Stöchiometrisches Rechnen mit Größengleichungen. Rechnen mit
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Stöchiometrisches Rechnen mit Größengleichungen. Rechnen mit
0_Stoech-SB-Inhalt.doc Ruess Stöchiometrisches Rechnen mit Größengleichungen. Rechnen mit Gehaltsgrößen von Gemischen. Aufgaben zu Gehaltsgrößen mit Anmerkungen für die EXCEL-Übungen. Rechnen mit chemischen Gleichgewichten am Beispiel von Säure-Base-Gleichgewichten. Verfahren zur Berechnung von pH-Werten, Spezies-Verteilungen und Titrationskurven beliebiger Gemische schwacher Säuren und Basen mit Hilfe von EXCEL. Von Dr. Klaus-Peter Rueß Institut für Analytische Chemie, Chemo- und Biosensorik Universität Regensburg Als Manuskript veröffentlicht im Oktober 2006. Alle Nachdruckrechte vorbehalten. I 0_Stoech-SB-Inhalt.doc II Ruess Dr. Klaus-Peter Ruess Institut für Analytische Chemie Universität Regensburg Universitätsstr. 31 93040 REGENSBURG Tel (dienstl): 0941/ 943-4050 Tel (priv): 0941/ 91603 e-mail: klaus-peter.ruess@chemie.uni-regensburg.de Erfreuliche Vorbemerkung: Equilibrium calculations are easier than you think, but you do have to think! E. Weltin, Journal of Chemical Education, 70, 569 (1993) Betrübliche aber realistische Einschränkung der erfreulichen Vorbemerkung: "Das Denken ist allen Menschen erlaubt, aber es bleibt vielen erspart." (Goethe) Das Verfahren zur Berechnung, das in diesem Manuskript für Säure-Base-Gleichgewichte dargestellt bzw. benutzt wird, ist beschrieben in: W. B. Guenther "Unified equilibrium calculations" John Wiley & Sons Inc. New York (1991) 86/VE5800 G927 Das Buch, das sich auch mit anderen Gleichgewichtssystemen beschäftigt, z.B. pH-abhängigen Lösungs- und Komplexgleichgewichten, ist für Fortgeschrittene gedacht und wohl auch von diesen nur mit großem Zeitaufwand zu bewältigen. In diesem Manuskript wird versucht, die universell anwendbaren Grundlagen dieses Verfahrens für Anfänger so verständlich aufzubereiten, dass die dann folgenden Berechnungen mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogrammes durchschaubar durchgeführt werden können 0_Stoech-SB-Inhalt.doc III Ruess Kurzübersicht Vorlesung und EXCEL-Übungen Vorlesungsstunde 1. Vorlesungsstunde In der gleichen Woche stattfindende EXCEL-Übung Übung. 1: Größen und Größengleichungen (1) • Thematische Übersicht, organisatorische Hinweise und Regeln. Vorstellung der Schwerpunkte: 1. Säure-Base-Reaktionen, Berechnung von Säure-Base-Gleichgewichten. 2. Gehaltsgrößen und stöchiometrische Rechnungen mit Größengleichungen. 3. Rechnereinsatz und Tabellenkalkulation. 2. Vorlesungsstunde Übung 2: Größen und Größengleichungen (2) • Größen und Größengleichungen 1. Größenart, Größenwert, Einheiten; 2. Namen, Symbole und zeichen von Basisgrößen bzw. Basiseinheiten; 3. Stoffmenge, Avogadro-Konstante, molare Masse. 3. Vorlesungsstunde Übg 3: Gemischzusammensetzung, Bilanzgleichungen • Grundlagen der Statistik 1. Mittelwert, Standardabweichung, Unsicherheit des Mittelwertes; 2. Vertrauensintervall; 3. Standardabweichung und Normalverteilung. 4. Vorlesungsstunde Übung 4: Einfache statistische Berechnungen • Beschreibung des Gehaltes von Gemischen mit Gehaltsgrößen 1. Drei Gruppen von Gehaltsgrößen: Anteile, Konzentrationen, Verhältnisse; 2. Falsche Beschreibungen der Zusammensetzung von Gemischen; 3. Beispiele für spezielle Gehaltsgrößen. 5. Vorlesungsstunde Übung 5: Gehaltsgrößen und Stöchiometrie (1) • Beispiele für stöchiometrische Berechnungen 1. Erkennung unklarer Gehaltsgrößen und Umrechnungen; 2. Verdünnungsrechnungen mit Bilanzgleichungen; 3. Berechnungen von Titrationen mit Stoffmengenverhältnissen. 0_Stoech-SB-Inhalt.doc 6. Vorlesungsstunde Ruess Übung 6: IV Gehaltsgrößen und Stöchiometrie (2) • Gravimetrie und Verbrennungsanalyse (Ermittlung der Summenformel) 1. Zu bestimmende Gehaltsgrößen: Massenanteil, Stoffmengenverhältnis; 2. Prinzip der Methoden und Berechnung mit analytischen Faktoren; 3. Nutzung der Gehaltsgröße Molalität zur Ermittlung der Summenformel. 7. Vorlesungsstunde Übung 7: Gravimetrie und Verbrennungsanalyse • Einführung in Säure-Base-Gleichgewichte und Säure-Base-Reaktionen 1. Säure-Base-Dissoziations-Gleichgewichte im Lösungsmittel Wasser: 15 Fragen und Antworten; 2. Umgang mit dem Massenwirkungsgesetz; 3. Beispiele für Säure-Base-Reaktionen mit starken und schwachen Säuren und Basen und ihre Nutzung für die qualitative Analyse. 8. bis 13. Vorlesungsstunde Übungen 8 bis 13: Exponentialfunktionen, Berechnungen von MWG-Ausdrücken, Berechnung von Extraktionen, α-pH-Diagramme, Speziesverteilung; Berechnung und Darstellung von Titrationskurven. • Exakte Berechnungen von wässerigen Säure-Base-Gleichgewichten. 1. Komponenten und Spezies bei mehrprotonigen SB-Systemen. Ausgangskonzentrationen (C-Größen) und deren Zusammenfassung. 2. Entwicklung von Stoffmengenbilanzgleichungen: Protonen-Bilanz und Anionen-Bilanz. 3. Entwicklung einer Gleichgewichtsgesamt-Bilanz durch Zusammenfassung der Stoffmengenbilanzgleichungen von Protonen und Anionen. 4. Lösungsmöglichkeiten für die Gleichgewichtsgesamt-Bilanz: Berechnung von Speziesverteilungen. 5. Extraktionsverfahren: Berechnung von Extraktiongraden für neutrale und saure oder basische Substanzen. 6. Lösung der Gleichgewichtsgesamt-Bilanz zur Berechnung von Titrationskurven einfacher und beliebig zusammengesetzter Säure-Base-Gemischsysteme. 1_Stoech_Orga-Uebersicht.doc Seite 1 Ruess • 1. Stunde Woche 42 (3.Woche Oktober) Vorlesung "Allgemeine Chemie, analytischer chem. Teil" und zugehöriger EXCEL-Kurs Was soll man sich vorstellen unter: Analytischer Chemie ? Chemische Teil-Fächer, deren Themenbereiche leicht vorstellbar sind: Anorganische Chemie Organische Chemie Physikalische Chemie Technische Chemie Kernchemie Biochemie Medizinische (pharmazeutische) Chemie Theoretische Chemie Makromolekulare Chemie (Polymerchemie) Atmosphärenchemie (Bio)Geochemie Wasserchemie Ökologische Chemie (Umweltchemie) Seit 200 Jahren Die drei „klassischen“ Fächer Vor und nach dem 1.Weltkrieg. Zwischenkriegszeit Häufig eigener Studiengang Nach dem 2 Weltkrieg. Neuere Fächer Manchmal eigene Studiengänge Was ist "Analytische Chemie? Versuch einer Antwort: • Analytisch chemische Fragen / Probleme tauchen in allen Teilfächern auf; manche der Teilfächer sind de facto zu zwei Drittel Analytische Chemie. • Die Analytische Chemie ist ein Querschnittsfach. Sie erhält Fragen von allen Einzelfächern, auch Anregungen, Substanzen und Methoden. • Zusätzlich werden auch Anregungen, Methoden und Geräte benötigt von − Physik, Optik (Laser, Dioden), Nanotechnologie (Lab on a chip): Entwicklung neuer analytischer Methoden. − Mathematik: Methoden zur Auswertung und Bewertung (Stochastik) von Messergebnissen (Chemometrie). − Medizin, Biotechnologie (Zellzüchtung): diagnostische Fragen. − Juristerei, Betriebswirtschaft, Laborqualitätsmanagement: Dokumentation von Messergebnissen, Labor-Organisation. 1_Stoech_Orga-Uebersicht.doc Ruess Thematische Übersicht, Organisation und Regeln "Allgemeine Chemie, analytischer chemischer Teil" Folie Auswahl von drei Themenbereichen aus dem Gebiet der Analytischen Chemie mit Erläuterungen 1) Stoffkenntnis. Säure-Base-Chemie und Säure-BaseGleichgewichte. Umgang mit dem MWG. a) Was sind starke und schwache Säuren und Basen: Beispiele, ( Struktur)Formeln, pKa-Werte; b) 1-, 2- und 3-protonige Säure-Base-Systeme; c) Formulierung von Säure-Base-Reaktionen. d) Dissoziationsgleichgewicht, Massenwirkungsgesetz und Umformung; Rechnen mit MWG-Ausdrücken: Berechnung und graphische Darstellung von Speziesverteilungen (α-Funktionen) 2) Gehaltsgrößen, a) Beschreibung der Zusammensetzung von Reaktionsgleichungen (Gleichgewichts)Gemischen mit Gehaltsgrößen. und Stöchiometrie. b) Rechnen mit Gehaltsgrößen auf der Basis von Formulierung und chemischen Formeln und Reaktionsgleichungen. Kombination von c) Möglichkeiten zur Lösung oder Umformung Bilanzgleichungen. der Gesamtbilanzgleichung. 3) Rechnereinsatz; Benötigt wird ein leicht erlernbares, leistungsfähiges Diagrammerstellung. Rechenprogramm mit graphischen Möglichkeiten; Rechnen mit Exponentialzahlen und Logarithmen. Einsatz von mathematischen und logischen Funktionen. Mit ihm sollen Berechnungstabellen erstellt werden a) zur Berechnung von pH-Werten und Speziesverteilungen; b) zur Berechnung von Titrationskurven; c) zur graphischen Darstellung und Interpretation der Ergebnisse; d) zum Vergleich der berechneten mit im Praktikum erhaltenen experimentellen Ergebnissen. Seite 2 1_Stoech_Orga-Uebersicht.doc Ruess Seite 3 Kurz-Übersicht über Thematik von Vorlesung und EXCEL-Kurs Bezeichnung Veranstaltung: "Allgemeine Chemie, Analytisch chem. Teil" Mit dazugehörigen Übungen in Gruppen. Es stehen 2 SWS zur Verfügung. Auswahl von drei Themenbereichen und Verknüpfung mit Übungen. 1. Stoffkenntnis, Säure-Base-Chemie u. Säure-Base-Gleichgewichte Umgang mit dem MWG. a) Was sind starke und schwache Säuren und Basen: Beispiele, (Struktur) Formeln und pKa-Werte; b) 1-, 2- und 3-protonige Säure-Base-Systeme. c) Ablauf und Formulierung von typischen Säure-Base-Reaktionen. d) Dissoziationsgleichgewichte, Massenwirkungsgesetz und Umformung; Rechnen mit dem Massenwirkungsgesetz: Berechnung und graphische Darstellung von Speziesverteilungen (α-Funktionen) 2. Gehaltsgrößen, Reaktionsgleichungen und Stöchiometrie. Formulierung und Kombination von Bilanzgleichungen. a) Beschreibung der Zusammensetzung von (Gleichgewichts)Gemischen (auch Lösungen und chemische Verbindungen) mit Gehaltsgrößen; b) Rechnen mit Gehaltsgrößen auf der Basis von Summenformeln und Reaktionsgleichungen; c) Rechnen mit Bilanzgleichungen (Säure-Base-Gleichgewichte) und Möglichkeiten zur Lösung und Umformung der Gesamtbilanzgleichung. 3. Rechnereinsatz; Diagrammerstellung und Tabellenkalkulation. Kennen lernen eines Rechenprogramms, mit zur Veranschaulichung geeigneten graphischen Möglichkeiten und Einsatz von Funktionen; Rechnen mit Exponentialzahlen und Logarithmen: Stöchiometrische Berechnungen: Be- und Umrechnungen von Gehaltsgrößen, Berechnung von Analysenergebnissen und Berechnung von Formeln aus Analysenergebnissen; Berechnung von pH-Werten und Spezieszusammensetzungen in Säure-BaseGleichgewichten mit α-Funktionen (Stoffmengenanteile der Spezies); Berechnung und Interpretation von Titrationskurven; Vergleich mit im Praktikum experimentell erhaltenen Titrationskurven. 1_Stoech_Orga-Uebersicht.doc Ruess Organisatorische Hinweise zur Vorlesung und zum EXCEL-Kurs 15 o Vorlesung: jeden Mo 10 (H 46) ; im Anschluss freiwillige Übungsgruppe zur Klausurvorbereitung (H 48): Auffrischung schulischer chemischer Grundkenntnisse: Hauptgruppenelemente, ihre Oxide, Hydroxide (Summen-, Strukturformeln) und Formulierung ihrer Reaktionen mit Wasser; Säure-Base-Reaktionen und Stöchiometrie. 00 s.t.), Di, Mi, Do (bis Mitte Nov ab 1600, danach ab 1700 s.t.) Rechenzentrum, Raum RZ 3. o EXCEL-Kurs: jeden Mo (ab 16 o Gruppenanzahl, Gruppengröße, Gruppeneinteilung EXCEL-Kurs: 4 Gruppen mit 25 (max 50) Studierenden (max 2 Studierende pro Rechner). zusätzlich sind 5 -10 Studierende mit eigenem Rechner möglich. Einteilung am ersten Montag im Anschluss an die 1. Vorlesungsstunde. 1. Termin für EXCEL-Kurs: sofort am gleichen Montag ab 1600 deshalb sofort klären: Zugang zum Uni-Datennetz mit Passwort. o Beteiligung am EXCEL-Kurs. Abfolge und Versäumnis von Übungen: Wöchentliche Teilnahme ist Pflicht (Anwesenheit wird sporadisch kontrolliert); Der angemeldete Wochentag ist anfänglich verbindlich; ab Dez. ist Teilnahme an anderen Wochentagen möglich. Die wöchentliche Abfolge der Übungen und deren Inhalte liegen fest und sind im zugehörigen Manuskript ersichtlich (oder im Internet). Ein versäumter Mo-, Di- oder Mi-Termin kann also nur in der gleichen Woche, ein Do-Termin kann nicht nachgeholt werden. o Heimübungen und "Präsentation" im EXCEL-Kurs: Jede der wöchentlichen Kurs-Übungen 1 - 13 wird durch eine Heimübung ergänzt, die spätestens bis Donnerstag der Folgewoche abzugeben ist. Die Heimübungen bestehen aus einem oder zwei Datenblättern; Sie werden korrigiert und mit maximal 30 Punkten bepunktet. Die Kurs-Übungen 13 und 14 laufen z.T. als Eigenarbeit unter Anleitung ab und können wahlweise allein fortgeführt werden. Eine der Kurs-Übungen 12 o. 13 wird durch eine "Präsentation" abgeschlossen, die je nach Themenwahl mit maximal 7 Punkten bewertet werden kann. Die "Präsentation" umfasst die richtige Funktion der Tabellen, mit ihnen zu lösende Aufgaben und mündliche Fragen. Seite 4 1_Stoech_Orga-Uebersicht.doc Ruess Seite 5 o Spezielle Regeln für die Anfertigung der Heimübungen im EXCEL-Kurs. Diese Regeln sind im Manuskript „EXCEL-Kurs“ und separat auch im Internet einzusehen. Dort findet man zusätzlich auch nähere Erläuterungen für die Durchführung der Präsentation und Ratschläge für die Abschlussklausur. o Materialien für die Kurs- und Heim-Übungen im EXCEL-Kurs: Für die Durchführung der Kurs-Übungen und für die Anfertigung der Heimübungen gibt es als Vorlagen EXCEL-Dateien zum Download. Vorlage-Blätter für die Kurs-Übungen sind weitgehend vorgefertigt und meist auch vollständig so formatiert, dass sie nach den üblichen Vorsichtsmaßnahmen (Seitenvorschau!!) ausgedruckt werden könnten. Vorlage-Blätter für die Heim-Übungen sind nur teilweise (manche kaum) vorgefertigt und nicht so formatiert, dass sie unmittelbar ausgedruckt werden könnten. Hier ist mehr oder weniger Eigenarbeit nötig! Nur gut formatierte Blätter erreichen die maximal mögliche Punktzahl. Vorlagen und Hilfen zur Erstellung der Übungen. Download für die erste Übung vor der ersten Übungsstunde durchführen! Download-Ratschlag: Dateien nicht im Netz öffnen! Dateien zunächst auf dem eigenen Laufwerk abspeichern und erst von dort öffnen. Anmeldung im Uni-Netz mit dem persönlichen Kennwort sofort erproben! Ausgehen von der Startseite Uni-Regensburg: http://www.uni-regensburg.de → Einrichtungen → Fakultäten → Naturwiss. Fak. IV Chemie Pharmazie → Institute → Institut für Analytische Chemie → Lehre WS 07/08 1. Semester → Download Dort auch weitere Hinweise zum Kurs: Zeitplan, Regeln, Termine für Heimübungen. o Materialien für die Vorlesung: Informationen am ersten Montag im Anschluss an die Vorlesung 1100 H 48 Inhaltliche Beschreibung und zeitliche Reihenfolge der Vorlesungsthemen: Download (s.o.) pdf-Datei: "0-5_Vorlesung_Zeitplan_07-08". o Internet-Anmeldung zu dieser (und anderen) Veranstaltungen Startseite der Uni-Regensburg: http://www.uni-regensburg.de → Studium → Prüfungsverwaltungs-System Flexnow https://www-flexnow.uni-regensburg.de/Flexnow/ 1_Stoech_Orga-Uebersicht.doc Ruess Seite 6 2_Stoech_Groeszen.doc Ruess Seite 7 • 2. Stunde Woche 43 (4. Woche Oktober) Größen und Größengleichungen Größenart und Größenwert. Einheiten und Einheitenzeichen. • Extensive Größen einer Stoffportion: Teilchenzahl, Stoffmenge, Masse, Volumen. Stoffportion: Ein begrenzter Materiebereich, der aus einem oder mehreren Stoffen besteht. Extensive Größen sind o abhängig von der Quantität (Teilchenzahl, Stoffmenge, Masse, Volumen) der Stoffportion; o im Fall von Teilchenzahl, Stoffmenge und Masse immer additiv. Volumina sind aber nur dann additiv, wenn Teilchen der gleichen Art vorliegen; sie sind nicht additiv, wenn die Teilchen verschieden sind. • Intensive Größen einer Stoffportion: z.B. molare Masse, Dichte, Temperatur, Druck Intensive Größen beschreiben Eigenschaften der Stoffportion. o Sie sind unabhängig von der Quantität (z.B. Stoffmenge) der Stoffportion; o Alle spezifischen Größen und alle molaren Größen sind intensive Größen. • Die Größenart als qualitatives Merkmal einer Größe Die Größenart wird beschrieben durch Größensymbole und Namen der Größe. Das Größensymbol wird Ausnahme (in diesem Manuskript): Verwendung der eckigen Klammer [ ] o geschrieben in kursiven lateinischen oder griechischen Buchstaben; o mit Indices für besondere Zustände versehen ("Konzentration Standard- zustand" → c 0 o. "Konzentration im einfach protonierten Zustand" → C 1 ) o (wenn nötig) mit Klammer-Zusätzen zur Kennzeichnung der Art und der Zusammensetzung der gemeinten Teilchen versehen. 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 8 Ruess • Der Größenwert als quantitatives Merkmal einer Größe Der Größenwert einer Größe wird als Größengleichung durch das Produkt aus Zahlenwert und Einheit beschrieben Größensymbol o Einheit einer Größe: eine willkürlich, Klammerzusatz n (NaOH) = 1 ⋅ mmol Zahlenwert Einheit aber sinnvoll gewählte und dann (gesetzlich) festgelegte Größe der gleichen Größenart, als deren Vielfaches oder Bruchteil der Größenwert durch den Zahlenwert angegeben wird. o Einheitenzeichen: es sind nur nicht kursive lateinische Buchstaben erlaubt. Teile oder Vielfache von Einheiten: Vorsatzzeichen milli-→ m, mikro → μ • Namen und Zeichen von Basisgrößen und Basiseinheiten Größensymbol Name der Basisgröße Länge (Weglänge) A oder l 1) Masse m Zeit Name der Basiseinheit Einheitensymbol Meter m Kilogramm 2) kg 2) Sekunde 3) s 3) t I 1) Ampere A thermodynamische Temperatur T Kelvin K Stoffmenge (engl. amount of substance) n Mol (engl. mole) elektrische Stromstärke 1) Es gibt Verwechselungsmöglichkeiten zwischen den Größenzeichen für die Stromstärke I, die Länge l, dem Einheitenzeichen für die Einheit Liter l und manchmal auch noch mit der Zahl 1. Deshalb wird für die Einheit Liter häufig das Zeichen L benutzt. 2) auch üblich: Gramm g, Milligramm mg, Mikrogramm μg, 3) auch üblich: Minute min, Stunde h 4) auch üblich: Millimol mmol, Mikromol μmol mol 4) 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 9 Ruess • Namen und Zeichen von wichtigen zusammengesetzten stöchiometrischen und enzymatischen Größen. Ohne die Gehaltsgrößen von Mischphasen (s. Sondertabelle) Name der Größe Größensymbol Größengleichung Name der Einheit Einheiten -symbol Volumen V V =A3 Kubikmeter, Liter m3, spezifisches Volumen Vsp Vsp = V m Liter pro Kilogramm cm3·g-1 molares Volumen Vm Vm = V n Liter pro Mol m3·mol-1 Dichte ρ ρ = m V g·cm-3 molare Teilchenzahl NA NA = N n mol-1 Avogadro-Konst. relative AtomMolekülmasse Mr Ar Molare Masse M Ar = m(Atom) m( 12 C) M = Gramm / Mol Pascal, Bar Pa, Grad Celsius °C Druck p Celsiustemperatur δ δ T − 273 K Molarer Absorptionskoeffizient 1) ε ε= spezifischer Drehwert 2) [α ]Tλ [α ]Tλ A 1) c ⋅A α 2) β ⋅A 1 m3 = 103 L 1 m3·mol-1 = 103·L·mol-1 1 m n F p = A2 = L Einheiten-gleichung g·mol-1 bar 1 Pa = 1 N·m-2 1 bar = 105 Pa Lmol-1·cm-1 cm2 · mol-1 -1 -1 L g-1·cm-1 1 L·g ·cm = 104mL·g-1dm-1 2_Stoech_Groeszen.doc Name der Größe Größensymbol Katalytische Aktivität 3) z Katalytische Aktivitäts- 3) konzentration spezifische katalytische Aktivität 3) molare katalytische Aktivität 3, 4) Seite 10 Ruess b Größengleichung z= b= Δn Δt z Δc = Δt V zsp zsp = zm zm = z m (Prot) z n (Enzym) Name der Einheit Einheiten -symbol Einheiten-gleichung Katal, Unit kat, U 1kat = 1 mol·s-1 Units / Liter (Milliliter) kat·m-3 U·ml-1 Units pro Milligramm kat·kg-1 U·mg-1 Units pro Mol kat·mol-1 U·μmol-1 1U=1μmol min-1 1 kat·mol-1 = 1 s-1 1) einer Verbindung; Stoffkonstante, u.a. abhängig von der Wellenlänge! Hier handelt es sich um das sog. "Lambert-Beer´sche Gesetz", das bei der photometrischen Konzentrationsanalytik eine große Rolle spielt. Bei dieser Methode ist A (Absorbanz) die Messgröße und definiert als neg. dekadischer Logarithmus der Transmission: A = -log T; wobei: c Stoffmengenkonzentration (vgl. Tabelle Gehaltsgrößen) und A Schichtdicke der Küvette. 2) einer Verbindung; Stoffkonstante, u.a. abhängig von der Wellenlänge! Man beachte: die Beziehung ist dem "Lambert-Beer´schen Gesetz" analog! α : gemessener Drehwinkel; wobei: β Massenkonzentration (vgl. Tab. Gehaltsgrößen); A Schichtdicke der Küvette 3) eines Enzyms (oder eines anderen Katalysators); beide Größen werden häufig nicht unterschieden und dann einfach als „Enzymaktivität“ bezeichnet. 4) andere gebräuchliche Bezeichnung: Wechselzahl (engl.: turnover number) 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 11 Ruess Teilchenzahl, Stoffmenge und Avogadro-Konstante • Beschreibung von Stoffportionen mit extensiven Größen und Größengleichungen und Einführung der Stoffmenge. o Stoffportionen werden beschrieben durch - extensive Größen (qualitative Angabe der Größenart, z.B. Masse); - Angabe der Größenwerte dieser Größen. - Angabe der Teilchen bzw. der Stoffe, die am Gemisch beteiligt sind; o Die Beschreibung erfolgt in Form einer Größengleichung, wie z.B. - eine Stoffportion Natriumsulfat mit der Masse m (Na2SO4 ) = 142,04 g Darin sind enthalten: - Die Masse dieser Stoffportion wurde hier willkürlich so gewählt, dass ihr Zahlenwert Eine Stoffportion Sulfatanionen gleich dem Zahlenwert der molaren Masse bzw. Natriumkationen mit der von Natriumsulfat ist: M(Na2SO4) = 142,04 g/mol Teilchenzahl bzw. der Stoffmenge: 23 N (SO24 ) = 6,02 ⋅ 10 Bei der Teilchenzahl N wird auf die Angabe einer Zähleinheit (z.B. Teilchen oder Stück) verzichtet, weil die Aussage auch ohne sie eindeutig ist. n (SO24 ) = 1 mol N (Na+ ) = 12,04 ⋅ 1023 Auch die Stoffmenge n ist wie die anderen extensiven Größen anschaulich, denn es handelt sich bei der Stoffmenge wie bei N auch nur um eine Teilchenzahl, aber in einer Stückelung, die der chemischen Realität angepasst ist. n (Na+ ) = 2 mol • Die Einführung der Stoffmenge und die Avogadro-Konstante: o Obiges Beispiel zeigt: in der Chemie ist eine extensive Größe, die zur Teilchenzahl N direkt proportional ist, sehr nützlich. Es ist nötig, dass diese Größe sehr groß gestückelt ist, d.h. der Proportionalitätsfaktor muss groß sein, weil bei chemischen Reaktionen sehr viele Teilchen miteinander reagieren. o Eine solche Größe wurde 1968 als neue Basisgröße in das SI-Größensystem aufgenommen. Sie hat den Namen „Stoffmenge“ und das Größenzeichen n bekommen. Der Proportionalitätsfaktor ist die Avogadro-Konstante NA . N (X) ∝ n (X) → N (X) = NA ⋅ n (X) 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 12 Ruess o Für die benötigte große Stückelung wurde eine neue Basiseinheit mit dem Namen "Mol" (groß geschrieben!) gewählt. Für die Basiseinheit wurde das Einheitenzeichen „mol“ (klein geschrieben!) festgelegt. o Die neue Basiseinheit Mol wurde über die Anzahl der Teilchen definiert, die in einer Stoffportion des Nuklids 12C mit der Masse 12 g enthalten ist. Diese Anzahl beträgt N (X) = 6,022 ⋅1023 (Loschmidt-Zahl). Sie ist gleich dem Zahlenwert der Avogadro-Konstanten. Das heißt: Wenn eine Stoffportion mit 6,0221367 · 1023 X-Teilchen vorliegt dann beträgt die Stoffmenge dieser Stoffportion 1 mol. Wenn dann N (X) = 6,0221367 ⋅ 1023 n (X) = 1 mol 6,022 ⋅1023 N (X) = = N A = 6,022 ⋅1023 mol−1 1 mol n (X) ⇒ Die Teilchenart muss in Klammern genau angegeben werden ! o Die Avogadro-Konstante repräsentiert die auf die Stoffmenge 1 mol bezogene Teilchenzahl (→ "molare Teilchenzahl") und ist experimentell bestimmbar. Mit ihr ergeben sich Größengleichungen, die den Zusammenhang zwischen Stoffmenge und Teilchenzahl einer Stoffportion aus X-Teilchen herstellen: N (X) = NA n(X) → n(X) = N (X) NA → N (X) = N A ⋅ n(X) = 6,022 ⋅1023 mol -1 ⋅ n(X) • Molare Größen und spezifische Größen. o Was unterscheidet "molare Größen" von "spezifischen Größen" ? - Molare Größen sind Größen, die auf die Stoffmenge bezogen sind. Molare Größen haben die Stoffmenge im Nenner der Definitionsgleichung. - Molare Größen beschreiben Eigenschaften von definierten Teilchen. Die Art des Teilchens muss deshalb im Klammerzusatz angegeben sein. Beispiele: molares Volumen, molare Masse, molare Enthalpie, molarer Absorptionskoeffizient. - Spezifische Größen sind Größen, die auf die Masse bezogen sind. Spezifische Größen haben die Masse im Nenner der Definitionsgleichung. Beispiele: spezifisches Volumen, spezifischer Drehwert. 