und entsprechend gebaggert.
Auch die ergänzende Betrachtung der Auswirkungen der vorhabensbedingten Unterhaltungsbaggerungen, die im September 2008 und Mai 2011 vorgelegt wurde, beschreibt, dass die mit diesem Beschluss genehmigten Maßnahmen verursachten Unterhaltungsbaggerungen im Gesamtgefüge der vorhandenen Vorbelastung aufgehen. Erhebliche Beeinträchtigungen der Fischfauna werden somit durch die betriebsbedingten Auswirkungen nicht bewirkt.
Die Planfeststellungsbehörde schließt sich dieser Auffassung an. Als maximale Größenordnung werden durch die vorhabensbedingten Unterhaltungsbaggerungen 0,09 Mio m3 bewegt werden. Im Vergleich zu den bereits durch
vorhergehende Beschlüsse genehmigten Unterhaltungsbaggerungen von
durchschnittlich fast 1 Mio m3 (auch nach Inbetriebnahme des Sperrwerkes)
erscheint die Zunahme als nicht erheblich.
398
Die zusätzliche Schiffsverkehre für die bedarfsweise wiederkehrenden Unterhaltsbaggerungen sind vor dem Hintergrund der übrigen Schiffsverkehre
von untergeordneter Bedeutung. Erhebliche Beeinträchtigungen der Fischfauna sind auch hierdurch nicht zu erwarten.
Aufgrund der im Bedarfsfall zusätzlich zu baggernden Flächen im Maßnahmenbereich Weener wird die Beurteilung der Auswirkungen auf die Fischfauna in der UVU für diesem Bereich von „sehr gering negativ“ auf „“gering negativ“ angepasst. Unverändert sind jedoch keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten, insbesondere auch vor dem Hintergrund der starken
Vorbelastungen durch bereits laufende Unterhaltungsbaggerungen.
Die Auswirkungsbetrachtung erfolgte unter dem Ansatz, dass mehrmals pro
Jahr Unterhaltsbaggerungen durchzuführen sind. Die durch dieses Vorhaben
verursachten Unterhaltungsbaggermehrmengen und die damit verbundenen
Baggertätigkeiten gehen nach Auffassung der Fachgutachter im Gesamtgefüge der Vorbelastung des Systems auf, so dass keine signifikanten Änderungen zwischen dem Ist- und dem Prognosezustand zu erwarten sind. Die
Planfeststellungsbehörde schließt sich dieser Einschätzung an.
Stellungnahmen:
Vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Abteilung Binnenfischerei – Fischereikundlicher Dienst; Sachreiben vom 04.06.2007), dem Staatlichen Fischereiamt Bremerhaven
(Schreiben vom 21.05.2007) und dem Landesfischereiverband Weser-Ems
e.V. (Schreiben vom 31.05.2007) werden Bedenken geäußert, dass sich die
geplanten Ausbauvorhaben insbesondere durch Beeinträchtigungen diadromer Arten, Zunahme sauerstofflimitierter Bereiche, verstärkte Trübung und
Eingriffe in die Gewässermorphologie nachteilig auf die Fischfauna und die
Fischerei auswirken könnten. Die Bedenken werden aus den oben angeführten Gründen/Sachverhalten von der Planfeststellungsbehörde nicht geteilt. In
Bezug auf diadrome Arten ist ergänzend festzustellen, dass durch die geplanten Maßnahmen keine langfristigen Wanderhindernisse entstehen. Der
399
Pfeiler 6 der Jann-Berghaus-Brücke wird nach Errichtung des neuen Pfeilers
zurückgebaut.
Auch unter Würdigung, dass sich die Fahrrinnenverbreitung im Bereich
Weener die zukünftig zu baggernden Flächen um rechnerisch insgesamt ca.
12.491 m² erweitern, werden unter Berücksichtigung der Mobilität der Fische
und der weiterhin verbleibenden nicht zu baggernden Flächen nach den vorgelegten Antragsunterlagen keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf
die Fischfauna erwartet. Dieser Einschätzung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an.
Einwendungen, nach denen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die
Fischfauna befürchtet werden, sind unter Bezugnahme auf die für die Antragstellung durchgeführten Untersuchungen nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde nicht begründet.
Aus Sicht der Planfeststellungsbehörde wurde mit den durchgeführten Untersuchungen und den vorgelegten Unterlagen sowie unter Berücksichtigung
der vorgesehenen Verminderungsmaßnahmen (Ausschlusszeiten) nachvollziehbar dargelegt, dass mit den Maßnahmen kein Eingriff in das Schutzgut
Fauna (hier Fische) verbunden ist, so dass kein Erfordernis für die Durchführung von Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen oder begleitende Messprogramme
besteht.
Zusammenfassend ist nach der UVU nicht mit erheblichen, sondern mit sehr
geringen bis geringen negativen Auswirkungen auf die Fischfauna, die vorübergehend und örtlich begrenzt sind, zu rechnen. Dieser Einschätzung
schließt sich die Planfeststellungsbehörde an. Die Wertigkeit des IstZustandes der Fischfauna, der für die Unterems insgesamt als „hoch“ eingestuft wurde, wird sich durch die planfestgestellte Maßnahme nicht verändern.
Die verbleibenden als gering bewerteten Auswirkungen treten nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde hinter den Erwägungen, die für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen, zurück.
400
3.1.2.5.1.3
Avifauna
Nach den Datenauswertungen in der UVU und den ergänzenden Datenerhebungen des Jahres 2006/2007 kommt der Gastvogelfauna in den einzelnen
Maßnahmenbereichen eine „sehr geringe“ bzw. eine „geringe Bedeutung“ zu.
Die Brutvogelfauna wird durchgängig in die Kategorie „mittlere Bedeutung“
eingestuft. Dieser Einstufung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an.
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
baubedingte Auswirkungen
Im Zusammenhang mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke waren mögliche Auswirkungen auf die Avifauna durch Flächeninanspruchnahme
(Baustelleneinrichtung) sowie Lärm und Bewegungsunruhe (Bautätigkeit,
Baustellenverkehr) zu betrachten.
Die Herrichtung der Baustelleneinrichtungsfläche erfolgte außerhalb der
Brutzeiten, so dass die Vögel auf benachbarte Flächen ausweichen können.
Lärm und Bewegungsunruhe kennzeichnen den Fahrverkehr auf der JannBerghaus-Brücke, so dass hier eine langjährige Vorbelastung vorhanden ist.
Vor diesem Hintergrund werden insgesamt keine wesentlichen negativen
baubedingten Auswirkungen auf die Avifauna erwartet.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Die für die Baustelleneinrichtung genutzten Flächen werden rückgebaut und
rekultiviert, so dass keine anlagebedingten Auswirkungen verbleiben.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Der Fahrverkehr auf der B 436 (Jann-Berghaus-Brücke) wird nach dem Brückenumbau unverändert wieder aufgenommen. Es verbleiben durch das
Vorhaben keine betriebsbedingten Auswirkungen.
401
b)
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
Hinsichtlich der wasserbaulichen Maßnahmen wurde untersucht, inwieweit
sich nachteilige Auswirkungen auf die Nahrungssuche der Vögel und durch
Vergrämung durch Lärm, nächtlichen Lichteinfall und Schiffsbewegungen
(bau- und betriebsbedingte Auswirkungen) sowie durch Veränderungen hydrologischer Kenngrößen/Gegebenheiten (anlagenbedingte Auswirkungen)
ergeben können.
-
baubedingte Auswirkungen
Relevante negative Auswirkungen auf die Nahrungssuche der Vögel sind
aufgrund der örtlich und zeitlich begrenzten Ausbaumaßnahmen, der hohen
Mobilität der Vögel und vorhandener großräumiger Ausweichmöglichkeiten
nach den Angaben in der UVU nicht zu befürchten.
Vergrämungseffekte durch zusätzliche Schiffsverkehre sind vor dem Hintergrund der übrigen Schiffsverkehre nicht zu besorgen.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Eine vorhabensbedingte Beeinträchtigung kann nur für Brutvögel eintreten,
die in unmittelbarer Nähe der Ufer brüten und deren Nester nicht von höheren Bereichen umgeben sind. Der unmittelbare Uferbereich wird jedoch kaum
von Bodenbrütern zur Brut genutzt. Nistplätze sind auch nach Durchführung
der Vorhaben aufgrund der geringfügigen Zunahme der Überflutungshäufigkeit und ausreichender Geländehöhen weiterhin vorhanden. Die Veränderungen hydrologischer Kenngrößen/Gegebenheiten sind nach den vorgelegten Modellberechnungen nur gering und führen nicht dazu, dass sich erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Avifauna (z.B. hinsichtlich der Habitatfunktionen oder der Nahrungssuche) ergeben können. Selbst wenn es zu
vorhabensbedingten Gelegeverluste käme, sind die Vögel in der Lage, diese
Verluste durch Nachgelege teilweise zu kompensieren.
Es wird von der Planfeststellungsbehörde daher nicht erwartet, dass sich
auftretende Gelegeverluste bzw. Bestandsveränderungen überhaupt auf das
Vorhaben zurückführen lassen.
402
Eine Erhöhung der Überflutungshäufigkeit von Außendeichsflächen kann
sich auch auf die Hochwasserrastplätze und Nahrungsgebiete von Gastvögeln in den Vorländern und weniger auf die Wattflächen auswirken. Hochwasserrastplätze sind in der Regel höhere Vorlandbereiche, die von den bei
Ebbe auf den Wattflächen nach Nahrung suchenden Vögeln zu Hochwasserzeiten als Ruheplatz aufgesucht werden. Durch eine Erhöhung der Überflutungshäufigkeit kann es zu zeitweiligen Nutzungseinschränkungen von derartigen Rastplätzen kommen. Allerdings kommt es auch hier nur in einem sehr
eng begrenzten Bereich zu den genannten Nutzungseinschränkungen, da
sich die Auswirkungen, wenn überhaupt, nur in einem sehr schmalen Uferbereich abzeichnen werden.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Die Baggertätigkeit für die Unterhaltsbaggerungen sind in ihrem Umfang geringer als die Erstbaggerungen, so dass die obigen Aussagen zu den baubedingten Auswirkungen auch für die betriebsbedingten Auswirkungen durch
die Unterhaltsbaggerungen abdeckend sind. Ohnehin sind die Maßnahmen
im aquatischen Bereich für die Gastvögel nur wenig relevant. Maximal kommt
es zu kurzfristigen Änderungen im Verteilungsmuster oder im Verhalten der
Tiere. Das gilt auch für die im Gegensatz zur Erstbaggerung wiederholt auftretenden Auswirkungen der Bagger- und Verklappungsarbeiten.
Im Ergebnis wird seitens der Planfeststellungsbehörde den Angaben/
Schlussfolgerungen in der UVU gefolgt, dass mit den Maßnahmen (Brückenumbau und wasserbauliche Maßnahmen) keine erheblichen nachteiligen
Auswirkungen auf die Avifauna verbunden sind.
403
3.1.2.5.1.4
Makrozoobenthos
Im Ergebnis der Datenauswertungen in der UVU werden in den Maßnahmenbereichen Papenburg, Friesenbrücke sowie Jann-Berghaus-Brücke wurde das Makrozoobenthos in die Wertstufe „geringe Wertigkeit“ eingestuft. Im
Maßnahmenbereich Emden wurde die Wertigkeit des Makrozoobenthos
überwiegend als „mittel“ (bei Einzelkriterien zum Teil auch „gering“ bzw.
„hoch“ eingestuft). Die im Frühjahr 2007 durchgeführte Wiederholungsuntersuchung bestätigt im Wesentlichen die im Herbst 2006 durchgeführte Erhebung und führt zu keiner Neuwertung.
Als potenzielle Auswirkungen waren direkte Flächeninanspruchnahmen sowie indirekte Auswirkungen infolge erhöhter Schwebstoffgehalte/Sedimentation durch Trübungsfahnen der Baggerungen zu betrachten.
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
baubedingte Auswirkungen
Der Gewässerboden und das dort siedelnde, geringwertige Makrozoobenthos werden nur temporär in Anspruch genommen, bis sich nach Entfernen des Pfeilers 6 die Gewässersohle wieder regeneriert hat.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Die Grundfläche des neuen Pfeilers 6a wird flächenmäßig nur geringfügig
größer werden als die Flächen des alten Pfeilers 6, so dass keine anlagenbedingten Beeinträchtigungen des Makozoobenthos verbleiben.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Es sind keine betriebsbedingten Auswirkungen erkennbar.
Insgesamt bestehen unter Berücksichtigung der in diesem Bereich vorhandenen Artenarmut und der kurzfristigen geringen Auswirkungen während der
Bauphase sehr geringe negative Auswirkungen, die jedoch im Gesamtsys-
404
tem keine Relevanz besitzen (Fachgutachterliche Stellungnahme, Stand:
28.09.07). Dieser Wertung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Erhebliche nachteilige Auswirkungen sind durch die wasserbaulichen Maßnahmen nicht zu erwarten, da keine arten- und individuenreiche Biozönose
beansprucht wird und keine schutzwürdigen Makrozoen (Rote-Liste-Arten) in
ihrem Bestand gefährdet werden (UVU). Dies gilt auch unter Berücksichtigung, dass durch die Fahrrinnenerweiterung im Bereich Weener/Friesenbrücke im Saldo der wasserbaulichen Maßnahmen zukünftig bedarfsweise
ca. 12.491 m² zusätzlich von Baggerungen betroffen sein können.
Im Umfeld der wasserbaulichen Maßnahmen befinden sich jeweils genügend
große Areale für eine Wiederbesiedlung.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Nach Durchführung der Baggerungen (Herstellung der jeweils benötigten
Fahrrinnentiefe) stellen sich - analog den bereits bisher durchgeführten Baggerungen - nach und nach die ursprünglichen hydro- und morphologischen
Verhältnisse insbesondere infolge der dynamischen Vorgänge des Schwebstoff- und Sedimenteintrages wieder ein.
Es ist nicht erkennbar, dass sich hieraus zusätzliche nachteilige Auswirkungen auf das Makrozoobenthos ergeben.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Unter Bezugnahme auf die vorgenannten Ausführungen zu den baubedingten Auswirkungen sind bei den Unterhaltsbaggerungen keine relevanten negativen Auswirkungen auf das Makrozoobenthos zu erwarten. Dort, wo es zu
einem dauerhaften Flächenverlust kommt (Maßnahmenbereich Friesenbrücke, 12.491 m² Größe) ist bereits im Ist-Zustand keine etablierte Zönose,
405
sondern nur eine Opportunistengemeinschaft vorhanden ist, die sich kurzfristig nach der Baggerung wieder einstellt. Sowohl die Besiedlung als auch die
Wertstufe wird sich vorhabensbedingt nicht ändern. Daher wird dieser Flächenverlust von der Planfeststellungsbehörde als unerhebliche Auswirkung
bewertet. Umsomehr gilt dies für die anderen Maßnahmenbereiche, in denen
kein Flächenverlust stattfindet. Auch in Bezugnahme auf die vorgenannten
Ausführungen zu den baubedingten Auswirkungen bei den Verklappungstätigkeiten sind bei den Unterhaltsbaggerungen keine relevanten negativen
Auswirkungen auf das Makrozoobenthos zu erwarten, da die Verklappungsmengen im Vergleich zu den jährlich verbrachten Klappmengen sehr gering
sind.
Zusammenfassend ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde festzustellen,
dass mit den von den Trägern des Vorhabens durchgeführten Untersuchungen und den vorgelegten Antragsunterlagen nachvollziehbar dargelegt wurde, dass durch die Maßnahmen (Brückenumbau und wasserbauliche Maßnahmen) keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu erwarten sind.
Einwendungen, nach denen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die
Benthosfauna befürchtet werden, sind unbegründet.
3.1.2.5.2 Bewertung der Auswirkungen auf Pflanzen
In der UVU wurde die Wertigkeit der im Ist-Zustand vorhanden Biotoptypen
bewertet. In den Maßnahmenbereichen Papenburg, Friesenbrücke und JannBerghaus-Brücke wurden überwiegend Biotoptypen mit einer „mittleren“ bzw.
„hohen“ Bedeutung festgestellt. Hoch- bis sehr hochwertige Biotoptypen sind
im Bereich Emden zu finden, sowie kleinräumig im Umfeld der JannBerghaus-Brücke.
Betrachtungsrelevant ist hinsichtlich des Umbaus der Jann-BerghausBrücke, inwieweit Biotope durch die temporäre Flächeninanspruchnahme für
die Baustelleneinrichtung betroffen sind.
Hinsichtlich der wasserbaulichen Maßnahmen war zu untersuchen, inwieweit
sich unmittelbare Auswirkungen im direkten Eingriffsbereich auf aquatische
406
Biotoptypen bzw. mittelbare Auswirkungen auf angrenzende aquatische sowie terrestrische Biotoptypen (z.B. durch Uferabbrüche) ergeben können.
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
baubedingte Auswirkungen
Für die Baustelleneinrichtung wurden im Umfeld der Jann-Berghaus-Brücke
temporär 4.395 m² beansprucht, darunter 1.466 m² von nach § 30 BNatSchG
und § 24 Abs.2 NAGBNatSchG geschützten Biotopen. Zwar erfolgt zur Eingriffsminimierung nach Fertigstellung des Bauwerks eine fach- und sachgerechte Rekultivierung der betroffenen Bereiche. Die Maßnahme ist dennoch
als erhebliche Beeinträchtigung des Schutzguts Pflanzen und damit der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu werten.
Zur Kompensation sämtlicher festgestellter erheblicher Eingriffe wird entsprechend der Darstellung im Landespflegerischen Begleitplans (LBP) eine
Fläche von insgesamt 8.270 m² der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen
und der Sukzession überlassen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die
Darstellung im LBP Bezug genommen.
Diese Maßnahme ist als Ersatzmaßnahme zu werten, da mit ihr die beeinträchtigten Funktionen und Werte des Naturhaushalts an anderer Stelle des
vom Eingriff betroffenen Raums in ähnlicher Art und Weise wiederhergestellt
werden. Eine Kompensation in Form des Ausgleichs ist nicht möglich, da im
Umfeld des Eingriffsbereichs bereits hochwertige Biotoplebensräume bestehen, die kaum sinnvoll weiter aufzuwerten sind und eine kurzfristige Flächenverfügbarkeit nicht erreichbar ist. Die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege sind nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde nicht höher
als die mit dem Eingriff verfolgten Interessen einzustufen. Letzteren ist aus
den unter B.II.2.1 dargestellten Gründen der Vorrang einzuräumen.
Mit der Ersatzmaßnahme wird die festgestellte erhebliche Beeinträchtigung
der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts bezogen auf das Schutzgut Pflan-
407
zen sachgerecht und in ihrem Umfang hinreichend kompensiert; sie ist zugleich erforderlich.
Das Vorhaben entspricht auch den Anforderungen des § 15 Abs.1 Satz 3
BNatSchG. Die im LBP herausgestellten erheblichen Beeinträchtigungen
ließen sich nicht vermeiden. Entsprechend wurde ein Eingriff herausgestellt,
welcher bereits kompensiert wurde. Der Eingriff ergibt sich aus dem Erfordernis der Umbaumaßnahme. Der Umbau der Jann- Berghaus- Brücke ist
Bestandteil der Anpassungsmaßnahmen an der Unterems zur Überführung
großer Werftschiffe. Die Notwendigkeit der Anpassungsmaßnahmen ist
durch die Vergrößerung der Abmessungen der vom Werftstandort Papenburg aus zu überführenden Schiffe begründet. Die geplante lichte Durchfahrtsbreite der Jann- Berghaus- Brücke von rd. 57 m ergibt sich aus den
Schiffsabmessungen unter Berücksichtigung der nach bisherigen Erfahrungen mit Überführungen erforderlichen Sicherheitsabstände, abgestimmt auf
die Abmessungen des Sperrwerks.
Für die Durchführung der Baumaßnahme war es notwendig, Flächen für den
Baubetrieb zu beanspruchen. Ansonsten wäre der Umbau der Jann- Berghaus- Brücke nicht möglich gewesen.
Die Vorhabensträger haben mit den Antragsunterlagen im Einvernehmen mit
den Naturschutzbehörden einen landschaftspflegerischen Begleitplan vorgelegt. Die gutachtlichen Stellungnahmen der Naturschutzbehörden gemäß § 3
Abs.5 BNatSchG liegen vor (LK Leer, Amt für Naturschutz, Schreiben vom
14.02.2007 und LK Emsland, Fachbereich Naturschutz / Wald, Schreiben
vom 01.03.2007). Demnach sind die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen geeignet, die im Zusammenhang mit dem Umbau der JannBerghaus-Brücke zu erwartenden erhebliche Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes zu kompensieren. Die Benehmensherstellung gemäß § 3 Abs.5
BNatSchG liegt vor.
408
-
anlagebedingte Auswirkungen
Mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke verbleiben keine anlagebedingten Auswirkungen auf das Schutzgut Pflanzen. Nach Beendigung der Baumaßnahme wurden die für die Baustellenrichtung genutzten Flächen rückgebaut und rekultiviert.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke hat keine betriebsbedingten Auswirkungen zur Folge.
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Im Zusammenhang mit den wasserbaulichen Maßnahmen werden keine gesetzlich geschützten bzw. gefährdeten Biotoptypen oder Pflanzenarten beeinträchtigt.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Beeinträchtigungen/Verluste von Biotopen und Lebensräumen sind aufgrund
der nur unwesentlichen hydrologischen Veränderungen und der vorhandenen Buhnen und sonstigen Uferbefestigungen nicht zu besorgen.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Bezugnehmend auf die Ausführungen zu den baubedingten Auswirkungen
(Erstbaggerungen) liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass von den bedarfsweise wiederkehrenden Unterhaltsbaggerungen als erheblich zu bewertende Auswirkungen auf das Schutzgut Pflanzen auftreten könnten.
Insgesamt liegen unter Berücksichtigung der Kompensationsmaßnahmen
keine Anhaltspunkte dafür vor, dass infolge des geplanten Vorhabens erheb-
409
liche nachteilige Auswirkungen auf Pflanzen durch Flächeninanspruchnahme
hervorgerufen werden könnten. Einwendungen, die entsprechende Auswirkungen befürchten, sind unbegründet.
410
3.1.2.5.3 Bewertung der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt
Das Vorhaben ist mit den Zielen der Artenvielfalt und des Ökosystemschutzes der Rio-Konvention von 1992 vereinbar und widerspricht nicht der Erhaltung der biologischen Vielfalt bzw. beeinflusst diese nicht in negativem Sinne
(UVU).
Demnach sind keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt zu besorgen.
Zusammenfassend ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde festzustellen,
dass mit dem geplanten Vorhaben nach Auswertung der von den Trägern
des Vorhabens vorgelegten Angaben/Unterlagen und Würdigung der im
Rahmen des Beteiligungsverfahrens vorgelegten Stellungnahmen und Einwendungen keine erheblichen Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere und
Pflanzen, biologische Vielfalt“ zu erwarten sind.
Wie vorstehend beschrieben, sind mit den Maßnahmen (Umbau JanBerghaus-Brücke und wasserbauliche Maßnahmen) für die verschiedenen
Arten und Lebensgemeinschaften der Tiere keine erheblichen nachteiligen
Auswirkungen verbunden. In Bezug auf die während der Bauphase verursachten, als erheblich negativ bewerteten temporären Auswirkungen auf
Pflanzen ist mit dieser Genehmigung eine Kompensation verbunden, die die
temporären Funktionsverluste an anderer Stelle wieder herstellt. Demzufolge
ist nicht zu erwarten, dass sich relevante Auswirkungen auf die biologische
Vielfalt (Artenvielfalt, Ökosystemschutz) ergeben. Das Vorhaben widerspricht
nicht der Erhaltung der biologischen Vielfalt bzw. beeinflusst diese nicht in
negativem Sinne.
Es ist nicht erkennbar, dass durch das geplante Vorhaben die Leistungs- und
Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes bzw. von Biotopen und Lebensräumen (einschließlich der Ems) in erheblicher oder nachhaltiger Weise beeinflusst werden.
Das Flusssystem der Ems ist ein tidebeeinflusster Lebensraum der durch
dynamische/wechselnde Standort- und Lebensbedingungen geprägt wird. Es
ist nicht zu erwarten, dass die geplanten Maßnahmen die bereits derzeit vor-
411
belasteten Standort- und Lebensbedingungen in der Weise verändern, dass
erhebliche und nachhaltige Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen bzw. die
biologische Vielfalt zu besorgen wären.
Im Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist festzustellen, dass keine
erheblichen Beeinträchtigungen der zu betrachtenden Lebensraumtypen und
Arten zu besorgen sind und sich Wiederherstellungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Vorbelastungen (betreffend das FFH-Gebiet „Unterems
und Außenems“) durch die geplanten Maßnahmen nicht verschlechtern (vgl.
B.III.3.1.3.1).
Aus Sicht der Planfeststellungsbehörde steht das Vorhaben in Einklang mit
den Grundsätzen und Zielen des Naturschutzes und der Landespflege, wie
sie im Bundesnaturschutzgesetz und dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz verankert sind.
3.1.2.6
Bewertung der Auswirkungen auf die Landschaft
Nach § 1 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sind Natur
und Landschaft auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben
und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen im besiedelten und unbesiedelten Bereich so zu schützen, dass
die biologische Vielfalt, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft auf Dauer gesichert sind;
der Schutz umfasst auch die Pflege, die Entwicklung und, soweit erforderlich,
die Wiederherstellung von Natur und Landschaft.
Mit dem Vorhaben sind keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die
Landschaft verbunden:
412
-
baubedingte Auswirkungen
Die temporären Baustellentätigkeiten im anthropogen überprägten Umfeld
werden sich dem Gesamterscheinungsbild der Brücke unterordnen.
Die zusätzliche Schiffsverkehre (Erstbaggerungen, ca. 150 Schiffsbewegungen) werden bei dem derzeitigen Schiffsaufkommen von ca. 10.000 – 11.000
Schiffsbewegungen pro Jahr das Erscheinungsbild der Ems bzw. der Flusslandschaft Ems nicht merklich verändern.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Die umgebaute Brücke wird dem derzeitigen Erscheinungsbild (Verklinkerung) angepasst, so dass sich das Erscheinungsbild der Brücke trotz baulicher Veränderungen (zukünftig zwei Klappbereiche, statt derzeit einem höheren Klappbereich, zukünftig kleineres Brückenleitstandgebäude) insgesamt
nicht nachteilig verändert.
413
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Das Erscheinungsbild der Ems bzw. der Flußlandschaft Ems wird sich durch
die untergeordneten Schiffsverkehre der Unterhaltsbaggerungen nicht merklich verändern. Dies gilt auch in Bezug auf die Befahrbarkeit der Ems mit zukünftig größeren Schiffsgefäßen.
Das Vorhaben steht in Übereinstimmung mit den Anforderungen des
BNatSchG zum Schutz von Natur und Landschaft.
3.1.2.7
Bewertung der Auswirkungen und Kultur- und sonstige Sachgüter
a)
-
Auswirkungen durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
baubedingte Auswirkungen
Nachteilige Auswirkungen auf die Festung Leerort z.B. durch Erschütterungen/Vibrationen im Zuge der Umbaumaßnahmen sind aufgrund der Entfernung von ca. 250 m (zu den nicht überbauten Arealen der Festung Leerort)
auszuschließen.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Es verbleiben keine anlagenbedingte Auswirkungen, da sich das Erscheinungsbild der umgebauten Brücke nicht wesentlich vom derzeitigen Erscheinungsbild der Brücke unterscheiden wird.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Es ergeben sich keine betriebsbedingten Auswirkungen auf Kultur- und sonstige Sachgüter. Die Brücke wird wie bisher für den Fahrzeugverkehr genutzt.
414
b)
-
Auswirkungen durch die wasserbaulichen Maßnahmen
baubedingte Auswirkungen
Nachteilige Auswirkungen durch die zusätzlichen Schiffsverkehre und die
Baggertätigkeiten (Erstbaggerungen) sind bei Abständen zum östlichen
Emsufer von ca. 50 m auszuschließen.
-
anlagebedingte Auswirkungen
Die morphologisch-hydrologischen Veränderungen der Ems (vgl.B.III.3.1.2.2)
sind so gering, dass keine nachteiligen Auswirkungen (z. B. durch veränderte
Strömungs- und Tidenhubverhältnisse, Versackungen) auf die denkmalgeschützte Festung Leerort zu besorgen sind. Nach der Auswirkungsanalyse
des BAW werden im Uferbereich Leerort die Strömungsgeschwindigkeiten
nicht bzw. nur sehr geringfügig verändert. Die Ufer sind in den betreffenden
Bereichen mit einem durchlässigen Schüttsteindeckwerk auf Filter befestigt.
-
betriebsbedingte Auswirkungen
Nachteilige Auswirkungen durch die zusätzlichen Schiffsverkehre und die
Baggertätigkeiten (Unterhaltsbaggerungen) sind auszuschließen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass mit dem Vorhaben keine erheblichen
nachteiligen Auswirkungen auf Kultur- und sonstige Sachgüter verbunden.
3.1.2.8
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen wurden zwischen den einzelnen Schutzgütern bei den
schutzgutbezogenen Betrachtungen berücksichtigt (z. B. Auswirkungen morphologisch-hydrologischer Veränderungen auf die Fischfauna, Auswirkungen
der Benthosgemeinschaften auf die Fischfauna).
Belastungsverschiebungen aufgrund von Schutzmaßnahmen sind nicht zu
besorgen.
415
Zusammenfassung: Umweltverträglichkeit
Unter Berücksichtigung der von der Planfeststellungsbehörde angeordneten
Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen bewirkt das planfestgestellte
Vorhaben keine erheblichen oder nachhaltig negativen Auswirkungen auf die
Schutzgüter Menschen, Tiere, biologische Vielfalt, Wasser, Luft, Klima,
Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter sowie Wechselwirkungen.
Durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke sind jedoch als erheblich negativ zu bewertende Auswirkungen auf die Schutzgüter Pflanzen und Boden
festgestellt worden. Die Leistungsfähigkeit des Bodens wurde für den Zeitraum der Baumaßnahmen insbesondere im Bereich der Baustelleneinrichtungsfläche im Deichvorland sowie im Bereich der befestigten Baustellenerschließungsstraßen erheblich beeinträchtigt. Der Boden hatte in diesen Bereichen temporär Bodenfunktionen verloren. Die als erheblich negativ zu bewertende Beeinträchtigung des Bodens beschränkte sich auf die Bauphase,
da die betroffenen Flächen nach Abschluss der Bautätigkeiten wieder gelockert und rekultiviert wurden.
Diese Inanspruchnahme bewirkte gleichzeitig temporär die Überbauung dort
vorhandener Vegetationsstrukturen, die zum Teil den Status eines geschützten Biotops besitzen. Zu den Auswirkungen des Vorhabens auf gesetzlich
geschützte Biotope wird auf den nachfolgenden Abschnitt (B.III.3.1.3) Bezug
genommen.
Kompensation:
Die Kompensationsverpflichtung ergab sich bereits aus der Umsetzung der
vorgezogenen Teilmaßnahmen. Die weiteren Maßnahmen, die erst durch
den Planfeststellungsbeschluss genehmigt werden, entfalten keinen darüber
hinausgehenden Kompensationsbedarf.
Mit Datum vom 14. Februar 2007 hat die Untere Naturschutzbehörde des
Landkreises Leer (B-0015) das Benehmen gem. § 14 NNatG (aF) zu den
Antragsunterlagen hergestellt. Gegenstand der Prüfung war der komplette
Satz Antragsunterlagen, also auch die Ausarbeitung zu den Themenbereichen FFH, WRRL und Artenschutz. Insofern bezieht sich die Benehmens-
416
herstellung vom 14. Februar 2007 auch auf diese Unterlagen (Schreiben des
Landkreises Leer vom 19. Februar 2008)
Seitens des Landkreises Leer wird mit Stellungnahme vom 14. Februar 2007
dargelegt, dass der landschaftspflegerische Begleitplan in örtlicher Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde erarbeitet wurde. Die dargestellten Kompensationsmaßnahmen entsprächen den Gesprächsergebnissen.
Die aufgezeigten Maßnahmen sind nach Aussage des Landkreises Leer geeignet, die im Zusammenhang mit dem Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
zu erwartenden erheblichen Beeinträchtigungen des Naturhaushalts zu kompensieren. Weiterhin sind nach Aussage des Landkreises Leer die den Kompensationsmaßnahmen vorgeschalteten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen geeignet weitere als erheblich zu bewertende Beeinträchtigungen zu vermeiden (vgl. Stellungnahme vom 14. Februar 2007).
Die Themenbereiche FFH, WRRL und Artenschutz, für die die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Leer das Benehmen hergestellt hat, werden
nachfolgend unter Punkt B.III.3.1.5 von der Planfeststellungsbehörde geprüft.
Der Landkreis Emsland (B-0029) hat als Untere Naturschutzbehörde mit
Stellungnahme vom 01.03.2007 und 25.02.2008 festgestellt, dass im Zuständigkeitsbereich des Landkreises Emsland durch die geplanten Baumaßnahmen keine Eingriffe im Sinne des § 7 ff NNatG (aF) erfolgen, und somit
keine Ausgleichs- und/oder Ersatzmaßnahmen erforderlich sind. In der gutachterlichen Stellungnahme gem. § 14 NNatG (aF) vom 01.03.2007 wird seitens der Naturschutzbehörde des Landkreises Emsland festgestellt, dass
gegen die Anpassung der Unterems für den Teilbereich des Landkreises
Emsland keine Bedenken bestehen.
Von der Stadt Emden (B-0010) wurde das Benehmen gem. § 14 NNatG
(aF) im Schreiben vom 19.04.2007 mit folgender Maßgabe hergestellt:
Mögliche Auswirkungen durch die Veränderung der Hydrologie, des Tidenhubs und der Erhöhung der Stromgeschwindigkeit sollten im Hinblick auf das
417
Petkumer Deichland weitergehend untersucht und dokumentiert werden.
Dies wurde näher beschrieben.
Nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde besteht hierfür keine Notwendigkeit. Die Bereiche werden durch die wasserbaulichen Maßnahmen
nicht direkt berührt. Das Petkumer Deichvorland ist im Bereich nördlich des
Petkumer Hafens am Ufer nicht mit einer Steinschüttung befestigt. Hier findet
eine natürliche Dynamik, teils mit Anlandungsvorgängen und Sedimentablagerungen bis in die Gräben hinein statt, teils hat sich eine leichte Abbruchkante gebildet, die in der unteren Ästuar-Salzwiese zur Ausbildung eines differenzierten Vegetationsmosaiks führt. Der Salzwiese vorgelagert sind stellenweise Brackwasserröhrichte sowie ein Streifen von Brackwasserwatt, der
bei Ebbe regelmäßig trocken fällt.
Die Modelle der BAW zu den Veränderungen des mittleren Hochwassers,
des Tidenhubs und der Strömungsgeschwindigkeiten prognostizieren für diesen Bereich nur sehr geringe Veränderungen aufgrund der Vertiefung des
Fahrwassers, so dass hieraus keine zusätzliche Belastung der Uferkante und
für die Vegetation der unteren Salzwiese zu erwarten ist.
Die Vorhabensträger haben in ihrer Erwiderung dargelegt, dass nach Rücksprache mit Herrn Wegmann (Stadt Emden) beim Sommerstau 2007 durch
das Ing.-Büro IBL eine Biotoptypenkartierung mit Einmessung der Brackwasserwattflächen erstellt werde. Darüber hinaus wurde zugesagt, dass dies
wiederholt werden könnte. Insofern sind die Träger des Vorhabens der Forderung der Stadt Emden auf freiwilliger Basis nachgekommen.
Zudem wurde seitens der Stadt Emden eine nähere Begründung gefordert,
warum sich die Veränderung der Tidenhubs weder positiv noch negativ auf
die Brutvögel im Petkumer Deichvorland auswirkt. Nach den vorliegenden
Prognosen wird sich bei Umsetzung der bedarfsbezogenen Baggerarbeiten
der mittlere Tidewasserstand um ca. 1 cm, der Tidenhub bis zu ± 2 cm verändern. Eine Erhöhung der Überflutungshäufigkeit von Außendeichsflächen
durch einen Anstieg des mittleren Tidehochwassers ist daher nicht ausgeschlossen. Auswirkungen auf adulte Vögel sind angesichts deren Mobilität
und der langsam eintretenden Veränderung nicht zu erwarten. Jedoch kann
sich prinzipiell die Erhöhung der Überflutungshäufigkeit von Außendeichsflä-
418
chen auf die Habitate von Wiesenbrütern auswirken. Der Gutachter der Träger des Vorhabens kommt daher zu dem Ergebnis, dass Gelegeverluste /
Verluste einzelner Eier als Entwicklungsform der Vögel nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Eine vorhabensbedingte Beeinträchtigung kann
jedoch nur für Brutvögel eintreten, die in unmittelbarer Nähe der Ufer brüten
und deren Nester nicht von höheren Bereichen umgeben sind. Der unmittelbare Uferbereich ist jedoch mit Steinschüttungen befestigt, so dass sich die
Wasserstandsänderungen lediglich im Schüttsteinbereich abzeichnen werden. Dort wird jedoch nicht gebrütet. Auch der unbefestigte unmittelbare
Uferbereich wird kaum von Bodenbrütern zur Brut genutzt. So siedeln die
Wiesenbrüter der Küstenmarschen bevorzugt in den deichfernen gerade ausreichend hoch gelegenen Teilen von extensiv genutzten Grünland- und
Salzwiesenbereichen mit weitgehend kurzer Vegetation. Nistplätze sind auch
nach Durchführung der Vorhaben aufgrund der geringfügigen Zunahme der
Überflutungshäufigkeit und ausreichender Geländehöhen weiterhin vorhanden, zumal der vorhabensbedingte Anstieg des Tidehochwassers von 1 cm
als sehr geringer Wert anzusehen ist, der sich in der anhand von Messungen
aus der natürlichen Variabilität kaum herausfiltern lassen wird. Der Wasserstand schwankt durch Windeinflüsse und Wellenschlag von Schiffen ohnehin
um mehrere Zentimeter, so dass die Vögel auf diese Einflüsse beim Bau ihrer Nester eingerichtet sind. Auch sind die Vögel, die im Uferbereich nisten,
in der Lage, Gelegeverluste durch Nachgelege zu kompensieren. Es wird
von der Planfeststellungsbehörde daher nicht erwartet, dass sich auftretende
Gelegeverluste bzw. Bestandsveränderungen überhaupt auf das Vorhaben
zurückführen lassen.
Darüber hinaus wird von der Stadt Emden eine nähere Begründung gefordert, warum sich die Veränderung des Tidenhubs weder positiv noch negativ
auf die Gastvögel im Petkumer Deichvorland auswirkt. Im Zusammenhang
mit den Baggerarbeiten wurden Veränderungen des Tidenhubes von bis zu ±
2cm prognostiziert. Dies führt zu einer tendenziellen Vergrößerung der Wattflächen durch Absinken des mittleren Tideniedrigwassers und durch Anstieg
des mittleren Tidehochwassers in einem schmalen Streifen entlang der Wasserkante. Demgegenüber ist eine Verkleinerung der sublitoralen Nahrungs-
419
gebiete durch Absinken des mittleren Tideniedrigwassers und eine Erhöhung
der Überflutungshäufigkeit von Außendeichsflächen durch einen Anstieg des
mittleren Tidehochwassers wahrscheinlich. Da die Ufer der Ems weitgehend
durch Steinschüttungen befestigt sind, wird sich die Änderung der Wasserstände im Wesentlichen auf diesen Bereich beschränken. Die Steinschüttungen stellen jedoch keine adäquaten Hochwasserrastplätze für Gastvögel dar.
Insofern bleiben die wertvollen Rastgebiete vom Vorhaben weitgehend unbeeinflusst. Selbst in Bereichen ohne Steinschüttungen werden sich die vorhabensbedingten Wasserstandsänderungen nicht auf die Gastvogellebensräume auswirken. Die Wasserstandsänderungen betreffen nur einen relativ
schmalen Streifen entlang der Wasserkante, dem die mobilen Vögel ohne
weiteres ausweichen können. Generell sind Wasserstandsschwankungen um
mehrere Zentimeter durch Windeinflüsse und Wellenschlag von Schiffen ohnehin an den Uferkanten vorhanden, so dass das Ausweichen kein ungewöhnliches Phänomen für die Vögel darstellt. Ein flächiger Verlust von
Hochwasserrastplätzen ist daher nicht zu besorgen.
Weiter führt die Stadt Emden in der Stellungnahme vom 25.05.2007 aus,
dass eine gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung durch verminderten
Hochwasserschutz, durch Gefährdung der Standsicherheit von Gebäuden
und Aufbauten, durch Gefährdungen der Sicherheit in der Schifffahrt sowie
negative Auswirkungen auf die Trinkwasserförderung ausgeschlossen werden muss. Die Sicherheit der Deiche und Deichfußsicherungen seien in vollem Umfang zu gewährleisten. Zudem müsse sichergestellt werden, dass
durch die Maßnahme eine Gefährdung der Bevölkerung der Stadt Emden
durch Emissionen nicht zu befürchten sei. Das planfestgestellte Vorhaben
verursacht keine relevanten Auswirkungen auf die von der Stadt Emden dargelegten Bereiche. Negative nachhaltige Auswirkungen auf die Trinkwasserförderung können aufgrund der prognostizierten sehr geringen Änderungen
der Wasserstände und der Salzgehalte in der Ems ausgeschlossen werden
(vgl. Kap. 1.4.1.2 UVU).
Auswirkungen auf die Trinkwasserförderung sind nicht zu besorgen; die
Maßnahmen liegen außerhalb des Wasserschutzgebietes für die Wasserversorgungsanlagen der Stadtwerke Emden GmbH. Der Hochwasserschutz
420
bleibt durch die geplante Maßnahme weiterhin gewährleistet. Die Sicherheit
der Deiche und der Deichfußsicherungen bleibt weiterhin gewährleistet. Laut
BAW-Gutachten gibt es lediglich eine Tidenhubveränderung von 2 cm. Negative Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch durch Emissionen (Licht, Luftschadstoffe, Lärm) ebenso wie erhebliche Auswirkungen auf die Schutzgüter
Wasser und Boden sind nach Aussage des TdV nicht zu zeitigen. (Erwiderung TdV). Die Planfeststellungsbehörde teilt diese Bewertung. Hinsichtlich
der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Ausführungen unter B.III.3.1.2
Bezug genommen.
In der Stellungnahme vom 06.06.207 wird ausgeführt, dass die Stadt Emden
es für dringend erforderlich hält, die Erkenntnisse aus dem durch den
NLWKN in Auftrag gegebenen Gutachten zur Sturmflut im November 2006 in
die Betrachtung einzubeziehen. Mit Stellungnahme vom 27.09.2011 hat die
BAW erklärt, dass sich daraus keine Auswirkungen auf die dem Verfahren
zugrunde liegende Prognose ergeben. Die in dem Bericht zur Durchführung
einer wasserbaulichen Systemanalyse der Sturmflut „5.Allerheiligenflut“ vom
1.11.2006 – BAW Nr. A3955 03 10161 dargestellten grundlegenden Erkenntnisse sind in dem Gutachten, das diesem Verfahren zugrunde liegt
(BAW-Nr.: A39550310095 – Januar 2007) berücksichtigt.
Darüber hinaus hat die Stadt Emden in der Stellungnahme vom 06.06.2007
angeregt, die Betriebszeiten der Bagger aus Gründen des Schutzes der
flussnah lebenden Bevölkerung vor zusätzlichen Lärmbelästigungen einheitlich zu regeln. Die Prüfung der Auswirkungen des Vorhabens auf die
menschliche Gesundheit hat gezeigt, dass es durch die vorhabensbedingten
Immissionen weder zu Gesundheitsbeeinträchtigungen noch zu erheblichen
Belästigungen der Bevölkerung kommen wird. Eine Regelung im Sinne des
Vorschlags der Stadt Emden ist daher nicht erforderlich.
421
3.1.3 gesetzlich geschützte Biotope
Das planfestgestellte Vorhaben führt aus nachfolgend dargestellten Erwägungen nicht zu einer Beeinträchtigung gesetzlich geschützter Biotope im
Sinne von § 30 BNatSchG bzw. erfüllt die Voraussetzungen für die Erteilung
einer Befreiung gem. § 67 Abs.1 Nr.1 BNatSchG.
a) Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
Durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke kam es zu einer temporären
Flächeninanspruchnahme einschließlich einer Überbauung dort vorhandener
Vegetationsstrukturen, die zum Teil den Status eines geschützten Biotops
besitzen und gemäß § 30 BNatSchG geschützt sind (insgesamt ca.
1.466 m2). Es handelte sich auf einer Fläche von ca. 795 m2 um Seggen-,
Binsen- oder hochstaudige Nasswiesen und bei einer weiteren Fläche von
ca. 671 m2 um Schilf-Land-Röhricht.
Die Planfeststellungsbehörde erachtet die Ausnahmetatbestände entgegen
der Auffassung des BUND und des WWF als erfüllt und erteilte für das planfestgestellte Vorhaben in Bezug auf die Beeinträchtigung der vorstehend beschriebenen geschützten Biotope in der vorläufigen Anordnung Ausnahmegenehmigungen damals noch nach § 28a Abs. 5 Nr.2 NNatG. Die Notwendigkeit der Ausnahmegenehmigungen ergab sich aus überwiegenden Gründen des Allgemeinwohls (vgl. dazu auch unter B.II.2 und B.II.2.4.1.4). Die
überbauten Biotope sind von sehr großer Bedeutung für die Natur. Es ist jedoch zu beachten, dass die Beeinträchtigung nur temporär erfolgte und sich
die Biotope nach Abschluss der Bauarbeiten und einer Regenerationsphase
wieder eingestellt haben, so dass es nicht zu einem dauerhaften Verlust
kam.
Außerdem war die temporäre Überbauung der Biotope aus bautechnischen
Gründen nicht zu vermeiden. Alternativen, die nicht zu einer Beanspruchung
ähnlich wertvoller Biotopstrukturen hätten führen können, kamen nicht in Betracht, da eine bereits vorhandene Brücke umgebaut wurde, deren Standort
nicht veränderlich war.
Die temporäre Überbauung der Biotope (Baustelleneinrichtung) war daher
aus Sicht der Planfeststellungsbehörde zur Verwirklichung des Vorhabens
erforderlich. Das Vorhaben entfaltet regional fördernde Wirkungen, die sich in
422
der Stärkung des Werftenstandortes manifestieren. In der konkreten Wertung
überwiegen die Gründe, die für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen,
den Belangen des Naturschutzes, insbesondere wegen des temporären Charakters der Beeinträchtigung. Nach Bauende erfolgte eine Rekultivierung der
Flächen.
Die Beeinträchtigungen sind aus Sicht der Planfeststellungsbehörde in geeigneter Weise kompensiert worden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Kompensationsmaßnahme wird auf den LBP Bezug genommen.
Die vorläufige Anordnung, die den Umbau der Brücke vorab genehmigte,
wird nunmehr durch diesen Planfeststellungsbeschluss ersetzt. Die oben
dargestellten Gründe, die seinerzeit eine Ausnahmegenehmigung nach §
28a Abs. 5 Nr.2 NNatG rechtfertigten, erlauben nunmehr die Erteilung einer
Befreiung gem. § 67 Abs.1 Nr.1 BNatSchG.
b)
Wasserbauliche Maßnahmen
Naturnahe fließende Binnengewässer (Bach – und Flussabschnitte)
zählen zu den gesetzlich geschützten Biotopen gemäß § 30 BNatSchG, worunter nach NLWKN (NLWKN: Gesetzlich geschützte Biotope und Landschaftsbestandteile in Niedersachen. Inform. Naturschutz Niedersachs.
3/2010, 30. Jhrg., Hannover: 161-208, S. 167) auch der von Ebbe und Flut
beeinflusste Flussunterlauf der Ems, einschließlich Priele und Wattflächen,
fällt. Jedoch können nach Ansicht der Planfeststellungsbehörde die durch
diese Planfeststellung betroffenen Maßnahmenbereiche nicht als „naturnah“
bezeichnet werden, da sie sich innerhalb einer Schifffahrtsstraße befinden
und bereits durch Baggerungen vorbelastet sind. Auch der sehr hohe
Schwebstoffgehalt in der Unterems spricht gegen einen naturnahen Zustand.
Insofern geht die Planfeststellungsbehörde davon aus, dass die Baggerungen nicht zu einer Beeinträchtigung eines gesetzlich geschützten Biotops im
oben genannten Sinne führt.
Als Folge der Baggerungen und der damit verbundenen geänderten Gewässermorphologie treten Änderungen der Tidewasserstände und der Strömungsgeschwindigkeit und des Salzgehaltes auf, die nach den Berechnungen der BAW aus gutachterlicher Sicht als gering einzuschätzen sind. Fol-
423
gende nach § 30 BNatSchG geschützte Biotope sind im Einflussbereich des
Tidegeschehens in der Unterems zu erwarten bzw. kommen dort vor:
− Uferbegleitende naturnahe Vegetation
− Naturnahe Verlandungsbereiche
− Naturnahe überschwemmte Bereiche
− Röhrichte
− Großseggenrieder
− Seggen, Binsen oder hochstaudenreiche Nasswiesen
− Auenwälder (im Betrachtungsgebiet sind lediglich Fragmente oder
gebüschartige Stadien vorhanden)
− Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich
Sämtliche genannten Biotope werden durch die wasserbaulichen Maßnahmen nicht direkt berührt. Die geringfügigen Änderungen der Tidewasserstände können zu kleinräumigen Veränderungen in der Ausdehnung und Größe
der genannten Biotope führen. Da diese Biotope amphibisch sind und durch
hohe Feuchtigkeiten gekennzeichnet sind, geht die Planfeststellungsbehörde
nicht von einer Verkleinerung der Flächen aus, sondern schätzt die Auswirkungen eher positiv ein, da der Tidenhub und damit der amphibische Bereich
tendenziell eher vergrößert wird. Jedoch ist der Planfeststellungsbehörde
bewusst, dass die Änderungen der Tidewasserstände so gering sind, dass
sich Veränderungen, die isoliert auf das Vorhaben zurückzuführen sind, nicht
messbar in der Natur widerspiegeln werden, da die natürliche Variabilität im
Tidegeschehen sehr groß ist und quasi bei jeder Tide andere Verhältnisse
herrschen. Auch sind die Ufer größtenteils durch Steinschüttungen gesichert,
so dass sich die Wasserstandsänderungen größtenteils dort auswirken. Aufgrund dieser hohen Variabilität werden sich nach Ansicht der Planfeststellungsbehörde bei den gesetzlich geschützen Biotoptypen auch keine Änderungen durch die geringfügigen Veränderungen der Strömungsgeschwindkeiten oder des Salzgehaltes nachweisen lassen.
Eine Beeinträchtigung gesetzlich geschützter Biotope ist nach Ansicht der
Planfeststellungsbehörde nicht zu erwarten.
424
Entgegen der Einschätzung des Naturschutzverbandes Niedersächsischer
Heimatbund ist die Planfeststellungsbehörde nicht der Auffassung, dass es
durch die Anpassung der Fahrrinne bei Ems-km 7,2 zu Uferabbrüchen oder ausbauten und dadurch bedingten Verlusten entsprechend wertvoller Biotope
kommen wird.
Das Ufer ist in diesem Bereich bereits mit Steinschüttungen und Buhnen gesichert. Die Steinschüttungen und die Buhnen schützen die betreffenden Biotope. Die neu angepasste Fahrrinne verläuft vor dem Buhnenstrich. Eine Beschädigung der Böschung durch die Anpassungsmaßnahmen kann daher
ausgeschlossen werden. Ein Verlust angrenzender Röhrichtbestände ist daher auch angesichts der von der BAW prognostizierten geringen Änderung
der Strömungsgeschwindigkeiten (s. o.) nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde nicht zu erwarten.
3.1.4 Nationale Schutzgebiete
Unter den Nationalen Schutzgebieten sind der „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ und das Biosphärenreservat „Niedersächsisches Wattenmeer“ zu betrachten.
Der „Nationalpark Wattenmeer“ umfasst eine Fläche von 345.000 ha und
beinhaltet die Lebensräume Watt, Priele und Rinnen, Meeresgebiete, Sandbänke, Strände, Salzwiesen und Dünen vor der Niedersächsischen Küste
bzw. auf den Ostfriesischen Inseln (außerhalb der besiedelten Bereiche),
zwischen der Grenze zu den Niederlanden am Dollart und der Elbmündung
bei
Cuxhaven
(http://www.nationalpark-wattenmeer.de/nds/nationalpark/
steckbrief).
Sowohl der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke als auch die Baggerungen
finden außerhalb der Grenzen des Nationalparks statt, so dass direkte Auswirkungen nicht auftreten. Die Klappstellen befinden sich dagegen an den
Nationalparkgrenzen. Auswirkungen in Form von Trübungsfahnen sind insofern möglich, als dass Wattflächen und Sublitoralbereiche nahe den Klappstellen zeitweise höheren Schwebstoffgehalten ausgesetzt sind. Jedoch treten diese höheren Gehalte zeitlich eng begrenzt auf und sind auch angesichts der ohnehin stattfindenden Unterhaltungsbaggerungen bzw. –
425
verklappungen mengenmäßig kaum relevant, so dass es zu keiner messbaren Veränderung dieser Bereiche kommen wird, die isoliert auf das Vorhaben
zurückzuführen sind (vgl. B.III.3.1.5.1). Auch die Änderungen des Tidegeschehens, des Stofftransportes und der Strömungsmechanik, die sich durch
die modifizierte Fahrrinne ergeben, sind derart gering, dass sie zu keinen
messbaren Auswirkungen auf das Gebiet des Nationalparks führen werden.
Das Biosphärenreservat „Niedersächsisches Wattenmeer“ erstreckt sich von
der Außenems bis zur Elbmündung. Das Kerngebiet des Biosphärenreservates ist der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Im Kerngebiet des
Biosphärenreservats steht der Schutz der Natur im Vordergrund. Die Auswirkungen der wasserbaulichen Maßnahmen sind mit denen identisch, die bereits vorstehend in Zusammenhang mit dem Nationalpark Wattenmeer genannt wurden.
Zu dem Biosphärenreservat gehört jedoch auch die Entwicklungszone, die
die terrestrischen Bereiche der Küstenlandkreise bzw. -gemeinden umfasst.
Diese Zone ist Modellregion für nachhaltiges Leben und Wirtschaften im Küstenraum für die von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer ein Handlungsprogramm aufgestellt wurde:
1. Es soll eine nachhaltige touristische Entwicklung, die sowohl den umweltals auch den wirtschaftlichen und sozialen Ansprüchen gerecht wird, in
der Region etabliert werden.
2. Eine nachhaltige Land- und Ressourcennutzung soll durch die Inwertsetzung und Vermarktung regionaler Produkte auch in Verbindung mit einer
umweltverträglichen und natur- und kulturbezogenen touristischen Entwicklung unterstützt werden.
3. Es soll der Anspruch eines UNESCO- Biosphärenreservates als Modellregion für 'Klimaschutz und Entwicklung von Klimaanpassungsstrategien'
erfüllt werden
4. Der Aufbau 'Juniorranger-Netzwerkes' dient dem Auftrag des Biosphärenreservates als Bildungsort für Nachhaltige Entwicklung.
(http://www.nationalpark-wattenmeer.de/nds/biosphaerenreservat/handlungsprogramm).
426
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke beansprucht während des Umbaus
terrestrische Flächen, die in der Entwicklungszone des Biosphärenreservates
liegen.
Abgesehen davon, dass der Brückenumbau eine lokale und zeitlich beschränkte Maßnahme ist bzw. war, ist für die Planfeststellungsbehörde nicht
ersichtlich, dass die Umsetzung des o.a. Handlungsprogrammes durch die
Maßnahme in irgendeiner Form behindert oder beeinträchtigt wird. Die bauzeitliche Flächenbeanspruchung ist inzwischen wieder ausgeglichen. Die
umgebaute Brücke unterscheidet sich hinsichtlich ihrer Auswirkungen nicht
von der ursprünglichen Version. Die Entwicklungszone ist vorhabensbedingt
nicht verändert.
3.1.5
Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Vorgaben der Richtlinie
92/43/EWG (FFH–Richtlinie), der Richtlinie 2009/147/EG (Vogelschutzrichtlinie) und der Richtlinie 2000/60/EG (Wasserrahmenrichtlinie) sowie deren nationaler Umsetzung
3.1.5.1 Verträglichkeitsprüfung
Das Vorhaben ist zulässig im Sinne des § 34 Bundesnaturschutzgesetz
(BNatSchG), Art. 6 Abs. 3 FFH-RL.
Nach Art 6 Abs.3 der FFH – Richtlinie erfordern Pläne oder Projekte, die
nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder
hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in
Zusammenwirkung mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet
festgelegten Erhaltungszielen. Gemäß § 34 Abs.1 Bundesnaturschutzgesetz,
der die vorstehende Regelung national umsetzt, sind Projekte, die nicht unmittelbar der Verwaltung eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung
oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes dienen, soweit sie einzeln
oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind,
ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein Europäisches Vogelschutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen, vor ihrer Zulassung oder Durch-
427
führung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebietes von
gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes zu überprüfen.
Der FFH-Verträglichkeitsprüfung geht eine FFH-Vorprüfung voraus, das sog.
Screening, in dem geprüft wird, ob es einer FFH-Verträglichkeitsprüfung bedarf. Nach dem Beschluss des BVerwG vom 26.11.2007 (4 BN 46/07) sind
die bei der Vorprüfung nach Art.6 Abs.3 Satz 1 der FFH – Richtlinie anzulegenden Maßstäbe nicht identisch mit den Maßstäben für die Verträglichkeitsprüfung selbst. Bei der Vorprüfung ist nur zu untersuchen, ob erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes ernstlich zu besorgen sind. Erst wenn
das zu bejahen ist, schließt sich die Verträglichkeitsprüfung mit ihren Anforderungen an den diese Besorgnis ausräumenden naturschutzfachlichen Gegenbeweis an (BVerwG 26.11.2007- 4 BN 46/07).
Das Vorhaben erfüllt unzweifelhaft den Projektbegriff. Die Planfeststellungsbehörde prüft daher gebietsbezogen das Erfordernis zur Durchführung einer
Verträglichkeitsprüfung im Wege der Vorprüfung.
Im voraussichtlichen Wirkraum des planfestgestellten Vorhabens liegen Gebiete, die durch die Richtlinie 92/43 EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur
Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und
Pflanzen (FFH-Richtlinie, ABl. L 206 vom 22.07.1992, S. 7) in der derzeit geltenden Fassung bereits unter Schutz gestellt sind (gelistete Gebiete) sowie
ein Gebiet („Unterems und Außenems“), das von dem Bundesland Niedersachsen an die Bundesregierung zur Weiterleitung an die EU-Kommission
gemeldet wurde. Aufgrund verschiedener kommunaler Klagen gegen die Listung dieses Gebietes befindet es sich nicht auf der Liste der Gebiete von
gemeinschaftlicher Bedeutung.
Ist ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung noch nicht gelistet, ist dessen Schutzstatus gegenüber einem gelisteten Gebiet geringer. Die in Art. 6
Abs.2 bis 4 FFH – RL vorgesehenen Schutzmaßnahmen müssen noch nicht
getroffen werden. Die Mitgliedstaaten sind jedoch verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu ergreifen die im Hinblick auf das mit der Richtlinie verfolgte Erhal-
428
tungsziel geeignet sind, die erhebliche ökologische Bedeutung, die diesen
Gebieten auf nationaler Ebene zukommt, zu wahren (EuGH Urteil vom
13.01.2005, Az.: C-117/03). Für solche Gebiete stellt die Anlegung der materiell-rechtlichen Maßstäbe des Art. 6 Abs.3 und 4 FFH-RL in aller Regel einen „angemessenen Schutz“ im Sinne des EuGH dar (BVerwG Beschluss
vom 7.9.2005, Az.: 4 B 49.05; EuGH Urteil vom 13.01.2005, Az.: C-117/03).
Die Planfeststellungsbehörde behandelt dieses Gebiet daher aus Vorsorgegründen wie ein gelistetes Gebiet.
Die EU-Kommission hat im Dezember 2004 offizielle Gebietslisten für die
atlantische und kontinentale Region veröffentlicht (Entscheidung der Kommission vom 07. Dezember 2004 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen biogeographischen Region, bekannt gegeben
unter Aktenzeichen K (2004) 4032, ABl. EU 2004, L 387, 1).
Durch Entscheidung der Kommission vom 12./13. November 2007 wurde
gemäß der Richtlinie 92/43/EWG eine erste aktualisierte Liste von Gebieten
von gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen biogeografischen Region (bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2007) 5396, ABl. EU 2008, L
12/1), durch Entscheidung der Kommission vom 12. Dezember 2008 eine
zweite aktualisierte Liste (bekannt gegeben unter Aktenzeichen K (2008)
8119, ABl. EU 2009, L 43/466) und durch Beschluss der Kommission vom
22. Dezember 2009 eine dritte aktualisierte Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen biogeografischen Region (bekannt
gegeben unter Aktenzeichen K (2009) 10405, Amtsblatt EU 2010, L 30/43)
verabschiedet.
Darüber hinaus liegen im Wirkraum der Vorhaben Gebiete, die aufgrund der
Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 20/7 vom
26.01.2010) zu Schutzgebieten erklärt worden sind. Die Liste der Europäischen Vogelschutzgebiete wurde zuletzt gemäß § 10 Abs.6 Bundesnaturschutzgesetz (alte Fassung) mit Bekanntmachung vom 26. Juli 2007 aktuali-
429
siert und im Bundesanzeiger veröffentlicht (Bundesanzeiger Nr. 196 vom
19.10.2007).
Diese Gebiete werden nach Art.7 der FFH Richtlinie an den Anforderungen
der FFH Richtlinie gemessen.
