Poil de Carotte - THEATER PADERBORN
Transcription
Poil de Carotte - THEATER PADERBORN
Poil de Carotte von Jules Renard Materialien zur Inszenierung von Katharina Kreuzhage Empfohlen ab 14 Jahren Fächer: Französisch, Pädagogik, Geschichte 1 „Der sezierende Blick des Autors enthüllt nicht nur das Leid, das Kindern zugefügt wird, sondern auch die Berechenbarkeit und Grausamkeit von Kindern gegenüber Schwächeren. Durch die familiären Umstände bedingt lernt Poil de Carotte sogar seine wahren Gefühle zu verbergen und sich der Heuchelei und Hinterlist zu bedienen. Renard nannte sein Werk auch einen autobiographischen Traum.“ Auszug aus: Bettina Kümmerling-Meibauer: Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur: ein internationales Lexikon, Bd. II, Metzler 2004, S. 911f. 2 Liebe Lehrer/innen, mit POIL DE CAROTTE von Jules Renard zeigen wir Ihnen ein Kindheitspsychogramm, das auch über 100 Jahre nach seiner Entstehung nicht an Eindringlichkeit verloren hat. Renard beschreibt, wie Familie oft sein kann und wie ein Kind im familiären Beziehungslabyrinth unterzugehen droht. In dieser Mappe haben wir Informationen und Sekundärliteratur zur Inszenierung sowie theaterpädagogische Übungen zusammengestellt. Ihr Theaterpädagogik-Team der Theater Paderborn – Westfälische Kammerspiele GmbH Nächste Premiere im Großen Haus: DER LEBKUCHENMANN, musikalisches Weihnachtsmärchen von David Wood, Premiere am 13.11.2014, empfohlen ab 4 Jahren Nächste Premiere im Studio: DER VORNAME von Alexandre de la Patellière und Matthieu Delaporte, Premiere am 08.11.2014, empfohlen ab 14 Jahren Nächste Empfehlung für Sie: DIE VERWANDLUNG von Franz Kafka, Premiere am 06.12.2014 im Studio, empfohlen ab 12 Jahren, zu der Inszenierung bieten wir eine Materialmappe sowie stückbegleitende Workshops an (Kontakt unter theaterpaedagogik@theater-paderborn.de) 3 Besetzung Poil de Carotte Natascha Heimes Madame Lepic Kirsten Potthoff Monsieur Lepic Max Rohland Ernestine Maria Thomas Felix Lars Fabian Statisterie Statistinnen des Theater Paderborn Regie Katharina Kreuzhage Choreographie Nicki Liszta Bühne & Kostüme Ariane Scherpf Dramaturgie Anne Vogtmann Regieassistenz Chiara Nassauer Ilka Zänger Inspizienz Robert Stark Technischer Leiter Klaus Herrmann Technische Ausstattung Alexander Segin Bühnenmeister Paul Discher Michael Bröckling Beleuchtungsmeister Hermenegild Fietz Ton & Video Martin Zwiehoff Requisite Annette Seidel-Rohlf Kristiane Szonn Leitung Kostümabteilung Christina Pantermehl Maske Ramona Foerder Aufführungsrechte: S. Fischer Verlag GmbH Premiere: Samstag, 20.09.2014 / 19:30 Uhr im Großen Haus Dauer: ca. 60 Minuten, keine Pause 4 Inhalt Poil de Carotte & Jules Renard Seite 6/7 Biographische Informationen Auszüge aus „Notiz über Jules Renard als Poil de Carotte“ von Vincenzo Orlando Seite 8-10 Auszüge aus „Schizophrenie und Familie“ von Gregory Bateson Seite 11/12 Systematisch-therapeutisches Werk über Schizophrenie in der Familie. Bateson über „double bind“ (Doppelbindung) Auszüge aus „Dorf in der Vaucluse“ von Laurence Wylie Seite 13-16 Soziologische Studie zum Alltag in einer französischen Gemeinde um 1950, trotz des zeitlichen Unterschieds gibt es erkennbare Parallelen zur Entstehungszeit von „Poil de Carotte“ Theakteraktiv „Poil de Carotte“ Seite 17-19 Zusammenstellung verschiedener Übungen Sekundärmedienpool: Literatur / Filme Impressum Seite 20 5 Poil de Carotte Spaßig ist das Leben für den Muttersohn „Poil de Carotte“ nicht: Die Mutter, Madame Lepic, hat ihn als schwarzes Schaf und Prügelknaben auserkoren, was von der restlichen Familie, Monsieur Lepic, dem großen Bruder Felix und Schwester Ernestine stillschweigend akzeptiert oder sogar unterstützt wird. Aber Jules Renard hat mit seinem rothaarigen „Poil de Carotte“ keine Figur geschaffen, mit der man Mitleid haben soll. In lose verbundenen Episoden analysiert er die Konflikte einer Familie. Es entsteht ein Kindheitspsychogramm von unübertroffener Eindringlichkeit. „Poil de Carotte“ ist eine Abrechnung mit der Familie – und ein Abschiednehmen von ihr. Jules Renard Jules Renard (* 22. Februar 1864 in Châlons-du-Maine; † 22. Mai 1910 in Paris) wächst in der Region rund um das Mittelgebirge des Morvan im östlichen Frankreich auf. Renard nimmt nach seinem Wehrdienst 1886/87 kleinere Jobs als Advokatengehilfe oder Hauslehrer an. Ein Jahr später veröffentlicht er sein erstes Buch, einen Band mit Novellen und zieht mit seiner