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 13 Ruess • Die Stoffmenge ist eine sehr praktische Größe, denn Stoffmengenverhältnisse sind die Basis für alle stöchiometrischen Berechnungen. o Bei chemischen Reaktionen reagieren Teilchen in festen Zahlenverhältnissen ! Auch in den Teilchen liegen die Atome in festen Zahlenverhältnissen vor ! Diese Zahlenverhältnisse kommen in den stöchiometrischen Koeffizienten der Reaktionsgleichungen und der Summenformeln zum Ausdruck: N2 + 3 H2 ⎯⎯→ 2 ⋅ NH3 o Zahlenverhältnisse für die am Aufbau eines Moleküls beteiligten Atome bzw. für die an einer Reaktion beteiligten Moleküle lassen sich auf der Basis jeder Summenformel bzw. jeder Reaktionsgleichung einfach bilden: N (H) 2 = N (H2 ) 1 N (N2 ) 1 1 = → N (N2 ) = ⋅ N (H2 ) N (H2 ) 3 3 N (H) 3 = N (NH3 ) 1 N (H2 ) 3 = → 2 ⋅ N (H2 ) = 3 ⋅ N (NH3 ) N (NH3 ) 2 o Zahlenverhältnisse von Teilchen sind identisch mit Stoffmengenverhältnissen ! - z.B. Stoffmengenverhältnis im Ammoniakmolekül und anschließende Umformung in eine Berechnungsgleichung: N (H) n (H) ⋅ N A n (H) 3 = = = 1 N (NH3 ) n (NH3 ) ⋅ N A n (NH3 ) → n (H) = 3 ⋅ n (NH3 ) - z.B. eines der möglichen Stoffmengenverhältnisse bei der Ammoniaksynthese gemäß obiger Reaktionsgleichung und anschließende Umformung in eine Berechnungsgleichung: N (N2 ) n (N2 ) ⋅ N A n (N2 ) 1 = = = N (H2 ) n (H2 ) ⋅ N A n (H2 ) 3 → n (N2 ) = 1 ⋅ n (H2 ) 3 Die Erfahrung zeigt: Für Anfänger empfiehlt es sich, immer zuerst die Stoffmengenverhältnisse zu formulieren und diese erst dann zur Berechnungsgleichung auszumultiplizieren. Wenn man diesen Ratschlag nicht befolgt, drohen Denkfehler bei der Bildung des Zahlenfaktors! 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 14 Ruess Man kann Stoffmengenverhältnisse ansetzen : ⇒ Für die Einzelbestandteile (auch hypothetische Einzelbestandteile) einer Verbindung an Hand der Summenformeln ! z.B. für die Elemente Eisen und Schwefel in der Verbindung n (Fe) 2 = 3 n (S) Eisen(III)sulfid Fe2 S3 : → 3 ⋅ n (Fe) = 2 ⋅ n (S) z.B. für die Verbindung Calciumoxid Ca O in der Verbindung Calciumcarbonat CaCO3 : n (CaO) n (CaCO3 ) = 1 1 → n (CaO) = n (CaCO3 ) ⇒ Für jedes Polymermolekül, z.B. für Polyvinylchlorid: n (Cl) z 1 = = 2⋅ z 2 n (C) ( − CH2 − CHCl − )z → n (Cl) = 1 ⋅ n (C) 2 ⇒ Für jede chemische Reaktion, auch für jede hypothetische Reaktion mit hypothetischen Teilchen! z.B. für den hypothetischen Zerfall von Glucose in Kohlenstoff und Wasser bzw. die für die hypothetische Bildung von Glucose : n (Glucose) 1 = 6 n (H2O) C6H12O6 → 6 C + 6 H2O → n (H2O) = 6 ⋅ n (Glucose) z.B. für die Säure-Base-Reaktion mit dem Äquivalent-Teilchen der Phosphorsäure, das 1 Proton abgeben kann: ( 1 H PO4 3 3 ) + OH − → ( 1 PO34 3 )+H O 2 1 3 n ( H3PO4 ) − n (HO ) = 1 1 → n ( H3PO4 ) = n (OH− ) 3 1 ⇒ Für die an einem Gleichgewichtssystem beteiligten Reaktionspartner ! z.B. für die Spezies, die in einem Säure-Base-Gleichgewicht vorliegen ⎯⎯ → H+ + H2PO-4 H3PO4 ←⎯ ⎯ n (H3PO4 ) n (H2PO-4 ) = 1 1 → n (H3PO4 ) = n (H2PO-4 ) 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 15 Ruess Äquivalent - Stoffmengen • Bei einem Stoff X, dessen kleinstes Real-Teilchen (Atom, Molekül, Ion) mehrere reaktive Teilchen (Elektronen, Protonen, Hydroxidionen,) freisetzen oder aufnehmen kann, ist es sinnvoll, eine "Äquivalent-Stoffmenge" zu definieren. • Die Äquivalent-Stoffmenge bezieht sich dann auf ein hypothetisches Äquivalent-Teilchen, das nach chemischen Gesichtspunkten so "konstruiert" wird, dass jedes der Äquivalent-Teilchen nur ein einziges reaktives Teilchen freisetzen oder aufnehmen kann. Die Äquivalentzahl z gibt die Anzahl der reaktiven Teilchen an, die pro Real-Teilchen des Stoffes X freigesetzt oder aufgenommen werden können. • Ein Äquivalent-Teilchen wird genauso gekennzeichnet wie ein Real-Teilchen. Das geschieht im Klammerzusatz der betreffenden Größe dadurch, dass vor die Summenformel des Stoffes der Bruch 1/z gesetzt wird. Formal heißt das, dass jedes Real-Teilchen des Stoffes X aus z gleichen Bruchstücken (den Äquivalent-Teilchen) aufgebaut ist. Zusammenhänge zwischen Real-Teilchen und Äquivalent-Teilchen können mit Größengleichungen –für die Stoffmenge z.B. wie folgt – dargestellt werden: n ( X) = z 1 z → n ( X) n ( X) ( X) ( X) = z ⋅ n ( X) 1 z 1 z ⎯⎯⎯⎯⎯⎯ → 1 H+ 1 z ⎯⎯⎯⎯⎯⎯ → 1 e− bildet oder bindet bildet oder bindet • Nach der Art der reaktiven Teilchen, kann man unterscheiden: Neutralisations-Äquivalente (bei Säuren und Basen) z → Anzahl Protonen, die von einem Real-Teilchen freigesetzt bzw. gebunden werden können. So würde z.B. für die Stoffmenge (auch für die Stoffmengenkonzentration) der Schwefelsäure, deren Real-Teilchen zwei Protonen freisetzen kann, gelten: n ( 1 H SO 4 2 2 n ( H2SO4 ) ) = 2 → n ( Wenn z.B. n ( H2SO4 ) = 2 mol dann ist ) = 2 ⋅ n ( SO ) . n( SO ) = 4 mol 1 H SO4 2 2 1 H 2 2 H2 4 4 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 16 Ruess Redox-Äquivalente (bei Reduktions- und Oxidationsmitteln) z → Anzahl Elektronen, die von einem Real-Teilchen freigesetzt bzw. gebunden werden können. So würde z.B. für die Stoffmenge (auch für die Stoffmengenkonzentration) von Permanganat, dessen Real-Teilchen (unter sauren Bedingungen) fünf Elektronen aufnehmen kann, gelten: ( 1 MnO-4 5 n MnO-4 n ( Wenn z.B. n ) ) = 5 → (MnO ) = 0,02 mol 4 n ( 1 MnO-4 5 dann ist ) = 5 ⋅ n (MnO ) 4 n ( 1 MnO-4 5 ) = 0,1 mol 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 17 Ruess Die molare Masse M (X) : Eine für die Stöchiometrie wichtige Stoffkonstante. • Stoffmengen haben für die praktische Arbeit nur eine indirekte Bedeutung: ⇒ Stoffmengen sind nicht direkt abmessbar! Die Stoffmenge ist über die Teilchenzahl definiert und Teilchen können nicht abgezählt werden! ⇒ Das Abzählen von Teilchen ist nicht nötig, wenn man den Zusammenhang zwischen Stoffmenge und Masse einer Stoffportion kennt. • Der gesuchte Zusammenhang ergibt sich durch folgende Überlegung: ⇒ Die Masse m (X) einer Stoffportion ist das Produkt aus der Anzahl der in der Stoffportion enthaltenen X-Teilchen N (X) und der Masse eines einzelnen X-Teilchens m (1X) : m (X) = N (X) ⋅ m (1X) Die Stoffmenge n (X) wird mit der Definitionsgleichung der Avogadro-Konstanten eingeführt: NA = N (X) n (X) → N (X) = n (X) ⋅ N A m (X) = n (X) ⋅ N A ⋅ m (1X) ⇒ Das Produkt aus der (konstanten) Masse eines einzelnen Teilchens m(1X) und der Avogadro-Konstanten NA ist natürlich wieder eine Konstante. Es handelt sich um die für X-Teilchen charakteristische Konstante M (X) N A ⋅ m (1X) = M (X) = m (X) n (X) n (X) = m (X) M (X) Die neue Konstante M (X) trägt den Namen "molare Masse" (Molmasse). M (X) ist eine für jeden Stoff charakteristische Konstante (Stoffkonstante). Man kann sie deshalb auch "Formelkonstante" nennen. ⇒ Die Masse einer Stoffportion aus X-Teilchen kann mit Hilfe der Waage sehr genau bestimmt werden. Also kann mit Hilfe der erhaltenen Beziehung und mit Hilfe der Stoffkonstanten M (X) eine Stoffmenge aus X-Teilchen durch Wägung bestimmt oder auch dosiert werden. 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 18 Ruess • Die neue Stoffkonstante M(X) ist ebenso wie die Avogadrokonstante NA eine molare Größe, d.h. eine auf die Stoffmenge bezogene Größe. Sie repräsentiert die auf die Stoffmenge bezogene Masse. ⇒ Die Einheit der molaren Masse setzt sich aus den Einheiten der beiden Basisgrößen Masse und Stoffmenge zusammen. Die Einheiten g/mol und mg/mmol sind üblich und sinnvoll. ⇒ Die Zahlenwerte für molaren Massen der Elemente findet man in Tabellen und im Periodensystem. In solchen Tabellen werden meist dimensionslose sog. "relative Atommassen" angegeben (vgl. Kap. 1.6). ⇒ Wenn die Summenformel einer Verbindung bekannt ist, erhält man den Wert der molaren Masse durch Addition der Produkte aus den molaren Massen der Elemente, die die Verbindung aufbauen, mit den zugehörigen stöchiometrischen Koeffizienten. Der richtige Umgang mit Stoffmenge und molarer Masse. Falsche Bezeichnungen und Ausdrucksweisen. • Mit den Größen M( ) u. n( ) können alle Teilchenarten beschrieben werden, am besten in Form von Größengleichungen. − Atome ( Cl ) , Moleküle ( Cl2 ) , Ionen ( Cl- ) , − hypothetische Teilchen (Äquivalentteilchen), − beliebige Molekülbruchstücke (z.B. die Acetylgruppe CH3 − CO − ). ⇒ Deshalb: das Teilchen, das gemeint ist, muss genau bezeichnet und im Klammerzusatz angegeben werden. ⇒ Wenn dieser Ratschlag nicht befolgt wird, kann es zu nicht eindeutigen Aussagen kommen: − Was wäre z.B. gemeint, wenn es heißt: "Die molare Masse von Chlor"? Ist die molare Masse von Chlor-Atomen oder ist die molare Masse von Chlor-Molekülen gemeint? M (Cl) = 35,5 g / mol M (Cl2 ) = 71 g / mol 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 19 Ruess − Wie benennt man sprachlich die hypothetischen Äquivalentteilchen? Eindeutig (aber etwas umständlich) ist nur die Formelangabe. M ( 1 5 MnO4 ) ≈ 24 g / mol M ( 1 2 H2SO4 ) ≈ 49 g / mol − Bei Ionen kann auf die Angabe von Ladungen verzichtet werden. Die molaren Massen von z.B. Natrium-Atomen und Natrium-Kationen sind bei stöchiometrische Berechnungen als identisch anzusehen. Es ist dann auch erlaubt, von der molaren Masse von "Natrium" zu reden: M (H2O) ≈ 18 g / mol M (OH- ) ≈ 17 g / mol M (Na) = M (Na+ ) ≈ 23 g / mol • Die Bezeichnung "Stoffmenge" muss auch tatsächlich benutzt werden! ⇒ Die Basisgröße n "Stoffmenge“ und die auf ihr basierende Stoffkonstante M(X) "molare Masse von X" wurde vor ca. 50 Jahren eingeführt. Trotzdem wird diese Basisgröße in vielen Lehrbüchern und in Texten nicht oder nur nachlässig benutzt. Sie fehlt zwar in keiner Tabelle der Basisgrößen, im Text aber wird der Gebrauch des Namens "Stoffmenge" meist gemieden. Stattdessen werden umschreibende Ausdrucksweisen gebraucht, wie z.B: "Anzahl der Mole (Äquivalente)“ Niemand käme auf die Idee die Basisgröße "Länge" als „Anzahl der Meter“ oder als "Molzahl“ „Meterzahl“ zu bezeichnen. Warum sollte das "Äquivalentzahl“. bei der Basisgröße "Stoffmenge" anders sein? ⇒ Der Begriff "Molzahl" ist gefährlich, weil sehr leicht die Vorstellung aufkommt, dass es sich bei der Stoffmenge um eine dimensionslose Anzahl von Molekülen oder Atomen, also um eine Größe ohne Einheit handelt. Bei der Stoffmenge handelt es sich aber um eine Größe mit einer Einheit, die man also besser immer mit ihrem richtigen Namen benennen sollte. • Man sollte auf den Gebrauch von Größengleichungen nicht verzichten! ⇒ Wenn für stöchiometrische Berechnungen der Rechner eingesetzt werden soll, reicht der "Dreisatz" nicht aus! Kein Rechenprogramm (wie z.B. EXCEL) enthält den im Dreisatz verwendeten Operator "entspricht" . Also müssen vorher korrekte Größengleichungen formuliert werden. Dabei müssen die Größen in ihren exakten Bedeutungen gebraucht und in ihren richtigen Zusammenhang gebracht werden. 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 20 Ruess Dabei sind behilflich - eine genaue Ausdrucksweise auch dann, wenn sie zunächst etwas umständlich erscheint; - die Berufung auf die Definitionsgleichungen der Größen. Beides gilt besonders für die später zu behandelnden Gehaltsgrößen, denn sie werden nicht nur im Laboralltags-Jargon, sondern auch in wissenschaftlichen (Lehr)Büchern besonders nachlässig und meist nicht eindeutig verwendet. ⇒ Konsequenzen von falschen Bezeichnungen und ungenauen Ausdrucksweisen am Beispiel der einfachen Größe "molare Masse" - Die richtige Bezeichnung "molare Masse" soll die Quotientennatur dieser Größe deutlich machen. Die Analogie zu anderen intensiven Größen, die ebenfalls auf die Stoffmenge bezogen sind (molares Volumen, molare Enthalpie usw.), soll deutlich werden. - Die ungenaue Bezeichnungen "Molmasse" und besonders die immer noch weit verbreitete, alte Bezeichnung "Molekulargewicht" sind viel schlechter! Sie führen zur Assoziation, dass mit diesen Bezeichnungen eine Masse bzw. gar ein "Gewicht" gemeint ist. Tatsächlich ist die Bezeichnung "Molekulargewicht" Relikt des alten Mol-Begriffes. Mit diesem Begriff war früher tatsächlich eine Masse gemeint, nämlich die Masse von "1 Mol einer Substanz". Die damals in der Chemie üblichen Ausdrucksweisen und "Gleichungen" führen, wenn man sie heute benutzt, zur totalen Verwirrung. Als Beispiele seien die folgenden mehr oder weniger falschen "Gleichungen" und Aussagen zitiert (sie stammen aus noch nicht sehr alten Lehrbüchern): MG H2O = 18 ; 1Mol H2O ≡ 18 g ; 1mol H2O = 18 g ; 1mol H2O 18 g o "Die Molmasse eines Stoffes ist die Masse von 1 mol des Stoffes"; o "1 mol des Stoffes entspricht so vielen Gramm, wie seine Molmasse beträgt"; o "1 mol Kohlenstoff entspricht 12 g Kohlenstoff". 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 21 Ruess Relative Atommasse und relative Molekülmasse • Größen, die leicht mit der molaren Masse M (X) verwechselt werden können ⇒ Es gibt weitere Größen, die der molaren Masse auf den ersten Blick ähnlich sind, einen ähnlichen Namen, aber andere oder keine Einheiten haben. Die Verwendung dieser Größen bei stöchiometrischen Rechnungen hat gegenüber der Verwendung der "molaren Masse" M(X) keinerlei Vorteile, sondern nur Nachteile. ⇒ Solche ähnlichen Größen sind: relative Atommasse A r relative Molekülmasse M r Beide Größen sind definiert als Quotienten aus der Masse eines Atoms X bzw. eines Moleküls X2 und der Masse von 1/12 des Nuclids 12C : A r (X) = m (1X) 1 12 ⋅ m (112 C) Mr (X2 ) = m (1X2 ) 1 12 ⋅ m (112 C) Auch diese Größen sind keine Massen, sondern charakteristische StoffKonstanten, allerdings Konstanten ohne Einheit. Auch für diese Konstanten dürfen die veralteten Bezeichnungen "Atomgewicht" und "Molekulargewicht" nicht mehr verwendet werden! • Die atomare Masseneinheit u ⇒ Manchmal (besonders in der Physik) kommt es vor, dass die Masse eines einzelnen Teilchens statt in der SI-Einheit Kilogramm (kg) bzw. Gramm (g), in der sog "atomaren Masseneinheit" (Zeichen: u ) angegeben wird. 1u = Diese Einheit ist wie folgt definiert: 1 ⋅ m (112 C) 12 Der Zusammenhang mit der SI-Masseneinheit Gramm ergibt sich wie folgt: M ( 12 C) = NA ⋅ m (112 C) 1u = → m (112 C) = M ( 12 C) NA M ( 12 C) 12 g/mol = = 1,66 ⋅10 −24 g 23 −1 12 ⋅ N A 12 ⋅ 6,022 ⋅10 mol Für stöchiometrische Rechnungen hat diese Einheit keine Bedeutung. 2_Stoech_Groeszen.doc Seite 22 Ruess • Einige Größen, haben gleiche Zahlenwerte, aber unterschiedliche Einheiten : Für den Stoff Wasser, bzw. für ein Molekül Wasser sind z.B. folgende Angaben möglich: ⇒ Die Masse eines Moleküls Wasser (Molekülmasse des Wassers) beträgt: m (1H2O) = 18 u ⇒ Die relative Molekülmasse des Wassers beträgt: Mr (H2O) = m (1H2O) 18 u = = 18 12 1u 1 12 ⋅ m (1 C) ⇒ Die molare Masse des Wassers beträgt: M (H2O) = NA ⋅ m (1H2O) → → M ( 12 C) 12 g / mol = 18 ⋅ = 18 g / mol M (H2O) = N A ⋅ 18 u = NA ⋅ 18 ⋅ 12 ⋅ N A 12 3_Stoech_Statistik.doc Seite 23 Ruess • 3. Stunde Woche 44 (5.Woche Okt. 1. Woche Nov.) Grundlagen der Statistik • Berechnungsgleichungen für die Größen: Mittelwert, Standardabweichung und Standardabweichung des Mittelwertes. 1 ⋅∑ Ai N i Berechnung des Mittelwertes A von N einzelnen Messwerten Ai : A= Berechnung der Summe der Abweichungsquadrate von N einzelnen Messwerten Ai einer Messreihe vom Mittelwert A : ∑ ( A i − A) Berechnung der Standarabweichung (Streuung) sA von N einzelnen Messwerten Ai einer Messreihe: Von relativer Standardabweichung spricht man, wenn sA auf den Mittelwert bezogen wird. 2 i ∑ ( A i − A) sA = i 2 ( N − 1) srel = sA A Zur Berechnung von Mittelwert A und Standardabweichung sA stellt EXCEL die Funktionen MITTELWERT und STABW zur Verfügung. Aus der Standardabweichung sA und der Anzahl der Messwerte kann die sog. "Standardabweichung des Mittelwertes" sMW berechnet werden. sMW = sA N Für viele ist diese Bezeichnung eher verwirrend und nicht sehr anschaulich. Es empfiehlt sich deshalb die bessere Bezeichnung "Unsicherheit des Mittelwertes", durch die sofort einsichtig wird, wie wichtig die Anzahl der Messwerte für die "Sicherheit des Mittelwertes" ist. Diese Größe wird im übernächsten Punkt näher erläutert; sie wird dort zur Berechnung des sog. "Vertrauensintervalls" benötigt. 3_Stoech_Statistik.doc Ruess • Zur Bedeutung der Größe Mittelwert Die Bedeutung des Mittelwertes A ergibt sich aus der Definitionsgleichung. Bei jeder Messung ist die Anzahl der Messwerte N endlich groß. Für den hypothetischen Fall, dass die Zahl der Messwerte unendlich groß ist ( N → ∞ ), nennt man den Mittelwert dieser Messwerte: "Mittelwert der Grundgesamtheit" oder auch "Erwartungswert" und gibt ihm das Symbol μ • Zur Bedeutung der Größe Standardabweichung. 1. Standardabweichung und Freiheitsgrad. Die Standardabweichung sA kann positiv oder negativ sein und gibt an, wie dicht die Einzelwerte Ai am Mittelwert liegen. sA ist ein Maß für die Streuung der Messwerte und muss deshalb mit einer Kommastelle mehr angegeben werden als die Messwerte. Den Ausdruck (N - 1) im Nenner der Berechnungsgleichung von sA bezeichnet man als "Freiheitsgrad". Was dieser Ausdruck bedeutet und warum dort nicht nur die Anzahl der Messwerte N steht, ist eine Überlegung wert: - Was wird für sA berechnet (Zähler und Nenner) für den Fall: N = 1? - Was würde für sA berechnet werden für den Fall N = 1, wenn im Nenner die Anzahl der Messwerte N statt der Freiheitsgrade (N – 1) stehen würde? 2. Standardabweichung und Normalverteilung. Die Standardabweichung wird für den Fall N → ∞ als "Standardabweichung der Grundgesamtheit" bzw. "Standardabweichung des Erwartungswertes μ " bezeichnet und bekommt das Symbol σ . Die Größen μ (Erwartungswert) und seine Standardabweichung σ kann man durch Messungen nicht ermitteln. Man kann sich ihnen aber beliebig weit annähern, wenn die Anzahl der Messwerte N immer größer wird. Die Größen μ und σ tauchen auch im mathematischen Ausdruck für die zufallsbedingte sog. "Normalverteilung (Gauss-Verteilung)" von Messwerten auf. Diese Verteilung wird durch die allgemein bekannte "Glockenkurve" (Gauss´sche Fehlerkurve) dargestellt. Seite 24 3_Stoech_Statistik.doc Seite 25 Ruess Wenn man die Gauss´sche Fehlerkurve für eine endliche Anzahl von Messwerten darstellen will, muss man für μ = A und für σ = sA setzen: y= N σ 2π ⎛ ( A − μ )2 ⎞ ⎟ ⋅ exp− ⎜ ⎜ 2σ 2 ⎟ ⎝ ⎠ → y= ⎛ A−A 2⎞ ⎟ ⋅ exp− ⎜ ⎜ 2s 2 ⎟ ⎜ ⎟ A ⎝ ⎠ ( N sA 2π ) Die Gauss´sche Fehlerkurve beschreibt die Wahrscheinlichkeit, einen Messwert A in einem bestimmten Bereich zu finden, wenn der Mittelwert A und die Standardabweichung sA bekannt sind. Von normalisierter Gauss-Kurve spricht man für den unrealistischen aber einfachen Fall: A = 0 ; N = sA = 1. Es ist praktisch, die Entfernung eines Messwertes vom Mittelwert (also die Abweichung A − A ) in Vielfachen der Standardabweichung sA anzugeben. Diese Vielfache nennt man z-Werte: z = A−A sA → N y = sA 2π ⎛ z2 ⎞ ⋅ exp− ⎜ ⎟ ⎜ 2 ⎟ ⎝ ⎠ Die Wahrscheinlichkeit, einen Messwert an einer Stelle zu finden, ist dem Ordinatenwert y proportional. Im Fall A = 0 und s = 1 beträgt der y-Wert für einen Messwert, der beim Mittelwert A = 0 liegt, d.h. am Maximum der Wahrscheinlichkeit, 0,399. Für den Messwert A = 1 ist der Ordinatenwert niedriger und beträgt nur 0,242. Also ist die Wahrscheinlichkeit den Messwert A = 1 zu messen, um den Faktor 0,242 0,399 = 0,607 geringer als den Messwert A = 0 zu messen. Die Wahrscheinlichkeit, einen Messwert zu messen, der in einem bestimmten Bereich der Gauss´schen Fehlerkurve liegt, ist der Fläche unter der Kurve in diesem Bereich proportional. Die Gesamtfläche unter der Kurve entspricht der Summe aller Wahrscheinlichkeiten. Wenn für N = s A = 1 die Gesamtwahrscheinlichkeit 1 (100%) beträgt, spricht man von einer "normalisierten Gauss-Kurve". Man kann zeigen, dass der Faktor N sA 2π im Ausdruck für die Gauss-Kurve dafür sorgt, dass die Gesamtfläche (Gesamtwahrscheinlichkeit) 1 beträgt. 3_Stoech_Statistik.doc Seite 26 Ruess 3. Standardabweichung (Unsicherheit) des Mittelwertes Die Berechnungsgleichung für die Standardabweichung sA zeigt, dass sA – wie erwartet – mit steigender Anzahl der Messwerte kleiner wird. Der Mittelwert wird also mit steigender Anzahl von Messwerten immer sicherer (vertrauenswürdiger). Das zeigt sehr deutlich, dass die Angabe von Mittelwert und sA allein, ohne die gleichzeitige Angabe der Anzahl der Messwerte unzureichend ist! Der Zusammenhang zwischen der Standardabweichung sA und der Anzahl der Messwerte N wird durch die Größe sMW beschrieben: "Standardabweichung des Mittelwertes" ("Unsicherheit des Mittelwertes"). s MW = Unsicherheit des Mittelwertes A : sA N sA N N 1 1 1 1 4 16 1 2 4 Unsicherheit Mittelwert 1 0,5 0,25 Die für sMW angegebene Berechnungsgleichung besagt z. B.: ¾ Wenn die Anzahl der Messwerte vervierfacht (versechzehnfacht) wird, sinkt (bei konstanter Standardabweichung!) die Unsicherheit des Mittelwertes auf die Hälfte (auf ein Viertel) des ursprünglichen Wertes. 