Ferner findet die Vogelschutzrichtlinie in solchen Gebieten unmittelbar Anwendung, die der Mitgliedstaat nicht nach Art. 4 Abs. 1 S. 4 Vogelschutzrichtlinie zum Schutzgebiet erklärt hat, die jedoch die besonderen Anforderungen
an ein Schutzgebiet im Sinne von Art. 4 Abs. 1 S. 4 Vogelschutzrichtlinie erfüllen (EUGH, Urteil vom 02.08.1993 – Rs. C-355/90, NuR 1994, 521,522;
BVerwG, Urteil vom 01.04.2004, BVerwGE 120, 276, Az.: 4 C 2/03). Nicht
erklärte Gebiete dieser Art besitzen daher den Rechtsstatus eines „faktischen“ Vogelschutzgebietes und unterliegen dem Rechtsregime des Art. 4
Abs. 4 Vogelschutzrichtlinie. Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2009/147/EG
über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten verpflichtet die Mitgliedstaaten, wenn in ihrem Gebiet in Anhang I genannte Arten vorkommen, diejenigen Gebiete zu besonderen Schutzgebieten zu erklären, die für die Erhaltung
dieser Arten zahlen- und flächenmäßig am geeignetsten sind. Diese Gebiete
werden teilweise als sog. IBAs (Important Bird Areas) gelistet.
Nach der Rechtsprechung des EUGH (Urteile vom 19.05.1998, Az.: C 3/96
sowie vom 07.12.2000, Az.: C 374/98) und auch des Bundesverwaltungsgerichtes ist das unter der Abkürzung IBA bekannte Verzeichnis zwar nicht
rechtlich verbindlich, stellt allerdings ein gewichtiges Indiz bei der nach Art. 4
Abs. 1
S. 4
Vogelschutzrichtlinie
gebotenen
Eignungsbeurteilung
dar
(BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, Az.: 9 A 3/06, zitiert nach juris Rn. 53). Es
ist insoweit ein wissenschaftliches Beweismittel für die Frage, ob ein Mitgliedstaat seiner Verpflichtung nachgekommen ist, die Gebiete zu besonderen Schutzgebieten zu erklären, die zahlen- und flächenmäßig für die Erhaltung der geschützten Arten am geeignetsten sind. Die Europäische Kommission hat nunmehr (im Oktober 2009) allerdings das Verfahren gegen
Deutschland im Zusammenhang mit der unzureichenden Ausweisung besonderer Vogelschutzgebiete eingestellt, nachdem von der Bundesrepublik
430
zusätzliche Vogelschutzgebiete ausgewiesen worden sind. Da die EUKommission unter dem Blickwinkel des Vogelschutzes nunmehr keinen weiteren Nachmeldebedarf sieht, kann man davon ausgehen, dass der Ausweisungsvorgang als abgeschlossen zu bewerten ist und Deutschland bereits
die zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten erklärt hat.
Inzwischen hat das Melde- und Gebietsausweisungsverfahren auch einen
fortgeschrittenen Stand erreicht, so dass zwischenzeitlich in Deutschland das
von der Vogelschutzrichtlinie angestrebte zusammenhängende Netz der Vogelschutzgebiete entstanden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.03.2008,
Az.: 9 VR 9/07, zitiert nach juris Rn. 16). Die Bundesrepublik Deutschland hat
zusätzliche Vogelschutzgebiete ausgewiesen und gemeldet, um dadurch die
von der EU-Kommission festgestellten Meldedefizite zu beseitigen. Deshalb
hat die Kommission ein sich über mehrere Jahre hinziehendes Verfahren
eingestellt, das wegen der Nichtbeachtung von Naturschutzgesetzen eingeleitet worden ist. Deshalb kann man nun davon ausgehen, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Pflicht erfüllt hat, die flächen- und zahlenmäßig
geeignetsten Gebiete zu melden (Art. 4 Abs. 1 VSRL).
Da das Verfahren gegen die Bundesrepublik eingestellt ist, geht die Planfeststellungsbehörde davon aus, dass es keine weiteren faktischen Vogelschutzgebiete gibt, die eine Lücke im Netz schließen sollen. Insofern ergibt
sich für das Planfeststellungsverfahren kein Bedürfnis der Prüfung etwaiger
IBAs. Geprüft werden FFH-Gebiete und EU-Vogelschutzgebiete sowie das
Gebiet „Unterems und Außenems“, das von der Planfeststellungsbehörde
aus vorstehend angeführten Erwägungen wie ein FFH Gebiet behandelt wird
431
Innerhalb des voraussichtlichen Wirkraums liegen folgende Gebiete:
EU-Kennzeichen
Name des Gebietes
Bemerkung
FFH-Gebiete
DE 2809-331
Ems
DE 2306-301
Nationalpark Niedersächsi-
Betrifft ausschließlich den
sches Wattenmeer
Teilbereich der Ruhezone
I/1 Dollart
NL 1000001
Waddenzee
DE 2507-331
Unterems und Außenems
Inbegriffen ist ebenfalls der
Nachmeldevorschlag, der
mit Stand 12/2006 des Nds.
MU vorliegt
EU-Vogelschutzgebiete
DE 2609-401
Emsmarsch von Leer bis
Emden (V10 und V10a)
DE 2909-401
Emstal von Lathen bis Papenburg (V16)
DE 2709-401
Rheiderland (V06)
DE 2210-401
Niedersächsisches Wattenmeer (V01)
NL 9801001
Waddenzee
432
Die räumliche Lage der Gebiete lässt sich den nachfolgend abgedruckten
Karten entnehmen.
433
Ob ein Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung im o.g. Sinne führen
kann, erfordert eine Einzelfallbeurteilung, die wesentlich von naturschutzfachlichen Fragestellungen und Bewertungen abhängt. Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung in einem ersten Schritt eine sorgfältige
Bestandserfassung und –bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Auf dieser Basis sind sodann die
Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten (vgl. BVerwG
434
vom 12.03.2008, Rz.68, zitiert nach juris). Die vorgelegte Verträglichkeitsstudie (Unterlage „H“ der Planfeststellungsunterlagen, FFH-Verträglichkeitsstudie vom 21.08.2008) sowie die weiteren in diesem Zusammenhang erarbeiteten fachgutachtlichen Stellungnahmen und Untersuchungen bzw. Erfassungen erfüllen diese Voraussetzungen.
-
Prüfungsgrundlage
Die Fachgutachter haben für die oben dargestellten Gebiete, die im potentiellen Wirkbereich des Vorhabens liegen, Bestandserfassungen und Bestandsbewertungen durchgeführt, bzw. vorhandenes Datenmaterial entsprechend
ausgewertet, nachdem eine Wirkung (unmittelbar oder mittelbar) des Vorhabens auf das jeweilige Gebiet ausgemacht werden konnte. Dazu waren die
einzelnen Wirkfaktoren des Vorhabens zu ermitteln.
- - projektbedingte Einwirkungen / Auswirkungen
Gutachterlich wurden die potenziellen Wirkfaktoren und Auswirkungen des
Vorhabens ermittelt. Hierbei wurde unterschieden zwischen „Umbau der JannBerghaus-Brücke“ und „wasserbauliche Maßnahmen“, da hier unterschiedliche
Wirkbereiche und -faktoren zugrunde liegen. Die Planfeststellungsbehörde
unterstellt jedoch im Sinne einer Worst-case Betrachtung, dass diese potenziellen Wirkfaktoren und Auswirkungen tatsächlich vorhanden sind, selbst wenn
sie nur zu geringen bzw. kaum messbaren Veränderungen führen. Diese Vorgehensweise ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde angemessener, um
die Reichweite der Wirkungen des Vorhabens zu ermitteln.
435
„Umbau der Jann-Berghaus-Brücke“
Wirkfaktor
Auswirkungen bezogen auf einzelne Schutzgüter
Baubedingte Auswirkungen
Überbauung von Grundflä-
LRT: Kleinräumiger Flächenverlust von LRT im direk-
che, Teilversiegelung
ten Einwirkungsbereich.
Sonstige charakteristische Tier- und Pflanzenarten:
Es werden keine Auswirkungen erwartet.
Brut- und Gastvögel: Mögliche vorübergehende Einschränkung der ökologischen Funktion der Maßnahmenbereiche.
Direkte Veränderung von
LRT: Kleinräumiger Flächenverlust von LRT im direk-
Vegetations- und Biotop-
ten Einwirkungsbereich.
strukturen
Sonstige charakteristische Tier- und Pflanzenarten:
Es werden keine Auswirkungen erwartet.
Fische: Vorübergehende Einschränkung der sublitoralen Laich-, Aufwuchs- und Nahrungsgebiete.
Brut- und Gastvögel: Vorübergehende Einschränkung
der Nutzung der Maßnahmenbereiche als Habitat.
Veränderung der hydrody-
LRT: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
namischen Verhältnisse
Charakteristische Tier- und Pflanzenarten: Es werden
durch Bauabläufe innerhalb keine Auswirkungen erwartet.
des Gewässers
Akustische Reize (Luft-
LRT: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
schall) durch Baustellenbe-
Sonstige charakteristische Tier- und Pflanzenarten:
trieb
Es werden keine Auswirkungen erwartet.
Brut- und Gastvögel: Geringfügige zusätzliche Störungen im direkten Umfeld möglich.
436
Wirkfaktor
Auswirkungen bezogen auf einzelne Schutzgüter
Erschütterungen und Schal- LRT: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
lemission (Wasserschall)
Fische: Mögliche vorübergehende Nutzungsein-
hervorgerufen durch die
schränkung der sublitoralen Laich-, Aufwuchs- und
Schwimmramme
Nahrungsgebiete.
Brut- und Gastvögel: Geringfügige zusätzliche Störungen von schwimmenden und tauchenden Vögeln.
Sonstige charakteristische Tier- und Pflanzenarten:
Es werden keine Auswirkungen erwartet.
Mechanische Einwirkungen LRT: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
durch Trittbelastungen, Be-
Charakteristische Tier- und Pflanzenarten: Es werden
fahren während der Bauzeit keine Auswirkungen erwartet.
Wellenschlag hervorgerufen LRT: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
durch Bauarbeiten
Charakteristische Tier- und Pflanzenarten: Es werden
keine Auswirkungen erwartet.
Anlagebedingte Auswirkungen
Überbauung von Grundflä-
LRT: Kleinräumiger Flächenverlust von LRT im direk-
che, Versiegelung
ten Einwirkungsbereich.
Charakteristische Tier- und Pflanzenarten: Es werden
keine Auswirkungen erwartet.
Veränderung der hydrody-
LRT: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
namischen Verhältnisse
Charakteristische Tier- und Pflanzenarten: Es werden
durch den neuen Pfeiler 6a
keine Auswirkungen erwartet.
und Wegfall des Pfeilers 6
Betriebsbedingte Auswirkungen werden für den Umbau der Jann-BerghausBrücke ausgeschlossen.
437
„wasserbauliche Maßnahmen“
Wirkfaktor
Auswirkungen bezogen auf einzelne Schutzgüter
Baubedingte Auswirkungen
Ausbaubaggerung mit
LRT: Kleinräumiger Flächenverlust von LRT im direk-
Hopperbagger
ten Einwirkungsbereich.
Charakteristische Makrozoobenthosarten: Vorübergehende Entsiedelung von Baggerstrecken durch
Entnahme von Sedimenten.
Fische: Vorübergehende Einschränkung der ökologischen Funktion der Maßnahmenbereiche.
Brut- und Gastvögel: Vorübergehende Einschränkung der ökologischen Funktion der Maßnahmenbereiche.
Meeressäuger: Vorübergehende Einschränkung der
ökologischen Funktion der Maßnahmenbereiche.
Erhöhung/Reduktion der
LRT: Kleinräumige, erhöhte Sedimentationsraten.
Schwebstoffgehalte/Trübung Charakteristische Makrozoobenthosarten: Kurzfristig
in den Maßnahmenbereiverschlechterte Lebensbedingungen durch Erhöhung
chen und auf den Umlagerungsstellen:
der Schwebstoffgehalte
Fische: Vorübergehende Einschränkung der Nutzung
der Maßnahmenbereiche.
Brut- und Gastvögel: Vorübergehende Einschränkung der Nutzung der Maßnahmenbereiche als Nahrungshabitat für fischfressende Arten.
Meeressäuger: Vorübergehende Einschränkung der
Nutzung der Maßnahmenbereiche als Nahrungshabitat.
438
Wirkfaktor
Auswirkungen bezogen auf einzelne Schutzgüter
Erhöhte Nähr-
LRT: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
/Schadstofffreisetzung und
Charakteristische Makrozoobenthosarten und Fi-
Sauerstoffzehrung in den
sche: Kurzfristig und kleinräumig verschlechterte
Maßnahmenbereichen und
Lebensbedingungen durch Erhöhung der Nähr- und
auf den Umlagerungsstel-
Schadstofffreisetzung sowie der Sauerstoffzehrung.
len::
Brut- und Gastvögel: Es werden keine Auswirkungen
erwartet.
Meeressäuger: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
Erhöhung der schiffserzeug- LRT: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
ten Belastungen u.a. auch
Charakteristische Makrozoobenthosarten: Es werden
durch die Verbringungsfahr- keine Auswirkungen erwartet.
ten (Wellen usw.)
Fische: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
Brut- und Gastvögel: Geringfügige Erhöhung des
Störungsausmaßes durch Wellenbewegungen und
optische und akustische Reize
Meeressäuger: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
Zunahme von Lärm-, Luft-
LRT: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
schadstoff- und Licht-
Charakteristische Makrozoobenthosarten: Es werden
emissionen
keine Auswirkungen erwartet.
Fische: Geringfügige Erhöhung des Störungsausmaßes im direkten Umfeld
Brut- und Gastvögel: Geringfügige Erhöhung des
Störungsausmaßes im direkten Umfeld
Meeressäuger: Geringfügige Erhöhung des Störungsausmaßes im direkten Umfeld
Anlagebedingte Auswirkungen
439
Wirkfaktor
Auswirkungen bezogen auf einzelne Schutzgüter
Veränderung der Tidewas-
LRT: Veränderung von tidebeeinflussten Lebens-
serstände (Veränderung
raumtypen bei +/- 1 cm ist nicht gegeben.
MTnw, MThb):
Charakteristische Makrozoobenthosarten: Es werden
keine Auswirkungen erwartet.
Die BAW prognostiziert eine Fische: tendenzielle Verkleinerung sublitoraler LaichVeränderung des Tidehoch- , Aufwuchs- und Nahrungsgebiete (bei gleichzeitiger
bzw. -niedrigwassers von
Vergrößerung des eulitoralen Nahrungsraums).
+/-1 cm und eine Erhöhung
(Auswirkungen vermutlich nicht im Freiland messbar)
des Tidenhubs um 2 cm
Brut- und Gastvögel: tendenzielle Verkleinerung von
(vgl. Materialband K.1)
Wiesenbruthabitaten. Tendenzielle Vergrößerung
von Nahrungshabitaten von Arten , die im Watt nach
Nahrung suchen. (Auswirkungen vermutlich nicht im
Freiland messbar)
Meeressäuger: Es werden keine Auswirkungen auf
die Ruheplätze erwartet.
Veränderung der Strö-
LRT: Möglicher Verlust von Lebensraumtypen an
mungsgeschwindigkeiten
nicht befestigten Uferbereichen.
(mittlere und maximale
Charakteristische Makrozoobenthosarten: Möglich-
Emsstromge-
erweise geringfügige Änderungen im Verteilungs-
schwindigkeiten):
muster
Fische: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
Die BAW prognostiziert Ver- Brut- und Gastvögel: Es werden keine Auswirkungen
änderungen der Ebbe- und erwartet.
Flutströmungen um +/5 cm/s global und bis
10 cm/s lokal im Bereich der
angepassten Ausbautopografie (vgl. Materialband
K.1)
Meeressäuger: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
440
Wirkfaktor
Auswirkungen bezogen auf einzelne Schutzgüter
- Verschiebung der Brack-
LRT: Geringfügige Veränderungen in der Zusam-
wassergrenze Richtung
mensetzung der Flora im Bereich der Brackwasser-
stromaufwärts
zone (Auswirkungen vermutlich nicht im Freiland
- Zunahme der Salinität
messbar)
innerhalb der Brackwas-
Charakteristische Makrozoobenthosarten: Tendenzi-
serzone
elles Vordringen von halophioler Arten stromauf.
- Veränderung der
Salinitätsamplitude
(Auswirkungen vermutlich nicht im Freiland messbar)
Fische: Möglicherweise geringfügige Änderungen
Die BAW prognostiziert Ver-
im Verteilungsmuster.
änderungen +/- 0,2 PSU
Brut- und Gastvögel: Möglicherweise bestehen ge-
(Bezugsgröße zur Angabe
ringfügige Auswirkungen durch Wechselbeziehun-
der Salinität) unterhalb des
gen zu obigen Schutzgütern
3-Kurven-Bereichs, die
Meeressäuger: Es werden keine Auswirkungen
Brackwasserzone bleibt
erwartet.
unverändert (vgl. Materialband K.1)
Veränderung des Sauer-
LRT: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
stoff- und Nährstoffhaushal-
Charakteristische Makrozoobenthosarten: Es
tes:
werden keine Auswirkungen erwartet.
Fische: Es werden keine Auswirkungen erwartet.
Es werden keine messbaren Brut- und Gastvögel: Es werden keine AuswirkunÄnderungen prognostiziert
gen erwartet.
(vgl. UVU (Unterlage F),
Kapitel: Wasser)
Meeressäuger: Es werden keine Auswirkungen
erwartet.
Betriebsbedingte Auswirkungen
441
Wirkfaktor
Auswirkungen bezogen auf einzelne Schutzgüter
Unterhaltungsbaggerungen
LRT, charakteristische Makrozoobenthosarten,
(Folgebaggerungen)
Fische, Brut- und Gastvögel, Meeressäuger:
Die Wirkungen der Unterhal- Siehe baubedingte Auswirkungen. Jedoch sind
tungsbaggerungen unter-
die Auswirkungen in ihrer Intensität geringer, weil
scheiden sich nicht grund-
weniger Material gebaggert bzw. umgelagert wird
sätzlich von den baubeding- und die Einsatzdauer kürzer ist. Die Auswirkungen
ten, wasserbaulichen Aus-
sind kurzfristig, treten jedoch periodisch wieder-
wirkungen. Der Unterschied
kehrend auf.
besteht darin, dass die Unterhaltungsbaggerungen im
Gegensatz zur Erstausbaggerung periodisch wieder-kehren und dass die
Baggermenge deutlich
(rund 1/3) geringer ist.
442
-
Unterbringung Baggergut
Die Unterbringung des Baggergutes aus der Erstbaggerung und den Folgebaggerungen erfolgt auf bereits durch andere Verfahren planfestgestellte
Spülfelder bzw. auf bereits vorhandene, nach HABAK-WSV festgesetzte
Klappstellen (vgl. Erläuterungsbericht).
Das Baggergut, welches im wasserbaulichen Maßnahmenbereich Emden bei
der Erstbaggerung sowie bei den Unterhaltungsbaggerungen gebaggert wird,
ist eine Unterbringung auf die Klappstellen 5 und 7 der Außenems vorgesehen. Das übrige Material wird an Land verbracht.
Die Klappstellen werden auch aktuell regelmäßig – in unterschiedlicher Intensität – mit Baggergut aus Unterhaltungsmaßnahmen beschickt. Bereits
heute dauerhaft beanspruchte Klappstellen sind in ihrer Entwicklung stark
gestörte und damit vorbelastete Bereiche. Auf den Klappstellen wird es vorhabensbedingt nicht zu einer starken Erhöhung der Klappmenge im Vergleich zur mittleren jährlichen Klappmenge der Vorjahre kommen. Angesichts
der Gesamtmenge von durchschnittlich ca. 5,16 Mio. m³, die auf beide
Klappstellen in den letzten sieben Jahre jährlich verbracht worden sind, ist
davon auszugehen, dass durch die zusätzliche Unterbringung von ca. 0,09
Mio. m³ für die Erstbaggerung und 0,06 Mio. m³ für die Unterhaltungsbaggerung (ca. 1 bis 1,5 % der Jahresgesamtmenge) keine zusätzlichen ökologischen Auswirkungen auf das System entstehen werden. Auch die Fahrten zu
den Klappstellen, die bei ca. 60 Schiffsbewegungen für die Erstbaggerung
und ca. 40 pro Unterhaltungskampagneliegen bei einem angenommenen
Hopperladeraum von 3.000 m³ liegen, gehen im Gesamtverkehr der Ems (ca.
11.000 Schiffsbewegungen zwischen Emden und Leer) auf und stellen keine
erhebliche Beeinträchtigung dar. Die Kapazitäten der Klappstellen sind weiterhin ausreichend, um die Baggermengen zukünftig aufnehmen zu können
(FFH-VS S.24).
Erhebliche Auswirkungen durch die vorhabensbedingte Unterbringung von
Baggergut auf maßgebliche Bestandteile der geschützten Gebiete können
daher von vornherein ausgeschlossen werden. Eine Betrachtung der Wirkungen der Unterbringung erfolgt in der nachfolgenden Prüfung der einzel-
443
nen Gebiete ergänzend, soweit die Gebiete durch andere Auswirkungen betroffen sein könnten.
- - Kumulative Projekte / Vorbelastung
Darüber hinaus wurde der Wirkraum des Projektes seitens der Fachgutachter auf kumulative Projekte überprüft.
Im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung sind alle Pläne und Projekte relevant, die zu Lasten des Schutzgebietes mit dem zu prüfenden Vorhaben zusammenwirken können, sei es innerhalb oder außerhalb des
Schutzgebiets (BMVBS 2008).
Von den Fachgutachtern wurde demgemäß untersucht, inwieweit das Vorhaben im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten gemäß Artikel
6 Absatz 3 der FFH-Richtlinie bzw. nach § 34 BNatSchG möglicherweise zu
erheblichen Beeinträchtigungen der für die Erhaltungsziele eines Natura2000-Gebietes maßgeblichen Bestandteile führen kann. Hierbei wurden neben direkten Beeinträchtigungen der für das Gebiet relevanten Arten und
Lebensräume auch indirekte Beeinträchtigungen beachtet, die für die Erhaltung bzw. Wiederherstellung ihres günstigen Erhaltungszustandes maßgeblich sind (vgl. FFH-VS S.58)
Um kumulativ wirken zu können, müssen folgende Bedingungen für ein Projekt erfüllt sein: Es muss
•
zeitlich zu Überschneidungen kommen,
•
ein räumlicher Zusammenhang bestehen und
ein gewisser Konkretisierungsgrad eines Projektes gegeben sein.
Als Ergebnis wurde seitens der Fachgutachter festgestellt, dass folgende
Vorhaben in Bezug auf kumulierende Wirkungen bei den einzelnen Gebietsprüfungen zu berücksichtigen sind:
• Antrag auf gehobene Erlaubnis von zwei Probestaus,
• Antrag auf Soleeinleitung,
• Planungen zur Wiedereinrichtung eines Fährbetriebs.
444
Alle weiteren untersuchten Projekte, die im Betrachtungsraum des Vorhabens liegen, erfüllen nach Aussage der Fachgutachter die oben dargestellten
Voraussetzungen nicht. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Prüfung
unter Ziff. VI S.57ff. Bezug genommen, dessen Ergebnis von der Planfeststellungsbehörde geteilt wird
Mit Datum vom 11.06.2009 wurde eine weitere Untersuchung zur Kumulation
vorgelegt, da während des Verfahrens andere Projekte einen Konkretisierungsgrad erreicht hatten, der eine entsprechende Überprüfung erforderte.
445
Hierbei handelt es sich um nachfolgend dargestellte Projekte:
− Änderung des Planfeststellungsbeschlusses zum Emssperrwerk zur
zweimaligen Anhebung des Stauziels auf NN +2,20 m (Antragsteller:
Landkreis Emsland),
− Antrag auf Erteilung einer gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis gem.
§ 11 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) für die Einleitung von Sole
in die Ems bei Rysum (Antragsteller: WINGAS GmbH & Co KG und EWE
Aktiengesellschaft),
− Erweiterung und Vertiefung des Eemshavens (Antragsteller: Groningen
Seaports), Verbesserung des Fahrwassers Eemshaven-Nordsee (Antragsteller: Rijkswaterstaat Noord-Nederland). Die Genehmigung des niederländischen Projektes „Verbesserung des Fahrwassers EemshavenNordsee“ wurde vom Raad van State am 24. August 2011 für ungültig erklärt. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass das Projekt aufgegeben wird. Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus, dass die Entscheidung des niederländischen Gerichtes dazu führt, das Projekt – oder
ein Projekt mit ähnlichen Wirkungen – neu zu betrachten. Insofern hat die
Planfeststellungsbehörden aus Vorsorgegründen die Wirkungen kumulativ betrachtet.
Die ergänzende kumulative Betrachtung vom 11.06.2009 wurde seitens der
Fachgutachter nur im Zusammenhang mit den wasserbaulichen Maßnahmen
und hierbei insbesondere im Zusammenhang mit dem wasserbaulichen
Maßnahmenbereich Emden erarbeitet. Der Umbau der Jann-BerghausBrücke, der inzwischen abgeschlossen ist, war zum Zeitpunkt der Untersuchung bereits soweit fortgeschritten, dass keine wasserseitigen Bauarbeiten
mehr vorgesehen waren und kumulative Wirkungen daher im Vorfeld aufgrund der zeitlichen Eigenschaften schon ausgeschlossen werden konnten.
Die Planfeststellungsbehörde schließt sich dieser Einschätzung an.
Die in diesem Zusammenhang ermittelten kumulativen Wirkungen werden
bei der weiteren Prüfung der FFH - Verträglichkeit des Vorhabens gebietsbezogen berücksichtigt werden.
446
-
Vorbelastung
Weiterhin wird seitens der Planfeststellungsbehörde im Rahmen dieser Bewertung berücksichtigt, dass das Planungsgebiet bereits insbesondere durch
Baggerungen (aufgrund vergangener Planfeststellungen) in der Bundeswasserstraße Ems vorbelastet ist.
Für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung ist die Berücksichtigung von Vorbelastungen unverzichtbar
(BVerwG, Urteil vom 14.04.2010, Az: 9 A 5 /08, zitiert nach juris Rn. 88).
Nach den Ausführungen im Leitfaden FFH-VP im Bundesfernstraßenbau
sind Vorbelastungen (durch verbindlich genehmigte bzw. ausgeführte Projekte) im Rahmen der Ermittlung und gebietsspezifischen Bewertung von Beeinträchtigungen als Bestandteile des Ist-Zustandes des Schutzgebietes zu berücksichtigen (vgl. S. 37 des Leitfadens FFH-VP im Bundesfernstraßenbau).
Obwohl bereits abgeschlossene Pläne und Projekte von den in Art. 6 Abs. 3
FFH-RL formulierten Prüfungsanforderungen ausgenommen sind, ist es
dennoch wichtig, diese bis zu einem gewissen Grade in die Verträglichkeitsprüfung einzubeziehen, wenn sie das Gebiet dauerhaft beeinflussen und Anzeichen für eine fortschreitende Beeinträchtigung des Gebietes bestehen
(EU-Kommission, Natura 2000 - Gebietsmanagement, S. 37). Ein aufgrund
von Vorbelastungen aktuell ungünstiger Erhaltungszustand rechtfertigt danach keine zusätzliche Beeinträchtigung, die eine weitergehende Verschlechterung des Erhaltungszustandes nach sich ziehen würde (Leitfaden
FFH-VP im Bundesfernstraßenbau, S. 37). Nachhaltige Folgen von abgeschlossenen Vorhaben können prinzipiell auch zu Kumulationseffekten führen, die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung als bestehende (irreversible)
Vorbelastungen des Gebietes in die Bewertung einzustellen sind (vgl. Merkblatt 32.2, zum Leitfaden FFH-VP im Bundesfernstraßenbau).
Nach dem Leitfaden FFH-VP an Bundeswasserstraßen (S. 44) können abgeschlossene Projekte, deren Auswirkungen sich im Ist-Zustand des Schutzgebietes widerspiegeln, als Vorbelastung behandelt werden. Auch wenn zum
Erhalt der planfestgestellten Fahrrinnentiefe immer wieder gebaggert werden
447
muss, wird dadurch lediglich der rechtlich genehmigte Ausbauzustand perpetuiert. Die Wirkungen der Ausbauten inklusive der schon seit vielen Jahren
regelmäßig immer wieder stattfindenden Unterhaltungsbaggerungen spiegeln
sich deshalb schon im Ist-Zustand der FFH-Gebiete wider. Dementsprechend werden auch die Auswirkungen der Unterhaltungsbaggerungen als
(irreversible) Vorbelastungen im Rahmen der Bewertung berücksichtigt.
- - Bestandserfassung und -bewertung
Für die Studien, mit denen vorstehend dargestellte Wirkungen ermittelt wurden, sind gemäß den Festsetzungen des Untersuchungsrahmens vom
14.12.2006 u.a. Geländekartierungen durchgeführt worden. Der Untersuchungsraum deckt den vorstehend beschriebenen Wirkraum des Vorhabens
ab.
Zudem wurden Nacherfassungen aus den Jahren 2006 und 2007 vorgelegt,
sowie andere für diesen Naturraum erstellte Studien und Gutachten ausgewertet. Die seitens der Fachgutachter angewandte Bestandserfassung und –
bewertung ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde geeignet, den betroffenen Naturraum zu beschreiben und zu bewerten.
Mit Schreiben vom 12.12.2008 bestätigt auch der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) die Eignung
der vorgelegten Daten. „Die generelle Methodik und Herangehensweise sowie die Grundlagenerhebung werde nicht kritisiert“ (Schreiben vom
12.12.2008).
3.1.5.1.1
Vorprüfung / Screening
Anhand der vorstehend beschriebenen Ermittlung der projektbedingten Einwirkungen auf den betroffenen Naturraum lässt sich der Wirkraum des Vorhabens darstellen.
Als Wirkraum des Vorhabens wurde seitens der Fachgutachter der Raum
definiert, in dem die in der UVU beschriebenen potenziellen Wirkfaktoren, die
als die maßgeblichen ökologisch wirksamen Faktoren der Fahrrinnenanpassung und ihrer Nebenmaßnahmen bestimmt wurden, beobachtet werden
448
können. Er umfasst im Wesentlichen den Raum der vorgesehenen Baggerarbeiten und Baumaßnahmen und den Bereich, in dem Auswirkungen der
Baumaßnahmen wie z.B. Störungen durch Lärm wirken können (D & M FFH
VS S. 25). Dieser Definition schließt sich die Planfeststellungsbehörde an.
Wie bereits oben dargestellt wurde, ist bei der Vorprüfung zu untersuchen,
ob erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes ernstlich zu besorgen
sind.
Für Gebiete, die außerhalb des Wirkraums des Vorhabens liegen, können
Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele naturgemäß von vornherein ausgeschlossen werden. Erhebliche Beeinträchtigungen dieser Schutzgebiete sind
daher ernstlich nicht zu besorgen.
EU-
NAME DES
KENNZEICHEN
GEBIETES
NL 1000001
BEGRÜNDUNG
FFH-GEBIET
Trotz des Vorkommens von potenziell beein-
WADDENZEE
trächtigten NATURA 2000-Schutzgütern wie
Wanderfischarten und Meeressäuger können
aufgrund des Mindestabstandes von 2000 m
zum nächstgelegenen Maßnahmenbereich
negative Auswirkungen auf die in Tabelle 6
dargestellten Erhaltungsziele ausgeschlossen werden
NL 9801001
EU-
Die einzig weitreichendere Störungsquelle
VOGELSCHUTZ-
sind die zusätzlichen Lärmemissionen des
GEBIET
Baggers. Bei einem Mindestabstand von
WADDENZEE
2000 m zum nächstgelegenen Maßnahmenbereich können negative Auswirkungen auf
die in Tabelle 6 dargestellten Erhaltungsziele
ausgeschlossen werden
449
EU-
NAME DES
KENNZEICHEN
GEBIETES
BEGRÜNDUNG
V06 / DE 2709-
EU-
Die einzig weitreichendere Störungsquelle
401
VOGELSCHUTZ-
sind die zusätzlichen Lärmemissionen des
GEBIET
Baggers. Aufgrund der Lage hinter dem als
RHEIDERLAND
Schallschutz dienenden Deich und der großen Entfernung können negative Auswirkungen auf die in Tabelle 6 dargestellten maßgeblichen Bestandteile ausgeschlossen werden
Nach Einschätzung der Fachgutachter kann aus der gesamten NATURA
2000-Gebietskulisse für die in vorstehend abgedruckter Tabelle benannten
Gebiete von einer FFH-Verträglichkeitsuntersuchung abgesehen werden, da
die Wirkfaktoren nicht bis in das Gebiet hineinreichen bzw. maßgebliche Bestandteile auch nicht potenziell in ihren Erhaltungszielen betroffen sind.
Die Planfeststellungsbehörde schließt sich im Ergebnis der gutachterlichen
Einschätzung an, dass aufgrund der Art und/oder der Lage der zuvor aufgelisteten Gebiete und unter Berücksichtigung der Wirkfaktoren der Vorhaben
einschließlich der Intensität der Wirkungen, erhebliche Beeinträchtigungen
für diese Gebiete im Sinne von § 34 Abs. 2 BNatSchG offensichtlich ausgeschlossen werden können (vgl. zu den Anforderungen der Vorprüfung
BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, Az.: 9 A 20/05, NuR 2007,336, zitiert nach
juris: Rn. 60). Im Rahmen der Bewertung wurde auch berücksichtigt, dass
erhebliche Beeinträchtigungen möglicherweise erst im Zusammenwirken mit
anderen Projekten und Plänen eintreten können. Weil eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 34 Abs. 2 BNatSchG für diese Gebiete schon offensichtlich ausgeschlossen werden kann, kann eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG für das FFH Gebiet Waddenzee und die
oben genannten Vogelschutzgebiete unterbleiben. Erhebliche Beeinträchtigungen in ihren für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen
Bestandteilen sind offensichtlich ausgeschlossen (vgl. zu den Anforderungen
der Vorprüfung BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, Az.: 9 A 20/05, NuR
2007,336, zitiert nach juris: Rn. 60):
450
So wurden von den Vorhabensträgern FFH-Verträglichkeitsstudien zu folgenden Natura 2000-Gebieten erarbeitet, die sich jeweils im Bereich bzw.
Umfeld der Maßnahmen befinden bzw. bei denen Beeinträchtigungen der
Schutz- und Erhaltungsziele bzw. eine Verschlechterung des derzeitigen Erhaltungszustandes nicht von vornherein ausgeschlossen werden können.
EU-Kennzeichen
Name des Gebietes
Bemerkung
FFH-Gebiete
DE 2809-331
Ems
DE 2306-301
Nationalpark Nieder-
Betrifft ausschließlich
sächsisches Wattenmeer den Teilbereich der
Ruhezone I/1 Dollart
DE 2507-331
Unterems und Außenems Inbegriffen ist ebenfalls
der Nachmeldevorschlag, der mit Stand
12/2006 des Nds. MU
vorliegt.
EU-Vogelschutzgebiete
DE 2609-401
Emsmarsch von Leer
bis Emden (V10)
DE 2909-401
Emstal von Lathen
bis Papenburg (V16)
DE 2210-401
Niedersächsisches
Wattenmeer (V01)
451
3.1.5.1.2
-
Prüfung der einzelnen Gebiete
Allgemeine Anforderungen an die Verträglichkeitsprüfung (VP)
Maßstab für die Verträglichkeitsprüfung der FFH-Gebiete sind die Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-Richtlinie, § 34 BNatSchG und § 26
NAGBNatSchG. Im Folgenden werden aus Vereinfachungsgründen lediglich
die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes genannt, inhaltlich werden
allerdings alle Normen dieser Normenkette berücksichtigt.
Wie bereits oben dargelegt wurde, ist ein Vorhaben nach § 34 Abs. 2
BNatSchG unzulässig, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann.
Beeinträchtigung im Sinne der Verträglichkeitsprüfung bedeutet eine negative Veränderung des Gebietes gemessen an seinen Erhaltungszielen bzw.
seinem Schutzzweck. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG bedeutet Erhaltungsziel die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-RL) aufgeführten natürlichen Lebensräume und der in Anhang II dieser Richtlinie aufgeführten Tierund Pflanzenarten, die in einem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung
vorkommen, sowie der in Anhang I der Richtlinie (VSchRL) aufgeführten und
der in Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Vogelarten und ihrer Lebensräume, die in einem Europäischen Vogelschutzgebiet vorkommen. Soweit
die Gebiete zu Schutzgebieten im Sinne des § 20 Abs. 1 BNatSchG (Nationalpark, Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet) erklärt worden sind,
ergeben sich deren Erhaltungsziele aus dem Schutzzweck und den dazu
erlassenen Vorschriften.
Solange ein FFH-Gebiet noch nicht unter Festlegung des Schutzzwecks zu
einem besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist, sind die Erhaltungsziele
durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten
Standard-Datenbögen zu ermitteln, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeu-
452
tung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben. Maßgebliche – den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende –
Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des
Anhangs I der Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der „darin vorkommenden charakteristischen Arten“ (vgl. Art.1
Buchst. e FFH-RL) sowie die Arten des Anhangs II der Richtlinie, die für die
Gebietsauswahl bestimmend waren. Lebensraumtypen und Arten, die im
Standart – Datenbogen nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen (vgl. BVerwG vom 12.03.2008, Rz.72, zitiert
nach juris).
Für Vogelschutzgebiete, die bereits nach Art. 4 Abs. 1 S. 4 VSchRL zum
Schutzgebiet erklärt worden sind, richtet sich der Schutz gemäß Art. 7 FFHRL ebenfalls nach Art. 6 Abs. 2-4 der FFH-RL bzw. § 34 BNatSchG (und der
entsprechenden Landesnorm).
Pläne oder Projekte können ein Gebiet erheblich im Sinne von Art. 6 Abs. 3
Satz 1 FFH-RL beeinträchtigen, wenn sie drohen, die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden (vgl. Urteil des EUGH vom
07.09.2004, Az.: C 127/02 sowie Urteil des BVerwG vom 17. Januar 2007
Az.: 9 A 20.05, NuR 2007, 336, zitiert nach juris Rn. 41). Nach den weiteren
Ausführungen im vg. Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes dürfen die zuständigen Stellen die Pläne oder Projekte nach Art. 6 Abs. 3 S. 2 FFH-RL nur
dann zulassen, wenn sie Gewissheit darüber erlangt haben, dass sich diese
nicht nachteilig auf das Gebiet als solches auswirken. Grundsätzlich sei somit jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und müsse als Beeinträchtigung des Gebietes als solchen gewertet werden. Unerheblich dürften im Rahmen des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL nur Beeinträchtigungen sein, die
kein Erhaltungsziel nachteilig berühren.
Mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes stelle nach den weiteren
Ausführungen in diesem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes allein der
günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten ein
geeignetes Bewertungskriterium dar. Es sei deshalb jeweils zu fragen, ob
453
sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird (Urteil des BVerwG vom 17. Januar 2007 Az.: 9 A
20.05,
NuR
2007,
336,
juris
Rn.
42;
Leitfaden
zur
FFH-
Verträglichkeitsprüfung an Bundeswasserstraßen, April 2008, S. 25). Stabilität bezeichnet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes
(Urteil des BVerwG vom 17. Januar 2007 (a. a. O.)) die Fähigkeit nach einer
Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Wie eine
Art kann auch ein natürlicher Lebensraum trotz einer vorübergehenden Störung zumindest dann stabil bleiben, wenn nach kurzer Frist eine Regeneration einsetzt (BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, 9 A 20/05, Rn. 48 zitiert nach
juris). Stabilität ist gegeben, wenn die maßgeblichen Rahmenbedingungen
(z. B. Standortparameter) für die Funktion des Gebietes in Bezug auf den
Schutzzweck in vollem Umfang erhalten bleiben (Leitfaden, FFH-VP an Bundeswasserstraßen S. 25, Fn. 46).
Wenn der Erhaltungszustand eines Gebietes noch nicht günstig ist (d.h. noch
nicht mit A oder B eingestuft worden ist), ist mit Blick auf die Erhaltungsziele
zusätzlich zu prüfen, ob auch die Wiederherstellungsmöglichkeiten eines
günstigen Erhaltungszustandes (entsprechend der Zielsetzung der FFH-RL)
stabil bleiben werden. Wenn dies der Fall ist, so ist davon auszugehen, dass
die Aussichten, ihn in Zukunft zu verbessern, nicht beeinträchtigt werden
(Leitfaden FFH-VP an Bundeswasserstraßen, S. 25).
In Art. 1 e FFH-RL sind konkrete Parameter benannt, anhand derer bestimmt
werden kann, ob der Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraumes günstig ist (Strukturen, Funktionen, charakteristische Arten, Populationsgrößen, Bestandstrend usw.). Art. 1 i FFH-RL enthält eine Definition für den günstigen Erhaltungszustand einer Art. Diese in Art. 1 e und i FFH-RL genannten Merkmale
sind gleichzeitig geeignete Hilfskriterien für eine Prüfung, ob der Erhaltungszustand trotz Durchführung eines Vorhabens stabil bleiben wird (BVerwG, Urteil
vom 17.01.2007, a. a. O, zitiert nach juris: Rn. 45 und 48).
Erhebliche Beeinträchtigungen im Sinne des § 34 Abs. 2 BNatSchG müssen
nicht nachgewiesen werden, es reicht aus, wenn sie hinreichend wahrschein-
454
lich sind. Für die Annahme einer Beeinträchtigung genügt es, wenn sich aufgrund objektiver Umstände nicht ausschließen lässt, dass es zu erheblichen
Beeinträchtigungen kommen wird (EuGH, Urteil vom 07.09.2004 – C 127/02,
NuR 2004, 788; EuGH, Urteil vom 20.10.2005 C -6/04, NuR 2006, 494; Jarass, NuR 2007, 371, 374). Die Behörde darf ein Vorhaben ohne Rückgriff
auf § 34 Abs. 3 BNatSchG nur zulassen, wenn sie Gewissheit darüber erlangt hat, dass sich das Vorhaben nicht nachteilig auf das Gebiet als solches
auswirken wird (EuGH, Urteil vom 07.09.2004, Az.: C-127/02, zitiert nach
juris Nr. 59; BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 a. a. O, Rn. 41, 62). Die zu fordernde Gewissheit liegt nur dann vor, wenn aus wissenschaftlicher Sicht kein
vernünftiger Zweifel daran besteht, dass solche Auswirkungen nicht auftreten
werden (EuGH, Urteil vom 07.09.2004, Az.: C-127/02, Nr. 59; BVerwG, Urteil
vom 17.01.2007, a. a. O., zitiert nach juris: Rn. 62).
Erfasst und bewertet werden müssen die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile. Hierbei handelt es sich um das gesamte ökologische Arten-, Strukturen-, Standortfaktoren- und Beziehungsgefüge, das für
die Wahrung bzw. Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes
der Lebensräume und Arten von Bedeutung ist (Leitfaden FFH-VP an Bundeswasserstraßen, S. 23). Maßgebliche Bestandteile sind neben den Lebensräumen des Anhangs I der FFH-RL, die Arten des Anhangs II der FFHRL sowie als Bestandteile der geschützten Lebensraumtypen die darin vorkommenden charakteristischen Arten (BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, Az.:
9 A 3/06, zitiert nach juris Rn. 72; BVerwG Urteil vom 17.01.2007, Az.: 9 A
20/05, Rn. 77).
Mit Urteil vom 14.04.2010 macht das Bundesverwaltungsgericht jedoch auch
deutlich, dass es im Hinblick auf die Beurteilung der Auswirkungen auch Bagatellschwellen gibt. Dies ergäbe sich aus dem gemeinschaftsrechtlichen
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. BVerwG Urteil vom 14.4.2010, Rz. 93
zitiert nach juris). Wann eine Einwirkung Bagatellcharakter habe, sei eine
zuvörderst naturschutzfachliche Frage (vgl. BVerwG Urteil vom 14.4.2010,
Rz. 93 zitiert nach juris).
455
Unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten allgemeinen Bewertungskriterien für die Verträglichkeitsprüfung wird im Folgenden für die einzelnen Gebiete geprüft, ob das planfestgestellte Vorhaben zu erheblichen
Beeinträchtigungen der jeweiligen Gebiete in ihren für die Erhaltungsziele
oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen im Sinne von § 34 Abs.
2 BNatSchG führen könnte.
3.1.5.1.2.1
FFH–Gebiet „Ems“ (DE 2809-331)
Das FFH – Gebiet „Ems“ beginnt auf der Höhe von Papenburg und zieht sich
entlang des gesamten Flussverlaufes der Ems bis zur Landesgrenze von
Nordrhein-Westfalen. Es handelt sich um einen Flusslauf der u. a. aus naturnahen und stärker ausgebauten Abschnitten, Auenbereichen mit Grünland,
Sandmagerrasen, Auenwäldern, Altwässern, Ackerflächen besteht. Im unteren Abschnitt befinden sich u. a. tidebeeinflusste Bereiche, kleinflächige
Moore und Dünenheiden. Das FFH-Gebiet umfasst gemäß Standartdatenbogen eine Fläche von ca. 8.217 ha.
Der nördliche Rand des Gebietes befindet sich in einer Entfernung von ca.
700 m zum nächstgelegenen Maßnahmebereich. Direkte Auswirkungen auf
das Gebiet sind daher auszuschließen. Zu prüfen bleiben indirekte Auswirkungen, durch die Wirkungen des Vorhabens. Aufgrund der großen Fläche
des Gebietes und der relativ geringen Fläche, die sich im Wirkungsbereich
des Vorhabens befindet, hat der Fachgutachter bezüglich der FFHLebensraumtypen eine Vorauswahl getroffen, so dass lediglich die emsnahen Lebensraumtypen weiter betrachtet wurden. Diese Vorgehensweise ist
aus Sicht der Planfeststellungsbehörde nicht zu beanstanden, da Wirkungen
auf emsferne Lebensraumtypen wie z.B. Moorwälder oder Sandheiden von
vornherein ausgeschlossen werden können.
456
-
maßgebliche Bestandteile
Die maßgeblichen Bestandteile des Gebietes sind in nachfolgend abgedruckter Tabelle dargestellt, wobei die emsnahen Lebensraumtypen, die im Weiteren geprüft werden, in Fettdruck abgebildet sind:
Lebensraumtyp
Fläche (ha/%)
Repräsentativität
Erhaltungszustand
*Artenreiche und montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden
7 (0,09)
C
C
55 (0,67)
B
B
17 (0,21)
C
B
A
B
4,0 (0,05)
C
B
130,0 (1,58)
A
B
1,0 (0,1)
B
B
A
C
800,0 (9,74)
A
C
20,0 (0,24)
A
B
30,0 (0,37)
A
B
(6230)
*Moorwälder (91D0)
*Auenwälder mit Alnus glutinosa
und Fraxinus excelsior (AlnoPadion, Alnion incanae, Salicion
albae) (91E0)
Trockene Sandheiden mit Calluna
und Genista auf Dünen im Binnenland 10,0 (0,12)
(2310)
Trockene Sandheiden mit Calluna
und Empetrum nigrum auf Dünen im
Binnenland (2320)
Dünen mit offenen Grasflächen mit
Corynephorus und Agrostis auf Dünen im Binnenland (2330)
Oligo- bis mesotrophe stehende Gewässer mit Vegetation der Littorelletalia uniflorae und/oder der IsoetoNanojuncetea (3130)
Natürliche eutrophe Seen mit einer
Vegetation des Magnopotamions oder 165,0 (2,01)
Hydrocharitrions (3150)
Flüsse der planaren bis montanen
Stufe mit Vegetation des Ranunculion
fluitantis und des CallitrichoBatrachion (3260)
Formationen von Juniperus communis
auf Kalkheiden Kalkheiden und –
rasen (5130)
Feuchte Hochstaudenfluren der
457
Lebensraumtyp
Fläche (ha/%)
Repräsen-
Erhaltungszustand
tativität
planaren und montanen bis alpinen
Stufe (6430)
Magere Flachlandmähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officina-
10,0 (0,12)
C
C
2,0 (0,02)
C
B
60,0 (0,73)
B
B
50,0 (0,61)
A
B
20,0 (0,24)
C
B
40,0 (0,49)
A
B
110,0 (1,34)
A
C
lis) (6510)
Übergangs- und Schwingrasenmoore
(7140)
Hainsimsen- Buchenwald (LuzuloFagetum) (9110)
Waldmeister-Buchenwald (AsperuloFagetum) (9130)
Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder EichenHainbuchenwald (Carpinion betuli)
(9160)
Alte bodensaure Eichenwälder auf
Sandebenen mit Quercus robur
(9190)
Hartholzauewälder mit Quercus robur,
Ulmus laevis, Ulmus minor, Fraxinus
excelsior oder Fraxinus angustifolia
(Ulmenion minoris) (91F0)
Der LRT 3260 ist in Zusammenhang mit der Prüfung dieses Vorhabens nicht
zu betrachten, da er hier in dieser Ausprägung nicht vorhanden ist. Die Vegetation (Flutender Hahnenfuß oder Wasserstern) ist nicht präsent.
Art
Populationsgröße
Erhaltungszustand
Biber
Castor fiber
6-10
B
Fischotter
Lutra lutra
sehr selten
B
Kammmolch
Triturus cristatus
sehr selten
B
Rapfen
Aspius aspius
sehr selten
/
Steinbeißer
Cobitis taenia
selten
C
Groppe
Cottus gobio
101-250
C
Flussneunauge
Lampetra fluviatilis
251-500
C
458
Art
Schlammpeitzger
Misgurnus fossilis
Bitterling
Rhodeus
Populationsgröße
Erhaltungszustand
potenziell
C
sericeus sehr selten
/
amarus
Hirschkäfer
Lucanus cervus
potenziell
B
Froschkraut
Luronium natans
>250
B
Eine gesonderte Betrachtung der übrigen Arten nach Anhang II der FFH –
RL ist nicht erforderlich, da Auswirkungen des Vorhabens – auch indirekte –
auf diese Arten von vornherein auszuschließen sind. In Bezug auf die Arten
Rapfen, Steinbeißer, Groppe, Schlammpeitzger und Bitterling ergibt sich dies
bereits daraus, dass diese Arten sich im tideunbeeinflussten Bereich der
Ems ansiedeln, wobei die Wehranlage bei Herbrum eine Grenze der Verbreitung dieser Arten darstellt.
459
Eine Ausnahme bildet das Flussneunauge als anadrome Wanderfischart. Sie
beginnt bereits im Frühherbst (September bis November) mit dem Laichaufstieg in das Ems-Ästuar und erreicht nach der Überwinterung in den Flüssen
im April ihre stromauf gelegenen Laichplätze. Indirekte Auswirkungen des
Vorhabens auf die Wanderung dieser Art sind nicht von vornherein auszuschließen.
Insofern schließt sich die Planfeststellungsbehörde der Vorauswahl des
Fachgutachters in Bezug auf die Arten nach Anhang II der FFH – RL ebenfalls an. Hinsichtlich der Einzelheiten der Vorauswahl wird auf die entsprechenden Ausführungen in der FFH – VS (S: 173ff.) Bezug genommen.
-
Erhaltungsziele und Schutzzweck
Wie bereits oben ausgeführt wurde, bilden die Erhaltungsziele eines Natura
2000-Gebietes die Maßstäbe für die Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 FFHRL, § 34 BNatSchG, § 34c NNatG. Laut § 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG bedeutet Erhaltungsziel die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der in Anhang I FFH-RL aufgeführten natürlichen Lebensräume und in Anhang II FFH-RL aufgeführten Tier- und Pflanzenarten.
Grundlage der vorgelegten FFH – Verträglichkeitsstudie war die Entwurfsfassung der Schutz- und Erhaltungsziele mit Stand September 2006.
Erhaltungsziele für das Gebiet liegen inzwischen zum Teil durch die Verordnung zum Naturschutzgebiet „Emsauen zwischen Herbrum und Vellage“ vor.
Das Naturschutzgebiet ist Bestandteil des EU-Vogelschutzgebietes „Emstal
von Lathen bis Papenburg“, das unter der Ziffer 3.1.2.1.2.5 geprüft wird, sowie des hier zu prüfenden FFH – Gebietes „Ems“. Es deckt das FFH – Gebiet „Ems“ zum Teil ab. Das Naturschutzgebiet liegt im Bereich der Tideems
und erstreckt sich von der nördlichen Gebietsgrenze bis zum Stauwehr in
Herbrum. Es ist ca. 867 ha groß.
Ein Teilbereich des Gebietes unterliegt einem gesteuerten Tideeinfluss. Dort
wird die Tide durch Verwallungen ausgeschlossen und somit eine extensive
460
Grünlandbewirtschaftung ermöglicht. Einige Flächen sind jedoch aus der
Nutzung gefallen und wurden der freien Sukzession überlassen. Mit Hochstaudenfluren, Röhrichten und Weidegebüschen sind verschiedene Sukzessionsstadien anzutreffen, die ergänzt werden um Auwaldreste, Aufforstungen
mit standortgerechten Gehölzen und Kleingewässern.
Der übrige Teil des Naturschutzgebietes unterliegt dem Einfluss der Tide und
ist damit nur sehr eingeschränkt landwirtschaftlich nutzbar. Dieser Teil ist
daher weitgehend geprägt durch freie Sukzession und die durch sie hervorgebrachten vielfältigen Vegetationsstrukturen.
Da die vorhabensbedingten Wirkungen maximal bis zum Wehr Herbrum wirken, ist auch nur dieser Teil des FFH- Gebietes, der durch das vorstehend
beschriebene Naturschutzgebiet geschützt ist, betrachtungsrelevant. Für den
weiter südlichen, oberhalb des Wehres liegenden Bereich des Gebietes, der
sich an dieses Naturschutzgebiet anschließt, sind aus oben angeführten Erwägungen von vornherein Auswirkungen auszuschließen, so dass allein das
Naturschutzgebiet „Emsauen zwischen Herbrum und Vellage“ für die Prüfung
relevant ist.
Grundlage der FFH – VS, die 2008 erstellt wurde, war wie vorstehend bereits
erwähnt wurde, die Entwurfsfassung der Schutz- und Erhaltungsziele mit
Stand September 2006, die sich jedoch inhaltlich mit den Ausführungen der
NSG deckt, so dass eine neue Verträglichkeitsstudie nicht erforderlich wurde.
Die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Emsauen zwischen Herbrum
und Vellage“ vom 03.06.2008 greift die Formulierungen der Entwurfsfassung
der Schutz- und Erhaltungsziele des FFH-Gebietes „Ems“ (Stand September
2006) auf.
„Da das FFH-Gebiet „Ems“ in seinen Abgrenzungen über das Naturschutzgebiet „Emsauen zwischen Herbrum und Vellage“ hinausragt, werden inhaltliche die für das Naturschutzgebiet relevanten Aspekte (Allgemeine Erhaltungsziele, spezielle Erhaltungsziele für prioritäre Lebensraumtypen, übrige Lebensraumtypen, Prioritäre Tier- und Pflanzenarten
461
sowie übrige Tier- und Pflanzenarten) wörtlich oder sinngemäß aufgenommen. Es wurden keine weiteren Erhaltungsziele, prioritäre Lebensraumtypen, übrige Lebensraumtypen, prioritäre Tier- und Pflanzenarten
sowie übrige Tier- und Pflanzenarten als Schutzgegenstand für das Naturschutzgebiet hinzugefügt.
Somit ergeben sich keine Änderungen in den Aussagen der Fachgutachter bezüglich der prognostizierten maßnahmenbedingten Auswirkungen
sowohl für den Bereich des Naturschutzgebietes als auch insgesamt für
das FFH-Gebiet „Ems“.“
(Stellungnahme Diekmann & Mosebach – per E-Mail vom 18.3.2011).
Für die in diesem Verfahren zu prüfenden Arten und Lebensraumtypen ergeben sich aus der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Emsauen zwischen Herbrum und Vellage“ in der Gemeinde Rhede und der Stadt Papenburg, Landkreis Emsland sowie der Stadt Weener, Landkreis Leer folgende
allgemeine und besondere Erhaltungsziele.
Allgemeiner Schutzzweck:
Als allgemeiner Schutzzweck nach § 2 Abs.2 der Verordnung wird „… die
Erhaltung, Pflege und naturnahe Entwicklung der Deichvorländer zwischen
Herbrum und Papenburg sowie der Ems als Lebensstätte schutzbedürftiger
Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensgemeinschaften sowie als Landschaft von Seltenheit, besonderer Eigenart, Vielfalt und herausragender
Schönheit.“ genannt
Gemäß § 2 Abs.3 der Verordnung bezweckt die Erklärung zum NSG die Erhaltung und Förderung insbesondere
1. eines ökologisch durchgängigen Flusslaufs als (Teil-) Lebensraum wandernder Fischarten und mit Eignung für die Wiederansiedlung von Fischotter und Biber.
2. von eutrophen Altwässern und sonstigen Stillgewässern.
3. von Feuchtgrünland, Übergänge zu mesophilem Grünland, Röhrichten
und Seggenriedern.
462
4. naturnaher Waldkomplexe wie Weiden-, Erlen-, Eschen- und EichenAuwälder
Besonderer Schutzzweck:
Besonderer Schutzzweck für das NSG im FFH-Gebiet ist gemäß § 2 Abs.6
die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes
des FFH – Gebietes durch
1. den Schutz und die Entwicklung insbesondere von
a) einem ökologisch durchgängigen Flusslauf und Süßwasserwatt als
(Teil-)Lebensraum wandernder Fischarten und mit Eignung für die
Wiederansiedlung von Fischotter und Biber.
b) Feuchtgrünland, Röhrichten und Seggenriedern.
c) eutrophen Altwässern und sonstigen Stillgewässern mit Verlandungsröhrichten und Unterwasservegetation.
d) naturnahen Waldkomplexen, insbesondere Weiden-, Erlen-, Eschenund Eichen – Auwäldern.
2. die Erhaltung und Förderung insbesondere
a) des prioritären Lebensraumtyps (Anhang I FFH-Richtlinie)
aa)
91EO Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus exelsior
(Alno-Padion, Salicion albae)
Erhaltung/Förderung naturnaher, feuchter bis nasser Erlen,
Eschen- und Weidenwälder aller Altersstufen an Flüssen mit einem naturnahen Wasserhaushalt, standortgerechten, autochthonen Baumarten, einem hohen Anteil an Alt- und Totholz,
Höhlenbäumen sowie spezifischen Habitatstrukturen (Flutrinnen
Tümpel, Verlichtungen) einschließlich ihrer typischen Tier- und
Pflanzenarten.
b) der übrigen Lebensraumtypen (Anhang I FFH-Richtlinie)
…
bb)
6430 Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen
bis alpinen Stufe
463
Erhaltung/Förderung
artenreicher
Hochstaudenfluren
(ein-
schließlich ihrer Vergesellschaftung mit Röhrichten) an Gewässerufern und feuchten Waldrändern mit ihren typischen Tierund Pflanzenarten.
…
c) der übrigen Tier- und Pflanzenarten (Anhang II FFH-Richtlinie)
…
cc)
Flussneunauge
Erhalt und Förderung einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Population in bis zu den Laichgewässern durchgängigen,
unverbauten und unbelasteten, teilweise von Ebbe und Flut geprägten, vielfältig strukturierten Flusslauf mit Flachwasserzonen, Neben- und Altarmen als Wander- und Aufenthaltsgebiet.
…
Die Formulierungen der Entwurfsfassung waren wie folgt:
Allgemeine Erhaltungsziele
•
ERHALTUNG UND ENTWICKLUNG EINES ÖKOLOGISCH DURCHGÄNGIGEN FLUSSLAUFS MIT GUT ENTWICKELTER WASSERVEGETATION UND
NATURNAHEN UFERN, U.A. MIT FEUCHTEN HOCHSTAUDENFLUREN, IM
UNTERLAUF MIT SÜßWASSERWATT, U.A. ALS (TEIL-) LEBENSRAUM
WANDERNDER FISCHARTEN UND MIT EIGNUNG FÜR DIE WIEDERANSIEDLUNG VON FISCHOTTER UND BIBER,
•
SCHUTZ UND ENTWICKLUNG VON MESOTROPHEN BIS EUTROPHEN
ALTWÄSSERN UND SONSTIGEN STILLGEWÄSSERN SOWIE GRÄBEN, U.A.
ALS LEBENSRAUM VON FROSCHKRAUT UND KAMMMOLCH,
•
SCHUTZ UND ENTWICKLUNG VON FEUCHTGRÜNLAND, RÖHRICHTEN
UND SEGGENRIEDERN SOWIE QUELLBEREICHEN UND KLEINFLÄCHIGEN
TALRANDMOOREN MIT BIRKENMOORWALD,
464
•
SCHUTZ UND ENTWICKLUNG NATURNAHER WALDKOMPLEXE, INSBESONDERE WEIDEN-, ERLEN-, ESCHEN- UND EICHENAUWÄLDERN SOWIE
EICHEN- UND BUCHENWÄLDER IN DEN HÖHER GELEGENEN TEILEN DER
FLUSSAUE UND AN DEN TALRÄNDERN,
•
SCHUTZ UND ENTWICKLUNG VON EICHEN- UND BUCHENALTHOLZ SOWIE -TOTHOLZ IN WÄLDERN UND FELDGEHÖLZEN, U.A. ALS LEBENSRAUM DES HIRSCHKÄFERS,
•
SCHUTZ UND ENTWICKLUNG VON BINNENDÜNEN IN DER EMSAUE UND
AM
TALRAND
MIT
ZWERGSTRAUCHHEIDEN,
WACHOLDERHEIDEN,
BORSTGRAS- UND SANDMAGERRASEN SOWIE VON MAGEREN WIESEN
UND WEIDEN.