Frau Marie Morneau nach Paris. In den folgenden Jahren widmet sich Renard komplett der Schriftstellerei und wird Mitbegründer der Zeitschrift „Mercure de France“, für die er regelmäßig Artikel schreibt. Es entstehen weitere Romane und Teile des als sein Hauptwerk bezeichneten „Journal“ (Tagebücher von 1887-1910). Basierend auf dem schwierigen Verhältnis zu seiner Familie entsteht sein Werk „Poil de Carotte“, welches vom Leben eines von seiner Mutter ungeliebten Sohnes erzählt. Dieser episodenhafte Roman verschafft ihm 1894 den ersten großen Erfolg. Er veröffentlicht den Stoff nochmals als Bühnenfassung. Diese wird mit 125 Vorstellungen zum großen Erfolg - namhafte französische Autoren und Schauspieler sind mit ihm befreundet. 1904 wird er zum Bürgermeister seines Heimatortes gewählt, damit ist er ein Nachfolger seines eigenen Vaters. Er unterhält Beziehungen mit den führenden Sozialisten Jean Jaurès und Léon Blum. Die renommierte Académie Goncourt (französische Literaturorganisation) nimmt ihn 1907 auf. Doch sein Leben ist nicht ausschließlich von Erfolgen geprägt: Tot und Krankheit bilden einen roten Faden in seiner Biographie. Sein Vater erschießt sich 1897, seine Mutter ertrinkt in einem 6 Brunnen. Sein Bruder Maurice stirbt mit 28 Jahren. Renard selbst fühlt sich mit 30 Jahren matt und krank - er stirbt letztendlich im Alter von 46 Jahren nach einer schweren Herzattacke. Seine Lebensgeschichte manifestiert sich in seinen Werken, die von Melancholie und einem oft sehr bösen, feinen Humor gekennzeichnet sind. Seine Dramen, Romane und Novellen sind psychologisch und realistisch zugleich. 7 Auszüge aus „Notiz über Jules Renard als Poil de Carotte von Vincenzo Orlando“ Der Leser von „Poil de Carotte“ hat ein Buch über die Grausamkeit der Kindheit vor sich; es ist zugleich ein Buch von seltener Zärtlichkeit, der Zärtlichkeit des Abschieds. „Poil de Carotte“ ist – im Guten und im Bösen – eine Abrechnung mit der Familie und ein Abschiednehmen von ihr. „Poil de Carotte, mein Freund, verzichte auf das Glück. Ich sage dir im Voraus, du wirst niemals glücklicher sein als jetzt, niemals, niemals.“ Dieser ungewöhnliche Roman, erschienen 1894, war sofort ein Publikums- und Kritikererfolg. Obwohl Jules Renard, der stets mit sich selbst unzufrieden war, den Text nie für vollendet gehalten hat, zeigt er doch immer wieder, wie sehr er ihm am Herzen liegt. […] „Poil de Carotte“ wird Jules Renard ein Leben lang nicht loslassen. Von seiner Frau und seinen Kindern wird er Poil de Carotte genannt. Wenige Monate vor seinem Tod gilt die letzte Tagebucheintragung Poil de Carotte: „Nachts. Ich will aufstehen. Schwere. Ein Bein hängt aus dem Bett. Ein feuchtes Strömchen fließt mein Bein entlang. Es muss die Ferse erreichen, bis ich mich entscheide. Dann wird es zwischen den Betttüchern trocknen, wie damals, als ich Poil de Carotte war.“ Wie Jules Renard selbst geäußert hat, soll der Anlass für seinen Roman das unmögliche Benehmen seiner Mutter gewesen sein, als Marinette, Renards Frau, sich in seinem Elternhaus in Chitry 1889 und 1891-92 aufhielt, jeweils vor der Entbindung ihrer beiden Kinder. Eine entscheidende Rolle muss jedoch auch sein Verleger Flammarion gespielt haben, der Renard 1893 dazu drängte, das Buch zu schreiben (einige Szenen von „Poil de Carotte“ waren bereits seit 1890 in verschiedenen Zeitschriften erschienen). […] Gewiss war die literarische Verklärung seiner eigenen Kindheitserinnerungen der geeignetste Stoff, den unser Schriftsteller zur Verfügung hatte. Andererseits war das Thema des misshandelten Kindes oder der unglücklichen Kindheit weit verbreitet in der Literatur des vorigen Jahrhunderts. Man denke an Romane wie „Oliver Twist“ oder „David Copperfield“ von Charles Dickens oder Romanfiguren wie Cosette in „Die Elenden“ von Victor Hugo, den Renard außerordentlich bewunderte. Nicht zu vergessen die allerunglücklichste all dieser Gestalten: der junge Remi des Romans „Sans Famille“ (deutsch: „Heimatlos“) von Hector Malot, der damals bei jugendlichen und erwachsenen Lesern einen Erfolg ohnegleichen feierte. Fälle von misshandelten Kindern nahmen in der Tagespresse breiten Raum ein. Ein Beispiel aus dem „Echo de Paris“: Ein von den Eltern brutal geschlagenes Kind wurde hinter Haustür Nr. 76 in der Rue Vaneau gefunden. Es stirbt am nächsten Morgen im Kinderhospital. An einem einzigen Tag – so berichtet die Zeitung weiter – defilieren tausendfünfhundert Personen an der aufgebahrten Leiche entlang. 