4. Standardabweichung und Vertrauensintervall des Mittelwertes Die "Standardabweichung des Mittelwertes" sMW wird für die Berechnung des sog. "Vertrauensintervalls" benötigt. ¾ Was kann man sich unter einem Vertrauensintervall vorstellen? Hat man es mit einer kleinen Anzahl von Messwerten zu tun (sog. Stichprobe), so hat man keine Chance, den Erwartungswert μ (Mittelwert der Grundgesamtheit) und die zugehörige Standardabweichung der Grundgesamtheit σ zu bestimmen; diese Werte würde man nur mit unendlich vielen Messwerten erhalten. Man muss also zufrieden sein mit dem Mittelwert A der Stichprobe und der zugehörigen Standardabweichung dieser Stichprobe sA . Das Vertrauensintervall beantwortet nun folgende Frage zum Erwartungswert μ : Wie breit ist der Bereich um den gemessenen Mittelwert der Stichprobe A , innerhalb dessen der Erwartungswert μ (bei konstanter Standardabweichung) mit einer vom Anwender gewünschten Wahrscheinlichkeit gefunden wird. 3_Stoech_Statistik.doc Seite 27 Ruess Für Vertrauensintervalle können also nur Wahrscheinlichkeitsaussagen gemacht werden. Deshalb werden für die Berechnung von Vertrauensintervallen auch Wahrscheinlichkeitsfaktoren benötigt. Diese Faktoren heißen t-Faktoren und wurden zuerst von einem Herrn "Student" (ein Pseudonym) berechnet. Die t-Faktoren kann man in Tabellen finden (Ausschnitt s. u.). Sie sind dort geordnet nach der Anzahl von Messungen N (bzw. Freiheitsgrade) und nach der vom Anwender gewünschten Wahrscheinlichkeit. t-Faktoren für gewünschte Wahrscheinlichkeiten Anzahl Freiheitsgrade N −1 1 4 20 ∞ • 50% 95 % 99,5 % 99,9 % 1,0 0,741 0,687 0,674 12,706 2,776 2,086 1,96 127,32 5,598 3,153 2,807 636,6 8,610 3,85 3,291 Das Vertrauensintervall wird nach nebenstehender Formel berechnet und angegeben: μ = A ± t⋅ sA N Beispiele: • Für eine Messreihe aus fünf Werten (0,731, 0,733, 0,728, 0,750 und 0,745) werden zunächst Mittelwert und Standardabweichung berechnet. Dann wird der t-Faktor für N - 1 = 4 bei der gewünschten Wahrscheinlichkeit aus der Tabelle entnommen und das zugehörige Vertrauensintervall berechnet. So erhält man z.B. für eine gewünschte Wahrscheinlichkeit von 95 %: sA = 0,0096 A = 0,7374 μ = 0,7374 ± 2,776 ⋅ • 0,0096 5 → μ = 0,7374 ± 0,012 Wenn (bei konstantem A und sA) eine höhere Wahrscheinlichkeit gewünscht wird, den Erwartungswert im anzugebenden Intervall zu finden, dann muss das Vertrauensintervall zwangsläufig breiter werden. So ergibt sich z.B. für eine gewünschte Wahrscheinlichkeit von 99,9 %: μ = 0,7374 ± 8,610 ⋅ 0,0096 5 → μ = 0,7374 ± 0,037 3_Stoech_Statistik.doc • Jetzt lässt sich die Messunsicherheit dadurch verringern, dass die Anzahl der Messungen von 5 auf 11 erhöht wird: N - 1 = 10. Wenn dabei A und sA wieder gleich bleiben, würde man für die gewünschte hohe Wahrscheinlichkeit von 99,9 % ein deutlich schmaleres Vertrauensintervall erhalten: μ = 0,7374 ± 4,587 ⋅ • 11 0,0096 → μ = 0,7374 ± 0,013 21 → μ = 0,7374 ± 0,008 Die t-Faktoren sorgen auch dafür, dass zu hoch gesteckte Wünsche nicht erfüllt werden. Angenommen: Es werden nur 2 Messungen gemacht und diese ergeben den oben genannten Mittelwert und die angegebene Standardabweichung. Wenn man dann trotzdem die Angabe eines Vertrauensintervalls mit 99,9 % Wahrscheinlichkeit wünscht, dann muss man sich nicht wundern, wenn dieses Intervall unsinnig groß ist, denn für diesen Fall ist der t-Faktor dann sehr groß: μ = 0,7374 ± 636,6 ⋅ • 0,0096 Durch eine weitere Erhöhung der Anzahl der Messungen (bei konstanten A und sA) wird das Vertrauensintervall nicht mehr im gleichen Maße schmäler, denn die t-Faktoren werden zunehmend langsam kleiner. Für 21 Messungen würde man erhalten: μ = 0,7374 ± 3,85 ⋅ • Seite 28 Ruess 0,0096 2 → μ = 0,7374 ± 4,32 Diese Beispiele, in denen der Mittelwert und die Standardabweichung immer gleich groß sind, machen einen Sachverhalt sofort klar: Die Standardabweichung taugt nur als erster Schätzwert für die Sicherheit des Mittelwertes Messunsicherheit. Besonders bei einer kleinen Anzahl von Messwerten ist die Standardabweichung wertlos, wenn die Anzahl der Messungen nicht mit angegeben wird, denn dann kann ein Vertrauensintervall nicht berechnet und angegeben werden. 4_Stoech_Gehalt.doc Ruess Seite 29 • 4. Stunde Woche 45 (2. Woche Nov.) Beschreibung des Gehaltes von Gemischen mit Gehaltsgrößen. • Beispiele für klassische und nicht-klassische Gemische ¾ Heterogene klassische Gemische: Gemenge (fest / fest) Suspensionen (fest / flüssig) Emulsionen (flüssig / flüssig) Rauch (fest / gas) Nebel (flüssig / gas) ¾ Homogene klassische Gemische: Legierungen (fest / fest) Lösungen (flüssig / flüssig), (fest / flüssig), (gas / flüssig) Gasgemische (gas / gas) ¾ Gemische aus Isotopen: Chemische Elemente mit Ausnahme der sog. Reinelemente, z.B. Fluor ¾ "Gemische" aus Atomen oder Atomgruppen: Chemische Verbindungen ¾ "Gemische" aus charakteristischen Molekül-Gruppen (Monomere) Polymere Verbindungen 4_Stoech_Gehalt.doc Seite 30 Ruess • Die drei Gruppen von Gehaltsgrößen: Anteile, Konzentrationen, Verhältnisse. Der Begriff "Gehalt" ist der Oberbegriff für alle Angaben zur Beschreibung der Quantitäten von Einzelbestandteile eines Gemisches. Dementsprechend wird die Zusammensetzung von Mischphasen durch Größen beschrieben, die man als "Gehaltsgrößen" bezeichnet. Es gibt drei wichtige Gruppen von Gehaltsgrößen (und einige Sonderfälle). Anteile (Massen-, Stoffmengen-, Volumen- ) Oberbegriff Konzentrationen (s. o.) Verhältnisse (s. o.) " Gehalt " In jeder der drei Gruppen gibt es drei Gehaltsgrößen (vgl. Tabelle S. 5) Häufig wird die Bezeichnung "Konzentration" als Oberbegriff benutzt! Das ist falsch! Dadurch gelangen die anderen Gruppen in Vergessenheit. • Falsche Beschreibungen der Zusammensetzung von Gemischen. Beispiele für unklare, oder umständliche Gehaltsangaben. ⇒ Wenn die richtigen Gehaltsgrößen nicht bekannt sind, werden ungenaue, nicht eindeutige (z.B. nur Prozent-angaben) oder umständliche "Laborjargon"Bezeichnungen benutzt, um die Zusammensetzung von Gemischen zu beschreiben! ⇒ Man muss damit rechnen, dass ungenaue Bezeichnungen in Versuchsvorschriften, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Lehrbüchern auftauchen ! Sie sind dann für Anfänger bei der Herstellung der Gemische verwirrend und können auch für Experten rätselhaft sein. Sie können Auslöser für Unfälle und Vergiftungen (Pharmazeutika, Lebensmittel) sein. Jüngstes Beispiel (2003): falscher Vitamin-D-Gehalt in Babynahrung (Schaden: 30.000.00 €). 4_Stoech_Gehalt.doc Seite 31 Ruess Beispiele ¾ Verwendung von rechnerischen Kürzeln (Zeichen für Rechenvorschriften) als Ersatz für die richtigen, eigentlich gemeinten Gehaltsgrößen (oder Einheiten): % (Prozent) ‰ (Promill) ppm ppb ppt Solche unklaren Angaben sind sehr weit verbreitet. Das beruht auf der irrigen Annahme, durch Angabe des Kürzels sei alles Nötige gesagt! Tatsächlich ist das Wichtigste – der Name der Gehaltsgröße – nicht genannt ! Das merkt man immer dann, wenn man das Gemisch selbst herstellen muss! ¾ Um die genannten Unklarheiten auszuschließen, wird häufig versucht, durch Angabe verschiedener "Prozentsorten" Klarheit zu schaffen: Gewichts-, Massen-, Volumen-, Mol-Prozent; Abgesehen davon, dass es gar keine verschiedenen "Prozentsorten" gibt (% steht nur für eine Rechenvorschrift), können diese Bezeichnungen die Unklarheit über die eigentlich gemeinte Gehaltsgröße nicht immer beseitigen. Deshalb findet man dann noch geheimnisvolle Zusatzangaben in Klammern: (m/m) oder engl. (w/w), (m/v) oder engl. (w/v), Gewichts-% (w/w); Massen-% (m/v); Massen-% (m/m); (v/v) ppm (v/v). Auch diese Zusatzangaben können Größengleichungen nicht ersetzen! Erst mit Größengleichungen werden stöchiometrische Berechnungen möglich. ¾ Angabe verschiedener "Grade" oder verschiedener "Indices" an Stelle der richtigen, eigentlich gemeinten Gehaltsgröße: Dissoziations-, Titrations-, Polymerisations-, Markierungs-, Fällungs-Grad; Permanganat-Index, Sauerstoff-Sättigung-Index; Auch diese Bezeichnungen sind weit verbreitet. Sie sind nicht eigentlich falsch, jedoch bleibt für nicht Eingeweihte unklar, welche Gehaltsgröße gemeint ist. Das wird erst klar, wenn die zugehörige Definitionsgleichung formuliert wird. 4_Stoech_Gehalt.doc Ruess Seite 32 ¾ Verschiedene andere, althergebrachte, teils recht praktische Bezeichnungen, die man nicht auf den ersten Blick als Gehaltsgrößen erkennt. Auch sie machen den nicht Eingeweihten bei stöchiometrischen Rechnungen Schwierigkeiten: Molenbruch, Molarität, Normalität (nicht mehr erlaubt), Titer, Kapazität (bei Ionenaustauschern), katalytische Aktivität (bei Katalysatoren, Enzymen) Löslichkeit eines Stoffes; Optische Reinheit einer Verbindung, Enantiomerenexcess; • Wie geht man mit unklaren oder umständlichen Gehaltsangaben um? In den unklaren Angaben müssen zunächst die Gehaltsgrößen, die mit ihnen gemeint sein könnten, erkannt werden. Das ist manchmal leicht möglich manchmal gar nicht: 1. Mit der Angabe "1 % NaCl-Lösung" ist wahrscheinlich die Massenkonzentration 1 g / 100 mL gemeint, weil diese Lösung meist so hergestellt wird. 2. Mit der Angabe "Konz HCl 36 %" ist wahrscheinlich ein Massenanteil 36 g HCl / 100 g Lsg. gemeint, weil diese Lösung wohl so hergestellt wird. 3. Die Angabe "Dissoziationsgrad 10 %" bezeichnet einen Stoffmengenanteil, weil die Anzahl der dissoziierten Säuremoleküle bezogen auf die ursprüngliche Gesamtzahl von Säuremolekülen gemeint ist. 4. Die Angabe "10 % Ethanol-Lösung" ist nicht so einfach zu interpretieren, weil unbekannt ist, wie diese Lösung hergestellt worden ist. Nach der Interpretation müssen die zuständigen Definitionsgleichung formuliert werden. Erst dann sind die Angaben für stöchiometrische Rechnungen mit Rechnereinsatz brauchbar. 4_Stoech_Gehalt.doc Seite 33 Ruess • Gehaltsgrößen Übersicht: drei Gruppen mit jeweils drei Vertretern. 1. Anteile Bezeichnung schlecht Massenanteil Stoffmengenanteil Volumenanteil Gewichtsprozent (w/w) Molenbruch, Molproz. Volumenprozent (V/V) Symbole und w (A) = Definitionsgleichungen m (A) m (A) + m (B) n (A) n (A) + n (B) x (A) = ϕ (A) = V (A) V (A) + V (B) Einheiten : Alle Anteilsgrößen sind dimensionslos . Zur Angabe aller Anteile sind Kürzel % , ‰, ppm, ppb usw. erlaubt. Sinnvoll: Einheits-Quotienten z.B. µg/g , µmol/mol , mL/m3 verwenden! 2. Konzentrationen Massenkonzentration Bezeichnung schlecht Gewichtsprozent (w/V) Symbole und Definitionsgleichungen Einheiten: β (A) = m (A) V (Gem) Volumenkonzentration Molarität1), Normalität Volumenprozent (V/V) c (A) = kg m3 , g L , mg mL Tolerabel sind die Kurzsymbole: Stoffmengenkonzentration n (A) σ (A) = V (Gem) mol m3 , mol L , mmol L M ≡ mol L mM ≡ mmol L V (A) V (Gem) Ohne Einheit μM ≡ μ mol L 1) 3. Verhältnisse Bezeichnung Symbole 2) und Definitionsgleichungen Massenverhältnis ς (A) = m (A) m (B) Stoffmengenverhältnis R (A) = n (A) n (B) 3) Anmerkungen und Bemerkungen zur Tabelle: s. nächste Seite Volumenverhältnis Ψ (A) = V (A) V (B) 4_Stoech_Gehalt.doc Seite 34 Ruess Anmerkungen zur Tabelle Gehaltsgrößen 1) Die Bezeichnung "Molarität" für die "Stoffmengenkonzentration" ist von der Systematik her zwar nicht zulässig (man sagt auch nicht "Meterität" sondern "Länge"), sie ist aber wegen ihrer Kürze und wegen der Vorbehalte gegen bzw. der Unkenntnis über die Basisgröße "Stoffmenge" immer noch sehr verbreitet. Die Bezeichnung "Molarität" ist auch deshalb sehr gebräuchlich, weil die Bezeichnung der vollständigen Einheit "mol/L" mit dem Kurz-Namen "molar" und dem Buchstaben "M" sehr beliebt und auch sehr praktisch ist. Deswegen ist der Gebrauch tolerabel aber nicht empfehlenswert. 2) Die Symbole der Verhältnisse haben meist keine Bedeutung (vgl. aber Anm 3). Verhältnisse sollten immer direkt mit Namen benannt und ausformuliert werden. Sonst ist die Gefahr der Verwechselung mit dem jeweils reziproken Verhältnis groß! 3) Das Symbol R für Stoffmengenverhältnisse wir in diesem Manuskript häufig verwendet, weil diese Verhältnisse bei der Berechnung von Säure-BasenGleichgewichten eine wichtige Rolle spielen. Um Verwechselungen mit den jeweils reziproken Verhältnissen zu vermeiden, werden zusätzlich Indices (zur Kennzeichnung der Anzahl von Protonen) verwendet: R 0−1 = n (A) n (HA) R 1−0 = n (HA) n (A) R 2 −0 = n (H2 A) usw. n (A) • Einige Bemerkungen zu den drei Gruppen von Gehaltsgrößen: 1. Anteile Massenanteil: engl. mass-fraction ; dt. Massenbruch (selten benutzt); häufig schlecht: Massenprozent (w/w). Stoffmengen-Anteil: engl. amount-of-substance-fraction (meist mol-fraction); dt. Molenbruch oder Molprozent (häufig benutzt). Volumen-Anteil: engl. volume-fraction dt. Volumenbruch (selten benutzt); häufig benutzt, aber nicht eindeutig: Volumenprozent. 4_Stoech_Gehalt.doc Seite 35 Ruess ¾ In den Nennern der Definitionsgleichungen aller Anteile stehen immer die Summen der betreffenden Größen. Bei den Summen ist bedenkenswert: Massen und Stoffmengen sind additiv: m (A) + m (B) = m (Gem) Volumina aber sind nicht additiv: V (A) + V (B) ≠ V (Gem) ¾ Gemäß ihrer Definitionsgleichung gilt für alle Anteile eines Gemisches: o Alle Anteile haben Zahlenwerte zwischen 0 und 1. o Die Summe der Anteile aller Komponenten einer Mischphase beträgt 1. w (A) + w (B) + w (C) + " = ∑ w (i) = 1 i ∑ X (i) = 1 i ∑ ϕ (i) = 1 i ¾ Alle Anteile sind dimensionslos. Sie dürfen deshalb statt als – unter Umständen sehr kleine – Dezimalzahl auch unter Verwendung der "rechnerischen Kürzel" 1 1 1 ppm = ppb = z.B. % = angegeben werden. 6 9 100 10 10 Achtung: Der "Volumenanteil" wird häufig mit der ebenfalls dimensionslosen "Volumenkonzentration" verwechselt und dann von dieser nicht unterschieden. 2. Konzentrationen Massenkonzentration: engl. mass-concentration ; dt. Massenkonzentration, häufig schlecht bzw. falsch Gewichtsprozent (w/v). Stoffmengenkonzentration: engl. amount-of-substance-concentration; (auch molar concentration oder nur concentration) dt. auch "molare Konzentration" o. häufig nur Konzentration. Volumenkonzentration: engl. volume-concentration; dt. häufig nicht eindeutig bzw. falsch: Volumenprozent. ¾ Im Nenner der Definitionsgleichung jeder Konzentration steht immer das Volumen des fertigen Gemisches, denn die Lösungen werden sachgerecht immer im Messkolben hergestellt. ¾ Die Massen- und die Stoffmengenkonzentration sind dimensionsbehaftet. 4_Stoech_Gehalt.doc Seite 36 Ruess Sie dürfen deshalb niemals unter Verwendung der "rechnerischen Kürzel" % , ppm usw. angegeben werden. Bei der Massenkonzentration geschieht das aber trotzdem häufig. Das kann zur Verwechselung mit dem dimensionslosen Massenanteil führen: Wie soll z.B. eine 40 %-ige Ammoniumsulfat-Lösung hergestellt werden? Die Massenkonzentration hat die gleiche Dimension wie die Dichte. Was unterscheidet die beiden Größen dennoch? ¾ Die Volumenkonzentration ist dimensionslos. Sie wird deshalb leicht verwechselt mit dem Volumenanteil. Die Angabe 50 %-ige Ethanol-Lösung ist also unvollständig und nicht eindeutig. 3. Verhältnisse Massenverhältnis: engl. mass-ratio. Stoffmengenverhältnis: amount-of-substance-ratio. Wenn das Volumen eines Gemisches (z.B. bei einem Gleichgewichtsgemisch) für alle Komponenten (Spezies) gleich ist, dann ist das Verhältnis der Stoffmengen in diesem Gemisch identisch mit dem Verhältnis der R (A) = Stoffmengen-Konzentrationen: Volumenverhältnis: n (A) n (A) V (Gem) c (A) = = n (B) n (B) V (Gem) c (B) volume-ratio. ¾ Im Nenner der Definitionsgleichungen aller Verhältnisse steht immer die gleiche Größe einer anderen Komponente. In Mehrkomponentengemischen sind sehr viele Verhältnisse formulierbar. ¾ Verhältnisse sind dimensionslos und haben Zahlenwerte zwischen 0 und ∞ ¾ Stoffmengenverhältnisse sind die Basis aller stöchiometrischer Berechnungen. ¾ In jedem Massenwirkungsgesetz–Ausdruck (MWG-Ausdruck) für ein Gleichgewichtsgemisch stecken Stoffmengen(konzentrations)verhältnisse. Sie sind die Grundlage für die Berechnung der Speziesverteilung in den Gleichgewichtsgemischen, z.B. im folgenden Dissoziationsgleichgewicht: HA ⎯⎯⎯ → ←⎯ H + A Ka1 = c (H) ⋅ c (A) c (HA) → RA−HA = c (A) K = a1 c (HA) c (H) 4_Stoech_Gehalt.doc Seite 37 Ruess • Beispiele für spezielle Gehaltsgrößen ¾ Löslichkeit einer Substanz in einem Lösungsmittel. Gemeint kann sein: m (A) ? (A) = V (B) Massen- bzw. Stoffmengen-Sättigungs-Löslichkeit n (A) von Substanz A in einem vorgegebenen Volumen ?? (A) = V (B) des Lösungsmittels B. Für diese Gehaltsgrößen sind keine Symbole festgelegt. Diese Größen wären identisch mit einer Massen- bzw. Stoffmengen-SättigungsKonzentration, wenn im Nenner V(Gem) stehen würde statt V(B). ¾ Molalität (1) und Molalität (2). Beide Molalitäten sind sehr beliebt in der physikalischen Chemie, weil sie unabhängig sind von T ! Beide Molalitäten sind aber auch immer dann b1 (A) = n (A) m (Gem) b2 (A) = n (A) m (B) wichtig in der analytischen Chemie, wenn das Volumen eines Gemisches als Bezugsbasis nicht zur Verfügung steht. Das ist z.B. der Fall, wenn das Gemisch fest ist oder wenn ein polymeres Molekül vorliegt. Wenn das polymere Molekül mit Molekülgruppen A modifiziert wird, dann wäre b(A) besser als "Belegung" zu bezeichnen. Anmerkungen zur "Molalität (2)" Bei der Molalität(2) wird die Stoffmenge von A nicht auf die Masse des Gemisches sondern auf die Masse des Lösungsmittels B bezogen: Für sehr verdünnte Lösungen sind beide Molalitäten fast identisch. Wenn n (A) << n (B) dann ist: m (B) ≈ m (Gem) und b1 (A) ≈ b2 (A) Dann kann man einen Zusammenhang herleiten zwischen dem StoffmengenAnteil der Substanz A und dem Stoffmengenverhältnis sowie den Molalitäten: x (A) = n (A) n (A) + n (B) x (A) ≈ n (A) n (A) = ⋅ M (B) = b (A) ⋅ M (B) m (B) m (B) M (B) n (A) << n (B) ⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ → x (A) ≈ n (A) = R A −B n (B) 4_Stoech_Gehalt.doc Ruess Seite 38 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc Ruess Seite 39 • 5. Stunde Woche 46 / (3. Woche Nov.) Übungen zu Gehaltsgrößen und Stöchiometrie EXCEL-Übungen Stoech-5b-Gehalt Korrekte Gehaltsangaben von (flüssigen) Gemischen und Umrechnungen von Gehaltsgrößen Stoech-6a-Verd Stoffmengenbilanzen für Verdünnungsrechnungen mit Verdünnungsfaktoren. • Problemstellung: Unklare Gehaltsangaben bei (konzentrierten) Lösungen und Herstellung verdünnter Lösungen Viele im Handel käufliche (konzentrierte) Lösungen von Säuren und Basen haben unklare Gehaltsangaben auf dem Etikett, z.B. o 36 % (konz. HCl), 98 % (konz. H2SO4), 60 % (HClO4, Perchlorsäure), 80 % (H3PO4), 10 % Zitronensäure und 25 % (konz. NH3 Ammoniak). o Auf dem Etikett angegeben ist meist noch die Dichte der Lösung angegeben: (z.B. für konz. HCl : ρ = 1,188 kg / L ) und auch die molare Masse M(X) ¾ Welche Gehaltsgröße ist mit den unklaren Angaben (wahrscheinlich) gemeint ? ¾ Wie berechnet man das Volumen einer konzentrierten Lösung, das für die Herstellung einer verdünnten Lösung mit einer gewünschten niedrigen Stoffmengen-Konzentrationen und einem gewünschten Volumen benötigt wird? • Lösungsgang Zunächst muss geklärt werden, um welche Gehaltsgröße es sich bei den unklaren Gehaltsangaben handelt. Das muss häufig mit Erfahrung erschlossen werden: o für käufliche Lösungen durch Studium der Katalog-Angaben oder durch Suche nach der plausibelsten Art der Herstellung der jeweiligen Lösung: ¾ Wie stellt man z.B. konz. HCl-Lösung 36 % oder konz. NH3-Lösung 25 % her, wenn man bedenkt das HCl und NH3 Gase sind? Antwort: Es müssen die Massen des Lösungsmittels und der fertigen Lösung (und damit die Masse der gelösten Substanz) mit der Waage bestimmt werden! → Dann handelt es sich bei den Gehaltsangaben um Massenanteile. 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc Seite 40 Ruess o Bei selbst hergestellten Lösungen ergibt sich die Gehaltsgröße aus der Art der Herstellung des Gemisches: ¾ Wie stellt man Lösungen der flüssigen Säuren (HClO4; H3PO4) her? Antwort Die Herstellung solcher Lösungen ist auf drei Arten möglich! 1. Massen der Säure und des Lösungsmittels bestimmen: Massenanteil; 2. Volumina der Säure und des Lösungsmittels bestimmen: Volumenanteil; 3. Volumina der Säure und der Lösung bestimmen: Volumenkonzentration; Beschreiben Sie die Herstellungen und die verwendeten Geräte selbst ! → Je nach Art der Herstellung kann es sich bei den Gehaltsgrößen dann um Volumenanteile oder um Volumenkonzentrationen oder auch um handeln. ¾ Wie stellt man Lösungen von Feststoffen üblicherweise her? Antwort Üblich ist die Herstellung auf folgende zwei Arten: 1. Masse des Feststoffes und Volumen des Lösungsmittels werden bestimmt; Volumen der Lösung ist unbekannt: Gehaltsgröße ? 2. Masse des Feststoffes und Volumen der Lösung werden bestimmt; Volumen des Lösungsmittels ist unbekannt: Massenkonzentration. ¾ Wie müsste man bei Feststoffen vorgehen, damit es sich bei der Gehaltsangabe um einen dimensionslosen Massenanteil handelt (z.B. Zitronensäure 10%)? Antwort: Nur wenn die Masse von Lösungsmittel und fertiger Lösung bestimmt wird (und dann aus der Differenz die Masse der gelösten Substanz), erhält man als Gehaltsangabe: Massenanteil. Beispiel: Verdünnungsrechnungen mit Stoffmengenbilanzen und Verdünnungsfaktoren o Mit der Gehaltsangabe 36% einer konz. HCl ist ein Massenanteil gemeint. Mit Stoffmengenbilanz und Verdünnungsfaktor soll berechnet werden: Welches Volumen Vk der konzentrierten HCl-Lösung wird benötigt, um eine verdünnte Lösung mit einer gewünschten (niedrigen) Stoffmengen-Konzentration cv und dem gewünschten Vv Volumen herzustellen? o Wie muss die Stoffmengenbilanz verändert werden, wenn vor der Verdünnung der konz. HCl mit Wasser noch verdünnte HCl zugesetzt wird? 