Spezielle Erhaltungsziele
•
*AUENWÄLDER MIT ALNUS GLUTINOSA UND FRAXINUS EXCELSIOR
(ALNO-PADION, ALNION INCANAE, SALICION ALBAE) (91E0) (PRIORITÄRER LEBENSRAUMTYP).
Erhalt/Förderung naturnaher, feuchter bis nasser Erlen-, Eschen- und Weidenwälder aller Altersstufen in Quellbereichen, an Bächen und Flüssen mit
einem naturnahen Wasserhaushalt, standortgerechten, autochthonen Baumarten, einem hohen Anteil an Alt- und Totholz, Höhlenbäumen sowie spezifischen Habitatstrukturen (Flutrinnen, Tümpel, Verlichtungen) einschließlich
ihrer typischen Tier- und Pflanzenarten.
•
FEUCHTE HOCHSTAUDENFLUREN DER PLANAREN UND MONTANEN BIS
ALPINEN STUFE (6430).
Erhaltung/Förderung artenreicher Hochstaudenfluren (einschließlich ihrer
Vergesellschaftungen mit Röhrichten) an Gewässerufern und feuchten Waldrändern mit ihren typischen Tier- und Pflanzenarten.
•
FLUSSNEUNAUGE (LAMPETRA FLUVIATILIS).
Erhalt/Förderung einer vitalen, langfristig überlebenden Population in bis zu
den Laichgewässern durchgängigen, unverbauten und unbelasteten, teilweise von Ebbe und Flut geprägten, vielfältig strukturierten Flusslauf mit Flachwasserzonen, Neben- und Altarmen als Wander- und Aufenthaltsgebiet.
465
Nach Vergleich der durch die Verordnung umgesetzten Erhaltungsziele mit
den im Entwurfsstadium für die Verträglichkeitsstudie herangezogenen Erhaltungszielen ergibt sich auch nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde
eine Übereinstimmung, die keine erneute Überprüfung erfordert.
Nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde führt das Vorhaben, das
sich in diesem Zusammenhang lediglich mittelbar auf das Schutzgebiet auswirkt, nicht zu Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele der maßgeblichen Bestandteile des Gebietes. Der für die überprüften Lebensraumtypen mit B
festgelegte Erhaltungszustand wird durch das Vorhaben nicht verschlechtert,
sondern bleibt stabil. Für die überprüfte Art des Flussneunauges, dessen
Erhaltungszustand im Standartdatenbogen mit C angegeben ist, ergibt sich
ebenso eine Stabilität des Erhaltungszustandes, d.h. der Erhaltungszustand
wird durch das Vorhaben nicht dauerhaft verschlechtert. Darüber hinaus ist
festzustellen, dass für das Flussneunauge auch die Wiederherstellungsmöglichkeiten stabil bleiben, da das Vorhaben hierauf keinen relevanten Einfluss
ausübt. Dies ergibt sich im Einzelnen aus nachstehend dargelegten Erwägungen der Fachgutachter, die die Planfeststellungsbehörde als schlüssig
und nachvollziehbar bewertet.
a) Lebensraumtypen
Das Vorkommen der Lebensraumtypen 91E0 und 6430 konnte dem Standarddatenbogen sowie der NSG - VO für das FFH-Gebiet „Ems“ entnommen
werden.
-
91E0 „Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (AlnoPadion, Alnion incanae, Salicion albae)“
Dieser Lebensraumtyp ist ein sog. prioritärer Lebensraumtyp und stellt sich
nach der Definition des Bundesamtes für Naturschutz (BFN 2006) wie folgt
dar:
„Hartholzauenwälder am Ufer großer Flüsse mit natürlicher Überflutungsdynamik. Dominierende Baumarten sind in Abhängigkeit vom Wasserregime
Esche (Fraxinus excelsior), Ulmen (Ulmus laevis, Ulmus minor) und Eiche
466
(Quercus robur); Wälder stickstoffreicher Standorte mit meist üppiger Krautschicht und gut ausgebildeter Strauchschicht, reich an Lianen.“
-
6430 „Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen
Stufe“
Dieser Lebensraumtyp stellt sich nach der Definition des Bundesamtes für
Naturschutz (BFN 2006) wie folgt dar:
„Feuchte Hochstaudenfluren und Hochgrasfluren an eutrophen Standorten
der Gewässerufer, Waldränder und im Bereich der subalpinen Waldgrenze:
1) Uferbegleitende Hochstaudenvegetation der Fließgewässer der Convolvuletalia sepium und der Glechometalia hederaceae sowie des Filipendulion,
2) Feuchte Staudensäume der Wälder,
3) Subalpine und hochmontane Hochstaudenvegetation an Fließgewässern,
aber auch an Wald- und Wegrändern und auf Schlägen (BetuloAdenostyletea) mit Ausnahme der Alpenampfer-Gesellschaften (Rumicion
alpini).“
aa) Auswirkungen des Vorhabens auf LRT
Für den prioritären Lebensraumtyp 91E0 sind aufgrund der Entfernung zum
nächstgelegenen Maßnahmebereich von ca. 700 m keine bau- oder betriebsbedingten Auswirkungen zu erwarten. Gleiches gilt für den Lebensraumtyp (6430) Ebenso wird das Vorhaben durch anlagebedingte Veränderungen nicht zu Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele der Lebensraumtypen führen. Gemäß Auswirkungsprognose der BAW (BAW 2007, s. Materialband K.1) ist mit einer Veränderung des Tidehoch- bzw. -niedrigwassers von
+/- 1 cm zu rechnen, so dass keinerlei messbare anlagebedingten Auswirkungen auf die Lebensraumtypen des FFH-Gebietes „Ems“ zu erwarten sind.
Das gilt auch für die anlagebedingte Veränderung der Strömungsgeschwindigkeiten. Laut BAW (BAW 2007, s. Materialband K.1) ist mit einer Veränderung der Ebbe- und Flutströmungen um +/- 5 cm/s global und bis 10 cm/s
lokal im Bereich der angepassten Ausbautopografie zu rechnen, so dass
auch durch diesen Wirkfaktor keine messbaren anlagebedingten Auswirkun-
467
gen auf die Lebensraumtypen des FFH-Gebietes „Ems“ zu erwarten sind
(vgl. Materialband K.1).
bb) Bewertung der Auswirkungen
Die Stabilität des Erhaltungszustandes der Lebensraumtypen wird daher
nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde vorhabensbedingt nicht
berührt.
b) Arten nach Anhang II
Im Bereich der Arten wird das Flussneunauge aus oben dargestellten Erwägungen einer Prüfung unterzogen.
Adulte Flussneunaugen (Lampetra fluviatilis) gehören zu den anadromen
Wanderfischarten. Sie beginnen bereits im Frühherbst (September bis November) mit dem Laichaufstieg in das Ems-Ästuar und erreichen nach der
Überwinterung in den Flüssen im April ihre stromauf gelegenen Laichplätze.
Der Aufstieg wird dabei durch verschiedene Faktoren ausgelöst (z. B.
Springtiden, mondhelle Nächte). Nach dem Ablaichen sterben die Tiere. Die
Larven führen nach 3 bis 5 Jahren eine Metamorphose durch und wandern
als Jungtiere ins Meer zurück. Die Jungtiere wandern v.a. in den Monaten
Oktober-November und März bis Juni flussabwärts( vgl. FFH-VS S.176
mwN).
aa) Auswirkungen des Vorhabens auf Arten des Anhangs II
Direkte bau- oder betriebsbedingte Auswirkungen sind für die Flussneunaugen im FFH-Gebiet „Ems“ bei einem Abstand von 700 m zur nächstgelegenen Maßnahme nicht zu erwarten. Baggerungen finden in diesem FFHGebiet nicht statt.
In Bezug auf mittelbare Wirkungen des Vorhabens sind die Auswirkungen
auf die Durchgängigkeit zu betrachten. Hinsichtlich der oben dargestellten
468
Lebensgewohnheiten ist insbesondere die Durchgängigkeit des gesamten
Flussverlaufs von Bedeutung.
Durch die Baggerungen außerhalb des FFH – Gebietes Ems können Vergrämungseffekte in den Bereichen entstehen, die die Flussneunaugen in bestimmten Monaten als Durchgangsgebiet nutzen.
Vorhabensbedingt könnten negative Auswirkungen auf das Flussneunauge
daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, sofern
ausgehend von Vergrämungseffekten der Baggerarbeiten der Durchzug zum
FFH-Gebiet „Ems“ und somit den Laichgebieten verhindert würde. Eine
Durchzugsbarriere entsteht nach Aussage der Fachgutachter unter der bestehenden Vorbelastung der Hamennetze, die im Maßnahmenbereich Emden den ausweichenden Flussneunaugen kaum Ausweichbereiche lassen
(vgl. FFH-VS S.179).
Unter Berücksichtigung der angeordneten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen, die in Bezug auf die Erstbaggerung u.a. eine Bauzeitenregelung für die für das Flussneunauge sensiblen Zeiten vorsieht, entsteht baubedingt kein zusätzliches Durchzugshindernis. Damit führen die baubedingten Vorhabenswirkungen nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des Erhaltungszustands des Flussneunauges im FFH-Gebiet „Ems“. Der Erhaltungszustand bleibt stabil.
Durch die bedarfsweisen Folgebaggerungen (betriebsbedingte Auswirkungen), bei denen für die Durchführung keine Zeitfenster angeordnet sind,
können erhebliche Beeinträchtigungen u.a. im Hinblick auf die Durchwanderbarkeit von Flussneunaugen ausgeschlossen werden. Die bereits durch bestandkräftige Genehmigungen erlaubten Unterhaltungsbaggerungen in der
Unterems stellen eine starke Vorbelastung dar. Die durch diesen Beschluss
genehmigten zusätzlichen Unterhaltungsbaggerungen und die damit verbundenen Baggertätigkeiten gehen im Gesamtgefüge dieser Vorbelastungen
auf, so dass nach Aussage der Fachgutachter keine signifikanten Änderungen zwischen dem Ist- und dem Prognosezustand erwartet werden, die eine
erhebliche Beeinträchtigung bewirken (vgl. FFH-VS S.180). Die Planfeststellungsbehörde schließt sich der Auffassung der Fachgutachter an. Vor dem
469
Hintergrund der fachlichen Aussagen ist die vorhabensbedingte Unterhaltungsbaggermehrmenge als irrelevant zu bewerten. Hierbei ist nach Meinung
der Planfeststellungsbehörde auch zu berücksichtigen, dass die planfestgestellten wasserbaulichen Maßnahmen nur im Bedarfsfall unterhalten werden,
d.h. in dem Fall, in dem ein Schiff in den Abmessungen des Bemessungsschiffes die Bundeswasserstraße Ems nutzt. Die Wasserstraße wird nicht
dauerhaft in diesem Abmessungen unterhalten.
In Bezug auf die anlagebedingten Auswirkungen des Vorhabens ist zu
beachten, dass mittelfristige Änderungen bzw. Verschlechterungen der Wasserqualität beispielsweise der Parameter Sauerstoff und Schwebstoffe sich
auf die Qualität und die Durchwanderbarkeit bzw. Erreichbarkeit des Lebensraumes direkt und großräumig auswirken. Laut Auswirkungsprognose der
Bundesanstalt für Wasserbau (BAW 2007 s. Materialband K.1) wird es allerdings keine messbare anlagebedingte Auswirkungen bzgl. der o. g. Parameter geben, so dass der Lebensraum der Flussneunaugen als maßgeblicher
Bestandteil des FFH-Gebietes „Ems“ keinerlei Beeinträchtigungen erfährt.
bb) Bewertung der Auswirkungen
Hinsichtlich der Art Flussneunauge ist demzufolge festzustellen, dass sich
der Erhaltungszustand dieser Art durch das Vorhaben nicht verschlechtert,
sondern vielmehr stabil bleibt. Dies gilt auch für mögliche Wiederherstellungsmöglichkeiten. Das Vorhaben hat hierauf keinen relevanten Einfluss.
c) charakteristische Arten
Zu den maßgeblichen Bestandteilen eines FFH-Gebietes gehören ferner die
charakteristischen Arten und Lebensgemeinschaften des jeweiligen Lebensraumtyps nach Anhang I FFH-RL; hierzu gehören neben Arten, die aus Artenschutzsicht besonders wertvoll sind (z. B. Arten des Anhangs IV der FFHRL oder Arten der Roten Liste) auch Arten, die für eine naturraumtypische
Ausprägung des Lebensraums in einem günstigen Erhaltungszustand bezeichnend sind.
470
Relevante Auswirkungen auf weitere Bestandteile des FFH – Gebietes sind
nicht zu erwarten.
d) Ergebnis FFH – Gebiet „Ems“
Insgesamt steht nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde fest, dass
das Vorhaben keine maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebietes „Ems“ in
ihren Schutz- und Erhaltungszielen beeinträchtigt bzw. sich der Erhaltungszustand nicht verschlechtert. Der für die geprüften Lebensraumtypen und
Arten festgelegte Erhaltungszustand bleibt stabil. In Bezug auf die Art Flussneunauge ist darüber hinaus festzustellen, dass potentielle Entwicklungsmöglichkeiten durch das Vorhaben nicht berührt werden.
Es besteht eine FFH-Verträglichkeit des Vorhabens in Bezug auf das FFHGebiet „Ems“.
-
Summation mit anderen Projekten oder Plänen
Gem. Art 6 Abs. 3 der FFH Richtlinie sind auch andere Pläne und Projekte in
die Untersuchung mit einzubeziehen, die das Gebiet im Zusammenwirken
mit dem Vorhaben erheblich beeinträchtigen könnten.
2x 2,20
Für das FFH-Gebiet Ems werden im Rahmen der Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für das Emssperrwerk für die FFH-Art Flussneunauge unerhebliche Auswirkungen durch Fallenwirkung aufgeführt.
Im Rahmen dieses Vorhabens wird für die Art von unerheblichen Auswirkungen durch Trübungen, die bei Baggerungen im Maßnahmenbereich Papenburg entstehen, ausgegangen.
Aufgrund der Art und Dauer der beiden Wirkfaktoren kann eine kumulative
und additive Wirkung auf das Flussneunauge ausgeschlossen werden.
Weitere Auswirkungen anderer Verfahren sind nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde nicht zu betrachten.
471
3.1.5.1.2.2
FFH Gebiet Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer
(DE 2306-301)
Das FFH-Gebiet „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ (Gebietsnummer DE 2306-301) ist durch das Gesetz über den Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ (Nationalparkgesetz) national geschützt.
Das Gebiet erstreckt sich entlang der Küste im niedersächsischen Wattenmeerbereich von Cuxhaven bis zur Emsmündung mit einem Teilbereich im
Dollart. Insgesamt umfasst das Gebiet eine Fläche von 2.777 km².
Aus nachstehend abgedruckter Abbildung, die Bestandteil der vorgelegten
FFH – Verträglichkeitsstudie vom 04.09.2008 ist, ist erkennbar, dass sich der
Teilbereich Dollart (Ruhezone I/1 Dollart), der mit einem Pfeil gekennzeichnet
ist, im potenziellen Wirkraum des Vorhabens befindet.
Seitens der Fachgutachter wurde in der vorgelegten FFH – Verträglichkeitsstudie vom 04.09.2008 für die Beurteilung der Auswirkungen dieses Projektes eine Konkretisierung hinsichtlich der maßgeblichen Bestandteile des Gebietes vor dem Hintergrund durchgeführt, dass lediglich der Bereich des Dol-
472
larts sich im potentiellen Wirkraum des Vorhabens befindet. Diese Vorgehensweise ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde nachvollziehbar, da
Beeinträchtigungen der übrigen Bestandteile des Gebietes aufgrund der Entfernung zum Vorhaben von vornherein ausgeschlossen werden können.
Die für dieses Vorhaben prüfungsrelevanten maßgeblichen Bestandteile des
Gebietes ergeben sich, in Fettdruck, aus nachfolgend abgedruckten Tabellen, getrennt nach Lebensraumtypen und Arten
Lebensraumtyp
*Entkalkte Dünen mit Krähenbeere (Braundünen)
Fläche (%)
Repräsen-
Erhaltungszu-
tativität
stand
0,09
(2140)
*Festliegende Küstendünen mit krautiger Vegetation
0,90
(Graudünen) (2130)
*Lagunen des Küstenraumes (Strandseen) (1150)
0,00
Sandbänke mit nur schwacher ständiger Überspü-
14,62
lung durch Meerwasser (1110)
Vegetationsfreies Schlick-, Sand- und Mischwatt
47,47
(1140)
Flache große Meeresarme und -buchten (Flach-
29,24
wasserzonen und Seegraswiesen) (1160)
Riffe (1170)
0,46
Einjährige Vegetation mit Queller und anderen
1,15
einjährigen Arten auf Schlamm und Sand (Quellerwatt) (1310)
Schlickgrasbestände (1320)
0,04
Atlantische Salzwiesen (Glauco-Puccinellietalia
2,77
maritimae) (1330)
Primärdünen (2110)
0,05
Weißdünen mit Strandhafer (2120)
0,19
Dünen mit Sanddorn (2160)
0,04
Dünen mit Kriechweide (2170)
0,00
Bewaldete Dünen der atlantischen Region (2180)
0,00
Feuchte Dünentäler (2190)
0,08
k. A.
k. A.
473
Lebensraumtyp
Fläche (%)
Ästuarien (1130)
0,86
Oligo- bis mesotrophe stehende Gewässer (3110)
0,00
Art
Repräsen-
Erhaltungszu-
tativität
stand
Populationsgröße
Erhaltungszustand
Seehund
Phoca vitulina
ca. 4300
A
Schweinswal
Phocoena phocoena
potenziell
B
Meerneunauge
Petromyzon marinus
potenziell
k. A.
Sumpf-Glanzkraut
Liparis loeselii
2541
A
Zu berücksichtigen sind demzufolge die Lebensraumtypen „Vegetationsfreies
Schlick-, Sand- und Mischwatt“ (1140), „Einjährige Vegetation mit Queller
und anderen einjährigen Arten auf Schlamm und Sand (Quellerwatt)“ (1310),
„Schlickgrasbestände“
(1320),
„Atlantische
Salzwiesen
(Glauco-
Puccinellietalia maritimae)“ (1330) und „Feuchte Dünentäler“ (2190).
Zu allen anderen Lebensraumtypen, die lediglich im Bereich der Küste vorkommen, besteht nach Auffassung der Fachgutachter, der sich die Planfeststellungsbehörde anschließt, keinerlei Wirkzusammenhang. Vorhabensbedingte Beeinträchtigungen des Erhaltungszustands dieser Lebensraumtypen
können von vornherein ausgeschlossen werden.
Hinsichtlich der Arten werden Seehund und Meerneunauge einer weiteren
Prüfung unterzogen.
474
Der hier zu betrachtende Teilbereich Dollart hat nach Aussage der Fachgutachter für den Schweinswal keine Bedeutung. Die Population des
Schweinswals kommt im Bereich des Nationalparks allenfalls sporadisch vor.
Die nächstgelegenen Hauptlebensräume des Schweinswals befinden sich
vor der Sylter Küste. Aufgrund der großen Entfernung zum Vorhabensbereich sind Auswirkungen auf die Hauptlebensräume dieser Population auszuschließen. Eine weitere Betrachtung ist daher nicht erforderlich. Vorhabensbedingte Beeinträchtigungen des Erhaltungszustands dieser Art können
von vornherein ausgeschlossen werden.
Dies gilt auch für das Sumpf-Glanzkraut, die außerhalb des potentiellen
Wirkraums des Vorhabens eine Population bildet. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die FFH – VS S. 185f. Bezug genommen.
−
Schutz- und Erhaltungsziele
Die Erhaltungsziele eines Natura 2000-Gebietes bilden die Maßstäbe für die
Verträglichkeitsprüfung. Erhaltungsziel bedeutet die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der in Anhang I FFH-RL
aufgeführten natürlichen Lebensräume und in Anhang II FFH-RL aufgeführten Tier- und Pflanzenarten. Soweit die Gebiete zu Schutzgebieten erklärt
worden sind, ergeben sich deren Erhaltungsziele aus dem Schutzzweck und
den dazu erlassenen Vorschriften.
Als Grundlage für die Schutz- und Erhaltungsziele dient das Gesetz über den
Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“. Der allgemeine Schutzzweck
ist demzufolge § 2 NWattNPG, der besondere Schutzzweck ist der jeweiligen
Ruhezone im Anhang des Gesetzes zu entnehmen.
Aus § 2 des Gesetzes über den Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ ergibt sich folgender Schutzzweck:
„In dem Nationalpark soll die besondere Eigenart der Natur und Landschaft
der Wattregion vor der niedersächsischen Küste einschließlich des charakteristischen Landschaftsbildes erhalten bleiben und vor Beeinträchtigungen
geschützt werden. Die natürlichen Abläufe in diesen Lebensräumen sollen
475
fortbestehen. Die biologische Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten im Gebiet
des Nationalparks soll erhalten werden. Der besondere Schutzzweck der
einzelnen Gebiete der Ruhezone ergibt sich aus der Anlage 1“ (§ 2 Abs.1).
„Die Flächen des Nationalparks sind Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung, soweit sich aus Anlage 4 nichts anderes ergibt. Die in Satz 1 bezeichneten Flächen dienen auch der Bewahrung oder Wiederherstellung eines
günstigen Erhaltungszustandes der in der Anlage 5 genannten wertbestimmenden Lebensraumtypen sowie Tier- und Pflanzenarten; die Erhaltungsziele ergeben sich aus der Anlage 5.“ (§ 2 Abs.3)
Besonderer Schutzzweck
Der Nationalpark ist in drei Zonen gegliedert:
1. Ruhezone
2. Zwischenzone
3. Erholungszone
Der besondere Schutzzweck der einzelnen Gebiete der Ruhezone ergibt sich
aus der Anlage 1 zum Gesetz über den Nationalpark. „Niedersächsisches
Wattenmeer“. Für das hier relevante Gebiet I/1 Dollart ist ein typisches Ökosystem eines Brackwasserbuchtenwatts und angrenzende Außendeichflächen mit charakteristischer Tier- und Pflanzenwelt und besonderer Bedeutung als Rast-, Brut- und Nahrungsgebiet für See-, Wat- und Wasservögel
sowie besonderer Vielfalt an erdgeschichtlichen und landeskundlichen Erscheinungen beschrieben.
Der Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ befindet sich außerhalb
des Gebietes des planfestgestellten Vorhabens. Das FFH-Gebiet „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ befindet sich in einem Abstand von
mind. 850 m zum Maßnahmenbereich bei Emden, so dass Auswirkungen
lediglich über eine Fernwirkung einzelner Wirkfaktoren eintreten könnten.
Unmittelbare Beeinträchtigungen des Erhaltungszustandes von Lebensraumtypen und Arten sind daher auszuschließen. Zu prüfen bleiben mittelbare
476
Auswirkungen des Vorhabens auf die hier relevanten Lebensraumtypen und
Arten.
a) Lebensraumtypen
Für die in diesem Zusammenhang relevanten FFH-Lebensraumtypen „Vegetationsfreies Schlick-, Sand- und Mischwatt“ (1140), „Einjährige Vegetation
mit Queller und anderen einjährigen Arten auf Schlamm und Sand (Quellerwatt)“ (1310), „Schlickgrasbestände“ (1320), „Atlantische Salzwiesen (Glauco-Puccinellietalia maritimae)“ (1330) und „Feuchte Dünentäler“ (2190) sind
von bau- oder betriebsbedingten Wirkungen nicht betroffen, da in diesen
Lebensraumtypen weder gebaggert noch umgelagert wird. Auswirkungen
von Trübungsfahnen auf diese Lebensraumtypen sind denkbar, jedoch werden sie sich aufgrund der Entfernung bzw. aufgrund der Vorbelastung nicht
auf das Vorhaben zurückführen lassen, da die Variabilität in dem System
natürlich sehr hoch ist. Es sind somit keine Beeinträchtigungen des Schutzzwecks bzw. keine Verschlechterung des Erhaltungszustands ersichtlich.
Indirekte erhebliche Beeinträchtigungen der geschützten Lebensraumtypen
sind auszuschließen, da keine Überlagerung von Wirkräumen gegeben ist.
Anlagebedingte Beeinträchtigungen sind aufgrund der Auswirkungsprognose der BAW (BAW 2007, s. Materialband K.1) als geringfügig einzuschätzen,
sodass auch über diesen Wirkpfad nach Ansicht der Fachgutachter, der sich
die Planfeststellungsbehörde anschließt, keinerlei Beeinträchtigungen auf die
FFH-Lebensraumtypen durch Veränderung der Wasserqualität oder Veränderung der Tidewasserstände entstehen (vgl. FFH – VS S.188).
b) Arten
Der Seehund (Phoca vitulina) nutzt den Teilbereich Dollart nicht als Reproduktionsgebiet, Sichtungen gab es nicht. Es kann dennoch nicht ausgeschlossen werden, dass der Teilbereich Dollart als Jagdrevier bzw. Durchzugsgebiet dient (vgl. FFH – VS S. 185 ff. mwN). Die durch den Baggerbetrieb entstehenden Lärmemissionen könnten eine Störwirkung auslösen, die
477
allerdings nach Auffassung der Fachgutachter aufgrund der großen Entfernung keine Beeinträchtigung des Schutzzwecks bzw. keine Verschlechterung
des Erhaltungszustands durch bau- oder betriebsbedingte Auswirkungen
darstellt (vgl. FFH-VS S.185). Eine anlagebedingte Beeinträchtigung des
Seehundes durch eine Veränderung der Wasserqualität ist vorhabensbedingt
ausgeschlossen. Laut Auswirkungsprognose der BAW (BAW 2007, s. Materialband K.1), die dieser FFH-Verträglichkeitsprüfung zu Grunde liegt, sind
die anlagebedingten Veränderungen der relevanten Parameter wie z.B. erhöhte Schwermetallgehalte sowie Reduzierung des Sauerstoffgehalts und
erhöhte Trübung so geringfügig, dass die Auswirkungen auf die Schutz- und
Erhaltungsziele bzw. auf den Erhaltungszustand zu vernachlässigen sind.
Auch das Meerneunauge (Petromyzon marinus) nutzt das Gebiet nicht zur
Reproduktion, sondern lediglich als Durchzugsgebiet vom Meer in die Ems.
Als mögliche Fernwirkungen käme die durch die Baggerarbeiten entstehende
Trübungsfahne in Frage. Diese entsteht allerdings nur kleinräumig. Aufgrund
der großen Entfernung zu dem Maßnahmenbereich Emden entstehen so
nach Aussage der Fachgutachter keinerlei bau- oder betriebsbedingte negative Auswirkungen der Schutz- und Erhaltungsziele sowie keine Verschlechterung des Erhaltungszustands. Ebenso sind anlagebedingte Verschlechterungen der Gewässergüte, die bei der Art Seehund bereits genannt
wurden, vor dem Hintergrund der Auswirkungsprognose der BAW (BAW
2007, s. Materialband K.1 und vgl. Tabelle 2) sicher auszuschließen.
c) charakteristische Arten
Zu den maßgeblichen Bestandteilen eines FFH-Gebiets gehören ferner die
charakteristischen Arten und Lebensgemeinschaften des jeweiligen Lebensraumtyps nach Anhang I FFH-RL; hierzu gehören neben Arten, die aus Artenschutzsicht besonders wertvoll sind (z.B. Arten des Anhangs IV der FFHRL oder Arten der Roten Liste) auch Arten, die für eine naturraumtypische
Ausprägung des Lebensraums in einem günstigen Erhaltungszustand bezeichnend sind.
478
Relevante Auswirkungen auf weitere Bestandteile des FFH – Gebietes sind
nicht zu erwarten.
d) Ergebnis
Zusammenfassend ist festzustellen, dass keine maßgeblichen Bestandteile
des FFH-Gebietes „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ in ihren
Schutz- und Erhaltungszielen beeinträchtigt werden bzw. sich der Erhaltungszustand verschlechtert. Da das Vorhaben außerhalb des Nationalparks
liegt, sind Auswirkungen auf maßgebliche Bestandteile des Gebietes schon
wegen der räumlichen Distanzen, die eine Überlagerung ausschließen, nicht
zu erwarten
Auswirkungen auf die Teilgebiete, die besondere Schutzzwecke erfüllen (hier
Teilgebiet I/1 Dollart) sind aufgrund der oben angeführten Erwägungen nicht
geeignet, die Erhaltungsziele des FFH–Gebietes Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ erheblich zu beeinträchtigen.
Es besteht eine FFH-Verträglichkeit in Bezug auf das FFH-Gebiet „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“. Die Bewertung wird von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer grundsätzlich geteilt (Stellungnahme vom 06.06.2007). Der von der Nationalparkverwaltung thematisierte Seehundliegeplatz nördlich der Ruhezone I/1 wurde in der Prüfung
berücksichtigt.
479
Dieses Ergebnis hat nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde auch
unter dem Gesichtspunkt der Neuregelung des Nationalparkgesetztes im
Jahre 2010 Bestand. Die Erhaltungsziele für den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer ergeben sich seit der Neuregelung des Nationalparkgesetzes im Zuge des Gesetzes zur Neuordnung des Naturschutzrechtes vom
19.02.2010 aus § 2 Abs. 3 S. 2 in Verbindung mit Anlage 5 des Gesetzes
über den Nationalpark Nds. Wattenmeer (Nationalparkgesetz).
Hierdurch wurden zwei weitere Lebensraumtypen (2150 und 3150) sowie
drei weitere Arten (Kegelrobbe, Finte und Flussneunauge) in den Kreis der
wertbestimmenden Lebensraumtypen und Arten aufgenommen.
Wie bereits oben dargelegt wurde, befindet sich lediglich der Teilbereich Dollart im potenziellen Wirkraum des Vorhabens. Bei der Prognose der Auswirkungen des Vorhabens wurden daher nur die im Teilbereich Dollart vorkommenden FFH-Lebensraumtypen berücksichtigt. In der aktualisierten Fassung
des Nationalparkgesetzes sind keine FFH-Lebensraumtypen hinzugefügt
worden, die dem Bereich Dollart zugeordnet werden könnten. Die speziellen
Erhaltungsziele für das Gebiet Nr. I/1 Dollart haben sich nicht verändert.
Demzufolge ergeben sich keine Änderungen der Aussagen der Fachgutachter bezüglich der prognostizierten maßnahmenbedingten Auswirkungen auf
die Lebensraumtypen dieses FFH-Gebietes (Stellungnahme Diekmann &
Mosebach – per E-Mail vom 18.3.2011).
Die Tier- und Pflanzenarten wurden gemäß Anhang II der Richtlinie
92/43/EWG um folgende Tierarten ergänzt:
o Kegelrobbe (Halichoerus grypus),
o Finte (Alosa fallax),
o Flussneunauge (Lampetra fluviatilis).
Nach Aussage der Fachgutachter nutzen Kegelrobben ausschließlich Gebiete außerhalb des Dollarts im Bereich der dem Festland vorgelagerten Inseln. Maßnahmenbedingte Auswirkungen auf diese Art sind demzufolge auszuschließen. (Stellungnahme Diekmann & Mosebach – per E-Mail vom
18.3.2011). Dieser Bewertung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an,
480
da die potentielle Reichweite der Wirkungen des Vorhabens die von den Kegelrobben genutzten Bereiche nicht berührt.
Flussneunauge nutzen das FFH-Gebiet (Bereich Dollart) als Durchzugsgebiet vom Meer in die Ems (Stellungnahme Diekmann & Mosebach – per
E-Mail vom 18.3.2011). In Bezug auf das Flussneunauge kann zur Darstellung und Bewertung der vorhabensbezogenen Auswirkungen auf die Ausführungen zum Meerneunauge verwiesen werden. Aus den dort ausgeführten
Erwägungen können auch für das Flussneunauge erhebliche Beeinträchtigungen des Erhaltungszustandes ausgeschlossen werden.
Für die Finte hat der Dollart eine Bedeutung als Aufwuchs- und Durchzugsgebiet. Subadulte und adulte Finten sind zu erwarten und wurden regelmäßig
nachgewiesen. (Stellungnahme Diekmann & Mosebach – per E-Mail vom
18.3.2011 mwN) Als maßnahmenbedingte Auswirkung käme lediglich eine
mögliche Fernwirkung der durch die Bagger- und Umlagerungsarbeiten entstehenden Trübungsfahne in Frage. Diese entsteht allerdings nur kurzzeitig.
Aufgrund der großen Entfernung zu dem Maßnahmenbereich Emden und
den Umlagerungsstellen entstehen keinerlei bau- oder betriebsbedingte
negative Auswirkungen der Schutz- und Erhaltungsziele sowie keine Verschlechterung des Erhaltungszustandes.
Eine relevante Veränderung bzw. Verschlechterung der Gewässergüte durch
anlagebedingte Auswirkungen kann angesichts der Auswirkungsprognose
der BAW (BAW 2007, s. Materialband K.1 und vgl. Tabelle 2) für den hier zu
prüfenden Bereich mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.
-
Summation mit anderen Projekten oder Plänen
Gem. Art 6 Abs. 3 der FFH Richtlinie sind auch andere Pläne und Projekte in
die Untersuchung mit einzubeziehen, die das Gebiet im Zusammenwirken
mit dem Vorhaben erheblich beeinträchtigen könnten.
Die Planfeststellungsbehörde prüft daher im Folgenden die Möglichkeit kumulierender Wirkungen mit anderen Vorhaben.
481
Die Hafenbehörde Delfzijl/Eemshaven (Groningen Seaports) beabsichtigt die
Erweiterung und Vertiefung des Eemshavens. Ziel der beabsichtigten Aktivität von Groningen Seaports ist die Schaffung der erforderlichen infrastrukturellen Randbedingungen zur Ansiedlung diverser Unternehmen im Eemshaven.
Mögliche kumulierende Wirkungen durch Lärm und Trübungen bewirken
nach Aussage der Fachgutachter keine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Lebensraumtypen und Arten. Eine Betroffenheit könnte sich lediglich für die Art Seehund ergeben. Es ist mit ausreichender Sicherheit davon auszugehen, dass die Auswirkungen beider Projekte kumulativ aufgrund
der Reichweite der jeweiligen Auswirkungen zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen des Erhaltungszustandes des Seehundes führen (vgl. S.9 Stellungnahme Diekmann & Mosebach 11.06.2009). Dieser Auffassung schließt
sich die Planfeststellungsbehörde aufgrund der jeweiligen Entfernung der
Maßnahmebereiche zu den nächstgelegenen Fortpflanzungsstätten des
Seehundes aus.
Dies gilt auch für das niederländische Projekt „Verbesserung des Fahrwassers Eemshaven – Nordsee“. Das niederländische Projekt verursacht
wie bei dem vorstehend geprüften Projekt der Vertiefung des Eemshavens
für den Seehund im Bereich der Klappstellen bzw. der nahegelegenen Fortpflanzungsstätten sowie in den direkten Baggerbereichen Auswirkungen
durch Lärm und Trübungen. Durch das beantragte Projekt der Emsanpassung können geringe Fernwirkungen durch Lärm auf die FFH-Art Seehund
für den Bereich des Dollarts innerhalb des FFH-GebietesNationalpark Niedersächsisches Wattenmeer nicht vollständig ausgeschlossen werden. Diese
bewirken jedoch keine Verschlechterung des Erhaltungszustandes dieser
Art. Es ist mit ausreichender Sicherheit auch kumulativ betrachtet davon
auszugehen, dass die Auswirkungen beider Projekte aufgrund der Reichweite der jeweiligen Auswirkungen zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen
des Erhaltungszustandes der FFH-Art Seehundes führen (vgl. S.11f Stellungnahme Diekmann & Mosebach 11.06.2009).
482
Weitere Auswirkungen anderer Verfahren sind nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde nicht zu betrachten.
3.1.5.1.2.3
Gebiet „Unterems und Außenems“ (DE 2507-331) mit Nachmeldevorschlag aus 12/2006
Durch das planfestgestellte Vorhaben werden keine erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes „Unterems und Außenems“ DE 2507-331 (landesinterne Kennzeichnung 002) in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen
Bestandteilen verursacht.
Das Gebiet DE 2507-331 wurde an die EU-Kommission gemeldet, jedoch
wegen eines Rechtsstreits bislang nicht in die Gemeinschaftsliste aufgenommen. Aus oben angeführten Gründen hat die Planfeststellungsbehörde
auch für dieses Gebiet eine Verträglichkeitsprüfung gem. Art. 6 der FFHRichtlinie bzw. deren nationaler Umsetzung durchgeführt.
483
Das an die EU-Kommission mit der Ziffer DE 2507-331 gemeldete Gebiet
„Unterems und Außenems“ erstreckt sich von Kirchborgum (ca. 2 km südlich
der Jann-Berghaus-Brücke) bis in den Mündungsbereich der Ems und beinhaltet Teilflächen des Ems-Ästuars mit Flachwasserbereichen, der künstlich
vertieften Fahrrinne, Brackwasserwatten, Salzwiesen, Brachröhrichten und
schwächer salzbeeinflusstem Grünland. Es findet eine Nutzung als Schifffahrtsstraße statt. Der Gesamtanteil des Ästuars beträgt ca. 7.377 ha. Es
handelt sich laut Angabe im Standarddatenbogen um einen repräsentativen
Ästuarbereich mit gut ausgeprägten Salzwiesen, bedeutsam als Teillebensraum von Meerneunauge, Flussneunauge und Finte. Im Aktionsradius einer
bedeutenden Teichfledermaus – Population – (potentielles Jagdgebiet). Dies
ergibt sich aus dem Standarddatenbogen für das Gebiet.
In Erweiterung des vorstehend beschriebenen FFH-Gebietsvorschlags hat
das
Land
Niedersachsen
einen
weiteren
Vorschlag
für
die
FFH-
Gebietskulisse erarbeitet, der die landesinterne Kennzeichnung „002 E“ trägt.
Der Gebietsvorschlag erweitert den bestehenden FFH-Gebietsvorschlag
„002“ und ist im Zusammenhang mit „Unterems und Außenems“ sowie dem
FFH-Gebiet 173 „Hund und Paapsand“ zu betrachten. Das Land Niedersachsen strebt an, alle drei Gebiete zu einem zusammenhängenden FFH-Gebiet
„Ems-Ästuar“ zu arrondieren. Die „Erweiterung Unterems und Außenems“
deckt in der Emsmündung den Bereich des Ems-Ästuars ab, der bisher noch
nicht als FFH-Gebiet gemeldet war und soll an die niederländischen Flächen
des Habitatrichtliniengebietes „Waddenzee“ direkt anschließen. Mit der
Nachmeldung wird das gesamte Ems-Ästuar flächendeckend unter das
Schutzregime der FFH-Richtlinie gestellt (NLWKN Entwurf – Stand:
11.12.2006). Im potenziellen Wirkraum um die wasserbaulichen Maßnahmenbereiche befindet sich allerdings lediglich ein schmaler Streifen mit einer
Breite von max. 200 m, der zur Schließung einer Lücke zwischen dem hier
geprüften Gebiet „Unterems und Außenems“ im Norden sowie dem FFHGebiet „Waddenzee“ dient.
484
-
maßgebliche Bestandteile
Im Einzelnen sind als Lebensraumtypen nach Anhang I FFH-Richtlinie für
das Gebiet „Unterems und Außenems“ DE 2507-331“ Ästuarien (1130), Atlantische Salzwiesen (1330), Magere Flachland-Mähwiesen (6510) sowie
Auenwälder (91E0) im Standarddatenbogen gemeldet. Die Lebensraumtypen
sind im Standarddatenbogen mit dem Erhaltungszustand B (=guter Erhaltungsgrad) und C (=durchschnittlicher oder eingeschränkter Erhaltungsgrad)
bewertet.
Lebensraumtyp
Ästuarien (1130)
Atlantische Salzwiesen
Fläche in
Repräsen-
Erhaltungs-
ha (%)
tativität
zustand
6465 (87,64)
A
C
238 (3,23)
A
B
25 (0,34)
C
C
0,7 (0,01)
D
-
(Glauco-Puccenellietalia
maritimae) (1330)
Magere
Flachland-Mähwiesen
(Alopecurus pratensis,
Sanguisorba officinalis)
(6510)
Auenwälder mit
Alnus glutinosa und
Fraxinus excelsior
(Alno-Pasion, - Alnion incanae,
Salicion albae)
(91E0)
Repräsentativität A:
hervorragende Repräsentativität
Repräsentativität B:
gute Repräsentativität
Repräsentativität C:
signifikante Repräsentativität
Repräsentativität D:
nichtsignifikante Repräsentativität
Erhaltungszustand A:
hervorragender Erhaltungsgrad
Erhaltungszustand B:
guter Erhaltungsgrad
Erhaltungszustand C:
durchschnittlicher oder eingeschränkter Erhaltungsgrad
-:
keine Angabe
Der Nachmeldevorschlag enthält lediglich den LRT „Ästuarien“.
485
Der LRT 91E0 „Auenwälder“ wurde im Standarddatenbogen unter der
Rubrik Repräsentativität mit D eingestuft (=nicht signifikante Repräsentativität). Dieser Lebensraumtyp wird daher entsprechend der Vorgaben der EUKommission als nicht zu den Erhaltungszielen des Gebietes gehörig eingestuft (vgl. EU-Kommission, Natura 2000, S. 41; Leitfaden FFH-VP im Bundesfernstraßenbau, S. 27). Eine Verträglichkeitsprüfung für den LRT Auenwälder ist somit nicht erforderlich.
Die noch zu prüfenden Lebensraumtypen sind keine prioritären Lebensraumtypen.
Der Lebensraumtyp „Magere Flachland-Mähwiesen“ kommt im Wirkraum
des Vorhabens nicht vor.
Im Rahmen der durchgeführten Bestandsaufnahmen in den Jahren
2006/2007, die in den Uferbereichen der wasserbaulichen Maßnahmenbereiche durchgeführt wurden, wurde der LRT "Magere Flachland Mähwiesen"
nach Angabe der Fachgutachter nicht festgestellt. Zudem besteht kein
Nachweis über ein Vorkommen des LRT in den weiteren verwendeten vegetationskundlichen Datenquellen innerhalb des FFH-Gebietes "Unterems und
Außenems". IBL hat zudem in der Zwischenzeit im Rahmen des Antrags zur
zweimaligen Anhebung des Stauziels auf NN + 2,20 im Jahr 2008 eine Biotoptypen- und Lebensraumtypenkartierung durchgeführt, die auch das FFHGebiet "Unterems und Außenems" vollständig abdeckt.Der LRT "Magere
Flachland-Mähwiesen" konnte dabei nicht nachgewiesen werden ( Stellungnahme Diekmann und Mosebach vom 03.02.2009 – per E-Mail).
Potenzielle Standorte des LRT "Magere Flachland-Mähwiesen" im FFHGebiet "Unterems und Außenems" liegen außerhalb der durch die Emsanpassungsmaßnahmen berührten Bereiche. Eine Beeinflussung von potenziell
vorkommenden LRT "Magere Flachland-Mähwiesen" durch die Auswirkungen der Emsanpassungsmaßnahmen kann daher ausgeschlossen werden.
Die Auswirkungen durch die Emsanpassungsmaßnahmen beziehen sich fast
ausschließlich auf Bereiche, die unterhalb der MTnw-Linie, also in einer Zone
486
liegen, die ständig von Wasser bedeckt sind. Die durch die Veränderung des
Tidenhubs, der Veränderung der Flut- und Ebbstromgeschwindigkeiten sowie
die Zunahme des Schiffsverkehrs bedingten Auswirkungen beziehen sich
aufgrund der prognostizierten Geringfügigkeit nur auf Biotoptypen der Uferbereiche, die sich in den Übergangszonen zu den Wattflächen befinden. Zudem kommt es durch die vielerorts vorhandenen Uferbefestigungen zu einem
Entgegenwirken möglicher Auswirkungen, wie z.B. Uferabbrüche und Verschiebung der Vegetationszonen (Stellungnahme Diekmann und Mosebach
vom 03.02.2009 – per E-Mail).
Eine Beeinträchtigung dieses Lebensraumtyps kann daher bereits im Vorfeld
ausgeschlossen werden. Der LRT „Magere Flachlandmähwiesen“ ist als terrestrisch bzw. ufernah zu bezeichnen und befindet sich somit außerhalb der
Wirkräume des Vorhabens. Direkte Auswirkungen sowie Fernwirkungen auf
den vorgenannten LRT können aufgrund der Gestalt der wasserbaulichen
Maßnahmen bzw. der Entfernung im Bereich Jann-Berghaus-Brücke ausgeschlossen werden. Indirekte Wirkungen, die z.B. durch veränderte Strömungsverhältnisse oder Veränderungen der Salinität verursacht werden
könnten, werden nach dem vorgelegten BAW-Gutachten ebenfalls ausgeschlossen (Fachgutachterliche Stellungnahme, Stand: 28.09.07).
Das Vorhaben hat somit keine Auswirkungen auf die Stabilität des Erhaltungszustandes dieses LRT. Auf eine weitergehende Prüfung dieses LRT
kann demgemäß verzichtet werden.
Folglich werden die LRT Ästuarien (1130) und
Atlantische Salzwiesen
(1330) einer weiteren Prüfung unterzogen.
Nach Auffassung des BfN sind noch weitere Lebensraumtypen aufzuführen,
die im Ästuarkomplex der Ems vorkommen wie z.B. LRT 1140 „Vegetationsfreies Schlick-, Sand- und Mischwatt“ und LRT 1310 „Schlickgrasbestände“.
Gemäß gutachterlicher Stellungnahme werden diese LRT zum einen in diesem Falle dem LRT Ästuar zugeschrieben (und sind somit bei der Nennung wie auch dem speziellen Erhaltungsziel zu entnehmen ist - impliziert) bzw.
487
würden zum anderen in der weiteren Betrachtung herausfallen, da sie sich –
ebenso wie die Atlantischen Salzwiesen (LRT 1330) - in den Uferbereichen
befinden und so direkte und indirekte Auswirkungen der wasserbaulichen
Maßnahmen nach der Vorprüfung ausgeschlossen werden können.
Die Auflistung der o. g. Lebensraumtypen ist somit nicht entscheidungsrelevant. Zudem würde die Prüfung der Auswirkungen entsprechend der Auflistung bezüglich der Umbaumaßnahme an der Jann-Berghaus-Brücke zu keinem anderen Ergebnis kommen.
Neben den Lebensraumtypen treten in dem Gebiet folgende Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie auf:
− Seehund
− Teichfledermaus
− Meerneunauge
− Flussneunauge
− Finte
Prioritäre Arten treten in dem Gebiet nicht auf. Die Arten Finte, Flussneunauge,
Meerneunauge und Seehund wurden im Standarddatenbogen mit einem Erhaltungszustand C (=durchschnittlicher oder eingeschränkter Erhaltungsgrad) eingestuft. Die Teichfledermaus wurde mit B (=guter Erhaltungsgrad) eingestuft.
Art
Populationsgröße
Erhaltungszustand
Seehund
Phoca vitulina
resident
C
Teichfledermaus
Myotis dasycneme
resident
B
Finte
Alosa fallax
potenziell
C
Flussneunauge
Lampetra fluviatilis
1001-100.000
C
Meerneunauge
Petromyzon marinus
101-250
C
Im Nachmeldevorschlag ist die Art Teichfledermaus nicht genannt. Die übrigen für die Nachmeldung gelisteten Arten stimmen mit der vorstehenden
Tabelle überein.
488
Zu den maßgeblichen Bestandteilen eines FFH-Gebietes gehören ferner als
Bestandteile der geschützten Lebensraumtypen die darin vorkommenden
charakteristischen Arten (BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a. a. O, Rn. 77).
Charakteristische Arten für den Lebensraumtyp Ästuarien sind seitens der
Fachbehörden in dem Meldebogen nicht bestimmt worden.
In der von den Vorhabensträgern eingereichten Verträglichkeitsstudie wurden die Artengruppen des Makrozoobenthos als charakteristisch für den Lebensraumtyp Ästuar bezeichnet und mögliche Beeinträchtigungen dieser Artengruppe durch die Vorhaben beschrieben. Das Makrozoobenthos wird entsprechend von der Planfeststellungsbehörde im Rahmen dieser Verträglichkeitsprüfung ebenfalls als charakteristische Art des Lebensraumtyps „Ästuar“
behandelt.
Untersuchungen aus dem Herbst 2006 und dem Frühjahr 2007 zeigen folgende 21 charakteristischen Benthos Arten für das Ems Ästuar.
C harakteris tis c he B enthos -Art im L R T „ überformte Äs tuarien
2006/2007 anges proc hene Arten
BALANUS CRENATUS
X
BALANUS IMPROVISUS (N)
X
BATHYPOREIA ELEGANS
-
BATHYPOREIA PILOSA
-
COROPHIUM LACUSTRE
-
COROPHIUM VOLUTATOR
X
CRANGON CRANGON
X
ELECTRA CRUSTULENTA
X
ERIOCHEOR SINENSIS (N)
X
ETEONE LONGA
X
HETEROMASTUS FILIFORMIS
X
MACOMA BALTICA
X
MARENZELLERIA CF. VIRIDIS (N)
X
MARENZELLERIA CF.WIRENI (N)
-
MESOPODOPSIS SLABBERI
X
MYTILUS EDULIS
-
489
C harakteris tis c he B enthos -Art im L R T „ überformte Äs tuarien
2006/2007 anges proc hene Arten
NEANTHES SUCCINEA
-
NEOMYSIS INTEGER
-
NEREIS DIVERSICOLOR
X
POLYDORA (BOCCARDIELLA) LIGERICA
X
RHITHROPANOPEUS HARRISII (N)
-
X ART IM UNTERSUCHUNGSGEBIET NACHGEWIESEN
- ART IM UNTERSUCHUNGSRAUM NICHT NACHGEWIESEN
Von 21 charakteristischen Arten für den Lebensraumtyp „überformte Ästuarien“ wurden im Untersuchungszeitraum 2006/2007 im Maßnahmenbereich
der Emsanpassung 13 Arten (62 %) gefunden.
-
Erhaltungsziele und Schutzzweck
Wie bereits oben ausgeführt wurde, bilden die Erhaltungsziele eines Natura
2000-Gebietes die Maßstäbe für die Verträglichkeitsprüfung. Laut § 7 Abs. 1
Nr. 9 BNatSchG bedeutet Erhaltungsziel die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der in Anhang I FFH-RL aufgeführten natürlichen Lebensräume und in Anhang II FFH-RL aufgeführten
Tier- und Pflanzenarten.
Mangels verbindlich festgelegter Erhaltungsziele für das Gebiet „Unterems
und Außenems“, sind die Erhaltungsziele zunächst aus dem Standarddatenbogen und den Vorgaben der FFH-RL hergeleitet.
Vor dem Hintergrund, dass sich die in diesem Gebiet geschützten Arten und
Lebensraumtypen überwiegend in einem schlechten Erhaltungszustand befinden, wird darüber hinaus geprüft, ob die Möglichkeit besteht, mittels entsprechender Entwicklungsmaßnahmen die geschützten Arten und Lebensräume in einen günstigen Erhaltungszustand zu überführen (Art.1 a) FFHRL) und ob dieses Vorhaben möglichen Entwicklungsmaßnahmen entgegenstünde bzw. diese behindern würde. Die in der entsprechenden Studie dargestellten potentiellen Entwicklungsziele bzw. Entwicklungsmaßnahmen sind
der zuständigen Naturschutzbehörde bekannt und werden naturschutzfach-
490
lich grundsätzlich mitgetragen (Stellungnahme des Landkreises Leer vom 11.
10. 2007 – per E-Mail).
Ergänzend werden die vorläufig formulierten Erhaltungsziele herangezogen.
Die Erhaltungsziele für das gemäß der FFH-Richtlinie gemeldete Gebiet 002
„Unterems und Außenems EU-Kennziffer DE 2507-331“ (Stand: Dezember
2006, NLWKN) liegen bislang lediglich im Entwurf vor und sind nachfolgend
abgedruckt.
Unterems und Außenems
Landesinterne Nr. 002
1.
EU-Kennziffer DE 2507-331
Allgemeine Erhaltungsziele
-
Schutz und Entwicklung des unter Tideeinfluss stehenden EmsUnterlaufs mit teils vegetationslosem, teils von Röhrichten, Queller
und Schlickgras bewachsenem Brackwasserwatt
-
Schutz und Entwicklung von mageren Flachland-Mähwiesen im
Komplex mit feuchten Weiden, nährstoffreichen Stillgewässern und
Röhrichten
-
Schutz und Entwicklung der teilweise mit Röhricht durchsetzten und
von kleineren Gräben und Prielen durchzogenen Salzwiesen
2.
Spezielle Erhaltungsziele für die im Gebiet vorhandenen Lebensraumtypen des Anhangs I und Arten des Anhangs II der FFH Richtlinie
2.1 Prioritäre Lebensraumtypen:
keine Vorkommen bekannt
491
2.2 Übrige Lebensraumtypen:
1130 Ästuarien
-
Erhaltung / Förderung eines von Ebbe und Flut geprägten, vielfältig strukturierten Flussunterlaufs und –mündungsbereichs mit Brackwassereinfluss; mit Tief- und Flachwasserzonen, Wattflächen, Röhrichten, Weidengebüschen, Sandbänken, Inseln, Prielen, Neben- und Altarmen sowie naturnaher Ufervegetation, meist im Komplex mit extensiv genutztem Marschengrünland, einschließlich ihrer typischen Tier- und Pflanzenarten sowie Standortbedingungen (Wasser- und Sedimentqualität, Tidegeschehen, Strömungsverhältnisse). Eingeschlossen sind die Übergänge zu den
Lebensraumtypen 1310 Quellerwatt und 1320 Schlickgrasbestände.
1330 Atlantis che S alzwies en (G lauco-P uccinellietalia maritimae)
-
Erhaltung vielfältig strukturierter Salzwiesen mit standortbedingten natürlichen sowie von extensiven Nutzungsformen abhängigen Ausprägungen
einschließlich ihrer typischen Tier- und Pflanzenarten, in artenreichen Biotopkomplexen und mit einer Dynamik aus Erosion und Akkumulation.
2.3 Übrige Tier- und Pflanzenarten:
Säugetiere
Seehund (Poca vitulina) 3
-
Erhaltung / Förderung einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Teilpopulation in den tidenbeeinflussten Wattbereichen. Erhalt und Förderung
der Nahrungsressourcen sowie beruhigter Sonn- und Ruheplätze.
Teichfledermaus (Myotis dasycneme)4
-
Erhaltung einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Teilpopulation der
Art. Erhalt strukturreicher Ufer- und Gewässerbereichen als Nahrungshabitat.
3
Die Erhaltungsziele sind im Zusammenhang mit den angrenzenden Gebieten (Nationalpark, HondPaapsand) zu sehen.
4
Genaue Kenntnisse liegen nicht vor. Die Basiserfassung 2007 bleibt abzuwarten. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist das Gebiet nur Nahrungshabitat.
492
Fische und Rundmäuler
Finte (Alosa fallax)5
-
Erhaltung / Förderung einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Laichpopulation sowie ungehinderter Aufstiegsmöglichkeiten aus dem marinen
Bereich in den Flussunterlauf in enger Verzahnung mit geeigneten Laichund Aufwuchsgebieten.
Flussneunauge (Lampetra fluviatilis)
-
6
Erhaltung / Förderung einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Population in einem bis zu den Laichgewässern durchgängigen, unverbautem
und unbelasteten, von Ebbe und Flut geprägtem, vielfältig strukturierten
Flussunterlauf und -mündungsbereich.
Meerneunauge (Petromyzon marinus) 7
-
Erhaltung / Förderung einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Population in einem bis zu den Laichgewässern durchgängigen, unverbautem
und unbelasteten, von Ebbe und Flut geprägtem, vielfältig strukturierten
Flussunterlauf und -mündungsbereich.
5
Die Erhaltungsziele für die Finte stehen unter dem Vorbehalt des (noch ausstehenden) Nachweises
einer im Emsästuar vorhandenen Laichpopulation. Geplant sind diesbezügliche Erfassungen in 2007.
6
Das Gebiet hat nur eine Durchzugsfunktion.
7
Das Gebiert hat nur eine Durchzugsfunktion.
493
Für den Nachmeldevorschlag ergeben sich die nachfolgend dargestellten
Erhaltungsziele:
494
495
-
Erfassung und Bewertung von Beeinträchtigungen :
Ob ein Projekt das betreffende Schutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele
bedeutsamen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu
beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinition des Art. Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss
trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben. Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip, das in Art. 6 Abs.3 FFH-RL seinen Niederschlag gefunden hat, verlangt allerdings nicht, die Verträglichkeitsprüfung auf ein „Nullrisiko“ auszurichten. Ein Projekt ist vielmehr dann zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass
erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden. Um zu einer verlässlichen
Beurteilung zu gelangen, muss die Verträglichkeitsprüfung die „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse“ berücksichtigen und setzt somit
die „Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen“ voraus. Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge, die sich auch bei Ausschöpfung dieser Erkenntnismittel derzeit nicht ausräumen lassen, müssen freilich
kein
unüberwindbares Zulassungshindernis darstellen. Insoweit ist es zu-
lässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, die
kenntlich gemacht und begründet werden müssen (vgl. BVerwG vom
12.03.2008, Rz.94 mwN, zitiert nach juris).
a)
-
Lebensraumtypen
LRT Ästuar
Nach der Definition des Bundesamtes für Naturschutz (2006) gehören zu
dem FFH-Lebensraumtyp Ästuarien (1130):
„Flussmündungen ins Meer, solange noch regelmäßig Brackwassereinfluss
(mit erkennbaren Anpassungen der Pflanzen und Tiere) und Tideneinfluss
(nur Nordsee) besteht, mit Lebensgemeinschaften des Gewässerkörpers,
des Gewässergrundes und der Ufer. Im Gegensatz zu den "flachen Meeresbuchten" besteht ein deutlicher süßwasserbeeinflusster Wasserdurchstrom.
Die Ufervegetation (Uferhochstauden, Einjährigen-Bestände, Salzgrünland,
496
Tidenauenwald etc.) ist mit eingeschlossen. Der Lebensraumtyp stellt einen
Landschaftskomplex dar, der aus zahlreichen Biotoptypen bestehen kann.
Der FFH-Lebensraumtyp „Ästuarien“ umfasst den überwiegenden Teil der
Gesamtfläche des FFH-Gebietes „Unterems und Außenems“ (ca. 88 %). Im
Wirkraum gehören neben dem Wasserkörper der Ems u.a. auch die SchilfRöhrichte und Brackwasser- und Flusswattflächen zum Lebensraumkomplex
Ästuar. An den Ufern sind auf beiden Seiten regelmäßig bei Ebbe trocken
fallende Flusswattbereiche ohne Vegetation höherer Pflanzen mit unterschiedlicher Ausdehnung.
aa) Bau-, anlage- und betriebsbedingte Wirkungen des Vorhabens im
Lebensraumtyp Ästuar
Durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke und die Fahrrinnenanpassungen wird unmittelbar in die aquatischen Bereiche des Lebensraumtyps Ästuar eingegriffen.
Die Wirkungen dieser Eingriffe können getrennt voneinander dargestellt werden, da sie nicht miteinander interagieren.
− Umbau Jann-Berghaus-Brücke
-
Anlage- und betriebsbedingte Wirkungen auf den LRT „Ästuar“ werden
durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke nicht entstehen. Das Bauwerk
wird in seiner Widmung nicht verändert. Es kommt zu kleinflächigen Retentionsraumverlusten durch den Neubau des Pfeilers 6a, die allerdings durch
den Rückbau von Pfeiler 6 minimiert werden und somit als nicht erheblich
angesehen werden.
Eine erhebliche Beeinträchtigung des von Ebbe und Flut geprägten, vielfältig
strukturierten
Flussunterlaufs
sowie
der
charakteristischen
Makro-
zoobenthosarten wird nach Aussage der Fachgutachter ausgeschlossen (vgl.
FFH-VS S.102). Die Brücke besteht bereits als Vorbelastung. Die Planfeststellungsbehörde schließt sich dieser Einschätzung an.
497
-
Baubedingte Wirkungen
Durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke kommt es – verursacht durch
die Baustelleneinrichtungsfläche – zu einer temporären Inanspruchnahme
von ca. 5.000 m2 Schilfröhricht und Grünland. Die Baustelleneinrichtungen
(Baustraße, Behelfsbrücke, Lager- und Wendeplatz) werden nach Fertigstellung der Baumaßnahme komplett zurückgebaut und die temporär überbauten
Biotoptypen können sich neu entwickeln, so dass sich der Erhaltungszustand
des LRT „Ästuar“ auch nach Durchführung der Maßnahmen nicht dauerhaft
verschlechtern wird. Er wird stabil bleiben. Aufgrund des temporären Charakters der Maßnahmen wird sich langfristig das natürliche Verbreitungsgebiet
des LRT durch den Umbau der Brücke nicht verändern, auch die für seinen
langfristigen Fortbestand notwendigen Strukturen und spezifischen Funktionen werden durch den Umbau der Brücke nicht tangiert. Inzwischen sind die
Röhricht- und Grünlandstandorte vollständig wiederhergestellt.
Weiterhin werden die Benthoslebensgemeinschaften als charakteristische
Arten des Lebensraumtyps (LRT) „Ästuar“ in die Betrachtung einbezogen.
Durch den Bau des neuen Brückenpfeilers 6a wird Lebensraum des Makrozoobenthos beansprucht. Im Gegenzug wird der bisherige Pfeiler 6 zurückgebaut, so dass hier eine Neubesiedlung erfolgen kann. Unter Berücksichtigung der in diesem Bereich bestehenden Artenarmut und der kurzfristigen
geringen Auswirkungen während der Bauphase bestehen insgesamt sehr
geringe negative Auswirkungen, die jedoch im Gesamtsystem keine Relevanz besitzen (Fachgutachterliche Stellungnahme, Stand: 28.09.07).