8 […] Bei Hugo oder Dickens beruht das Unglück der Kinder auf ihrem Dasein als Waise oder Halbwaise. Ihr Elend wird auf das fehlende harmonische Familienleben oder auch nur dessen Idealisierung zurückgeführt. Vom erzählerischen Standpunkt aus bildet dies eine wunderbare Ausgangssituation für alle möglichen Verstrickungen, die den Leser ohne weiteres fesseln. Dass „Oliver Twist“ zum Beispiel unerträglich „edel ... wohlerzogen und gänzlich bürgerlich, ein Held nach den gängigen Klischees“ ist, steht zwar in Kindlers Literaturlexikon, aber welcher junge Leser merkt das schon! […] Selten hat ein Autor den ersten Auftritt seines Protagonisten so plastisch gestaltet wie Jules Renard. Man sieht zunächst zwei Kinder, die Geschwister von Poil de Carotte, die konzentriert lesen. Mit den Ellbogen stützen sie sich auf die zwei Seiten eines Tisches, der nicht sehr groß sein kann, da die beiden Kinder sich mit der Stirn fast berühren. Dann wird der Blick des Lesers nach unten gelenkt. Unter dem Tisch liegt nämlich Poil de Carotte. Aber was tut er? „Il joue à rien“, das heißt, er spielt ein Spiel, das „Nichts-Spielen“ heißen müsste, wenn es das gäbe! Die Stellung von Poil de Carotte innerhalb der Familie könnte nicht stärker verdeutlicht werden. Die Absonderlichkeit von Poil de Carotte prägt das Buch bis zum Schluss. Renard selbst erklärt: „Poil de Carotte entwickelt sich nicht. Er ist etwas Absolutes, und er nimmt eine Haltung ein, die sich wiederholen oder unterbrechen, nicht aber ändern kann: Es ist die Haltung eines erschrockenen Kindes.“ Er ist ein erschrockenes, verängstigtes Kind, das stets in einer defensiven Haltung leben muss. Eine Familiensituation, wie sie in „Poil de Carotte“ dargestellt wird, deckt sich bis in die kleinsten Details mit der Situation, die man heute in der Psychologie als „double bind“ bezeichnet. Der Begriff „double bind“, den man mit „Beziehungsfalle“ oder „Doppelbindung“ übersetzen kann, wurde von Gregory Bateson geprägt und ist in der Behandlung der Schizophrenie gebräuchlich. Situationen von Doppelbindung beherrschen nicht nur das pathologische Leben, sondern sind intim und alltäglich präsent auch im sogenannten normalen Leben. Jedesmal, wenn zwei oder mehrere Personen über einen längeren Zeitraum hinweg in engerem Kontakt zueinander stehen, wird die Beziehung für einen oder beide eine physische und psychische Lebensnotwendigkeit. Es ist die charakteristische Situation, in der sich vor allem jede Familie und jedes Paar befindet. Eine dieser Personen wird in der Theorie von Bateson als „Opfer“ bezeichnet. Dabei kann die Doppelbindung von der Mutter allein verhängt werden, auch vom Vater allein oder von einer Kombination aus Mutter, Vater und Geschwistern. Anders als der Psychoanalytiker, der nach einer spezifisch traumatischen Erfahrung und nach Urphantasien und Urszenen forscht, sucht Bateson charakteristische Muster von Erfahrungssequenzen innerhalb der familiären Wechselwirkung. Die Erfahrung der Doppelbindung wird so oft vom „Opfer“ erlebt, dass sie zu einer habituellen Erwartung wird. Es bildet sich ein Lernkontext, in dem ein 9 negatives Gebot ständig in der Form: „Tu dies oder jenes nicht, oder ich werde dich bestrafen!“ oder: „Wenn du dies oder jenes nicht tust, werde ich dich bestrafen!“ befohlen wird. Das „Opfer“ lernt damit vor allem die Vermeidung der Strafe zu suchen, statt sich frei zu entfalten. Ein zweites Gebot, das sich mit dem ersten koppelt, ist schwieriger zu beschreiben. Dieses Gebot wird dem „Opfer“ gewöhnlich nicht durch die Sprache vermittelt, sondern durch Körperhaltung, Gestik, Tonfall, bedeutungsvolles Handeln. Das „Opfer“ wird auf diese Weise mit widersprüchlichen Mitteilungen konfrontiert, die sich gegenseitig negieren und zur Folge haben, dass seine Unterscheidungskapazität und seine Logik zusammenbrechen. Ein Elternteil kann beispielsweise den Geboten des anderen auf einer anderen Ebene widersprechen. Das „Opfer“ unternimmt nicht einmal den Versuch zu fliehen und verzichtet auf jeden Versuch, den Vorfall zu verstehen. Wenn das „Opfer“ schließlich gelernt hat, sein Universum in „double bind“ - Mustern wahrzunehmen wird auch der kleinste Anlass genügen, es in Panik, Wut oder Resignation zu versetzen. Das familiäre Leben der Lepics ist das Leben einer schizophrenen Familie. Das Labyrinth, in dem Poil de Carotte herumirrt, ist ein unentwirrbares