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc Seite 41 Ruess • Lösungsgang 1. Definitionsgleichung für den Massenanteil formulieren und umformen zur Berechnung der Stoffmengenkonzentration der konzentrierten Lösung ck: w (X) = m (X) n (X) ⋅ M (X) c (X) ⋅ M (X) w (X) ⋅ ρ (Lsg) = = k → ck (X) = ρ (Lsg) m(Lsg) V (Lsg) ⋅ ρ (Lsg) M (X) 2. Stoffmengen-Bilanzgleichung für die Verdünnung aufstellen: nk (X) = nv (X) Diese Stoffmengen-Bilanzgleichung ist bei Mischungs- und VerdünnungsRechnungen immer der Ausgangspunkt! Bei der Umformung der Stoffmengen-Bilanzgleichung ergibt sich ein Konzentrationsverhältnis, das man als Verdünnungsfaktor Fv bezeichnet: → ck (X) ⋅ Vk (X) = cv (X) ⋅ Vv (X) → Vk (X) = cv (X) ⋅ Vv = Fv ⋅ Vv (X) ck (X) 3. Aus den Konzentrationen ck und cv den Verdünnungsfaktor berechnen; dabei die Formulierung des Quotienten beachten: c (X) Fv = v ck (X) Mit dem Verdünnungsfaktor und dem gewünschten Volumen Vv der Lösung das benötigte Volumen Vk der konzentrierten Lösung berechnen. 4. In der Stoffmengen-Bilanzgleichung die zusätzlich zugefügte Stoffmenge berücksichtigen: → ck (X) ⋅ Vk (X) = nv (X) − nz (X) → Vk (X) = nk (X) + nz (X) = nv (X) nv (X) − nz (X) ck (X) 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc EXCEl-Übung Stoech-6b-Kalib Seite 42 Ruess Herstellung von Standardlösungen eines Analyten A. Berechnung der Einwaage einer Substanz S, wenn Analyt A ein Bestandteil der Substanz S ist. • Problemstellung: o Analyt A soll das Anion Nitrat sein. Als Einwaage-Substanz S soll das Salz Calciumnitrat benutzt werden. o Es werden 10 Nitrat-Standardlösungen mit unterschiedlichen, bekannten NitratMassenkonzentrationen und vorgegebenen Volumina benötigt. o Die Nitrat-Massenkonzentrationen sollen konstante Abstände haben und einen variabel vorgegebenen Bereich umfassen. Gesucht: Ein Berechnungsverfahren, das gemäß den gestellten Anforderungen die Einwaagen für alle Lösungen automatisch berechnen kann. Vorgaben für die Nitrat-Standardlösungen: o Volumina der 10 Lösungen sind gleich, aber variabel vorgegeben: VSt = 0,1 L . o Die Nitrat-Massenkonzentrationen mit konstanten Abständen liegen in einem Bereich, der variabel sein kann, z.B. : 5 mg / L ≤ β (NO3- ) ≤ 50 mg / L . o Die Herstellung erfolgt aus dem Salz Calciumnitrat Tetrahydrat mit der molaren Masse: M (Ca(NO3 )2 ⋅ 4H2O) = 226, 20 g / mol . Molare Masse von Nitrat: M (NO3- ) = 62, 0 g / mol . • Lösungsgang 1. Aus den Summenformeln von Analyt A und Einwaagesubstanz S wird der stöchiometrische Faktor x/y ermittelt. x n (S) = n (A) y 2. Es wird der konstante Konzentrationsabstand (die Schrittweite) berechnet. Die benötigte Formel soll selbst ermittelt werden. 3. In einer Spalte werden für alle zehn Lösungen die Massenkonzentrationen ß(S) berechnet. Die dafür benötigte Berechnungsformel selbst ermitteln. 4. In der benachbarten Spalte sollen für alle zehn Lösungen die zugehörigen Einwaagen m(S) berechnet werden. 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc Seite 43 Ruess Die benötigte Berechnungsformel kann ausgehend vom Stoffmengenverhältnis hergeleitet werden. In ihr kommt natürlich der stöchiometrische Faktor x/y vor, der im gewählten Beispiel 1/2 beträgt. n (S) x x m (S) x m (A) = → n (S) = ⋅ n (A) → = ⋅ n (A) y y M (S) y M (A) → m (S) = x M (S) ⋅ ⋅ m (A) y M (A) → m (S) = x M (S) m (A) ⋅ VSt ⋅ ⋅ y M (A) VSt → m (S) = x M (S) ⋅ ⋅ β (A) ⋅ VSt y M (A) 5. Jetzt könnten alle zehn Lösungen mit Hilfe von zehn Einwaagen hergestellt werden. Das jedoch ist zeitraubend und außerdem ist es meist nicht möglich, die vorausberechneten Einwaagen auf der Waage tatsächlich zu erreichen. Deshalb verfährt man meist wie folgt: 1. Man wählt nur eine der berechneten Einwaagen, für die eine passend hohe Massenkonzentration berechnet wurde und führt die Einwaage so durch, dass die vorausberechnete Einwaage ungefähr erreicht wird 2. Die Lösung wird hergestellt und ihre Massenkonzentration berechnet. Dafür muss obige Berechnungsgleichung nur umgeformt werden. → β (A) = y m (S) M (A) ⋅ ⋅ x VSt M (S) 3. Wenn die Konzentration dieser Standard-Stammlösung gut gewählt war, können ausgehend von ihr mit Hilfe passender Verdünnungen mehrere einzelne Standardlösungen passender Konzentration hergestellt und ihre Massenkonzentration mit den gewählten Verdünnungsfaktoren einfach berechnet werden. 6. Die einzelnen Standardlösungen dienen dann zur Erzeugung einer Kalibriergeraden. 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc EXCEL-Übung Stoech-5b-Gehalt • Problemstellung: Seite 44 Ruess Berechnung der molaren Zusammensetzung eines Gemisches aus einer unklaren Reinheits-Gehaltsangabe. Unklare Reinheitsangabe für eine Substanz und ihre Umrechnung in den Stoffmengenanteil. Es liegt ein Gemisch aus zwei (oder mehr) bekannten Substanzen vor, wobei die Gehaltsangabe für die Hauptkomponente unklar ist, o z.B. das käufliche Gemisch aus einem Mono- und einem Bis-Oxiran; Reinheitsangabe des Bis-Oxirans auf dem Etikett: Die molaren Massen der Substanzen sind bekannt: 60 %. M(Box) und M(Mox). o z.B. die normale konz. Schwefelsäure, die noch etwas Wasser enthält; Reinheitsangabe auf dem Etikett: 98% . Die molaren Massen der Substanzen sind bekannt: M(H2SO4) und M(H2O); • Lösungsgang • Welche Gehaltsgröße ist mit der unklaren Angabe (wahrscheinlich) gemeint ? Im Prinzip kommen vier dimensionslose Gehaltsangaben in Frage: Massen-, Stoffmengen- und Volumenanteil und die Volumenkonzentration. o Für käufliche Gemische kann man durch Studium der Katalogangaben und der Methoden zur Bestimmung des Reinheitsgrades Hinweise erhalten: Wenn bei chromatographischen Methoden (GC / HPLC) die Substanzen als reine Substanzen verfügbar sind und eingewogen werden können: → es handelt sich um Massenanteile. Wenn chemische Methoden (Titrimetrie, Gravimetrie) verwendet werden: → es handelt sich um Stoffmengenanteile (vgl. Beispiel). o Bei festen Gemischen (Chemikalien, Mineralien, Legierungen) sind volumenbasierte Gehaltsgrößen unwahrscheinlich, denn Volumina von Festkörpern sind kaum zu ermitteln. o Bei selbst hergestellten Gemischen ergibt sich die Gehaltsgröße automatisch aus der Art der Herstellung des Gemisches (Beispiele: s.o.). 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc Ruess Seite 45 • Wie groß sind die Stoffmenanteile der Substanzen ? Wie groß sind z.B. die Stoffmengenanteile (die molare Zusammensetzung) von H2SO4 und H2O für eine konz. Schwefelsäure, deren Massenanteil angegeben ist mit: w(H2SO4) = 98% ? Bei der Berechnung (vgl. Beispiel unten) ergibt sich für den Stoffmengenanteil der Schwefelsäure: X(H2SO4) ≈ 90%, d.h. von 100 Molekülen im Gemisch sind 10 Moleküle H2O-Moleküle. Diese Gehaltsangabe der molaren Zusammensetzung gibt also eine viel bessere Vorstellung von der „Reinheit“ der konz. Schwefelsäure als ihr Massenanteil. Diese Gehaltsangabe ist auch das Ergebnis jeder Analyse eines Gemisches mit Hilfe einer chemischen Reaktion (z.B. Titration; Gravimetrie) Beispiel: Mit der unklaren Reinheits-Gehaltsangabe für das käufliche Gemisch aus BisOxiran und Mono-Oxiran ist ein Massenanteil gemeint, denn die Reinheit wurde gaschromatographisch (GC), d.h. mit Hilfe von Einwaagen der reinen Substanzen bestimmt. o Die Reinheits-Gehaltsangabe als Massenanteil soll durch ein Titrationsverfahren überprüft werden. Als Ergebnis der Titration erhält man die Stoffmengenanteile. Sie müssen in Massenanteile umgerechnet werden, damit sie mit der Etikettangabe verglichen werden können. Bei der Herleitung der benötigten Umrechnungsgleichung muss wie üblich von der Definitionsgleichung der gesuchten Gehaltsgröße ausgegangen werden: m (A) m (A) M (A) ⋅ ( m (A) + m (B) ) n(A) M (A) X (A) = = = m(A) m(B) m (A) m (B) n(A) + n (B) + + M (A) M (B) M (A)⋅( m (A) + m(B) ) M (B)⋅( m (A) + m (B) ) X ( A) = w (A) M (A) w (A) w (B) + M (A) M (B) 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc EXCEl-Übungen Heimübung-7a-b Stoech-7c-d-e Seite 46 Ruess Titrimetrische Analysen und Berechnung von Titrationsergebnissen für Acidimetrische Titrationen, Redoxtitrationen und Komplexometrische Titrationen. Allgemeine Erläuterungen: Was sind Titrationsverfahren? • Titrationsverfahren sind analytische Verfahren, bei denen die unbekannte Stoffmenge einer Substanz mit Hilfe einer geeigneten chemischen Reaktion quantitativ bestimmt wird. • Geeignet für Titrationsverfahren sind chemische Reaktionen dann, wenn - sie schnell und vollständig verlaufen, - die jeweilige Reaktionsgleichung, d.h. die Stöchiometrie bekannt ist, - der Äquivalenzpunkt der Titration feststellbar ist (Endpunktsbestimmung). Der Äquivalenzpunkt ist erreicht, wenn die anfangs vorliegende, unbekannte Stoffmenge des Analyten, möglichst vollständig verbraucht ist. Es gibt viele Typen von Analyten und viele Verfahren zur Bestimmung des Endpunktes, für die man diese Bedingungen erfüllen kann. Drei wichtige Arten von Titrationsverfahren sind in der folgenden Tabelle (ohne Verfahren zur Endpunktsbestimmung) zusammengestellt Titrationsverfahren Acidimetrische Titration Redoxtitration Komplexometrische Titration Analyt Titrator Säure starke Base Base starke Säure Reduktionsmittel starkes Oxidationsmittel Oxidationsmittel starkes Reduktionsmittel Metallkationen starker Ligand (Komplexbildner) Komplexbildner geeignetes Zentralkation Titratorreaktion Säure-BaseReaktion Redoxreaktion Komplexbildungsreaktion • Zur Durchführung von Titrationen werden Titratorlösungen benötigt, deren Stoffmengenkonzentrationen man sehr genau einstellen kann Außerdem benötigt man ein Gerät (Bürette), mit dem man beliebige Volumina der Titratorlösung genau messen und dosieren kann. 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc Seite 47 Ruess • Angaben von Äquivalentteilchen als Klammerzusatz der Stoffmengenkonzentration erscheinen umständlich, erleichtern aber die Berechnung. In der Tabelle sind Beispiele mit neuen und alten Bezeichnungen gegenübergestellt. Angabe Stoffmengenkonzentration des Titrators als Größengleichung auch mit Äquivalentteilchen c ( H2SO4 ) = 1 mol / L c ( 1 H2SO4 ) = 1 mol / L 2 c ( 1 H3PO4 ) = 1 mol / L 3 c ( NaOH) = 1 mol / L c ( 1 Ca(OH)2 ) = 1 mol / L 2 c ( KMnO4 ) = 1 mol / L c ( 1 KMnO4 ) = 1 mol / L 3 c ( 1 KMnO4 ) = 1 mol / L 5 c ( 1 K 2Cr2O7 ) = 1 mol / L 6 c ( Na2S2O3 ) = 1 mol / L c (I2 ) = 1 mol / L c (I) = 1 mol / L Alte Angaben von Titratorkonzentrationen mit den nicht mehr zulässigen Symbolen und Bezeichnungen: n (Val/L), M (mol/L). 1 M H2SO4 → 1 molar 1 n H2SO4 = 0,5 M H2SO4 ; → 1 normal 1 n H3PO4 = 1/ 3 M H3PO4 ; → 1 normal 1 M NaOH = 1 n NaOH 1 n Ca(OH)2 = 0,5 M Ca(OH)2 1 M KMnO4 → 1 molar Unklarheit 1 1n KMnO4 = M KMnO4 → 1 normal 3 1n KMnO4 = 1 M KMnO4 → 1 normal 5 1n K 2Cr2O7 = 1 M K 2Cr2O7 → 1 normal 6 1n Na2S2O3 = 1M Na2S2O3 → 1 normal 1 M Iod → 1 molar Unklarheit 1 M Iod → 1 molar • Auswertung von Titrationen - Der Äquivalenzpunkt der Titration ergibt das Titratorvolumen, das benötigt wird, um die unbekannte Stoffmenge des Analyten vollständig umzusetzen. - Mit Hilfe des Titratorvolumens, der Titratorkonzentration und des Stoffmengenverhältnisses für die Titratorreaktion kann man die unbekannte Stoffmenge des Analyten berechnen. - Wenn es sich beim Analyten um eine einheitliche Substanz handelt, deren Summenformel und deren molare Masse bekannt ist, kann man anschließend aus der Stoffmenge des Analyten auch seine Masse berechnen. Wenn der eigentliche Analyt unbekannt ist (z.B. eine Säure) oder wenn ein Gemisch von Analyten vorliegt (z.B. Säuregemisch) kann als Ergebnis einer Titration nur die Stoffmenge desjenigen (Hilfs)Analyten angegeben werden, der bei der Titration bestimmt wurde (z.B. bei Säurebestimmung: Proton). 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc EXCEL-Heimübung -7a-Aci-Tit-Base Seite 48 Ruess Acidimetrische Titration einer Säure HzA mit der starken Base NaOH. • Problemstellung Gegeben: Gesucht: Informationen zur chemischen Reaktion, auf der die Titraton beruht. Titrator: Stoffmengen-Konzentration und verbrauchtes Volumen; Analyt: Summenformel und molare Masse. Berechnung des Ergebnisses der titrimetrischen Analyse, d.h. Berechnung der unbekannten Stoffmenge / Masse des Analyten. Beispiel für Aufgabenstellung: o Eine Autobatterie enthält Schwefelsäure (Stammlsg.): VSt (H2 A) = 300 mL . o Herstellung der Probenlösung: Entnahme-Volumen z.B: VSt1 = 5 mL Verdünnung auf gewünschtes Probenvolumen (Messkolben) z.B. o Für die Titration werden von Probenlösung entnommen, z.B. o Titriert wird mit Natronlauge; Titratorkonzentration o Titratorvolumen bis zum Erreichen des Äquivalenzpunktes VPr = 50 mL . VPr1 = 10 mL . c tit (OH- ) = 0,1 mol / L . Vtit = 60 mL Fragestellung: o Welche Stoffmengenkonzentration cSt (H2 A) hatte die Säure in der Batterie? o Welche Stoffmenge und welche Masse Schwefelsäure war in der Batterie? • Lösungsgang 1. Reaktionsgleichung: 2. Stoffmengenverhältnis: n (H2 A) n (OH- ) = → n (H2 A) = Berechnung Stoffmengenkonzentration der Säure in der Probenlösung: Verdünnungsfaktor PV und Stoffmengenkonzentration in der Batteriesäure: PV = VSt1 = VPr Berechnung Stoffmenge und Masse der Batteriesäure: 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc EXCEL-Heimübung -7b-Redox-Tit-Per Seite 49 Ruess Redox-Titration eines Reduktionsmittels mit dem starken Oxidationsmittel Permanganat. • Problemstellung Trockenobst enthält Sulfit, denn es wird mit SO2 als Antioxidans behandelt. Der Massenanteil von Sulfit im Obst liegt meist zwischen 0,1 % und 0,2 % . o Das Trockenobst einer Packung hat die Masse: mPack = 200 g o Für die Titration wird eine Probe des Obstes eingesetzt: mPr = 20 g o Titriert wird mit Permanganat; die Titratorkonzentration kann entweder mit dem Normal- oder mit dem Äquivalentteilchen angegeben werden: ctit (MnO-4 ) = 0,01 mol / L oder ctit ( 1 5 MnO-4 ) = 0,01 mol / L o Das Titratorvolumen bis zum Erreichen des Äquivalenzpunktes wird hier nicht vorgegeben. Es muss selbst so gewählt werden, dass der oben genannte Massenanteil von 0,1 % bis 0,2 % nicht überschritten wird Vtit = ? mL Fragestellung: 2o Stoffmenge des Analyten SO3 in der Obstprobe und in der Packung? o Masse von Sulfit in der Packung und Massenanteil von Sulfit? • Lösungsgang 1. Die Reaktionsgleichung kann mit dem Normal- oder mit dem Äquivalentteilchen formuliert werden. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass die Reaktionsgleichung stöchiometrisch ausgeglichen wird, denn zur Aufstellung der Berechnungsgleichung wird nur die Elektronenbilanz benötigt. Reaktionsgleichung: ⏐2 Stoffmengenverhältnis, Berechnung: n (SO32- ) n ( 1 MnO-4 ) 5 = → n (SO32- ) = 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc EXCEL-Übung -7c-Aci-Tit-Säure Seite 50 Ruess Acidimetrische Titration einer Base A mit einer starken Säure. • Problemstellung Gegeben: Gesucht: Informationen zur chemischen Reaktion, auf der die Titraton beruht. Titrator: Stoffmengen-Konzentration und verbrauchtes Volumen; Analyt: Summenformel und molare Masse. Unbekannten Stoffmenge / Masse des Analyten. Beispiel für eine Aufgabenstellung: o Viele Magen-Tabletten enthalten Salze mit basischen Anionen. Eine Tablette enthält z.B. den Analyt Magnesiumhydroxid und hat die Masse: mTab = 5 g o Für die Titration wird nur eine Probe der Tablette eingesetzt: o Titriert wird mit Schwefelsäure; Titratorkonzentration mPr = 1 g ctit ( 1 2 H2 A) = 0,1 mol / L o Titratorvolumen bis zum Erreichen des Äquivalenzpunktes Vtit = 10 mL Fragestellung: o Stoffmenge des Analyten in der Tablettenprobe und in der Gesamt-Tablette? o Masse Magnesiumhydroxid in der Gesamt-Tablette? o Massenanteil von Magnesiumhydroxid in der Tablette? • Lösungsgang 1. Die Reaktionsgleichung wird mit dem Äquivalentteilchen formuliert. Dieser Schritt könnte eigentlich entfallen, denn durch Verwendung der Äquivalentstoffmengenkonzentration bei der Schwefelsäure sollte das Stoffmengenverhältnis klar sein (vorausgesetzt man weiß: Mg(OH)2 nimmt zwei Protonen auf) 1 Reaktionsgleichung: 2 ( H2 A) + Mg(OH)2 → 2 H2O + usw. 2 Stoffmengenverhältnis ansetzen und Berechnung durchführen: n (Mg(OH)2 ) n ( 1 H2 A) 2 → = mPr (Mg(OH)2 ) 1 1 1 → nPr (Mg(OH)2 ) = ⋅ n ( 1 H2 A) → = ⋅ctit ( 1 H2 A) ⋅Vtit 2 2 2 2 2 M (Mg(OH)2 ) mPr (Mg(OH)2 ) = 1 ⋅ 0,1 mmol/mL ⋅10 mL ⋅ 58 mg/mmol = 29mg 2 mPr (Mg(OH)2 ) 29mg = = 145mg PV 15 mTab (Mg(OH)2 ) 145 mg → w (Mg(OH)2 ) = = = 0,029 = 2,9 % mTab 5g → mTab (Mg(OH)2 ) = 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc Seite 51 Ruess Bestimmung der Iodzahl eines Fettes Redox-Titration von Iod mit Thiosulfat. EXCEL-Übung -7d-Redox-Tit-Iod • Problemstellung Gegeben: siehe vorige Übung. Analyt: Anzahl Doppelbindungen in einem Fett. Gesucht: Die Iodzahl eines Fettes ist das Massenverhältnis IZ (Fett) = m (I2 ) ⋅100 , m (Fett) das angibt, welche Masse Iod sich an 100 g eines Fettes (genauer: an die Doppelbindungen der ungesättigten Fettsäuren in einem Fett) addieren kann. Aufgabenstellung: Man bestimmt die Iodzahl durch iodometrische Rücktitration schrittweise: − Eine Masse des Fettes wird eingewogen und gelöst: m(Fett) = 282 mg − Die Fettlösung wird mit einem vorher ermittelten Volumen einer Iodlösung versetzt, so dass im Gemisch Iod im Überschuss vorhanden ist; − Eine Blindprobe ohne Fett wird mit dem gleichen Volumen Iodlösung versetzt, um alle Reaktionen des Iods zu erfassen, die nichts mit dem Fett zu tun haben. − Das nicht verbrauchte Iod in beiden Proben wird mit dem Reduktionsmittel Thiosulfat als Titrator titriert. Titratorkonzentration: ctit (S2O32- ) = 0,1 mol / L − Die unverbrauchte Iodmenge in der Blindprobe ist größer als die in der Fettprobe. Aus der Differenz der beiden Titrationsergebnisse wird die an das Fett addierte Stoffmenge Iod und daraus die Iodzahl berechnet: Vtit = 18 mL • Lösungsgang Reaktionsgleichung: − ⎯⎯→ S4O26 + 2e 2 S2O32I2 + 2 e− ⎯⎯→ 2 I− 2 S2O32- + I2 ⎯⎯→ − S4O26 + 2I Stoffmengenverhältnis ansetzen und Berechnung durchführen: n (I2 ) n (S2O32- ) 1 2 = → n (I2 ) = m (I2 ) = n (I2 ) ⋅ M (I2 ) = m (I2 ) = 1 1 n (S2O32- ) = ctit (Thio) ⋅ Vtit 2 2 1 ctit (Thio) ⋅ Vtit ⋅ M (I2 ) 2 1 ⋅ 0,1 mmol / mL ⋅ 18 mL ⋅ 254 mg / mmol = 228 mg 2 228 mg IZ (Fett) = ⋅ 100 = 81 282 mg 5_Stoech_Berechnungen-Druck.doc Seite 52 Ruess Komplexometrische Titration von Metallkationen mit EDTA. EXCEL-Übung -7e-Komplex-Tit • Problemstellung Gegeben: Informationen zur chemischen Reaktion, auf der die Titraton beruht: Die Komplexbildung der Metallkationen erfolgt mit dem vollständig deprotonierten Anion der "Ethylendiamintetraessigsäure" EDTA4-. Dieses Anion ist ein sechszähniger Chelat-Ligand, der mit vielen Metallkationen sehr stabile Chelatkomplexe bildet. Das Anion wird in der zweifach protonierten Form H2EDTA2-eingesetzt. Damit die Reaktion vollständig abläuft, müssen deshalb die bei der Titration gebildeten Protonen gebunden werden → Puffersystem verwenden. Titrator: Analyt: Gesucht: Stoffmengen-Konzentration und verbrauchtes Volumen; Calcium- und viele andere Metallkationen. Unbekannten Stoffmenge / Masse / Konzentration des Analyten Beispiel für eine Aufgabenstellung: Bestimmung der Ca2+-Stoffmengenkonzentration in einer gesättigten CaSO4Lösung − Eingesetztes Volumen der gesättigten CaSO4-Lösung: VPr (Ca2+ ) = 20 mL − Die Titrator-Konzentration beträgt: c tit (EDTA) = 0,01 mol / L − Titratorvolumen bis zum Erreichen des Äquivalenzpunktes Vtit = 50 mL • Lösungsgang Die Reaktionsgleichung wird formuliert, wobei natürlich klar sein muss, dass das Anion EDTA4- (Abk. EDTA) mit Metallkationen 1:1-Komplexe bildet: Ca2+ + H2EDTA 2 − Reaktionsgleichung: ⎯⎯→ [ Ca(EDTA)]2 − + 2 H+ Stoffmengenverhältnis ansetzen und Berechnung durchführen: n (Ca2+ ) 1 = n (EDTA) 1 → n (Ca2+ ) = n (EDTA) n (Ca2+ ) = c (Ca2+ ) ⋅ V (Ca2+ ) = c (EDTA) ⋅ Vtit c (Ca2+ ) = c (EDTA) ⋅ Vtit V (Ca2+ ) = Müssen durch eine schwache Base (z.B. NH3) gebunden werden. 0,01 mmol/mL ⋅ 30 mL = 15 ⋅10-3 mol / L 20 mL 6_Stoech_Grav-Sum.doc • 6. Stunde Seite 53 Ruess Woche 47 EXCEL-Übungen Stoech-7a-Gravimetrie Stoech-7b-Summenformel Allgemeine Erläuterungen: (5. Woche Nov.) Gravimetrie und Verbrennungsanalyse. (Elementaranalyse). Was ist Gravimetrie? • Es soll bestimmt werden: "Massenanteil Magnesium (Analyt A) in einem Gemisch (z.B. einem Mineral)". wMin (A) = m (A) m (Min) • Vor einer gravimetrischen Analyse muss der zu bestimmende Analyt gelöst vorliegen. Deshalb muss z. B. ein Mineral vollständig aufgelöst und die Lösung für den nächsten Schritt vorbereitet werden. Diese sog. Aufschlussverfahren gehören zur Probenvorbereitung. Sie sind nicht immer einfach und manchmal der schwierigste Schritt bei einer gravimetrischen Analyse. • Dann wird der Analyt als schwer lösliche Verbindung ausgefällt. Die Summenformel dieser sog. Fällungsform muss bekannt sein. Der Niederschlag wird quantitativ abfiltriert und getrocknet. Nur wenn es nötig ist (z.B. bei Schwermetallhydroxiden), wird der Niederschlag (z.B. durch Glühen) in eine stabile Verbindung mit ebenfalls bekannter Summenformel überführt (Wägeform WF). Fällungsform und Wägeform sind häufig identisch, z.B. Magnesiumdiphosphat, Bleisulfat, Bariumsulfat, Silberchlorid, Nickeldiacetyldioxim. Die Masse der Wägeform wird durch Wägung bestimmt: m(WF) • Weil die Summenformel der Wägeform bekannt ist, kann für jeden möglichen Analyten A und für die zugehörige Wägeform WF ein sog. "gravimetrischer Faktor" berechnet werden. Er dient zur Berechnung des Analysenergebnisses. Beim diesem gravimetrischen Faktoren handelt es sich um den "Massenanteil desAnalyten in der Wägeform WF" w WF (A) = m (A) = Fgrav m (WF) Gravimetrische Faktoren sind also Beispiele für sog. Methodenkonstanten. Sie beziehen sich immer auf einen bestimmten Analyten und auf die zugehörige Wägungsform des Analyten. Sie können vorher berechnet und in Tabellen aufgelistet werden. 