Insgesamt wurde daher durch die Fachgutachter festgestellt, dass durch die
Umbaumaßnahme Jann-Berghaus-Brücke keine erheblichen Beeinträchtigungen der Schutz- und Erhaltungsziele des Lebensraumtyps 1130 „Ästuarien“ einschließlich der typischen Arten zu erwarten sind. Die genannten Erhaltungszustände der LRT werden durch die Baumaßnahme nicht verschlechtert. Dieser Bewertung schließt sich die Planfeststellungsbehörde
aufgrund des temporären Charakters der kleinräumigen Wirkungen des Umbaus an.
498
− Wasserbauliche Maßnahmen
Die Maßnahmenbereiche Jann-Berghaus-Brücke und Emden liegen direkt in
dem LRT „Ästuar“, so dass es hier zu direkten Auswirkungen kommt. Die
beiden anderen Baggerbereiche befinden sich außerhalb des Gebietes, hier
sind indirekte Wirkungen zu betrachten.
-
Bau- und betriebsbedingte Wirkungen
Auswirkungen ergeben sich durch Baggern der neuen Topografie sowie
durch das Verbringen des Baggergutes. Hierbei ist lediglich das Material aus
dem Emder Maßnahmebereich relevant, da das Material aus den übrigen
Bereichen an Land verbracht wird und somit keine Auswirkungen auf den
LRT „Ästuar“ hat.
Die Herstellung und Unterhaltung der neuen Tiefen erfolgt mit Hopperbaggern. Das Material wird dann zu den Verspülstellen bzw. zu den Klappstellen
gefahren und dort verbracht.
-
Baggern
Durch die Baggerung verlieren die Flächen ihre natürliche Struktur. Das Gefüge der Sedimente, das die Vorraussetzung für eine zoogene Besiedlung
ist, wird gestört. Die Auswirkungen der Ausbaubaggerung betreffen daher im
Wesentlichen die aquatische Zoozönose, die durch das Makrozoobenthos
und die Fische repräsentiert wird (zu den Auswirkungen im Einzelnen siehe
auch oben unter B.III.3.1.1.5).
Grundsätzlich kann es nach Darstellung des Gutachters (FFH – VS S.103)
durch Baggern zu Verlusten des Lebensraumtyps Ästuarien und seinen charakteristischen Makrozoobenthosarten kommen, denn anders als für die mobile, epibenthische Makrofauna (Arntz 1992) haben Baggermaßnahmen am
Ort der Durchführung für die endobenthische Makrofauna grundsätzlich
schwerwiegende Auswirkungen. Bei einer Siedlungstiefe von maximal 20 cm
wird die gesamte inbenthische Fauna zerstört. Besonders für streng stenohaline Arten, deren Siedlungsraum sich auf den mesohalinen Bereich der Ästuare beschränkt, können Baggermaßnahmen zum völligen Verschwinden der
Arten führen.
499
Im Maßnahmebereich Jann-Berghaus-Brücke ist überwiegend toniger, feinsandiger Schluff und schluffiger, toniger Sand anzutreffen. Im Maßnahmebereich Emden überwiegt der Feinsand- und Schluffanteil mit der Fraktion
<0,2mm. Durch die Baggerungen wird es daher zu einer starken Freisetzung
von Feinstoffen kommen, wodurch die vorhandene Trübung temporär erhöht
wird.
Während der Baggertätigkeit erhöht sich daher temporär die Trübung im
Wasser und es kommt zu einer Erhöhung der Sedimentation im Umfeld der
Baggerstrecke, was direkte und indirekte Auswirkungen auf das Makrozoobenthos haben kann. Direkte Auswirkungen sind das Verstopfen von Filterorganen der Filtrierer sowie das Überdecken von Tieren in der Nachbarschaft der Baggerstrecke mit Sediment. Indirekte Auswirkung ist die Verringerung der Phytoplanktonproduktion, aus der eine Verminderung des biogenen Sauerstoffeintrages resultiert. Außerdem können die in unterschiedlichem Umfang auftretende Sauerstoffzehrung sowie die Freisetzung von
Nähr- und Schadstoffen das Makrozoobenthos beeinträchtigen.
Hinweise auf Schadstoffbelastungen im zu baggernden Material gibt es nicht.
Im Zuge der Verlegung der Fahrrinne im Bereich der Jann-BerghausBrücke werden ca. 20.850 m² des Lebenstraumtyps 1130 „Ästuarien“/Siedlungsflächen des Makrozoobenthos erstmals als Baggerfläche genutzt. In diesem Bereich werden für die charakteristischen vorkommenden
Arten des LRT Ästuar 20.850 m² der rechten Randbereiche in Fahrrinne und
damit in gestörte Lebensbereiche überführt, was einen Qualitätsverlust der
Flächen für das Makrozoobenthos darstellt. Allerdings ist nach Aussage des
Fachgutachters (FFH-VS S.104) festzustellen, dass die inbenthische Fauna
bereits stark geschädigt ist. Dies ist vor allem durch die gegebene Vorbelastung durch den bestehenden Ausbauzustand der Ems (Fahrwasser) und der
damit verbundenen regelmäßigen Wiederherstellung dieser Tiefen in der
Fahrrinne bedingt. Faktoren wie zunehmende Sauerstoffmangelsituationen,
Trübungsfahnen, erhöhter Tidenhub, Verschlickung, Salinitätsverschiebung
500
und verändertes Strömungsregime haben dort bereits zu einer defizitären
inbenthischen Besiedlung geführt.
Im Gegenzug werden durch die Fahrrinnenverlegung im Bereich der JannBerghaus-Brücke ca. 27.300 m² Fläche zukünftig nicht mehr gebaggert
werden, so dass hier wieder eine Neubesiedlung erfolgen kann. Auf diesen
Flächen werden sich nach etwa einem Jahr die Lebensraumbedingungen für
den Fahrrinnenrand eingestellt haben. Im Zuge der Fahrrinnenverlegung verkleinert sich die Baggerfläche um ca. 6.450 m² (ca. 27.300 m² - ca. 20.850
m²), so dass sich im gleichen Umfang der Lebensraum für das Makrozoobenthos vergrößert.
Im Maßnahmebereich Emden wird von Ems-km 31,0 bis 37,0 sowie Ems-km
40,0 bis 40,5 im Bereich der bereits bestehenden Fahrrinne vorhabensbedingt tiefer gebaggert werden. Dieser Bereich wird sich im Vergleich zum
Istzustand in der horizontalen Flächenausdehnung nicht vergrößern. Die
Baggerungen finden in der bereits bestehenden Fahrrinne statt. Diese geplanten Vertiefungen unterscheiden sich von den regelmäßig durchgeführten
Unterhaltungsbaggerungen lediglich durch die höhere Schnitttiefe. Für die
Makrozoobenthosbesiedlung der Stromsole bedeutet eine Erhöhung der
Schnitttiefe über die Siedlungstiefe von 20 cm hinaus nach Aussage der
Fachgutachter (FFH-VS S.104) jedoch keine weitere Verschlechterung.
Erhebliche vorhabensbedingte Auswirkungen auf die charakteristische Makrofauna sind nach Aussage der Fachgutacher ebenso nicht zu erwarten, da
durch die geplante Baumaßnahme weder eine arten- und individuenreiche
Biozönose vernichtet, noch schutzwürdige Makrozoen (Rote-Liste-Arten) in
ihrem Bestand gefährdet werden. Da sich in unmittelbarer Umgebung der
Maßnahmenbereiche genügend große nicht betroffene Areale befinden, ist
ausreichendes Wiederbesiedlungspotenzial vorhanden (FFH – VS S.105).
Die Auswirkungen der Folgebaggerungen im Rahmen der Unterhaltung
werden schwächer sein als bei der eigentlichen Anpassung, da bei den wiederkehrenden Baggerungen voraussichtlich weniger Sediment anfallen wird
501
als bei der Erstbaggerung (vgl. Ergänzungspapier zur Unterlage F). Die inbenthische Fauna in der Unterems ist bereits stark geschädigt. Dies ist vor
allem durch die gegebene Vorbelastung durch den bestehenden Ausbauzustand der Ems (Fahrwasser) und der damit verbundenen regelmäßigen Wiederherstellung dieser Tiefen in der Fahrrinne bedingt. Faktoren wie zunehmende Sauerstoffmangelsituationen, Trübungsfahnen, erhöhter Tidenhub,
Verschlickung, Salinitätsverschiebung und verändertes Strömungsregime
haben dort bereits zu einer defizitären inbenthischen Besiedlung geführt.
-
verklappen
Wie bereits oben dargestellt wurde, ist für das Baggergut, welches im wasserbaulichen Maßnahmenbereich Emden bei der Erstbaggerung sowie bei
den Unterhaltungsbaggerungen gebaggert wird, eine Unterbringung auf die
Klappstellen 5 und 7 der Außenems vorgesehen (BFG 2001). Das übrige
Material wird an Land verbracht.
Eine direkte Inanspruchnahme des hier zu prüfenden Gebietes durch Verklappung ist nicht gegeben, da nicht in dem Gebiet verklappt wird. Möglich
sind indirekte Wirkungen z. B. durch Trübungsfahnen.
Die Folgen der Verklappung können neben der Beeinträchtigung durch
Überdeckung und Trübung (hier insbesondere Betroffenheit von Filtrieren)
auch die Veränderung der abiotischen Bedingungen für die Besiedlung durch
Makrozoobenthos durch Veränderung der Morphologie sein (zu den detaillierteren Auswirkungen der Verklappung auf das Makrozoobenthos wird auf
die Darstellung der Auswirkungen auf das Schutzgut Tiere- Makrozoobenthos verwiesen).
Die Klappstellen werden auch aktuell regelmäßig – in unterschiedlicher Intensität – mit Baggergut aus Unterhaltungsmaßnahmen beschickt. Bereits
heute dauerhaft beanspruchte Klappstellen sind in ihrer Entwicklung stark
gestörte und damit vorbelastete Bereiche. Auf den Klappstellen wird es vorhabensbedingt nicht zu einer starken Erhöhung der Klappmenge im Vergleich zur mittleren jährlichen Klappmenge der Vorjahre kommen. Angesichts
502
der Gesamtmenge von durchschnittlich ca. 5,16 Mio. m³, die auf beide
Klappstellen in den letzten sieben Jahre jährlich verbracht worden sind, ist
davon auszugehen, dass durch die zusätzliche Unterbringung von ca. 0,09
Mio. m³ für die Erstbaggerung und 0,06 Mio. m³ für die Unterhaltungsbaggerung (ca. 1 bis 1,5 % der Jahresgesamtmenge) keine zusätzlichen ökologischen Auswirkungen auf das System entstehen werden. Auch die Fahrten zu
den Klappstellen, die bei ca. 60 Schiffsbewegungen für die Erstbaggerung
und ca. 40 pro Unterhaltungskampagne liegen (bei einem angenommenen
Hopperladeraum von 3.000 m³ ), gehen im Gesamtverkehr der Ems (ca.
11.000 Schiffsbewegungen zwischen Emden und Leer) auf und stellen keine
erhebliche Beeinträchtigung dar. Die Kapazitäten der Klappstellen sind weiterhin ausreichend, um die Baggermengen zukünftig aufnehmen zu können
(vgl. FFH-VS S.24).
-
schiffserzeugte Belastungen
Im Zuge der Ausbaubaggerungen und der Fahrten zu den Klappstellen wird
nicht mit einer messbaren Zunahme von Wellenschlag oder Sog und
Schwell gerechnet, insbesondere, da die Schiffe in der Ausbauphase vorwiegend mit geringer Geschwindigkeit fahren.
Die wasserbaulichen Maßnahmenbereiche Friesenbrücke und Papenburg
befinden sich entlang der Ems in einer Entfernung von 5 km bzw. 10 km von
dem FFH-Gebiet entfernt. Direkte Auswirkungen in Form von Lebensraumzerstörungen oder mechanische Schädigungen durch den Baggereinsatz
sind auszuschließen.
Trübungsfahnen oder Lärmemissionen wirken sich jedoch auch außerhalb
der eigentlichen Maßnahmenbereiche aus. Da die Wirkfaktoren Trübung und
Schall mit zunehmender Entfernung vom Maßnahmenbereich allerdings abklingen, geht die Planfeststellungsbehörde davon aus, dass in 5km Entfernung keine Auswirkungen mehr durch die genannten Wirkfaktoren zum Tragen kommen, zumal sie zeitlich begrenzt auftreten
503
-
anlagebedingte Wirkungen
-
Veränderung der Tidekennwerte und der Morphologie
Nach Aussage des Fachgutachters könnten mittelfristig Auswirkungen auf
die Ästuarien entstehen, falls es zu einer Änderung des Strömungsregimes,
der Sedimentationsrate sowie möglicherweise den Tidewasserständen oder
der Wasserqualität (z.B. Sauerstoff) kommt (vgl. FFH – VS S.112).
Nach Prognose der BAW sind die ausbaubedingten Veränderungen bei allen
Tidekennwerten so klein, dass sie nicht eindeutig durch Messungen bewiesen werden können (vgl. hierzu die ausführlichen Darstellungen unter
B.III.3.1.1.2 - Schutzgut Wasser). Die Prognose der BAW wird durch ein Monitoring dokumentiert (vg. Anordnung unter A.II.4.1). Anlagebedingte Auswirkungen können daher weitgehend ausgeschlossen werden. Tendenzielle,
aber wohl nicht messbare Auswirkungen können sich durch die Tidenhubvergrößerungen ergeben, da hierdurch Eulitoralbereiche zunehmen, während
Sublitoralbereiche abnehmen. Jedoch werden sich die Auswirkungen, wenn
überhaupt, nur an einem sehr schmalen Streifen nahe der Wasserkante abzeichnen. Dort liegen in der Regel Steinschüttungen vor, so dass es nicht zu
einer Verschiebung von Biotoptypen bzw. Lebensraumtypen kommen wird.
Das natürliche Verbreitungsgebiet des LRT-Ästuars wird sich durch die oben
beschriebenen wasserbaulichen Maßnahmen nicht verändern. Relevante
Funktionsverluste oder Beeinträchtigungen notwendiger Strukturen für den
LRT sind nicht zu erwarten.
bb)
Bewertung der bau-, anlage- und betriebsbedingte Wirkungen
des Vorhabens im Lebensraumtyp Ästuar
-
Umbau Jann-Berghaus-Brücke
Durch die Umbaumaßnahme Jann-Berghaus-Brücke sind keine erheblichen
Beeinträchtigungen der Schutz- und Erhaltungsziele des Lebensraumtyps
1130 „Ästuarien“ einschließlich der charakteristischen Arten zu erwarten. Der
Erhaltungszustand des LRT wird durch die Baumaßnahme nicht verschlechtert. Er wird nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde stabil bleiben.
504
Dies ergibt sich aus dem temporären Charakter sowie der Kleinräumigkeit
der Wirkungen. Die kleinflächigen Retentionsraumverluste durch den Neubau
des Pfeilers 6a werden durch den Rückbau von Pfeiler 6 minimiert und somit
als nicht erheblich angesehen. Die zeitweise kleinflächigen (knapp 5.000 m²)
Beeinträchtigungen der Schilfröhrichtbestände und dem mesophilen Grünland werden ebenfalls als nicht erheblich bewertet, da die Baustelleneinrichtungen (Baustraße, Behelfsbrücke, Lager- und Wendeplatz) nach Fertigstellung der Baumaßnahme komplett zurückgebaut werden und die temporär
überbauten Biotoptypen sich neu entwickeln können. Anlagebedingte Wirkungen ergeben sich durch den Umbau der Brücke auf den Lebensraumtyp
„Ästuar“ nicht.
-
Wasserbauliche Maßnahmen
- - bau- und betriebsbedingte Wirkungen
Die vorhabensbedingten Ausbau- und Unterhaltungsbaggerungen stellen
nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf den Lebensraumtyp Ästuar keine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 34
Abs. 2 BNatSchG dar.
Ziel der FFH-RL ist es nach Art. 2 Abs. 1, 2 FFH-RL, zur Sicherung der Artenvielfalt einen günstigen Erhaltungszustand der wildlebenden Arten und
natürlichen Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren
oder wiederherzustellen. Wie bereits oben dargestellt, ist die Bewertung der
Erheblichkeit von Beeinträchtigungen am Kernbegriff der Stabilität des Erhaltungszustandes zu orientieren (so auch BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, Az.:
9 A 20 /05; NuR 2007, 336, zitiert nach juris, Rn. 43 und Leitfaden FFH-VP
an Bundeswasserstraßen, April 2008 S. 25). Stabilität ist gegeben, wenn die
maßgeblichen Rahmenbedingungen (Standortparameter) für die Funktion
des Gebiets in Bezug auf den Schutzzweck in vollem Umfang erhalten bleiben (Leitfaden FFH-VP an Bundeswasserstraßen, S. 25, Fußnote 46; vgl.
diesbezüglich auch die vorstehend dargestellten allgemeinen Anforderungen
an die Verträglichkeitsprüfung).
505
Ob die Stabilität des Erhaltungszustandes eines Lebensraumes gewahrt ist,
kann im Einzelfall anhand der Kriterien des Art. 1 lit. e FFH-RL bestimmt
werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a. a. O, Rn. 48). In den Begriffsbestimmungen des Art. 1 lit. e FFH-RL werden konkrete Merkmale benannt, anhand derer bestimmt werden kann, ob der Erhaltungszustand eines
Lebensraums günstig ist (z. B. für den Fortbestand notwendige Strukturelemente und spezifische Funktionen, charakteristische Arten usw.). Da nach
der Zielsetzung der FFH-Richtlinie auch die Wiederherstellungsmöglichkeiten
eines Lebensraumtyps gewahrt werden müssen, ist darüber hinaus entscheidend, ob auch das in den Erhaltungszielen konkretisierte Entwicklungspotential des Lebensraumes gewahrt bleibt (Thematische Merkblätter zum
Leitfaden FFH-VP im Bundesfernstraßenbau, Entwicklung von Methodiken
und Darstellungsformen für FFH-Verträglichkeitsprüfungen im Sinne der EURichtlinie zu Vogelschutz- und FFH-Gebieten, im Auftrag des BMV, Merkblatt
35.3).
In den Begriffsbestimmungen des Art. 1 e FFH-RL zum günstigen Erhaltungszustand eines Lebensraumes werden konkrete Merkmale benannt, anhand derer beurteilt werden kann, ob der Erhaltungszustand eines Lebensraumes günstig ist (Strukturen, Funktionen, charakteristische Arten, Populationsgrößen, Bestandstrends usw.). Zu den Strukturen eines Lebensraums
gehören beschreibende Kriterien des Lebensraums im Gebiet einschließlich
Flächengröße, Ausprägungsvielfalt und charakteristische Arten (Leitfaden
FFH-VP im Bundesfernstraßenbau, S. 40).
Wie bereits oben dargestellt wurde, ergeben sich Auswirkungen durch das
Baggern der neuen Topografie und deren bedarfsgerechter Unterhaltung
sowie durch das Verbringen des Baggergutes.
Für den Maßnahmebereich Jann-Berghaus-Brücke werden unter Berücksichtigung des temporären Charakters der Maßnahme und der positiven Flächenbilanz (+ ca. 6.450 m²) mit dauerhaften Entwicklungsmöglichkeiten insgesamt sehr geringe negative Auswirkungen gesehen, die jedoch im Gesamtsystem keine Relevanz besitzen (Fachgutachterliche Stellungnahme,
Stand: 28.09.07). Es werden keine arten- und individuenreichen Biozönosen
506
in Anspruch genommen, noch schutzwürdige Makrozoen (Rote-Liste-Arten)
in Ihrem Bestand gefährdet. Ausreichendes Wiederbesiedlungspotenzial für
die zukünftig nicht mehr zu baggernden Flächen ist nach Aussage der Fachgutachter (FFH-VS S.105) vorhanden.
Im Bereich der Jann-Berghaus-Brücke handelt es sich um eine Verlegung
der Fahrrinne. So geht aus dem Erläuterungsbericht zum Vorhaben hervor,
dass gleichzeitig genehmigte Flächen aus dem Planfeststellungsbeschluss
1994 nicht mehr beansprucht werden und sich regenerieren können. Diese
Areale haben als Siedlungsfläche für das Makrozoobenthos so lange eine
geringere Qualität, bis sich die Lebensraumbedingungen für den Fahrrinnenrand eingestellt haben. Auf Dauer bedeutet dies einen Zuwachs an qualitativ
höherwertigem Grund auf einer Fläche von 6.450 m².
Die vorübergehende Herabsetzung der Qualität in diesem Bereich ist nach
Auffassung der Planfeststellungsbehörde nicht als erheblich zu bewerten, da
der Zustand insgesamt stabil bleibt,. Es wird nach kurzer Frist eine Regeneration einsetzen (vgl. zur Bewertung von vorübergehenden Beeinträchtigungen auch die Ausführungen im Urteil des BVerwG vom 17.01.2007, Az.: 9 A
20/05, NuR 2007, 336, zitiert nach juris Rn. 48).
Sobald sich die Lebensraumbedingungen für den Fahrrinnenrand eingestellt
haben, ergibt sich insgesamt in diesem Bereich vorhabensbedingt eine Vergrößerung der Fläche, die nicht von Baggerungen betroffen ist. Angesichts
dieser Tatsache sind die bedarfsgemäß stattfindenden Unterhaltungsbaggerungen aus Sicht der Planfeststellungsbehörde nicht geeignet, den Zustand
des LRT zu verschlechtern. Der Zustand wird nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde stabil bleiben.
Im Maßnahmenbereich Emden sind einzelne Kuppen zu baggern und um
0,25 m bis 0,41 m zu vertiefen. Die Baggerungen finden in der bereits bestehenden Fahrrinne statt. Diese geplanten Vertiefungen unterscheiden sich
von den regelmäßig durchgeführten Unterhaltungsbaggerungen lediglich
durch die höhere Schnitttiefe. Für die Makrozoobenthosbesiedlung der
507
Stromsole bedeutet eine Erhöhung der Schnitttiefe über die Siedlungstiefe
von 20 cm hinaus jedoch keine weitere Verschlechterung (vg. FFH-VS
S.104).
Die betroffenen Arten sind auf die vorhabensbedingt durch Baggerung und
Verklappung beeinträchtigten Flächen nicht essentiell angewiesen. Ihr Besiedlungsschwerpunkt liegt nicht in, sondern außerhalb der Fahrrinne. Sie
rekolonisieren die Fahrrinne regelmäßig von den Seitenräumen aus. Das
natürliche Verbreitungsgebiet der charakteristischen Arten verändert sich
durch die Vorhaben nicht. Es muss auch nicht damit gerechnet werden, dass
eine Art ausgelöscht wird oder so stark beeinträchtigt wird, dass ihr Vorkommen gefährdet wird.
Für die charakteristischen Arten ergibt sich demnach keine Verschlechterung
durch das Vorhaben. Dies gilt auch für die bedarfsgerechten Unterhaltungsmaßnahmen, zumal das Vorhaben keine dauerhafte Vertiefung der Sohle
zum Gegenstand hat und es sich demgemäß jeweils um temporäre Wirkungen handelt. Der Erhaltungszustand für die charakteristischen Arten wird daher nicht verändert.
Die Planfeststellungsbehörde ist demzufolge der Überzeugung, dass durch
das Baggern der neuen Topografie und durch das bedarfsgerechte Unterhalten der neuen Fahrwassertiefen keine Beeinträchtigung von Erhaltungszielen
verursacht wird. Der Status Quo des Gebietes wird sich durch die Baggerungen nicht verändern. Der Zustand bleibt stabil. Insbesondere wird sich das
natürliche Verbreitungsgebiet des LRT „Ästuar“ vorhabensbedingt nicht verändern, da mit dem Vorhaben kein direkter Flächenverlust bzw. keine flächenmäßige Inanspruchnahme für den Lebensraumtyp Ästuar entsteht. Die
Baggerflächen sind Bestandteil des Ästuars. Alle durch Baggerung unmittelbar betroffenen Flächen stehen direkt nach dem Geräteeinsatz wieder als
Lebensraum zur Verfügung, so dass die Wiederbesiedelung umgehend beginnen kann und die Flächen als Nahrungsraum sofort wieder zur Verfügung
stehen. Gleiches gilt für den über den betroffenen Flächen liegenden Wasserkörper.
508
Durch die vorhabensbedingten Unterhaltungsbaggerungen werden dem Lebensraumtyp Ästuar nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde genau
so wenig Flächen wie durch die Ausbaubaggerung entzogen, da keine
Grundflächen überbaut oder versiegelt werden.
Für die Unterhaltungsbaggerungen ist in diesem Zusammenhang weiter zu
beachten, dass sich der Baggerbereich im Maßnahmebereich JannBerghaus-Brücke vorhabensbedingt im Vergleich zum Istzustand verkleinert.
Im Bereich Emden wird in der vorhandenen Fahrrinne gebaggert. Hier wird
bei Bedarf – nicht permanent – die Schnitttiefe erhöht.
Neben der Bewertung der Flächengröße sind entsprechend der Kriterien des
Art. 1 e, 2. und 3. Spiegelstrich der FFH RL für die Bewertung der direkten
Beeinträchtigung des Lebensraumtyps Ästuar durch die Baggerungen auch
alle (weiteren) für einen langfristigen Fortbestand des Lebensraumtyps erforderlichen Strukturen und spezifischen Funktionen einschließlich der charakteristischen Arten des Lebensraumtyps zu betrachten. Die wesentliche Funktion des von den Vorhaben unmittelbar betroffenen Teilbereichs des Ästuars
(Fahrrinne) ist in erster Linie in der Bewahrung der Durchgängigkeit des Gewässers zu sehen. Diese Funktion ist in der Unterems durch die bestehende
Vorbelastung bereits im Istzustand beeinträchtigt.
Die inbenthische Fauna in der Unterems ist bereits stark geschädigt. Dies ist
vor allem durch die gegebene Vorbelastung durch den bestehenden Ausbauzustand der Ems (Fahrwasser) und der damit verbundenen regelmäßigen
Wiederherstellung dieser Tiefen in der Fahrrinne bedingt. Faktoren wie zunehmende Sauerstoffmangelsituationen, Trübungsfahnen, erhöhter Tidenhub, Verschlickung, Salinitätsverschiebung und verändertes Strömungsregime haben dort bereits zu einer defizitären inbenthischen Besiedlung geführt. Die Unterschiede hinsichtlich der Artenzusammensetzung und Abundanzen zwischen Fahrrinnenrand und Fahrrinne sind sehr gering und
nicht durch eine Wertstufe zu differenzieren. Die wenigen stetig vorkommenden Arten sind entweder sehr mobil (z.B. Gammerus zaddachi) oder weisen
509
geringe ökologische Empfindlichkeiten auf (z.B. Tubificiden Arten wie
Limnodrilus hoffmeisteri). Im direkten Umfeld der geplanten Eingriffe stehen
genügend Flächen zur Verfügung, aus denen eine Neubesiedlung der Baggerbereiche erfolgen kann.
Eine vorhabensbedingte Beeinträchtigung weiterer für den langfristigen Fortbestand des Lebensraumtyps erforderlichen Funktionen ist nicht ersichtlich.
-
verklappen
Auf den Klappstellen 5 und 7 ist keine starke Erhöhung der Beaufschlagung
mit Baggergut vorgesehen, so dass die Planfeststellungsbehörde in diesem
Bereich in Übereinstimmung mit der fachgutachterlichen Einschätzung von
keiner Verschlechterung der Situation ausgeht. Die zusätzlichen, vorhabensbedingten Klappmengen sind angesichts der ohnehin stattfindenden Verklappungen gering zu werten (siehe Ausführungen zur WRRL, Kap.
B.III.3.1.5.3).
-
schiffserzeugte Belastungen
Hinsichtlich der bau- und betriebsbedingten Wirkungen sind vorhabensbezogene schiffserzeugte Belastungen durch die Baggerschiffe zu erwarten.
Die Veränderungen der schiffserzeugten Belastungen gegenüber dem IstZustand sind relativ gering und temporär zu erwarten. Eine Auswirkung auf
Uferbereiche und ihre Struktur und Vegetation ist nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde nicht abzusehen, da die arbeitenden bzw. beladenen
Schiffe aufgrund ihrer Ladung und des relativ schmalen Unterlaufs der Ems
zwangsläufig langsam fahren müssen und somit nicht zu einer deutlichen
Wellenmehrbelastung führen.
Die Planfeststellungsbehörde hat im Ergebnis daher keinen Zweifel, dass der
Erhaltungszustand des Ästuars trotz der unmittelbaren Auswirkungen stabil
bleiben wird. Die maßgeblichen Rahmenbedingungen (z. B. Standortparameter) für die Funktion des Gebietes, auch soweit sie durch die Erhaltungsziele
bzw. den Schutzzweck konkretisiert worden sind, bleiben trotz der unmittel-
510
baren Auswirkungen der Baggerung in vollem Umfang erhalten. Die bestehenden Verhältnisse ändern sich vorhabensbedingt nicht signifikant. Bauund betriebsbedingt kommt es allenfalls zu räumlich und zeitlich eng begrenzten Auswirkungen, die die Funktionen und Eigenschaften des Ästuars,
wenn überhaupt nur kurzzeitig und kleinräumig beeinflussen. Das Erhaltungsziel wird nicht beeinträchtigt. Die für das Ästuar vorläufig formulierten
Erhaltungsziele (Erhaltung / Förderung eines von Ebbe und Flut geprägten,
vielfältig strukturierten Flussunterlaufs und –mündungsbereichs mit Brackwassereinfluss; mit Tief- und Flachwasserzonen, Wattflächen, Röhrichten,
Weidengebüschen, Sandbänken, Inseln, Prielen, Neben- und Altarmen sowie
naturnaher Ufervegetation, meist im Komplex mit extensiv genutztem Marschengrünland, einschließlich ihrer typischen Tier- und Pflanzenarten sowie
Standortbedingungen (Wasser- und Sedimentqualität, Tidegeschehen, Strömungsverhältnisse). Eingeschlossen sind die Übergänge zu den Lebensraumtypen 1310 Quellerwatt und 1320 Schlickgrasbestände) werden nicht
beeinträchtigt. Der Erhaltungszustand des Ästuars wird stabil bleiben.
511
-- Berücksichtigung von Vorbelastungen
Nach den Ausführungen im Leitfaden FFH-VP im Bundesfernstraßenbau
sind Vorbelastungen (durch verbindlich genehmigte bzw. ausgeführte Projekte) im Rahmen der Ermittlung und gebietsspezifischen Bewertung von Beeinträchtigungen als Bestandteile des Ist-Zustandes des Schutzgebietes zu berücksichtigen (vgl. S. 37 des Leitfadens FFH-VP im Bundesfernstraßenbau).
Obwohl bereits abgeschlossene Pläne und Projekte von den in Art. 6 Abs. 3
FFH-RL formulierten Prüfungsanforderungen ausgenommen sind, ist es
dennoch wichtig, diese bis zu einem gewissen Grade in die Verträglichkeitsprüfung einzubeziehen, wenn sie das Gebiet dauerhaft beeinflussen und Anzeichen für eine fortschreitende Beeinträchtigung des Gebietes bestehen
(EU-Kommission, Natura 2000 - Gebietsmanagement, S. 37). Ein aufgrund
von Vorbelastungen aktuell ungünstiger Erhaltungszustand rechtfertigt danach keine zusätzliche Beeinträchtigung, die eine weitergehende Verschlechterung des Erhaltungszustandes nach sich ziehen würde (Leitfaden
FFH-VP im Bundesfernstraßenbau, S. 37). Nachhaltige Folgen von abgeschlossenen Vorhaben können prinzipiell auch zu Kumulationseffekten führen, die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung als bestehende (irreversible)
Vorbelastungen des Gebietes in die Bewertung einzustellen sind (vgl. Merkblatt 32.2, zum Leitfaden FFH-VP im Bundesfernstraßenbau).
Bei der Einzelfallbewertung der Beeinträchtigung des Lebensraumtyps Ästuar war deshalb zu berücksichtigen, dass im Ems Ästuar aufgrund vorangegangener Planfeststellungsverfahren (zuletzt durch Beschluss vom 31.Mai
1994 genehmigt) bereits Unterhaltungsbaggerungen durchgeführt werden,
die als irreversible Vorbelastung des Gebietes anzusehen sind.
Ein aufgrund von Vorbelastungen aktuell ungünstiger Erhaltungszustand
rechtfertigt keine zusätzlichen Beeinträchtigungen, die eine weitergehende
Verschlechterung des Erhaltungszustandes nach sich ziehen würden. Dies
kann die Planfeststellungsbehörde aufgrund der oben dargestellten Erwägungen mit hinreichender Sicherheit ausschließen. In diesem Zusammenhang ist auch die Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichtes heranzuziehen. In seiner Entscheidung vom 14.04.2010 (Az.: 9 A
512
5/08) werden u.a. Irrelevanzschwellen diskutiert. Es wird deutlich, dass es
solche Schwellen gibt und dass sie ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt findet, unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebietes steht. Als allgemeiner, im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wurzelnden Gedanke kann dieser Vorbehalt
nach Aussage des Senates nicht nut bei direkten Flächenverlusten, sondern
auch bei mittelbaren Einwirkungen auf einen Lebensraum zum tragen kommen. Wann eine Einwirkung Bagatellcharakter habe, sei eine zuvörderst naturschutzfachliche Frage (vgl. BVerwG Entscheidung vom 14.04.2010 – 9 A
5/08 – Rn. 93 zutiert nach juris). Die Fachgutachter haben sich mit der Vorbelastung des Regimes auseinandergesetzt und sind nach Auffassung der
Planfeststellungsbehörde überzeugend zu dem Ergebnis gekommen, dass
sich die vorhabensbedingten Zusatzbelastungen nicht signifikant auswirken.
Die vorhabensbedingten Zusatzbelastungen werden keine signifikanten Veränderungen des Istzustandes auslösen oder die Wiederherstellungsmöglichkeiten signifikant einschränken. Die Auswirkungen des Vorhabens sind nach
Einschätzung der BAW im Bereich der Nachweisgrenze.
-- Beeinträchtigung der Wiederherstellungsmöglichkeiten
Darüber hinaus werden durch das Vorhaben die in den Erhaltungszielen
festgelegten Entwicklungsmöglichkeiten (d. h. die Aussichten den Zustand in
Zukunft zu verbessern) nicht beeinträchtigt. Da der Erhaltungszustand des
Ästuars im Standarddatenbogen mit C eingestuft worden ist, ist entsprechend der Zielsetzung der FFH-RL (vgl. Art. 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 der FFH-RL)
für das Ästuar in diesen Gebieten nicht nur der Erhalt sondern auch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes anzustreben. Entsprechend wurden neben dem Schutz bzw. dem Erhalt auch die Entwicklungsmöglichkeit und die Förderung des Ästuars teilweise als vorläufiges Erhaltungsziel formuliert.
Die schifffahrtsbedingten Vorbelastungen schränken (auch ohne die Realisierung der hier planfestgestellten Fahrrinnenanpassung) insbesondere in den
Fahrrinnen die Entwicklungsmöglichkeiten des Lebensraumtyps Ästuarien
ein. Auch vorhabensunabhängig würden in der Fahrrinne Unterhaltungsbag-
513
gerungen stattfinden und das Entwicklungspotenzial aufgrund der insoweit
irreversiblen Vorbelastung im Bereich der Fahrrinne eingeschränkt sein
(Thematische Merkblätter zum Leitfaden FFH-VP im Bundesfernstraßenbau,
Merkblatt 36.1 zur irreversiblen Vorbelastung). Deshalb ist die Annahme einer vollständigen Wiederherstellung des günstigen Erhaltungszustandes für
den Bereich der Fahrrinne (auch ohne die Realisierung der Fahrrinnenanpassungen) unrealistisch, da die Fahrrinne weiterhin als Schifffahrtsweg genutzt werden soll und die Unterhaltungsbaggerungen für die bereits genehmigten Ausbauvorhaben insoweit auch bestandsgeschützt sind.
Hierzu hat der Fachgutachter eine Untersuchung erarbeitet, die zu dem Ergebnis kommt, dass sich die Entwicklungsmöglichkeiten des LRT durch das
Vorhaben nicht behindert werden. Die Planfeststellungsbehörde schließt sich
dieser Auffassung an. Hinsichtlich der Einzelheiten der Untersuchung wird
auf die FFH – VS S. 114 ff. Bezug genommen.
Eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 34 Abs. 2 BNatSchG kann
daher ausgeschlossen werden.
Ergebnis Bewertung bau- und betriebsbedingte Auswirkungen
Nach alledem ist festzustellen, dass durch die bau- und betriebsbedingten
Wirkungen des Vorhabens keine erhebliche Beeinträchtigung des LRT
“Ästuar“ bewirkt wird. Der Erhaltungszustand des LRT bleibt nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde stabil. Mögliche Entwicklungsmaßnahmen werden durch die bau- und betriebsbedingten Wirkungen nicht beeinträchtigt.
-
anlagebedingte Wirkungen
-
Veränderung der Tidekennwerte und der Morphologie
Nach Prognose der BAW sind die ausbaubedingten Veränderungen bei allen
Tidekennwerten so klein, dass sie nicht eindeutig durch Messungen bewiesen werden können (vgl. hierzu die ausführlichen Darstellungen unter
B.III.3.1.1.2). Die Prognose der BAW wird durch ein Beweissicherungspro-
514
gramm dokumentiert. Relevante anlagebedingte Auswirkungen können daher ausgeschlossen werden.
Vor diesem Hintergrund sind auch keine Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen durch die anlagebedingten Wirkungen zu erwarten. Das natürliche
Verbreitungsgebiet des LRT-Ästuars wird sich durch die oben beschriebenen
wasserbaulichen Maßnahmen nicht verändern. Es ist keine Veränderung der
Brackwasserzone zu erwarten. Strömungsgeschwindigkeiten und Erosionsbzw. Sedimentationsgeschehen verändern sich lediglich in einem nicht relevanten Bereich (hierzu wird auf die Ausführungen unter SG Wasser Morphologie Bezug genommen). Durch die Tidenhubveränderungen kommt es zu
einer geringfügigen Verkleinerung des Sublitoralbereiches bei gleichzeitiger
Vergrößerung des Eulitorals. Die Verschiebungen werden sich jedoch nur
entlang eines sehr schmalen Streifens entlang der Wasserkante ergeben,
sofern sie sich überhaupt nachweisen lassen. Da die Uferbereiche jedoch
überwiegend von Steinschüttungen gesichert sind, werden sich die Verschiebungen hauptsächlich dort zeigen und nicht zu einer Veränderung von
Lebensraumtypen führen.
Mit Datum vom 22.07.2009 hat die BAW ergänzend zu den ausbaubedingten
Änderungen des Wasserstandes bezogen auf den Maßnahmebereich Emden Stellung genommen. Zur besseren Einschätzung der gutachterlichen
Aussagen wurden folgende Hinweise gegeben:
1. Die Tieferlegung der Sollsohle im Bereich unterhalb des Emssperrwerkes
soll nur bedarfsweise für die Überführung eines Werftschiffes mit einem
Tiefgang von 8,50m erfolgen.
2. Für diesen Zustand werden im Vergleich mit dem Ist-Zustand ausbaubedingte Änderungen mit einem Simulationsmodell zuverlässig ermittelt.
Diese Änderungen sind so klein, dass sie messtechnisch nicht erfasst
werden können.
3. Da aber bedingt durch Sedimentation die bedarfsweise hergestellte Überführungswassertiefe für ein 8,50m tiefgehendes Schiff nur vorübergehend
vorhanden sein wird, werden auch die ausbaubedingten Änderungen mit
zunehmender Sedimentation noch kleiner werden.
515
Die ergänzende Stellungnahme der BAW vom 22.07.2009 untermauert aus
Sicht der Planfeststellungsbehörde die oben dargestellte Bewertung der anlagebedingten Wirkungen des planfestgestellten Vorhabens.
- schiffserzeugte Belastungen
Hinsichtlich der anlagebedingten Wirkungen sind vorhabensbezogene
schiffserzeugte Belastungen durch die Zulassung größerer Schiffsgefäße zu
erwarten.
Die Veränderungen der schiffserzeugten Belastungen gegenüber dem IstZustand sind relativ gering und temporär zu erwarten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Schiffsgefäße in der Größenordnung des Bemessungsschiffes allenfalls 2 bis 3 mal pro Jahr das Ästuar passieren werden. Eine Auswirkung auf Uferbereiche und ihre Struktur und Vegetation ist nach Auffassung
der Planfeststellungsbehörde nicht abzusehen.
Auch durch die anlagebedingten Wirkungen des Vorhabens wird nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde keine erhebliche Beeinträchtigung des
LRT “Ästuar“ bewirkt. Der Erhaltungszustand des LRT bleibt nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde stabil. Mögliche Entwicklungsmaßnahmen werden durch die anlagebedingten Wirkungen nicht beeinträchtigt.
Die Planfeststellungsbehörde ist daher der Überzeugung, dass durch die
Umbaumaßnahme Jann-Berghaus-Brücke und durch die wasserbaulichen
Maßnahmen keine erheblichen Beeinträchtigungen der Schutz- und Erhaltungsziele des Lebensraumtyps 1130 „Ästuarien““ einschließlich der typischen Arten zu erwarten sind. Der Erhaltungszustand des LRT wird vorhabensbedingt nicht verschlechtert. Er bleibt stabil. Mögliche Entwicklungsmaßnahmen werden durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt.
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LRT Atlantische Salzwiesen
Die Definition des FFH-Lebensraumtyps „Atlantische Salzwiesen (GlaucoPuccinellietalia maritimae)“ lautet nach BfN (2006) folgendermaßen:
516
„Salzgrünland des Atlantiks, der Ost- und Nordsee in seiner gesamten typischen Zonation vom Andelrasen (natürlich oder beweidet bzw. halbnatürlich),
über die höher gelegenen Rotschwingel-, Bottenbinsenrasen und Strandwermutgestrüpp bis zu den Hochflutspülsäumen mit Agropyron pycnanthum.
Eingeschlossen sind auch Bestände mit den Seggen Carex distans und
Carex extensa oder von Eleocharis uniglumis und Eleocharis palustris. Wichtiges Kennzeichen des Salzgrünlandes ist die natürliche Überflutungsdynamik durch das Meerwasser (Nordsee). An der Ostsee tritt Salzgrünland u.a.
auch auf Torfsubstraten ("Küstenüberflutungsmoore") auf und ist hier sekundär durch Beweidung aus Brackwasserröhricht etc. entstanden.“
Der Lebensraumtyp 1330 „Atlantische Salzwiesen“ ist durch die Umbaumaßnahme Jann-Berghaus-Brücke nicht beeinflusst.
Ebenso ist eine Beeinträchtigung durch die wasserbaulichen Maßnahmen
auszuschließen, da sich der FFH-Lebensraumtyp „Atlantische Salzwiesen“
außerhalb der Maßnahmenbereiche befindet und daher keine direkten Auswirkungen statt finden. Auch Fernwirkungen auf die sich in den Uferbereichen befindlichen Atlantischen Salzwiesen können ausgeschlossen werden,
da sich die Lage der Brackwasserzone nicht ändert und Tidenhubveränderungen, insbesondere die damit verbundene tendenzielle Vergrößerung der
Eulitoralbereiche, keine negativen Auswirkungen auf die Salzwiesen erwarten lässt.
Die Planfeststellungsbehörde ist daher der Überzeugung, dass durch die
Umbaumaßnahme Jann-Berghaus-Brücke und durch die wasserbaulichen
Maßnahmen keine erheblichen Beeinträchtigungen der Schutz- und Erhaltungsziele des Lebensraumtyps 1330 „Atlantische Salzwiesen“ einschließlich
der typischen Arten zu erwarten sind. Der Erhaltungszustand des LRT wird
vorhabensbedingt nicht verschlechtert. Er bleibt stabil.
517
b) Arten
In Bezug auf die Arten, die als maßgebliche Bestandteile des Gebietes zu
überprüfen waren, ist festzustellen, dass das Vorhaben nicht zu Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele der einzelnen Arten führt.
Während die Definition eines günstigen Erhaltungszustandes in Art.1 FFHRL für den natürlichen Lebensraum u.a. darauf abstellt, ob die Flächen, die
er im natürlichen Verbreitungsgebiet einnimmt, mindestens beständig sind
(Buchst. e), kommt es für den günstigen Erhaltungszustand einer Art nicht
auf die Beständigkeit der Habitatfläche, sondern auf die Beständigkeit der Art
an (Buchst. i). Entscheidendes Beurteilungskriterium ist das der Stabilität,
das die Fähigkeit umschreibt, nach einer Störung wieder zum ursprünglichen
Gleichgewicht zurückzukehren. Ist eine Population dazu in der Lage, sei es,
dass sie für ihren dauerhaften Bestand in der bisherigen Qualität und Quantität auf die verlorengehende Fläche nicht angewiesen ist, sei es, dass sie auf
andere Flächen ohne Qualitäts- und Quantitätseinbußen ausweichen kann,
so bleibt ein günstiger Erhaltungszustand erhalten und ist demgemäß eine
erhebliche Beeinträchtigung zu verneinen (vgl. BVerwG vom 12.03.2008,
Rz.132 mwN, zitiert nach juris).
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Seehund
Nach Angaben der FFH – VS bewohnt der Seehund (Phoca vitulina) felsige
und sandige Meeresküsten, vorzugsweise auch ästuarine Habitate (Abt
2001). In den Sommermonaten hält sich der Seehund während der Wurfund Setzzeit vorzugsweise auf den Sandbänken der Nationalparks wie z.B.
der Kachelotplate und Memmert im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer auf. Gemäß Standarddatenbogen wird der Seehundbestand im
FFH-Gebiet „Unterems und Außenems“ als resident (beheimatet) beschrieben, zudem wird er allerdings in diesem Gebiet als „sehr selten“ bezeichnet.
Die Karte F.5 (Unterlage F) zeigt das Seehundvorkommen der Jahre 1998
bis 2006 im Bereich des Dollarts. Innerhalb eines Jahres befinden sich zwischen 12 bis 72 Tiere an bis zu 10 Liegeplätzen.
Nach der Einstellung der Bejagung in den 1970er Jahren begann der Seehundbestand des Wattenmeeres sich aus einem bedrohlichen Tief zu erho-
518
len. Weniger als 5000 Tiere waren damals noch übrig. Das durch eine Viruserkrankung verursachte Seehundsterben 1988 und 2002 betraf allerdings
mehr als die Hälfte der Population. Die Krankheit wirkte auch deshalb so
stark, weil das Immunsystem der Tiere durch die hohe Schadstoffbelastung
der Küstengewässer geschwächt war. Nichtsdestotrotz ist der Seehund die
am häufigsten vorkommende Robbe im Wattenmeer (FFH – VS S.96f.)
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke verursacht keine Beeinträchtigungen von Seehunden. Seehunde nutzen großräumige Habitate des Meeres
und des Küstenbereiches. Diese Habitate werden nach Aussage der Fachgutachter durch die Baumaßnahme nicht beeinträchtigt (FFH-VS S.102). Die
Planfeststellungsbehörde schließt sich dieser Bewertung vor dem Hintergrund der großen Entfernung der Brücke zu den Liegeplätzen an. Nach den
vorgelegten Antragsunterlagen befinden sich im Bereich der planfestgestellten Maßnahmen Seehundbestände ausschließlich im Umfeld des Emder Hafens (ca. 21 km stromabwärts der Jann-Berghaus-Brücke) im Bereich des
Geisesteerts. Die Baumaßnahme steht der Erhaltung bzw. Förderung einer
vitalen, langfristig überlebensfähigen Teilpopulation nach Überzeugung der
Planfeststellungsbehörde nicht entgegen.
Aufgrund der großen Entfernung zu den Seehundliegeplätzen sind in Zusammenhang mit den wasserbauliche Maßnahmen Auswirkungen auf
Seehunde ebenfalls auszuschließen.
Während der Bauphase und der Unterhaltung können sich nach Aussage der
Fachgutachter (FFH-VS S.105f.) durch die zusätzlichen Baggerungen und
die damit verbundenen Schiffsbewegungen zur Herstellung der entsprechenden Tiefen im Bereich Emden Auswirkungen auf den Seehund im FFHGebiet „Unterems und Außenems“ ergeben, insbesondere wenn die Tiere
zum Zeitpunkt des Haarwechsels gestört werden. Als potenzielle bau- und
betriebsbedingte Auswirkungen sind hier die zusätzlichen Baggerungen im
Maßnahmebereich Emden mit den damit verbundenen Schiffsverkehren
(Erstbaggerungen) sowie mögliche Veränderungen der Wasserbeschaffenheit und der Hydrologie im Zuge der Baggerungen zu betrachten.
519
Die Baggerungen in den übrigen Bereichen, die mit diesem Beschluss planfestgestellt werden, sind als Auswirkungen auf Seehunde nicht relevant, da
die Baggerstrecken sich in zu weiter Entfernung zu den Bereichen befinden,
in denen Seehunde regelmäßig auftreten und das Baggergut nicht verklappt,
sondern an Land untergebracht wird.
Bei langsam fahrenden Schiffen (z. B. Fährschiffe) werden Fluchtreaktionen
oftmals erst ausgelöst, wenn sich diese bis auf weniger als 200 m den Tieren
nähern. So ergaben Untersuchungen zu Verklappungsstellen und deren
Auswirkungen auf Seehunde, dass es offensichtlich Gewöhnungseffekte der
Seehunde in Bezug auf bekannte langsamfahrende Schiffe zu geben scheint.
Selbst bei einer Annäherung von Baggern und Kuttern bis auf eine Distanz
von 200 m reagierten die Seehunde nicht oder nur sehr geringfügig (FFH-VS
S. 106 mwN). Der Bagger wird sich während der Aufnahme des Baggerguts
und der Fahrt zu den Klappstellen langsam (ca. 1 km/h) bzw. zeitweise nicht
fortbewegen. Die Liegeplätze reichen bis max. 270 m an die Maßnahmenbereiche heran (vgl. Karte F.5 der Unterlage F), so dass die Fluchtdistanzen
eingehalten werden. Dabei ist zusätzlich zu betrachten, dass die Seehunde
trotz des bestehenden regelmäßigen Schiffsverkehrs die Liegeplätze besiedeln, wobei Gewöhnungseffekte auf diese Vorbelastung durchaus denkbar
sind. Von einer Fluchtreaktion konkret auf diese Schiffe ist nicht auszugehen
(FFH-VS S.106). Dieser Bewertung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an. Bereits im Istzustand frequentieren regelmäßig Baggerschiffe die entsprechenden Bereiche. Die Tatsache, dass die Seehunde trotz des regelmäßigen Schiffsverkehrs die Liegeplätze besiedeln, ist als Indiz für das Vorhandensein entsprechender Gewöhnungseffekte anzusehen.
Besonders empfindlich könnten die Seehunde auf Störungen während der
Wurf- und Säugezeit reagieren, da Muttertier und Nachwuchs bei fluchtartigem Verlassen der Sandbänke getrennt werden können. Jungtiere wurden
während der jährlichen Zählflüge nur extrem selten gesichtet, so dass davon
auszugehen ist, dass diese Seehundliegeplätze keine Bedeutung für die Reproduktion aufweisen (vgl. FFH-VS S.106).
520
Durch das Vorhaben werden sich nach Aussage der Fachgutachter durch
anlagebedingte Änderungen wie z. B. Strömungs- oder Schwebstoffänderungen sowie der Änderung des Tidenhubs um durchschnittlich 2 cm voraussichtlich keine Auswirkungen auf die Nutzung der Liegeplätze durch Seehunde einstellen (vgl. FFH-VS S.112).
Insgesamt ist festzustellen, dass sich durch das planfestgestellte Vorhaben
lediglich durch den Maßnahmebereich Emden Auswirkungen auf Seehunde
ergeben können. Aus oben dargestellten Gründen führen diese Auswirkungen aufgrund ihrer Geringfügigkeit nicht zu Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele für die Population Seehund. Die vorläufig formulierten Erhaltungsziele für das Gebiet sehen für den Seehund die Erhaltung/Förderung einer
vitalen, langfristig überlebensfähigen Teilpopulation in den tidebeeinflussten
Wattenbereichen vor. Sowie den Erhalt und Förderung der Nahrungsressourcen sowie beruhigter Sonn- und Ruheplätze.
Unter Berücksichtigung der o. g. Vorbelastung des bestehenden Schiffsverkehrs inklusive der entstehenden Lärmemissionen und der damit entstandenen Gewöhnungseffekte sind durch das Vorhaben keine erheblichen Beeinträchtigungen der Schutz- und Erhaltungsziele zu erwarten, die den Erhaltungszustand verschlechtern könnten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass
der in diesem Zusammenhang relevante Maßnahmebereich Emden für 8,50
m tiefgehende Schiffe gebaggert werden muss und daher nicht permanent
auf Tiefe gehalten wird, sondern nur für diese Sonderfälle.
Ebenso wird eine zukünftige Förderung der Art mit dem Ziel einer vitalen,
langfristig überlebensfähigen Teilpopulation nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde auch nach Verwirklichung des Vorhabens weiterhin möglich sein. Die mit diesem Beschluss genehmigten Maßnahmen werden einer
Förderung nicht entgegen stehen.
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Teichfledermaus
521
Die Teichfledermaus (Myotis dasycneme) gehört laut FFH-VS (S.97) zu den
mittelgroßen Fledermausarten. Die Teichfledermaus ist eine Gebäudefledermaus, die große stehende oder langsam fließende Gewässer mit einer
freien Wasseroberfläche als Jagdgebiete bevorzugt, seltener werden auch
Waldränder oder Offenlandbereiche aufgesucht. Die Jagdgebiete werden
über traditionelle Flugrouten, z.B. entlang von Hecken oder kleineren Fließgewässern, erreicht und liegen innerhalb eines Radius von 10-15 km (max.
22 km) um die Quartiere. Bei ihrem Jagdflug fliegen die Tiere in schnellem,
geradlinigem Flug in 10-60 cm Höhe über der Wasseroberfläche. Die Hauptnahrung besteht aus Zuckmücken und deren Larven sowie aus Köcherfliegen, bisweilen werden auch Schmetterlinge und Käfer gefressen. Als Wochenstuben suchen die Weibchen Quartiere in und an alten Gebäuden auf,
wo sich Wochenstubenkolonien der Weibchen von 50-300 Tiere bilden können. Als Winterquartiere werden unterirdische Verstecke in Höhlen, Stollen,
Brunnenschächten oder Eiskellern bezogen. Bevorzugt werden frostfreie
Standorte mit einer hohen Luftfeuchte und Temperaturen zwischen 0,5 - 7
°C. Die Tiere hängen einzeln oder in kleinen Clustern (max. 20 Tiere) frei an
Decken und Wänden oder verstecken sich in Spalten und Löchern. Die
nordwestdeutschen Überwinterungsgebiete liegen v.a. im Bereich der westfälischen Mittelgebirge und dem vorgelagerten Flachland. Eine südliche
Grenze stellt die Mittelgebirgsschwelle zwischen Westbelgien und dem Harz
dar. Die Winterquartiere werden zwischen September und Dezember bezogen und ab Mitte März/Mitte April wieder verlassen. Als Mittelstreckenwanderer legen die Tiere bei ihren saisonalen Wanderungen zwischen Reproduktions- und Überwinterungsgebieten größere Entfernungen von 100-330 km
zurück. Die Teichfledermaus kommt in Deutschland mit einem Schwerpunkt
im Nordwesten vor. Sie gilt als sehr selten (vgl. http://www.naturschutzfachinformationssysteme-nrw.de/ffh-arten/content/de/index.html)
Aufgrund der hier dargestellten Lebensgewohnheiten sowie der im Folgenden benannten Schutz- und Erhaltungsziele kann davon ausgegangen werden, dass die Unterems der Teichfledermaus als Jagdrevier und somit als
Nahrungshabitat dient.
522
Durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke werden Beeinträchtigungen
der Erhaltungsziele der Teichfledermaus seitens der Fachgutachter ausgeschlossen. Der günstige Erhaltungszustand der Population wird durch die
Baumaßnahme nach Aussage der Fachgutachter (vgl. FFH-VS S.102) nicht
beeinträchtigt. Es wird ein neuer Pfeiler gebaut, im Gegenzug wird der alte
Pfeiler zurückgebaut, so dass die Ems als Flugstraße unbeeinträchtigt genutzt werden kann. Quartiere im alten abzubrechenden Pfeiler werden ausgeschlossen, da der Pfeiler keine Strukturen, die auf ein Winterquartier hindeuten, aufweist (eigene Erhebungen des Fachgutachters). Vergrämungseffekte für die Teichfledermaus durch baubedingte Lärmemissionen sind unter
Berücksichtigung der Mobilität und großer Ausweichmöglichkeiten zu vernachlässigen. Andere vorhabensbedingte Auswirkungen auf Teichfledermäuse sind nicht ersichtlich.
Die Baumaßnahme steht der Erhaltung einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Teilpopulation nicht entgegen.
Betriebs- und anlagebedingte Auswirkungen des Umbaus der Brücke auf die
Teichfledermaus sind nicht ersichtlich.
Durch die wasserbaulichen Maßnahmen könnte nach Aussage der Fachgutachter möglicherweise die Nutzung der Maßnahmenbereiche als Jagdrevier und Nahrungshabitat während der Bau- und Unterhaltungszeiten eingeschränkt werden. Zudem könnte es zu Vergrämungseffekten durch den vom
Hopperbagger verursachten Lärmpegel kommen (FFH-VS S.106). Bei ihrem
Jagdflug fliegen die Tiere in schnellem, geradlinigem Flug in 10-60 cm Höhe
über der Wasseroberfläche. Die Hauptnahrung besteht, wie bereits oben erwähnt, aus Zuckmücken und deren Larven sowie aus Köcherfliegen, bisweilen werden auch Schmetterlinge und Käfer gefressen. Die Jagdreviere bzw.
Nahrungshabitate befinden sich vor allem im Uferbereich, die nicht Bestandteil der bereichsweisen Fahrrinnenanpassung sind. Vergrämungseffekte, die
durch zusätzliche durch den Hopperbagger ausgelöste Lärmpegel entstehen,
sind nach Ansicht der Fachgutachter zu vernachlässigen, zumal großräumige
Ausweichmöglichkeiten für die mobilen Fledermäuse bestehen (vgl. FFH-VS
523
S.106). Die Planfeststellungsbehörde hält die fachlichen Ausführungen für
schlüssig und nachvollziehbar.
Auch durch die anlagebedingten Wirkungen des Vorhabens ergeben sich
keine relevanten Auswirkungen auf die Teichfledermaus. Durch das Vorhaben werden sich nach Aussage der Fachgutachter (vgl. FFH-VS S.112)
durch anlagebedingte Änderungen wie z.B. Strömungs- oder Schwebstoffänderungen sowie der Änderung des Tidenhubs um durchschnittlich 2 cm keine
erkennbaren Auswirkungen auf die Nahrungshabitate der Teichfledermäuse
ergeben.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass unter Berücksichtigung der in dem Gebiet bereits bestehenden Vorbelastung in Bezug auf den bestehenden
Schiffsverkehr inklusive der Lärmemissionen sowie der Geringfügigkeit der
anlagebedingten Wirkungen auf die Nahrungshabitate der Teichfledermaus
keine erheblichen Beeinträchtigungen der Schutz- und Erhaltungsziele zu
erwarten sind, die den Erhaltungszustand verschlechtern könnten. Der Erhaltungszustand bleibt nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde auch
nach Durchführung der Maßnahmen stabil.
Für die Teichfeldermaus sieht der Entwurf der Schutz- und Erhaltungsziele
als spezielles Erhaltungsziel die Erhaltung einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Teilpopulation der Art sowie den Erhalt strukturreicher Ufer- und
Gewässerbereiche als Nahrungshabitat vor. Dieses wird aus oben angeführten Erwägungen durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt.
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Finte
Die Finte (Alosa fallax) zählt zur Gruppe der anadromen Wanderfische. Adulte Finten besiedeln die Küstenregionen und steigen zum Laichen im Frühjahr
bei einer Wassertemperatur > 10° C, also etwa Mitte April bis Mitte Mai in die
Flüsse auf. Die Finte bleibt zur Reproduktion überwiegend in den Unterläufen
der Flüsse. Die nicht haftenden Eier werden ins freie Wasser abgegeben und
flottieren mit der Gezeitenströmung während der Entwicklung hin und her.
Finten gehören zur Gilde der pelagophilen (Freiwasser-) Laicher. Junge Fin-
524
ten (Altersgruppe 0+) wandern im Herbst ähnlich wie die adulten Finten in
küstennahe Meeresbereiche, um im nächsten Frühjahr wieder in die Ästuare
einzuwandern, sich aber dann v.a. in den äußeren Ästuaren aufzuhalten. Die
Tiere haben ein breites Nahrungsspektrum von zooplanktischen Organismen
zu benthischen Wirbellosen und kleineren Fischen und sind damit als Nahrungsgeneralisten einzustufen (vgl. FFH-VS S.97).
Die Finte zeigte in den durchgeführten Untersuchungen deutliche saisonale
Unterschiede im Auftreten zwischen den Beprobungszeiten im Frühjahr und
Herbst. Insgesamt wurden für den Herbst deutlich höhere Fangzahlen und
eine höhere Biomasse als im Frühjahr dokumentiert, auch wenn im Frühjahr
die Artenzahl geringfügig höher lag.