Knäuel von Doppelbindungen. Unter diesem Aspekt könnte das Buch fast vollständig noch einmal zitiert werden. Je intensiver man „Poil de Carotte“ liest, desto klarer wird, dass Jules Renard der erste Schriftsteller ist, der die Familie so darstellt, wie sie oft sein kann. Deshalb die Betroffenheit der Leser: Jeder von uns hat, mehr oder weniger, seine Doppelbindungen in der Kindheit bewältigen müssen, wie Poil de Carotte. Jules Renard scheint mehr Sympathie für den Vater als für die Mutter gehabt zu haben, obwohl Monsieur Lepic in seinem Roman nicht weniger unsensibel ist als seine Frau. Und es ist merkwürdig, mit wieviel Nachsicht Renard immer das Andenken an seinen Vater bewahrt, obwohl sowohl im Roman als auch in seinem konkreten Leben ein Vater manchmal nicht krasser mit einem Sohn umgehen könnte, als François Renard es tat. 10 Auszüge aus „Schizophrenie und Familie“ von Gregory Bateson Das double bind Die notwendigen Bestandteile einer double bind – Situation, wie wir sie sehen, sind: 1. Zwei oder mehr Personen. Eine davon bezeichnen wir zum Zwecke unserer Definition als das „Opfer“. Wir nehmen nicht an, dass das double bind von der Mutter allein erzwungen wird, sondern dass es entweder durch die Mutter allein oder durch ein Zusammenwirken mit dem Vater oder den Geschwistern zustandekommt. 2. Wiederholte Erfahrung. Wir nehmen an, dass das double bind sich in der Erfahrung des Opfers wiederholt. Unsere Hypothese beschwört keine einzelne traumatische Erfahrung, sondern eine derartig wiederkehrende Erfahrung, dass die Struktur des double bind zu einer habituellen Erwartung wird. 3. Ein primäres negatives Gebot. Dieses kann zwei Formen haben: entweder (a) „Tu das und das nicht, oder ich bestrafe dich“, oder (b) „Wenn du das und das nicht tust, bestrafe ich dich.“ Hier wählen wir einen Lernkontext aus, der stärker auf der Vermeidung von Strafe aufbaut als ein Kontext des Strebens nach Belohnung. Für diese Auswahl gibt es vielleicht keinen formalen Grund. Wir gehen davon aus, dass die Strafe entweder in Liebesentzug oder in der Äußerung von Hass oder Ärger bzw. – am verheerendsten – in jeder Art von Verlassenheit besteht, die dem Ausdruck extremer Hilflosigkeit seitens der Eltern entspringt. 4. Ein sekundäres Gebot, das mit dem ersten auf einer abstrakteren Ebene in Konflikt gerät und wie das erste durch Strafen oder Signale durchgesetzt wird, die das Leben bedrohen. Dieses sekundäre Gebot ist aus zwei Gründen schwerer zu beschreiben als das primäre. Erstens wird das sekundäre Gebot gewöhnlich auf averbalem Wege vermittelt. Körperhaltung, Gesten, Stimmlage, sinnvolle Handlungen, und die in der verbalen Mitteilung verborgenen Implikationen lassen sich sämtlich zur Übermittlung dieser abstrakteren Botschaft verwenden. Zweitens kann das sekundäre Gebot gegen ein Element des primären Verbotes verstoßen. Die Verbalisierung des sekundären Gebots kann deshalb einen weiten Spielraum von Formen umfassen, zum Beispiel: „Betrachte das nicht als Strafe“ , „Betrachte mich nicht als Strafinstanz“ , „Unterwirf dich nicht meinen Verboten“, „Denke nicht an das, was du nicht darfst“, „Zweifle nicht an meiner Liebe, für die das primäre Verbot ein Beispiel ist (oder nicht ist)“ usw. Weitere Beispiele werden möglich, wenn das double bind nicht nur von einer Person, sondern von zweien verhängt wird. So kann zum Beispiel ein Elternteil auf einer abstrakten Ebene die Gebote des anderen Elternteils negieren. 11 5. Ein tertiäres negatives Gebot, das dem Opfer untersagt, das Feld zu räumen. Im formalen Sinne braucht man dieses Gebot vielleicht nicht als getrennten Punkt aufzuführen, da die Verstärkung auf den beiden anderen Ebenen lebensbedrohend ist und eine Flucht natürlich unmöglich gemacht wird, wenn die double binds während der Kindheit aufgezwungen werden. Es scheint jedoch, dass die Räumung des Feldes in einigen Fällen durch bestimmte Mittel unmöglich gemacht wird, die nicht völlig negativ sind: unbeständige Liebesversprechen zum Beispiel. 