6_Stoech_Grav-Sum.doc EXCEL-Übung Stoech-7a-Gravimetrie Seite 54 Ruess Berechnung der Ergebnisse gravimetrischer Analysen mit gravimetrischen Faktoren. • Problemstellung Gegeben: Summenformel und molare Masse des zu bestimmenden Analyten; Anm.: der sog. Analyt A muss nicht unbedingt ein einzelnes Teilchen sein, er kann auch zusammengesetzt sein (z.B. MgO statt Mg). Gesucht: Summenformel und molare Masse von Fällungsform und Wägeform; Einwaage einer Mineralprobe m(Min). Zunächst die gravimetrische Faktoren; dann das Ergebnis der gravimetrischen Analyse: Massenanteil des Analyten im Mineral. • Lösungsgang: Berechnung der gravimetrischen Faktoren Massenanteil des Analyten in der Wägeform als Größengleichungen schreiben und in Berechnungsgleichung umformen: 1. Beispiel: Analyt: Mg Wägeform: Magnesiumdiphosphat. Fgrav (Mg / Mg2P2O7 ) = w WF (Mg) = m (Mg) m (Mg2P2O7 ) = n (Mg) ⋅ M (Mg) n (Mg2P2O7 ) ⋅ M (Mg2P2O7 ) Im gravimetrischen Faktor ist das jeweilige Stoffmengenverhältnis von Analyt zu Analyt in der Wägungsform enthalten. Dieses Stoffmengenverhältnis ergibt sich unmittelbar n (Mg) 2 = aus den Summenformeln : n (Mg2P2O7 ) 1 Damit berechnet sich der gesuchte gravimetrischer Faktor zu Fgrav (Mg / Mg2P2O7 ) = w WF (Mg) = 2 ⋅ 24,3 g mol ≈ 0,219 = 21,9 % 222,56 g mol 2. Beispiel: Analyt: MgO Wägeform: Magnesiumdiphosphat. Auch hier ergibt sich das Stoffmengenverhältnis n (MgO) 2 = unmittelbar aus den Summenformeln : n (Mg2P2O7 ) 1 Fgrav (MgO / Mg2P2O7 ) = w WF (MgO) = 2 ⋅ 40,3 g mol ≈ 0,362 = 36,2 % 222,56 g mol 6_Stoech_Grav-Sum.doc • Lösungsgang: Seite 55 Ruess Berechnung des Analysenergebnisses wMin(A) Die genau eingewogene Mineralprobe ( m(Min) ) wird vollständig in Lösung gebracht und für die Fällung des Magnesiums als Magnesiumdiphosphat vorbereitet (z.B. Einstellung eines benötigten pH-Wertes). Die Fällung wird durchgeführt, der Niederschlag abfiltriert, getrocknet und m (WF) = m (Mg2P2O7 ) . ausgewogen. Man erhält: Im Verlauf der gravimetrischen Analyse bleibt die Masse des Magnesiums m(Mg) unverändert. Sie ist in der eingewogenen Mineralprobe genauso groß wie in der ausgefällten, getrockneten und ausgewogenen Fällungsform und kann mit obigem gravimetrischen Faktor berechnet werden: wWF (Mg) = m (Mg) m (Mg2P2O7 ) = Fgrav → m (Mg) = Fgrav ⋅ m (Mg2P2O7 ) Die abschließende Berechnung des Analysenergebnisses ist mit Hilfe des zugehörigen gravimetrischen Faktors 1) dann nicht mehr schwierig: w Min (Mg) = m (Mg) Fgrav ⋅ m (Mg2P2O7 ) m (Auswaage Fällung) = = Fgrav ⋅ m (Min) m (Min) m (Mineral Einwaage) Berechnungen dieser Art können mit Tabellenkalkulationsprogrammen sehr gut durchgeführt werden. Auch die folgenden im AC-Praktikum durchgeführten gravimetrischen Bestimmungen können damit bearbeit werden: − Chlorid gravimetrisch als Silberchlorid (Fällungs- und Wägeform) − Blei gravimetrisch als Bleisulfat (Fällungs- und Wägeform) − Nickel gravimetrisch als Diacetyldioximkomplex (Fällungs- und Wägeform) − Eisen gravimetrisch: Fällungsform: Fe(OH)3 ; Wägeform: Fe2O3 ) 1) Analoge Berechnungsfaktoren werden auch für die Berechnung des Analysenergebnisses bei der Verbrennungsanalyse organischer Verbindungen benötigt: "Massenanteil Analyt im Verbrennungsprodukt VP" w VP (A) = m (A) = FV m (VP) 6_Stoech_Grav-Sum.doc Ruess EXCEL-Übung Berechnung der Ergebnisse von Verbrennungsanalysen mit analytischen Faktoren. Stoech-7bSummenformel Berechnung von Summenformeln aus den Ergebnissen von Verbrennungsanalysen. Allgemeine Erläuterungen: Seite 56 Was ist Verbrennungsanalyse? • Als Verbrennungsanalyse (Elementaranalyse) bezeichnet man das Verfahren zur Ermittlung der Zusammensetzung einer organischen Verbindung aus den Elementen, die am Aufbau der Verbindung beteiligt sind (z.B. C, H, N, O, S). Im Laborjargon sagt man ungenau: Gesucht ist die "prozentualen Zusammensetzung" einer Verbindung. Genau genommen ist damit gemeint: m (Ele) Gesucht sind die Massenanteile der Elemente w (Ele) = m (Vbg) in einer Verbindung. Wenn die Summenformel der Verbindung bekannt ist, kann die Berechnung der Massenanteile der Elemente in der Verbindung (das erwartete Ergebnis der Verbrennungsanalyse) im Voraus berechnet werden nach: w (Ele) = ν(Ele): m (Ele) n (Ele) ⋅ M (Ele) M (Ele) = = ν (Ele) ⋅ m (Vbg) n (Vbg) ⋅ M (Vbg) M (Vbg) stöchiometrischer Koeffizient des Elementes in der Summenformel. • Die Fragestellung nach dem Massenanteil ist also ganz analog zur Fragestellung bei der Gravimetrie und man kann genau analog vorgehen: o An die Stelle von Auflösung des Minerals und Ausfällung der Wägeform tritt die Verbrennung der organischen Verbindung. Die Verbrennung erfolgt im Sauerstoffüberschuss und es entstehen definierte Verbrennungsprodukte: Kohlendioxid CO2, Wasser H2O, Stickstoff N2, Schwefeltrioxid SO3. o An die Stelle der Bestimmung der Masse der Wägeform mit der Waage tritt die Bestimmung der Massen der gasförmigen Verbrennungsprodukte (VP). Das ist nicht so einfach wie bei der Gravimetrie, denn die Verbrennungsprodukte müssen zunächst voneinander getrennt werden und auch die Bestimmung der Masse erfolgt in Analyseautomaten nicht mit der Waage. 6_Stoech_Grav-Sum.doc Seite 57 Ruess • Problemstellung Gegeben: Eine organische Verbindung habe die Summenformel: Sie wird genau eingewogen, z.B.: Cu Hv Nx Oy Sz . m (Vbg) = 100,0 mg . Bei der Verbrennung entstehen die Verbrennungsprodukte: CO2, H2O, N2 und SO3 (wird weiter umgesetzt zu H2SO4). Der Sauerstoff in der Verbindung liefert kein Verbrennungsprodukt. Die Bestimmung der Massen der Verbrennungsprodukte ergibt : m(CO2 ) = 65,2 mg m(H2O) = 33,3 mg m(N2 ) = 31,1mg m(H2SO4 ) = 72,6 mg . Gesucht: 1. Die Massenanteile der am Aufbau der Verbindung beteiligten Elemente. 2. Die Summenformel der Verbindung, d.h. die stöchiometrischen Koeffizienten. • Lösungsgang: Berechnung der Massenanteile der beteiligten Elemente. m (Ele) • Die Berechnung der Massenanteile erfolgt ganz analog w (Ele) = m (Vbg) zu dem Verfahren bei der gravimetrischen Analyse. Wie dort werden analytische Faktoren FVP benötigt, die ganz analog zu den gravimetrischen Faktoren definiert sind: m(Ele) = FVP "Massenanteil Element im Verbrennungsprodukt" w VP (Ele) = m(VP) • Die Faktoren FVP können aus den molaren Massen der Elemente und der jeweiligen Verbrennungsprodukte (VP) berechnet werden nach: FVP (Ele / VP) = m (Ele) n (Ele) ⋅ M (Ele) = m (VP) n (VP) ⋅ M (VP) → m (Ele) = FVP ⋅ m (VP) Das dort auftauchende Stoffmengenverhältnis kann aus den Summenformeln der zugehörigen Verbrennungsprodukte VP immer angegeben werden. Die Faktoren FVP dienen zur Berechnung der Elementmassen m(Ele) in der zu analysierenden Verbindung aus den Massen der Verbrennungsprodukte: Dann werden mit der bekannten (genauen) Einwaage der Verbindung die jeweiligen Massenanteile aller Elemente w(Elem) in der Verbindung berechnet: w (Ele) = m (Ele) F ⋅ m (VP) m (VP) = VP = FVP ⋅ m (Vbg) m (Vbg) m (Vbg) 6_Stoech_Grav-Sum.doc Ruess • Für die Elemente in der Beispiel-Verbindung erfolgt die Berechnung wie folgt: 1) Kohlenstoff: w VP (C) = w (C) = 12 g/mol m (C) n (C) ⋅ M (C) M (C) = FVP (C / CO2 ) = = = 0,273 m(CO2 ) n(CO2 ) ⋅ M (CO2 ) M (CO2 ) 44 g/mol m (C) m (CO2 ) 65,2 mg = FVP ⋅ = 0,273 ⋅ = 0,1778 = 17,78 % m (Vbdg) m (Vbdg) 100,0 mg 2) Wasserstoff: w VP (H) = w (H) = m(H) n (H) ⋅ M (H) 2 ⋅ M (H) 2 ⋅1g/mol = FVP (H/H2O) = = = 0,112 m(H2O) n(H2O) ⋅ M (H2O) M (H2O) 18 g/mol m (H) m (H2O) 33,3 mg = FVP ⋅ = 0,112 ⋅ = 0,037 = 3,7 % m (Vbdg) m (Vbdg) 100,0 mg 3) Stickstoff: w VP (N) = w (N) = m (N) n (N) ⋅ M (N) 2 ⋅ M (N) 2 ⋅ 14 g/mol = FVP (N / N2 ) = = = =1 m (N2 ) n (N2 ) ⋅ M (N2 ) M (N2 ) 28 g/mol m (N) m (N2 ) 31,1 mg = FVP ⋅ = 1⋅ = 0,311 = 31,1% m (Vbdg) m (Vbdg) 100,0 mg Bei der Berechnung des analytischen Faktors FVP fällt hier das Ergebnis 1 auf. Dieses Ergebnis zeigt, dass Massen von der Teilchenart unabhängig sind und dass gilt m(N) = m(N2). Das Symbol N steht also nur als Stoffbezeichnung. 4) Schwefel: w VP (S) = m (S) m (H2SO 4 ) = w (S) = = FVP (S / H2SO 4 ) n (S) ⋅ M (S) M (S) 32 g/mol = = 0,327 98 g/mol n (H2SO 4 ) ⋅ M (H2SO 4 ) M (H2SO 4 ) m (S) m (H2SO 4 ) 72,6 mg = FVP ⋅ = 0,327 ⋅ = 0,237 = 23,7 % m (Vbdg) m (Vbdg) 100,0 mg 5) Sauerstoff: Der Massenanteil für das Element Sauerstoff w(O) muss als Differenz zu 100 % berechnet werden. Er ergibt sich zu: w (O) = 23,7 % Seite 58 6_Stoech_Grav-Sum.doc • Lösungsgang: Seite 59 Ruess Berechnung der Summenformel aus den Massenanteilen. • Wie kommt man von den berechneten Massenanteilen der Elemente w(Ele) zu den stöchiometrischen Koeffizienten in der Summenformel CuHvNxOySz ? Wie im Vorspann gezeigt, stecken die stöchiometrischen Faktoren ν (Ele) bereits in der Berechnungsgleichung für die Massenanteile w (Ele) . Sie können jedoch daraus nicht berechnet werden, denn die Summenformel der Verbindung und damit deren molare Masse ist nicht bekannt. w (Ele) = m (Ele) n (Ele) ⋅ M (Ele) M (Ele) = = ν (Ele) ⋅ m (Vbg) n (Vbg) ⋅ M (Vbg) M (Vbg) • Es ist aber möglich, die für dieses Problem ideal geeignete Gehaltsgröße b (Name "Molalität") zu benutzen: "Stoffmenge Element pro Masse der Verbindung" b (Ele) = n (Ele) m (Vbg) Diese Gehaltsgröße kann unmittelbar aus den Massenanteilen der Elemente, also aus den Ergebnissen der Verbrennungsanalyse berechnet werden: w (Ele) = m (Ele) n (Ele) ⋅ M (Ele) = = b (Ele) ⋅ M (Ele) m (Vbg) m (Vbg) → b (Ele) = w (Ele) M (Ele) Beispiele: Berechnung von b aus den Ergebnissen der Verbrennungsanalyse: b (C) = w (C) 17,8 % = = 0,0148 mol/g M (C) 12 g/mol b (H) = w (H) 3,7 % = = 0,037 mol/g M (H) 1 g/mol b (N) = w (N) 31,1% = = 0,0222 mol/g M (N) 14 g/mol b (S) = w (S) 23,7 % = = 0,0074 mol/g M (S) 32 g/mol b (O) = w (O) 23,7 % = = 0,01477 mol/g M (O) 16 g/mol • Was nun kann man mit den berechneten Molalitäten b anfangen? n(H) Die Verhältnisse der Molalitäten b der b(H) m(Vbg) n(H) u = = = Elemente haben den gleichen Wert wie b(C) n(C) n(C) v m(Vbg) die Stoffmengenverhältnisse der Elemente. Die Stoffmengenverhältnisse geben die stöchiometrischen Koeffizienten der Elemente in der Summenformel an. 6_Stoech_Grav-Sum.doc Seite 60 Ruess Die Stöchiometrische Koeffizienten in einer Summenformel sind immer ganzzahlig, denn sie stehen für eine bestimmte Anzahl von Atomen in der Verbindung (Gesetz der konstanten, multiplen Proportionen). • Daraus folgt für die Molalitäten b : Das Element mit dem kleinsten Wert für b , ist auch das Element, das den kleinsten, ganzzahligen stöchiometrischen Koeffizienten ν hat! Für dieses Element gilt also in der Summenformel: ν = 1. Alle anderen stöchiometrischen Faktoren in der Summenformel sind dann Vielfache dieses niedrigst möglichen stöchiometrischen Faktors. • Die EXCEL-Funktion MIN() kann aus den berechneten Werten für b den kleinsten Wert heraussuchen. Anmerkung: Die Programmierung der MIN()- und der WENN-Funktion ist schwierig, wenn in einer einzigen EXCEL-Tabelle Verbindungen mit unterschiedlicher Elementzusammensetzung berechnet werden sollen. Für nicht vorhandene Elemente kann b sehr klein oder negativ werden, was die Ermittlung des kleinsten b-Wertes schwierig macht. • Die stöchiometrischen Koeffizienten werden berechnet, indem alle berechneten b-Werte durch den kleinsten der b-Werte dividiert werden. ν (Ele) = b (Ele) kleinstes b Im gewählten Beispiel verhalten sich die stöchiometrischen Koeffizienten wie: u : v : x : y : z wie 2 : 5 : 3 : 2 : 1 Die Summenformel könnte also lauten: C2 H5 N3 O2 S Es könnte sich z.B. handeln um die Verbindung: HO-NH-NH-CO-CS-NH2 Die Summenformel könnte aber auch lauten C4 H10 N6 O4 S2 Sie könnte aber auch ein anderes Vielfaches dieser Zusammensetzung sein. Solange die molare Masse der Verbindung nicht bekannt ist, kann man keine Entscheidung treffen. 7_SB-Gleichgewichte.doc • 7. Stunde Seite 61 Ruess Woche 48 (5.Woche Nov.) Gleichgewichtssysteme Kurzeinführung 1) Verschiedene Typen von Gleichgewichtssystemen Homogene Gleichgewichtssyteme. Es existiert nur eine einzige Phase. Art der Phasen Beispiele • Gasförmige Gleichgewichts-Systeme; • Flüssige Gleichgewichts-Systeme; • Feste Gleichgewichts-Systeme. Heterogene (Gleichgewichts-)Syteme. Es existieren zwei (oder auch mehrere) Phasen nebeneinander: Art der Phasen Fachbegriff Beispiele • flüssig / flüssig • fest / flüssig • flüssig / gas • fest / gas Übung 1) Nennen Sie für jedes der genannten Gleichgewichtssysteme ein allgemeines oder auch ein spezielles Beispiel. 2) Nennen Sie für die heterogenen Gleichgewichtssysteme auch die gesuchten Bezeichnungen mit Fachbegriffen. 7_SB-Gleichgewichte.doc Ruess Gleichgewichte ohne chemische Veränderung von Substanzen. • Phasengleichgewichte: - fest / flüssig: schmelzen / verfestigen; - flüssig / gasförmig: verdampfen / kondensieren • Verteilungsgleichgewichte zwischen zwei (oder mehr) Phasen *) - gasförmig / flüssig: Verteilung von Gasen zwischen Luft und Wasser; - flüssig / flüssig: Verteilung von Substanzen zwischen zwei nicht mischbaren Flüssigkeiten (z.B. Extraktion aus Wasser mit Ether); - fest / flüssig: Auflösung bzw. Auskristallisation von Substanzen. Gleichgewichte mit chemischer Veränderung von Substanzen: Säure-Base-Gleichgewichte Definition von Säuren und Basen nach Bröndstedt mit Beispielen. Protonen werden zwischen Säuren und Basen ausgetauscht. Komplex-Gleichgewichte Was sind Ligandmoleküle? Was ist ein Komplex? Ligandmoleküle werden an Metallkationen angelagert bzw. wieder abgegeben. • Redox-Gleichgewichte Was sind Reduktions- und Oxidationsmittel? • Lösungs- und Fällungs-Gleichgewichte bei Salzen. Was ist ein Salz? Mehr o. weniger schwer lösliche Salze lösen sich unter vollständiger Dissoziation auf bzw. kristallisieren aus (Ausfällung). • Chemische Reaktions-Gleichgewichte Hinreaktion: Edukte reagieren unter Bildung von Produkten. Rückreaktion: Produkte reagieren zurück unter Bildung der Edukte. Sehr vielfältig Beispiele z.B. - Bildung von Ammoniak aus den Elementen; - Bildung von α- und ß-Diastreomeren von Monosacchariden; - Bildung von Kohlensäure aus Kohlendioxid und Wasser. *) Bei vielen dieser Gleichgewichte kann es in beiden Phasen zusätzlich auch noch zu Änderungen der beteiligten Substanzen kommen: Dissoziationsvorgänge (z.B. bei Salzen), Reaktionen mit Wasser (z.B. bei CO2), Redoxvorgänge (z.B. bei Stickoxiden). Seite 62 7_SB-Gleichgewichte.doc Ruess Seite 63 2) Reaktionsgleichungen für Chemische Gleichgewichte. Formulierung von Säure-Base-Gleichgewichten (Lösungsmittel Wasser). • Formulierung von Komplex-Gleichgewichten (Lösungsmittel Wasser). • Formulierung von Redox-Gleichgewichten. 3) Gleichgewichte mit Gehaltsgrößen durch Größengleichungen beschreiben und Berechnungen durchführen. Verteilungsgleichgewichte durch Stoffmengen(konzentrations)verhältnisse und eine Verteilungskonstante beschreiben und berechnen. - Berechnung der Konzentrationen in den Phasen. - Berechnung von Extraktionsverfahren (Anzahl der Extraktionsvorgänge und Volumina der verwendeten Phasen; Einfluss des pH-Wertes). Chemische Gleichgewichte mit Hilfe des Massenwirkungsgesetzes beschreiben und berechnen, d.h. durch die Stoffmengenkonzentrationen der beteiligten Teilchen und durch die Massenwirkungskonstante. Sehr vielfältig Beispiele z.B. - Berechnung der Gleichgewichtskonzentrationen aus den anfänglich eingesetzten Konzentrationen. - Berechnungen von pH-Werten bei Lösungen schwacher Säuren/Basen. - Berechnungen der Gleichgewichtskonzentrationen von Spezies bei Säure-Base- und bei Komplexgleichgewichten. 4) Graphische Darstellungen erstellen, die etwas über chemische Gleichgewichte aussagen. Diagramme, die bei Verteilungsgleichgewichten zeigen, wie sich die Substanzen auf die Phasen verteilen, wenn (häufiger) extrahiert wird. Diagramme, die bei Säure-Base- und Komplexgleichgewichten zeigen, wie die Gleichgewichtskonzentrationen der Spezies vom pH-Wert abhängig sind. → α-pH-Diagramme. Diagramme, die den Verlauf von Titrationskurven von schwachen und starken Säuren und Basen demonstrieren und die Ermittlung des Äquivalenzpunktes ermöglichen. 7_SB-Gleichgewichte.doc Seite 64 Ruess Ein Beispiel für ein wichtiges homogenes Gleichgewichtssystem: Säure-Base-Gleichgewichte im Lösungsmittel Wasser: Säure-Base-Dissoziations-Gleichgewichte. • Allgemeine Formulierung eines Säure-Base-Gleichgewichtes Protonendonator Säure + Wasser Hz A + Protonenacceptor ⎯⎯ → ←⎯ ⎯ H2O Hydroxoniumkation + ⎯⎯⎯ → ←⎯ H3O+ Anion der Säure = Base Hz-1A - + z-protonige Säure ⎯⎯ ⎯⎯ → ← usw. mehrstufige Dissoziation • Spezielles Beispiel für ein mehrstufiges Säure-Base-Gleichgewicht. Phosphorsäure als 3-protonige Säure: Stufenweise Formulierung der Dissoziation mit drei Dissoziationsstufen: 1. Dissoziationsstufe Diese Spezies kann nur als Säure wirken! 2. Dissoziationsstufe H3PO4 + H2O ⎯⎯ → H3O+ ←⎯ ⎯ + H2PO-4 Diese Spezies können als Säure und als Base wirken. H2PO-4 + H2O ⎯⎯ → H3O+ ←⎯ ⎯ + HPO24 Diese Spezies kann nur als Base wirken! 3. Dissoziationsstufe HPO-4 + H2O ⎯⎯ → H3O+ + PO3←⎯ ⎯ 4 Häufige Vereinfachung der Schreibweise unter Vernachlässigung von Wasser: z.B. für die 1. Dissoziationsstufe H3PO4 ⎯⎯ → H+ ←⎯ ⎯ + H2PO-4 7_SB-Gleichgewichte.doc Seite 65 Ruess 1. Frage: Wie viele Teilchen (Spezies) liegen nach Aussage obiger Gleichungen im Gleichgewicht nebeneinander vor? Wie sind ihre Namen? Antwort: Fünf verschiedene Spezies: Proton (Hydroxoniumkation) Phosphorsäure: Dihydrogenphosphat: Monohydrogenphosphat: Phosphat: → → → → → bestimmt den pH-Wert vollständig protonierte Spezies teilweise (de)protonierte Spezies teilweise (de)protonierte Spezies vollständig deprotonierte Spezies 2. Frage: Welche Spezies kommt noch hinzu, wenn man bedenkt, dass auch das Lösungsmittel Wasser selbst dissoziieren und als Säure wirken kann? Antwort: Hinzu kommt noch das Hydroxidion; 1. Eigendissoziation des Wassers: ⎯⎯ → H+ + OH− H2O ←⎯ ⎯ 2. Wasser kann gegenüber basischen (teilweise) deprotonierten Anionen als Säure wirken: z.B. HPO24 + H2O ⎯⎯⎯ → ←⎯ H2PO-4 + OH− 3. Frage: Welche Verbindungen (sog. Ausgangskomponenten) kommen in Frage wenn obiges Säure-Base-Gleichgewichts-System hergestellt werden soll? Kommt auch die Komponente Na3PO4 (Natriumphosphat) in Frage? Welche Ausgangskomponenten sind tatsächlich erhältlich (käuflich)? Antwort: Geeignet sind alle Verbindungen, die eine der potentiellen Spezies als Bestandteil im Molekül enthalten: z.B. H3PO4 , Na2HPO4 , NaH2PO4. Auch die Komponente Na3PO4 kommt in Frage, denn das Phosphat kann vom Wasser protoniert werden. Für das gezeigte Phosphat-System sind alle Komponenten erhältlich. 4. Frage: Kommt man zu Gleichgewichtssystemen mit identischer SpeziesZusammensetzung, wenn man unterschiedliche Komponenten einsetzt? Antwort: Nein, das ist selten der Fall, wie Beispiele offensichtlich zeigen: Aber in beiden man setzt Phosphorsäure ein: → Lösung ist sauer, Lösungen sind alle man setzt Natriumphosphat ein: → Lösung ist basisch. Spezies enthalten. Es gibt aber Mischungen unterschiedlicher Ausgangskomponenten, die Gleichgewichtssysteme identischer Zusammensetzung liefern. 7_SB-Gleichgewichte.doc Ruess 5. Frage: Durch welche Gehaltsgrößen kann die Spezies-Zusammensetzung im Gleichgewichtszustand am besten beschrieben werden? Antwort: Stoffmengenanteile: sie erhalten hier im Kurs die Spezialsymbole αi . Stoffmengenkonzentrationen c(Spezies): sie erhalten Spezialsymbole, die auf den Standardzustand 1 mol/L normiert und damit dimensionslos sind: für den Ausgangszustand: Ci für Gleichgewichtszustand: [ Spezies ] , [H+] ≡ H [OH-] ≡ OH . Bekannt ist die Größe „pH-Wert“ : der negativ dekadische Logarithmus der normierten Protonen-Stoffmengen-Konzentration: pH = -log H. 6. Frage: Welche beiden Spezies sind in jedem wässerigen Säure-BaseGleichgewichtssystem vorhanden? Die Spezies H+ und OH- sind in allen wässerigen Gleichgewichtssystemen (nicht nur in Säure-Base-Systemen) vorhanden. Die Gleichgewichtskonzentrationen dieser beiden Spezies sind durch die "Wasserkonstante" (Ionenproduktkonstante des Wassers) festgelegt und miteinander verknüpft: bei 25 °C Antwort: [ H+ ] ⋅ [OH− ] = Kw = 10-14 → [ H+ ] = Kw K H ⋅ OH = Kw = 10-14 → H = w OH [OH− ] 7. Frage: Wie kann man die Zusammensetzung eines Gleichgewichtssystems beeinflussen (Druck und Temperatur konstant), d.h. wie kann man die Lage eines Gleichgewichtes verschieben? Antwort: Nach dem Prinzip des kleinsten Zwanges (Le Chatelier-Prinzip) wird durch Erhöhung bzw. Erniedrigung der Konzentration einer der am Gleichgewicht beteiligten Spezies das Gleichgewicht so verschoben, dass der ausgeübte Zwang verringert wird. Wird z.B. die Konzentration eines Eduktes erhöht, verschiebt sich die Lage des Gleichgewichtes so, dass das zugesetzte Edukt verbraucht wird. 8. Frage: Welche Spezies bieten sich bei allen Säure-Base-Gleichgewichten an, um durch die Erhöhung (Erniedrigung) ihrer Konzentrationen die Gleichgewichtslage zu verschieben? Antwort: Die Spezies H+ und OH-, denn sie sind in allen wässerigen Säure-Base-Gleichgewichts-Systemen immer vorhanden. Seite 66 7_SB-Gleichgewichte.doc Ruess Seite 67 9. Frage: Wie kann man in einem Gleichgewichtssystem die Konzentrationen der Spezies H+ oder OH- erhöhen oder erniedrigen? Antwort: Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Die zwei einfachsten: 1. Verdünnung mit Wasser: z.B. würde durch eine 1:1000-Verdünnung eine Protonenkonzentration von 0,1 mol/L auf 10-4 mol/L sinken; das Volumen würde auf das 1000-fache steigen (Verdünnungsfaktor: 0,001). 2. Wenn sich das Volumen nicht stark ändern soll, kann man nur durch Zugabe von starker Säure oder starker Base drastische Änderungen der Protonenkonzentrationen erreichen, weil ? (vgl. Fragen 10 – 12). 10. Frage: Was sind starke Säuren im Vergleich zu schwachen Säuren? Ist eine starke Säure (Base) auch noch "stark", wenn sie in hoher Verdünnung vorliegt oder handelt es sich dann um eine "schwache" Säure? Kennen Sie typische Beispiele für starke und schwache Säuren? Kann man an der Summenformel oder an der Strukturformel erkennen, ob eine Säure (Base) stark oder schwach ist? Antwort: Schwache Säuren dissoziieren unvollständig; bei ihnen liegen echte Säure-Base-Gleichgewichte vor. Starke Säuren dissoziieren vollständig; bei ihnen liegen keine Säure-Base-Gleichgewichte vor. Auch ohne diese Kenntnis stehen einige Säuren (Basen) im Ruf, "stark" zu sein. So gelten z. B. Salzsäure und Natronlauge als "starke Säure bzw. Base". Aber bleiben sie auch "stark", wenn sie in hoher Verdünnung vorliegen? Laien würden diese Frage vielleicht verneinen. Chemiker müssen sie bejahen! Die Eigenschaften „stark“ und „schwach“ sind Moleküleigenschaften und sind unabhängig von der Verdünnung. Sie können durch geeignete Stoffkonstanten (Säurekonstanten) (vgl. Frage 11) beschrieben und gut unterschieden werden. Besonders der Begriff "schwach" bleibt aber sehr unscharf, denn es gibt große Unterschiede: ziemlich schwach; sehr schwach, extrem schwach. Übungsaufgabe: ¾ Beispiele (Summen- und Strukturformel) für starke und schwache Säuren und Basen aus den Gebieten der anorganischen und organischen Chemie. ¾ Für jede Säure die zugehörige Säurekonstante ermitteln (vgl. 12. Frage). 