In der Untersuchung zur Laichaktivität der Finte von Bioconsult (2007b) stellt
sich die Situation der Finte als sehr kritisch dar. Genaue Zahlen hinsichtlich
der Populationsgröße der Finte in der Ems fehlen bisher. Nach aktuellen Erkenntnissen (Bioconsult 2007b, bzw. gutachterliche Stellungnahme D&M
2011) kommt es derzeit nicht zu einer erfolgreichen Reproduktion der Finte in
der Ems. Die Anzahl laichbereiter Finten, die in die Unterems einwanderten,
ist verhältnismäßig gering. Die Eiablage findet nur in sehr geringem Umfang
statt. Da von Bioconsult (2007b) keine Larvennachweise festgestellt werden
konnten, ist davon auszugehen, dass sich die Eier in der Unterems aufgrund
der pessimalen Rahmenbedingungen bezüglich Sauerstoff und Schwebstoffgehalt nicht entwickeln. Als Laichgebiete wird von den o.g. Untersuchungen
der Bereich zwischen Leer und Weener und eventuell der Unterlauf der Leda
genannt. Nach Bioconsult (2010) ist derzeit noch nicht abzuschätzen (unter
Voraussetzung nicht wesentlicher Änderungen der abiotischen Rahmenbedingungen), ob die Finte auf niedrigem Niveau im Ems Ästuar erhalten bleibt
oder in den nächsten Jahren ganz verschwindet. Eine Subventionierung aus
anderen Ästuaren ist möglich.
Nach Aussage der Naturschutzbehörde (Stellungnahme NLWKN vom
04.01.2011 – per E-Mail) besteht jedoch kein Zweifel, dass die Ems ein großes Potential zur Wiederbesiedlung aufweist (Fintennachweise in der Ems).
525
Nach Auffassung der Fachbehörde könne ein Projekt nur dann als verträglich
angesehen werden, wenn dieses Potential nicht noch weiter herabgesetzt
würde (z.B. durch Vergrößerung der Schwebstoffbelastung, durch Verschieben der Salinitätsgrenzen, durch weitere Reduzierung der Sauerstoffmengen) bzw. die Verbesserung der jetzigen Situation nicht behindert wird.
Diese Aspekte werden in der nachfolgenden Prüfung unter dem Stichwort
Wiederherstellungsmöglichkeiten von der Planfeststellungsbehörde berücksichtigt.
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke verursachte keine erheblichen
Auswirkungen auf die Finte als maßgeblichen Bestandteil des Gebietes.
Um Auswirkungen auf potenzielle Laichplätze zu minimieren, wurden die
Bauarbeiten im Gewässer aus Vorsorgegesichtspunkten außerhalb der
Laichphase durchgeführt (siehe A.II.5.2). Die Baumaßnahme steht unter Berücksichtigung dieser Minimierungsmaßnahme der Erhaltung bzw. Förderung
einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Laichpopulation nicht entgegen.
Es ist nicht zu erwarten, dass das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art
aufgrund des Umbaus der Brücke abnehmen wird. Die Größe des Lebensraums der Finte ist ebenso nicht in einem relevanten Maß betroffen. Die für
das Gebiet im Entwurf vorliegenden Erhaltungsziele wurden durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde nicht beeinträchtigt.
Auch durch die wasserbaulichen Maßnahmen, die weitere Wirkfaktoren
auslösen, ist nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde keine Gefährdung der Erhaltungsziele für die Finte zu erwarten. Die Stabilität des derzeitigen Erhaltungszustandes der Finte sowie die Widerherstellungsmöglichkeiten werden durch die wasserbaulichen Maßnahmen nicht beeinträchtigt.
Dies ergibt sich aus nachfolgenden Erwägungen:
Die Fachgutachter haben in der FFH-VS (FFH-VS S.107ff) alle Wirkfaktoren
untersucht, die Auswirkungen auf die Finte haben könnten, und diese hinsichtlich der Möglichkeit einer Beeinträchtigung von Erhaltungszielen für die
Finte in diesem Gebiet überprüft.
526
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erhöhte Mortalität durch Baggereinwirkung
Nach Aussage der Fachgutachter sind Auswirkungen auf das Populationsniveau der Finte durch Baggereinwirkungen nicht zu erwarten, auch wenn es
vereinzelt durch das Ansaugen des Baggers zu Individuen- und Laichverlusten kommen könnte.
Fische könnten unmittelbar am Saugrohr der eingesetzten Hopperbagger
aufgrund der hohen Einsauggeschwindigkeiten nicht mehr entkommen. Angesaugte Fische haben faktisch keine Überlebenschance. Ob ein Fisch angesaugt wird, hängt wesentlich von der Fähigkeit ab, den Bagger frühzeitig
wahrzunehmen und zu flüchten (vgl. FFH-VS S.107ff). Hierbei sind Laich und
Fischlarven nach Darstellung des Gutachters allgemein stärker betroffen als
Adulte, da sie keine (gezielte) Ausweichbewegung vollziehen können. Benthischer und bodennah treibender pelagischer Fischlaich (wie z. B. der der
Finte) und Fischlarven könnten eingesaugt und damit zerstört werden. Adulte
Tiere können die Baggergeräte mit ihrem Seitenlinienorgan wahrnehmen und
sich dem langsam bewegenden Bagger aktiv entziehen, so dass einzelne
Individuenverluste von Adulttieren zwar nicht ausgeschlossen werden können, diese aber nach Einschätzung des Fachgutachters recht unwahrscheinlich sind (vgl. FFH-VS S.107ff).
Juvenile Finten sind weniger mobil, die Fähigkeit dem Bagger aktiv auszuweichen ist noch nicht entsprechend ausgeprägt wie bei den Adulten. Außerhalb der Laichzeit der Finte sind die geschlüpften Jungtiere aufgrund der
Strömung weiträumig verteilt, so dass auch bei den Juvenilen einzelne Individuenverluste nicht ausgeschlossen werden können, diese aber nach Einschätzung des Fachgutachters aufgrund der vergleichsweise geringen Baggerfläche recht unwahrscheinlich ist. (vgl. FFH-VS S.107ff).
Auswirkungen auf das Populationsniveau sind dadurch nach Aussage des
Gutachters, der sich die Planfeststellungsbehörde anschließt, jedenfalls nicht
zu erwarten. Die Wirkungen auf die Reproduktion der Finte sind vor dem Hintergrund der sehr hohen natürlichen Mortalität sowie der starken Schwan-
527
kungen der täglichen Mortalitätsraten bzw. der sehr hohen Variabilität (Variabilitätskoeffizient >100%) der jährlichen Larvenaufkommen der Finte zu sehen (vgl. FFH-VS S.107ff mwN), so dass der Verlust einzelner Individuen,
der vorhabensbedingt nicht sicher ausgeschlossen werden kann, in diesem
Zusammenhang nicht relevant ist. Die durch dieses Vorhaben hinzukommenden Baggeraktivitäten werden sich nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde auf die vorstehend beschriebene ohnehin vorhandene hohe
Variabilität und damit auf die natürliche Population nicht relevant auswirken.
Der Status des Erhaltungszustandes der Finte wird nach Überzeugung der
Planfeststellungsbehörde durch die direkten maßnahmebedingten Baggerwirkungen nicht verändert, sondern bleibt stabil. Hierbei ist neben den durch
den Fachgutachter vorgetragenen Argumenten, denen sich die Planfeststellungsbehörde anschließt, zu beachten, dass die Bereiche, die als Laichgebiete vermutet werden (der Bereich zwischen Leer und Weener und eventuell
der Unterlauf der Leda) von den wasserbaulichen Maßnahmen, die in dem
hier zu prüfenden Gebiet durchgeführt werden, nicht berührt sind. Fintenlaich
und –larven, die auf Baggerungen aus oben angeführten Gründen besonders
sensibel reagieren, sind daher in diesem Gebiet maßnahmebedingt nicht relevant betroffen.
528
Für die juvenilen und adulten Finten gibt es nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde in diesem Zusammenhang maßnahmebedingt ebenfalls
keine relevante Veränderung der Situation. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Baggerbereiche im Saldo nur geringfügig verändert werden
und die Bereiche, in denen die Sohle vertieft wird, nicht dauerhaft auf diese
Tiefe gehalten werden, sondern nur wenn hierzu ein Bedarf besteht. Dieses
werden seltene Einzelereignisse sein.
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möglicher Verlust der ökologischen Funktion der Maßnahmebereiche
Aufgrund der Tatsache, dass die mit diesem Beschluss genehmigten wasserbaulichen Maßnahmebereiche nach Aussage des Fachgutachters keine
besondere Wertigkeit als sublitorale Laich-, Aufwuchs- und Nahrungsgebiete
der Fische darstellen, sind vorhabensbedingt in diesem Zusammenhang keine erheblichen Auswirkungen zu erwarten. Dass die Maßnahmenbereiche
durch die Baggerungen während der Baggertätigkeiten nicht als Laich- und
Nahrungshabitat genutzt werden können, ist insofern für den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht relevant. Das Populationsniveau der Finte in der
Ems wird sich hierdurch nicht relevant verändern.
Grundsätzlich können die Maßnahmen nach Aussage des Fachgutachters
(vgl. FFH-VS S.107ff) während der Baggerungen negative Auswirkungen auf
das Makrozoobenthos haben und damit zu einer Beeinträchtigung des
Fraßerfolges in den Maßnahmenbereichen führen. Diese Wirkung kann einige Monate bis zur vollständigen Wiederbesiedlung der bebaggerten Bereiche
durch das Makrozoobenthos anhalten. Bestehende, insgesamt geringe Dichten des artenarmen Makrozoobenthos und lokal begrenzte Maßnahmen lassen nach Aussage des Gutachters nur eine schwach ausgeprägte Wirkung
auf die Fischfauna erwarten. Auch die derzeit in den Maßnahmenbereichen
vorhandenen Substrateigenschaften lassen nach Einschätzung des Fachgutachters (vgl. FFH-VS S.107ff) keine besondere Wertigkeit als Nahrungsrefugium für Fische erkennen, so dass keine erheblichen Auswirkungen erwartet werden (hinsichtlich der Einzelheiten wird auch auf die entsprechenden Ausführungen unter dem Aspekt – Schutzgut Fische – verwiesen). Dieser Wertung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an.
529
Im Bereich der Baggerung als auch im direkten Umfeld kann es darüber hinaus zu einer Veränderung der Sedimentstruktur kommen. Insbesondere
Mangelsubstrate wie Kies- oder Sandbänke sowie Hartsubstratstrukturen
würden in ihrer Wertigkeit für die Fischfauna beeinträchtigt. Nach derzeitiger
Kenntnis existieren in keinem der Maßnahmenbereiche höherwertige Substrate (vgl. FFH-VS S.107ff). Bis in mindestens 1 m Bodentiefe handelt es
sich vorwiegend um schluffiges Substrat, welches ohne spezifische Bedeutung für die Finte und weit verbreitet im Bereich der Unterems ist (vgl. FFHVS S.107ff). Es entstehen nach Wertung des Fachgutachters keine erheblichen Auswirkungen. Dieser Wertung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an.
Zudem könnte es maßnahmebedingt zu dauerhaften Verlusten von Flachwasserlebensräumen (Randbereiche) und Unterwasserböschungen als potenziell produktive und bedeutende Fischhabitate und Laichplätze kommen.
Insgesamt verringert sich durch die Maßnahmen in den Abschnitten Papenburg, Friesenbrücke und Jann-Berghaus-Brücke der Anteil ungebaggerter
Sublitoralbereiche. Flachwasserbereiche zwischen 0 und -2 m unter MTnw
werden in dem als gering einzuschätzenden Umfang von nur ca. 55 m² beseitigt (schriftl. Mitt. WSA, 18.01.07). Auswertungen auf Basis eines lasergescannten Höhenmodells haben jedoch ergeben, dass sich diese Bereiche im
direkten Umfeld von Buhnen befinden und somit ohnehin als wenig geeignet
für die Nutzung als Laichplatz gelten (vgl. FFH-VS S.107ff). Wie bereits vorstehend dargelegt wurde, werden als Laichgebiete in den aktuellen Untersuchungen (hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Ausführungen zum Schutzgut Fische verwiesen) der Bereich zwischen Leer und
Weener und eventuell der Unterlauf der Leda genannt, so dass der Abschnitt
Papenburg in diesem Zusammenhang nicht relevant ist. Der Maßnahmebereich Emden beinhaltet vorhabensbedingt eine Vergrößerung der Schnitttiefe. Flachwasserlebensräume werden hier nicht tangiert. Im Bereich der JannBerghaus-Brücke werden nach Verwirklichung des Vorhabens insgesamt
weniger Flächen durch Baggerungen in Anspruch genommen, so dass es
hier vorhabensbedingt nicht zu Beeinträchtigungen kommen kann. Im Be-
530
reich Friesenbrücke werden zukünftig mehr Flächen bebaggert werden. Dieser Bereich befindet sich außerhalb des Schutzgebietes. Beeinträchtigungen
der Finte als maßgeblicher Bestandteil des Gebietes sind daher auch vor
diesem Hintergrund auszuschließen.
Vorhabensbedingt kommt es daher nicht zu einem relevanten Verlust von
ökologischen Funktionen, der geeignet wäre, die für dieses Gebiet im Entwurf vorliegenden Erhaltungsziele zu beeinträchtigen.
531
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Vergrämung durch indirekte Auswirkungen wie Schwebstoffe und Lärm
Unter Berücksichtigung der angeordneten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen der wasserbaulichen Maßnahmen (Erstbaggerung) verbleiben
auch unter dem hier betrachteten Aspekt der Vergrämung durch indirekte
Auswirkungen wie Schwebstoffe und Lärm nach Aussage des Fachgutachters (FFH-VS S.110f.) keine erheblichen Beeinträchtigungen der Schutz- und
Erhaltungsziele der Finte. Dieser Bewertung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an.
Eine Vergrämung durch Lärm und Schwebstoffe sowie physiologische Schädigungen könnten im Bereich der Baggertätigkeiten bis hin zur Beeinträchtigung des Aufstieges entstehen (FFH-VS S.108ff). Ein Funktionsverlust der
Maßnahmenbereiche durch Vergrämung der Finte während der Baggerzeiten
bis hin zu Beeinträchtigungen (Verzögerungen) der im Frühjahr stattfindenden Aufwärtswanderungen kann grundsätzlich auftreten. Ursächlich hierfür
können bau- und betriebsbedingte Trübungsfahnen sein, auf die die Finte mit
Vermeidungs- und Fluchtverhalten reagiert. Diese wirken additiv zur Vergrämung durch den durch die Bagger verursachten Lärm. Trübstoffe können
nach Aussage des Gutachters die Kiemenfunktion beeinträchtigen und die
Nahrungskette durch ihre Wirkung auf die Primärproduktion (verringerte Photosynthese) negativ beeinflussen (vgl. FFH-VS S.109ff.). In allen Maßnahmenbereichen ist von starken Trübungsfahnen während der Baggerungen
auszugehen, da das zu baggernde Substrat überwiegend schluffig ist.
Eine sehr weitreichende Vergrämung der Tiere durch Baggertätigkeiten ist
nicht anzunehmen, eine Barrierewirkung für wandernde Arten durch die u.U.
durch die Baggerungen verursachten Trübungsfahnen ist aber vorstellbar
(vgl. FFH-VS S.110 mwN). So ist nachgewiesen, dass sehr starke Trübungszonen von anadromen Fischarten u.U. nicht durchquert werden. Grundsätzlich ist im Bereich von starken Trübungsfahnen mit einer Verringerung der
Abundanzen und mit einer Veränderung der Artenzusammensetzung zu
rechnen. Insbesondere im Bereich Emden sind aufgrund des zeitlichen Umfanges und der Ausdehnung der Maßnahmen Auswirkungen auf das Wandergeschehen nach Auffassung des Fachgutachters möglich (vgl. FFH-VS
532
S.110 mwN). Im Ganzen ist nach Aussage des Fachgutachters festzustellen,
dass die Finten dem unmittelbaren Bereich der Baggertätigkeiten ausweichen, sofern dies möglich ist. Im Zusammenwirken mit der Hamenfischerei,
insbesondere im Maßnahmenbereich Emden, würden allerdings verbleibende Durchzugskorridore versperrt, womit eine Wanderung zu potenziellen
Laichhabitaten verhindert wird bzw. einzelne Individuen direkt in die Hamennetze getrieben werden.
-- baubedingte Wirkungen / Erstbaggerung
Aus diesem Grund wurde ein Bauzeitenfenster für die Erstbaggerung angeordnet. Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der Finte sind für dieses
Vorhaben keine Ausbaumaßnahmen zwischen dem 1. April und 15. Juni,
also zur Zeit der Aufwärtsbewegungen und zur Laichzeit dieser Fischart
(April bis Mitte Juni), durchzuführen. Die Störungen des Laichgeschehens
und die maßnahmenbedingte Erhöhung der Mortalität der Finteneier und
-larven werden durch diese Vermeidungsmaßnahme insgesamt minimiert
(vgl. FFH-VS S.56 mwN).
-- betriebsbedingte Wirkungen / Folgebaggerungen
Aufgrund der geringeren Sedimentmengen bei den Folgebaggerungen werden die Auswirkungen dieser schwächer ausfallen. Allerdings sind die Vorbelastungen durch die ästuarine Trübungszone und Unterhaltungsbaggerungen
insgesamt bereits hoch. Die Unterhaltungsbaggermehrmengen werden, bezogen auf den gesamten Unterhaltungsaufwandes in der Fahrrinne, nach
Wertung des Fachgutachters sich nicht relevant ändern (vgl. Unterlage F).
Trotz möglicher Unterhaltungsbaggerungen in den wasserbaulichen Maßnahmenbereichen auch in den Hauptwanderzeiten der Fische sind dennoch
keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten. Dies ist zum einen durch
die bei den Folgebaggerungen geringeren anfallenden Sedimentmengen und
den damit einhergehenden verminderten Auswirkungen und zum anderen
durch die bereits bestehenden Unterhaltungsbaggerungen in der Unterems,
die eine entsprechend starke Vorbelastung darstellen, begründet. Die durch
die geplanten wasserbaulichen Maßnahmen verursachten Unterhaltungsbaggermengen und die damit verbundenen Baggertätigkeiten gehen im Ge-
533
samtgefüge dieser Vorbelastungen auf, so dass keine relevanten Änderungen zwischen dem Ist- und dem Prognosezustand erwartet werden, die eine
erhebliche Beeinträchtigung auf die Fintenpopulation bewirken. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands ist nicht gegeben. Zukünftige Förderpotenziale der Fintenpopulation bleiben unangetastet.
Bei den Unterhaltungsbaggerungen in den Maßnahmenbereichen sind, abgesehen von möglichen, dann aber schnell abklingenden Veränderungen am
Ort der Baggerungen mess- und nachweisbare Wirkungen der Unterhaltung
auf Salz, Sauerstoff und Schwebstoffgehalt der Ems insgesamt nicht zu erwarten (vgl. UVU bzw. BAW Gutachten). Eine Berechnung der durch die Unterhaltungsbaggerungen (im Optimalfall separat in den Maßnahmenbereichen) ausgelösten Unterschiede z. B. der Trübung und des Sauerstoffgehaltes (als maßgebliche Faktoren für die Fischfauna) im Vergleich zum Status
Quo oder zum unbeeinflussten Referenzzustand ist nach derzeitigem Kenntnisstand aus gutachterlicher Sicht nicht verlässlich möglich. Auch im Vergleich zu den bestehenden Unterhaltungsbaggerungen ausgelöste, zusätzliche Vergrämungen lassen sich nicht sicher herleiten. Im Rahmen der aktuellen Untersuchungen (seit 2007; u.a. BIOCONSULT 2007, 2008) konnte festgestellt werden, dass in der Ems mit großer Wahrscheinlichkeit keine autochthone Population der Finte besteht, sondern sich die Fische aus Zuwanderern (u.a. aus Elbe und Weser) rekrutieren. Nach gutachterlicher Einschätzung (Diekmann & Mosebach 2011) ist mit hinreichender Sicherheit davon
auszugehen, dass diese Zuwanderung aus benachbarten Ästuarien auch
weiterhin stattfinden wird und es durch die im Vergleich zur Erstbaggerung
geringeren Unterhaltungsbaggerungen nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung dieses Phänomens kommen wird.
Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus, dass die Auswirkungen der
zusätzlich verursachten Unterhaltungen unterhalb der Erheblichkeitsschwelle
bleiben. Auswirkungen der Unterhaltungsbaggerungen in dem Maßnahmenbereichen auf die Entwicklung der Gesamtpopulation sind nicht anzunehmen.
Insgesamt lässt sich daher feststellen, dass unter Berücksichtigung der Umsetzung der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen der wasserbauli-
534
chen Maßnahmen (Erstbaggerung) auch vor dem Hintergrund der Vergrämung durch indirekte Auswirkungen wie Schwebstoffe und Lärm keine erheblichen Beeinträchtigungen der Schutz- und Erhaltungsziele der Finte bewirkt werden.
Die anlagebedingten Wirkungen des Vorhabens bewirken ebenfalls keine
Beeinträchtigung von Erhaltungszielen. Eine vorhabensbedingte Zunahme
der jährlich auftretenden Sauerstoffdefizite, die zu einer Beeinträchtigung der
Finte führen würde, ist nach Aussage des Fachgutachters vor dem Hintergrund der starken Vorbelastungen durch die Unterhaltungsbaggerungen in
einem messbaren Umfang nicht zu erwarten. Daher sind durch die Maßnahmen ausgelöste jährlich wiederkehrende Barrierewirkungen und insgesamt
lebensfeindliche Situationen für die Fischfauna in den betroffenen Bereichen
auch nicht zu erwarten. Weiterhin ergeben sich keine messbaren anlagebedingten Veränderungen bzw. Verschlechterungen auf andere Parameter, die
die Wasserqualität beschreiben. Somit ergeben sich keinerlei Auswirkungen
der Schutz- und Erhaltungsziele der Finte.
535
-
Ergebnis Finte
Als spezielles Erhaltungsziel für die Finte ist die Erhaltung/Förderung einer
vitalen, langfristig überlebensfähigen Laichpopulation sowie ungehinderter
Aufstiegsmöglichkeiten aus dem marinen Bereich in den Flussunterlauf in
enger Verzahnung mit geeigneten Laich- und Aufwuchsgebieten genannt.
Unabhängig davon, ob es in der Ems derzeit eine fortpflanzungsfähige Fintenpopulation gibt, wirkt sich das Vorhaben aufgrund der Geringfügigkeit der
Wirkungen auf den Lebensraum der Finte und auf eine Laichpopulation nicht
aus. Darüber hinaus gibt es aus oben dargestellten Gesichtspunkten keine
relevanten Auswirkungen auf potentielle Laich- und Aufwuchsgebiete.
Aufgrund der seitens der Planfeststellungsbehörde angeordneten Bauausschlusszeit für die Erstbaggerung werden mögliche Laichverluste weitestgehend vermindert. Der Lebensraum der Finte wird durch die wasserbaulichen
Maßnahmen nicht verkleinert. Die anlagebedingten Wirkungen des Vorhabens sind so gering, dass sie sich innerhalb von Nachweisgrenzen bewegen
werden. Dies kann die Stabilität des Erhaltungszustandes der Finte in dem
Ems Ästuar nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde nicht nachteilig
berühren.
-
Fluss- und Meerneunauge
Adulte Flussneunaugen (Lampetra fluviatilis) gehören wie die Finte zu den
anadromen Wanderfischarten. Sie beginnen jedoch bereits im Frühherbst
(September bis November) mit dem Laichaufstieg in die Flüsse und erreichen nach der Überwinterung in den Flüssen im April ihre stromauf gelegenen Laichplätze. Nach dem Ablaichen sterben die Tiere. Die Larven führen
nach 3 bis 5 Jahren eine Metamorphose durch und wandern als Jungtiere ins
Meer zurück (Muus & Nielsen 1999). Die Jungtiere wandern v.a. in den Monaten Oktober-November und März bis Juni flussabwärts (BioConsult
2006b).
Den Erhebungen von BioConsult (2006b) folgend ist davon auszugehen,
dass das Flussneunauge ab etwa Mitte September den Laichaufstieg im
Ems-Ästuar beginnt. Ende September wurden vermehrt adulte Tiere im me-
536
so- bis polyhalinen Abschnitt der Ems (entspricht in etwa dem Bereich Dollart) nachgewiesen (s. Materialband K.8).
Anders als bei den Flussneunaugen erfolgt die Laichwanderung der insgesamt größeren Meerneunaugen (Petromyzon marinus) erst im späten Frühjahr, sie gehören aber wie die Flussneunaugen zur Gilde der lithophilen (auf
Gestein als Untergrund angewiesen) Laicher. Die Larven der Meerneunaugen leben etwa 6-8 Jahre im Gewässerboden, bevor sie sich mit einer Länge
von 15 cm wieder ins Meer zurückziehen. Dort werden sie nach 3 - 4 Jahren
laichreif. Hinsichtlich ihrer Ernährung sind sie wie die Flussneunaugen Generalisten. Beide Neunaugenarten nehmen während ihres Laichaufstieges in
die Flüsse allerdings keine Nahrung mehr auf. Das Meerneunauge scheint
deutlich seltener als das Flussneunauge im Gebiet aufzutreten.
Sowohl Fluss- als auch Meerneunauge nutzen die Unterems als Wanderkorridor. Laichtätigkeiten finden nach derzeitiger Kenntnis stromauf oberhalb
von Papenburg statt. Die Laich- und Aufwuchsplätze werden insofern durch
den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke nicht beeinträchtigt (vgl. FFH-VS
S.99 ff.). Durch die Errichtung eines neuen Pfeilers bei Rückbau des alten
Pfeilers ergeben sich keine zusätzlichen Hindernisse für die anadromen
Wanderfische wie Fluss- und Meerneunauge. Ihre Wanderwege werden nicht
versperrt.
Die Baumaßnahme steht demgemäß auch der Erhaltung bzw. Förderung
einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Population der Arten Flussneunauge und Meerneunauge nicht entgegen. In Bezug auf diese Arten ergeben
sich ebenfalls keine relevanten Veränderungen des natürlichen Verbreitungsgebietes oder der Größe des Lebensraums der Arten.
Die Erhaltungszustände der Neunaugen werden durch die Auswirkungen des
Umbaus der Brücke nach der Bewertung des Fachgutachters nicht verschlechtert. Dieser Bewertung schließt sich die Planfeststellungsbehörde aus
vorgenannten Erwägungen an.
537
Auch durch die wasserbaulichen Maßnahmen werden unter Berücksichtigung der angeordneten Bauzeitenfenster keine erheblichen Beeinträchtigungen der Schutz- und Erhaltungsziele der Neunaugen verursacht.
Laichaktivitäten dieser Arten finden nach derzeitiger Kenntnis auch nicht in
den von den wasserbaulichen Maßnahmen berührten Bereichen statt.
Da die Neunaugen während ihres Laichaufstiegs keine Nahrung mehr aufnehmen, können sich durch die Baggerungen auch keine Auswirkungen auf
das Gebiet als Nahrungshabitat ergeben.
Das Populationsniveau der Neunaugen in der Ems wird sich durch direkte
Auswirkungen der Baggeraktivitäten daher nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde nicht relevant verändern.
Neben den vorstehend genannten direkten Wirkungen der Baggerungen sind
auch hier die indirekten Wirkungen durch Vergrämungseffekte, Trübungsfahnen und Lärm (vgl. Ausführungen zur Finte) zu prüfen. Vom zeitlichen Aspekt
gesehen findet der Aufstieg der Flussneunaugen im Herbst statt, wohingegen
die Meerneunaugen im Frühjahr zur gleichen Zeit wie die Finte aus dem
Meer in die Flüsse wandern. Für beide Arten stellt der Maßnahmenbereich
Emden jetzt schon aufgrund der sich in den Uferbereichen befindlichen
Hamennetze eine besondere „Hürde“ dar (Vorbelastung). Finden zusätzlich
Baggerarbeiten in diesem Bereich statt, verbleiben nach Aussage der Fachgutachter keinerlei Durchzugskorridore (vgl. FFH-VS S. 111). Die Neunaugen
werden regelrecht in die Netze getrieben, was mit hohen Individuenverlusten
verbunden sein kann (vgl. FFH-VS S. 111). Für die anderen Maßnahmenbereiche gilt dies nicht. Hier können die Neunaugen folglich den Vergrämungseffekten aufgrund fehlender Hamennetze in die Randbereiche ausweichen.
Insgesamt ist nach Aussage der Fachgutachter (vgl. FFH-VS S. 111) festzustellen, dass die Neunaugen dem unmittelbaren Bereich der Baggertätigkeiten aufgrund der o.g. Auswirkungen ausweichen, sofern dies möglich ist. Im
Zusammenwirken mit der Hamenfischerei insbesondere im Maßnahmenbereich Emden würden allerdings verbleibende Durchzugskorridore versperrt,
538
womit eine Wanderung verhindert wird bzw. einzelne Individuen direkt in die
Hamennetze getrieben werden.
-- baubedingte Wirkungen / Erstbaggerung
Aus diesem Grund wurde ein Bauzeitenfenster für die Erstbaggerung angeordnet. Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des Meerneunauges sind
für dieses Vorhaben keine Ausbaumaßnahmen zwischen dem 1. April und
15. Juni durchzuführen.
Für das Meerneunauge sind baubedingte Wirkungen, die die Transitfunktion
des Gebietes einschränken, nicht gänzlich auszuschließen. Vorhabensbedingte Auswirkungen bei den wandernden Fischen können durch diese Vermeidungsmaßnahme minimiert werden, auch wenn der Effekt vor dem Hintergrund der erheblichen Vorbelastungen im Gebiet (Unterhaltungsbaggerungen) gering sein dürfte. Darüber hinaus ist vorhabensbedingt aus oben
dargestellten Erwägungen von nur schwach ausgeprägten Auswirkungen
auszugehen. Diese Maßnahme ist von größerer Relevanz für die zuvor geprüfte Art Finte. Im Zusammenhang mit den Neunaugen spielt diese Maßnahme aus Sicht der Planfeststellungsbehörde eher eine untergeordnete
Rolle, da das Gebiet keine Laich- und Nahrungshabiate für die Neunaugen
aufweist.
Als zweite projektimmanente Vermeidungsmaßnahme werden zusätzlich im
Maßnahmenbereich Emden (bis zum Einmündungsbereich in den Dollart)
keine Baggerungen in der Zeit zwischen 15. September und 30. November
betrieben werden. Dadurch wird in dem für Wanderfischarten sensiblen Einstiegsbereich Emden eine mögliche Barrierewirkung durch die dort umfangreichen Baggerungen vermindert. So beginnt beispielsweise die FFH-Art
Flussneunauge im Herbst (verstärkt ab Anfang Oktober) mit dem Aufstieg in
die Ems.
- - betriebsbedingte Wirkungen / Folgebaggerungen
Aufgrund der geringeren Sedimentmengen bei den Folgebaggerungen werden die Auswirkungen dieser schwächer ausfallen. Allerdings sind die Vorbe-
539
lastungen durch die ästuarine Trübungszone und Unterhaltungsbaggerungen
insgesamt bereits hoch. Die Unterhaltungsbaggermehrmengen werden, bezogen auf den gesamten Unterhaltungsaufwandes in der Fahrrinne, nach
Wertung des Fachgutachters sich nicht relevant ändern (vgl. Unterlage F).
Trotz möglicher Unterhaltungsbaggerungen in den wasserbaulichen Maßnahmenbereichen auch in den Hauptwanderzeiten der Fische sind dennoch
keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten. Dies ist zum einen durch
die bei den Folgebaggerungen geringeren anfallenden Sedimentmengen und
den damit einhergehenden verminderten Auswirkungen und zum anderen
durch die bereits bestehenden Unterhaltungsbaggerungen in der Unterems,
die eine entsprechend starke Vorbelastung darstellen, begründet. Die durch
die geplanten wasserbaulichen Maßnahmen verursachten Unterhaltungsbaggermengen und die damit verbundenen Baggertätigkeiten gehen im Gesamtgefüge dieser Vorbelastungen auf, so dass keine relevanten Änderungen zwischen dem Ist- und dem Prognosezustand erwartet werden, die eine
erhebliche Beeinträchtigung auf die Fintenpopulation bewirken. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands ist nicht gegeben. Zukünftige Förderpotenziale der Fintenpopulation bleiben unangetastet.
Insgesamt ist nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde unter Berücksichtigung der angeordneten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen auch durch die wasserbaulichen Maßnahmen keine Beeinträchtigung
der Schutz- und Erhaltungsziele der Neunaugen zu erwarten. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands ist aus oben dargestellten Erwägungen nicht gegeben. Das Vorhaben hat des Weiteren keine Auswirkungen auf
zukünftige Entwicklungsmaßnahmen.
In Bezug auf die durch das Vorhaben verursachten anlagebedingten Auswirkungen ist die Zunahme von Sauerstoffdefiziten betrachtungsrelevant.
Eine Zunahme der jährlich auftretenden Sauerstoffdefizite durch das Vorhaben ist nach Aussage der Fachgutachter (vgl. FFH VS S.111) vor dem Hintergrund der starken Vorbelastungen durch die Unterhaltungsbaggerungen in
einem messbaren Umfang nicht zu erwarten. Daher sind durch die Maßnahmen ausgelöste jährlich wiederkehrende Barrierewirkungen und insgesamt
540
lebensfeindliche Situationen für die Fischfauna in den betroffenen Bereichen
auch nicht zu erwarten. Abgesehen davon finden die Wanderungen im Winterhalbjahr statt, wenn die kalten Wassertemperaturen nicht zu Sauerstoffmangelsituationen führen.
Weiterhin ergeben sich keine messbaren anlagebedingten Veränderungen
bzw. Verschlechterungen auf andere Parameter, die die Wasserqualität beschreiben. Somit ergeben sich keinerlei Auswirkungen der Schutz- und Erhaltungsziele der FFH-Fischarten Fluss- und Meerneunauge.
Als spezielles Erhaltungsziel ist für Fluss- und Meerneunauge die Erhaltung/Förderung einer vitalen, langfristig überlebensfähigen Population in einem bis zu den Laichgewässern durchgängigen unverbauten und unbelasteten, von Ebbe und Flut geprägten, vielfältig strukturierten Flussunterlauf und mündungsbereich formuliert. Dieses spezielle Erhaltungsziel wird durch die
wasserbaulichen Maßnahmen nicht beeinträchtigt. Aus oben dargestellten
Erwägungen ergeben sich unter Berücksichtigung der angeordneten Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen keine relevanten Auswirkungen auf
die Population der Neunaugen. Darüber hinaus lassen die Prognosen der
BAW keine vorhabensbedingten Auswirkungen erkennen, die sich relevant
auf den von Ebbe und Flut geprägten Flussunterlauf und- mündungsbereich
der Ems auswirken.
Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes dieser Arten ist durch das
Vorhaben nicht zu erwarten. Auch werden sich maßnahmebedingt keine relevanten Auswirkungen auf mögliche Entwicklungspotentiale des Gebietes in
Hinblick auf die Neunaugen ergeben.
Ergebnis für das Gebiet:
Insgesamt ist damit festzuhalten, dass sich der derzeitige Erhaltungszustand
der geschützten Arten und Lebensraumtypen durch die bereichsweise Anpassung der Unterems und des DEK nicht verschlechtern wird. Die Erhaltungszustände der einzelnen untersuchten Arten und LRT bleiben trotz
Durchführung der Maßnahmen stabil.
541
Auch wird sich das Vorhaben nicht auf die Wiederherstellungsmöglichkeiten
des Gebietes für die Lebensraumtypen und Arten, deren Erhaltungszustand
nicht mit günstig eingestuft worden ist, auswirken. Die Wiederherstellungsmöglichkeiten eines günstigen Erhaltungszustandes bleiben stabil. Die Aussichten, den Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen, deren Erhaltungszustand nicht mit günstig eingestuft worden ist, in Zukunft zu verbessern, wird durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt. Die ergibt sich aus
nachfolgend dargestellten Erwägungen.
−
potentielle Entwicklungsmöglichkeiten:
In der ergänzenden FFH-Verträglichkeitsuntersuchung wurden insgesamt
fünfzehn potenzielle Entwicklungsmaßnahmen mit ihren positiven Effekten
auf die betreffenden Arten und Lebensraumtypen betrachtet und in ihrer
Wirksamkeit unter Berücksichtigung der Vorbelastungssituation bewertet.
Anschließend wurde seitens der Fachgutachter geprüft, inwieweit sich die
Maßnahmen (Umbau Jann-Berghaus-Brücke und wasserbauliche Maßnahmen) nachteilig auf die potenziellen Entwicklungsmaßnahmen auswirken
können. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Kapitel 1.4 der Studie vom
04.09.2008 Bezug genommen.
•
Im Ergebnis der Untersuchung ist festzustellen, dass alle überprüften potentiellen Entwicklungsmaßnahmen durch die bereichsweise Anpassung
der Unterems und des DEK nicht beeinträchtigt werden.
Da sich insgesamt durch das Vorhaben keine Veränderungen der positiven Effekte der potentiellen Entwicklungsmaßnahmen auf die maßgeblichen Arten und Lebensraumtypen des FFH-Gebietes ergeben, können
entsprechend Verschlechterungen der Wiederherstellungsmöglichkeit und
damit Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele ausgeschlossen werden.
Zusammenfassend ergibt sich damit Folgendes:
1. Die Maßnahmen verursachen keine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der jeweiligen Arten und Lebensraumtypen des Gebietes. Die
Planfeststellungsbehörde ist überzeugt, dass sie auch nach Durchfüh-
542
rung der planfestgestellten Maßnahmen stabil bleiben. Damit ergibt sich
bereits eine Verträglichkeit der Maßnahmen für die mit B eingestuften Arten und Lebensraumtypen (Teichfledermaus, Atlantische Salzwiesen)
des Gebietes, für die es auf die Erhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes ankommt. Insoweit wird das Erhaltungsziel durch die vorgezogenen Teilmaßnahmen nicht nachteilig berührt.
2. Darüber hinaus ergibt sich durch die bereichsweise Anpassung der Unterems und des DEK keine Verschlechterung der Wirkungen potentieller
Entwicklungsmaßnahmen. Demzufolge werden auch die aus den Vorgaben des Standarddatenbogens und der FFH-RL für die mit C eingestuften Arten und Lebensraumtypen entwickelten Erhaltungsziele – Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes – nicht nachteilig berührt.
Die planfestgestellten Maßnahmen wirken sich damit nicht nachteilig auf das
Gebiet als solches aus.
Eine Verträglichkeit der bereichsweisen Anpassung der Unterems und des
DEK mit den seitens der Fachgutachter aus den Vorgaben des Standarddatenbogens und der FFH-RL erarbeiteten Erhaltungszielen des Gebietes ist
nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde gegeben.
Kumulative Wirkungen
Weiterhin sind im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung alle Pläne
und Projekte relevant, die zu Lasten des Schutzgebietes mit dem zu prüfenden Vorhaben zusammenwirken können, sei es innerhalb oder außerhalb
des Schutzgebiets (BMVBS 2008).
Wie bereits oben dargestellt, wurde von den Fachgutachtern untersucht, inwieweit das Vorhaben im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten gemäß Artikel 6 Absatz 3 der FFH-Richtlinie bzw. nach § 34 BNatSchG
möglicherweise zu erheblichen Beeinträchtigungen der für die Erhaltungsziele eines Natura-2000-Gebietes maßgeblichen Bestandteile führen kann.
Hierbei wurden neben direkten Beeinträchtigungen der für das Gebiet rele-
543
vanten Arten und Lebensräume auch indirekte Beeinträchtigungen beachtet,
die für die Erhaltung bzw. Wiederherstellung ihres günstigen Erhaltungszustandes maßgeblich sind (vgl. FFH-VS S.58)
Begrifflich setzt ein „Zusammenwirken“ ein Wechselspiel zwischen zwei oder
mehreren Planungen voraus, deren Auswirkungen gemeinsam zur Folge haben, dass ein Schutzgebiet beeinträchtigt werden kann. Stellt sich eine mögliche Schutzgebietsbeeinträchtigung ausschließlich als Folge nur eines von
mehreren Plänen oder Projekten dar, so beruht sie nicht auf einem „Zusammenwirken“ (OVG Saarlouis, Urteil vom 20.07.2005 – 1 M 2/04).
Um kumulativ wirken zu können, müssen folgende Bedingungen für ein Projekt erfüllt sein: Es muss
•
zeitlich zu Überschneidungen kommen,
•
ein räumlicher Zusammenhang bestehen und
ein gewisser Konkretisierungsgrad eines Projektes gegeben sein.
Als Ergebnis wurde festgestellt, dass folgende Vorhaben in Bezug auf kumulierende Wirkungen bei den einzelnen Gebietsprüfungen zu berücksichtigen
sind:
•
Antrag auf gehobene Erlaubnis von zwei Probestaus,
•
Antrag auf Soleeinleitung,
•
Planungen zur Wiedereinrichtung eines Fährbetriebs.
Die WINGAS GmbH & Co KG und die EWE Aktiengesellschaft haben am
04.11.2008 einen Antrag auf Erteilung einer gehobenen wasserrechtlichen
Erlaubnis gem. § 11 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) für die Einleitung von Sole in die Ems bei Rysum gestellt.
Mit Datum vom 11.06.2009 wurden noch weitere Projekte, die während des
Verfahrens einen Konkretisierungsgrad erreicht hatten, der eine entsprechende Überprüfung erforderte, berücksichtigt. Hierbei handelt es sich um
nachfolgend dargestellte Projekte:
544
− Änderung des Planfeststellungsbeschlusses zum Emssperrwerk zur
zweimaligen Anhebung des Stauziels auf NN +2,20 m (Antragsteller:
Landkreis Emsland),
− Antrag auf Erteilung einer gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis
gem. § 11 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) für die Einleitung von Sole in die Ems bei Rysum (Antragsteller: WINGAS GmbH
& Co KG und EWE Aktiengesellschaft),
− Erweiterung und Vertiefung des Eemshavens (Antragsteller: Groningen Seaports),
− Verbesserung des Fahrwassers Eemshaven-Nordsee (Antragsteller:
Rijkswaterstaat Noord-Nederland).
In Bezug auf die seitens der Fachgutachter auf kumulatives Zusammenwirken mit dem hier geprüften Vorhaben untersuchten anderen Projekten, ist
festzustellen, dass einige Projekte inzwischen verwirklicht wurden. So wurde
der Fährbetrieb mit Fertigstellung der Jann-Berghaus-Brücke eingestellt. Abgeschlossene Projekte, deren Auswirkungen sich im Ist-Zustand des Schutzgebietes widerspiegeln, werden als Vorbelastungen behandelt.
Dies gilt auch für die Änderungen im Stauregime des Emssperrwerkes in
Form von zusätzlichen Einzelstauereignissen, die ebenfalls bereits durchgeführt worden sind
In Bezug auf die Baggerungen für die Fähranleger im Bereich der JannBerghaus-Brücke wurde hinsichtlich eines Zusammenwirkens der Vorhaben
(Emsanpassungsmaßnahmen und Baggerungen für die Fähranleger) seitens
der Fachgutachter keine erhebliche Beeinträchtigung attestiert. Die zusätzlichen Belastungen für den Lebensraumtyp Ästuar mit seinen charakteristischen Bestandteilen durch die Fähranleger wurden als minimal und zeitlich
begrenzt bewertet. Es wurde prognostiziert, dass sich der Ist-Zustand im Bereich der Fähranleger nach der Einsatzzeit wieder einstellt (vgl. FFH-VS
S.170 f.).
Der Betrieb der Fähre verursachte nach Einschätzung der Fachgutachter
(vgl. FFH – VS S.171f.), der sich die Planfeststellungsbehörde anschließt,
ebenso keine erheblichen kumulativen Effekte.
545
Das Projekt „Fähranleger“ ist, wie oben bereits dargestellt wurde, inzwischen
abgeschlossen, es gab jedoch im Bereich der Jann-Berghaus-Brücke insofern kumulative Auswirkungen, als der Umbau der Brücke und die wasserbaulichen Maßnahmen im Bereich der Brücke durch die vorläufige Anordnung vom 16.11.2007 genehmigt und entsprechend durchgeführt wurden.
Dies war nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde zulässig. Für den
Umbau der Jann-Berghaus-Brücke sowie den wasserbaulichen Maßnahmen
wurden im Zusammenwirken mit den Baggerungen für die Fähranleger bei
einer kumulativen Betrachtung beider Projekte keine erheblichen Beeinträchtigungen prognostiziert. Signifikante Auswirkungen auf die Erhaltungsziele
und maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebietes Unterems und Außenems
wurden durch die Projekte (bereichsweise Anpassung der Unterems und die
Baggerungen für die Fähranleger) langfristig und großflächig ebenso nicht
prognostiziert. Weiterhin wird eine zukünftige Förderung der maßgeblichen
Bestandteile weiterhin möglich sein.
Insgesamt konnte durch die Fachgutachter für alle im Rahmen der FFHVerträglichkeitsuntersuchung relevanten vorhabensbezogenen NATURA
2000-Gebiete eine FFH-Verträglichkeit auch bei kumulativer Betrachtung
attestiert werden. Die Ausführungen der Fachgutachter sind nach Auffassung
der Planfeststellungsbehörde schlüssig und nachvollziehbar. Die bereits auf
Basis der vorläufigen Anordnung durchgeführten Arbeiten sind demgemäß
auch vor diesem Hintergrund als zulässig zu bewerten. Für die Berücksichtigung der Auswirkungen des Projektes „Fähranleger“ als Vorbelastung ergibt
sich nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde keine andere Bewertung, zumal die temporären Wirkungen des Projektes „Fähranleger“ mit fortschreitender Zeit immer geringer werden.
546
Die Fachgutachter haben in den Betrachtungen der kumulativen Wirkungen
der Probestaus mit dem Vorhaben folgende Aussagen getroffen:
„…Es lässt sich bei der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung insgesamt
feststellen, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzund Erhaltungsziele oder die für den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile auch bei einer kumulativen Betrachtung beider Projekte zu
erwarten sind. Ebenso wird eine zukünftige Förderung der maßgeblichen Bestandteile weiterhin möglich sein.
Insgesamt konnte für alle im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung
relevanten
vorhabensbezogenen
NATURA
2000-
Gebiete eine FFH-Verträglichkeit auch bei kumulativer Betrachtung attestiert werden….“ (S. 154 FFH –VS).
Hinsichtlich der Einzelheiten der Untersuchung der kumulativen Wirkungen
durch die Fachgutachter, die aus Sicht der Planfeststellungsbehörde schlüssig und nachvollziehbar sind, wird auf S. 140 ff. der FFH – VS Bezug genommen.
Nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde ergibt sich hinsichtlich der
Bewertung der Erheblichkeit des Vorhabens keine andere Beurteilung
dadurch, dass sich das Vorhaben „Probestau“ inzwischen im Istzustand realisiert hat und damit als „Vorbelastung“ zu berücksichtigen ist.
Die Auswirkungen waren kurzfristig und sind abgeklungen. Eine summative
Wirkung kann daher ausgeschlossen werden.
Die Einschätzung der Gutachter ist inzwischen durch das biologische Monitoring der Probestaus (Bioconsult November 2008) sowie die Auswertung der
physikalisch-chemischen Messdaten (NLWKN 03. 09. 2008 und 29.10.2008)
bestätigt
Weiterhin hatte der Landkreis Emsland einen Antrag zur Anhebung des
Stauziels auf zweimalig NN +2,20 m für die Termine 19.06.2009 und
02.07.2011 jeweils +/- 3 Tage für ca. 25 Std. gestellt. Der Antrag wurde am
03.04.2009 vom NLWKN festgestellt.
547
Ein Zusammenwirken des Projektes „zweimaligen Anhebung des Stauziels
auf NN +2,20 im Juni 2009 und Juli 2011“ sowie der geplanten Emsanpassungsmaßnahmen konnte aufgrund der zeitlichen und räumlichen Eigenschaften dieser beiden Projekte nach Auffassung der Fachgutachter nicht
vollständig ausgeschlossen werden und wurde demgemäß entsprechend
untersucht (vgl. Ausführungen in der Unterlage „Ausführungen zum Flächenbedarf im Maßnahmenbereich Emden sowie kumulative Betrachtung neu zu
berücksichtigender
Projekte
im
Rahmen
der
FFH-Verträglichkeits-
untersuchung“ vom 11.06.2009 S.3).
Das Projekt „zweimaligen Anhebung des Stauziels auf NN +2,20“ ist inzwischen zum Teil umgesetzt worden, so dass sich diese Wirkungen im Istzustand realisiert haben.
Für den Lebensraumtyp Ästuarien und die Arten Finte und Flussneunauge
wurden seitens der Fachgutachter in der vorstehend genannten Unterlage
folgende Aussagen getroffen:
„In Bezug auf den Lebensraumtyp Ästuarien werden im Planfeststellungsbeschluss zur zweimaligen Anhebung des Stauziels unerhebliche Beeinträchtigungen in Folge der Fallenwirkungen durch den Pumpenbetrieb beim Staufall auf die charakteristischen Arten Fische und
Makrozoobenthos herausgestellt. Zudem kann es betriebsbedingt zu
Barrierewirkungen auf Fische kommen. Es handelt sich dabei um
temporäre Auswirkungen, die ausschließlich auf der Individuenebene
anzunehmen sind. Veränderungen auf Populations- oder Bestandsebene werden nicht erwartet. Die vorkommenden Populationen bleiben stabil, so dass auch im Umkehrschluss das Wiederbesiedlungspotenzial in den wasserbaulichen Maßnahmenbereichen im Rahmen des
Emsanpassungsvorhabens nicht erheblich beeinträchtigt wird. Die
durch die Herstellung oder Unterhaltung beeinträchtigten Bereiche
können darum wieder durch charakteristische Arten des Lebensraumtyps besiedelt werden. Kumulativ betrachtet können Auswirkungen auf den Lebensraumtyp Ästuarien ausgeschlossen werden.
548
Die beiden beantragten Stautermine liegen außerhalb der Hauptwanderzeiten der Finte und der Flussneunaugen. Eine direkte Schädigung
von Finteneiern durch den Pumpenbetrieb kann aufgrund der räumlichen Entfernung zu den potenziellen Laichgebieten ausgeschlossen
werden. Eine Gefährdung juveniler Finten bzw. von Individuen des
Flussneunauges im Stadium der Fressphase durch den Pumpbetrieb
kann nicht ausgeschlossen werden. Es werden jedoch keine dauerhaft
negativen Auswirkungen auf den Bestand der Arten im Gebiet erwartet. Die temporäre Fallenwirkung führt zu keiner Verschlechterung des
jeweiligen Erhaltungszustandes.
Der durch die Emsanpassungsmaßnahmen relevante Wirkfaktor ist,
da während des Staufalls nicht gebaggert wird, die durch die Baggerung verursachte kleinräumige Trübung, die als unerhebliche Beeinträchtigung eingestuft worden ist. Auswirkungen auf das Populationsniveau werden jedoch aufgrund der Art und Dauer der Wirkungen
auch in dem Fall eines Zusammenwirkens der beiden Projekte nicht
erwartet. Beeinträchtigungen der beiden FFH-Arten werden demzufolge ausgeschlossen.“
In Bezug auf die Art Seehund sind keine verstärkenden Effekte der beiden
Projekte erkennbar. Die Auswirkungen der beiden Vorhaben sind voneinander unabhängig. Ein „Zusammenwirken“ im Sinne der FFH-Richtlinie ist auszuschließen.
In der Gesamtbetrachtung der beiden Vorhaben auf das Gebiet „Unterems
und Außenems“ bleibt es daher für das Projekt der bereichsweisen Anpassung der Unterems und des Dortmund- Ems-Kanals bei den prognostizierten
unerheblichen Beeinträchtigungen auf die jeweiligen Schutz- und Erhaltungsziele.
Die darüber hinaus durchgeführten Probebetriebe des Emssperrwerkes
(sog. Phase 1 2009 und Phase 2 2010), in denen jeweils für 4 Wochen von
einzelnen Bestimmungen des durch den Planfeststellungsbeschluss zum
Emssperrwerk genehmigten Betriebsplans abgewichen wurde, haben aus
549
Sicht der Planfeststellungsbehörde nicht zu einer relevanten Veränderung
des Istzustandes geführt, der im Rahmen der FFH – Verträglichkeitsstudie
berücksichtigt werden müsste.
Darüber hinaus wurde seitens der Fachgutachter die Einleitung von Sole in
die Ems bei Ditzum hinsichtlich kumulativer Wirkungen betrachtet. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass für den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke in
Leer sowie die wasserbaulichen Maßnahmen im Zusammenwirken mit der
geplanten Soleeinleitung bei Ditzum bei einer kumulativen Betrachtung beider Projekte keine erheblichen Beeinträchtigungen erwartet werden. (FFHVS S.154 ff.)
Zwischenzeitlich hat sich der Sachverhalt verändert. Für die Einleitung von
Sole ist als Einleitungsort nunmehr Rysum anstelle von Ditzum vorgesehen.
Nach Auskunft des Landsamtes für Bergbau, Energie und Geologie vom
01.06.2011 wurde die gehobene wasserrechtliche Erlaubnis für die Einleitung
von Sole in die Außenems am 14.07.2009 erteilt. Die Einleitung von Sole in
die Außenems wurde am 15.02.2010 laut LBEG planmäßig aufgenommen.
Laut Presse (THB vom 10. 02. 2010) soll ab Mitte Feb. stündlich bis zu 4200
Kubikmeter salzhaltiges Wasser bei Rysum eingespült werden.
Das Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau zur Untersuchung der
Auswirkungen einer Soleeinleitung in die Ems bei Rysum (BAW-Nr. A3955
03 10096) hat in seiner Modelltopographie das Verfahren zur Anpassung der
Unterems und des DEK berücksichtigt, so dass bereits in dem Verfahren zur
Genehmigung der Einleitung von Sole bei Rysum die kumulativen Wirkungen
beider Vorhaben berücksichtigt wurden.
Auch in diesem Verfahren wird die Frage des Zusammenwirkens mit anderen
Projekten überprüft. Für das Projekt „Einleitung von Sole bei Rysum“ werden
die Auswirkungen der Einleitung von Sole in die Außenems und das dazu
benötigte Einleitbauwerk betrachtet. Die Bauzeit des Einleitbauwerks beträgt
ca. 6 Monate, wobei zunächst Spundwände eingerüttelt werden (Dauer ca. 2
Monate) und eine Bohrung der Zuleitung von binnendeichs erfolgt. Das Bauwerk als solches besteht aus einer Unterwasserbetonsohle, auf der sich ein
550
Beruhigungsbecken befindet, in das die Sole über ein Vortriebsrohr eingeleitet wird. Aus diesem Becken fließt die Sole aus den Austrittsöffnungen unter
Wasser auf einen Kolkschutz aus Wasserbausteinen. Nach Errichtung des
Einleitbauwerkes erfolgen der Rückbau der Spundwände und die Schüttung
des Kolkschutzes. Als Einleitungsmengen werden maximal 1.500 m³/h von
der EWE und 2.700 m³/h von der WINGAS eingeleitet werden. Die geplanten
maximalen Sole-Einleitungsmengen betragen demzufolge 4.200 m³/h.
Für die zunächst betrachtete Einleitung von Sole bei Ditzum wurde festgestellt, dass keine summatorisch bedingten erheblichen Auswirkungen beider
Projekte zu prognostizieren sind. Das Projekt der Einleitung der Sole bei Rysum anstelle von Ditzum bedingt nach Aussage der Fachgutachter annähernd dieselben Wirkfaktoren. Der Unterschied liegt allein darin, dass für das
Einleitbauwerk bei Rysum eine geringere Fläche versiegelt wird (ca. 140 m²
gegenüber ca. 200 m² bei Ditzum) und dass die indirekte Beeinträchtigung
von Fischen, Benthos, Sediment und Wasserbeschaffenheit durch die Resuspension von Sedimenten/Trübung baubedingt als mittelfristig statt als
kurzfristig eingestuft wurde. (vgl. Ausführungen in der Unterlage „Ausführungen zum Flächenbedarf im Maßnahmenbereich Emden sowie kumulative
Betrachtung neu zu berücksichtigender Projekte im Rahmen der FFHVerträglichkeitsuntersuchung“ vom 11.06.2009 S. 6).
Durch die Tatsache, dass die Einleitstelle nunmehr nicht mehr unmittelbar
gegenüber dem wasserbaulichen Maßnahmenbereich Emden liegt, sondern
ca. 18 km entfernt, wird prinzipiell eine geringere kumulative Wirkung der
beiden Projekte verursacht. Dies ist bereits bei den prognostizierten Änderungen der Salzgehalte im Bereich des Unterems festzustellen, die geringer
ausfallen als bei einer Einleitung im Bereich Ditzum. Ebenfalls wird in diesem
Zusammenhang von IBL-Umweltplanung konstatiert, dass keine Barrierenoder Fallenwirkung durch die Soleeinleitung bei Rysum bedingt wird, die erhebliche Beeinträchtigungen erwarten lässt. Auswirkungen im Rahmen der
Betrachtung der Schutz- und Erhaltungsziele werden für das FFH-Gebiet
Unter- und Außenems für den Lebensraumtyp Ästuarien sowie für den Seehund, die Finte sowie das Fluss- und Meerneunauge erwartet. Diese Auswir-
551
kungen werden durch IBL Umweltplanung jedoch als unerheblich eingestuft.
Das Wiederherstellungspotenzial, was gleichzeitig für die einzelnen Komponenten abgeprüft wurde, wird wenn dann nur lokal verändert. Beeinträchtigungen durch andere Wirkfaktoren (z.B. „Akustische Reize“) werden im Weiteren ausgeschlossen. Weitere Natura 2000-Gebiete werden nicht beeinträchtigt (vgl. Ausführungen in der Unterlage „Ausführungen zum Flächenbedarf im Maßnahmenbereich Emden sowie kumulative Betrachtung neu zu
berücksichtigender
Projekte
im
Rahmen
der
FFH-
Verträglichkeitsuntersuchung“ vom 11.06.2009 S.6 f.).
Auswirkungen auf den Lebensraumtyp Ästuarien werden wie folgt prognostiziert:
Im Rahmen des Projektes der Soleeinleitung bei Rysum prognostiziert IBLUmweltplanung in Bezug auf den Lebensraumtyp Ästuarien vorhabensbedingte Auswirkungen, da bei Vorhabensrealisierung eine Fläche von ca. 1 ha
über eine Dauer von 30 Jahren veränderte Lebensraumqualitäten aufweist.
Dennoch kommt es zu keinen großräumigen negativen Folgewirkungen für
die charakteristischen Arten innerhalb dieses Lebensraumtyps, da die vagilen Arten in der Lage sind, den veränderten Bereich zu umschwimmen. Eine
Barrierewirkung ist nicht zu prognostizieren. Lediglich sessile Arten wie Makrozoobenthos werden u. a. von der Veränderung der Ionenverhältnisse der
Soleeinleitung betroffen sein. IBL schließt hierbei jedoch Folgewirkungen auf
Bestandsebene mit der erforderlichen Sicherheit aus (vgl. Ausführungen in
der Unterlage „Ausführungen zum Flächenbedarf im Maßnahmenbereich
Emden sowie kumulative Betrachtung neu zu berücksichtigender Projekte im
Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung“ vom 11.06.2009 S.7.).
Die Veränderung des Lebensraumes durch die Soleeinleitung bewirkt nach
Auffassung der Fachgutachter, der sich die Planfeststellungsbehörde anschließt, auch kumulativ mit den unerheblichen Auswirkungen der Anpassung der Unterems und des Dortmund-Ems-Kanals betrachtet keine erheblichen Beeinträchtigungen des Lebensraumtyps Ästuarien. Kumulative Veränderungen auf Populations- oder Bestandsebene werden nicht erwartet. Die
vorkommenden Populationen bleiben auch unter Berücksichtigung summati-
552
onsbedingter Auswirkungen stabil, so dass auch das Wiederbesiedlungspotenzial in den wasserbaulichen Maßnahmenbereichen erhalten bleibt. Die
durch die Herstellung oder Unterhaltung beeinträchtigten Bereiche können
darum wieder durch charakteristische Arten des Lebensraumtyps besiedelt
werden (vgl. Ausführungen in der Unterlage „Ausführungen zum Flächenbedarf im Maßnahmenbereich Emden sowie kumulative Betrachtung neu zu
berücksichtigender
Projekte
im
Rahmen
der
FFH-Verträglichkeits-
untersuchung“ vom 11.06.2009 S.7.).
In Bezug auf die FFH-Arten Seehund, Finte, Fluss- und Meerneunauge werden darüber hinaus folgende Aussagen getroffen:
Durch das Vorhaben der Soleeinleitung kommt es bei Vorhabensrealisierung
mittelräumig (ca. 1 ha) und andauernd (30 Jahre – Einleitungszeitraum) zu
Veränderungen der Lebensraumqualitäten für die oben aufgeführten Arten.
Es werden jedoch keine negativen Folgewirkungen auf die Bestandsentwicklung der Arten erwartet. Es ergibt sich ebenfalls keine Barrierewirkung (keine
Behinderung oder Abriegelung des Wanderungsgebietes). Der Störbereich
kann von vagilen Arten umschwommen werden. Demzufolge findet keine
Schädigung der Bestände statt, so dass es im Zusammenwirken mit den
Auswirkungen der Unterhaltungsbaggerungen im Maßnahmenbereich Emden zu keinem erhöhten Umweltrisiko, bspw. Mortalitätsrate kommt. Eine
erhebliche Beeinträchtigung der Schutz- und Erhaltungsziele kann demzufolge ausgeschlossen werden (vgl. Ausführungen in der Unterlage „Ausführungen zum Flächenbedarf im Maßnahmenbereich Emden sowie kumulative
Betrachtung neu zu berücksichtigender Projekte im Rahmen der FFHVerträglichkeitsuntersuchung“ vom 11.06.2009 S.7.).
Die Ausführungen der Fachgutachter sind nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde schlüssig und nachvollziehbar. Die Planfeststellungsbehörde
schließt sich daher der Einschätzung der Fachgutachter an.
Als weiteres Projekt wurde die Erweiterung und Vertiefung des Eemshavens untersucht. Bei der Betrachtung möglicher Auswirkungen wurde seitens der Fachgutachter ein realistischer Worst-Case-Ansatz zugrunde gelegt
553
um die maximalen Umweltwirkungen nachvollziehbar darstellen zu können.
