Der Fussballverein Zwischen E.V. Und Kapitalgesellschaft
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Der Fussballverein Zwischen E.V. Und Kapitalgesellschaft
II. Berichte und Diskussionen DER FUSSBALLVEREIN ZWISCHEN E.V. UND KAPITALGESELLSCHAFT Wie Profifußballvereine das Dilemma zwischen Mitgliederrepräsentation und effizienter Zielverfolgung institutionell lösen Uwe Wilkesmann, Doris Blutner und Claudia Meister Zusammenfassung: In diesem Aufsatz wird gezeigt, wie das Dilemma zwischen Integration der Mitgliederinteressen und effizienter Zielverfolgung zu einem Organisationsentwicklungsprozess bei den Profifußballvereinen führt. Nachdem das Problem aus der Sicht der Rational-Choice-Theorie beleuchtet wurde, werden drei Muster aus der deutschen Fußballbundesliga diskutiert, in denen das Dilemma unterschiedlich überwunden wird. Die drei Muster werden an drei Fallbeispielen aus dem Ruhrgebiet illustriert. In der klassischen Vereinsstruktur bleibt das Dilemma institutionell ungelöst, wird aber situativ durch die Kontrolle über die Ressource „Kapitalbeschaffung“ zu Gunsten der Zieldurchsetzung überwunden. In dem Muster der AG-Struktur ohne Kapitalgesellschaftsform wird die Entscheidungsbeteiligung der Mitglieder nur noch repräsentativ über einen Aufsichtsrat gewährleistet. So können allerdings interne Willensbildungsprozesse (in der Kleingruppe des Aufsichtsrates) und deren Durchsetzung erleichtert werden. In der Kapitalgesellschaftsform der GmbH & Co. KGaA beschränken sich die Beteiligungsmöglichkeiten der Mitglieder auf symbolische Akte. Insgesamt führt dieser Organisationsentwicklungsprozess die deutschen Profifußballvereine zu einer partizipativ-flexiblen Organisationsform. I. Einleitung In der organisationstheoretischen Literatur wird in der Regel zwischen den verschiedenen Organisationstypen des Interessenverbands,1 der Verwaltung2 und des Unternehmens differenziert. Dabei ist ein bestimmter Typ des Interessenverbandes bzw. des Vereins bisher in der organisationstheoretischen Literatur vollkommen vernachlässigt worden: der Profifußballverein. In dieser Arbeit wird das Dilemma der Profifußballvereine analysiert, die – wie jeder andere Verein auch – die Interessen der Mitglieder integrieren und Ziele effizient durchsetzen müssen. Es haben sich verschiedene Typen der 1 Die Differenzierung begründet sich durch die unterschiedlichen Logiken und Umwelten, in die die Typen eingebunden sind. Der Verein gehört als Subkategorie zur Organisationsform der Interessenorganisation (von Alemann 1989: 30). 2 In der Diskussion um die Verwaltung wird in letzter Zeit verstärkt versucht, Organisationsund Managementkonzepte aus dem Unternehmensbereich auf die Verwaltung zu übertragen (vgl. Wilkesmann 2000a). Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 54, Heft 4, 2002, S. 753–774. 754 Uwe Wilkesmann, Doris Blutner und Claudia Meister institutionalisierten Überwindung dieses Dilemmas herausgebildet, die zusammen aber ein Muster einer neuen partizipativ-flexiblen Organisationsform darstellen. Zuerst werden theoretisch die Probleme der Vereinsstruktur im Profifußballbereich analysiert, anschließend werden empirisch die drei Typen der institutionalisierten Überwindung des trade offs zwischen Mitgliederbeteiligung und Zieldurchsetzung anhand von drei Fallbeispielen nachgezeichnet, um abschließend eine Konvergenz dieser neuen Organisationsform im Profifußballbereich mit Entwicklungen in der Unternehmensorganisation aufzuzeigen. Warum das Erreichen kontinuierlicher Zielverfolgung in einem Verein so schwer zu realisieren ist, lässt sich anhand der Literatur über so genannte freiwillige Organisationen verdeutlichen, die die klassischen Probleme eines Vereins mit folgenden Punkten beschreibt: 1. Der Interessenverband muss Mitglieder rekrutieren, um Beiträge einzuwerben. 