6. Schließlich ist die komplette Serie von Einzelelementen unnötig geworden, wenn das Opfer gelernt hat, sein Universum in der Schablone des double bind wahrzunehmen. Fast jedes Teil einer double bind – Sequenz kann dann ausreichen, um Panik oder Wut auszulösen. Die Struktur der widerstreitenden Gebote kann sogar von halluzinatorischen Stimmen übernommen werden 12 Auszüge aus „Dorf in der Vaucluse“ von Laurence Wylie Kindheit In Peyrane kommen die meisten Kinder zu Hause auf die Welt. Nur in außergewöhnlichen Fällen, wenn eine Operation zu erwarten ist oder wenn niemand da ist, der sich daheim um die Mutter und das Baby kümmern kann, denkt man an eine Entbindung in der Klinik. Die Leute sagen, Pflege im Krankenhaus sei zwar besser als gar keine, aber sicherlich schlechter als zu Hause, da man von „Fremden“ nicht die gleiche liebevolle Fürsorge erwarten könne wie von Familienangehörigen. Sie wissen, dass es in den Städten viele Frauen gibt, die lieber in der Klinik entbinden, und sie haben von den schönen, neuen Entbindungsheimen in kleinen Orten wie Carpentras gehört, aber sie wissen auch, dass ein Mensch, der Pflege nötig hat, seine Familie braucht. […] Wenn die Geburt normal verlaufen ist und das Kind keine besondere Pflege braucht, legt man es an einen warmen Platz, bis die Mutter versorgt ist. Dann kümmert man sich um das Kind. Es wird gewaschen, gewickelt und warm eingepackt. Beim Wickeln lässt man die Arme frei, aber die Beine werden gestreckt und fest in Bandagen eingebunden. Als ich fragte, warum die Babys gewickelt würden, erhielt ich die verschiedensten Antworten. Einige meinten, weil ihre Körper so empfindlich seien, wenn man sie ungewickelt ließe, könnten sie sich die Wirbelsäule verrenken. Andere sagen, Babys bewegten sich so heftig und unvernünftig hin und her, dass sie sich stoßen und verletzen könnten. Ein wieder anderer Grund war, dass die Beine für einige Wochen gerade gestreckt werden sollten, wenn ein Kind nicht gewickelt würde, könne es O-Beine bekommen. Fragte ich nach dem Erfolg, verhielten sich die Leute ablehnend, denn sie wissen, dass in den Städten die Babys kaum noch gewickelt werden. Sie wissen auch, dass die Lehrerin im Unterricht über Babypflege ihr Missfallen über das Wickeln äußert, weil dadurch keine Sonne und keine Luft an den Körper kommen. Sie sagt keine Sonne bedeutet Mangel an Vitamin D, und dies verursache Rachitis. Die Leute respektieren die Ansicht der Lehrerin, können andererseits aber nicht einsehen, inwiefern das Wickeln in der Vergangenheit Schaden angerichtet haben soll, und die Lehrerin hat sich darüber noch nicht geäußert. […] Vom Vater erwartet man normalerweise nicht, dass er sich viel um die Pflege des Kindes kümmert, auch wenn er nicht arbeitet. Er liebt seine Kinder und spart nicht an Zärtlichkeiten, aber es ist nicht seine Sache, für sie zu sorgen. Nur unter ungewöhnlichen Umständen bittet man ihn, ein Auge auf sie zu haben. Es gab einen Vater im Dorf, dem es offensichtlich Spaß machte, für sein Baby zu sorgen, aber man war der Meinung, er benähme sich nicht normal, und schrieb es dem Umstand zu, dass er und seine Frau aus dem Elsass stammten. Sobald aber ein Kind 13 laufen und alleine essen kann, nimmt es der Vater gerne mit ins Café, um es seinen Freunden zu präsentieren. Das Kind darf dann ein Schlückchen Pastis aus des Vaters Glas trinken und ein Glas Granatapfelsaft, das die Frau des Wirts ihm spendiert. Es dreht sich hierbei nicht um die Beaufsichtigung des Kindes, der Vater will vielmehr zeigen, wie stolz er auf das Kind ist und wie gut er mit ihm steht. […] Wenn ein Kind groß genug ist, um an einem Tisch mit zu essen, wird es streng dazu angehalten, alles zu essen, was es auf dem Teller hat, gleichgültig, ob es vorher Süßigkeiten und Gebäck gegessen hatte oder nicht, denn Kinder müssen lernen, Essen nicht verderben zu lassen. Es wird zwar nicht gezwungen, alles auf seinem Teller zu essen, aber es muss es wenigstens versuchen. Wenn ein Kind sich weigert, alles aufzuessen, wird es behandelt, als ob es krank sei, da man glaubt, dass nur ein krankes Kind sich weigern würde zu essen. Wenn man merkt, dass es ein Gericht nicht mag, muss es seinen guten Willen zeigen und versuchen, ein bisschen davon zu essen, aber wenn es klar ist, dass es das Gericht wirklich nicht mag, macht die Mutter ihm etwas anderes. Wenn ein Kind mit der Familie isst, lernt es Tischmanieren, denn es muss wissen wie „se tenir comme il faut à table.“ Es muss gerade sitzen und beide Handgelenke auf die Tischplatte legen, wenn es seine Hände nicht gerade zum Essen braucht. Ein Ellenbogen darf nie auf dem Tisch und eine Hand nie unterm Tisch sein. Wenn ihm eine Hand unter den Tisch rutscht, sagen die Eltern: „Was tut die Hand dort unten? Tu sie auf den Tisch wo sie hingehört!