7_SB-Gleichgewichte.doc Seite 68 Ruess 11. Frage: Wie lautet das Massenwirkungsgesetz (MWG) für das Dissoziationsgleichgewicht einer schwachen Säure (Base)? Wie lässt sich feststellen, ob sich der Gleichgewichtszustand eingestellt hat und wie lässt sich das MWG nutzen, um die Säurekonstante definieren? Antwort: Im Gleichgewichtszustand kann man keinen Nettoumsatz feststellen, d.h. die Geschwindigkeiten von Hin- und Rückreaktion sind gleich groß! Deshalb sind im Gleichgewichtszustand die Gehaltsgrößen (Konzentrationen Anteile, Verhältnisse) der am Gleichgewicht beteiligten Spezies konstant. Wenn die Gehaltsgrößen konstant sind, dann sind auch ihre Verhältnisse konstant und man kann einen mathematischen Zusammenhang formulieren zwischen den Konzentrationen der Edukt- und Produkt-Spezies und einer für das Gleichgewichtssystem charakteristischen Gleichgewichtskonstanten K. So z.B. für die 1. Dissoziationstufe der Phosphorsäure: *) K1 = c (H+ ) ⋅ c (H2PO-4 ) c (H3PO 4 ) ⋅ c (H2O) K1 beschreibt das Dissoziationsgleichgewicht einer Säure in Wasser als Lösungsmittel und kann dann zur sog. Säurekonstanten umgeformt werden (vgl. 12. Frage). 12. Frage: Wie kommt man ausgehend von der Gleichgewichtskonstanten K zur Säurekonstanten? Wie kann man mit ihr die Eigenschaften "stark" u. "schwach" festlegen? Wo ist die Grenze zwischen starken und schwachen Säuren? Gibt es bei den schwachen Säuren große Unterschiede in ihrer "Schwäche"? Antwort: Die für jede Säure charakteristische Säurekonstante wird mit Hilfe obiger Gleichgewichtskonstanten K definiert, weil gilt: c (H2O) = konstant. c (H+ ) ⋅ c (H2PO-4 ) ′ K a1 = c (H3PO 4 ) Formuliert mit Stoffmengenkonzentrationen: → Ka1′ ist dimensionsbehaftet Ka1 = H ⋅ [ H2PO-4 ] [H3PO4 ] Formuliert mit normierten Stoffmengenkonzentrationen: → K a1 ist dimensionslos Für starke Säuren soll gelten: Ka1 > 103 Für schwache Säuren kann gelten: 10-1 > Ka1 > 10-13 Säuren mit Ka1-Werten im Bereich 103 > Ka1 > 10-1 sind nicht bekannt. *) Das MWG in obiger Formulierung gilt nur für verdünnte Lösungen, denn nur dann kann man c bzw [ ] als Gehaltsgrößen verwenden. 7_SB-Gleichgewichte.doc Seite 69 Ruess 13. Frage: Wie schnell stellt sich der Gleichgewichtszustand bei einem Gleichgewichtssystem ein? Welche Funktion hat ein Katalysator? Die Geschwindigkeit der Gleichgewichtseinstellung kann sehr unterschiedlich sein. Homogene Gleichgewichtssysteme an denen nicht-ionische organische Substanzen beteiligt sind, stellen sich langsam ein. Homogene Gleichgewichtssysteme zwischen ionischen Substanzen (z.B. Säure-Base-Gleichgewichte), stellen sich sehr schnell ein. Katalysatoren können die Geschwindigkeit der Gleichgewichtseinstellung stark erhöhen ohne die Zusammensetzung des Gleichgewichts gemisches zu beeinflussen Antwort: 14. Frage: Kann man ein einzelnes Gleichgewichtssystem isoliert behandeln? Antwort: Man kann es zur Übung zunächst tun, jedoch muss dabei klar sein: die meisten Gleichgewichtssysteme sind gekoppelte Gleichgewichtssysteme, d.h. ein oder mehrere beteiligte Teilchen sind gleichzeitig an zwei oder mehreren Gleichgewichtssystemen beteiligt! + 3⎯⎯→ 1. Beispiel: Das isolierte Gleichgewicht HPO24 + H2O ←⎯⎯ H3O + PO 4 kann nicht erklären, warum eine Lösung des Salzes Na2HPO4 in Wasser deutlich basisch reagiert und nicht etwa sauer, obwohl das Anion Monohydrogenphospat eine Brönstedt-Säure ist. Man darf bei wässerigen Lösungen nicht vergessen, dass das Wasser auch eine Protonenquelle sein kann. Dann kommt ein weiteres Gleichgewicht in Frage, das zur Bildung von Hydroxidionen führt und den basischen ⎯⎯ → H2PO3pH-Wert erklären könnte: HPO2⎯ 4 + H2O ←⎯ 4 + OH 2. Beispiel: NH3 (gas ) 7 ⎯⎯ → " ←⎯ ⎯⎯ → Cu2+ + 4 NH3 ←⎯ ⎯ ⎯ 7 ⎯⎯ → NH+4 H+ + NH3 ←⎯ ⎯ starke Säure ⎯⎯⎯⎯ → 7 − H+ + OH ⎯⎯ → H O ←⎯ ⎯ 2 ( Cu(NH3 )4 )2+ 7_SB-Gleichgewichte.doc Seite 70 Ruess 15. Frage: Hängt die Spezies-Zusammensetzung (Speziesverteilung) eines Säure-Base-Systems davon ab wie viel – d.h. welche Stoffmengen – der Ausgangskomponenten eingesetzt worden sind? Ja sehr stark! Antwort: Aber wie stellt man einen Zusammenhang her? Die Herstellung dieses Zusammenhangs ist die entscheidende Frage bei allen Gleichgewichtsrechnungen. Bei der Lösung dieses Problems kommt Hilfe aus der Erkenntnis: Bei der Einstellung eines Gleichgewichtes aus den Ausgangskomponenten gehen keine Teilchen (Stoffmenge, Masse) verloren. Deshalb können sog. Bilanzgleichungen formuliert werden. Beispiel: Entwicklung von Stoffmengen-Bilanzgleichungen für ein Säure-Base-Gleichgewicht einer 3-protonigen Säure. Als Ausgangskomponenten können eingesetzt werden entweder: nur Säure H3 A oder: nur Dihydrogen-Salz K + H2 A - oder: nur Monohydrogen-Salz 2K + H A 2oder: nur Salz 3K + A 3- Aus den eingesetzten Komponenten gebildete Spezies, die im Gleichgewichtsgemisch vorliegen können und ihre Gleichgewichtskonzentrationen: + [H3 A] [H2 A - ] [HA 2- ] [ A 3- ] [H S ] oder: Gemische aus allen Komponenten • Bilanzgleichung der A-haltigen Teilchen (Anionenbilanz): Anzahl der A-haltigen Teilchen in den Komponenten = Anzahl der A-haltigen Teilchen in den Spezies • Bilanzgleichung der H-haltigen Teilchen (Protonenbilanz): Anzahl der freien Protonen, die Anzahl der H-Atome Anzahl der H-Atome in den Komponenten = in den A-haltigen Spezies + aus den Komponenten stammen • Gesamtkonzentration aller freien Protonen + [H + ] = [H S ] + [ H +w ] im Gleichgewicht: ≡D bzw. = OH H = HS + H w Die Indices S und W bei den Symbolen bedeuten: - HS : Diese Protonen stammen nur aus der eingesetzten Neutralsäure H3A oder aus den Anionensäuren H2A- und H2A- , nicht aus dem Wasser! - HW : Diese Protonen stammen nur aus dem Wasser und deshalb HW.= OH 7_SB-Gleichgewichte.doc Ruess Seite 71 Beispiele für wichtige Säure-Base-Reaktionen mit starken und schwachen Säuren und Basen. • Starke Säuren und starke Basen: o Chlorwasserstoff und Salzsäure, Salpeter-, Schwefel- und Perchlorsäure, Strukturformeln der Säuren und ihrer Salze (Namen der Salze?) und deren Reaktionen mit Wasser formulieren. o Oxid- und Hydroxidionen O 2− OH − ; Hydrid- , Nitrid- , Amidionen H − N 3− NH −2 und deren Reaktionen mit Wasser formulieren • Schwache Säuren und sehr schwache Säuren: o Phosphor- und Kohlensäure, schweflige und salpetrige Säure; Strukturformeln der Säuren und ihrer Salze bzw. Hydrogensalze (Namen der Salze?) und deren Dissoziationsgleichgewichte mit Wasser formulieren. + o Ammonium NH4 ; Schwefelwasserstoff H2S, Blausäure HCN; Strukturformeln der Säuren und ihrer Salze bzw. Hydrogensalze (Namen der Salze?) und deren Dissoziationsgleichgewichte mit Wasser formulieren. • Schwache Basen: o Ammoniak, o Leicht (schwer?) in Wasser lösliche Carbonate und Hydrogencarbonate, Sulfide und Hydrogensulfide, Sulfite und Hydrogensulfite, Phosphate und Hydrogen- bzw. Dihydrogenphosphate. o Strukturformeln der Basen und deren Dissoziationsgleichgewichte mit Wasser formulieren. • Reaktionen von starken Säuren mit schwachen Basen und Reaktionen von starken Basen mit schwachen Säuren. o z.B. Reaktion von leicht (und schwer!) in Wasser löslichen Carbonaten und Hydrogencarbonaten mit starken Säuren; o z.B. Reaktion von Ammoniumsalzen mit Hydroxidionen; • Reaktionen von schwachen Säuren mit schwachen Basen. o z.B. Reaktion von Kohlensäure mit Cyanid, Sulfid (Hydrogensulfid), Phosphat oder Hydrogenphosphat; Wie kann man entscheiden, ob die Reaktion abläuft oder nicht? 7_SB-Gleichgewichte.doc Seite 72 Ruess Kurzbeispiele für weitere wässerige homoge Gleichgewichtssysteme. • Redox-Gleichgewichte Allgemeine Formulierung ⎯⎯ → Red-Mittel + (weitere Substanzen) Ox-Mittel + z e − + (weitere Substanzen) ←⎯ ⎯ Beispiel Nitrat: NO3- + 2 e- + 2 H+ ⎯⎯ → NO2- + H2O ←⎯ ⎯ • Komplex-Gleichgewichte Allgemeine Formulierung als Gesamt-Komplexbildungsreaktion (ohne Berücksichtigung von Ladungen): Metall(kation) + z Liganden ⎯⎯ → ←⎯ ⎯ Komplex mit z Liganden Formulierung als stufenweise Komplexbildungsreaktion: +L ⎯⎯ → MeL ←⎯⎯ ⎯⎯⎯ → MeL 2 Me + L ←⎯ ⎯ ⎯ -L +L ⎯⎯⎯ → MeL3 ←⎯⎯ ⎯ -L usw. Beispiel Eisen-Phenanthrolin-Komplex: ⎯⎯ → Fe2+ + Phe ←⎯ ⎯ (Fe(Phe))2+ + Phe ⎯⎯⎯⎯ → ←⎯⎯⎯ ⎯ - Phe (Fe(Phe)2 )2+ + Phe ⎯⎯⎯⎯ → ←⎯⎯⎯ ⎯ - Phe (Fe(Phe)3 )2+ Wieviele Spezies liegen nebeneinander vor? • Reaktions-Gleichgewichte Viele verschiedene sind möglich, z.B. Hydratisierungs- DehydratisierungsGleichgewichte: CO2 + H2O Katalysator im Blut : ⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ → ←⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ ⎯ Enzym "Carbonat − Hydrolyase " H2CO3 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 73 Ruess Wässerige Säure-Base-Gleichgewichtssysteme. Eingesetzte Komponenten und beteiligte Spezies. Ausgangs- und Gleichgewichtskonzentrationen. Einführung und Erklärung der benutzten Symbole. Spezies und Gleichgewichts-Konzentrationen im wässerigen Dissoziationsgleichgewicht einer 1-protonigen schwachen Säure HA. H− A Ka1 ⎯⎯⎯⎯ → H+ ←⎯⎯⎯ ⎯ Ausgangskonzentrationen (C-Größen) eingesetzte Komponenten im Bereich: A− + 10−10 < C(Komp) < 10−1 Symbol für normierte Konzentration H Gleichgewichtssystem GesamtGleichgewichtskonzentration der freien Protonen. Sie bestimmt den pH-Wert im Gleichgewichtssystem pH = − log H Bestimmt den pOH-Wert im Gleichgewichtssystem pOH = − log OH Beitrag zur Gesamt-Gleichgewichtskonzentration der Protonen H , der aus der Säure HA stammt. Hs ≡ D [ A− ] [HA ] GleichgewichtsKonzentrationen der Spezies H OH [H2O] H − OH H+ Mit Symbolen für normierte Konzentrationen. [H2O ] ≈ c 0 (H2O) ≈ 55,5 mol/L Beitrag zur Gesamt-Gleichgewichtskonzentration der Protonen H , der aus dem Wasser stammt. Hw Kw ⎯⎯⎯ → ←⎯⎯⎯ ⎯ [HA ] < C1 + OH− 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 74 Ruess Normierte Konzentrationen der Spezies H+ und OH- sowie der A-haltigen Spezies HA und A-. Die Stoffmengen-Bilanz. 1. Weil es sehr praktisch ist, werden in diesem Manuskript statt der StoffmengenKonzentrationen (Symbol: kleines c ) die sog. normierten Stoffmengen-Konzentrationen benutzt. Normiert heißt: bezogen auf den Standardzustand der Konzentration 1 mol/L. Die Normierung hat den Vorteil, dass aus dimensionsbehafteten StoffmengenKonzentrationen (übliche Einheit mol/L) dimensionslose Größen werden! Die normierten Größen sind damit auch logarithmierbar. 2. Normierte Stoffmengen-Konzentrationen benötigen neue Symbole. Die Symbolzuordnung wird aus pragmatischen Gründen (bessere Schreib- und Lesbarkeit; hoher Informationsgehalt in den Indices) wie folgt vorgenommen: CH , CA , Cz Großes C Normierte Ausgangs-Stoffmengen-Konzentrationen; Bedeutung des Index: nähere Kennzeichnung der Komponente (vgl. 8) z.B. C0 für eine völlig deprotonierte Komponente A- : C0 = 0,1 ; z.B. C1 für eine einfach protonierte Komponente HA: C1 = 0,1. [ Spezies ] Normierte Gleichgewichts-Stoffmengenkonzentrationen; Symbol der eckigen Klammern z.B. [ HA ] für die einfach protonierte Spezies HA, z.B. [ H2A ] für die zweifach protonierte Spezies H2A . H, OH Normierte Gleichgewichts-Stoffmengenkonzentration von Protonen und Hydroxidionen; Diese Spezialsymbole sind identisch mit 3. [H+ ] ≡ [H3O+ ] bzw. [ OH- ] . Den Zusammenhang zwischen den dimensionslosen, normierten Größen H und OH und den dimensionsbehafteten Gleichgewichts-Stoffmengen-Konzentrationen c(H+) und c(OH-) formuliert man unter Nutzung der sog. Aktivität a einer Spezies (z.B. der Nur in stark verdünnten Lösungen hat der sog. Protonen-Aktivität a(H+) wie folgt: Aktivitätskoeffizient fc den Wert 1 (vgl. 5) ! c (H+ ) a (H+ ) = fc ⋅ c B (H+ ) Wenn fc = 1 ⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ → c B (H+ ) = 1 mol/L wird zu → H= a (H+ ) ⎯⎯⎯⎯ c (H+ ) 1 mol / L 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 75 Ruess 4. c B (H+ ) ist die Bezugskonzentration eines Standardzustandes. Weil im Laboralltag immer Stoffmengenkonzentrationen verwendet werden, wird die Bezugskonzentration hier festgelegt zu: c B (H+ ) = 1 mol / L . Es sind auch andere Festlegungen für den Standardzustand denkbar. 5. Der sog. Aktivitätskoeffizient fc ist eine komplizierte Größe. Er ist von der Konzentration der Ionen, ihrer Art und besonders von ihrer Ladung abhängig. Er kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen; d.h. die Protonen-Aktivität a(H+) kann z.B. bei höheren Konzentrationen viel kleiner sein als die ProtonenGleichgewichts-Konzentration c(H+). Die Abhängigkeiten kann man theoretisch begründen und experimentell überprüfen. In diesem Manuskript wird jedoch vereinfachend vorausgesetzt: wenn c 0 (X) < 0,1 mol / L , und besonders wenn es sich um einfach geladene Ionen handelt dann gilt mit ausreichender Genauigkeit: fc 1. Damit sind die normierten Gleichgewichts-Stoffmengenkonzentrationen H und OH nichts weiter als die Zahlenwerte der echten GleichgewichtsStoffmengen-Konzentration dieser Spezies, angegeben in der Einheit mol/L. Bemerkungen zu den Spezies H+ und OH- und zu den Größen H , OH und D 6. Wie das Diagramm zeigt, stammt im Gleichgewicht die Spezies H+ aus zwei Quellen. Also setzt sich die Gesamtkonzentration der Protonen H aus zwei Beiträgen zusammen: 1) aus Hs : dieser Beitrag stammt aus der eingesetzten Säure HA und bekommt das spezielle Symbol D : HS ≡ D 2) aus HW : dieser Beitrag stammt aus dem Wasser. Für jedes der aus Wasser stammenden Protonen wird ein OH--Ion gebildet. K Hw = OH = w Deshalb muss für diesen Beitrag gelten: H 7. Fasst man beide Beiträge zusammen, dann gilt: H = D + Hw = D + OH → D = H − OH → D = H− Kw H Die D-Funktion repräsentiert also den Beitrag zur freien Protonenkonzentration H , der ausschließlich aus der eingesetzten Säure HA stammt und nicht aus Wasser. 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 76 Ruess Bemerkungen zu den Spezies HA und A- und zu ihrer Stoffmengen-Bilanz. 8. Im gewählten Beispiel, in dem nur die Säure HA eingesetzt wird, stammen die beiden A-haltigen Spezies HA und A- aus einer einzigen Quelle, nämlich aus der Säure HA : → Sie wird als einzige Komponente eingesetzt. Wenn zusätzlich zur Komponente HA noch eine A-haltige Komponente (z.B. das Salz Na+A-) eingesetzt wird, stammen die beiden Spezies aus zwei Quellen. Die Ausgangskonzentrationen der beiden Komponenten c0(HA) bzw. c0(A) werden ebenfalls als normierte Stoffmengen-Konzentrationen angegeben. Als Symbol wird der groß geschriebene Buchstabe C verwendet und mit einer Indexzahl versehen, die die Anzahl der potentiell abspaltbaren Protonen der eingesetzten Komponente angibt. Für die normierten Ausgangskonzentrationen bei einem 1-protonigen SäureBase-System gelten also die Symbole c 0 (HA) → C1 und c 0 (A) → C0 . 9. Für die Gleichgewichts-Konzentrationen der A-haltigen Spezies muss für ein 1-protoniges Säure-Base-System folgende Stoffmengen-Bilanz – auch schlecht c (HA) + c (A) = c 0 (HA) + c 0 (A) genannt: Massen-Bilanz – gelten: Geschrieben mit den Symbolen der normierten Gleichgewichts- und Ausgangskonzentrationen lautet diese Stoffmengenbilanz: [HA ] + [ A ] = C1 + C0 10. Im Beispiel wird nur die Säure HA eingesetzt. Die beiden A-haltigen Spezies HA und A- sind also Bestandteile eines 2-Komponentengemisches! Deshalb kann man den Gehalt dieser beiden Spezies im Gemisch mit den beiden Stoffmengenanteilen als Gehaltsgröße angeben: Dann muss (wie bei allen Anteilen) gelten: X (HA) = [HA ] [HA ] + [ A ] = α1 X (A) = [A] [HA ] + [ A ] = α0 α1+α 0 = 1 Nur für 1-prot. S-B-Systeme: α1→ Assoziationsgrad; α0 → Dissoziationsgrad. 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 77 Ruess Komponenten und Spezies bei mehrprotonigen SB-Systemen. Ausgangskonzentrationen (C-Größen) und deren Zusammenfassung. Hz A Hz-1 A Völlig protonierte schwache Säure Hz-2 A partiell deprotonierte Anionen. " A OH − HX völlig deprotonierte schwache Base. Starke Säure Starke Base Symbole für eingesetzte Ausgangskonzentrationen der Komponenten Cz Cz − 1 Cz − 2 ----- C0 C sa C sb C sa C sb Stöchiometrisch zusammengefasst CH im Symbol: Die aus allen protonierten Formen schwacher Säuren stammende potentielle Acidität. Liefert keinen Beitrag zur potentiellen Acidität. Liefert äquivalente Stoffmenge freier Protonen. Vernichtet äquivalente Stoffmenge freier Protonen. Berechnung der potentiellen Acidität CH aus den Ausgangskonzentrationen Cz , Cz -1 " : CH = z ⋅ Cz + ( z − 1) ⋅ Cz − 1 Alle Protonenkonzentrationen zusammenfassen in der potentiellen Netto-Acidität : Beispiel: Gemisch mit nebenstehenden Komponenten in den angegebenen Ausgangskonzentrationen. + ( z − 2) ⋅ Cz −2 + " CNetto = CH + Csa − Csb c (H3 A) = 0,2 mol / L → C3 = 0,2 c (HCl) = 0,2 mol / L → Csa = 0,2 c (H2 A) = 0,1 mol / L → C2 = 0,1 c (OH) = 0,1 mol / L → Csb = 0,1 c (HA) = 0,01 mol / L → C1 = 0,01 c (A) = 0,5 mol / L → C0 = 0,5 → CNetto = Fortsetzung des Beispiels in der nächsten Box. 3 ⋅ 0,2 + 2 ⋅ 0,1 + 0,01 + 0,2 − 0,1 = 0,91 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 78 Ruess Symbole für Ausgangskonzentrationen der A-haltigen Komponenten. Es handelt sich um die gleichen Komponenten und um die gleichen Symbole! Hz A Hz-1 A Hz-2 A " A Cz Cz − 1 Cz − 2 " C0 Jede Spezies enthält nur ein A-Teilchen ! Teilchen wie z.B. HF 2 sind hier ausgeschlossen. Zusammenfassung im Symbol: Gesamtkonzentration A-haltiger Komponenten. CA Berechnung von C A aus den Ausgangskonzentrationen Cz , Cz -1 " CA = Cz + Cz − 1 + Cz − 2 + " + C0 Fortsetzung des Beispiels für obiges Gemisch : c (H3 A) = 0,2 mol / L → C3 = 0,2 c (HCl) = 0,2 mol / L → Csa = 0,2 Ausgangsc (H2 A) = 0,1 mol / L → C2 = 0,1 konzentrationen c (OH) = 0,1 mol / L → Csb = 0,1 c (HA) = 0,01 mol / L → C1 = 0,01 c (A) = 0,5 mol / L → C0 = 0,5 Aus starker Säure sa CH Potentielle Netto-Acidität CNetto Gesamtkonzentration A-haltiger Komponenten = 3 ⋅ 0,2 + 2 ⋅ 0,1 + 0,01 + 0,2 − 0,1 = Aus H3A CA = 0,2 + Aus H2A Aus HA + 0,01 + 0,1 0,91 Aus starker Base sb 0,5 = 0,81 Aus A 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 79 Ruess Entwicklung einer Gleichgewichts-Gesamt-Bilanz aus Protonen-Bilanz und Stoffmengen-Bilanz Protonen-Bilanz mit Berücksichtigung der Protonenquelle Wasser. Gleichgewichtskonzentrationen + H Ageb Ausgangskonzentrationen = C Netto Im Gleichgewichtszustand vorhandene freie Protonenkonzentration, die ausschließlich aus eingesetzten Säuren stammt und nicht aus Wasser. Am Anfang eingesetzte, gesamte potentielle Netto-Acidität. Alternativ ausgedrückt: Die ... vorhandene Anzahl freier Protonen, die ausschließlich ... . Alternativ : Die eingesetzte Gesamtanzahl von Protonen. D Interpretation der Protonen-Bilanz: Im Gleichgewichtszustand an A-haltige Teilchen gebundene Protonenkonzentration. Alternativ ausgedrückt: Die ... an A-haltige Teilchen gebundene Anzahl von Protonen. Nach Umstellung der Terme und Aufschlüsselung des CNetto-Terms lautet die Protonen-Bilanz für ein beliebiges Säure-Base-System: H Ageb = C Netto − D = C H + C sa − C sb − D Diese Formulierung der Protonen-Bilanz ist gut geeignet für die Kombination mit der Stoffmengen-Bilanz! 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 80 Ruess Erläuterungen zu den drei Einzel-Terme in der Protonen-Bilanz • Die potentielle Netto-Acidität CNetto = CH + Csa − Csb Die Berechnung dieses Terms war im Beispiel bereits erläutert worden. Der Wert des Terms hängt nur von den eingesetzten Ausgangskonzentrationen ab. • Die Differenzfunktion D Die wichtige Variable H setzt sich also aus zwei Beiträgen zusammen: H = Hw + D→ D = H − Hw H : Im Gleichgewichtszustand vorhandene gesamte freie Protonenkonzentration. 1. Der Beitrag, der aus dem Wasser stammt : → H w = OH Erklärung: Für jedes freie Proton, das aus dem Wasser stammt, muss auch ein Hydroxidion gebildet werden. 2. Der Beitrag, der aus den eingesetzten Säuren stammt : = Kw H Ionenprodukt des Wassers. → D = H− • An A-haltige Teilchen gebundene gesamte Protonen-Acidität: Kw H H Ageb Die gebundene Gesamtacidität lässt sich für alle Säure-Base-Systeme durch die Gleichgewichtskonzentrationen der betreffenden Spezies und die zugehörigen stöchiometrischen Koeffizienten wie folgt ausdrücken: 1-protoniges Säure-Base-System: HAgeb = [HA ] 2-protoniges Säure-Base-System: HAgeb = 2 ⋅ [H2A ] + [HA ] 3-protoniges Säure-Base-System: HAgeb = 3 ⋅ [H3 A ] + 2 ⋅ [H2A ] + [HA ] Damit ist jetzt schon klar: Die gebundene Protonen-Acidität ist abhängig von der freien Protonengesamtkonzentration H H Ageb = f ( H , Ka1 , Ka2 , Ka3 ") und von allen Säurekonstanten Kai: Wie diese Abhängigkeit aussieht, muss noch ermittelt werden. 