Während der Bauphase werden Arbeiten wie die Verlegung der Kaie im Wilhelminahafen, Anpassung der Hafenmündung, Bagger- und Aushubarbeiten,
Abtransport und anschließende Verklappung und/oder Entsorgung des angefallenen Baggerguts verrichtet. Insgesamt werden bei den Bagger- und Aushubarbeiten 13,6 Mio. m³ Aushub gelöst, wobei 3,9 Mio. m³ als Baggermenge im Rahmen der schon lange anstehenden Unterhaltungsarbeiten anfallen.
Als Sedimente fallen Sand, Sand und Klei, Schlamm und weicher Klei an.
4,1 Mio. m³ Sand werden zur Erhöhung des östlichen Lappens benutzt. Der
restliche Aushub soll verklappt werden, da der Aushub nahezu frei von Verunreinigungen ist. Es werden vor allem Auswirkungen auf Wasser, Boden
und das Sediment durch das geplante Vorhaben erwartet. Hierzu gehören
insbesondere:
− Änderung der Austauschwassermenge im Eemshaven,
− Änderung der maximalen Strömungsgeschwindigkeit,
− Änderung der Sedimentationsgeschwindigkeit,
− Auswirkungen durch Lösung und Verklappung der Aushubmenge
(Herstellungs- und Unterhaltungsmenge).
Weiterhin werden bau- und betriebsbedingte Lärmimmissionen durch u. a.
Ramm- und Vibratrions-/Rüttelarbeiten erwartet. Dieses Vorhaben führt zu
Auswirkungen auf Seehunde sowie auf Vögel. Zudem kommt es zu Beeinträchtigungen aquatischer Flora und Fauna (Phyto- und Zooplankton) während der Verklappung des Baggergutes (vgl. Ausführungen in der Unterlage
„Ausführungen zum Flächenbedarf im Maßnahmenbereich Emden sowie
kumulative Betrachtung neu zu berücksichtigender Projekte im Rahmen der
FFH-Verträglichkeitsuntersuchung“ vom 11.06.2009).
In der Gesamtbetrachtung der beiden Vorhaben bleibt es nach Auffassung
der Fachgutachter für das Projekt der bereichsweisen Anpassung der Unterems und des Dortmund- Ems-Kanals bei den prognostizierten unerheblichen Beeinträchtigungen auf die jeweiligen Schutz- und Erhaltungsziele.
Dieser Bewertung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an. Im Wesentlichen sind hierfür nachfolgend aufgeführte Erwägungen maßgeblich.
554
Aufgrund der geringen prognostizierten Auswirkungen des niederländischen
Projektes auf den Lebensraumtyp Ästuarien und der räumlichen Eigenschaft
(Minimalentfernung zum FFH Gebiet Unterems und Außenems: 5 km, Entfernung zum Maßnahmenbereich Emden: 26 km) ist von keinen sich verstärkenden Auswirkungen dieser beiden Projekte auszugehen. Es wird ausgeschlossen, dass die durch das Projekt der Emsanpassungsmaßnahmen verursachte Trübung und die Trübung der Baumaßnahmen der Niederlande eine erhebliche Auswirkung auf den Lebensraumtyp Ästuarien haben werden.
Erhebliche Veränderungen der Qualitätskomponenten wie u. a. Makrozoobenthos sind daher kumulativ nicht zu erwarten.
555
Für die Anhang II Art: Seehund gilt Folgendes:
Hinsichtlich einer möglichen kumulativen Wirkung kann nach Aussage der
Fachgutachter zum aktuellen Zeitpunkt prognostiziert werden, dass es summatorisch betrachtet keine erheblichen sich verstärkenden Umweltauswirkungen gibt. Das Vorhaben der Anpassung der Unterems und des Dortmund- Ems-Kanals kann zu einer Störung auf Seehunde während der Bauphase und der Unterhaltung durch die zusätzlichen Baggerschiffe im Maßnahmenbereich Emden führen, die jedoch als nicht erheblich zu bewerten
sind. Seehunde scheinen gewisse Gewöhnungseffekte auf langsam fahrende
Schiffe aufzuweisen, so dass Fluchtreaktionen oftmals erst ausgelöst werden, wenn sich die Schiffe den Tieren auf weniger als 200 m nähern. Die
Liegeplätze der Seehunde liegen mindestens 270 m vom Maßnahmenbereich Emden entfernt. Kumulativ betrachtet kommt es zu keinen verstärkten
Effekten, die Auswirkungen auf Populationsniveau mit sich bringen können.
Sollten Beeinträchtigungen von Seehunden durch das Vorhaben der Vertiefung des Eemshavens auftreten, sind diese allein diesem Projekt zuzuordnen.
Kumulative Wirkungen in Bezug auf weitere Lebensraumtypen oder Arten
sind nicht ersichtlich.
Neben der vorstehend hinsichtlich kumulativer Wirkungen überprüften Anpassung des Hafens ist seitens der Niederländer auch eine Verbesserung
des Fahrwassers zwischen dem Eemshaven und der Nordsee geplant.
Das niederländische Vorhaben umfasst eine in Längs- und Querrichtung differenzierte Vertiefung des Fahrwassers vom Eemshaven (querab Ems-km
75,0) zur Nordsee (Ems-km 113,0). Die jetzige Solltiefe von i.M. NAP1 14,25 m soll in Höhe des Eemshaven auf NAP -14,5 m bzw. bei Ems-km
113,0 auf NAP - 16,1 m erhöht werden. Für LNG- und Kohleverkehre ist in
den geraden Abschnitten eine Verbreiterung des Fahrwassers auf 300 m und
in den Kurvenbereichen auf 400 m geplant.
Die Genehmigung des niederländischen Projektes wurde vom Raad van State am 24. August 2011 für ungültig erklärt. Dies bedeutet jedoch nicht
556
zwangsläufig, dass das Projekt aufgegeben wird. Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus, dass die Entscheidung des niederländischen Gerichtes dazu führt, das Projekt – oder ein Projekt mit ähnlichen Wirkungen – neu
zu betrachten. Insofern hat die Planfeststellungsbehörden aus Vorsorgegründen die Wirkungen kumulativ betrachtet.
Die Auswirkungen des Projektes wurden zusammen mit den Auswirkungen
der oben betrachteten Vertiefung des Eemshavens in der Ecologischen
Effectenstudie betrachtet.
Auswirkungen der Vertiefung der Zufahrt Eemshavens entstehen bau-, betriebs- und anlagenbedingt durch den Einsatz von Baggerschiffen und den
damit verbundenen Fahrbewegungen von und zu den Klappstellen, die genutzt werden. Weiterhin sind Effekte durch den Verklappungsvorgang an sich
zu erwarten. Durch die Veränderung der Morphologie werden Änderungen
der Hydrologie bedingt. Es wird davon ausgegangen, dass sich das mittlere
Tidehochwasser um maximal 1 mm lokal erhöht, während das mittlere Tideniedrigwasser maximal um 2 mm lokal geringer wird. Eine maximale Erhöhung der Wasserstände von 6 mm bei Sturmflut wird prognostiziert. Die
Strömungsgeschwindigkeiten werden sich sehr gering und nur lokal um max.
0,15 m/s erhöhen, während die Veränderung der Flut- bzw. Ebbedauer unter
einer Minute bleibt. Die Isohaline verschiebt sich landwärts um 125 m bei
einer lokalen maximalen Erhöhung um 0,1 PSU. Die sehr geringe Erhöhung
des Schwebstoffgehaltes hat kaum bzw. keine Folgen für die Trübung im
Emder Fahrwasser und in der Unterems. Es wird prognostiziert, dass die
Baggermengen dort kaum bzw. nicht zunehmen (vgl. Ausführungen in der
Unterlage „Ausführungen zum Flächenbedarf im Maßnahmenbereich Emden
sowie kumulative Betrachtung neu zu berücksichtigender Projekte im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung“ vom 11.06.2009 S.11).
Die Veränderung des Lebensraumtyps Ästuarien durch die Vertiefung des
Fahrwassers nach Eemshaven in Summation mit den Auswirkungen durch
das Vorhaben der Anpassung der Unterems und des Dortmund-Ems-Kanals
wird nach Bewertung der Fachgutachter als unerheblich betrachtet. Nicht
557
auszuschließende, jedoch durch die genannten Vermeidungsmaßnahmen
minimierte Verringerungen der Primärproduktion haben aufgrund der Geringfügigkeit auch auf andere Bereiche in der Nahrungskette wie z. B. auf das
Makrozoobenthos keine erheblichen Auswirkungen. Aufgrund dessen kann
ausgeschlossen werden, dass bspw. Das Wiederbesiedlungspotenzial für
den Maßnahmenbereich Emden im Rahmen des Projektes der Emsanpassung erheblich beeinträchtigt wird.
Für Meeressäuger werden nach Aussage des Fachgutachters vorhabensbedingt durch die Anwesenheit von Baggerschiffen bzw. die durch diese verursachten Lärmimmissionen negative Auswirkungen auf 0,5 % der Population
erwartet. Um an der Klappstelle P1 Beeinträchtigungen auf neugeborene
Seehunde zu verringern, wird als Vermeidungsmaßnahme diese Klappstelle
zwischen Juli und August nicht beschickt werden. Sonstige signifikante Auswirkungen auf die Meeressäuger durch den Ausbau oder die Unterhaltung
der Fahrrinne werden nicht prognostiziert (vgl. Ausführungen in der Unterlage „Ausführungen zum Flächenbedarf im Maßnahmenbereich Emden sowie
kumulative Betrachtung neu zu berücksichtigender Projekte im Rahmen der
FFH-Verträglichkeitsuntersuchung“ vom 11.06.2009 S.12).
Kumulative Effekte, die eine Aufgabe der Nutzung im Bereich des Dollartraumes von Seiten der Seehunde bedingen, werden von Seiten der Niederlande jedoch nicht ausgeschlossen, so dass ein Kompensations- und
Aufsichtsplan entwickelt werden soll (vgl. Kap. 4). Das hier beantragte Projekt der Emsanpassung prognostiziert für den Maßnahmenbereich Emden
keine erheblichen Beeinträchtigungen. Kommt es zu erheblichen Beeinträchtigungen in Bezug auf die Schutz- und Erhaltungsziele der maßgeblichen
Bestandteile dieses Natura 2000- Gebietes sind diese eindeutig dem anderen Projekt zuzurechnen. Somit wäre auch entsprechend die Folgenbewältigungs-Verantwortung dem Projekt bzw. dem damit verbundenen Verursacher zuzuordnen (vgl. Ausführungen in der Unterlage „Ausführungen zum
Flächenbedarf im Maßnahmenbereich Emden sowie kumulative Betrachtung
neu zu berücksichtigender Projekte im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung“ vom 11.06.2009 S.12).
558
Dieser Auffassung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an. Es stellt
sich bereits die Frage, ob überhaupt kumulative Wirkungen im Sinne der
FFH-Richtlinie zu erwarten sind. Begrifflich setzt ein „Zusammenwirken“ ein
Wechselspiel zwischen zwei oder mehreren Planungen voraus, deren Auswirkungen gemeinsam zur Folge haben, dass ein Schutzgebiet beeinträchtigt
werden kann. Stellt sich eine mögliche Schutzgebietsbeeinträchtigung ausschließlich als Folge nur eines von mehreren Plänen oder Projekten dar, so
beruht sie nicht auf einem Zusammenwirken (so OVG Saarlouis, Urteil vom
20.7 2005 – 1 M 2/04).
Auswirkungen durch die Vertiefung und Verbreiterung des Fahrwassers von
Eemshaven in die Nordsee auf die Fische werden durch Trübungen durch
die Baggeraktivitäten und bei der Verklappung verursacht. Dadurch bedingt
kommt es zu Sedimentveränderungen, was zu Auswirkungen auf die
Benthoszusammensetzung sowie auf die Laich- und Aufzuchtgebiete von
Benthos und den Fischen selbst führen kann. Diese Auswirkungen werden
als
lokal
eingestuft
und
unter
Voraussetzung
der
Vermeidungs-
/Minimierungsmaßnahmen, relativiert über das Gesamtgebiet, von Seiten
des Vorhabensträgers als nicht signifikant angesehen. Im Rahmen der
Emsanpassungsmaßnahmen werden für die betrachteten FFH-Arten als unerhebliche eingestufte Beeinträchtigungen durch Trübungen prognostiziert.
Diese bewirken keine Erheblichkeit für das jeweilige Schutz- und Erhaltungsziel (vgl. Ausführungen in der Unterlage „Ausführungen zum Flächenbedarf
im Maßnahmenbereich Emden sowie kumulative Betrachtung neu zu berücksichtigender Projekte im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung“
vom 11.06.2009 S.12).
In Kumulation mit dem hier betrachteten Projekt, welches jeweils keine erheblichen Auswirkungen auf die Fischarten bedingt, werden aufgrund der
räumlichen Eigenschaften nach Ansicht der Fachgutachter keine erheblichen
Auswirkungen auf die FFH-Arten erwartet (vgl. Ausführungen in der Unterlage „Ausführungen zum Flächenbedarf im Maßnahmenbereich Emden sowie
kumulative Betrachtung neu zu berücksichtigender Projekte im Rahmen der
FFH-Verträglichkeitsuntersuchung“ vom 11.06.2009 S.12).
559
In der Gesamtbetrachtung der beiden Vorhaben auf die oben genannten Natura 2000-Gebiete bleibt es nach Aussage der Fachgutachter für das Projekt
der bereichsweisen Anpassung der Unterems und des Dortmund- EmsKanals bei den prognostizierten unerheblichen Beeinträchtigungen auf die
jeweiligen Schutz- und Erhaltungsziele. Dieser Auffassung schließt sich die
Planfeststellungsbehörde an. Zumal bereits fraglich erscheint, ob bei diesen
beiden Projekten ein „Zusammenwirken“ gegeben ist (s.o.).
-
Ergebnis Zusammenwirken mit anderen Projekten
Insgesamt kann daher festgestellt werden, dass auch unter Berücksichtigung
der anderen Projekte, die im voraussichtlichen Wirkraum des Vorhabens
verwirklicht wurden bzw. werden, der Erhaltungszustand der einzelnen Lebensraumtypen und Arten, die als maßgebliche Bestandteile des Gebietes
„Unterems und Außenems“ geprüft wurden, stabil bleibt. Darüber hinaus
wurden durch das Zusammenwirken mit anderen Projekten keine Behinderungswirkungen auf die Entwicklungsmaßnahmen herausgestellt, so dass
das
Wiederherstellungspotenzial
ebenfalls
stabil
bleibt.
Die
FFH-
Verträglichkeit des Projektes ist demzufolge auch bei der kumulativen Betrachtung anderer Projekte gegeben.
Mit Stellungnahme vom 08.10.2009 wird auch seitens des NLWKN, der für
einen Teil des Ems Ästuars (gemeindefreies Gebiet) zuständige Untere Naturschutzbehörde ist, festgestellt, dass nicht von erheblichen Beeinträchtigungen des FFH – Gebietes 002 „Unterems und Außenems“ bezogen auf die
wertbestimmenden Lebensräume und Arten auszugehen ist. Ebenso folgt
das BfN in der Stellungnahme vom 07.06.2007 der Einschätzung der Gutachter, dass es zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne von § 34
BNatSchG kommt.
560
3.1.5.1.2.4
EU-Vogelschutzgebiet „Emsmarsch von Leer bis Emden“
(DE2609-401) national (V10)
Für Vogelschutzgebiete, die bereits nach Art. 4 Abs. 1 S. 4 VSchRL zum
Schutzgebiet erklärt worden sind, richtet sich der Schutz gemäß Art. 7 FFHRL wie bei den FFH-Gebieten nach Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH-RL bzw.
§ 34 BNatSchG (insoweit wird auf die Ausführungen zu den Allgemeinen Anforderungen an die Verträglichkeitsprüfung im Zusammenhang mit der Prüfung der FFH-Gebiete Bezug genommen).
Das als EU-Vogelschutzgebiet erklärte Gebiet „Emsmarsch von Leer bis
Emden“ befindet sich im tidebeeinflussten Bereich der Ems und beinhaltet
Flusswatten,
Priele,
Salzwiesen,
Brackwasserröhrichte,
Sände
sowie
Feuchtgrünland (teilweise mit Sommerdeichen) und auch zwei binnendeichs
gelegene Grünlandbereiche. Das Gesamtgebiet umfasst eine Fläche von
3.223 ha. Naturräumlich gehört es zu der Region Watten und Marschen. Es
ist aufgrund der herausragenden Bedeutung als Überwinterungs- und Rastgebiet für nordische Gänse (Blässgans, Graugans, Nonnengans) und Säbelschnäbler schutzwürdig. Daneben ist es ein bedeutendes Brutgebiet für Säbelschnäbler, Wachtelkönig und Blaukehlchen sowie für diverse Wiesenvogelarten (Angaben laut Standarddatenbogen).
Die Maßnahmenbereiche Friesenbrücke (Ems-km 6,2 bis 7,6) und Papenburg (DEK-km 225,8 bis Ems-km 0,05 und Ems-km 0,3 bis 1,3) liegen mindestens 5 bzw. 10 km vom EU-Vogelschutzgebiet „Emsmarsch von Leer bis
Emden“ entfernt und müssen nach Aussage der Fachgutachter aufgrund der
Entfernung bei der Prüfung nicht berücksichtigt werden (vg. FFH-VS S.189).
Dieser Auffassung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an. Auswirkungen auf maßgebliche Bestandteile des Gebietes sind durch die Umsetzung
des Vorhabens in diesen beiden Maßnahmebereichen von vornherein ausgeschlossen.
Das EU-Vogelschutzgebiet „Emsmarsch von Leer bis Emden“ DE2609-401
ist auch durch die übrigen Maßnahmen nicht unmittelbar berührt. Die Maßnahmenbereiche Emden (Ems-km 31,0 bis 37,0 und 40,0 bis 40,5) und Jann-
561
Berghaus-Brücke (Ems-km 14,4 bis 15,9) befinden sich jedoch in der Nähe
des EU-Vogelschutzgebietes „Emsmarsch von Leer bis Emden“, so dass
mittelbare Auswirkungen nicht von vornherein auszuschließen sind.
Die Arbeiten an der Jann-Berghaus-Brücke wurden in einem Abstand von ca.
300 m zum Schutzgebiet durchgeführt. Der Abstand zu der wasserbaulichen
Maßnahme im Bereich der Jann-Berghaus-Brücke beträgt in der kürzesten
Entfernung ca. 100 m. Der Mindestabstand zwischen dem Maßnahmenbereich Emden und dem EU-Vogelschutzgebiet beträgt ca. 50 m.
Hierdurch sind mittelbare Auswirkungen durch visuelle oder akustische Störungen nicht von vornherein auszuschließen.
−
Schutz- und Erhaltungsziele
Wie bereits im Zusammenhang mit der Prüfung der FFH – Gebiete erläutert
wurde, stellt allein der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten ein geeignetes Bewertungskriterium dar. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes sei deshalb jeweils zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung
des Vorhabens stabil bleiben wird (Urteil des BVerwG vom 17. Januar 2007
Az.: 9 A 20.05, NuR 2007, 336, juris Rn. 42; Leitfaden zur FFH-Verträglichkeitsprüfung an Bundeswasserstraßen, April 2008, S. 25). Stabilität bezeichnet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (Urteil des
BVerwG vom 17. Januar 2007 (a. a. O.)) die Fähigkeit nach einer Störung
wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Stabilität ist gegeben, wenn die maßgeblichen Rahmenbedingungen (z. B. Standortparameter) für die Funktion des Gebietes in Bezug auf den Schutzzweck in vollem
Umfang erhalten bleiben (Leitfaden, FFH-VP an Bundeswasserstraßen
S. 25, Fn. 46). ).
Das Vogelschutzgebiet ist national nicht einheitlich geschützt, so dass die
Planfeststellungsbehörde alle Schutz- und Erhaltungsziele, die für dieses
Gebiet erarbeitet wurden und für Teile des Gebietes im Wege einer Verordnung umgesetzt sind, überprüft.
562
Standarddatenbogen
Aus nachstehend abgedruckten Tabellen ergeben sich die im Nds. MBl. Nr.
35/2002 S. 717 ff. für das EU-Vogelschutzgebiet DE 2609-401 aufgelisteten
wertbestimmenden Arten.
563
Die wertgebenden Arten des EU-Vogelschutzgebietes „Emsmarsch von Leer
bis Emden“ sind hinsichtlich ihres Erhaltungszustandes ausnahmslos mit B
(= günstig) bewertet. Das für die FFH-Verträglichkeitsprüfung maßgebliche
Schutz- und Erhaltungsziel ist insoweit die Erhaltung dieses Zustandes. Daher ist zu prüfen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz
Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird.
NSG
Für einen Teil des Gebietes gibt es inzwischen eine Schutzverordnung (Verordnung über das Naturschutzgebiet „Emsauen zwischen Ledamündung und
Oldersum“ in den Gemeinden Westoverledingen, Jemgum, Moormerland und
564
der Stadt Leer, Landkreis Leer vom 28. Januar 2009). Hiernach ist das Gebiet folgendermaßen beschrieben:
„Das rund 600 ha große Schutzgebiet liegt in den Gemeinden Westoverledingen, Jemgum, Moormerland und in der Stadt Leer. Es ist in
Verbindung mit dem Rheiderland, dem Dollart und den rechtsemsischen
Marschen ein wichtiges Rast- und Überwinterungsgebiet für nordische
Gänse und Säbelschnäbler, darüber hinaus hat es besondere Bedeutung als Brutgebiet für zahlreiche Watvogelarten und Röhrichtbrüter.
Große Teile des Schutzgebietes werden von Deichvorländern gebildet,
die mehrheitlich unter Tideeinfluss stehen. Teilbereiche werden als
Grünland genutzt, während andere Bereiche der natürlichen Sukzession
unterliegen. Feuchtgrünlandflächen wechseln sich ab mit Fluss- bzw.
Teichröhrichten und Flutrasen. Im nördlichen Bereich des Rorichumer
Deichvorlandes treten Salzwiesen auf.
Von zwei im Schutzgebiet gelegenen Emsinseln ist die eine mit Röhricht
bewachsen, während die andere in einem ehemaligen Sommerpolder
der freien Sukzession unterliegende Wasserflächen enthält.
Das Schutzgebiet dient im Laufe des Jahres zahllosen Vogelarten als
Brut-, Rast-, Nahrungs- und Überwinterungsraum. Besonders hervorzuheben sind hier die Arten Rohrdommel, Zwergschwan, Kampfläufer und
Goldregenpfeifer.
Das Naturschutzgebiet ist Teil des FFH-Gebiete 002 "Unterems und
Außenems" sowie des EU-Vogelschutzgebietes V 10 "Emsmarsch von
Leer bis Emden" und somit Bestandteil des europaweiten Schutzgebietsnetzes Natura 2000.“
Mit Verordnung über das Naturschutzgebiet (NSG) „Emsauen zwischen
Ledamündung und Oldersum“ in den Gemeinden Westoverledigen, Jemgum,
Moormerland und der Stadt Leer, Landkreis Leer vom 28. Januar 2009 sind
somit ca. 600 ha des Gebietes als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Die Fläche ist in nachfolgender Karte dargestellt.
565
566
Der Schutzzweck für das NSG ergibt sich aus § 4 der Verordnung.
„…§ 4
Schutzzweck
(1) Die Unterschutzstellung dient der Erhaltung des Gebietes als Europäisches Vogelschutzgebiet nach der Richtlinie 79/409/EWG (Vogelschutzrichtlinie) des Rates vom 02. April 1979 über die Erhaltung der
wild lebenden Vogelarten (ABl. EG Nr. L 103 S. 1, zuletzt geändert
durch Richtlinie 97/49/EG der Kommission vom 29. Juli 1997, ABl. EG
Nr. L 223 vom 13. August 1997, S.9).
(2) Schutzzweck für das NSG ist die Erhaltung der besonderen Bedeutung des Deichvorlandes als Brutgebiet für Vögel des Grünlandes, der
Röhrichte, der Sukzessionsstrukturen und als Rastgebiet für Limikolen,
Schwäne, Gänse und Enten. Voraussetzung sind der Erhalt, die Pflege
und Entwicklung von strukturreichen, vielfältigen, grünlandgeprägten
Flächen mit eingestreuten Flachwasser-, Wasser- und Röhrichtflächen
als Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiet für
1. die in Anhang I der Richtlinie 79/409/EWG aufgeführten wertbestimmenden Arten:
− Wachtelkönig (Crex crex) – als Brutvogel wertbestimmend,
− Säbelschnäbler (Recurvirostra avosetta) – als Brut- und Gastvogel
− wertbestimmend,
− Weißstern-Blaukehlchen (Luscinia svecica cyanecula) – als Brutvogel wertbestimmend,
− Nonnengans (Branta leucopsis) – als Gastvogel wertbestimmend,
− Rohrweihe (Circus aeruginosus) – als Brutvogel wertbestimmend,
2. die nach Artikel 4 (2) der Richtlinie 79/409/EWG wertbestimmenden
Arten:

Kiebitz (Vanellus vanellus) - als Brut- und Gastvogel wertbestimmend,
567

Uferschnepfe (Limosa limosa) - als Brut- und Gastvogel wertbestimmend,
− Rotschenkel (Tringa totanus) - als Brutvogel wertbestimmend,
− Bläßgans (Anser albifrons) - als Gastvogel wertbestimmend,
− Graugans (Anser anser) - als Gastvogel wertbestimmend,
− Pfeifente (Anas penelope) - als Gastvogel wertbestimmend,

Regenbrachvogel (Numenius phaeopus) - als Gastvogel wertbestimmend
3. die nachfolgend bezeichneten weiteren Vogelarten des Anhangs I
der Richtlinie 79/409/EWG sowie weiterer Zugvogelarten nach Art. 4
Abs. 2 der Richtlinie 79/409/EWG
Vogelarten
Sumpfohreule
Asio flammeus
nach Anh. I
Rohrdommel
Botaurus stellaris
(Art. 4 Abs. 1)
Kornweihe
Circus cyaneus
Wiesenweihe
Circus pygargus
Zwergschwan
Cygnus bewickii
Singschwan
Cygnus cygnus
Schwarzkopfmöwe
Larus melanocephalus
Zwergsäger
Mergus albellus
Kampfläufer
Philomachus pugnax
Goldregenpfeifer
Pluvialis apricaria
Tüpfelsumpfhuhn
Porzana porzan
Zugvogelarten
Schilfrohrsänger
Acrocephalusschoenobaenus
(Art. 4 Abs.2)
Flussuferläufer
Acitis hypoleucos
Feldlerche
Alauda arvensis
Spießente
Anas acuta
Löffelente
Anas clypeata
Krickente
Anas crecca
Stockente
Anas platyrhynchos
Knäkente
Anas querquedula
568
Schnatterente
Anas strepera
Kurzschnabelgans
Anser brachyrhynchus
Saatgans
Anser fabalis
Graureiher
Ardea cinerea
Tafelente
Aythya ferina
Ringelgans
Branta bernicla
Kanadagans
Branta canadensis
Schellente
Bucephala clangula
Seeregenpfeiffer
Charadrius alexandrinus
Sandregenpfeiffer
Charadrius hiaticula
Wachtel
Coturnix coturnix
Höckerschwan
Cygnus olor
Bläßhuhn
Fulica atra
Bekassine
Gallinago gallinago
Austernfischer
Haematopus ostralegus
Sturmmöwe
Larus argentatus
Silbermöwe
Larus canus
Heringsmöwe
Larus fuscus
Mantelmöwe
Larus marinus
Lachmöwe
Larus ridibundus
Rohrschwirl
Locustella luscinioides
Gänsesäger
Mergus merganser
Großer Brachvogel
Numenius arquata
Bartmeise
Panurus biarmicus
Haubentaucher
Podiceps cristatus
Braunkehlchen
Saxicola rubreta
Brandgans
Tadorna tadorna
Dunkelwasserläufer
Tringa erythropus
Grünschenkel
Tringa nebularia
Waldwasserläufer
Tringa ochropus
569
(3) Zur Sicherung des Überlebens und der Vermehrung der in Absatz
2 genannten Vogelarten und zur Gewährleistung eines den Habitatansprüchen der in Absatz 2 genannten Vogelarten entsprechenden
Landschaftsraums ist im Gesamtgebiet insbesondere erforderlich:
1. der Erhalt des offenen Deichvorlandes mit freien Sichtverhältnissen,
2. der Erhalt des Grünlandes
3. die Förderung extensiver Grünlandbewirtschaftung,
4. der Erhalt und die Förderung beruhigter Brut-, Rast- und Nahrungsräume, sowie der Schlafplätze,
5. der Erhalt und die Förderung von Flachwasserbereichen und
Schlammflächen
6. der Erhalt und die Entwicklung strukturreicher halboffener Grünland- und Brachekomplexe im Deichvorland mit breiten Säumen
und begleitenden Hochstaudenfluren
7. Erhalt von Flugkorridoren zwischen Nahrungsflächen und Schlafgewässern und zu benachbarten Vogelschutzgebieten
8. Erhalt und Wiederherstellung strukturreicher Grabensysteme mit
Röhrichtanteilen
9. Erhalt bzw. Wiederherstellung von großflächigen Röhrichten, Verlandungszonen, aber auch kleinflächigeren Feuchtbiotopen mit
Röhrichtbeständen
10. Jagdruhe sowie Schutz vor Vergrämungsmaßnahmen
11. der Erhalt und die Förderung einer natürlichen Gewässerdynamik
in Teilbereichen des Deichvorlandes,
12. Erhalt und Entwicklung natürlicher Strukturen und Förderung der
Eigendynamik in Teilbereichen des Deichvorlandes,
(4) Die Umsetzung der im Absatz 3 aufgeführten Erhaltungsziele dient
auch der Erhaltung und Förderung weiterer im Gebiet vorkommender
Brut- und Gastvogelarten und soll insbesondere durch die Verbesserung der derzeitigen Situation im Rahmen von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen erfolgen.“
570
Gemäß § 6 Abs. 2 der oben genannten Verordnung besteht eine Freistellung
von den naturchutzrechtlichen Verboten für Projekte, die einer behördlichen
Entscheidung bedürfen und sich im Rahmen einer Prüfung nach § 34 Abs.1
BNatSchG als mit den Schutzzwecken dieser Verordnung vereinbar erweisen. Diese Voraussetzungen erfüllt das planfestgestellte Vorhaben aus nachfolgend dargestellten Erwägungen.
a)Auswirkungen des Vorhabens
-
baubedingte Auswirkungen
Die Auswirkungen des Vorhabens, die bis in das Schutzgebiet hineinwirken
könnten, bestehen während der Bauphase in der optischen Wahrnehmbarkeit bzw. in stofflichen und akustischen Immissionen durch den Betrieb von
Maschinen und technischen Geräten.
Wasserbauarbeiten:
Der Lärmpegel, der durch die Baggerschiffe verursacht wird, beträgt im
Maßnahmebereich Jann-Berghaus-Brücke ausweislich des schalltechnischen Gutachtens der Ingenieurgesellschaft ZECH vom 14.12.2006 an der
Uferkante des Deichvorlandes maximal 55 dB(A). Für den Maßnahmebereich
Emden wurden maximal 45 dB (A) prognostiziert.
Die Arbeiten zur erstmaligen Herstellung der angepassten Fahrwasserbereiche sind in der Zeit vom 1. April bis 15. Juni untersagt (Anordnung A.II.5.1).
Unter Berücksichtigung dieser Anordnung werden die Auswirkungen vermindert.
Umbau der Jann-Berghaus-Brücke:
Mit Schreiben vom 10.10.2008 hat der Landkreis Leer als Träger des Vorhabens für den Umbau der Brücke zu den bis dahin durchgeführten Arbeiten an
der Brücke Stellung genommen. Der Stellungnahme ist zu entnehmen, dass
die Spundwände mit einem Hochfrequenzrüttler eingebracht wurden. Für die
Bauwerkspfähle ist ein Mischverfahren zum Einsatz gekommen. Die Pfähle
sind bis zum Wasserspiegel mit einem Hochfrequenzrüttler eingebracht wor-
571
den. Unter Wasser wurde mit einer Dieselramme gearbeitet. Eine Freifallramme wurde nicht eingesetzt.
Die Arbeiten mit einem Hochfrequenzrüttler, die zum Umbau der JannBerghaus-Brücke erforderlich waren und inzwischen abgeschlossen sind,
verursachten in einer Entfernung von ca. 300 m von dem zu errichtenden
Pfeiler maximale Schallpegel von 64 dB(A), in einer Entfernung von etwa
500 m noch 55 dB(A) (Gutachten der Ingenieurgesellschaft ZECH vom
20.12.2006).
Zur Verminderung von Auswirkungen auf die Fauna ist seitens der Planfeststellungsbehörde festgesetzt, dass vom 14.04. bis 15.06. folgende Maßnahmen ausgeschlossen sind: Drucksondierung, Gründung, Pfahlrammung,
Baugrubenherstellung, Versetzen der Dalben. Weiterhin ist festgelegt, dass
die Baustelleneinrichtungsfläche für die Jann-Berghaus-Brücke außerhalb
der Brut- und Setzzeiten, vor dem 01.04. anzulegen ist.
Die vorstehend genannten Arbeiten waren grundsätzlich geeignet, Störungen
und Fluchtreaktionen auszulösen. Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Anordnung A.II. 5.2 wurden die Auswirkungen jedoch vermindert.
Der weitere baubedingte Verkehrslärm unterschied sich nicht wesentlich von
den bestehenden Lärmvorbelastungen durch den Straßen- und Schiffsverkehr. Da die Brücke zu Zeiten der Hauptbautätigkeiten an der Brücke für den
Durchgangsverkehr gesperrt war, kam es nicht zu wesentlichen Zusatzbelastungen durch den Baustellenverkehr. Vielmehr ersetzte der Baustellenverkehr den Durchgangsverkehr auf der Brücke.
-
anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen
Anlage- und betriebsbedingt wird es durch die umgebaute Brücke zu keinen relevanten Auswirkungen auf das Gebiet kommen. Die konstruktiven
Veränderungen der Brücke werden für die Avifauna nicht relevant sein, da
sich die optische Wirkung der Brücke nur geringfügig verändert. Die Widmung der Brücke für den Verkehr wurde durch den Umbau nicht verändert,
572
da der Grund für den Umbau nicht in geänderten Anforderungen des Straßenverkehrs liegt.
Durch die wasserbaulichen Maßnahmen sind ebenso keine relevanten anlagebedingten Auswirkungen auf das Schutzgebiet zu erwarten. Die
Schiffsgefäße, die durch die Umsetzung der Maßnahmen auf der Ems verkehren können, werden größer. Sie rücken jedoch im Bereich Leerort durch
die Verlegung der Fahrrinne in Richtung des östlichen Ufers in weitere Entfernung von dem auf der westlichen Emsseite gelegenen hier betrachtungsrelevanten Teilstücks des Schutzgebietes. Störwirkungen sind daher nicht zu
erwarten. Im Maßnahmebereich Emden werden die größeren Schiffe in der
bereits vorhandenen Fahrrinne verkehren.
Weiterhin können aufgrund der durch die BAW prognostizierten sehr geringfügigen Veränderungen des Tidenhubs von bis zu 2 cm Auswirkungen auf
Brut- und Nahrungshabitate der wertgebenden Vogelarten seitens der Fachgutachter ausgeschlossen werden (vgl. FFH – VS S.201). Das Vorhaben
bewirkt keine Veränderung des Überflutungsrisikos der Flächen des EUVogelschutzgebietes „Emsmarsch von Leer bis Emden“. Die kleinflächige
Veränderung von Eulitoral- und Sublitoralbereichen in der Wasserwechselzone bewirken keine deutlich Veränderung von Brut- , Nehrungs- und Rastbereichen, so dass nennenswerte Auswirkungen nicht zu prognostizieren
sind, zumal sich die Tidenhubveränderungen hauptsächlich an der Steinschützung abzeichnen werden, die für die wertgebenden Arten nicht relevant
ist.
In Bezug auf die betriebsbedingten Auswirkungen des Vorhabens, die
sich hinsichtlich der wasserbaulichen Maßnahmen in der Unterhaltung der
durch diesen Beschluss genehmigten neuen Topografie darstellen, kann auf
die baubedingten Auswirkungen verwiesen werden.
b)Bewertung der Verträglichkeit
Nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL ist die Verträglichkeit des Vorhabens mit den für
dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu prüfen. Gemäß nationaler
573
Umsetzung (§ 34 Abs. 2 BNatSchG) ist zu untersuchen, ob die planfestgestellten Maßnahmen zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Gebietes von
gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen
Bestandteilen führen können. Beeinträchtigung bedeutet in diesem Zusammenhang eine negative Veränderung des Gebietes, gemessen an den Erhaltungszielen bzw. dem Schutzzweck. Bei Vogelschutzgebieten ist Maßstab ihr
Schutzzweck, d. h. die Erhaltung der jeweiligen Vogelarten und ihrer Lebensräume entsprechend den ökologischen Ansprüchen, so dass ihr Überleben
und ihre Vermehrung sichergestellt sind (Lorz/Müller/Stöckel, Komm. zum
Bundesnaturschutzgesetz § 34 Rn. 7, 9 und 10, teilw. mwN).
Hinsichtlich der aktuellen Rechtsprechung in Bezug auf den Bewertungsmaßstab wird auf die entsprechenden Ausführungen zu Beginn des Kapitels
FFH – Verträglichkeitsprüfung verwiesen.
In Bezug auf das EU-Vogelschutzgebiet „Emsmarsch von Leer bis Emden“
kann eine Beeinträchtigung der Schutz- und Erhaltungsziele nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde mit Sicherheit ausgeschlossen werden.
Die in dem Standarddatenbogen verzeichneten Brut- und Gastvogelarten
(siehe vorstehend abgedruckte Tabellen) bzw. deren Habitate und Standorte
sind als maßgebliche Bestandteile des Vogelschutzgebietes „Emsmarsch
von Leer bis Emden“ anzusehen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das
Avifaunistische Gutachten (Januar 2007) sowie auf die Pläne F.6.3 und F.6.1
der Planunterlage verwiesen.
In den Gebietsdaten zum Vogelschutzgebiet „Emsmarsch von Leer bis Emden“ ist der Erhaltungszustand der einzelnen Arten bewertet. Die wertgebenden Arten des Gebietes sind dabei mit B = günstig bewertet.
Für den Teil des EU-Vogelschutzgebietes, das als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde, ergeben sich die maßgeblichen Bestandteile aus dem oben
abgedruckten Schutzzweck der Verordnung (§ 4 der Verordnung).
574
aa) Bewertung der baubedingten Auswirkungen
Die Arbeiten, die zum Umbau der Jann-Berghaus-Brücke erforderlich waren, verursachten in einer Entfernung von ca. 300 m von dem zu errichtenden Pfeiler maximale Schallpegel von 64 dB(A), in einer Entfernung von etwa
500 m noch 55 dB(A) (Gutachten der Ingenieurgesellschaft ZECH vom
20.12.2006).
Der Lärmpegel, der durch die Baggerschiffe verursacht wird, beträgt im
Maßnahmebereich Jann-Berghaus-Brücke ausweislich des schalltechnischen Gutachtens der Ingenieurgesellschaft ZECH an der Uferkante des
Deichvorlandes maximal 55 dB(A). Dies ist der Bereich mit der maximalen
Schalleinwirkung.
Dieser Bereich ist in der nachfolgenden Abbildung als roter Kreis dargestellt.
575
Für den Maßnahmebereich Emden stellt sich die Situation folgendermaßen
dar:
Der Lärmpegel, der durch die Baggerschiffe verursacht wird, beträgt im
Maßnahmebereich Emden ausweislich des schalltechnischen Gutachtens
der Ingenieurgesellschaft ZECH an der Uferkante des Deichvorlandes maximal 45 dB(A). Dies ist der Bereich mit der maximalen Schalleinwirkung.
576
Dieser Bereich ist in der nachfolgenden Abbildung als roter Kreis dargestellt.
Abb. 1: Übersicht der durch die Baggerarbeiten ausgelösten Lärmauswirkungen im
Maßnahmenbereich Emden (unmaßstäblich, vgl. Materialband K.4, Zech,
2006a), der rote Kreis kennzeichnet den Bereich mit dem geringsten Abstand
zum EU-Vogelschutzgebiet „Emsmarsch von Leer bis Emden“ im Petkumer
Deichvorland.
aaa) Brutvögel
In den wasserbaulichen Maßnahmenbereichen und deren jeweiligen Einzugsbereichen (so genannte 500 m-Untersuchungskorridore) wurden Brutvogelbestandserhebungen durchgeführt (vgl. FFH – VS S.190 mN). Hierbei
wurden auch wertbestimmende Vogelarten in unterschiedlicher Individuenanzahl nachgewiesen, die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt werden.
Die 500 m-Untersuchungskorridore für die Maßnahmenbereiche Emden und
Jann-Berghaus-Brücke umfassen Teilbereiche von Vorlandflächen, die zum
EU-Vogelschutzgebiet gehören. Für den Maßnahmenbereich Emden sind
dies Teilflächen der Naturschutzgebiete Petkumer und Nendorper Deichvorland.
577
Brutvögel
Bestand 2007
Bestand 2006
Maßnahmenbereiche
Jann-Berghaus-Brücke
Emden
Graugans, Anser anser
1
4
avosetta
1
5
Kiebitz, Vanellus vanellus
10
14
Uferschnepfe, Limosa limosa
1
8
Rotschenkel, Tringa totanus
3
23
Blaukehlchen, Luscinia svecica
1
4
Säbelschnäbler, Recurvirostra
Schwellenwerte, die eine langfristige Schädigung des Gehörs der Vögel bewirken könnten, werden nach Aussage des Fachgutachters nicht erreicht. In
Bezug auf die Bewertung der unterhalb dieser Schwelle zu erwartenden Störungen ist zu berücksichtigen, dass die Vögel der Deichvorländer durch den
bestehenden Schiffsverkehr an diese Art der Störung gewöhnt sind. Dies gilt
für die visuellen Effekte ebenso wir für die akustischen.
In dem Bereich der Jann-Berghaus-Brücke rückt die Baggerstrecke im Vergleich zum genehmigten Zustand sogar um bis zu ca. 21 m Richtung Osten,
also in weitere Entfernung des genannten Uferbereiches (westliches Ufer).
Darüber hinaus verhindert die als Vermeidungsmaßnahme angeordnete
Bauausschlusszeit (1. April bis 15. Juni) negative Effekte während der störungssensiblen Brutzeit, so dass allenfalls unter Vorsorgegesichtspunkten
von einer zeitlich sehr begrenzten Minderung der Lebensraumeignung bzw.
einer sehr geringen Reduzierung der Brutvogeldichte auszugehen ist.
Im Maßnahmebereich Emden wird in der bereits vorhandenen Fahrrinne gebaggert. Die hierdurch verursachten Störungen werden durch die angeordnete Bauausschlusszeit vermindert. Darüber hinaus ist, wie bereits oben dargestellt wurde, von einer Gewöhnung der Vögel an Schiffe und deren Immissionen auszugehen.
578
Aufgrund dieser Bauausschlusszeit, die ebenso für den Umbau der Brücke
vom 14. April bis zum 15. Juni hinsichtlich der schallintensiven Arbeiten festgelegt wurde, sind die Störungen der Brutvögel durch den Umbau der JannBerghaus-Brücke ebenfalls als sehr gering anzusehen. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass die Baustelleneinrichtungsfläche vor
Beginn der Brutzeit angelegt wird, so dass sich im Nahbereich der Brücke
keine Vögel zum Brüten niederlassen werden.
Durch diese geringfügigen temporären Störungen (baubedingte Auswirkungen) ist nicht davon auszugehen, dass die Arten im Vergleich zur Ausgangssituation auf Dauer kein lebensfähiges Element des Lebensraumes mehr
bilden können. Aufgrund der Gewöhnung der Arten an die von dem Schiffsverkehr ausgehenden Immissionen und die Verminderungsmaßnahmen, die
in diesem Zusammenhang als schadensbegrenzende Maßnahmen qualifiziert werden können, ist vielmehr zu erwarten, dass der günstige Erhaltungszustand der Brutvogelarten trotz Durchführung Maßnahmen stabil bleibt, da
das Überleben und die Vermehrung der wertgebenden Vogelarten sichergestellt ist.
bbb) Rast- und Gastvögel
Auch in Bezug auf die Gastvögel ist durch die baubedingten Auswirkungen
keine Verschlechterung des günstigen Erhaltungszustandes zu erwarten.
Aufgrund der Vorbelastung des Gebietes und der damit verbundenen Gewöhnung ist nach gutachtlicher Aussage davon auszugehen, dass Fluchtbzw. Stressreaktionen durch die wasserbaulichen Maßnahmen ausbleiben
werden. Die Gastvögel der Deichvorländer sind an den Schiffsverkehr gewöhnt. Eine für die Ems aus dem Jahr 2005 von den Fachgutachtern für die
Erstellung der Unterlagen ausgewertete Schiffsverkehrsstatistik weist für die
Strecke von Emden bis Leer 11.184 Schiffe und für den Streckenabschnitt
von Leer bis Papenburg 9.904 jährlich aus, so dass nach Einschätzung der
Fachgutachter von einer Gewöhnung gesprochen werden kann. Dieser Einschätzung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an.
579
Für die Bewertung der durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke verursachten Störungen ist zu beachten, dass nach dem Avifaunistischen Gutachten „Maßnahmebereich der Jann-Berghaus-Brücke“ in einer Entfernung von
etwa 450 m zwei kleinere Rasttrupps von Pfeifenten erfasst wurden. Dieser
Bereich hat für Gastvögel jedoch keine hohe Wertigkeit. Ergänzende Rastvogelerfassungen im Frühjahr und Sommer 2007 bestätigen die geringe Bedeutung der Bereiche in einer Entfernung bis zu 900 m um die Brücke. In
diesem Bereich konnten zudem zu keinem Zeitpunkt der Erfassungen 2006
und 2007 Rastbestände wertgebender Arten des Anhangs I der EUVogelschutzricht-linie wie nordische Gänse, Schwäne oder Goldregenpfeifer
beobachtet werden.
Regelmäßige, größere Rastansammlungen wurden erst in Entfernungen von
etwa 900 m von der Baumaßnahme registriert. In dieser Entfernung kann von
Lärmpegeln deutlich unter 45 dB(A) ausgegangen werden. Die Fachgutachter führen in einer ergänzenden Stellungnahme aus, dass nach KOLLAR,
H.P. & G. BIERINGER (Auswirkungen von Straßenlärm auf Vögel, Ergebnisse eines Sachverständigen-Workshops 23./24.10. 2006, Wien) selbst die 47
dB-Isophone als Grenzwert für alle Arten nicht haltbar sei, vielmehr sei nur
bei wenigen, sehr lärmempfindlichen Arten wie z. B. Wachtelkönig von diesem Wert auszugehen (vgl. auch Ganiel et al. 2009). Der Wachtelkönig gehört zu den wertgebenden Brutvogelarten des Vogelschutzgebietes. Hinsichtlich der Auswirkungen der Maßnahmen auf Brutvögel wird auf die oben dargestellten Erwägungen Bezug genommen. Störungen der wertgebenden
Rast- und Gastvögel sind nach den Ausführungen der Fachgutachter, die
sich auf die aktuelle Fachliteratur stützen, allenfalls als sehr gering einzuschätzen.
Weiterhin wird seitens der Fachgutachter darauf hingewiesen, dass gemäß
MIERWALD et al. (Auswirkungen von Straßenlärm auf Vögel, Ergebnisse
eines Sachverständigen-Workshops 23./24.10.2006, Wien) dem Einfluss von
Lärm für die Arten des Offenlandes wie rastenden Gänsen eine sehr viel geringere Bedeutung als anderen Störfaktoren zugemessen werden müsse.
580
Unabhängig von der konkreten Störwirkung (Lärm und visuelle Effekte) auf
die einzelnen Arten, die die Planfeststellungsbehörde insgesamt wegen des
Abstandes als sehr gering einschätzt, kann bereits aufgrund des temporären
Charakters der oben beschriebenen Wirkungen des Vorhabens auf die Rastund Gastvogelpopulation nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde
davon ausgegangen werden, dass diese Arten auch nach Umsetzung der
Maßnahmen noch ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraums,
dem sie angehören, bilden und langfristig bilden werden. Ihr als günstig bewerteter Erhaltungszustand wird sich durch das Vorhaben nicht verschlechtern, sondern stabil bleiben.
bb)
Bewertung der anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen
Durch die oben beschriebenen anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen
des Vorhabens sind keine relevanten Auswirkungen und damit keine Beeinträchtigungen des Schutzzwecks und des Erhaltungszustandes des Gebietes
zu erwarten.
Hinsichtlich der betriebsbedingten Wirkungen der wasserbaulichen Maßnahmen ist hierzu folgendes auszuführen:
Während der Bauphase würde der vom Baggerschiff im Maßnahmenbereich
Emden entstehende Lärmpegel max. 45 dB (A) betragen. Insbesondere der
Bereich des Naturschutzgebietes „Petkumer Deichvorland“, zu dem dieser
Bereich zählt, ist aus avifaunistischer Sicht von besonderer Bedeutung. Der
Lärmpegel ausgehend vom Baggerschiff im Maßnahmenbereich JannBerghaus-Brücke beträgt voraussichtlich max. 55 dB (A) an der Uferkante
des Deichvorlandes. Für die Unterhaltungsbaggerungen, die die betriebsbedingten Wirkungen darstellen, gelten diese Pegel als maximale Belastung, da
grundsätzlich weniger und kürzer gebaggert wird, als bei der Erstbaggerung.
Durch das Vorhaben werden keine direkten Störungen der Brutvögel bewirkt, die dazu führen könnten, dass der jährliche Bruterfolg nicht eintritt bzw.
die artinterne Kommunikation bei Singvögeln nicht stattfinden kann (vgl.
FFH-VS S.200). Schwellenwerte, die eine langfristige Schädigung des Ge-
581
hörs bewirken könnten, werden nach Aussage der Fachgutachter (vgl. FFHVS S.200) nicht erreicht.
Als einziger wertgebender Singvögel in diesem Gebiet, dessen Kommunikation durch den Lärmpegel des Baggerschiffes gestört werden könnte, ist das
Blaukehlchen zu nennen. In Anbetracht des nur geringen zusätzlichen
Schiffverkehrs sowie der überwiegenden Einhaltung des Grenzwertes, können negative Auswirkungen ausgeschlossen werden (vgl. FFH-VS S. 200).
Aufgrund bekannter Labordaten zur Wahrnehmung von Signalen in Störschall ist zu erwarten, dass bereits bei Störungsschallpegeln von 47 dB(A)
bei vielen Vogelarten eine Maskierung relevanter Information in Kommunikationssignale möglich ist (vgl. FFH-VS S.200mwN). PKW-Verkehr wird als ein
für Vögel kalkulierbares Risiko eingeschätzt. Vögel nehmen Straßenverkehrslärm überwiegend als einen einheitlichen Reiz wahr, dessen Konsequenz harmlos und die Störwirkung gering ist. So konnte man bei äsenden
Gänsen nur eine geringe Störwirkung nachweisen (vgl. FFH-VS S.200mwN).
An Schiffsbewegungen sind die Vögel der Vorländer durch den bestehenden
Schiffsverkehr gewöhnt. Eine für die Ems aus dem Jahr 2005 vorliegende
Schiffsverkehrsstatistik der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest weist
für die Strecke von Emden bis Leer 11.184 Schiffe (sämtliche Schiffstypen)
und für den Streckenabschnitt von Leer bis Papenburg 9.904 Schiffe (ebenfalls alle Typen) aus, so dass nach Aussage der Fachgutachter hier von einer
Gewöhnung („Habituation“) gesprochen werden kann (vgl. FFH-VS S.200).
Im „Petkumer Deichvorland“ tritt in Ufernähe ein Lärmpegel von etwa
45 dB (A) auf, der landeinwärts stark abnimmt (s.o.). Die kürzeste Entfernung
zwischen der Baggerstrecke und den nächst gelegenen terrestrischen Habitaten betragen an einer Stelle ca. 150 m. In mäßiger Entfernung vom Ufer
finden sich Einzelpaare für Kiebitz und Rotschenkel. Gemäß dem Schalltechnischen Gutachten von Zech (2006a) (vgl. Materialband K.4) treten im
direkten Uferbereich Immissionswerte von maximal 45 dB(A) auf, die im Bereich der erwähnten Brutplätze bis auf 35 dB(A) abnehmen. Derartig geringe
Lärmimmissionen haben auf die dort brütenden Vögel nach Aussage der
Fachgutachter keine Auswirkungen (vgl. FFH-VS S. 200). Dieser Auffassung
schließt sich die Planfeststellungsbehörde an. Die Baggerschiffe, die durch
582
die vorhabensbedingte Mehrbaggerung arbeiten werden, sind die Schiffe, die
bereits im Rahmen der bestehenden Genehmigungen Unterhaltungsbaggerungen durchführen. Die Vögel sind an diese Schiffe gewöhnt.
Im Deichvorlandsbereich gegenüber von Leerort liegt der Lärmpegel in direkter Ufernähe im Grenzbereich des Schwellenwertes (s.o.). In den übrigen
Deichvorlandbereichen kann ein Lärmpegel in Höhe des Schwellenwertes
prognostiziert werden.
Insbesondere geht aus Karte (F.6.3, Unterlage F) hervor, dass in diesem
Grenzbereich ein Brutpaar des Kiebitzes erfasst wurde. Der Kiebitz ist bei
der Wahl des Neststandortes flexibel, so dass er in den nächsten Jahren
nicht zwingend an derselben Stelle wieder brüten muss.
Es entstehen keine oder nur geringfügige Beeinträchtigungen der Schutzund Erhaltungsziele bzw. es kommt zu keiner Verschlechterung des Erhaltungszustands der wertgebenden Brutvogelarten des EU-Vogelschutzgebietes „Emsmarsch von Leer bis Emden“ während der betriebsbedingten
Baggertätigkeiten.
Der Lärmpegel dürfte nicht zu einer direkten Störung von Gastvögeln an
ihren Rastplätzen führen. Es wird davon ausgegangen, dass Flucht- bzw.
Stressreaktionen ausbleiben. Sollten kurzfristig auftretende Ortsverlagerungen eintreten, sind derartige Verhaltensmuster als natürlich und nicht als
Meidungseffekt zu betrachten. In Anbetracht der o. g. Schallpegel von maximal 45 dB (A) bzw. 55dB (A) sind Fluchtreaktionen auch unter dem Aspekt
der Gewöhnung nicht zu erwarten. Darüber hinaus haben sich die Vögel an
den permanenten Schiffsverkehr gewöhnt.
Negative Auswirkungen auf die Schutz- und Erhaltungsziele sowie eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der wertgebenden Gastvogelarten
des EU-Vogelschutzgebietes „Emsmarsch von Leer bis Emden“ während der
Baggertätigkeiten (bau- und betriebsbedingt) können ausgeschlossen werden. Zudem ergeben sich durch das Bauausschlussfenster während der
Bauphase zwischen dem 15. September und 30. November im Maßnahmenbereich Emden positive Synergieeffekte für die Gastvögel.
583
Wie bereits unter dem Punkt „Auswirkungen des Vorhabens“ dargestellt wurde, verursacht das Vorhaben weder unter dem Aspekt Umbau der Jann
Berghaus Brücke noch unter dem Aspekt der wasserbaulichen Maßnahmen
relevante anlagebedingte Wirkungen. Die Brücke wird in ihrer Gestalt und
Funktion nicht verändert. Die durch die BAW prognostizierten hydrologischen
und morphologischen Veränderungen sind so gering, dass negative anlagebedingte Auswirkungen der Schutz- und Erhaltungsziele des Gebietes für die
wertgebenden Brut- und Gastvogelarten ausgeschlossen werden können
(vgl. FFH VS S.201).
Diese Bewertung gilt auch für den Umstand, dass durch dieses Vorhaben
größere Schiffsgefäße die Ems passieren können, da die Vögel – wie bereits
dargestellt wurde – an Schifffahrt gewöhnt sind.
Das Ziel der Erhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes für die wertgebenden Rast- und Gastvögel sowie für die Brutvögel wird daher nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde durch das Vorhaben nicht nachteilig
berührt.
Durch die Ausweisung eines Teils des EU Vogelschutzgebietes als NSG
„Emsauen zwischen Ledamündung und Oldersum“ verändert sich das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung nach Aussage der Fachgutachter nicht.
Dies ergibt sich aus nachfolgenden Erwägungen:
Die wertbestimmenden Arten gemäß Anhang I der Vogelschutzrichtlinie werden um die Vogelart Rohrweihe (Circus aeruginosus) als Brutvogel ergänzt.
Auch unter Berücksichtigung der neu hinzugekommenen wertbestimmenden Vogelart, lassen sich keine maßnahmenbedingten erheblichen Beeinträchtigungen bzw. auf die Schutz- und Erhaltungsziele erkennen. Die in der FFH-Verträglichkeitsstudie z. T. für mehrere Vogelarten dargelegten Aussagen zu den maßnahmenbedingten Auswirkungen gelten auch für die Rohrweihe. Insgesamt werden keine maßgeblichen Bestandteile des EU-Vogelschutzgebiet „Emsmarsch von
584
Leer bis Emden“ in ihren Schutz- und Erhaltungszielen beeinträchtigt
bzw. der Erhaltungszustand von Vogelarten wird sich nicht verschlechtern. (Stellungnahme Diekmann & Mosebach – per E-Mail vom
18.3.2011).
Dieser Auffassung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an. Aus oben
angeführten Erwägungen ist auszuschließen, dass die Auswirkungen des
Vorhabens den in § 4 der NSG formulierten Schutzzweck tangieren. Die Erhaltung der besonderen Bedeutung des Deichvorlandes als Brutgebiet für
Vögel des Grünlandes, der Röhrichte, der Sukzessionsstrukturen und als
Rastgebiet für Limikolen, Schwäne, Gänse und Enten wird durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt. Der in § 4 Abs.2 S.2 als Voraussetzung formulierte
Erhalt, die Pflege und Entwicklung von strukturreichen, vielfältigen, grünlandgeprägten Flächen mit eingestreuten Flachwasser- Wasser- und Röhrichtflächen werden vorhabensbedingt ebenso nicht relevant verändert. Die anlagebedingten Auswirkungen der wasserbaulichen Maßnahmen werden aufgrund
ihrer Geringfügigkeit nicht zu Beeinträchtigungen der vorhandenen Strukturen führen. Aus diesem Grund werden auch die in Abs.3 des § 4 der NSG
formulierten Voraussetzungen an den Landschaftsraum nicht relevant verändert. Gemessen an dem in § 4 formulierten Schutzzweck des Gebietes
kommt es insofern vorhabensbedingt nicht zu einer negativen Veränderung
des Gebietes. Die planfestgestellten Maßnahmen führen nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebietes in seinem für den Schutzzweck
maßgeblichen Bestandteilen.
Für die Bereiche, die außerhalb des Naturschutzgebietes „Emsauen zwischen Ledamündung und Oldersum“ liegen, hat die Planfeststellungsbehörde
zusätzlich ergänzend die im Entwurf vorliegenden Erhaltungsziele für das
gemäß der EU-Vogelschutzrichtlinie gemeldete Gebiet V 10 „Emsmarsch von
Leer bis Emden“ EU-Kennziffer DE 2609-401 vom 24.07.2006 überprüft. Unter dieser Berücksichtigung ergibt sich – wie nachfolgend dargestellt - keine
andere Bewertung.
585
586
587
Die als Entwurf vorliegenden allgemeinen und speziellen Erhaltungsziele
werden durch das Vorhaben nicht unzulässig beeinträchtigt. Die Vorhabensbereiche befinden sich jeweils außerhalb des Schutzgebietes. Die betrachtungsrelevanten vorhabensbezogen Wirkfaktoren (Lärm, visuelle Scheucheffekte, Auswirkungen auf Brut- und Nahrungshabitate) führen aufgrund der
schadensbegrenzenden Maßnahmen (vgl. A. II. 5.1und 5.2) nicht zu erheblichen Auswirkungen auf die wertgebenden Arten. Relevante Veränderungen
des Lebensraums der geschützten Arten werden durch die Maßnahmen nicht
bewirkt. Der Landschaftscharakter wird ebenso vorhabensbedingt nicht verändert. Außerdem können Beeinträchtigungen von Flugbewegungen zwischen bedeutenden Rast- und Nahrungsflächen sowie Schlafgewässern der
wertbestimmenden Arten durch das Vorhaben ausgeschlossen werden. Diese Aussagen werden durch das Avifaunistische Gutachten „Maßnahmenbereich der Jann- Berghaus-Brücke“ (siehe Unterlage K.9) gestützt. Der
Schutzzweck des Vogelschutzgebietes, d. h. die Erhaltung der jeweiligen
Vogelarten und ihrer Lebensräume entsprechend den ökologischen Ansprüchen, so dass ihr Überleben und ihre Vermehrung sichergestellt sind, wird
durch das Vorhaben nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde nicht
nachteilig berührt. Im Übrigen wird auf die oben dargestellten Erwägungen
Bezug genommen.
Insgesamt ist daher durch das planfestgestellte Vorhaben nicht von einer
unzulässigen Beeinträchtigung des Gebietes im Sinne des § 34 BNatSchG
auszugehen. Diese Bewertung wird auch von der zuständigen Naturschutzbehörde und dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) geteilt (Stellungnahme
vom 07.06.2007).
Die Entscheidung hinsichtlich der Verträglichkeit des Vorhabens gilt auch für
die übrigen Teilbereiche des EU-Vogelschutzgebietes „Emsmarsch von Leer
bis Emden“ DE 2609-401, die jeweils in größerer Entfernung zu den von den
hiermit planfestgestellten Maßnahmen betroffenen Bereichen gelegen sind
und daher erst recht nicht unzulässig beeinträchtigt werden.