“. Das Kind muss „bitte, Papa und Mama sagen“, wenn es etwas zu essen habe möchte und es muss „danke, Papa und Mama“ sagen, wenn es etwas bekommen hat. Wenn es dies vergisst, stellen sich die Eltern taub und geben ihm nichts, bis es sich daran erinnert. Traditionsgemäß, und theoretisch auch heute noch, darf ein Kind bei Tisch nicht sprechen, aber die Eltern halten sich nicht so streng an die Regel „mange et tais-toi“. […] Sobald ein Kind groß genug ist zu verstehen, was man zu ihm sagt – gewöhnlich im Alter von zehn oder elf Monaten, erwartet man von ihm, dass es seine Hose nicht mehr nass macht oder beschmutzt, sondern dass es die Mutter zu Hilfe ruft, um alles vernünftig zu erledigen. Wenn es auf seinen kindlichen Gewohnheiten besteht, machen sich seine Eltern und alle, die sich um ihn kümmern, über es lustig, lachen es aus und reden ihm zu, das es vernünftig sein soll. In hartnäckigen Fällen droht man mit ein paar Klapsen auf den Hintern oder gibt sie ihm gleich. Im ganzen zeigt die Mutter große Geduld, trotz der Arbeit, die sie mit der schmutzigen Wäsche hat. Wenn die Wäsche des Kindes schmutzig ist, muss man sie waschen, denn es ist für die Mutter eine Schande, wenn ihr Haus von Urindüften durchzogen wird. Nur Leute, die „wie Tiere leben“, ertragen eine solche Atmosphäre. Es gibt solche Leute in Peyrane, aber nicht viele. Im allgemeinen dauert es ein Jahr, bis ein Kind sauber ist, aber man weiß, dass Kinder sehr verschieden lange brauchen, bis sie soweit sind. Man gibt auch zu, dass einmal ein Malheur 14 passieren kann, wenn das Kind eigentlich schon sauber ist. Eine Mutter findet das ärgerlich, aber sie wird das Kind dadurch strafen, das sie sich über es lustig macht. Gewöhnlich nehmen die Eltern das Kind in der Nacht nicht hoch, um es auf den Topf zu setzen, nur wenn es im Schlaf aufschreit oder ungewöhnlich unruhig ist. Im Allgemeinen sind die Kinder mit vier Jahren, wenn sie in die Schule kommen, sauber. […] Die Kinder von Peyrane lernen im frühen Alter, dass Müdigkeit und körperliches Unbehagen keine Entschuldigung dafür sind, das nicht zu tun, was von ihnen erwartet wird. Sobald ein Kind läuft, muss es immer laufen und wird nicht mehr getragen. Wenn man sieht, dass ein Kind, das laufen kann, von seinen Eltern getragen wird, ist man erstaunt und besorgt. Man nimmt an, dass das Kind verletzt oder krank ist. Wenn wir spazieren gingen und unser dreijähriger Junge jammerte, er sei müde, nahm ich ihn gewöhnlich auf die Schultern. Als die Leute auf Befragen erfuhren, dass ihm nichts fehlte, lächelten sie nachsichtig und sagten: „Ah, der kleine Junge will verwöhnt werden“. Wenn ich mich damit verteidigte, er sei einfach müde, weil ich nicht zugeben wollte, dass ich meine Kinder verwöhnte, war die Antwort ein skeptisches „Ach?“. Dann, um mich nicht zu kränken, „er wird sich bald daran gewöhnen, auf diesen Hügeln herumzulaufen“. Ein Kind muss auch lernen, Hitze und Kälte zu ertragen. Als Säugling wird es nicht nur gewickelt, sondern auch noch mit vielen Bettdecken zugedeckt, sogar bei warmem Wetter. Wenn es anfängt zu laufen, trägt es nicht nur im Winter, sondern auch an warmen Frühlingstagen wollene Strickjacken, wollene Strümpfe, wollene Hosen, wollene Pullover und wollene Halstücher. Seine Knie hingegen bleiben bloß. Man sieht nicht selten kleine Kinder, wie Dédou Favre, im kalten Winter draußen spielen, gut eingemummelt mit einem dicken Schal um den Hals, aber mit vor Kälte blauen Knien. Man hält offenbar den Hals für den wichtigsten Körperteil. Er wird immer gut vor Kälte geschützt, während die Beine und Knie anscheinend keinen Schutz brauchen. […] Wenn ein Kind sich gegen seine Erziehung auflehnt, kann es zeitwillig mit Erfolg Widerstand leisten, und es vermag sich gelegentlich durch „Widerspruch“ gegen seine Eltern zu wehren, aber letzten Endes muss es sich ihrem Willen fügen. Wenn es sich der Erziehung widersetzt, versuchen die Eltern zuerst, ihm gut zuzureden und ihm zu erklären, warum es etwas tun muss, oder zumindest ihm zu erklären, dass es sich gegen etwas auflehnt, was es doch nicht ändern kann, und es daher gescheiter wäre, gleich zu gehorchen. Leistet es immer noch Widerstand, versuchen sie es dadurch zum Gehorchen zu bringen, dass sie ihm sagen, es sei erwachsen genug, um einzusehen, dass es sich nicht mehr wie ein Baby aufführen könne. Sie machen es lächerlich durch Vergleiche mit kleineren Kindern, die schon viel besser gehorchen als es. Wenn vernünftiges Zureden, Beschämung und Spott nicht den gewünschten Erfolg haben, helfen die Eltern sich mit der Angst. Die in Frankreich traditionellen Gestalten, um Kindern Angst zu machen, sind der loup-garou (Werwolf) und der lustucru (der Dorftrottel). 