2. Er muss die verschiedenen Mitgliederinteressen integrieren, um kollektive Handlungsfähigkeit herzustellen. Dazu bedarf es eines strukturierten, internen Willensbildungsprozesses. 3. Er muss seine Ziele effektiv durchsetzen. Für die längerfristige, strategische Zweckverfolgung braucht er die Fähigkeit zur rationalen Selbstverwaltung. 4. Freiwillige Organisationen konstituieren sich in der Regel, um Umweltwirkungen zu erzielen. Dabei unterliegt der Verband dem Dilemma zwischen Zielfindung und Zielverwirklichung (vgl. Weitbrecht 1969; Streeck 1972; Wiesenthal 1993), dem Dilemma zwischen der Produktion kollektiver Güter und der Zielverwirklichung (Olson 1968) sowie dem Dilemma zwischen Heterogenität des Interesseninputs und der notwendigen, erneuten Einigung auf die wesentlichen Organisationsziele (Offe und Wiesenthal 1980; Wiesenthal 1993). Die genannten vier Punkte beschreiben nicht nur die Situation einer freiwilligen Organisation, sondern lassen sich als Grundprobleme des Organisierens verstehen, die ebenso als Heuristik zur Analyse von Unternehmen herangezogen werden können (vgl. Wiesenthal 1990).3 Diese Aufgaben der Rekrutierung, Entscheidungsfindung, Zieldurchsetzung sowie Umweltgestaltung stellen somit die Folie dar, auf der der idealtypische Verein und seine Besonderheiten als Profifußballverein sowie die von uns rekonstruierten Fallstudien zur Entwicklung von Entscheidungsstrukturen in Profifußballvereinen diskutiert werden. Dabei sind die Fallbeispiele so ausgewählt, dass sie jeweils für eins der drei typischen Organisationsmuster im deutschen Profifußball stehen. Auf Grund unserer Leitfrage konzentrieren wir uns auf die Prozesse der Entscheidungsfindung und Zieldurchsetzung. 3 Unternehmen müssen ebenso wie Vereine Mitglieder rekrutieren, allerdings ist das Tauschverhältnis zwischen Person und Organisation ein anderes. Die Verteilung der Erträge wird über verbindliche Mitgliedschaftsregeln organisiert, die ihrerseits jedoch unvollständig sind (Luhmann 1964). Das Problem der kollektiven Entscheidungsfindung und der Durchsetzung der Ziele besteht für Unternehmen mindestens ebenso, weil das Formalziel „Gewinn“ unter Bedingungen dynamischer Wettbewerbsumwelten strategisch und situativ inhaltlich neu definiert werden muss. Verfahren der selektiven Umweltwahrnehmung und des „enactments“ (Weick 1985) sind dabei für Unternehmen entscheidend, wenn sie in diesen Umwelten bestehen wollen. Der Fußballverein zwischen e.V. und Kapitalgesellschaft 755 II. Idealtyp Verein und Idealtyp Profifußballverein In der Verbändeforschung werden Verband und Verein nach den verschiedenen Zielen und Interessen kategorisiert (Blau und Scott 1970; von Alemann 1989). Blau und Scott definieren folgende Kategorien (1970): 1. Verbände zur Förderung der Mitglieder (Verbände im Wirtschafts- und Arbeitsbereich), 2. Verbände zur Förderung Dritter (Verbände im sozialen Bereich), 3. Verbände zur Förderung der Mitglieder und Dritter (Verbände im Sport-, Freizeit und Kulturbereich), 4. Verbände zur Durchsetzung von Wertvorstellungen (Verbände im politischen und religiösen Bereich).4 Der idealtypische Verein zeichnet sich durch freiwillige Mitgliedschaft und ehrenamtliche Mitarbeit aus. Das Vereinsinteresse ist an den Interessen aller Mitglieder orientiert. Der Verein ist unabhängig von Dritten. Intern existiert eine partizipative Entscheidungsstruktur, mit deren Hilfe alle Belange des Vereins geregelt werden (vgl. Heinemann und Horch 1991). Die Analyse des Idealtyps Verein wird anhand der vier Merkmale Rekrutierung, Entscheidungsfindung, Zieldurchsetzung und Umweltbezug vorgenommen. Es werden bei jedem Punkt wesentliche Charakteristika des Wandels vom Verein zum Profifußballverein dargestellt. Dieser Übergang markiert eine Annäherung an das Idealbild neuer, partizipativ-flexibler Unternehmensstrukturen. Im nächsten Kapitel werden dann mit Hilfe von drei Fallbeispielen empirisch die verschiedenen Stadien diskutiert, die es im deutschen Profifußballbereich