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 81 Ruess Stoffmengen-Bilanzen (Bilanzen der A-haltigen Teilchen). Gleichgewichtskonzentrationen Ausgangskonzentrationen [Hz A ] + [Hz-1A ] + " + [ A ] = Cz + Cz − 1 + " + C0 = CA Anmerkung: Die Konzentrationen [A] und C0 der völlig deprotonierten Spezies A tauchen nur in der Stoffmengen-Bilanz auf; sie sind in der Protonen-Bilanz nicht enthalten ! • Beispiele für Stoffmengen-Bilanzen von Säure-Base-Systemen für ein 1-protoniges Säure-Base-System: i=1 ∑ [Hi A ] = [HA ] + [ A ] = C1 + C0 = CA i=0 für ein 2-protoniges Säure-Base-System: i=2 ∑ [Hi A ] = [H2 A ] + [HA ] + [ A ] = C2 + C1 + C0 = CA i=0 für ein 3-protoniges Säure-Base-System: i=3 ∑ [Hi A ] = [H3 A ] + [H2 A ] + [HA ] + [ A ] = C3 + C2 + C1 + C0 = CA i=0 allgemein für ein z-protoniges Säure-Base-System: ( z → Maximalzahl der gebundenen Protonen) i= z ∑ [Hi A ] i=0 = i= z ∑ Ci i=0 = CA 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Ruess Seite 82 Kombination von Protonen-Bilanz und Stoffmengen-Bilanz zur Gleichgewichtsgesamt-Bilanz. • Im Gleichgewichtszustand müssen beide Bilanzen (Protonen- und StoffmengenBilanz) erfüllt sein. Deshalb müssen beide Bilanzen miteinander kombiniert werden. Nur in einer Kombination beider Bilanzen kommen die Ausgangskonzentrationen C und die Gleichgewichtskonzentrationen [ ] aller am Gleichgewicht beteiligten Spezies vor. • Die beste Möglichkeit zur Kombination der beiden Bilanzen ist die Division: Die Protonen-Bilanz wird durch die Stoffmengen-Bilanz dividiert. Auf diese Weise erhält man die allgemeine Form der Gleichgewichtsgesamt-Bilanz. H Ageb i= z ∑ [Hi A ] = CH + Csa − Csb − D CA i=0 Anmerkungen: • Der Quotient auf der linken Seite enthält die Gleichgewichtskonzentrationen aller A-haltigen Spezies. Dieser Quotient ist noch sehr formal und noch nicht aussagekräftig. Er muss durch Bearbeitung in eine aussagekräftige Form gebracht werden. • Der Ausdruck auf der rechten Seite enthält: 1. alle Ausgangskonzentrationen C ; 2. die Konstante Kw und die Variable H (beide stecken in D ). 1-protonige SB-Systeme: Bearbeitung des Quotienten auf der linken Seite der allgemeinen Form der Gleichgewichtsgesamt-Bilanz. • Die im Quotienten enthaltenen Gleichgewichtskonzentrationen aller A-haltigen Spezies können zu den jeweiligen αi-Funktionen zusammengefasst werden. Ein z-protoniges Säure-Base-System kann (z+1) Spezies bilden und hat demnach (z+1) α-Funktionen . Ein 1-protoniges Säure-Base-System hat also zwei α-Funktionen ! • Bei der Herleitung einfacher Berechnungsgleichungen für die αi-Funktionen spielen die Spezies-Konzentrations-Verhältnisse R eine wichtige Rolle. Mit ihrer Hilfe werden die stufenweisen Säure-Dissoziationskonstanten Kai und die Variable H eingeführt → Beispiele s. nächste Seite. 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 83 Ruess 1-protonige Säure-Base-Systeme: Berechnungsgleichungen H Ageb i= z = ∑ [Hi A ] [H A ] 1 1 1 = α1 = = = K a1 [ A] [H A ] + [ A ] 1 + R0 −1 1+ 1 + [H A ] H i=0 Stoffmengenanteil der Spezies HA Stoffmengenanteil der Spezies A Beziehungen für Stoffmengenverhältnisse R kann man leicht aus dem MWG Ka1 = R0 −1 = [ A ] Ka1 = H [HA ] [A] 1 = α0 = [H A ] [H A ] + [ A ] 1 + [A] = und H ⋅[ A ] herleiten: [HA ] R1−0 = 1 1 + R1−0 H [HA ] = [ A ] Ka1 1 = 1 + H Ka1 • Die α-Funktionen sind die jeweiligen Stoffmengenanteile der Spezies. Für 1-protonige Säure-Base-Systeme haben die α-Funktionen spezielle Namen Assoziationsgrad: α1 = Dissoziationsgrad: α 0 = 1 = 1 + R 0 −1 1 = 1 + R1−0 1 1 + K a1 H → α1 + α0 = 1 1 1 + H K a1 Leicht zu beweisen mit Hilfe der Definitionsgleichungen Für die Erstellung von EXCEL-Tabellen wichtig: α1 = α 0 ⋅ R1−0 • Damit lautet die Gleichgewichtsgesamt-Bilanz für ein 1-protoniges Säure-Base-System: C 1 + C sa − C sb − D α1 = C1 + C 0 D = f ( Kw , H ) α1 = f ( Ka1 , H ) 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 84 Ruess 1-protonige SB-Systeme: Umformung der Gleichgewichtsgesamt-Bilanz α1 = C1 + Csa − Csb − D C1 + C0 Csa = 0 ⎯⎯⎯⎯⎯ → Csb = 0 α1 = C1 − D C1 + C0 • Wenn man diese Gleichgewichtsgesamt-Bilanz nach H auflöst, ergibt sich eine Gleichung 3. Grades mit der sich pH-Werte beliebiger 1-protoniger Säure-BaseSysteme berechnen lassen (wenn man die Gleichung lösen kann): K ⎞ ⎛ C1 − ⎜ H − w ⎟ 1 H ⎠ ⎝ α1 = → = Ka1 C1 + C0 1+ H einige Schritte → H 3 + H 2 (C0 + Ka1) − H ( Kw + Ka1 ⋅C1) − K a1 ⋅ Kw = 0 Die Gleichung kann für folgende Fälle vereinfacht werden: 1. Nur Säure HA eingesetzt: H 3 + H 2 ⋅ Ka1 − H ( Kw + Ka1⋅C1 ) − Ka1⋅ Kw = 0 und Wasser als Protonenquelle vernachlässigt: H 2 + H ⋅ Ka1 − Ka1⋅C1 = 0 und H ⋅ Ka1 << Ka1⋅C1 : H 2 − Ka1 ⋅C1 = 0 → H = Ka1 ⋅C1 2. Nur Anion A- eingesetzt: H 3 + H 2 (C0 + Ka1) − H ⋅ Kw − Ka1⋅ Kw = 0 • Lösung für die kubischen Gleichungen findet man mit EXCEL nach Umformung zur quadratischen Gleichung, Einbau Zirkelbezug, Nutzung von Näherungsverfahren (EXTRAS, Optionen, Berechnung, Iteration). Aber: man erhält nur eine Lösung für die Variable H (d.h. für den pH-Wert). Die α-Funktionen der Spezies müssen gesondert berechnet werden. • Im Vergleich dazu kann man mit Hilfe von EXCEL obige GleichgewichtsGesamt-Bilanz zunächst näherungsweise graphisch und dann durch ein einfach zu programmierendes Iterationsverfahren lösen. Als Ergebnis erhält man dann zusätzlich zur Variablen H : die Spezieszusammensetzung des Systems in Form der α-Funktionen; diese Information kann später zur Berechnung der Ionenstärke dienen. 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 85 Ruess 2-protonige SB-Systeme: Bearbeitung des Quotienten auf der linken Seite der allgemeinen Form der Gleichgewichtsgesamt-Bilanz. Stoffmengenanteil der Spezies H2A H Ageb i= z ∑ [Hi A ] = Stoffmengenanteil der Spezies HA 2 ⋅ [H2 A ] + [H A ] 2 ⋅ [H2 A ] [HA ] = + [H2 A ] + [H A ] + [ A ] [H2 A ] + [H A ] + [ A ] [H2 A ] + [H A ] + [ A ] i=0 H Ageb i= z ∑ [Hi A ] = 2 ⋅α 2 + α1 = i= z ∑ i ⋅α i = 1N i=0 α-Funktionen können zur 1N -Funktion zusammengefasst werden. i=0 Herleitung von Berechnungsgleichungen Für 2-protonige Säure-Base-Systeme gelten folgende Beziehungen, die für alle Säure-Base-Systeme gültig sind: α1 = α 0 ⋅ R 1−0 Leicht zu beweisen mit Hilfe der Definitionsgleichungen. α 2 = α 0 ⋅ R2 − 0 Allgemein: α i = α 0 ⋅ R i − 0 Man erkennt: Berechnungen aller αi-Funktionen erfolgen immer mit den α0-Funktionen. Für die Berechnung der α0-Funktion beim 2-protonigen SB-System gilt: α0 = [A] 1 1 = = [H2 A ] + [H A ] + [ A ] [H2 A ] + [HA ] + 1 R 2−0 + R1−0 + 1 [A] [A] Für die Berechnung aller α0-Funktionen und der zugehörigen αi-Funktionen werden immer alle Stoffmengenverhältnisse vom Typ R i −0 benötigt. Damit rückt die Berechnung dieser Stoffmengenverhältnisse Ri-0 für alle SäureBase-Systeme in den Mittelpunkt des Interesses. Die Gleichungen, die für die Berechnung dieser Stoffmengenverhältnisse Ri-0 benötigt werden, lassen sich durch Kombinationen der jeweiligen MWG-Ausdrücke für die stufenweisen Dissoziationsgleichgewichte leicht herleiten. Wie das geschieht, wird für ein 2-protonigen Säure-Base-Systems gezeigt. 8-9-10_SB_Bilanzen.doc Seite 86 Ruess 1. Dissoziationsstufe H2 A ⎯⎯⎯ → ←⎯ Ka1 = 2. Dissoziationsstufe H+ + HA - H ⋅ [H A ] [H2 A ] K a2 = HA - ⎯⎯⎯ → ←⎯ H+ + A 2- H ⋅[A] H H H = = → R1−0 = [HA ] R1−0 [HA ] K a2 [A] Beide MWG-Ausdrücke werden miteinander multipliziert: H2 ⋅ [ A ] H2 H2 Ka1 ⋅ Ka2 = = = → [H2 A ] [H2 A ] R2−0 [A] H2 R2−0 = Ka1 ⋅ Ka2 Die Stoffmengenverhältnisse Ri-0 und die αi-Funktionen sind also mit zunehmend höherer Ordnung von H abhängig und zusätzlich von allen Säurekonstanten: α i = f ( K a1, K a2 " K az , H ) Formulierung von Gleichgewichtsgesamt-Bilanzen für 2-protonige und ganz analog für 3-protonige Säure-Base-Systeme: N (2) = 2 ⋅ α 2 + α1 = 2 ⋅C2 + C1 + Csa − Csb − D C2 + C1 + C0 N (3) = 3 ⋅α3 + 2 ⋅α 2 + α1 = 3 ⋅C3 + 2 ⋅C2 + C1 + Csa − Csb − D C3 + C2 + C1 + C0 • Auflösung der Gleichgewichtsgesamt-Bilanzen nach der Variablen H ergibt: für ein 2-protoniges Säure-Base-System: → Polynom 4. Grades für ein 3-protoniges Säure-Base-System: → Polynom 5. Grades usw. • Die Gleichgewichtsgesamtbilanzgleichungen sind graphisch und rechnerisch durch Iterationsverfahren gut lösbar, weil linke und rechte Seite der Bilanzgleichungen gegen den pH-Wert aufgetragen entgegen gesetzte Steigungen haben! Als Ergebnisse erhält man zusätzlich zur Variablen H: Die Spezieszusammensetzung in Form aller α-Funktionen! 10a_SB-Extraktion.doc Ruess Seite 87 • 10. Stunde Woche 51 (3. Woche Dez.) EXCEL-Übungen 10_EXCEL-Kurs-SB Extraktion und Verteilung bei neutralen Substanzen und bei 1-protonigen sauren und basischen Substanzen. Allgemeine Erläuterungen: Was sind Extraktionen? • Als Extraktionen bezeichnet man experimentelle Verfahren, bei denen eine Substanz (in der analytischen Chemie meist der Analyt) von einer Phase in eine andere Phase – das Extraktionsmittel – überführt wird. In der analytischen Chemie liegt die zu extrahierende Substanz anfänglich meist in einer Wasser-Phase vor. Als Extraktionsmittel wird dann eine flüssige organische Lösungsmittel-Phase oder eine feste organische Polymer-Phase verwendet. Im Idealfall sind beide Phasen nicht miteinander mischbar. Im Normalfall der Extraktion ist die zu extrahierende Substanz in der organischen Phase besser löslich als in der Wasserphase, jedoch sind diese Löslichkeiten sehr stark vom Ladungszustand der Substanz abhängig. Der Ladungszustand sehr vieler saurer und basischer Substanzen ist vom pH-Wert der Wasserphase abhängig und deshalb ist bei diesen Substanzen dann auch der Erfolg der Extraktion vom pH-Wert abhängig. Die sog. neutralen Substanzen liegen unabhängig vom pH-Wert der WasserPhase immer ungeladen vor und deshalb ist bei diesen Substanzen der Erfolg der Extraktion vom pH-Wert unabhängig Wenn beide (nicht mischbaren) Phasen miteinander im Kontakt stehen, verteilt sich die Substanz zwischen den beiden Phasen gemäß ihren unterschiedlichen Löslichkeiten auf beide Phasen. Im Gleichgewichtszustand wird diese Verteilung durch eine Gleichgewichtskonstante – Verteilungskoeffizient – beschrieben. Für neutrale Substanzen ist der Verteilungskoeffizient eine Stoffkonstante und nur abhängig von der Art der beiden Phasen. Für saure und basische Substanzen ist der Verteilungskoeffizient zusätzlich abhängig vom pH-Wert der Wasserphase, so dass man einen neuen pHabhängigen Verteilungskoeffizienten definieren und berechnen muss. 10a_SB-Extraktion.doc EXCEL-Übung Berech-Extraktion-neutral Dia-Extraktion-neutral Seite 88 Ruess Neutrale Substanzen: Berechnung des Extraktiongrades in Abhängigkeit vom Extraktionsvolumen und von der Anzahl der Extraktionsvorgänge. • Problemstellung mit Erläuterungen Gegeben: 1. Art und Volumina der beiden Phasen zwischen denen sich die Substanz verteilt: Phase 1: wässerige Phase Phase 2: organische Phase (Extraktionsmittel). Beide Phasen dürfen nicht miteinander mischbar sein. Die Volumina beider Phasen V1 und V2 können sehr unterschiedlich sein! 2. Art und Struktur der Substanz. Es muss entschieden werden, ob es sich um eine neutrale Substanz handelt, die in der Wasser-Phase 1 keine positive oder negative Ladung annehmen kann. Es darf sich also nicht um Substanzen handeln, die in der wässerigen Phase 1 saure oder basische Eigenschaften haben. Solche Substanzen können in der wässerigen Phase 1 (teilweise) dissoziieren bzw. (teilweise) protoniert werden und dadurch als negativ bzw. positiv geladene Spezies vorliegen. Das Ausmaß der Dissoziation bzw. der Protonierung und damit die Konzentration der geladenen Spezies ist vom pH-Wert abhängig. Die Löslichkeit der geladenen Spezies in der organischen Phase 2 ist fast immer drastisch schlechter als die Löslichkeit der ungeladenen Spezies. Das hat zur Folge, dass auch die Verteilung von sauren bzw. basischen Substanzen zwischen den beiden Phasen vom pH-Wert abhängig ist. Diese Fälle müssen in gesonderten Übungen behandelt werden. Kenntnisse über die pH-abhängige Verteilung dieser Substanzen sind besonders wichtig, weil die Mehrzahl der organischen und alle biochemisch und pharmazeutisch wichtigen Substanzen saure oder (und) basische Gruppen enthalten. 3. Die Gleichgewichts-Konstante KV (Verteilungskoeffizient); beschreibt die Verteilung zwischen den Phasen 1 und 2. KV = KV ist definiert als das Verhältnis der Stoffmengen-Konzentration in der organischen Phase 2 zur Konzentration in der Wasser-Phase 1. c2 c1 10a_SB-Extraktion.doc Seite 89 Ruess Gesucht: 1. Der Extraktionsgrad X2 (Stoffmengenanteil der extrahierten Substanz); der Rückhaltegrad X1 (Stoffmengenanteil der nicht extrahierten Substanz). X1 und X2 sollen nicht nur für die einmalige Extraktion sondern auch für die mehrfache Wiederholung des Extraktionsvorganges berechnet werden können. Das Volumen der Wasser-Phase V1 wird fest vorgegeben, d.h. es muss bekannt sein *) . Das Volumen des Extraktionsmittels V2 wird variabel vorgegeben. 2. X1 und X2 werden abhängig von V2 (Extraktionsmittel) graphisch dargestellt. Wie interpretiert man die erhaltenen Diagramme und welche Fragestellungen kann man mit den Diagrammen lösen? • Lösungsgang: • Die zur Berechnung benötigten Beziehungen sind nur dann einfach herzuleiten, wenn vorausgesetzt wird, dass beide Phasen nicht miteinander mischbar sind. Das ist bei flüssigen Phasen nur der Fall, wenn o es sich bei Phase 1 um Wasser und bei Phase 2 um ein nicht mit Wasser mischbares, organisches Extraktionsmittel, z.B. Chloroform handelt; o die Konzentration der zu extrahierenden Substanz, nicht so hoch ist, dass die Substanz als Lösungsvermittler zwischen den Phasen wirkt. 1. Berechnung von Rückhaltegrad X1 und Extraktionsgrad X2 ausgehend von den beiden Definitionsgleichungen, zunächst für die einmalige Extraktion: X1 = X2 = n1 n1 + n 2 n2 n1 + n 2 = = c 1 ⋅ V1 c 1 ⋅V 1 + c 2 ⋅V 2 c 2 ⋅V2 c 1 ⋅V 1 + c 2 ⋅V 2 = = V1 + V1 c 2 ⋅V 2 = V1 V 1 + KV ⋅V 2 c1 V2 V2 KV ⋅V 2 = = c 1 ⋅V 1 V1 V 1 + KV ⋅V 2 + V2 + V2 c2 KV Es gilt die Summenbedingung für die beiden Anteile: X 1 + X 2 = 1 so dass der Extraktionsgrad auch einfacher berechnet werden kann: X 2 = 1 − X 1 *) Das ist nicht immer der Fall, z.B. dann nicht wenn sich die Wasserphase als dünne Schicht auf einem festen Träger befindet (Chromatographie). 10a_SB-Extraktion.doc Seite 90 Ruess 2. Berechnung von Rückhaltegrad NX1 und Extraktionsgrad NX2 für die mehrfache (N-fache) Extraktion: Wird für die nach einmaliger Extraktion in der Wasserphase 1 zurückbleibende Stoffmenge die Extraktion mit dem gleichen Volumen des Extraktionsmittels wiederholt, so bleiben Rückhalte- und Extraktionsgrad X2 natürlich konstant. Deshalb bleibt nach der zweiten Extraktion in der Wasserphase 1 wieder der gleiche Stoffmengenanteil in der Wasserphase zurück. Der Gesamt–Rückhaltegrad 2X1 nach der zweiten Extraktion ergibt sich dann als Quadrat des Rückhaltegrad nach einmaliger Extraktion. Bei N-facher Wiederholung der Extraktion erhält man den Gesamt–Rückhaltegrad NX1 als N-fache Potenz des Rückhaltegrades nach einmaliger Extraktion. Den Gesamt–Extraktionsgrad NX2 für die mehrfache Extraktion kann man dann wieder einfach mit Hilfe der Additivitätsbeziehung berechnen: Zweimalige Extraktion: N=2 2 X1 = X1 ⋅ X1 = X12 → 2 X 2 = 1 − 2 X1 N-fache Extraktion: N X1 = X1N → N X 2 = 1 − N X1 3. Graphische Darstellung von NX1 und NX2 gegen das jeweilig benötigte gesamte Extraktionsvolumen NV2 bei ein- und N-facher Durchführung der Extraktion: o Volumen der Wasserphase V1 und Verteilungskoeffizient KV vorgeben. Ebenso vorgegeben ist die Anzahl N der Extraktionsvorgänge. o Für das Extraktionsvolumen V2 wird eine Liste von ca. 60 Werten erstellt. Die Volumina können mit einem Faktor nach Wunsch verändert werden. Die Berechnung des gesamten Extraktionsvolumens NV2 = N ·V2 erfolgt in der Nachbarspalte. N o Für alle in der Liste vorgegebenen Volumina von V2 (bzw. V2 = N ·V2 ) werden NX1 und daraus NX2 nach den obigen Beziehungen aus den vorgegebenen Werten für KV und V1 berechnet. o Wenn das Diagramm noch nicht vorgefertigt ist, kann das Kurvenpaar jetzt erstellt werden mit NV2 als Abzisse. 10a_SB-Extraktion.doc Seite 91 Ruess • Interpretation der Diagramme für einfache und mehrfache Extraktion von neutralen Substanzen und Bearbeitung von Fragestellungen. Die Diagramme kann man gut am Beispiel einer Substanz kennen lernen, die in der wässerigen und in der organischen Phase ähnlich gut löslich ist (KV = 1). Eine solche Substanz ist z.B. Propanol. Volumen der propanolhaltigen Wasserphase: V1 = 100 mL. Propanol soll mit Ether (Phase 2) aus der Wasserphase extrahiert werden. 1) Wieviel Propanol bleibt nach 1-maliger Extraktion mit V2 = 100 mL in der Wasserphase zurück, wenn die Anfangsstoffmenge n0 = 1 mmol betrug? Lösung V1 100 mL = = 0,5 KV = 1 X1 = V 1 + KV ⋅ V 2 100 mL + 1 ⋅ 100 mL X2 = KV ⋅ V 2 1 ⋅ 100 mL = = 0,5 V 1 + KV ⋅ V 2 100 mL + 1 ⋅ 100 mL n1 = X1 ⋅ n0 = 0,5 ⋅1 mmoL = 0,5 mmoL 2) Wieviel Ether wird für die Extraktion benötigt, um mit 1-, 2-, 3-, 5- und 10-maliger Extraktion zu erreichen, dass der in der Wasserphase verbleibende Propanol-Anteil sinkt auf: unter 20 % , unter 10 % , unter 1 % ? Lösung Die Ergebnisse kann man direkt aus dem Diagramm ablesen (nach eventuell nötiger Skalierung), aber auch aus der zugehörigen Berechnungstabelle. Dabei kann man die Genauigkeit des Ergebnisses durch Änderung des Volumenfaktors für das Extraktionsvolumen V2 verändern. Man erhält: X1 unter 20 % unter 10 % unter 1 % 1-malige Extraktion V2 > 400 mL V2 > 900 mL 1 2-malige Extraktion 2 3-malige Extraktion 3 5-malige Extraktion 5 10-malige Extraktion 10 V2 2 × 120 mL 240 mL 2 V2 3 × 70 mL 210 mL 3 V2 5 × 37 mL 185 mL 5 V2 10 × 18 mL 180 mL V2 > 9 L 1 1 V2 2 × 220 mL 440 mL 2 V2 3 × 120 mL 360 mL 3 V2 5 × 60 mL 300 mL 5 V2 10 × 26 mL 260 mL 10 V2 2 × 880 mL 1760 mL V2 3 × 360 mL 1080 mL V2 5 × 150 mL 750 mL V2 10 × 60 mL 600 mL 10 10a_SB-Extraktion.doc Ruess Seite 92 EXCEL-Übung Saure und basische Substanzen: Berech-Extraktion- basisch- pH Berechnung des Extraktiongrades in Abhängigkeit von Volumen oder pH -Wert Dia-Extraktion-basisch- pH und von der Anzahl der Extraktionsvorgänge. • Problemstellung mit Erläuterungen Gegeben: 1. Art und Volumina der beiden Phasen zwischen denen sich die Substanz verteilt: Phase 1: wässerige Phase Phase 2: organische Phase (Extraktionsmittel). Beide Phasen dürfen nicht miteinander mischbar sein. Die Volumina beider Phasen V1 und V2 können sehr unterschiedlich sein! 2. Art und Struktur der Substanz mit Säurekonstante bzw. pKa-Wert der Substanz. 3. Der Verteilungskoeffizient KV. Gesucht: 1. Ein "konditioneller", vom pH -Wert abhängiger Verteilungskoeffizient KVpH , der für jeden pH -Wert bereits berücksichtigt, dass die Verteilung von sauren bzw. basischen Substanzen vom pH -Wert abhängig ist. 2. Rückhaltegrad NX1, Extraktionsgrad NX2 für ein- bzw. N-fache Extraktion a) in Abhängigkeit vom Volumen des Extraktionsmittels V2 (variable Liste), bei vorgegebenem Volumen V1 und pH -Wert für die Wasserphase 1. b) in Abhängigkeit vom pH-Wert (als Liste) bei vorgegebenem Volumen des Extraktionsmittels V2 und bei vorgegebenem Wasservolumen V1. Für saure und basische Substanzen müssen demnach jeweils zwei Berechungsund zwei Diagrammblätter (X–NV2 und X– pH) erstellt werden. Anmerkung In der Begleitübung wird nur die Berechnung für basische Substanzen durchgeführt. Die Ergebnisse werden nur gemäß a) dargestellt und deshalb also nur das Diagramm ( X–NV2 ) entwickelt. Die hier folgenden allgemeinen Vorüberlegungen und auch die Herleitungen der Berechnungsgleichungen betreffen aber saure und basische Substanzen und beide Arten der graphischen Darstellung 3. Wie interpretiert man die erhaltenen Diagrammtypen X–V2 und X– pH Welche Fragestellungen kann man mit den Diagrammen lösen? 