15 […] Die Eltern schrecken nie mit körperlicher Verstümmelung, doch abgesehen davon, dass sie dem Kind Angst machen, drohen sie ihm mit körperlicher Züchtigung und mit dem Entzug alles dessen, was ihm Freude macht: Nachtisch, Abendessen, Spielen im Freien, Kinobesuch mit den Eltern und Besuch irgendeiner Veranstaltung. Aber solche Drohungen haben nur eine schwache Wirkung, denn die Kinder merken sehr bald, dass sie nie wahrgemacht werden. Die Androhung einer körperlichen Züchtigung wird ernster genommen, weil sie manchmal ausgeführt wird. Die übelste Form der körperlichen Züchtigung war einfach eine Tracht Prügel mit der Hand auf den Hintern. 16 Theateraktiv „Poil de Carotte“, für Schulklassen / Gruppen ab 14 Jahren Übungsabfolge: a) Bewegungscharakteristika der Figuren Inszenierungsnachbereitend Als Warm-Up oder Heranführung gut geeignet. Beliebig große Gruppengröße, benötigt wird ein größerer, freier Raum Die Schüler/innen laufen zunächst in einer neutralen Haltung durch den Raum. Spielaufgabe ist: Jede/r sucht sich eine Figur aus „Poil de Carotte“ aus und versucht diese zu imitieren / zu adaptieren. Wie verhalten sich die Figuren der Inszenierung körpersprachlich auf der Bühne? Gibt es Charakteristika in der Gangart oder in der Art Gegenstände zu halten / zu benutzen? Jeder bleibt in dieser Übung zunächst bei sich, ohne mit den anderen Kontakt aufzunehmen. Wurde eine Figur & die dazu passende Körperlichkeit gefunden, lassen Sie die Spieler/innen mit der Stimme ausprobieren: Wie sprechen die Figuren? Was könnten Sie sagen? b) Figurenkonstellation der Inszenierung Inszenierungsnachbereitend Als nachfolgendes Element auf Übung a) Die gefundenen Figuren aus Übung a) sollen sich in der Familienkonstellation der Lepics zusammenfinden: d.h. Mutter, Vater, Ernestine, Felix und Poil de Carotte. Da mehrere Figuren in Übung a) eventuell doppelt ausgewählt worden sind sollen sich auch mehrere „Familien“ zusammenfinden. Ziel ist es mehrere Familiengruppen in der obigen Besetzung zu haben (fehlen einige der Familienmitglieder definieren Sie jeweils eine/n Schüler/in für das fehlende Mitglied). Definieren Sie eine Spielfläche: Eine der Familiengruppen stellt sich in der Spielfläche auf. Spielaufgabe ist es, dass auf ein Klatschzeichen jede der Spieler/innen in ihrer Figur eine starre Körperhaltung (ein Standbild) einnimmt. Die emotionale Haltung zu den anderen Familienmitgliedern ist Grundlage dieser Standbilder. Folgende Figuren setzen sich zueinander in Beziehung: Poil de Carotte zur Mutter Mutter zum Vater Poil de Carotte zu den Geschwistern Geschwister zu Mutter und Vater Stehen die Spieler/innen in den Standbildern, sind die anderen, nicht agierenden Spieler gefragt. Auf kleinen Klebezetteln sollen sie selbst Stimmungen und Eindrücke zu einzelnen Stand- und 17 Beziehungsbildern sammeln und notieren. Diese werden dann auf die Standbildspieler geklebt. Ein Standbild (von den obigen vier Beziehungskonstellationen) ist dann beendet, wenn alle Klebezettel vergeben sind. Besprechen Sie im Anschluss: Was können die Spieler/innen aus ihrer Perspektive berichten? Wie fühlten Sie sich in ihrer Figur und in der Beziehungskonstellation zu der/den anderen Figuren des Standbilds? Wie waren die Eindrücke der Beobachtenden / welche Begriffe wurden gesammelt? Themenbezogene Übungen zur Romanvorlage und Inszenierung a) Orte der Kindheit Inszenierungsvorbereitend Themengebundene Improvisation Poil de Carottes Geschichte wird in der Romanvorlage an verschiedenen Handlungsorten erzählt. Kinder haben damals und heute immer bestimmte oder besondere Orte, an denen sie sich gerne aufhalten. In einer kleinen Improvisation im Kreis kann man diese Orte lebendig werden lassen. Ihre Schüler/innen sitzen im Kreis zusammen. In der Mitte wird eine Spielfläche definiert. Reihum geht jede/r Einzelne in die Mitte der Spielfläche und bespielt einen persönlichen „Ort der Kindheit“. Das Bespielen sollte sich so gestalten, dass der Ort betreten wird und genau beschrieben wird: z.B. „Das ist mein Zimmer. Dort steht ein Tisch.