588
Kumulation
Es liegen keine weiteren Pläne und Projekte im Wirkraum dieses Gebietes,
die erst im Zusammenwirken mit dem genehmigten Vorhaben zu erheblichen
Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Schutz- und Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen werden.
589
3.1.2.1.2.5
EU-Vogelschutzgebiet „Emstal von Lathen bis Papenburg“
(DE2909-401) national (V16)
Das EU-Vogelschutzgebiet „Emstal von Lathen bis Papenburg“ ist charakterisiert als ein Flusstal mit naturnahen und ausgebauten Abschnitten sowie
Altwässern und Auenbereichen und angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen. Das Gebiet umfasst eine Fläche von 4.574 ha.
Das EU-Vogelschutzgebiet „Emstal von Lathen bis Papenburg“ befindet sich
in einem Abstand von mind. 700 m zum Maßnahmenbereich bei Papenburg.
Die übrigen Maßnahmenbereiche werden aufgrund der sehr großen Entfernungen in der FFH-VS seitens der Fachgutachter nicht weiter berücksichtigt.
Diese Vorgehensweise ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde schlüssig
und nachvollziehbar, da aufgrund der großen Entfernung vorhabensbedingte
Beeinträchtigungen des Gebietes durch die übrigen Baggerbereiche bzw.
den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke von vornherein auszuschließen sind.
Insofern unterliegt lediglich der Maßnahmebereich Papenburg (Fahrrinnenvertiefung von DEK-km 225,8 bis Ems-km 0,05 und -verlegung von Ems-km
0,3 bis Ems-km 1,3) einer weitergehenden Überprüfung.
•
Schutz- und Erhaltungsziele
Wie bereits oben erläutert wurde, stellt allein der günstige Erhaltungszustand
der geschützten Lebensraumtypen und Arten ein geeignetes Bewertungskriterium dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes sei
deshalb jeweils zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird (Urteil des
BVerwG vom 17. Januar 2007 Az.: 9 A 20.05, NuR 2007, 336, juris Rn. 42;
Leitfaden zur FFH-Verträglichkeitsprüfung an Bundeswasserstraßen, April
2008, S. 25). Stabilität bezeichnet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (Urteil des BVerwG vom 17. Januar 2007 (a. a. O.)) die
Fähigkeit nach einer Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Stabilität ist gegeben, wenn die maßgeblichen Rahmenbedingungen (z. B. Standortparameter) für die Funktion des Gebietes in Bezug auf
den Schutzzweck in vollem Umfang erhalten bleiben (Leitfaden, FFH-VP an
Bundeswasserstraßen S. 25, Fn. 46).
590
Das Vogelschutzgebiet ist national nicht einheitlich geschützt, so dass die
Planfeststellungsbehörde alle Schutz- und Erhaltungsziele, die für dieses
Gebiet erarbeitet wurden und für Teile des Gebietes im Wege einer Verordnung umgesetzt wurden, überprüft.
Standarddatenbogen
Aus nachstehend abgedruckten Tabellen ergeben sich die im Nds. MBl. Nr.
35/2002 S. 717 ff. für das EU-Vogelschutzgebiet DE 2609-401 aufgelisteten
wertbestimmenden Arten.
Brutvögel
Tab. 1:
Maßgebliche Bestandteile (hier Brutvögel) des EU-Vogelschutzgebietes
„Emstal von Lathen bis Papenburg“ gem. Anhang I und VSchRL Art. 4
Abs. 1 (Anhang I) und Abs. 2 der VSchRL
Art
Anzahl Brutpaare
Erhaltungszustand
Blaukehlchen
Luscinia svecica
38
B
Braunkehlchen
Saxicola rubetra
72
B
Großer Brachvogel
Numenius arquata
25
B
Kiebitz
Vanellus vanellus
67
B
Rotschenkel
Tringa totanus
37
B
Tüpfelsumpfhuhn
Porzana porzana
3
B
Uferschnepfe
Limosa limosa
30
B
Wachtelkönig
Crex crex
45
B
Wasserralle
Rallus aquaticus
17
B
Gastvögel
Tab. 2: Maßgebliche Bestandteile (hier Gastvögel) des EUVogelschutzgebietes „Emstal von Lathen bis Papenburg“ gem. Anhang I und VSchRL Art. 4 Abs. 1 (Anhang I) und Abs. 2 der VSchRL
Art
Max. Individuenzahlen
Erhaltungszustand
591
Art
Max. Individuenzahlen
Erhaltungszustand
Blässgans
Anser albifrons
26.020
B
Goldregenpfeifer
Pluvialis apricaria
3.408
B
Kampfläufer
Philomachus pugnax
151
B
Kiebitz
Vanellus vanellus
10.620
B
Krickente
Anas crecca
518
B
Pfeifente
Anas penelope
3720
B
Regenbrachvogel
Numenius phaeopus
102
B
Saatgans
Anser fabalis
6300
B
Singschwan
Cygnus cygnus
370
B
Zwergschwan
Cygnus columbianus
2240
B
Die wertgebenden Arten des EU-Vogelschutzgebietes „Emstal von Lathen
bis Papenburg“ sind hinsichtlich ihres Erhaltungszustandes ausnahmslos mit
B (= günstig) bewertet. Das für die FFH-Verträglichkeitsprüfung maßgebliche
Schutz- und Erhaltungsziel ist insoweit die Erhaltung dieses Zustandes. Daher ist zu prüfen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz
Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird.
NSG
Mit Verordnung über das Naturschutzgebiet (NSG) „Emsauen zwischen Herbrum und Vellage“ in den Gemeinden Westoverledigen, Jemgum, Moormerland und der Stadt Leer, Landkreis Leer vom 03.06.2008 sind ca. 867 ha des
Gebietes als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Dieses Naturschutzgebiet
(NSG) liegt in der naturräumlichen Einheit „Aschendorfer Emstal“.
Die Fläche ist in nachfolgender Karte dargestellt.
592
Der Schutzzweck für das NSG ergibt sich aus § 2 der Verordnung.
„…§ 2 Schutzgegenstand und Schutzzweck
(1) Das Naturschutzgebiet „Emsauen zwischen Herbrum und Vellage“
umfasst einen Ausschnitt des Niederungsgebietes der Ems.
Das Gebiet ist gegliedert in
- einen Bereich mit gesteuertem Tideeinfluss
die vorhandenen Verwallungen schließen die Tide aus und ermöglichen eine extensive Grünlandbewirtschaftung. Weitere Flächen bleiben nach Aufgabe der Nutzung ihrer eigenen Dynamik überlassen. Mit
Hochstaudenbeständen und Röhrichten sowie größeren Weidengebüschen sind unterschiedliche Sukzessionsstadien vorhanden. Kleinflä-
593
chig sind Auwaldreste, Aufforstungen mit standortgerechten heimischen Gehölzen sowie Kleingewässer enthalten.
- einen Bereich mit freiem Tideeinfluss
unter dem Einfluss der Tide ist eine landwirtschaftliche Nutzung nur
eingeschränkt möglich. Bis auf kleine Teilflächen unterliegen die tidebeeinflussten Bereiche der Sukzession und sind in ihrer Dynamik
durch vielfältige Vegetationsstrukturen gekennzeichnet.
Die Ems ist als Bundeswasserstraße ausgebaut und verläuft in gleichförmigem Profil. Eingeschlossen ist auch das keiner Nutzung mehr unterliegende und durch den Einfluss der Tide geprägte ehemalige NSG
„Emsaltwasser Vellage“.
(2) Allgemeiner Schutzzweck für das NSG ist die Erhaltung, Pflege
und naturnahe Entwicklung der Deichvorländer zwischen Herbrum und
Papenburg sowie der Ems als Lebensstätte schutzbedürftiger Tierund Pflanzenarten und deren Lebensgemeinschaften sowie als Landschaft von Seltenheit, besonderer Eigenart, Vielfalt und herausragender Schönheit.
(3) Die Erklärung zum NSG bezweckt die Erhaltung und Förderung
insbesondere
1. eines ökologisch durchgängigen Flusslaufs als (Teil-) Lebensraum
wandernder Fischarten und mit Eignung für die Wiederansiedlung
von Fischotter und Biber.
2. von eutrophen Altwässern und sonstigen Stillgewässern.
3. von Feuchtgrünland, Übergänge zu mesophilem Grünland, Röhrichten und Seggenriedern.
4. naturnaher Waldkomplexe wie Weiden-, Erlen-, Eschen-und Eichen-Auwälder.
(4) Die Teile des NSG gemäß § 1 Abs. 4 gehören zum Europäischen
Ökologischen Netz „Natura 2000“; die Unterschutzstellung dient der
594
Erhaltung des Gebietes als Europäisches Vogelschutzgebiet nach der
Richtlinie 79/409/EWG (Vogelschutzrichtlinie) des Rates vom 2.4.1979
über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. EG Nr. L 103 S.
1) und der Erhaltung des Gebietes als Gebiet von gemeinschaftlicher
Bedeutung nach der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) des Rates
vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der
wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. EG Nr. L 206 S. 7).
(5) Besonderer Schutzzweck (Erhaltungsziele) für das NSG im Europäischen Vogelschutzgebiet ist die Erhaltung oder Wiederherstellung
eines günstigen Zustandes des Europäischen Vogelschutzgebietes
durch
1. den Schutz und die Entwicklung insbesondere der Lebensräume
der wertbestimmenden Vogelarten durch
a) den Erhalt der offenen Landschaft mit freien Sichtverhältnissen,
b) die Sicherung und den Erhalt großräumig beruhigter Brut-,
Rast- und Nahrungsräume,
c) den Erhalt und die Förderung einer natürlichen Fließgewässerdynamik mit Hochwässern und Überschwemmungen,
d) Erhalt und Entwicklung von Feuchtgrünland, in denen Bodenbrüter gefördert werden sollen,
e) die Entwicklung und Förderung einer halboffenen, naturnahen
Niederung mit Feuchtgebüschen, Auwald und Röhrichten,
2. die Erhaltung und Förderung eines langfristig überlebensfähigen
Bestandes insbesondere der wertbestimmenden Anhang I-Arten
(Art. 4 Abs. 1 Vogelschutzrichtlinie)
[*Arten, die in den Bereichen mit gesteuertem Tideeinfluss besonders geschützt werden]
a) Tüpfelsumpfhuhn (Porzana porzana) -als Brutvogel wertbestimmend
595
-
Erhalt und Wiederherrichtung von Feuchtgebieten mit oberflächennahem Wasserstand und lockerer bis dichter Vegetation (Röhrichte und Großseggenrieder)
-
Erhalt und Wiederherstellung von Feuchtwiesen und Naßbrachen
-
Erhalt von ungestörten Brut-und Rufplätzen an geeigneten
Gewässern
-
Gewährleistung stabiler, hoher Wasserstände während der
gesamten Brutzeit
b) Wachtelkönig (Crex crex)* -als Brutvogel wertbestimmend
-
Erhaltung und Entwicklung ausreichend großer, strukturreicher halboffener Grünland-und Brachekomplexe in der Kulturlandschaft mit breiten Säumen, Gehölzstrukturen und begleitenden Hochstaudenfluren
-
Erhaltung und Entwicklung eines oberflächennahen Wasserstandes bis ins späte Frühjahr
-
Erhaltung und Entwicklung ausreichend hoher Vegetation
lichter Ausprägung, die ausreichend Deckung bereits bei
der Ankunft als auch noch bei der späten Mauser bietet
-
Erhaltung und Entwicklung eines Nutzungsmosaiks aus aneinandergrenzenden deckungsreichen Strukturen und extensiv genutzten Mähwiesen mit zeitlich versetzter Mahd
-
Erhaltung und Entwicklung spät gemähter Bereiche um die
Brut-/Rufplätze; dort langsame Mahd nicht vor August von
innen nach außen
-
Erhaltung und Entwicklung beruhigter Bruthabitate
c) Blaukehlchen (Luscinia svecica) -als Brutvogel wertbestimmend
-
Erhaltung bzw. Neuschaffung primärer, natürlicher Lebensräume an Gewässern und in strukturreichen GrünlandGrabenkomplexen
-
Unterhaltungsmaßnahmen an den Grabensystemen unter
Berücksichtigung der Habitatansprüche der Art
-
Erhaltung und Entwicklung beruhigter Bruthabitate
596
-
Erhalt und Wiederherstellung strukturreicher Grabensysteme mit Röhrichtanteilen
d) Zwergschwan (Cygnus columbianus bewickii) -als Gastvogel
wertbestimmend
-
Erhalt von geeigneten naturnahen und störungsarmen Nahrungsflächen für rastende und überwinternde Vögel; insbesondere feuchtes Grünland und Überschwemmungsflächen
-
Sicherung von beruhigten Schlafgewässern im Umfeld der
Nahrungsgebiete
-
Erhalt und Entwicklung offener Flugkorridore zwischen Nahrungsflächen und Schlafgewässern sowie zu benachbarten
Vogelschutzgebieten
e) Singschwan (Cygnus cygnus) -als Gastvogel wertbestimmend
-
Erhalt großräumiger, offener Landschaften mit freien Sichtverhältnissen
-
Erhalt von geeigneten naturnahen, beruhigten Nahrungsflächen für rastende und überwinternde Vögel insbesondere
feuchtes Grünland und Überschwemmungsflächen
-
Sicherung von störungsfreien Schlafgewässern im Umfeld
der Nahrungsgebiete
-
Erhalt und Entwicklung offener Flugkorridore zwischen Nahrungsflächen und Schlafgewässern sowie zu benachbarten
Vogelschutzgebieten
f) Goldregenpfeifer (Pluvialis apricaria) – als Gastvogel wertbestimmend
-
Erhalt von feuchten Grünlandflächen
-
Erhalt der offenen Kulturlandschaften
-
Erhalt der unzerschnittenen, großräumig offenen Grünlandkomplexe mit freien Sichtverhältnissen
g) Kampfläufer (Philomachus pugnax) -als Gastvogel wertbestimmend
-
Erhalt von feuchten Grünlandflächen
597
-
Erhalt von offenen Grünlandlräumen mit freien Sichtverhältnissen und Überschwemmungsbereichen
-
Erhalt von Feuchtgebieten mit Flachwasserzonen
3. die Erhaltung und Förderung eines langfristig überlebensfähigen
Bestandes insbesondere der wertbestimmenden Zugvogelarten
(Art. 4 Abs. 2 Vogelschutzrichtlinie)
[*Arten, die in den Bereichen mit gesteuertem Tideeinfluß besonders geschützt werden]
a) Wasserralle (Rallus aquaticus) – als Brutvogel wertbestimmend
-
Erhalt und Wiederherrichtung von großflächigen Röhrichten
und Großseggenriedern in Feuchtgebieten mit oberflächennahem Wasserstand
-
Erhalt auch von kleineren Röhrichten an Fließgewässern
und in Erlen-/ Weidenbruchwäldern (mindestens 200 m²)
und Feuchtwiesen
-
Erhalt von ungestörten Brut-und Rufplätzen an geeigneten
Gewässern
-
Gewährleistung stabiler, hoher Wasserstände während der
gesamten Brutzeit
b) Kiebitz (Vanellus vanellus)*– als Brut-und Gastvogel wertbestimmend
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von feuchten Grünlandflächen
-
Erhalt des weiten, offenen Landschaftscharakters mit freien
Sichtverhältnissen
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von kleinen offenen Wasserflächen (Blänken, Mulden etc.)
-
Entwicklung eines Nutzungskonzeptes (Mosaik aus Wiesenund Weidenutzung)
-
Schaffung nahrungsreicher Flächen; Förderung von Maßnahmen zur Erhöhung des Nahrungsangebotes
598
-
Sicherung und Beruhigung der Bruten (ggf. Gelegeschutz)
c) Uferschnepfe (Limosa limosa)*– als Brutvogel wertbestimmend
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von feuchten Grünlandflächen und Flußniederungen
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von kleinen offenen Wasserflächen (Blänken, Mulden, flache Grabenufer etc.) im Grünland
-
Sicherung extensiver Flächenbewirtschaftung (Grünlandnutzung)
-
Sicherung von beruhigten Bruthabitaten
-
Erhalt und Wiederherstellung nahrungsreicher Habitate
-
Sicherung der Brutvorkommen (ggf. Gelegeschutz)
d) Großer Brachvogel (Numenius arquata)*– als Brutvogel wertbestimmend
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von feuchten Grünlandflächen (extensive Bewirtschaftung) und Flußniederungen
-
Sicherung von beruhigten Bruthabitaten und Schlafplätzen
-
Sicherung der Brutvorkommen in von der Art besiedelten
Gebieten (ggf. Gelegeschutz)
e) Rotschenkel (Tringa totanus)*– als Brutvogel wertbestimmend
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von feuchten Grünlandflächen
-
Wiedervernässung von Feuchtgebieten
-
Extensive Flächenbewirtschaftung (extensive Grünlandnutzung)
-
Sicherung von beruhigten Bruthabitaten
-
Erhalt und Wiederherstellung nahrungsreicher Habitate
-
Erhalt und Wiederherstellung von kleinen offnen Wasserflächen (Blänken, Mulden)
f) Braunkehlchen (Saxicola rubetra)*– als Brutvogel wertbestimmend
-
Erhalt extensiv genutzten Grünlandes
599
-
Erhöhung der Wasserstände in Grünlandgebieten
-
Erhalt bzw. Entwicklung von saumartigen Ruderal-und
Brachstrukturen in Auen
-
Strukturanreicherung im Grünland u. a. durch blüten-und insektenreiche Randstreifen
-
Schaffung von Grünland-Brachflächen mit reichhaltigem
Nahrungsangebot
-
Erhalt und Förderung nahrungsreicher Habitate mit vielfältigem Blüh-Horizont
-
Entwicklung spät gemähter Säume und Wegränder
g) Saatgans (Anser fabalis) – als Gastvogel wertbestimmend
-
Erhalt großräumiger, offener Landschaften mit freien Sichtverhältnissen
-
Erhalt der geeigneten beruhigten Nahrungsflächen für rastende und überwinternde Vögel
-
Sicherung von beruhigten Schlafgewässern im Umfeld der
Nahrungsgebiete, auch außerhalb von EU-Vogelschutzgebieten
h) Blässgans (Anser albifrons) – als Gastvogel wertbestimmend
-
Erhalt von geeigneten naturnahen Nahrungsflächen für rastende und überwinternde Vögel; insbesondere feuchtes
Grünland mit hohen Wasserständen während der Rastzeit
und Überschwemmungsflächen außendeichs
-
Erhalt unzerschnittener, großräumiger, offener Landschaften mit freien Sichtverhältnissen
-
Sicherung von beruhigten Schlafgewässern im Umfeld der
Nahrungsgebiete
i) Pfeifente (Anas penelope) – als Gastvogel wertbestimmend
-
Erhalt von großflächig beruhigten Rast-und Nahrungsflächen
-
Erhalt der Nahrungshabitate in den Flussästuaren, Niederungen (v.a. Feuchtgrünland) und an Seen
600
-
Freihaltung der Lebensräume einschließlich der Verbindungskorridore zwischen Rast-und Nahrungshabitaten
j) Krickente (Anas crecca) – als Brutvogel wertbestimmend
-
Renaturierung der Flussaue
-
Erhalt von flachen, eutrophen Stillgewässern und Feuchtwiesen
-
Erhalt und Entwicklung beruhigter Bereiche als Rast-und
Nahrungsraum
k) Regenbrachvogel (Numenius phaeopus) – als Gastvogel wertbestimmend
-
Erhalt und Entwicklung von beruhigten nahrungsreichen
Flächen
-
Erhalt von ungestörten Ruhe- und Schlafplätzen, außenund binnendeichs
-
Erhalt freier Sichtverhältnisse im Bereich der Rast- und
Nahrungsflächen
-
Erhalt und Entwicklung von Feuchtgrünland
4. Die Umsetzung dieser Ziele dient auch der Erhaltung und Förderung weiterer im Gebiet vorkommender Brut-und Gastvogelarten.
…“
•
Auswirkungen des Vorhabens
Die Auswirkungen des Vorhabens, die aus oben dargelegten Erwägungen
nur hinsichtlich des Maßnahmebereichs Papenburg zu prüfen sind, werden
durch die Baggerarbeiten zur erstmaligen Herstellung der planfestgestellten
Tiefe, sowie für deren bedarfsgerechte Unterhaltung entstehen.
Aufgrund der Entfernung von mindestens 700 m zum Maßnahmebereich und
damit zum Baggerschiff als Lärmquelle werden im Bereich des Vogelschutzgebietes nur noch geringe Schallimmissionen auftreten. Fluchtreaktionen o.ä.
sind hierdurch nicht zu erwarten.
601
-
Bewertung der Verträglichkeit
Die Wirkung durch die Lärmimmissionen wird daher keinerlei Auswirkungen
auf die Brut- und Gastvogelfauna haben (vgl. FFH – VS S.211). Relevante
baubedingte Auswirkungen sind demzufolge auszuschließen.
Die Auswirkungen durch die Folgebaggerungen, die als betriebsbedingte
Auswirkungen zu qualifizieren sind, sind aufgrund der geringeren Baggermenge und der damit einhergehenden verminderten Baggerschiffbewegungen als schwächer anzusehen. Eine Beeinträchtigung der maßgeblichen Bestandteile (wertbestimmende Brut- und Gastvogelarten) wird daher auch für
die betriebsbedingten Auswirkungen ausgeschlossen.
Wie bereits dargestellt wurde, verursacht das Vorhaben keine relevanten
anlagebedingte Wirkungen. Die durch die BAW prognostizierten hydrologischen und morphologischen Veränderungen sind so gering, dass negative
anlagebedingte Auswirkungen der Schutz- und Erhaltungsziele des Gebietes
für die wertgebenden Brut- und Gastvogelarten ausgeschlossen werden
können (vgl. FFH VS S.211f.).
Demzufolge ist nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde als sicher
anzusehen, dass die wertgebenden Arten auch nach Umsetzung der Maßnahmen noch ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraums, dem
sie angehören, bilden und langfristig bilden werden. Ihr als günstig bewerteter Erhaltungszustand wird sich durch das Vorhaben nicht verschlechtern,
sondern stabil bleiben.
Negative anlagebedingte Auswirkungen der Schutz- und Erhaltungsziele
bzw. dem Erhaltungszustand können daher für die wertgebenden Brut- und
Gastvogelarten ausgeschlossen werden.
Diese Bewertung gilt auch für den Umstand, dass durch dieses Vorhaben
größere Schiffsgefäße die Ems passieren können, da die Vögel – wie bereits
dargestellt wurde – an Schifffahrt gewöhnt sind.
602
Zusammenfassend ist festzustellen, dass durch das Vorhaben keine maßgeblichen Bestandteile des EU-Vogelschutzgebietes „Emstal von Lathen bis
Papenburg“ in ihren Schutz- und Erhaltungszielen beeinträchtigt werden bzw.
sich der Erhaltungszustand keiner der einzelnen maßgeblichen Bestandteile
verschlechtert.
Das für dieses Gebiet maßgebliche Schutz- und Erhaltungsziel, die Erhaltung
des günstigen Zustandes der einzelnen wertgebenden Arten – wird vorhabensbedingt aus oben angeführten Erwägungen nicht berührt. Nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde ist sicher, dass der günstige Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird.
Damit besteht eine FFH-Verträglichkeit in Bezug auf das EU-Vogelschutzgebiet „Emstal von Lathen bis Papenburg“.
NSG „Emsauen zwischen Herbrum und Vellage“
Nach Aussage der Fachgutachter ergibt sich durch die Ausweisung eines
Teiles des EU Vogelschutzgebietes als NSG keine andere Bewertung (Stellungnahme Diekmann & Mosebach – per E-Mail vom 18.03.2011). Dieser
Einschätzung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an:
Aus oben angeführten Erwägungen ist auszuschließen, dass die Auswirkungen des Vorhabens den in § 2 der NSG formulierten Allgemeinen und Besonderen Schutzzweck tangieren.
Die Erhaltung, Pflege und naturnahe Entwicklung der Deichvorländer
zwischen Herbrum und Papenburg sowie der Ems als Lebensstätte
schutzbedürftiger Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensgemeinschaften sowie als Landschaft von Seltenheit, besonderer Eigenart,
Vielfalt und herausragender Schönheit werden durch das das Vorhaben nicht beeinträchtigt. Dies gilt auch für den für die einzelnen Vogelarten festgelegten besonderen Schutzzweck des Gebietes.
Die bau- und betriebsbedingten Wirkungen des Vorhabens werden sich aufgrund des Abstandes zum Schutzgebiet nicht relevant auf die Avifauna aus-
603
wirken. Die anlagebedingten Auswirkungen der wasserbaulichen Maßnahmen werden aufgrund ihrer Geringfügigkeit nicht zu Beeinträchtigungen der
vorhandenen Strukturen führen. Gemessen an dem in § 2 formulierten
Schutzzweck des Gebietes kommt es insofern vorhabensbedingt nicht zu
einer negativen Veränderung des Gebietes. Die planfestgestellten Maßnahmen führen nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebietes in seinem für den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen.
Für die Bereiche, die außerhalb des Naturschutzgebietes „Emsauen zwischen Herbrum und Vellage“ liegen, hat die Planfeststellungsbehörde zusätzlich ergänzend die im Entwurf vorliegenden Erhaltungsziele für das gemäß
der EU-Vogelschutzrichtlinie gemeldete Gebiet V 16 „Emstal von Lathen bis
Papenburg“ EU-Kennziffer DE 2909-401 überprüft. Unter dieser Berücksichtigung ergibt sich – wie nachfolgend dargestellt - keine andere Bewertung.
604
Allgemeine Erhaltungsziele
•
ERHALT DER GROßRÄUMIG OFFENEN LANDSCHAFT MIT FREIEN
SICHTVERHÄLTNISSEN.
•
SICHERUNG UND ERHALT GROßRÄUMIG BERUHIGTER BRUT-,
RAST- UND NAHRUNGSRÄUME.
•
ERHALT UND FÖRDERUNG EINER NATÜRLICHEN FLIEßGEWÄSSERDYNAMIK MIT REGELMÄßIGEN HOCHWÄSSERN UND ÜBERSCHWEMMUNGEN.
•
ERHALT UND ENTWICKLUNG VON FEUCHTGRÜNLAND (IN TEILBEREICHEN).
•
ENTWICKLUNG UND FÖRDERUNG EINER HALBOFFENEN NATURNAHEN NIEDERUNG MIT FEUCHTGEBÜSCHEN, RÖHRICHTEN ETC.
UNTER BEIBEHALTUNG DES DERZEITIGEN RELIEFS.
Spezielle Erhaltungsziele
•
TÜPFELSUMPFHUHN (PORZANA PORZANA) ALS WERTBESTIMMENDE BRUTVOGELART
-
Erhalt und Wiederherrichtung von Feuchtgebieten mit oberflächennahem Wasserstand und lockerer bis dichter Vegetation (Röhrichte und
Großseggenrieder).
-
Erhalt und Wiederherstellung von Feuchtwiesen, feuchten Flussniederungen und Nassbrachen.
-
Erhalt von ungestörten Brut- und Rufplätzen an geeigneten Gewässern.
-
Gewährleistung stabiler, hoher Wasserstände während der gesamten
Brutzeit.
•
WACHTELKÖNIG (CREX CREX) ALS WERTBESTIMMENDE BRUTVOGELART
-
Erhaltung und Entwicklung ausreichend großer, strukturreicher halboffener Grünland- und Brachekomplexe in der Kulturlandschaft mit breiten Säumen, Gehölzstrukturen und begleitenden Hochstaudenfluren.
605
-
Erhaltung und Entwicklung eines oberflächennahen Wasserstandes
bis ins späte Frühjahr.
-
Erhaltung und Entwicklung ausreichend hoher Vegetation lichter Ausprägung, die ausreichend Deckung bereits bei der Ankunft als auch
noch bei der späten Mauser bietet.
-
Erhaltung und Entwicklung eines Nutzungsmosaiks aus aneinandergrenzenden deckungsreichen Strukturen und extensiv genutzten
Mähwiesen mit zeitlich versetzter Mahd.
-
Erhaltung und Entwicklung spät gemähter Bereiche um die Brut/Rufplätze; dort langsame Mahd nicht vor August von innen nach außen.
-
•
Erhaltung und Entwicklung beruhigter Bruthabitate.
BLAUKEHLCHEN (LUSCINIA SVECICA) ALS WERTBESTIMMENDE
BRUTVOGELART
-
Erhaltung bzw. Neuschaffung primärer, natürlicher Lebensräume des
Blaukehlchens im Emsvorland, an sonstigen Gewässern und in strukturreichen Acker- Grünland- Grabenkomplexen.
-
Unterhaltungsmaßnahmen an den Grabensystemen unter Berücksichtigung der Habitatansprüche der Art.
-
Erhalt und Wiederherstellung strukturreicher Grabensysteme mit Röhrichtanteilen.
•
ZWERGSCHWAN (CYGNUS COLUMBIANUS BEWICKII) ALS WERTBESTIMMENDE GASTVOGELART
-
Erhalt von geeigneten naturnahen und störungsarmen Nahrungsflächen für rastende und überwinternde Vögel, insbesondere feuchtes
Grünland und Überschwemmungsflächen.
-
Sicherung von beruhigten Schlafgewässern im Umfeld der Nahrungsgebiete.
-
Erhalt und Entwicklung offener Flugkorridore zwischen Nahrungsflächen und Schlafgewässern sowie zu benachbarten Vogelschutzgebieten.
606
•
SINGSCHWAN
(CYGNUS
CYGNUS)
ALS
WERTBESTIMMENDE
GASTVOGELART
-
Erhalt großräumiger, offener Landschaften mit freien Sichtverhältnissen.
-
Erhalt von geeigneten naturnahen, beruhigten Nahrungsflächen für
rastende und überwinternde Vögel, insbesondere feuchtes Grünland
und Überschwemmungsflächen.
-
Sicherung von störungsfreien Schlafgewässern im Umfeld der Nahrungsgebiete.
-
Erhalt und Entwicklung offener Flugkorridore zwischen Nahrungsflächen und Schlafgewässern sowie zu benachbarten Vogelschutzgebieten.
•
GOLDREGENPFEIFER (PLUVIALIS APRICARIA) ALS WERTBESTIMMENDE GASTVOGELART
-
Erhalt von feuchten Grünlandflächen.
-
Erhalt der offenen Kulturlandschaften.
-
Erhalt der unzerschnittenen, großräumig offenen Acker-Grünlandkomplexe mit freien Sichtverhältnissen.
•
KAMPFLÄUFER (PHILOMACHUS PUGNAX) ALS WERTBESTIMMENDE GASTVOGELART
-
Erhalt von feuchten Grünlandflächen.
-
Erhalt von offenen Grünlandräumen mit freien Sichtverhältnissen und
Überschwemmungsbereichen.
-
•
Erhalt von Feuchtgebieten mit Flachwasserzonen.
WASSERRALLE (RALLUS AQUATICUS) ALS WERTBESTIMMENDE
BRUTVOGELART
-
Erhalt und Wiederherrichtung von großflächigen Röhrichten und
Großseggenriedern in Feuchtgebieten mit oberflächennahem Wasserstand.
-
Erhalt auch von kleineren Röhrichten an Fließgewässern und in Erlen/ Weidenbruchwäldern (mindestens 200 m²), Feuchtwiesen und feuchten Flussniederungen.
607
-
Erhalt von ungestörten Brut- und Rufplätzen an geeigneten Gewässern.
-
Gewährleistung stabiler, hoher Wasserstände während der gesamten
Brutzeit.
•
KIEBITZ (VANELLUS VANELLUS) ALS WERTBESTIMMENDE BRUTVOGELART
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von feuchten Grünlandflächen.
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von kleinen offenen Wasserflächen
(Blänken, Mulden etc.).
-
Entwicklung eines Nutzungskonzeptes (Mosaik aus Wiesen- und Weidenutzung).
-
Schaffung nahrungsreicher Flächen; Förderung von Maßnahmen zur
Erhöhung des Nahrungsangebots.
-
Sicherung und Beruhigung der Bruten (ggf. Gelegeschutz).
-
Schutz vor anthropogen verursachten erhöhten Verlustraten von Gelegen und Küken (Schutz vor Beutegreifern).
•
UFERSCHNEPFE (LIMOSA LIMOSA) ALS WERTBESTIMMENDE
BRUTVOGELART
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von feuchten Grünlandflächen und
Flussniederungen.
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von kleinen offenen Wasserflächen
(Blänken, Mulden, flache Grabenufer etc.) im Grünland.
•
-
Sicherung extensiver Flächenbewirtschaftung (Grünlandnutzung).
-
Sicherung von beruhigten Bruthabitaten.
-
Erhalt und Wiederherstellung nahrungsreicher Habitate.
-
Sicherung der Brutvorkommen (ggf. Nestschutz).
GROßER BRACHVOGEL (NUMENIUS ARQUATA) ALS WERTBESTIMMENDE BRUTVOGELART
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von feuchten Grünlandflächen (extensive Flächenbewirtschaftung) und Flussniederungen.
-
Sicherung von beruhigten Bruthabitaten und Schlafplätzen.
608
-
Sicherung der Brutvorkommen in von der Art besiedelten Gebieten
(ggf. Nestschutz).
•
ROTSCHENKEL (TRINGA TOTANUS) ALS WERTBESTIMMENDER
BRUTVOGEL
-
Erhalt bzw. Wiederherstellung von feuchten Grünlandflächen und
Flußniederungen (Flussrenaturierung, Ausdeichungen).
-
Wiedervernässung von Feuchtgebieten.
-
Extensive Flächenbewirtschaftung (extensive Grünlandnutzung).
-
Sicherung von beruhigten Bruthabitaten.
-
Erhalt und Wiederherstellung nahrungsreicher Habitate.
-
Erhalt und Wiederherstellung von kleinen offnen Wasserflächen
(Blänken, Mulden).
•
BRAUNKEHLCHEN (SAXICOLA RUBETRA) ALS WERTBESTIMMENDER BRUTVOGEL
-
Erhalt bzw. Wiederausdehnung extensiv genutzten Grünlandes.
-
Erhöhung der Wasserstände in Grünlandgebieten.
-
Erhalt bzw. Entwicklung von saumartigen Ruderal- und Brachstrukturen in Auen.
-
Strukturanreicherung im Grünland u.a. durch blüten- und insektenreiche Randstreifen.
-
Schaffung von Grünland-Brachflächen mit reichhaltigem Nahrungsangebot.
-
Erhalt und Förderung nahrungsreicher Habitate mit vielfältigem BlühHorizont.
-
•
Entwicklung spät gemähter Säume und Wegränder.
SAATGANS (ANSER FABALIS) ALS WERTBESTIMMENDE GASTVOGELART
-
Erhalt großräumiger, offener Landschaften mit freien Sichtverhältnissen.
-
Erhalt der geeigneten beruhigten Nahrungsflächen für rastende und
überwinternde Vögel.
609
-
Sicherung von störungsfreien Schlafgewässern im Umfeld der Nahrungsgebiete, auch außerhalb von EU-Vogelschutzgebieten.
•
BLÄSSGANS
(ANSER
ALBIFRONS)
ALS
WERTBESTIMMENDE
GASTVOGELART
-
Erhalt von geeigneten naturnahen Nahrungsflächen für rastende und
überwinternde Vögel, insbesondere feuchtes Grünland mit hohen
Wasserständen während der Rastzeit und Überschwemmungsflächen
außendeichs.
-
Erhalt unzerschnittener, großräumiger, offener Landschaften mit freien
Sichtverhältnissen.
-
Sicherung von beruhigten Schlafgewässern im Umfeld der Nahrungsgebiete, auch außerhalb von EU-Vogelschutzgebieten.
-
Erhalt von unverbauten Flugkorridoren zu benachbarten Vogelschutzgebieten.
•
PFEIFENTE (ANAS PENELOPE) ALS WERTBESTIMMENDE GASTVOGELART
-
Erhalt von großflächig beruhigten Rast- und Nahrungsflächen.
-
Erhalt der Nahrungshabitate in den Flussästuaren, Niederungen (v.a.
Feuchtgrünland) und an Seen.
-
Freihaltung der Lebensräume einschließlich der Verbindungskorridore
zwischen Rast- und Nahrungshabitaten.
-
•
Jagdruhe sowie Schutz vor Vergrämungsmaßnahmen.
KRICKENTE (ANAS CRECCA) ALS WERTBESTIMMENDE BRUTVOGELART
-
Renaturierung der Flussaue.
-
Erhalt von flachen, eutrophen Stillgewässern und Feuchtwiesen.
-
Erhalt und Entwicklung beruhigter Bereiche als Rast- und Nahrungsraum.
-
Reduzierung der Bleischrotbelastung der Gewässer.
-
Jagdruhe.
610
•
KIEBITZ (VANELLUS VANELLUS) ALS WERTBESTIMMENDE GASTVOGELART
-
Erhalt des weiten, offenen Landschaftscharakters mit freien Sichtverhältnissen.
•
REGENBRACHVOGEL (NUMENIUS PHAEOPUS) ALS WERTBESTIMMENDE GASTVOGELART
-
Erhalt und Entwicklung von beruhigten nahrungsreichen Flächen.
-
Erhalt von ungestörten Ruhe- und Schlafplätzen, außen- und binnendeichs.
-
Erhalt freier Sichtverhältnisse im Bereich der Rast- und Nahrungsflächen.
-
Erhalt und Entwicklung von Feuchtgrünland.
Die als Entwurf vorliegenden allgemeinen und speziellen Erhaltungsziele
werden durch das Vorhaben nicht unzulässig beeinträchtigt. Die Vorhabensbereiche befinden sich jeweils außerhalb des Schutzgebietes. Die betrachtungsrelevanten vorhabensbezogen Wirkfaktoren (Lärm, visuelle Scheucheffekte, Auswirkungen auf Brut- und Nahrungshabitate) führen nicht zu erheblichen Auswirkungen auf die wertgebenden Arten. Relevante Veränderungen
des Lebensraums der geschützten Arten werden durch die Maßnahmen nicht
bewirkt. Der Landschaftscharakter wird ebenso vorhabensbedingt nicht verändert. Außerdem können Beeinträchtigungen von Flugbewegungen zwischen bedeutenden Rast- und Nahrungsflächen sowie Schlafgewässern der
wertbestimmenden Arten durch das Vorhaben ausgeschlossen werden.
Der Schutzzweck des Vogelschutzgebietes, d. h. die Erhaltung der jeweiligen
Vogelarten und ihrer Lebensräume entsprechend den ökologischen Ansprüchen, so dass ihr Überleben und ihre Vermehrung sichergestellt sind, wird
durch das Vorhaben nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde nicht
nachteilig berührt. Im Übrigen wird auf die oben dargestellten Erwägungen
Bezug genommen.
Insgesamt ist daher durch das planfestgestellte Vorhaben nicht von einer
unzulässigen Beeinträchtigung des Gebietes im Sinne des § 34 BNatSchG
auszugehen.
611
Kumulation
Es liegen keine weiteren Pläne und Projekte im Wirkraum dieses Gebietes,
die erst im Zusammenwirken mit dem genehmigten Vorhaben zu erheblichen
Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Schutz- und Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen werden.
3.1.5.1.2.6
EU-Vogelschutzgebiet
„Niedersächsisches
Wattenmeer
und angrenzendes Küstenmeer“ (DE2210-401)
Eine vorhabensbedingte erhebliche Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes „Niedersächsisches Wattenmeer und angrenzendes Küstenmeer“ in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteile ist nach Überzeugung
der Planfeststellungsbehörde ausgeschlossen.
In der von den Gutachtern der TdV im Rahmen der Antragsstellung eingereichten FFH-Verträglichkeitsstudie wurde die Vereinbarkeit des Vorhabens
mit dem Vogelschutzgebiet „Nationalpark Nds. Wattenmeer“ dargestellt. Zwischenzeitlich wurden nun zusätzlich die Naturschutzgebiete „Küstenmeer vor
den Ostfriesischen Inseln“ (Verordnung vom 31.10.2007) und „Roter Sand“
(Verordnung vom 31.10.2007) ausgewiesen.
Dementsprechend wurde die Vereinbarkeit der Vorhaben mit den neu ausgewiesenen Naturschutzgebieten durch die Gutachter der TdVs überprüft
und dargestellt. Beide Naturschutzgebiete sind nach den jeweiligen Verordnungstexten zugleich Teil des Europäischen Vogelschutzgebietes „Nds. Wattenmeer und angrenzendes Küstenmeer“ und damit Teil des Europäischen
Netzes „Natura 2000“.
Wie bereits im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsstudie dargelegt, befindet
sich lediglich ein kleiner Teilbereich des EU-Vogelschutzgebietes „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und angrenzendes Küstenmeer“ im
potenziellen Wirkbereich des Vorhabens (Entfernung ca. 850 m zum Maßnahmenbereich Emden).
612
Zudem können aufgrund der relativ großen Entfernung des Dollarts zum
Maßnahmenbereich Emden, wie schon in der FFH-Verträglichkeitsstudie
ausführlich dargestellt, maßnahmenbedingte Auswirkungen auf die maßgeblichen Bestandteile (wertbestimmende Brut- und Gastvogelarten) ausgeschlossen werden. Dieses gilt auch bei Berücksichtigung der durch die vorstehend dargestellte Änderung neu hinzugekommenen Vogelarten. Insgesamt ergeben sich somit keine Änderungen der Aussagen der Gutachter (vgl.
Stellungnahme der Fachgutachter der TdV vom 18. 03. 2011 – per E-Mail).
Es befindet sich ein kleiner Teilbereich des Gebietes – die Ruhezone I/1
„Dollart“ - mit einer Entfernung von ca. 850 m vom Maßnahmenbereich Emden im potenziellen Wirkbereich des Vorhabens. Darüber hinaus wird das
Gebiet I/2 „Rysumer Nacken“ als bedeutendes Brut-, Rast- und Nahrungsgebiet für Wat- und Wasservögel, bedeutender Lebensraum charakteristischer
Tier- und Pflanzenarten und -gesellschaften und typisches Ökosystem mit
u. a. Watt, Sand- und Schilfbänken, Deichvorland in die Prüfung einbezogen.
In der der Prüfung zu Grunde liegenden Gebietsbeschreibung zum EUVogelschutzgebiet „Niedersächsisches Wattenmeer“ werden 49 wertgebende
Vogelarten nach der VSchRL genannt.
Die aktuelle Fassung des Nationalparkgesetzes ergänzt die Liste der Vogelarten gemäß Anhang I sowie um Zugvogelarten im Sinne des Artikels 4 Abs.
2 der Vogelschutzrichtlinie um einige Vogelarten, die für das Teilgebiet Dollart nicht relevant sind, da sie hier nicht oder nur sehr sporadisch vorkommen
(vgl. Stellungnahme der Fachgutachter der TdV vom 18. 03. 2011 – per
E-Mail).
Im Nationalpark kommen nach Aussage der Fachgutachter allerdings eine
Reihe an wertbestimmenden Vogelarten vor, die an der Ems angesichts des
Mangels an geeigneten Nisthabitaten und/oder Rastbiotopen keine oder eine
nur untergeordnete Rolle spielen. Hierzu gehören Brutvögel wie Brandseeschwalbe und Steinschmätzer ebenso wie diverse Gastvogelarten (Sichelstrandläufer, Sterntaucher und andere). Für die übrigen 26 Vogelarten kann
613
ausgeschlossen werden, dass sie im Teilbereich Dollart vorkommen. Sie
werden an dieser Stelle nur aus formalen Gründen benannt.
Für den Teilbereich Dollart haben die Fachgutachter auf eigene Erhebungen
verzichtet und vorhandenes Datenmaterial verwendet. Dies ist aus Sicht der
Planfeststellungsbehörde nicht zu beanstanden, da angesichts der zu erwartenden Auswirkungen das vorhandene Datenmaterial ausreichen ist.
Brutvögel
Tab. 3: Maßgebliche Bestandteile, hier: Brutvögel des EU-Vogelschutzgebietes „Niedersächsisches Wattenmeer“ - Teilgebiet Dollart gem. Anhang I und VSchRL Art. 4 Abs. 1 (Anhang I) und Abs. 2 der
VSchRL. Angabe der Bestandsdaten seit 1990 bzw. in Klammern
bis 1990 (aus MELTER & SCHREIBER 2000), k. A. = keine Angaben,
der Erhaltungszustand ist EUNIS (2007) entnommen
Art
Anzahl Brutpaare
Erhaltungszustand
Bekassine
Gallinago gallinago
2 (1)
B
Blaukehlchen
Luscinia svevica
3 (8)
k. A.
Kampfläufer
Philomachus pugnax
k. A. (2)
A
Kiebitz
Vanellus vanellus
102 (40)
A
Löffelente
Anas clypeata
5 (k. A.)
A
Rohrweihe
Circus aeruginosus
1 (1)
A
Rotschenkel
Tringa totanus
300 (420)
A
Säbelschnäbler
Recurvirostra avosetta
69 (36)
A
Schafstelze
Motacilla flava
13 (20)
A
Seeregenpfeifer
Charadrius alexandri-
1 (k. A.)
A
nus
Uferschnepfe
Limosa limosa
42 (31)
A
Wiesenpieper
Anthus pratensis
30 (58)
k. A.
8 (k. A.)
A
Zwergseeschwalbe Sterna albifrons
614
Gastvögel
Tab. 4: Maßgebliche Bestandteile, hier: Gastvögel des EU-Vogelschutzgebietes „Niedersächsisches Wattenmeer“ - Teilgebiet Dollart gem. Anhang I und VSchRL Art. 4 Abs. 1 (Anhang I) und Abs. 2
der VSchRL
Art
Max. Individuenzahlen
Erhaltungszustand
Alpenstrandläufer
Calidris alpina
56000 (14000)
A
Blässgans
Anser albifrons
8000 (k. A.)
B
Dunkler Wasser-
Tringa erythropus
1700 (4270)
A
Goldregenpfeifer
Pluvialis apricaria
1.200 (k. A.)
A
Graugans
Anser anser
600 (1800)
A
Großer Brachvogel
Numenius arquata
1900 (k. A.)
A
Kiebitzregenpfeifer
Pluvialis squatarola
3425 (1150)
A
Krickente
Anas crecca
5.000 (1.900)
A
Nonnengans
Branta leucopsis
5.700 (29.900)
A
Pfuhlschnepfe
Limosa lapponica
9000 (6000)
A
Rotschenkel
Tringa totanus
2000 (k. A.)
A
Saatgans
Anser fabalis
1.800 (10)
C
Säbelschnäbler
Recurvirostra avosetta
20.000 (7.700)
A
Uferschnepfe
Limosa limosa
4600 (k. A.)
A
läufer
Angabe der Bestandsdaten:
seit 1990 bzw. in Klammern bis 1990 (aus MELTER & SCHREIBER 2000)
k. A. = keine Angaben, der Erhaltungszustand ist EUNIS (2007) entnommen
-
Schutz- und Erhaltungsziele
Für den für diese Prüfung relevanten Teil des EU-Vogelschutzgebietes „Niedersächsisches Wattenmeer und angrenzendes Küstenmeer“ ergeben sich
die Erhaltungsziele seit der Neuregelung des Nationalparkgesetzes im Zuge
des Gesetzes zur Neuordnung des Naturschutzrechtes vom 19.02.2010 aus
§ 2 Abs. 2 S. 2 in Verbindung mit Anlage 5 des Gesetzes über den Nationalpark Nds. Wattenmeer (Nationalparkgesetz).
615
Nach § 2 Abs. 2 S. 1 und 2 NWattNPG (n. F.) wird für die Flächen des Nationalparks, die Europäisches Vogelschutzgebiet sind (mit Ausnahme der Erholungszone oberhalb der mittleren Tidehochwasser-Linie, des Ruhezonenteils
I/50 sowie der Geestrandflächen zwischen Sahlenburg und Berensch), folgendes Schutzziel genannt:
„die Flächen dienen auch dem Ziel, das Überleben und die Vermehrung der dort vorkommenden in Anhang 1 und Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie des Rates vom 02. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (ABl. EG Nr. L 103 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung genannten Vogelarten sicherzustellen.“
Die wertbestimmenden Vogelarten ergeben sich aus der Anlage 5 des Nationalparkgesetzes „Nds. Wattenmeer“.
Laut Anlage 5 Abs. III Nr. 1 zum Nationalparkgesetz „Nds. Wattenmeer“ sind
die folgenden Vogelarten des Anhangs I der Vogelschutzrichtlinie im Nationalpark Nds. Wattenmeer wertbestimmend: (B – Brutvogel, G – Gastvogel)
Seeregenpfeifer
B
Wanderfalke
B
Zwergmöwe
G
Sterntaucher
G
Goldregenpfeifer
G
Rohrdommel
B
Pfuhlschnepfe
G
Löffler
B; G
Brandseeschwalbe
B; G
Nonnengans
G
Flussseeschwalbe
B; G
Rohrweihe
B
Küstenseeschwalbe
B; G
Kornweihe
B
Zwergseeschwalbe
B; G
Säbelschnäbler
B; G
Sumpfohreule
B
616
Die folgenden Zugvogelarten nach Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutzrichtlinie
sind nach Anlage 5 Abs. III Nr. 2 zum Nationalparkgesetz „Nds. Wattenmeer“
wertbestimmend: (B – Brutvogel, G – Gastvogel)
Trottellumme
G
Ohrenlerche
G
Tordalk
G
Berghänfling
G
Dreizehenmöwe
G
Kormoran
B; G
Sichelstrandläufer
G
Graugans
G
Alpenstrandläufer
G
Ringelgans
G
Uferschnepfe
Brandgans
G
Regenbrachvogel
Pfeifente
G
Großer Brachvogel
Krickente
G
Dunkler Wasserläufer
Stockente
G
Rotschenkel
Spießente
G
Grünschenkel
G
Löffelente
B; G
Steinwälzer
G
Eiderente
B; G
Lachmöwe
G
Trauerente
G
Sturmmöwe
G
Austernfischer
G
Heringsmöwe
G
Sandregenpfeifer
G
Silbermöwe
G
Seeregenpfeifer
B
Mantelmöwe
G
Kiebitzregenpfeifer
G
Feldlerche
B
B; G
Schafstelze
B
Steinschmätzer
B
Kiebitz
Knutt
Sanderling
G
G
B; G
G
B; G
G
B; G
617
Der Schutzzweck für den Teilbereich Naturschutzgebiet „Küstenmeer vor
den Ostfriesischen Inseln“ (Ruhezonengebiet I/51 nach Anlage 1 Nationalparkgesetz Nds. Wattenmeer) ergibt sich aus § 2 Abs. 3 der Naturschutzgebietsverordnung vom 31.10.2007 (vgl. § 30 Abs. 2 Nr. 1 Nationalparkgesetz
Nds. Wattenmeer).
§ 2 Schutzgegenstand und Schutzzweck
(…)
(3) Schutzzweck (Erhaltungsziel) für das NSG ist die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der Lebensräume der in
den nachfolgenden Nummern bezeichneten Vogelarten innerhalb des Europäischen Vogelschutzgebietes durch
1. den Schutz des Meeresgebietes in seiner Funktion als Nahrungs-, Überwinterungs-, Durchzugs- und Rastgebiet insbesondere für die Wert bestimmenden Vogelarten durch die Sicherung und Entwicklung
a) störungsfreier Rast- und Nahrungsräume
b) der wesentlichen direkten und indirekten Nahrungsgrundlagen der
Vogelarten, insbesondere natürlicher Bestandsdichten, Altersklassenverteilungen und Verbreitungsmuster der den Vogelarten als Nahrungsgrundlage dienenden Organismen,
c) der für das Gebiet charakteristischen Merkmale insbesondere der erhöhten biologischen Produktivität an den Frontenbildungen und er
geo- und hydromorphologischen Beschaffenheit mit ihren artspezifischen ökologischen Funktionen und Wirkungen,
d) unzerschnittener Lebensräume im Naturschutzgebiet, sowie der ungehinderten räumlichen Wechselbeziehungen zum angrenzenden Nationalpark „Nds. Wattenmeer“ sowie zum anliegenden Küstenmeer,
e) der natürlichen Qualität des Lebensraumes, insbesondere durch
Schutz gegen Verschmutzungen, wie z. B. Einträgen von organischen
Stoffen und Schwermetallen
2. die Erhaltung und Förderung eines langfristig überlebensfähigen Bestandes insbesondere der Wert bestimmenden Anhang I-Arten (Art. 4 Abs. 1
Vogelschutzrichtlinie)
618
a) Sterntaucher (Gavia stellata),
b) Brandseeschwalbe (Sterna sandvicensis),
c) Zwergmöwe (Hydrocoloeus minutus),
3. die Erhaltung und Förderung eines langfristig überlebensfähigen Bestandes insbesondere der Wert bestimmenden Zugvogelart (Art. 4 Abs. 2 der
Vogelschutzrichtlinie) Heringsmöwe (Larus fuscus).
4. Die Umsetzung dieser Ziele dient auch der Erhaltung und Förderung weiterer im Gebiet vorkommender Nahrungsgäste, welche im direkten räumlichen Zusammenhang mit dem NSG brüten und der Gastvogelarten …
(…)
Das NWattNPG formuliert in § 2 Abs.1 den Schutzzweck.
„In dem Nationalpark soll die besondere Eigenart der Natur und
Landschaft der Wattregion vor der niedersächsischen Küste einschließlich des charakteristischen Landschaftsbildes erhalten bleiben
und vor Beeinträchtigungen geschützt werden. Die natürlichen Abläufe
in diesen Lebensräumen sollen fortbestehen. Die biologische Vielfalt
der Tier- und Pflanzenarten im Gebiet des Nationalparks soll erhalten
werden. Der besondere Schutzzweck der einzelnen Gebiete der Ruhezone ergibt sich aus der Anlage 1“.
Für die hier aus oben dargestellten Erwägungen relevante Schutzzone I/1
Dollart ergibt sich darüber hinaus folgender besonderer Schutzzweck:
„Typisches Ökosystem eines Brackwasserbuchtenwatts und angrenzende Außendeichflächen mit charakteristischer Tier- und Pflanzenwelt und besonderer Bedeutung als Rast-, Brut- und Nahrungsgebiet
für See-, Wat- und Wasservögel sowie besonderer Vielfalt an erdgeschichtlichen und landeskundlichen Erscheinungen.“
619
-
Auswirkungen des Vorhabens
Das EU-Vogelschutzgebiet „Niedersächsisches Wattenmeer und angrenzendes Küstenmeer“ befindet sich in einem Abstand von mind. 800 m zum Maßnahmenbereich Emden, sodass Auswirkungen lediglich über eine Fernwirkung einzelner Wirkfaktoren eintreten könnten. Die Klappstellen liegen außerhalb des Vogelschutzgebietes. Dennoch sind Auswirkungen nicht von
vornherein auszuschließen. Beide Klappstellen sind an ihrer dichtesten Stelle
ca. 200 m vom Vogelschutzgebiet entfernt. Es sind Verdriftungen von Baggergut (Trübungsfahnen) in das Vogelschutzgebiet wahrscheinlich. Im Vergleich zu den ohnehin dort untergebrachten Baggermengen aus der Emsunterhaltung, sind die vorhabensbedingten Baggermengen jedoch gering.
Selbst wenn es vorhabensbedingt zu einem Eintrag und zu einer geringen,
kleinräumigen Aufsedimentierung der Schutzgebietsflächen käme, ergäben
sich keine Beeinträchtigungen, da die Flächen auch weiterhin zur Rast oder
Nahrungssuche zu Verfügung stünden.
Auswirkungen durch die Umsetzung der wasserbaulichen Maßnahmen in
den anderen planfestgestellten Bereichen sowie durch den Umbau der Brücke sind aufgrund der großen Entfernung zum Schutzgebiet von vornherein
auszuschließen.
a) bau- und betriebsbedingte Auswirkungen:
Durch die Baggerungen kommt es zu einem erhöhten Lärmpegel, der möglicherweise Störungen in Form von z.B. Fluchtreaktionen nach sich zieht
(vgl.FFH-VS S.216). Die Geräuschimmissionsprognose des Schallgutachters
ZECH zur baubedingten Lärmsituation ergab, dass die Lärmsituation mit einem Abstand von mind. 850 m zur Lärmquelle nur noch eine geringe Schallimmission aufweist (vgl. Materialband K.4).
Die Auswirkungen durch die Folgebaggerungen sind aufgrund der geringeren
Baggermenge und der damit einhergehenden verminderten Baggerschiffbewegungen als schwächer anzusehen.
Die Klappstellen befinden sich außerhalb des Gebietes und werden als Nahrungsraum nicht genutzt. Beide Klappstellen sind an ihrer dichtesten Stelle
620
ca. 200 m vom Vogelschutzgebiet entfernt. Vertreibung bzw. ein Ausweichen
der Vögel ist in einem Umkreis von 500 m um die Baggerschiffe möglich.
Verdriftungen von Baggergut (Trübungsfahnen) in das Vogelschutzgebiet
sind möglich. Im Vergleich zu den ohnehin dort untergebrachten Baggermengen aus der bereits im Istzustand bestehenden Unterhaltung, sind die
vorhabensbedingten Baggermengen jedoch gering. Selbst wenn es vorhabensbedingt zu einem Eintrag und zu einer geringen, kleinräumigen Aufsedimentierung der Schutzgebietsflächen käme, ergäben sich keine Beeinträchtigungen, da die Flächen auch weiterhin zur Rast oder Nahrungssuche
zu Verfügung stünden.
b) anlagebedingte Auswirkungen:
Die vorhabensbedingten Wirkfaktoren geben grundsätzlich keine potenziellen
anlagebedingten Auswirkungsmöglichkeiten für Brutvögel und Gastvögel an,
weil die vorhabensbedingten hydromechanischen Veränderungen nach unterstrom immer weiter abklingen und nicht zu messbaren Änderungen im Vogelschutzgebiet führen können.
-
Bewertung der vorhabensbedingten Auswirkungen
Nach Art. 7 der FFH-RL findet für Vogelschutzgebiete das Schutzregime der
FFH-Richtlinie in dem Moment Anwendung, in dem das betreffende Gebiet
von den Mitgliedstaaten zum besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist.
Das gesamte Vogelschutzgebiet „Nds. Wattenmeer und angrenzendes
Küstenmeer“ wurde zum Schutzgebiet in diesem Sinne erklärt, so dass nach
§ 34 Abs. 2 BNatSchG zu prüfen ist, ob das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder
den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Der Schutzzweck ergibt sich für die hier zu prüfenden Bereiche aus dem Nationalparkgesetz (vgl. die vorhergehenden Ausführungen zum Schutzzweck).
Aufgrund des oben dargestellten Abstandes des Vorhabens zur Gebietsgrenze können Auswirkungen allenfalls über Fernwirkungen einzelner Wirkfaktoren in Form von indirekten Lebensraumverlusten und Veränderungen
621
der Habitatqualität sowie Störungen durch akustische und optische Einflüsse
eintreten.
a) bau- und betriebsbedingte Auswirkungen:
Die Geräuschimmissionsprognose des Schallgutachters Zech (2006a) zur
baubedingten Lärmsituation ergab, dass die Lärmsituation mit einem Abstand von mind. 850 m zur Lärmquelle nur noch eine geringe Schallimmission aufweist (vgl. Materialband K.4). Die Wirkung durch die Lärmimmissionen
wird darum zu keinerlei Auswirkungen auf die Brut- und Gastvogelfauna haben. Die Auswirkungen durch die Folgebaggerungen sind aufgrund der geringeren Baggermenge und der damit einhergehenden verminderten Baggerschiffbewegungen als schwächer anzusehen. Eine Beeinträchtigung der
maßgeblichen Bestandteile (wertbestimmende Brut- und Gastvogelarten)
wird nach Einschätzung der Gutachter vgl. Diekmann & Mosebach S.216),
der sich die Planfeststellungsbehörde anschließt, ausgeschlossen.
Eine erhebliche Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes wird auch wegen
der großen Mobilität der Vögel nicht eintreten.
Die mit den vorhabensbedingten Verklappungstätigkeiten verbundenen
Lärmwirkungen und optischen Störreize werden aus Sicht der Planfeststellungsbehörde möglicherweise zu geringfügigen Störungseffekten in einem
Umkreis von 500 m um die Klappstellen führen, so dass auch Teile des Vogelschutzgebietes betroffen sind bzw. sein können. Da die Klappstellen ohnehin regelmäßig zur Verbringung von Baggergut genutzt werden, sind optische und akustische Störreize nicht ungewöhnlich. Dennoch führt das Vorhaben durch eine höhere Umlagerungsfrequenz zu einer Erhöhung des Störungseinflusses, die zu zusätzlichen Meidungs- und Vergrämungsreaktionen
unter den Vögeln führen können. Generell stehen den Vögeln jedoch großflächige Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung. Nach den Verklappungstätigkeiten können die betroffenen Bereiche wieder im vollen Umfang genutzt
werden. Eine erhebliche Beeinträchtigung entsteht durch die vorhabensbedingten Verklappungstätigkeiten nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde nicht.
622
b) anlagebedingte Auswirkungen:
Negative anlagebedingte Auswirkungen der Schutz- und Erhaltungsziele
bzw. dem Erhaltungszustand können für die wertgebenden Brut- und Gastvogelarten ausgeschlossen werden (vgl. Diekmann & Mosebach S.216).
Das Überleben und die Vermehrung der in dem Vogelschutzgebiet besonders geschützten Vogelarten bzw. der Bestand der Wert bestimmenden Arten werden vorhabensbedingt nicht beeinträchtigt.