10a_SB-Extraktion.doc Ruess Seite 93 • Vorüberlegungen für die Berechnung: • Die zur Berechnung benötigten Beziehungen sind nur dann einfach herzuleiten, wenn klar ist bzw. wenn vorausgesetzt wird: o beide Phasen sind nicht miteinander mischbar; o nur die ungeladene Spezies der Base bzw. der Säure ist in beiden Phasen mehr oder weniger gut löslich und kann sich in beiden Phasen verteilen; o die positiv geladene Spezies der Base (Ammoniumkation) bzw. die negativ geladene Spezies der Säure (Säureanion) ist nur in der Wasserphase löslich. d.h. Kationen und Anionen auch von organischen Verbindungen können nicht mit organischen Lösungsmitteln (Phase 2) extrahiert werden. Anmerkung: Diese Annahme trifft nur zu, wenn die organische Phase ein sehr unpolares organisches Lösungsmittel (z.B. Diethylether) ist. In stärker polaren Lösungsmitteln (z.B. Chloroform) sind auch Ammoniumsalze und Anionen von Säuren mehr oder weniger gut löslich, besonders dann, wenn diese Salze lange C-Ketten enthalten (Detergentien). • Wenn nach obigen Voraussetzungen, nur die ungeladene Spezies in die organische Phase extrahiert werden kann, dann ist für die Berechnung des Extraktionsgrades auch nur der Stoffmengenanteil der ungeladenen Spezies maßgebend. Stoffmengenanteile haben in der Säure-Base-Chemie Sondersymbole mit Indices je nach Anzahl der gebundenen, sauren Protonen: α0, α1, α2 ···usw. Stoffmengenanteile sind vom pH-Wert abhängig; das wird beschrieben o für 1-protonige Basen (z.B. Amine R-NH2) durch die α0- pH-Funktion, o für 1-protonige Säuren HA durch die α1- pH-Funktion. • Für basische und saure Substanzen kann man einen vom pH -Wert abhängigen neuen Verteilungskoeffizienten KVpH berechnen, der berücksichtigt, o dass in der Wasserphase im Falle von 1-protonigen basischen oder sauren Substanzen zwei Spezies vorhanden sind, von denen aber nur die ungeladene Spezies in die organische Phase extrahiert werden kann. o dass die Stoffmengenanteile dieser Spezies vom jeweiligen pH -Wert der wässerigen Phase und vom pKa1-Wert der Säure (Base) abhängig sind. 10a_SB-Extraktion.doc Seite 94 Ruess • Lösung: Extraktion 1-protonige Base A (ungeladen), AH+ (geladen) 1. Ausgangsbeziehungen ansetzen und umformen: Dissoziationsgleichgewicht, MWG-Ausdruck und Definitionsgleichung für den Stoffmengenanteil α0 . Symbole für die normierten, dimensionslosen Stoffmengenkonzentrationen: [ A ]1 , [ A ]2 : Gleichgewichtskonzentration von A in der wässerigen Phase 1 bzw. in der organischen Phase 2. [HA + ]1 : Gleichgewichtskonzentration AH+ in der wässerigen Phase 1. Dissoziationsgleichgewicht AH+ R H+ + A K a1 = und MWG-Ausdruck in der Wasser-Phase 1: Stoffmengenanteil von A in der Wasser-Phase 1: α0 = [ A ]1 ⋅ H [ AH+ ] 1 [ A ]1 [ A ]1 + [AH+ ]1 → 1 = 1+ [AH+ ]1 [ A ]1 H K a1 [ AH+ ]1 = [ A ]1 1 = 1+ = H K a1 Ka1 + H Ka1 2. Herleitung des Ausdrucks für KVpH . Für den pH -unabhängigen Verteilungskoeffizienten KV gilt: KV = [ A ]2 [ A ]1 Wenn aber die Base A teilweise auch in der nicht extrahierbaren, protonierten Form AH+ vorliegt, muss für die Berechnung des pH -abhängigen Verteilungskoeffizienten KVpH die Gesamtkonzentration aller A-Spezies in der WasserPhase 1 verwendet werden, d.h. die Summe der Einzelkonzentrationen. Man erhält den vom pH -Wert abhängigen Ausdruck: Durch Umformung gelingt es, den pH-unabhängigen Verteilungskoeffizienten KV und den Stoffmengenanteil α0 einzuführen. Damit kann KVpH aus KV und α0 berechnet werden. KVpH = KVpH = = [A]2 [A]1 + [AH+ ]1 [A]2 [A]1 [AH+ ]1 1+ [A]1 = KV H 1+ K a1 Ka1 ⋅ KV → KVpH = α 0 ⋅ KV Ka1 + H = 10a_SB-Extraktion.doc Seite 95 Ruess • Lösung: Extraktion 1-protonige Säure HA (ungeladen), A- (geladen) 1. Ausgangsbeziehungen ansetzen und umformen: Dissoziationsgleichgewicht, MWG-Ausdruck und Definitionsgleichung für den Stoffmengenanteil α1 . [HA ]1 , [HA ]2 : Gleichgewichtskonzentrationen Säure in wässeriger Phase 1 bzw. in organischen Phase 2. [ A - ]1 : Gleichgewichtskonzentration Säureanion in der wässerigen Phase 1. Dissoziationsgleichgewicht HA R H+ + A - Ka1 = und MWG-Ausdruck in der Wasser-Phase 1: Stoffmengenanteil von HA in der Wasser-Phase 1: α1 = [HA ]1 [HA]1 + [ A ]1 [ A ]1 ⋅ H K [ A ]1 → a1 = [HA ] 1 H [HA ]1 1 = 1+ 1 = [ A ]1 [HA]1 1+ H = K a1 H H + K a1 2. Herleitung des Ausdrucks für KVpH . Für den pH -unabhängigen Verteilungskoeffizienten KV gilt: KV = [HA ]2 [HA ]1 Wenn aber die Säure HA teilweise auch als nicht extrahierbares Anion Avorliegt, muss für die Berechnung des pH -abhängigen Verteilungskoeffizienten KVpH die Gesamtkonzentration aller A-Spezies in der Wasser-Phase 1 verwendet werden, d.h. die Summe der Einzelkonzentrationen. Man erhält den vom pH -Wert abhängigen Ausdruck: Durch Umformung gelingt es, den pH -unabhängigen Verteilungskoeffizienten KV und den Stoffmengenanteil α1 einzuführen. Damit kann KVpH aus KV und α1 berechnet werden. KVpH = KVpH = [HA]1 + [A]1 [HA]2 [HA]1 1+ = [HA]2 [A] 1 [HA]1 = KV K 1 + a1 H H ⋅ KV → KVpH = α 1 ⋅ KV Ka1 + H = 10a_SB-Extraktion.doc Seite 96 Ruess • Berechnung und Rückhaltegrad NX1 und Extraktionsgrad NX2 graphische Darstellung für 1-protonige Säuren HA und Basen A. • Weil die Berechnung des pH -abhängigen Verteilungskoeffizienten KVpH bereits vorgestellt wurde, ist es jetzt sehr einfach, die Berechnungsgleichungen für X1 und X2 (einfache Extraktion) zu formulieren: V1 = X 1 in den bekannten Ausdrücken für die V 1 + KVpH ⋅ V 2 Extraktion von neutralen Substanzen muss nur der pH -unabhängige VerteilungsKVpH ⋅ V 2 X2 = koeffizient KV durch den pH -abhängigen V 1 + KVpH ⋅ V 2 Verteilungskoeffizienten KVpH ersetzt werden. • Graphische Darstellung von NX1 und NX2 gegen das Extraktionsvolumen NV2. Die Berechnungstabelle für die Extraktion neutraler Substanzen wird verändert: o Es wird der Wert für Ka1 und ein gewählter pH-Wert für die wässerige Phase vorgegeben. Aus ihnen wird die α0- bzw. die α1-Funktion und dann der pH -abhängige Verteilungskoeffizient KVpH berechnet. X1 und NX2 berechnet und graphisch dargestellt. Man erhält dann das Kurvenpaar für die N-fache Extraktion. o Mit KVpH werden gemäß obigen Beziehungen die Werte für • N Graphische Darstellung von NX1 und NX2 gegen den pH -Wert. Die Berechnungstabelle für die Extraktion neutraler Substanzen wird verändert: N o Für V2 (bzw. V2 ) wird - wie für V1 - nur ein einziger Wert vorgegeben. o Statt der Liste für V2 wird eine Liste von pH -Werten (Abstand 0,2) für die wässerige Phase 1 vorgegeben. Aus diesen Werten werden für jeden pH -Wert zunächst die α0- bzw. die α1-Funktion und dann die pH -abhängigen Verteilungskoeffizienten KVpH berechnet. X1 und NX2 berechnet und graphisch dargestellt. Man erhält dann unmittelbar das Kurvenpaare für die N-fache Extraktion diesmal in Abhängigkeit vom pH -Wert. o Es werden die Werte für N 10a_SB-Extraktion.doc Seite 97 Ruess • Interpretation der Diagramme für ein- und mehrmalige Extraktion von basischen Substanzen und Bearbeitung von Fragestellungen. Die Diagramme kann man gut am Beispiel eines Amins kennen lernen, das in der wässerigen Phase und in der organischen Phase ähnlich gut löslich ist. Eine solche Substanz ist z.B. Ethanolamin mit Ka1 10−9 . Volumen der aminhaltigen Wasserphase V1 = 100 mL. Das Amin soll durch mehrere Ether-Extraktionen mit jeweils V2 = 20 mL aus der Wasserphase extrahiert werden. Der pH-Wert der Wasserphase soll sein: > 11, ca. 9 und 8. 1) Wie häufig muss mindestens mit je V2 = 20 mL bei drei pH -Werten extrahiert werden, damit der extrahierte Amin-Anteil oberhalb der folgenden Werte liegt: X2 > 20 % X2 > 50 % X2 > 90 % ? Lösung Die Ergebnisse kann man direkt aus dem Diagramm ablesen, aber auch aus der zugehörigen Berechnungstabelle. Dabei kann man die Genauigkeit des Ergebnisses durch Änderung des Volumenfaktors für V2 verändern. Man erhält: KV = 1 X2 > 20 % X2 > 50 % X2 > 90 % pH -Wert > 11 2 mal → 30 % 4 mal → 52% 13 mal → 91% pH -Wert 9 3 mal → 25 % 8 mal → 53 % 25 mal → 90 % pH -Wert 8 13 mal → 21% 39 mal → 50 % mehr als 100 mal 2) Welches Volumen Extraktionsmittel V2 muss bei den drei pH -Werten und zusätzlich beim pH -Wert 7 verwendet werden, damit der extrahierte AminAnteil größer ist als 90 % ? Wie ändern sich die Ergebnisse, wenn gilt: KV = 10 ? Lösung Die Ergebnisse kann man direkt aus dem Diagramm ablesen, in dem der Extraktionsgrad gegen das Gesamt-Extraktionsvolumen NV2 aufgetragen ist. Man erhält: 10a_SB-Extraktion.doc N X2 > 90 % KV = 1 pH -Wert >11 KV = 10 KV = 1 KV = 10 KV = 1 pH -Wert ca. 8 KV = 10 5-maliger Extraktion 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 1 5 V2 450 mL V2 900 mL V2 200 mL KV = 10 KV = 1 bei 1-maliger V2 100 mL pH -Wert ca. 9 Seite 98 Ruess V2 ≈ 10 L V2 ≈ 1 L pH -Wert ca. 7 ? 1 V2 ≈ 10 L V2 5 × 30 mL 150 mL V2 5 × 6 mL 30 mL V2 5 × 60 mL 300 mL V2 5 × 15 mL 75 mL V2 5 × 320 mL 1600 mL V2 5 × 65 mL 325 mL 5 V2 5 × 3 L 15 L 5 V2 5 × 600 mL 3000 mL 11-13_SB_Tit-echt.doc Seite 99 Ruess Titrationen von realen Systemen mit Volumenänderung. Herleitung von Titrationsgleichungen aus der Gleichgewichtsgesamtbilanzgleichung. • Bei realen Titrationen ist die Berücksichtigung der Volumina unerlässlich, denn der pH-Wert ist auch vom Volumen abhängig. Wenn z.B. eine Säure titriert wird, die sehr verdünnt vorliegt, und deshalb für den Titrator eine niedrige Konzentration gewählt wird, ist der Einfluss des Volumens auf den pH-Wert und damit auf das Aussehen der Titrationskurve sehr groß. Die Herleitung von Titrationsgleichungen wird im Folgenden für zwei einfache aber wichtige Fälle gezeigt. Die Herleitung ist aber leicht zu verallgemeinern. Titration von völlig protonierten z-protonigen Säuren Hz A (ohne weitere Zusätze) mit starker Base. • Die ausmultiplizierte Gesamtbilanzgleichung lautet für diesen einfachen Fall: C − Csb − D N = H CA CH = z ⋅Cz ⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯ → CA = Cz N ⋅Cz = z ⋅Cz − Csb − D Da in dieser Gleichung das Volumen des Systems nicht vorkommt, muss sie in eine Gleichung umgewandelt werden, die für reale Titrationen brauchbar ist. In die Gleichung müssen eingeführt werden: o Stoffmenge der zur Titration eingesetzten Säure n (Hz A) ; berechenbar aus Stoffmengen-Konzentration cz0 → Cz und Volumen Vz0 der Säure-Lösung. tit o Die Stoffmengen-Konzentration der starken Base (Titrator) Csb und das Titratorvolumen Vsb, das während der Titration an der Bürette ablesbar ist. o Das Gesamtvolumen Vg des Systems. Es setzt sich aus den Einzelvolumina der eingesetzten Komponentenlösungen zusammen und ändert sich kontinuierlich während der Titration durch die Zugabe der Titratorlösung. Da im Beispiel nur die Säure HzA eingesetzt wird, gilt für das Gesamtvolumen: - am Beginn der Titration (Csb = 0) : - während der Titration (Csb > 0) : Vg = Vz0 Vg = Vz0 + Vsb 11-13_SB_Tit-echt.doc Seite 100 Ruess • Wenn vor der Titration ((Csb = 0) das Volumen Vz0 durch Multiplikation eingeführt wird, lautet die Gesamtbilanzgleichung: Csb = 0 ⎯⎯⎯⎯⎯ → N ⋅Cz ⋅Vz0 = z ⋅Cz ⋅Vz0 − D ⋅Vz0 Bei den durch die Multiplikation mit dem Volumen entstandenen Termen handelt es sich um Stoffmengen. Man kann also alternativ formulieren: Csb = 0 ⎯⎯⎯⎯⎯ → N ⋅ nz0 = z ⋅ nz0 − D ⋅Vz0 • Mit Beginn der Titration ändert sich das Volumen durch die Zugabe der tit Titratorlösung mit der Titrator-Stoffmenge nsb = csb ⋅Vsb ( → Csb > 0 ). Deshalb muss das Gesamtvolumen Vg eingeführt werden. Die Gesamtbilanzgleichung lautet dann: Csb > 0 ⎯⎯⎯⎯⎯ → N ⋅ nz0 = z ⋅ nz0 − nsb − D ⋅Vg Diese Formulierung der Gesamtbilanzgleichung kann interpretiert werden: 1. nz0 Stoffmenge der für die Titration eingesetzten Säure HzA. z ⋅ nz0 Stoffmenge der eingesetzten, insgesamt zu titrierenden Protonen. 2. nsb Stoffmenge der zugegebenen starken Base (Titrator). tit ⋅Vsb = 0 , weil Vsb = 0. Am Anfang der Titration ist: nsb = csb Im Verlauf der Titration ist nsb gleich der Stoffmenge der bereits titrierten, d.h. neutralisierten und in Wasser umgewandelten Protonen. 3. N ⋅ nz0 Stoffmenge der beim jeweiligen pH-Wert gebundenen Protonen. Denn: N ≡ mittlere Anzahl der beim pH-Wert gebundenen Protonen. 4. D·Vg Stoffmenge der beim jeweiligen pH-Wert im Gesamtvolumen freien Protonen, die aus eingesetzten Säuren stammen und nicht aus dem Wasser. Aufgabe: Fassen Sie obige vorläufige Titrationsgleichung in Worte. Benutzen Sie dafür die umgestellte Form: z ⋅ nz0 = nsb + N ⋅ nz0 + D ⋅Vg . Beginnen Sie den Satz : "Für jeden pH-Wert, der bei der Titration der Säure HzA mit starker Base durchlaufen wird, gilt: …". 11-13_SB_Tit-echt.doc Seite 101 Ruess • In der EXCEL-Berechnungstabelle ist eine Liste aller pH-Werte vorgegeben. Deshalb muss in der herzuleitenden Titrationsgleichung für jeden vorgegebenen pH-Wert dasjenige Titratorvolumen der starken Base Vsb berechnet werden, das benötigt wird, um den jeweils vorgegebenen pH-Wert zu erreichen. Es müssen also alle Stoffmengen-Terme, die Vsb enthalten, auf einer Seite separiert werden: nsb + D ⋅Vg = z ⋅ nz0 − N ⋅ nz0 → Vg wird ersetzt und anschließend wird umgeformt und nach Vsb aufgelöst: ( tit Csb ⋅ Vsb + D ⋅ Vsb + Vz0 ) = tit → Csb ⋅ Vsb + D ⋅Vsb + D ⋅Vz0 → (Csbtit + D ) ⋅Vsb Vsb = = ( z − N ) ⋅ nz0 = ( z − N ) ⋅ nz0 ( z − N ) ⋅ nz0 ( z − N ) ⋅ nz0 (Csbtit − D ⋅Vz0 − D ⋅Vz0 + D ) 11-13_SB_Tit-echt.doc Seite 102 Ruess Titration von völlig deprotonierten Anionen A z- einer z-protonigen Säure (ohne weitere Zusätze) mit starker Säure. • Es wird eine Lösung des völlig deprotonierten Anions (z.B. Carbonat, Acetat, Ammoniak) mit dem Volumen V00 eingesetzt. Die Titration erfolgt mit starker tit Säure (Konz. Csa ), Titratorvolumen Vsa. Die ausmultiplizierte Gesamtbilanzgleichung lautet für diesen einfachen Fall: z ⋅Cz + Csa − D N = CA Cz = 0 ⎯⎯⎯⎯⎯→ CA = C0 N ⋅ C0 = Csa − D Gesamtbilanzgleichung wird analog zu 5.1 mit dem Volumen V00 multipliziert. Vor der Titration (Csa = 0) lautet die Gesamtbilanzgleichung dann: Csa = 0 ⎯⎯⎯⎯⎯ → N ⋅C0 ⋅V00 = − D ⋅V00 → N ⋅ n00 = − D ⋅V00 • Mit Beginn der Titration durch portionsweise Zugabe von Titrator-Stoffmengen tit nsa = csa ⋅Vsa ( → Csa > 0 ) ändert sich das Volumen. Deshalb muss das Gesamtvolumen Vg eingeführt werden. Die Gesamtbilanzgleichung wird zu: Csa > 0 ⎯⎯⎯⎯⎯ → N ⋅ n00 = nsa − D ⋅Vg • Die drei Stoffmengen-Terme lassen sich wie folgt interpretieren: 1. nsa Stoffmenge der zugegebenen starken Säure (Titrator). tit ⋅Vsa = 0 , weil Vsa = 0. Am Anfang der Titration ist: nsa = csa 2. N ⋅ n00 Stoffmenge der beim jeweiligen pH-Wert gebundenen Protonen. Denn N ≡ mittlere Anzahl der beim pH-Wert gebundenen Protonen 3. D·Vg Stoffmenge der beim jeweiligen pH-Wert im jeweiligen Gesamtvolumen freien Protonen, die nicht aus dem Wasser stammen. • Weiter analog zu 5.1. Man erhält die Titrationsgleichung für die Titration von völlig deprotonierten schwachen Basen mit starker Säure: Vsa = N ⋅ n00 + D ⋅ V00 (Csatit − D ) 11-13_SB_Tit-echt.doc Seite 103 Ruess Titration von beliebig zusammengesetzten, gepufferten, sauren, 3-protonigen Säure-Base-Einzel-Systemen mit starker Base. • In 5.1 wurde nur der einfachste Fall behandelt, denn es wurde zur Titration nur die schwache Säure HzA eingesetzt. Jetzt soll die Titrationsgleichung für ein beliebig zusammengesetztes saures 3-protoniges Säure-Base-System gezeigt werden. Das zu titrierende System kann alle teilweise protonierten und auch die völlig deprotonierte Komponente mit beliebigen Anfangsvolumina V0 und Anfangskonzentrationen c0 enthalten. Es kann auch starke Säure zugesetzt werden. Aus den Werten für V0 und c0 werden im Eingabeteil der Berechnungstabelle die jeweiligen Anfangsstoffmengen n0 berechnet. Auf Einzelheiten der (nicht schwierigen) Herleitung wird verzichtet. Vsb = 0 − ( 3 − N ) ⋅ n30 + ( 2 − N ) ⋅ n20 + (1 − N ) ⋅ n10 − N ⋅ n00 + nsa ( 0 D V30 + V20 + V10 + V00 + Vsa ) tit + D Csb • Vergleich mit der Titrationsgleichung in 5.1 für die Titration der allein eingesetzten Säure HzA zeigt: die Titrationsgleichung für ein beliebig zusammengesetztes saures 3-protoniges Säure-Base-System enthält zusätzliche Terme: ( ) ¾ Zusätzlicher Term 2 − N ⋅ n20 für die 2-fach protonierte Komponente H2A - ( ) und Term 1 − N ⋅ n10 für die 1-fach protonierte Komponente HA 2- . Beide Terme haben ein positives Vorzeichen, weil es sich um Komponenten handelt, die Protonen potentiell abgeben können. ( ) ¾ Zusätzlicher Term 0 − N ⋅ n10 = − N ⋅ n10 für deprotonierte Komponente A3- . Dieser Term ist negativ, weil die Komponente Protonen aufnehmen kann. ¾ Zusätzlicher positiver Term für die starke Säure (Index sa). Die N -Funktion ist nicht enthalten, weil die Protonen von starken Säuren bei jedem pH-Wert vollständig abgegeben werden. Bei diesem Term handelt es sich also nur um die Anfangsstoffmenge der starken Säure. ¾ Alle zusätzlichen Anfangsvolumina V0 für die neuen Komponenten. 11-13_SB_Tit-echt.doc Seite 104 Ruess • Erkenntnis: Titrationsgleichungen sind ganz systematisch und relativ einfach aufgebaut. Die entscheidende Steuerungsvariable ist die für das jeweilige Säure-Base-System charakteristische, pH-abhängige N -Funktion ( 0 < N < 3), bzw. die darin enthaltenen α-Funktionen. Es ist deshalb nicht schwierig, Titrationsgleichungen für beliebig zusammengesetzte saure mehrprotonige Säure-Base-Systeme zu formulieren. Titration von beliebig zusammengesetzten, gepufferten, basischen, 3-protonigen Säure-Base-Einzel-Systemen mit starker Säure. • In 5.2 wurde nur der einfachste Fall behandelt, denn es wurde zur Titration nur das völlig deprotonierte Anion A3- eingesetzt. Jetzt soll die Titrationsgleichung für ein beliebig zusammengesetztes basisches 3-protoniges Säure-Base-System gezeigt werden. Das zu titrierende System kann alle teilweise protonierten und auch die völlig deprotonierte Komponente mit beliebigen Anfangsvolumina V0 und Anfangskonzentrationen c0 enthalten. Es kann auch starke Base zugesetzt werden Aus den Werten für V0 und c0 werden im Eingabeteil der Berechnungstabelle die jeweiligen Anfangsstoffmengen n0 berechnet. Auf Einzelheiten der (nicht schwierigen) Herleitung wird verzichtet. Vsa = ( N − 3 ) ⋅ n30 + ( N − 2) ⋅ n20 + ( N − 1) ⋅ n10 + ( 0 + D V0 +V0 +V0 +V0 +V0 N ⋅ n00 + nsb 3 2 1 0 sb tit − D Csa • Beim Vergleich mit der in 5.2 entwickelten Titrationsgleichung für die völlig deprotonierte Komponente A3- fallen wieder die zusätzlichen Terme auf. Für sie gelten die in 5.3 gemachten Bemerkungen analog. • Auch der Vergleich mit der in 5.3 gezeigten Titrationsgleichung für saure 3-protonige Systeme ist sehr erhellend. Man kann die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im systematischen Aufbau der Gleichungen erkennen und die Wirkungsweise der Terme verstehen. ) 11-13_SB_Tit-echt.doc Ruess Seite 105 Titration von Gemischen beliebiger saurer oder basischer Säure-Base-Systeme mit starker Base bzw. starker Säure. • Der systematische Aufbau der bisher gezeigten Titrationsgleichungen und ihre Herleitung aus der Gleichgewichtsgesamt-Bilanz lässt vermuten, dass man auch Titrationsgleichungen für Gemische von verschiedenen Säure-Base-Systeme – wie sie in realen Proben vorliegen – herleiten kann. Tatsächlich macht eine Erweiterung auf Gemische keine Schwierigkeiten, denn die N -Funktionen der jeweiligen Säure-Base-Systeme multipliziert mit den jeweiligen Stoffmengen der eingesetzten Komponenten sind additiv. Warum? Weil es sich bei allen mit Stoffmengen multiplizierten N -Termen um "Stoffmengen gebundener Protonen" handelt. Stoffmengen aber sind additiv und deshalb lautet die ausmultiplizierte Gleichgewichtsgesamt-Bilanz z.B. für ein Gemisch aus zwei verschiedenen 1-protonigen Säuren HA(1) und HA(2): N 1⋅C11 + N 2 ⋅C12 = C11 + C12 − Csb − D • In dieser Gesamt-Bilanzgleichung sind die Terme der beiden verschiedenen Säuren durch hochgestellte Indices kenntlich gemacht. Aus ihr kann man die Titrationsgleichung für die Titration mit starker Base für dieses denkbar einfachste Gemisch-System aus zwei verschiedenen 1-protonigen Säuren herleiten und erhält: Vsb = (1 − N 1) ⋅ n101 + (1 − N 2 ) ⋅ n102 + nsa0 − D (V101 + V102 + Vsa0 ) tit Csb + D Die Gleichung sieht nur auf den ersten Blick kompliziert aus. Das liegt an der Vielzahl ähnlicher, nur durch unterschiedliche Hochzahlen gekennzeichnete Stoffmengen und Volumina der beiden Säuren! Man kann sich jetzt ausmalen, wie umfangreich die Titrationsgleichungen für Gemisch-Systeme aus mehreren 3- und 2-protonigen Einzel-Systemen aussehen. Solche Titrationsgleichungen werden benötigt, um experimentell erhaltene Titrationskurven von realen Proben (Säfte, Weine) zumindest annähernd nachzubilden (Simulation von Titrationsgleichungen). 11-13_SB_Tit-echt.doc Ruess Seite 106 Titration von sauren oder basischen Säure-Base-Einzel-Systemen mit schwachen Säuren bzw. schwachen Basen als Titratoren. • Bei dieser Art von Titration handelt es sich nicht um Titrationen im strengen analytischen Sinne, d.h. um Verfahren mit dem Ziel, unbekannte Stoffmengen von Säuren oder Basen zu bestimmen. Solche analytischen Bestimmungen sind nur dann möglich, wenn in der jeweiligen Titrationskurve ein Äquivalenzpunkt als Wendepunkt eines mehr oder weniger gut ausgeprägten pH-Sprungbereichs ermittelt werden kann. Wenn aber als Titrator eine schwache Säure oder eine schwache Base verwendet wird, ist kein gut ausgeprägter pH-Sprungbereich zu erwarten, denn bei den ablaufenden Reaktionen handelt es sich um typische Gleichgewichtsreaktionen zwischen schwachen Säuren und Basen! • Die erhaltenen "Titrationskurven", sind also eher die graphische Darstellung des Verlaufs einer Gleichgewichtsreaktion bei Zugabe einer Komponente ("Titrator"). Messgröße ist die Konzentration einer der möglichen Spezies im Gleichgewicht, nämlich die Konzentration der Protonen. Sie steuert die Konzentrationen aller anderen Spezies, deren jeweilige Stoffmengenanteile (α-Funktionen) bei Bedarf im gleichen Diagramm dargestellt werden können. • Solche "Titrationsgleichungen" bzw. ihre graphischen Darstellungen ("Titrationskurven") sind auch für viele andere Fragestellungen brauchbar: - Herstellung von Pufferlösungen einheitlicher Systeme: Welches Volumen einer Citrat–Lösung ("Titrator") muss zu einer Lösung von Citronensäure zugesetzt werden, damit ein gewünschter pH-Wert erreicht wird? - Herstellung von Pufferlösungen gemischter Systeme (folgendes 1. Beispiel): Welches Volumen einer Ethylendiamin–Lösung ("Titrator") muss zu einer Lösung von Citronensäure zugesetzt werden, damit ein gewünschter pH-Wert erreicht wird? - Fragen aus dem Bereich der Umweltanalytik: Wie beeinflusst eine Zugabe von Ammoniak (Schwefeldioxid usw.) den pH-Wert einer Kohlensäurelösung, wie sie im Regen vorliegt. 11-13_SB_Tit-echt.doc Ruess Seite 107 • Die für diese Art von "Titrationen" zuständigen Gleichungen gehorchen dem gleichen systematischen Aufbau aus den einzelnen Termen wie die vorher gezeigten Gleichungen. Da der Titrator keine starke, sondern eine schwache Säure (Base) ist, muss der Nenner in den Titrationsgleichungen hier anders aussehen, denn im Nenner stehen die Titrator-Terme. Solange der Titrator stark ist, handelt es sich beim Nenner-Term nur um die Konzentration des starken Titrators. Wenn aber der Titrator schwach ist, dann ist leicht einzusehen, dass im Nenner jetzt auch die N -Funktion des Titrators eine Rolle spielen muss. Das kann nur in ganz analog systematischer Weise geschehen wie im Zähler für die Terme des titrierten Säure-Base-Systems, denn schließlich handelt es sich im Verlauf der "Titration" um nichts anderes als um eines der bereits oben kurz angesprochenen Gemisch-Systeme. • Dabei kann man auch erkennen, wie universell diese Gleichungen sind, denn es ist klar, dass man im Nenner bei Bedarf auch leicht noch weitere Komponenten des Titrators berücksichtigen könnte, dass man also mit einem Komponentengemisch "titrieren" könnte. 11-13_SB_Tit-echt.doc Seite 108 Ruess 1. Beispiel: "Titration" der 3-protonigen schwachen Citronensäure mit der völlig deprotonierten Form der 2-protonigen schwachen Base Ethylendiamin. Eingesetztes Volumen Citronensäure H3 A : V30 ; eingesetzte Konzentration c30 . Kein Zusatz der teilweise und völlig deprotonierten Anionen H2 A- , HA 2- A3- . Kein Zusatz von starker Base oder Säure. Titriert wird mit Ethylendiamin (völlig deprotonierte 2-protonige schwache Base); Titratorkonzentration: c0tit (en ) ; Titratorvolumen: V0 (en ) ). 3 − N (Ci) ) ⋅ n30 (Ci) − D ⋅V30 ( V (en) = 0 N (en) ⋅ C0tit (en) + D Für den Fall, dass am Anfang nicht nur Citronensäure vorliegt, sondern auch ihre teilweise deprotonierten Anionen H2 A- und HA 2- , nicht aber die völlig deprotonierte Form A3- und auch kein Zusatz von starker Base oder Säure erfolgt, erhält man die Titrationsgleichung: V0 (en) = (3 − N (Ci)) ⋅ n30 + ( 2 − N (Ci)) ⋅ n20 + (1 − N (Ci)) ⋅ n10 ( − D ⋅ V30 + V20 + V10 ) N (en) ⋅ C0tit (en) + D 2. Beispiel: "Titration" der völlig deprotonierten Form der 2-protonigen schwachen Base Ethylendiamin mit der 3-protonigen Phosphorsäure. Eingesetztes Volumen 2-protonige Base: V00 (en) ; eingesetzte Konz. c00 (en) ; Titriert wird mit der völlig protonierten 3-protonigen Phosphorsäure. Titratorkonzentration: c3tit (P ) ; Titratorvolumen: V3 (P ) . V3 (P) = N (en) ⋅ n00 (en) + D ⋅V00 (en) (3 − N (P) ) ⋅C3tit (P) − D Für den Fall, dass auch die einfach protonierte Form von en eingesetzt wird: V3 (P) = (N (en) − 1) ⋅ n10 (en) + N (en)⋅ n00 (en) ( + D ⋅ V00 (en) + V10 (en) (3 − N (P) ) ⋅C3tit (P) − D )