“ etc. Ein klarer Anfangs- und Endpunkt der Improvisation ist wichtig. Die einzelnen Improvisationen nicht übermäßig in die Länge ziehen. Die Übung kann auch beispielsweise mit Gegenständen der Kindheit variiert werden. Hierzu werden persönliche Gegenstände aus der Kindheit mitgebracht und Geschichten über die Gegenstände improvisiert. b) Außenseiterübung Inszenierungsvor- oder nachbereitend Beliebig große Gruppengröße, benötigt wird ein größerer, freier Raum Poil de Carotte erlebt oft Situationen, in denen er vom Geschehen der Familie ausgeschlossen ist. Jeweils sechs Personen bilden eine Gruppe, die relativ geschlossen zusammensteht. Eine siebte Person befindet sich etwas von der Gruppe entfernt und beobachtet die zusammenstehenden 18 Personen. Spielaufgabe ist es für die/den außenstehenden Spieler/in in die Gruppe zu gelangen, die Gruppe versucht dies zu unterbinden. Die Positionen von Außenseiter und Gruppenmitgliedern sollten gleichmäßig getauscht werden. Inszenierungsbetrachtung a) Episodenhaftigkeit Inszenierungsvorbereitend Lassen Sie ihre Klasse Auszüge aus der Romanvorlage lesen. Es sollten mehrere Kapitel sein. Besprechen Sie die episodenartige Gliederung des Textes. Welche formalen Möglichkeiten sehen Sie diese Episoden auf die Bühne zu bringen? Wie könnten Szenen verbunden / getrennt werden? Inszenierungsnachbereitend Besprechen Sie die Inszenierung nach dem Besuch mit ihrer Klasse unter folgenden Gesichtspunkten: Grundlage der Inszenierung ist die Romanfassung von „Poil de Carotte“. Renards Romanvorlage hat einen episodenhaften Charakter. Wie wurde diese Episodenhaftigkeit auf der Bühne umgesetzt? Welcher formalen Mittel bedient sich die Inszenierung um die Episodenhaftigkeit darzustellen oder ist sie gar nicht mehr vorhanden? Textbetrachtung „Dorf in der Vaucluse“ Lesen Sie mit Ihren Schülern die Textauszüge aus „Dorf in der Vaucluse“. Extrahieren Sie mehrere Szenen aus den Aufzeichnungen Wylies , die in einer szenischen Improvisation innerhalb der Klasse vorgespielt werden sollen. 19 Sekundärmedienpool: Literatur / Filme Charles Dickens: „David Copperfield” (erschienen u. A. bei FISCHER Taschenbuch) & „Oliver Twist” (erschienen u. A. bei Diogenes) Hector Malot: „Sans famille – Heimatlos” (2010 unter dem Titel „Das Findelkind“ verfilmt) Victor Hugo: „Die Elenden” (in der Musicalversion „Les Misérables“) Julien Duvivier: „Rotfuchs“, Frankreich 1925 Verfilmung von „Poil de Carotte“ Francois Truffaut: „Sie küssten und sie schlugen ihn“, Frankreich 1959 Film der Nouvelle Vague, der die schwierigen Familienverhältnisse eines jungen Franzosen nachzeichnet. Michael Haneke: „Das weiße Band – eine deutsche Kindergeschichte“, Deutschland / Österreich / Frankreich / Italien 2009 Die Handlung des Schwarzweißfilms ist im Jahr vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Norddeutschland angesiedelt und schildert mysteriöse Vorfälle im fiktiven Dorf Eichwald. Der Film verdeutlicht das bedrückende, insbesondere für die Heranwachsenden traumatisierende soziale und zwischenmenschliche Klima der damaligen Zeit, das selbst im engen Familienkreis von Unterdrückung und Verachtung, Misshandlung und Missbrauch sowie Frustration und emotionaler Distanz geprägt ist. Impressum Herausgeber Theater Paderborn – Westfälische Kammerspiele GmbH Intendanz und Geschäftsführung Katharina Kreuzhage Vorsitzender des Aufsichtsrates Ingo Tiemann (Stv.) Redaktion Dramaturgie & Theaterpädagogik Gestaltung Theaterpädagogik Fotos Theater Paderborn / Marcel Diemer Förderer der Theater Paderborn Westfälische Kammerspiele GmbH Stadt Paderborn / Kreis Paderborn / Ministerium für Familie, Kinder, Jugend und Sport des Landes NRW / Theaterfreunde e.V. Quellen Auszug aus „Muttersohn (Poil de Carotte)“ von Jules Renard, erschienen im Mai 1989 im Deutschen Taschenbuch Verlag GmbH & Co.KG (Rechte: ©1987 Manholt Verlag, Bremen). Auszug aus „Schizophrenie und Familie“ von Gregory Bateson, Don D. Jackson, Jay Haley, John H. Weakland, Lyman c. Wynne, Irving M. Ryckhoff, Juliana Day, Stanley J. Hirsch, Theodore Lidz, Alice Cornelison, Stephen Fleck, Dorothy Terry, Harnold F. Searles, Murray Bowen, Ezra F. Vogel, Norman W. Bell, Ronald D. Laing und J. Foudrain, erschienen 1984 im Suhrkamp Taschenbuch Verlag (Rechte der Ausgabe: ©1969 Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main; 5. Auflage 1996). Auszug aus „Dorf in der Vaucluse-Der Alltag einer französischen Gemeinde“ von Laurence Wylie, erschienen 1978 im Fischer Taschenbuch Verlag (Rechte an der deutschen Ausgabe: © 1969 S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main). 20