Als besonderer Schutzzweck nach Anlage 1 zum Nationalparkgesetz ist das
Teilgebiet I/1 (Dollart) als Rast-, Brut- und Nahrungsgebiet für See-, Wat- und
Wasservögel aufgeführt. Auswirkungen auf diesem Bereich sind nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde wegen der Distanzen nicht zu erwarten, da die prognostizierten Auswirkungen auf die einzelnen Schutzgüter jeweils nur sehr lokal wirken. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die einzelnen Gutachten verwiesen, die Bestandteil der Planunterlagen sind, sowie auf
die Bewertung der Planfeststellungsbehörde unter B.III.3.1.2. Für den Teilbereich I/2 sind geringfügige Auswirkungen in Form von kleinräumigen und
kurzzeitigen Vergrämungen durch die Verklappungstätigkeiten nicht auszuschließen.
Gemessen an dem Schutzzweck der Gebiete ist nicht von einer erheblichen
Beeinträchtigung auszugehen, da sich die Bedingungen für die Vögel und
ihrer Lebensräume durch das planfestgestellte Vorhaben nicht erheblich verändern werden. . Eine vorhabensbedingte erhebliche Veränderung der Nahrungsgrundlage und der Habitatbedingungen ist auszuschließen.
Das planfestgestellte Vorhaben ist weder allein, noch im Zusammenwirken
mit anderen Projekten geeignet, den Schutzzweck des EU Vogelschutzgebietes „Niedersächsisches Wattenmeer und angrenzendes Küstenmeer“ erheblich zu beeinträchtigen.
Durch die Distanz des planfestgestellten Vorhabens zum EU-Vogelschutzgebiet „Niedersächsisches Wattenmeer und angrenzendes Küsten-
623
meer“ und die nur lokal wirkenden Auswirkungen des Vorhabens auf das
Wasser und die Luft als Transportmedien, ist auszuschließen, das die maßgeblichen Bestandteile des Nationalparks als EU Vogelschutzgebiet vom
Auswirkungsraum des Vorhabens überlagert werden. Eine Verschlechterung
des Erhaltungszustandes ist daher durch das Vorhaben nicht zu erwarten.
Der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes steht das Vorhaben aus oben angeführten Erwägungen ebenso nicht entgegen.
Im Ergebnis kann mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass
die Schutzzwecke des Vogelschutzgebietes, die im Nationalparkgesetz formuliert worden sind, vorhabensbedingt beeinträchtigt werden. Eine vorhabensbedingte erhebliche Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen kann ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus wird auch die Qualität der Ruhezone als „bedeutende RastBrut- und
Nahrungsgebiet für Wat- und Wasservögel“ vorhabensbedingt
nicht beeinträchtigt.
-
Kumulation mit anderen Plänen und Projekten
Es kann auch mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass
das Vorhaben erst im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten
zu erheblichen Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebietes „Nds. Wattenmeer und angrenzendes Küstenmeer“ in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen werden (§ 34 Abs. 1 und 2 BNatSchG).
3.1.5.1.3
Ergebnis der Prüfung der einzelnen Gebiete
Als Ergebnis der Prüfung ist festzustellen, dass das planfestgestellte Vorhaben nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der oben geprüften Gebiete in
ihren für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile führt. Dies gilt für das FFH-Gebiet „Ems“ und das Gebiet „Unterems und
Außenems“ unter Berücksichtigung der angeordneten Vermeidungs- und
Verminderungsmaßnahmen. Eine Abweichungsprüfung gem. § 34 Abs.3
624
BNatSchG ist für die Zulassung des planfestgestellten Vorhabens daher nicht
erforderlich.
Diese Bewertung wird von den zuständigen Fachbehörden geteilt. (NLWKN
mit Stellungnahme vom 08.10.2009, LK Leer mit Stellungnahme vom
14.02.2007 und 19.02.2008, LK Emsland mit Stellungnahme vom 01.03.2007
und 25.02.2008).
3.1.5.2
Artenschutzprüfung
Das Vorhaben ist auch vor dem Hintergrund des besonderen Artenschutzes
gem. §§ 44, 45 BNatSchG zulässig, da artenschutzrechtliche Verbotstatbestände vorhabensbedingt nicht erfüllt werden.
Die Träger des Vorhabens haben mit Datum vom 4.9.2008 eine überarbeitete Fassung der „Speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP)“ vorgelegt.
Diese Fassung wurde den Naturschutzbehörden und den Umweltverbänden
mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Bedenken gegen die saP wurden
nicht vorgetragen.
Gegenstand dieses Gutachtens war, ob durch den Umbau der JannBerghaus-Brücke und die wasserbaulichen Maßnahmen in den Bereichen
Papenburg, Weener, Leer und Emden artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nach §§ 39, 44 BNatSchG für die gemeinschaftsrechtlich geschützten
Arten (alle europäischen Vogelarten entsprechend Art 1 der Vogelschutzrichtlinie (VRL), Arten des Anhangs IV der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie
(FFH-Richtlinie)) und gemäß nationalem Naturschutzrecht streng geschützte
Arten (§ 7 Abs. 2 Nr. 14 BNatSchG) aus naturschutzfachlicher Sicht erfüllt
sind. Nicht zum Gegenstand der saP wurden die Arten gemacht, die nach
nationalem Recht „besonders geschützt“ sind. Diese Einschränkung ist mit
der Rechtslage vereinbar. Für national besonders geschützte Arten (§ 7
Abs.2 Nr. 13 BNatSchG) gelten nach § 44 Abs. 5 BNatSchG die Verbote des
§ 44 Abs. 1 BNatSchG nicht, wenn die Zugriffshandlung bei Durchführung
eines Eingriffs nach § 15 BNatSchG durchgeführt wird. Dies ist vorliegend
gegeben. Die nach nationalem Recht „besonders geschützten“ Arten werden
625
im Rahmen der Bewertung des Vorhabens nach den §§ 14 ff. BNatSchG
überprüft. Wenn im Rahmen der vorliegenden Artenschutzprüfung von den
Verboten des § 44 Abs. 1 BNatSchG gesprochen wird, dann ist dies in Übereinstimmung mit der Rechtslage nur auf die gemeinschaftsrechtlich geschützten Arten und die national streng geschützten Arten bezogen.
Naturschutzfachliche Datengrundlage für die saP waren die für die UVU
durchgeführten Auswertungen von vorhandenen Datenmaterial und behördlichen Katastern, sowie eigene faunistische und floristische Bestandserhebungen des UVU-Gutachters. Es wird des weiteren auf die Unterlagen der
Vorhabensträger K.6, K.7., K.8., und K.9. verwiesen. Im Übrigen sind die
Träger des Vorhabens zu punktuellen Ergänzungen aufgefordert worden, der
sie mit Stellungnahme vom 12.02.2009 und 24.02.2009 (per E-Mail) nachgekommen sind. Diese Datengrundlage ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde geeignet und ausreichend, um das Vorhaben hinsichtlich der artenschutzrechtlichen Belange zu überprüfen.
3.1.5.2.1
Relevante Wirkfaktoren des Vorhabens
Nachfolgend werden die Wirkfaktoren des Vorhabens – unterteilt nach Umbau der Jann-Berghaus-Brücke und wasserbauliche Maßnahmen – und ihre
möglichen Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere tabellarisch dargestellt. Die
Tabellen entstammen größtenteils der saP, der die Planfeststellungsbehörde
in der hier wiedergegeben Form folgt. Hinsichtlich der aufgeführten Wirkungen und Auswirkungsprognosen wird auf die Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Unterlage F) und die in diesem Beschluss enthaltenen Ausführungen
zu den Schutzgütern Wasser, Flora und Fauna verwiesen (Vgl. B.III.3.1.1
und B.III.3.1.2)
626
-
Umbau Jann-Berghaus-Brücke
Baubedingte Wirkfaktoren
Wirkfaktor
Mögliche Auswirkungen auf die einzelnen Arten
Überbauung von Grundfläche, Teil-
Pflanzen: Unmittelbare Beeinträchtigung durch Lebens-
versiegelung
raumverlust im Bereich der überbauten und teilversiegelten
Flächen.
Tiere: Unmittelbare Beeinträchtigung durch Lebensraumverlust im Bereich der überbauten und teilversiegelten
Flächen.
Direkte Veränderung von Vegeta-
Pflanzen: Unmittelbare Beeinträchtigung durch Entfernung
tions- und Biotopstrukturen
von Vegetations- und Biotopstrukturen, auch Unterwasservegetation.
Tiere: Lebensraumverlust durch Entfernung von Vegetations- und Biotopstrukturen.
Veränderung der hydrodynamischen Pflanzen: mögliche Veränderung der Unterwasser- und
Verhältnisse durch Bauabläufe
Ufervegetation durch potenzielle Veränderungen der Fließ-
innerhalb des Gewässers
richtung, Strömungsverhältnisse und -geschwindigkeiten.
Tiere: mögliche Lebensraumveränderung durch potenzielle
Veränderungen der Fließrichtung, Strömungsverhältnisse
und –geschwindigkeiten.
Akustische Reize (Schall) durch
Pflanzen: Es werden keine Auswirkungen auf Pflanzenarten
Baustellenbetrieb
erwartet.
Tiere: in Abhängigkeit ihrer Empfindlichkeit gegenüber
Lärm können Beeinträchtigungen (Vertreibung, Stress,
Einschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit) auftreten.
Erschütterungen hervorgerufen
Pflanzen: Es werden keine Auswirkungen auf Pflanzenarten
durch die Schwimmramme
erwartet.
Tiere: Die Erschütterungen können Fluchtverhalten auslösen bzw. Störungen verursachen und ggf. physiologische
Schädigungen verursachen.
627
Mechanische Einwirkungen durch
Pflanzen: Veränderung der Vegetation durch Bodenver-
Trittbelastungen, Befahren während
dichtung.
der Bauzeit
Tiere: geringfügige Lebensraumveränderung.
Wellenschlag hervorgerufen durch
Pflanzen: Beeinträchtigung der Ufervegetation durch
Bauarbeiten
anthropogene Ufererosion.
Tiere: Lebensraumveränderung durch Ufererosion.
628
Anlagebedingte Wirkfaktoren
Wirkfaktor
Mögliche Auswirkungen auf die einzelnen Arten
Überbauung von Grundfläche,
Pflanzen: Es werden keine Auswirkungen auf Pflanzenarten
Versiegelung
erwartet.
Tiere: Unmittelbare Beeinträchtigung durch Lebensraumverlust im Bereich der überbauten Fläche.
Veränderung der hydrodynami-
Pflanzen: mögliche Veränderungen der Fließrichtung,
schen Verhältnisse durch den neu-
Strömungsverhältnisse und -geschwindigkeiten können
en Pfeiler 6a und Wegfall des Pfei-
sich auf Unterwasser- und Ufervegetation auswirken.
lers 6
Tiere: Lebensraumveränderung durch mögliche Veränderungen der Fließrichtung, Strömungsverhältnisse und
–geschwindigkeiten.
Betriebsbedingte Wirkfaktoren durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
können ausgeschlossen werden, da an dem Betrieb der Brücke keine durch
den Umbau verursachten Änderungen eintreten werden. Der über die Brücke
fließende Verkehr wird, da der Umbau nicht zu einer Verkehrsänderung des
zugelassenen Verkehrs führt, gleichbleiben. Auch am sonstigen Betriebsgeschehen sind keinerlei Veränderungen geplant.
-
Wasserbauliche Maßnahmen
Baubedingte Wirkfaktoren
Wirkfaktoren
Mögliche Auswirkungen auf die einzelnen Arten
Ausbaubaggerungen mit Hop-
Pflanzen: Es werden keine Auswirkungen auf Pflanzen-
perbagger
arten erwartet.
Tiere: mögliche vorübergehende Einschränkung der
ökologischen Funktion der Maßnahmenbereiche. Ansaugwirkung (Fallenwirkung) durch Baggerverfahren.
Erhöhung/Reduktion der
Pflanzen: Es werden keine Auswirkungen auf Pflanzen-
Schwebstoffgehalte/Trübung
arten erwartet.
durch Baggeraktivitäten.
Tiere: mögliche vorübergehende Einschränkung der
Nutzung der Maßnahmenbereiche.
629
Wirkfaktoren
Mögliche Auswirkungen auf die einzelnen Arten
Erhöhte Nähr-/ Schadstofffreiset-
Da keine messbaren Änderungen prognostiziert werden,
zung und Sauerstoffzehrung durch
werden keine Auswirkungen auf Pflanzen- und Tierarten
Baggeraktivitäten.
erwartet.
Geringfügige Erhöhung der schiffs-
Es werden keine Auswirkungen auf Pflanzen- und Tier-
erzeugten Belastungen u. a. auch
arten erwartet.
durch die Baggergutverbringungsfahrten (Wellen usw.).
Zunahme von Lärm-, Luftschad-
Tiere: in Abhängigkeit ihrer Empfindlichkeit gegenüber Lärm
stoff- und Lichtimmissionen durch
und Licht können Beeinträchtigungen (Vertreibung, Stress,
Hopperbagger.
Einschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit)
auftreten.
Anlagebedingte Wirkfaktoren
Wirkfaktoren
Mögliche Auswirkungen auf die einzelnen Arten
Veränderung der Tidewasserstände
Die BAW prognostiziert eine Veränderung des Tidehoch-
(Veränderung MTnw, MThb).
bzw. -niedrigwassers von +/-1 cm und eine Erhöhung
des Tidenhubs um 2 cm.
Pflanzen: mögliche Veränderung von tidebeeinflussten Biotopen – Verschiebung der Vegetationszonen.
Tiere: für Fische mögliche Verkleinerung sublitoraler
Laich-, Aufwuchs- und Nahrungsgebiete (bei gleichzeitiger
Vergrößerung des eulitoralen Nahrungsraums); sowie für
Brutvögel Verlust von Bruthabitaten durch Veränderung
von tidebeeinflussten Lebensraumtypen
Veränderung Strömungsgeschwin-
Die BAW prognostiziert Veränderungen der Ebbe- und Flut-
digkeiten (mittlere und maximale
strömungen um +/- 5 cm/s global und bis 10/15 cm/s lokal im
Emsstromgeschwindigkeiten)
Bereich der angepassten Ausbautopografie.
Pflanzen: möglicher Verlust von Biotopen an nicht
befestigten Uferbereichen.
Tiere: die Veränderungen der Strömungsgeschwindigkeit
630
Wirkfaktoren
Mögliche Auswirkungen auf die einzelnen Arten
sind für die hier artenschutzrechtlich relevanten Tierarten (z.
B. Fische und Rundmäuler) von untergeordneter Bedeutung;
Beeinträchtigungen können ausgeschlossen werden.
Verschiebung der Brackwassergren-
Die BAW prognostiziert Veränderungen +/- 0,2 PSU
ze Richtung stromaufwärts;
unterhalb des 3 Kurven-Systems, die Brackwasserzone bleibt
Zunahme der Salinität innerhalb der
unverändert.
Brackwasserzone;
Veränderung der Salinitätsamplitude. Pflanzen: mögliche Veränderungen in der Zusammensetzung der Flora im Bereich der Brackwasserzone.
Tiere: die geringe Veränderung der Salinität ist für die
hier artenschutzrechtlich relevanten Tierarten (z. B.
Fische und Rundmäuler) von untergeordneter Bedeutung;
Beeinträchtigungen können ausgeschlossen werden.
Veränderung des Sauerstoff- und
Da keine messbaren Änderungen prognostiziert werden,
Nährstoffhaushaltes
werden keine Auswirkungen auf Pflanzen- und Tierarten
erwartet.
631
Betriebsbedingte Wirkfaktoren
Wirkfaktoren
Unterhaltungsbaggerungen
Mögliche Auswirkungen auf die einzelnen Arten
Durch die in unregelmäßigen Abständen wiederkehrenden
Unterhaltungsbaggerungen in den Abschnitten der wasserbaulichen Maßnahmenbereiche ergeben sich betriebsbedingte Auswirkungen, die in ihrer Intensität analog zu
den bau- und anlagenbedingten Auswirkungen zu sehen
sind. Diese Wirkfaktoren werden sich auch bei der Durchführung der Unterhaltungsbaggerungen in den wasserbaulichen Maßnahmenbereichen ergeben.
Da bei den Unterhaltungsbaggerungen rund 1/3 weniger
Baggermengen vom WASSER- UND SCHIFFFAHRTSAMT EMDEN (2007) prognostiziert worden sind, werden
bei den Effekten wie Verlärmung sowie den Einsatz von
Hopperbaggern geringere Effekte durch eine geringere
Einsatzdauer angenommen.
Ein wesentlicher Unterschied der Unterhaltungsbaggerungen zur Erstbaggerung ist die wiederholte Beanspruchung
der zu bebaggernden Flächen, d. h. eine zeitliche Komponente, die berücksichtigt werden muss. Durch die jeweils
bedarfsweise Unterhaltungsbaggerung ist im Voraus nicht
festzuhalten, wie häufig der Ausbauzustand durch die Unterhaltung pro Jahr hergestellt wird.
Naturschutzfachliche Vorkehrungen zur Vermeidung
Im Rahmen der Darstellung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter des UVPG (B.III. 3.1.1 und B.III.3.1.2) wurden seitens der Planfeststellungsbehörde Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung von Beeinträchtigungen von Tieren und Pflanzen festgelegt. Im Zuge
der Alternativenbetrachtung (B.III. 2) wurden Alternativen, wie die Standortverlagerung und technische andere Varianten auch im Hinblick auf die Umweltauswirkungen berücksichtigt. Die planfestgestellte technische Planung
berücksichtigt die Kriterien eines minimalen Flächenverbrauchs sowie der
Schonung wertvoller Biotope und Habitate. Weiterhin gelten für die Durchführung des planfestgestellten Vorhabens die Vorgaben der RAS-LP 4 (Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Landschaftspflege, Abschnitt 4: Schutz
von Bäumen, Vegetationsbeständen und Tieren bei Baumaßnahmen) sowie
632
die DIN 18920 (Schutz von Bäumen, Pflanzenbeständen und Vegetationsflächen bei Baumaßnahmen).
Um das Arteninventar nicht vermeidbar erheblich zu beeinträchtigen sind
unter A.II.5. die folgenden Vermeidungsmaßnahmen festgelegt worden.
633
Umbau Jann-Berghaus-Brücke
•
Einbringen der Stahlspundwandbohlen und Stahlpfähle zur Tiefgründung
sowie Betonierarbeiten in der Tageszeit von 7.00 – 20.00 Uhr begrenzt
auf 8 Stunden beim Einbringen der Bohlen mittels Hochfrequenzrüttler
und sonstige Lärmminderungsmaßnahmen.
-
Bauausschlusszeit vom 14.04 bis 15.06 für Drucksondierungen, Pfahlrammungen, Baugrubenherstellung, Versetzen der Dalben. In der Zeit
vom 01.04. bis zum 13.04. waren die vorstehend ausgeschlossenen
Arbeiten zulässig, sofern die Wassertemperatur 12° C nicht erreichte.
Die Träger des Vorhabens hatten während dieser Arbeiten die Wassertemperatur kontinuierlich zu messen und zu dokumentieren. Ergänzend waren die Rammarbeiten im April mit der sog. „soft-start“ Methode durchzuführen.
Sämtliche Bauarbeiten fanden daher außerhalb der Einwanderungsund Laichphase der Finte statt, da diese erst ab 12° C Wassertemperatur einwandert und bei ca. 15° C Wassertemperaturen laicht.
•
Anlegung der Baustelleneinrichtungsfläche vor dem 01.04.
•
Festsetzung der folgenden in der SaP auf S. 15 von den Trägern des
Vorhabens vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahmen :
o Reduzierung des Bodenauf- und -abtrag auf ein Mindestmaß
o Einsatz biologisch abbaubarer Betriebs- und Schmierstoffe beim
Bau und Betrieb
o Reduzierung der Versiegelung auf ein Mindestmaß. Nach Fertigstellung der Baumaßnahme fach- und sachgerechte Rekultivierung
o Entfernung aller bauzeitlichen Einrichtungen usw. nach Beendigung der Baumaßnahme
o Lockerung der verdichteten Böden nach Beendigung der Baumaßnahme
o Ordnungsgemäße Entsorgung aller Abfallstoffe
Wasserbauliche Maßnahmen
•
Ausschluss der herstellungsbedingten wasserbaulichen Ausbaumaßnahmen in der Zeit vom 1. April bis 15.Juni
634
•
Ausschluss der herstellungsbedingten wasserbaulichen Ausbaumaßnahmen für den Maßnahmebereich Emden (bis zum Einmündungsbereich
Dollart) in der Zeit vom 15.09 bis 30.11.
3.1.5.2.2
Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände
Das Vorhaben verstößt gegen keinerlei artenschutzrechtliche Verbotstatbestände gemäß § 44 Abs.1 i.V.m. Abs.5 BNatSchG.
Es wird nochmals darauf hingewiesen, dass innerhalb dieser Überprüfung
der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nur überprüft wird, ob durch
die Vorhaben gemeinschaftsrechtlich geschützte oder national streng geschützte Arten berührt und bezüglich dieser Arten Verbotstatbestände erfüllt
werden.
Nach der vorliegenden saP sind im Untersuchungsgebiet keine nur nach nationalem Recht streng geschützten Tierarten vorhanden. Dieser Einschätzung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an, zumal seitens der Fachbehörden oder Verbände keine anderslautenden Hinweise eingegangen
sind. Daher werden hier nur die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände in
Bezug auf die gemeinschaftsrechtlich geschützten Arten geprüft.
Arten des Anhanges IV der FFH-Richtlinie
-
Pflanzen
Die Gutachter der saP konnten Im Untersuchungsraum keine gemäß Anhang
IV der FFH-Richtlinie geschützten Pflanzenarten nachweisen. Die Planfeststellungsbehörde schließt sich dieser Einschätzung an. Auch in diesem Zusammenhang wurden seitens der beteiligten Naturschutzverbände und Naturschutzbehörden keine anderslautenden Erkenntnisse vorgetragen.
-
Säugetiere
Im Untersuchungsraum kommen nachgewiesen nur die Teichfledermaus
(Myotis dasycneme) und der Schweinswal (Phocoena phocoena) als nach
Anhang IV der FFH-Richtlinie geschützte Säugetierarten vor:
635
Biber und Fischotter sind nur potentiell vorkommende Säugetierarten an
der Ems. Nachweise, auch von Fortpflanzungs- und Ruhestätten, konnten für
diese Arten in den letzten Jahren im Untersuchungsraum nicht erbracht werden. Verbotstatbestände gemäß § 44 Abs.1 BNatSchG können daher nicht
erfüllt werden.
Hinsichtlich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Arten der Fledermäuse
ist der Untersuchungsraum für mehrere gemeinschaftsrechtlich geschützten
Arten potentiell geeignet. Aus den Verbreitungskarten der atlantischen Region zu den FFH-Arten des Nationalen Berichtes des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) ergeben sich aber lediglich Hinweise auf ein Vorkommen der
Teichfledermaus im Untersuchungsraum. Die nachfolgenden Ausführungen,
die auf die Teichfledermaus bezogen sind, können auf die anderen potentiell
vorkommenden Fledermausarten übertragen werden.
Die als sehr selten geltende Teichfledermaus ist eine Gebäudefledermaus,
die die Unterems als Jagdgebiet benutzt. Bei ihrem Jagdflug fliegen die Tiere
in einem schnellen geradlinigen Flug in 10-60 cm Höhe über der Wasseroberfläche. Die Weibchen suchen als Wochenstuben Quartiere in und an
alten Gebäuden auf. Als Winterquartiere werden unterirdische Verstecke in
Höhlen, Stollen, Brunnenschächten oder Eiskellern bezogen. Die Winterquartiere werden zwischen September und Dezember bezogen und ab Mitte
März/Mittel April wieder verlassen.
Eine genaue Kontrolle des Brückenbauwerks der Jann-Berghaus-Brücke
ergab, dass dieses keine geeigneten Strukturen für mögliche Fledermausquartiere bietet. Funde von Fledermäusen konnten sich daher dort auch nicht
ergeben.
Das Vorhaben verstößt in Bezug auf die Teichfledermaus nicht gegen das
Verbot des § 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG.
Zwar stellt das baubedingte Kollisionsrisiko mit den Baggerschiffen, speziell
während des Jagdfluges der Fledermäuse ein potentielles Gefährdungspotential dar, es wird aber davon ausgegangen, dass die Fledermäuse das
langsam fahrende Baggerschiff – es wird pro Maßnahmebereich jeweils nur
636
ein Hopperbagger eingesetzt – mit ihrem Ortungssystem genau lokalisieren
können und daher ein Ausweichen möglich ist.
Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Exemplare in
Kollisionen mit den Baggerschiffen geraten können. In Übereinstimmung mit
dem Urteil des BVerwG vom 09.07.2008 (9 A 14/07) ist dieses potentielle
Risiko aber noch nicht ausreichend, um dem Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1
BNatSchG zu unterfallen. Der Tötungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr.1
BNatSchG ist nur dann erfüllt, wenn sich das Kollissionsrisiko für die betroffene Tierart in signifikanter Weise durch das Vorhaben erhöht. Dies ist
dann gegeben, wenn die vorhabensbedingten Verluste unterhalb der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleiben, der mit einem Verkehrsweg im
Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegeben
Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (vgl. BVerwG aaO Rdnr. 91).
Aus Sicht der Planfeststellungsbehörde ist durch die Baggerungen kein erhöhtes, über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehendes Kollisionsrisiko
mit Schiffen an der Ems für die Teichfledermaus gegeben. Eine für die Ems
aus dem Jahr 2005 vorliegende Schiffsverkehrsstatistik der Wasser- und
Schifffahrtsdirektion Nordwest weist für die Strecke von Emden bis Leer
11.184 Schiffe und für den Bereich Leer bis Papenburg 9.904 Schiffe auf.
Der Einsatz der Hopperbagger erhöht das Kollisionsrisiko nicht maßgeblich.
Diese Bewertung trägt auch unter Berücksichtigung einer Beleuchtung der
Schiffe. Die Hauptaktivitätszeit der Baggerschiffe erfolgt während des Tageslichtes. Sofern in der Dämmerung oder im Dunkeln gebaggert wird, ist lediglich eine normale Decksbeleuchtung an. Auch wenn die Beleuchtung zur Anlockung von Insekten (Beutetiere) führt, wird das Ortungssystem der Fledermäuse durch Licht nicht beeinträchtigt. Das Kollisionsrisiko erhöht sich
dadurch nicht.
Auch ist nicht davon auszugehen, dass die Fledermäuse im Bereich der
Jann-Berghaus-Brücke mit Baumaschinen und Baustelleneinrichtungen kolli-
637
dieren werden und dadurch zu Schaden kommen. Zum einen da die Bauarbeiten an der Brücke aus Gründen des Lärmschutzes ohnehin am Tag stattfinden, zum anderen da Fledermäuse stehende bzw. sich langsam bewegende Baukörper und Baumaschinen rechtzeitig und lagegenau orten können.
Das Vorhaben verstößt in Bezug auf die Teichfledermaus auch nicht gegen
das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG.
Eine Störung der Fledermäuse während der Fortpflanzungs-, Aufzucht.,
Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten (d.h. während besonders
sensibler Lebensphasen) kann ausgeschlossen werden, da der Untersuchungsraum den Fledermäusen nur als Jagdhabitat dient und nicht davon
auszugehen ist, dass sowohl die Arbeiten an der Jann-Berghaus-Brücke (die
tagsüber stattfinden) noch die wasserbaulichen Maßnahmen, die nur teilweise in der Dämmerung und nachts stattfinden, die Teichfledermaus in ihrem
Jagderfolg behindern werden.
Da keine Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der Teichfledermaus betroffen
sind – diese sind nicht im Untersuchungsraum angesiedelt – kann ein Verstoß gegen das Verbot des § 44Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG nicht prognostiziert
werden.
Das Vorhaben verstößt auch hinsichtlich des gemeinschaftsrechtlich geschützten Schweinswales nicht gegen die Verbote des § 44 Abs. 1
BNatSchG.
638
Der Schweinswal lebt in den Küstengewässern vor Europa, wobei er im
Frühjahr in die Küstengewässer wandert und im Herbst in die küstenfernen
Gebiete zieht. Schweinswale ernähren sich fast ausschließlich von Fischen,
daneben aber auch von Krebstieren und Tintenfischen. Aus der „Karte der
Sichtungen von Schweinswalen“ des Nationalparks Wattenmeer“ – Stand
13.08.2008 wurden im Maßnahmebereich Emden 3 bis 6 Exemplare gesichtet. Die Unterems zählt nicht zu den regelmäßig aufgesuchten Gebieten. Sie
dient nicht als Hauptnahrungs-, Ruhe und Reproduktionsstätten der
Schweinswale. Eine höhere Nachweishäufigkeit im Frühjahr ist durch das
Aufsteigen anadromer Fischarten begründet, denen die Schweinswale zum
Nahrungserwerb folgen.
Das Vorhaben verstößt in Bezug auf den Schweinswals nicht gegen das
Verbot des § 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG.
Sollte sich während der Durchführung der wasserbaulichen Maßnahmen ein
Schweinswals im oder in der Nähe der Maßnahmebereiche aufhalten, wird
davon ausgegangen, dass das Tier den langsam bewegenden, bauausführenden Baggern ausweichen und es somit nicht zu Verletzungen oder gar
Tötungen von Exemplaren kommen wird. Dies ist darin begründet, dass
Schweinswale sich unter Wasser mit Hilfe von hochfrequenten Klicklauten
(Ultraschall) orientieren, die sie aussenden, um u. a. anhand des zurückgeworfenen Echos ein Bild von ihrer Umgebung zu bekommen. Potentielle Kollisionsrisiken bestehen zwar noch, aber es ist nicht davon auszugehen, dass
diese vorhabensbedingt signifikant im Vergleich zum allgemeinen Schiffskollisionsrisiko erhöht sind.
Auch ein Verstoß gegen das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2
BNatSchG kann ausgeschlossen werden. Das Ausweichen der Baggerschiffe kann hinsichtlich der Schweinswale noch nicht als Störung verstanden
werden.
Der Einsatz der Hopperbagger, die die durch diesen Beschluss genehmigten
Maßnahmen umsetzen, stellt nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde
keine merkliche Mehrbelastung dar. Im Übrigen ist die Unterems für die
639
Schweinswale auch kein Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- oder
Wandergewässer.
Da der Schweinswal in der Unterems keine Fortpflanzungs- oder Ruhestätten hat, ist eine Verbotsverwirklichung des § 44 Abs. 1 Nr.3 BNatSchG ausgeschlossen.
Eine Verbotsüberprüfung hinsichtlich des Umbaus der Jann-BerghausBrücke in Bezug auf den Schweinswal erübrigt sich, da dieser Bereich nur
sehr selten aufgesucht wird, so dass dort befindliche Tiere als Irrgäste betrachtet werden können.
-
Fische
Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen die Verbotstatbestände des § 44
Abs. 1 BNatSchG in Bezug auf gemeinschaftsrechtlich geschützte Fischarten.
Zwar wurde der Schnäpel, als FFH Anhang IV-Art, vereinzelt von Emsfischern, die Nachweise aus Beifängen anführen, gemeldet, jedoch gilt er offiziell als an der Ems verschollen. Die für die Begutachtungen erforderlichen
Befischungen
(vgl.
Unterlage
K.8
und
Ergänzungsgutachten
vom
14.09.2007) konnten keinen Nachweis von Schnäpeln im Untersuchungsraum erbringen. Die Rote-Liste kategorisiert ihn in die Gruppe 0 ein. Etablierte Vorkommen an der Ems sind nicht bekannt. Dies mag vor allem darin begründet sein, dass die Ems in ihrer heutigen Ausprägung kein geeignetes
Laichgebiet für den Schnäpel darstellt. Dieser benötigt Kies oder Sand zur
Eiablage und es müssen gute Sauerstoffverhältnisse existieren. Auf Grund
der Verschlickung und der negativen Sauerstofflage an der Ems sind diese
Bedingungen nicht erfüllt. Es wird daher davon ausgegangen, dass der
Schnäpel im Untersuchungsgebiet nicht vorkommt und vereinzelt vorkommende Tiere als Irrgäste einzustufen sind. Daher kann durch das Vorhaben
nicht gegen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG in Bezug auf den Schnäpel
verstoßen werden.
640
Entsprechendes gilt hinsichtlich der FFH-Anhang IV-Art des Störs. Zwar gibt
es vereinzelte Nachweise des Störs in der Unterems, es wird aber davon
ausgegangen, dass es sich wiederholt um nichteinheimische Störarten und
Hybriden gehandelt hat. Die für die Begutachtungen erforderlichen Befischungen (vgl. Unterlage K.8 und Ergänzungsgutachten vom 14.09.2007)
konnten keinen Nachweis von Stören im Untersuchungsraum erbringen.
Auch der Stör gilt an der Ems als verschollen, der Rote-Liste–Status ist 0.
Ebenso ist auch bei dieser Fischart nicht von einem etablierten Vorhaben
auszugehen, da die Ems in ihrer heutigen Ausprägung kein geeignetes
Laichhabitat aufweist. Auch der Stör benötigt Kiesbetten zum Laichen. Diese
sind an der Ems nicht vorhanden. Daher kann durch das Vorhaben nicht gegen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG in Bezug auf den Stör verstoßen
werden.
-
Reptilien, Amphibien und Insekten
Im gesamten Untersuchungsgebiet gibt es laut saP, der sich die Planfeststellungsbehörde anschließt, keine vom Anhang IV der FFH-Richtlinie gemeinschaftsrechtlich geschützten Reptilien, Amphibien und Insekten. Dies gilt
auch für den Bereich der Jann-Berghaus-Brücke. Weder von den Naturschutzbehörden noch von den Naturschutzverbänden wurden anderslautende Informationen mitgeteilt. Im Ergebnis kann hinsichtlich dieser Artengruppen nicht gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände in Ermangelung gemeinschaftsrechtlich geschützter Tierarten verstoßen werden.
Arten der Vogelschutzrichtlinie
Im Untersuchungsraum kommen zahlreiche Vogelarten, die von Art 1 der
VRL erfasst sind, tatsächlich vor, insoweit wird auf die Tabellen 8 und 9 der
saP verwiesen. Grundlage dieser Tabelle waren insbesondere die folgenden
Untersuchungen der Träger des Vorhabens
•
Avifaunistisches Gutachten „Maßnahmebereich der Jann-BerghausBrücke“ Stand Januar 2007“
•
„Ergebnisse der Gastvogelzählungen aus dem Winter 2006/07 Stand
10.10.2007“
641
•
„Ergebnisse der Brutvogelkartierung aus dem Jahr 2007 – Stand
07.11.2007“
Des Weiteren wurden Daten des NLWKN und weiterer Untersuchungen zu
anderen Vorhaben im Planungsraum ausgewertet.
Im Untersuchungsraum kommen nachgewiesen 93 Brutvogelarten (vgl. Tabelle 8 der saP) vor, von denen die folgenden 17 streng geschützt sind:
•
Rohrweihe
•
Mäusebussard
•
Tüpfelsumpfhuhn
•
Wachtelkönig
•
Säbelschnäbler
•
Flussregenpfeifer
•
Sandregenpfeifer
•
Seeregenpfeifer
•
Kiebitz
•
Bekassine
•
Uferschnepfe
•
Großer Brachvogel
•
Rotschenkel
•
Blaukelchen
•
Schilfrohrsänger
•
Ortolan
•
Grauammer
Die markierten Arten sollen als Beispiele für die unterschiedlichen Bedürfnisse an die Umgebung näher charakterisiert werden, um danach überprüfen zu
können, ob das Vorhaben gegen die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1
BNatSchG verstößt. Diese Vorgehensweise ist aus Sicht der Planfeststellungsbehörde sinnvoll, da bestimmte Vogelgruppen ähnliche Bedürfnisse
haben bzw. ähnlich auf äußere Einflüsse reagieren.
642
Der Kiebitz ist in Deutschland ein weit verbreiteter Brutvogel, deren Bestand
deutliche Rückgangstendenzen aufweist. Die Vogelart brütet hauptsächlich in
offenen, flachen Landschaften mit kurzem Gras, auf Wiesen und Weiden, u
.a. an Gewässerrändern und auf Feuchtwiesen. Auch auf Feldern und
Äckern sind brütende Kiebitze anzutreffen. Kiebitze sind standorttreue Brüter.
Sie sind relativ früh – bereits im März - am Brutort anzutreffen. Die Brutperiode endet spätestens ca. Mitte bis Ende Juni. Die Jungvögel sind Nestflüchter,
die nach dem Schlupf mit den Elterntieren in der näheren und weiteren Umgebung der Nester umherstreifen.
Die Bestandserhebungen im Jahre 2007 zeigten, dass zwischen den Brutstellen der Kiebitze und den Maßnahmenbereichen mindestens ein Abstand
von 150 m eingehalten wird.
Der Schilfrohrsänger besiedelt den Rand von Gewässern, das mit Schilf, hohen Gräsern, Brennnesseln und einzelnen Büschen bestanden ist. Die Nester der Schilfrohrsänger stehen zumeist auf feuchtem Boden oder dicht darüber in altem Gras oder Schilf. Stängel und Zweige in unmittelbarer Nestnähe werden in ihre Wände eingewoben. Insgesamt gelten Schilfrohrsänger als
wenig scheu und sehr lebhaft.
Die Bestandserhebungen im Jahre 2007 zeigten, dass zwischen den Brutstellen der Schilfrohrsänger und den Maßnahmenbereichen mindestens ein
Abstand von 150 m eingehalten wird.
Der Rotschenkel lebt an Küsten und flachen Gewässern, wie z. B. Feuchtwiesen in ganz Europa. Die Vögel brüten bevorzugt auf Weiden und auch
unbeweideten Wiesen, am liebsten aber dort, wo Salzwiesen naturbelassen
wachsen. Die Jungvögel sind Nestflüchter.
Die Bestandserhebungen im Jahre 2007 zeigten, dass zwischen den Brutstellen der Rotschenkel und den Maßnahmenbereichen mindestens ein Abstand von 200 m eingehalten wird.
Die Rohrweihe wählt als Neststandort oft dichte und weite Röhrichtbestände
an Seen und Flüssen. Die Nester werden zumeist im dichten Röhricht über
dem Wasser erbaut. Die Vögel kehren Ende März / Anfang April aus dem
643
Winterquartier zurück. Die geschlüpften Jungtiere verlassen im Alter von 2630 Tagen das Nest und bleiben dann in Nestnähe im Schilf.
Die Bestandserhebungen im Jahre 2007 zeigten, dass zwischen den Brutstellen der Rohrweihe und den Maßnahmenbereichen mindestens ein Abstand von 200 m eingehalten wird.
Im Untersuchungsraum kommen nachgewiesen 66 Gastvogelarten (vgl.
Tabelle 9 der saP) vor, von denen die folgenden 15 streng geschützt sind:
•
Eissturmvogel
•
Singschwan
•
Kornweihe
•
Sperber
•
Mäusebussard
•
Säbelschnäbler
•
Sandregenpfeifer
•
Goldregenpfeifer
•
Kiebitz
•
Alpenstrandläufer
•
Kampfläufer
•
Bekassine
•
Uferschnepfe
•
Großer Brachvogel
•
Rotschenkel
Die markierten Arten sollen als Beispiele für die unterschiedlichen Bedürfnisse an die Umgebung näher charakterisiert werden, um danach überprüfen zu
können, ob das Vorhaben gegen die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1
BNatSchG verstößt. Aus oben dargelegten Gründen wird diese Vorgehensweise von der Planfeststellungsbehörde als sinnvoll erachtet.
Der Alpenstrandläufer lebt während der Brutzeit hauptsächlich in vielen arktischen Tundren. Die Unterems mit ihren angrenzenden weitläufigen Wiesen
und Weiden gilt als bedeutender Rastort für diese Vogelart auf dem Weg zu
ihren Überwinterungsplätzen an der Atlantikküste von Irland über Frankreich
644
bis Mauretanien. Auch wenn Einzelvögel ganzjährig zu erwarten sind, ist
Hauptdurchzugszeit März bis Mai und August bis Oktober.
Der Goldregenpfeifer nutzt als Brutgebiete nasse Heiden, moorige Grasflächen und Hochmoore. Zur Nahrungssuche begibt er sich auch auf angrenzende Weiden, Wiesen und Äcker. Die Nahrung dieser Vogelart besteht
überwiegend aus Insekten und deren Larven, aus Larven, Würmern und kleinen Schnecken. Die emsnahen Grünlandbereiche werden vom Goldregenpfeifer als Durchzugs-, Rast- und Überwinterungsgebiet genutzt. Auch wenn
Einzelvögel ganzjährig zu erwarten sind, treten größere Rastvögelansammlungen von Juli bis Dezember und von Februar bis Mai an der Ems auf.
Durch das Vorhaben wird hinsichtlich der Vögel nicht gegen die Verbote des
§ 44 Abs. 1 BNatSchG verstoßen. Eventuell können die Baggereinsätze zu
einer zeitlich befristeten, kleinräumigen Änderung des Verteilungsmusters
führen.
Es liegt kein Verstoß gegen das Beeinträchtigungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr.
1 BNatSchG vor. Die wasserbaulichen Maßnahmen bewirken keine Entnahme, Tötung oder Verletzung von Vögeln oder Eiern.
Die Baggerungen zur Herstellung und Unterhaltung finden ausschließlich im
aquatischen Bereich statt und es ist davon auszugehen, dass die Vögel den
Baggerschiffen – in jedem Maßnahmebereich wird nur ein Hopperbagger
eingesetzt - ausweichen werden. Ein über das allgemeine Lebensrisiko signifikant gesteigertes Kollisionsrisiko ist durch die wasserbaulichen Baumaßnahmen nicht gegeben.
Auch die anlagebedingten Auswirkungen des Vorhabens bewirken keinerlei
Verletzungen oder Tötungen von Vögeln oder ihren Eiern. Nach den vorliegenden Prognosen wird sich bei Umsetzung der bedarfsbezogenen Baggerarbeiten der mittlere Tidewasserstand um ca. 1 cm verändern. Eine Erhöhung der Überflutungshäufigkeit von Außendeichsflächen durch einen Anstieg des mittleren Tidehochwassers ist daher nicht ausgeschlossen. Auswir-
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kungen auf adulte Vögel sind angesichts deren Mobilität und der langsam
eintretenden Veränderung nicht zu erwarten.
Jedoch kann sich grds. die Erhöhung der Überflutungshäufigkeit von Außendeichsflächen auf die Habitate von Wiesenbrütern auswirken. Der Gutachter
der Träger des Vorhabens kommt daher zu dem Ergebnis, dass Gelegeverluste / Verluste einzelner Eier als Entwicklungsform der Vögel nicht gänzlich
ausgeschlossen werden können. Eine vorhabensbedingte Beeinträchtigung
kann nur für Brutvögel eintreten, die in unmittelbarer Nähe der Ufer brüten
und deren Nester nicht von höheren Bereichen umgeben sind. Der unmittelbare Uferbereich wird jedoch kaum von Bodenbrütern zur Brut genutzt. So
siedeln die Wiesenbrüter der Küstenmarschen bevorzugt in den deichfernen
gerade ausreichend hoch gelegenen Teilen von extensiv genutzten Grünland- und Salzwiesenbereichen mit weitgehend kurzer Vegetation. Nistplätze
sind auch nach Durchführung der Vorhaben aufgrund der geringfügigen Zunahme der Überflutungshäufigkeit und ausreichender Geländehöhen weiterhin vorhanden, zumal der vorhabensbedingte Anstieg des Tidehochwassers
von 1 cm als sehr geringer Wert anzusehen ist, der sich in der anhand von
Messungen aus der natürlichen Variabilität kaum herausfiltern lassen wird.
Auch sind die Vögel, die im Uferbereich nisten, in der Lage, Gelegeverluste
durch Nachgelege zu kompensieren. Es wird von der Planfeststellungsbehörde daher nicht erwartet, dass sich auftretende Gelegeverluste bzw. Bestandsveränderungen überhaupt auf das Vorhaben zurückführen lassen.
Eine Verbotsverwirklichung wird vom Fachgutachter daher abgelehnt.
Dieser Einschätzung schließt sich die Planfeststellungsbehörde an. Die oben
genannte Rechtsprechung des BVerwG zum verbotserfüllenden Kollisionsrisiko kann auf die vorliegende Konstellation übertragen werden. Dass einzelne Exemplare von Vogeleiern durch Überflutungen zu Schaden kommen
können ist für die an der Ems brütenden Vögel keine unbekannte Gefahr.
Gelegeverluste durch Sommerüberflutungen kommen immer wieder vor. Jede vorhabensbedingte Tötung von Gelegen durch Anstieg des Tidehochwassers unter das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr.1 BNatSchG subsumieren
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zu müssen, würde dazu führen, dass die nach dem artenschutzrechtlichen
Regelungsgefüge als Ausnahmen konzipierten Vorschriften zum Regelfall
werden würden. Daher muss das Tötungsverbot sachgerecht ausgelegt werden. Es muss auch hier überprüft werden, ob sich das vorhabensbedingte
Risiko der Tötung von Gelegen im Vergleich zum Naturzustand signifikant
erhöht. Wie dargelegt ist es ein übliches Risiko für an Wasser brütende Vögel durch Sommerüberflutungen ihre Gelege zu verlieren. Auch schwankt der
Wasserstand durch Windeinflüsse und Wellenschlag von Schiffen ohnehin
um mehrere Zentimeter, auf diese natürlichen Einflüsse sind die Vögel beim
Bau ihrer Nester eingerichtet. Im Vergleich zu diesem Risiko ist die vorhabensbedingte Erhöhung des mittleren Tidehochwassers um bis zu 1 cm als
gering einzuschätzen. Im Übrigen ist in den meisten Bereichen der Ems das
Ufer ohnehin mit Steinschüttungen befestigt, auf denen nicht gebrütet wird.
Im Ergebnis wird daher auch eine Tatbestandserfüllung des § 44 Abs. 1 Nr. 1
BNatSchG in Bezug auf den vorhabensbedingten Tidehochwasseranstieg
ausgeschlossen.
Auch durch den Umbau Jann-Berghaus-Brücke werden Tötungen oder
Verletzungen von Vögeln oder Eiern nicht bewirkt. Die Anlegung der Baustelleneinrichtungsfläche erfolgte vor dem 1.4.
Ein Verstoß gegen das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr.2 BNatSchG liegt
aus folgenden Gründen ebenfalls nicht vor. Eine Störung ist immer dann gegeben, wenn es sich um äußere Einwirkungen handelt, die sich negativ auf
das Energie- und / oder Zeitbudget eines Tieres auswirken können. Tiere
können durch Kompensation auf einen Störreiz mit der Änderung ihres Raum
– und / oder Zeitbudgets reagieren. Durch Anpassung oder Gewöhnung können Reaktionen nicht so heftig oder gar nicht ausfallen. Ein Störreiz ist in
seiner Wirkung gravierend, wenn die Anpassung des Individuums überfordert
und seine Fitness gemindert ist. Nach der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes muss diese Störung während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-,
Mauser-, Überwinterungs- oder Wanderzeiten erfolgen. Des Weiteren muss
der Grad der Störung erheblich sein, wobei die Erheblichkeit im Gesetz durch
eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes einer Art definiert wird.
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Zur Herstellung und Unterhaltung der wasserbauliche Maßnahmebereiche
sind Baggerungen notwendig. Diese Baggerungen haben folgende in Bezug
auf das Störungsverbot relevante bau- und betriebsbedingte Wirkungen:
•
Trübungsfahnen und dadurch Vergrämung der Fische
•
Scheuchwirkung durch Bewegungen, Silhouettenwirkung und nächtliche
Beleuchtung der Baggerschiffe
•
Lärmimmissionen
Keine dieser vorhabensbedingten Auswirkungen zieht eine erhebliche Störung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG nach sich. Durch die von den
Baggerungen bewirkten Trübungsfahnen verändern sich die Lichtverhältnisse, wodurch potentielle Beute für Vögel schwerer zu lokalisieren und zu ergreifen ist. Des Weiteren wird durch die Trübungsfahnen auch die Fischfauna
örtlich vergrämt, andererseits werden jedoch auch in einem gewissen Umfang Fische und andere Wassertiere durch die Baggeraktivität an die Oberfläche befördert und stehen dann als potentielle Beuteobjekte zur Verfügung.
Da die Trübungsfahnen aber zeitlich und örtlich durch die Baggerungen begrenzt sind, können sich die Vögel darauf einstellen und auf andere Bereiche
ausweichen. Eine Negativauswirkung im oben genannten Sinne ist nicht gegeben. So dass eine Störung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG in
dieser Vorhabensauswirkung nicht gesehen werden kann.
Auch durch die Bewegungen auf den Baggerschiffen, Silhouettenwirkung
und nächtliche Beleuchtung der Baggerschiffe können zwar Scheuchwirkungen entstehen, diese können aber für das Vorhabensgebiet als gering bewertet werden, da es auf Grund des ohnehin auf der Ems verkehrenden Schiffsverkehrs, dazu zählen auch die Baggerschiffe, davon auszugehen ist, dass
die Vögel an diese Störquellen gewöhnt sind. Die Silhouette der Schiffe oder
Saugbagger inkl. derer nächtlicher Beleuchtung wird von den Vögeln als einheitlicher Reiz wahrgenommen, dessen Konsequenz jedoch als harmlos von
den Vögeln bewertet wird. Eine Störwirkung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2
BNatSchG ist nicht anzunehmen.
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Auch durch die von den Baggerschiffen und die Baggerung selber ausgehenden Lärmimmissionen werden keine erheblichen Störungen im Sinne des
§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG auf die Vogelwelt bewirkt.
Lärmimmissionen können zum einen direkte Auswirkungen haben, die möglicherweise zu Flucht- und / oder Angriffsreaktionen führen können. Zum anderen können Lärmimmissionen aber auch zu einer Störung der Kommunikation von Singvögeln führen, die u.a. bei der Abgrenzung eines Reviers, bei
der Arterkennung und Identifikation des Individuums und bei der Partnerfindung eine große Rolle spielt. Auf Grund bekannter Labordaten zur Wahrnehmung von Signalen bei Störschall ist zu erwarten, dass bei Störungsschallpegeln unter 47 dB(A) eine Beeinträchtigung der Avifauna ausgeschlossen werden kann und oberhalb dieses Wertes nach der Stressanfälligkeit der betroffenen Arten im jeweiligen Gebiet unterschieden werden muss.
Laut Darstellungen des Gutachters der Träger des Vorhabens, der sich die
Planfeststellungsbehörde anschließt, ist nach neueren Untersuchungen über
Vögel und Verkehrslärm die Maskierungsanfälligkeit artspezifisch und hängt
von den artspezifischen Strategien der akustischen und nicht-akustischen
Kommunikation der jeweiligen Vogelart ab.
Nach den Begutachtungen der Träger des Vorhabens in der saP und einer
nachfolgenden Stellungnahme vom 12.02.2009 ist für den gesamten Maßnahmebereich Emden, hier liegt am nächsten das Petkumer Deichvorland,
grundsätzlich mit einem Lärmpegel von 45 dB(A) im Deichvorlandsbereich
durch die Baggerarbeiten zu rechnen, die im Bereich der Bruthabitate auf 35
dB(A) abnehmen. Derart geringe Schallpegel sind selbst für schallempfindliche Brutvogelarten (vgl. Garniel et al. 2007) ohne Belang. Eine immissionsbedingte Beeinträchtigung der Avifauna für den Maßnahmebereich Emden
kann daher ausgeschlossen werden.
In den anderen wasserbaulichen Maßnahmebereichen muss an der Uferkante mit baggerbedingten Immissionswerten von 55 dB(A) gerechnet werden,
die sich je weiter in das Deichvorlandsgebiet hineingegangen wird, auf Werte
bis 45 dB(A) reduzieren. Der Gutachter der Träger des Vorhabens hat in der
saP und der ergänzenden Stellungnahme vom 12.2. 2009 ausgeführt, dass
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seiner Ansicht nach die im Wirkraum vorkommenden Arten nicht zu den besonders störempfindlichen Arten gegenüber Verkehrslärm gehören. Die
Kommunikationsbedürfnisse könnten bei maskierungsanfälligen Rufen bei
den Limikolen ggfs. auch durch optische Signale ausgeglichen werden. Jedoch geht die Planfeststellungsbehörde davon aus, dass die Schallimmissionen der Baggerschiffe aufgrund ihrer Andersartigkeit die Laute der Vögel
nicht vollständig maskieren. Der Planfeststellungsbehörde liegen weder von
den Naturschutzbehörden oder Naturschutzverbänden Informationen vor, die
einer solchen Einschätzung widersprechen.
Im Übrigen finden die Baggerarbeiten in einer Bundeswasserstraße statt, d.h.
einem Verkehrsweg der von der Schifffahrt genutzt wird. Eine für die Ems
aus dem Jahr 2005 vorliegende Schiffsverkehrsstatistik der Wasser- und
Schifffahrtsdirektion Nordwest weist für die Strecke von Emden bis Leer
11.184 Schiffe und für den Bereich Leer bis Papenburg 9.904 Schiffe auf.
Mithin kann für die an der Ems ansässigen Brut- und Rastvögel von einer
Habituation an den Schiffsverkehr ausgegangen werden, d.h. der Reiz der
vom Schiffsverkehr ausgehenden Immissionen wird nicht mehr so hoch oder
vollständig abgeschwächt wahrgenommen und wirken. Zwar wird nicht verkannt, dass der von einem im Betrieb laufenden Baggerschiff ausgehende
Lärm unter Umständen lauter sein kann als von einem normalen Schiff. Dennoch ist auch dieser Lärm der Baggerschiffe kein für die an der Unterems
sich befindlichen Vögel unbekannter Laut. Auf Grund der ständig notwendigen Unterhaltungsarbeiten an der Unterems verkehren Bagger mehrmals im
Jahr, so dass dieser Reiz nicht vollständig neu ist.
Zwar könnten insbesondere die Watvögel aufgrund ihrer größeren Empfindlichkeit gegenüber potenziellen lärmbedingten Störreizen gewisse Distanzen
durch Verlagerung ihrer Brutreviere während der Ausbauzeit in die hinteren
Deichgebiete eingehen. Im Ergebnis kann aber ausgeschlossen werden,
dass Brutvögel besetzte emsnahe Bruthabitate vollständig aufgeben werden.
Die Verlagerung der Bruthabitate mag zwar eine Störung sein, eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der einzelnen Arten ist vor dem Hin-
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tergrund der o. a. Habituation jedoch nicht zu erwarten, so dass die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten wird.
Der Lärmpegel der Baggerschiffe dürfte zudem nicht zu einer direkten Störung von Gastvögeln an ihren Rastplätzen führen. Es wird davon ausgegangen, dass Flucht- bzw. Stressreaktionen angesichts der Habituation an Baggerschiffe ausbleiben.
Der Planfeststellungsbehörde liegen hinsichtlich der Beurteilung der
Lärmauswirkungen auf Vögel keine anderslautenden Einschätzungen seitens
der Naturschutzbehörden und Naturschutzverbänden vor
Eine Verwirklichung des Störungsverbotes des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG
durch die anlagenbedingte Veränderung der Tidewasserstände und des Tidenhubes in Bezug auf die Avifauna kann aus den folgenden Gründen ausgeschlossen werden. Im Zusammenhang mit den Baggerarbeiten wurden
Veränderungen der Tidewasserstände und des Tidenhubes von bis zu ± 2cm
prognostiziert. Dies könnte eine Vergrößerung der Wattflächen durch Absinken des mittleren Tideniedrigwassers und einen Anstieg des mittleren Tidehochwassers zur Folge haben. Demgegenüber ist eine Verkleinerung der
sublitoralen Nahrungsgebiete durch Absinken des mittleren Tideniedrigwassers und eine Erhöhung der Überflutungshäufigkeit von Außendeichsflächen
durch einen Anstieg des mittleren Tidehochwassers nicht ausgeschlossen.
Die den Bruthabitaten der Außendeichsbereichen vorgelagerten Wattflächen
haben als Nahrungshabitate für die in den Vorländern nistenden Küstenvogelarten eine große Bedeutung. Die Vergrößerung der vorhandenen Wattflächen kann zu einer Vergrößerung potentieller Nahrungsflächen führen. Die
sublitoralen Flachwasserzonen haben als Entwicklungshabitate für Fische
auch eine gewisse Bedeutung für solche Brutvögel, die sich von Fischen ernähren. Aufgrund der bereits vorhandenen sehr starken Trübung sind fischfressende Arten jedoch kaum in der Unterems anzutreffen, weil die Fische für
die Vögel nicht auffindbar sind. Infolge der Vertiefungsmaßnahmen können
Teile dieser Gebiete in ihrer Ausdehnung entsprechend des Ausmaßes des
Absinkens während jeder Tideniedrigwasser-Phase verloren gehen. Dies hat
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auch grundsätzliche Auswirkungen auf Gastvogelrastplätze. Da diese Veränderungen aber nicht plötzlich, sondern langsam eintreten und des Weiteren
ein Ausgleich zwischen dem Flächenverlust und dem Flächengewinn besteht, ist nicht von einer Störung im Sinne der genannten Definition auszugehen. Des Weiteren sind die Ufer der Ems weitgehend durch Steinschüttungen befestigt, die auch von Rastvögeln nicht als Rastgebiet genutzt werden.
Der Umbau der Jann-Berghaus-Brücke verursacht als Störreize vor allem
Lärmimmissionen. Da die in der Umgebung der Brücke sich aufhaltenden
Vögel an den Straßenlärm gewöhnt sind, sind vorhabensbezogen nur solche
Immissionen zu bewerten, die über die bestehende Vorbelastung hinausgehen. Diese sind vor allem durch das Einbringen der Spundwandbohlen zu
erwarten. Auswirkungen auf das Brutgeschehen von Brutvögeln können aber
ausgeschlossen werden, da laut Anordnung … diese Arbeiten in der Zeit
vom 14.04 bis 15.06 nicht durchgeführt werden dürfen. Darüber hinaus wurde festgelegt, dass die Baustelleneinrichtungsfläche vor dem 01.04 einzurichten sei, so dass im unmittelbaren Umfeld des Brückenumbaus nicht mit
Gelegen zu rechnen war.
Auswirkungen auf rastende Gastvögel sind aber möglich. Ab einer Entfernung von gut 400 Metern von der Eingriffsfläche liegen die Maximalwerte laut
Schalltechnische Bericht je nach Wahl des Rammverfahrens bei maximal 65
– 70 dB(A). Das nächste bedeutende Rastvogelgebiet ist 700 m von der
Lärmquelle (300 m von der Brücke) entfernt, so dass sich die Lärmimmission
noch weiter reduzieren wird. Der Gutachter der Träger des Vorhabens hat in
seiner E-Mail vom 12.02.2009 dargelegt, dass er von einer Reduzierung bis
auf deutlich unter 50 dB(A) ausgehe. Dennoch könne eine Störung bzw.
kurzfristige Schreckreaktion einzelnen Rastvogelindividuen nicht ausgeschlossen werden. Es könne aber nicht von einer erheblichen Störung im
Sinne der Norm ausgegangen werden. Gerade auf Grund der Kurzfristigkeit
der störenden Rammarbeiten sei nicht von Störungen auszugehen, die den
Erhaltungszustand der lokalen Population der sich in diesem Gebiet aufhaltenden verschiedenen Rastvogelarten verschlechtere. Besonders lärmempfindliche Arten seien aber nicht bekannt. Die Planfeststellungsbehörde
schließt sich dieser Bewertung an. Weder von den Naturschutzverbänden
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noch von den Naturschutzbehörden wurden Zweifel an dieser Einschätzung
vorgetragen. So das im Ergebnis zwar ein Störungsreiz vorliegen kann, dieser aber sich nicht erheblich im Sinne der Norm auswirkt.
Weitere potentielle Störungsreize können durch visuelle Störungen durch
den Baustellenbetrieb kommen. Da der Raum bereits durch den laufenden
Verkehr auf der Bundestrasse B 436 und somit auf der Brücke hinsichtlich
Bewegungsunruhe und optischen Reizen stark vorbelastet ist, ist nicht davon
auszugehen, dass diese potentiellen Störreize bei den Vögeln auch Störreaktionen hervorrufen. Insgesamt ist auch bzgl. des Umbaus der JannBerghaus-Brücke nicht von einer Verbotsverwirklichung des Störungsverbotes des § 44 Abs. 1 Nr.2 BNatSchG auszugehen.
Auch ist kein Verstoß durch das Vorhaben gegen das Verbot des § 44 Abs.
1 Nr. 3 BNatSchG gegeben. Es werden sowohl durch die wasserbaulichen
Maßnahmebereiche, als auch durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke
bewirkt, keine Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von Vögeln entnommen,
beschädigt oder zerstört.
Die wasserbaulichen Maßnahmen werden im aquatischen Bereich vorgenommen und können daher keine tatbestandswirksamen Handlungen in Bezug auf Vögel nach sich ziehen. Die anlagenbedingte Wirkung des Vorhabens Veränderung der Tidewasserstände wird nach den vorliegenden Prognosen der BAW, der sich die Planfeststellungsbehörde anschließt, nur in einer Größenordnung von bis zu ± 2 cm (Tidenhubveränderung) eintreten.
Dadurch kann es zu einer geringen Erhöhung des Risikos von Sommerüberflutungen kommen. Gelegeverluste als Verlust von Fortpflanzungsstätten
können nicht ausgeschlossen werden. Wie oben schon dargelegt stellt diese
vorhabensbedingte Erhöhung des Risikos eines Gelegeverlustes keine signifikante Steigerung im Vergleich zum allgemeinen Risiko des Gelegeverlustes
durch Sommerüberflutungen oder Überflutungen durch Windeinflüsse oder
Wellenschlag dar. Eine Verbotsverwirklichung kann daher ausgeschlossen
werden.
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Auch durch den Umbau der Jann-Berghaus-Brücke wird keine Zerstörung
oder Beschädigung von Fortpflanzungsstätten bewirkt. Die Baustelleneinrichtungsfläche für die Jann-Berghaus-Brücke ist außerhalb der Brutzeiten, d.h.
vor dem 1.4. anzule