gibt. 1. Rekrutierung Die Mitgliedschaft im Verein ist freiwillig, und die Mitarbeit wird nicht über Entlohnungsstrukturen vertraglich geregelt. Der Anreiz zum Beitritt für das potenzielle Mitglied besteht in der Übereinstimmung zwischen individuellen und kollektiven Zielen. Auch wenn zunächst unterstellt werden kann, dass die Ziele der einzelnen Mitglieder mit dem (allgemeinsten) Zweck des Vereins oder Verbandes übereinstimmen, so ist eine Bereitschaft der Mitglieder zur individuellen Beitragsleistung dennoch nicht als selbstverständlich vorauszusetzen (Olson 1968). Vereine produzieren Kollektivgüter (z.B. Briefmarkentausch, Austragung von Sportwettkämpfen), so dass aus der Sicht des Vereinsmitglieds ein Anreiz zum Free-Rider-Verhalten besteht. Zur Lösung des Problems braucht die Gruppe genügend Überwachungs- und Sanktionskapazität (Hechter 1987). In kleinen Gruppen ist durch die geringe Anzahl der Akteure die Überwachungskapazität gegeben, Sanktionen müssen dann über soziale Anreize erfolgen. Die Androhung von Sanktionen bzw. die Belohnung von Sanktionierern, die das FreeRider-Problem auf eine zweite Ebene heben, verbilligen die Sanktionsdurchsetzung in der Gruppe (Coleman 1990). In großen Gruppen ist weder die Überwachungs- noch 4 Vgl. die ähnliche Typologisierung bei von Alemann (1989: 71). Er ergänzt jedoch noch die Kategorie der organisierten Interessen in gesellschaftspolitischen Querschnittsbereichen. 756 Uwe Wilkesmann, Doris Blutner und Claudia Meister die Sanktionskapazität genügend vorhanden. Aus diesem Grunde muss die Gruppe selektive Anreize einführen, die das individuelle Kalkül jedes Akteurs so bedienen, dass die Verfolgung der kollektiv rationalen Strategie auch individuell rational erscheint und durch die Veränderung der Auszahlung die Situation des Gefangenendilemmas überwunden wird (Olson 1968). Profifußballvereine weisen demgegenüber differenziertere Rekrutierungsmuster auf. Grundsätzlich können Vereine mit Profi-Abteilungen wohl nicht mehr als Sportvereine betrachtet werden, die innenorientiert ausgerichtet sind (Heinemann und Horch 1991: 385). Längst wirken konkrete und bindende Erwartungen von Akteuren in der Umwelt, seien es Fans, Aktieninhaber, Medienorganisationen usw. Die Bezeichnung Profifußballverein deutet schon auf eines seiner wesentlichen Merkmale hin: In jedem Profifußballverein gibt es eine Trennung der Rollen von freiwilliger Mitgliedschaft und hauptamtlichen Mitarbeitern. Zu den Mitgliedern gehören alle Spieler bis zur Jugend A. Darüber hinaus kann jeder Bürger und Fan Mitglied werden. Aus den unterschiedlichen Mitgliedschaftserwartungen ergeben sich unterschiedliche Identifikationskonzepte bzw. -optionen: Das freiwillige Mitglied kann sich emotionale Identität „leisten“; vom Angestellten (Trainer, Lizenzspieler, Management) wird corporate identity verlangt. Das Mitglied ist hauptsächlich über Loyalität an den Verein gebunden, für den hauptamtlichen Mitarbeiter gelten Professionalitätskriterien, wie sie bei der Mitarbeit im Unternehmen anzutreffen sind. – Freiwillige Mitgliedschaft steht fast jedem offen und unterliegt keinen Beschränkungen. Formal muss der Vorstand über den Aufnahmeantrag entscheiden und kann ihn gegebenenfalls ablehnen. Hauptamtliche Mitarbeiter müssen jedoch nach einigen Vereinssatzungen ihr passives Wahlrecht ruhen lassen. Viele Vereine leiten aus den Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit eine Unvereinbarkeit von Mitgliedschaft und hauptamtlicher Beschäftigung ab. – Zu den hauptamtlichen Mitarbeitern gehören die Führungskräfte, Verwaltungsangestellte, Support-Mitarbeiter, Lizenzspieler und Vertragsamateure. Ihre Einbindung in den Verein basiert auf formalen Mitgliedschaftsregeln, ähnlich denen, die in einer Erwerbsorganisation üblich sind. Je professioneller die Vereine organisiert sind, desto eher werden auch Führungskräfte und Verwaltungsangestellte auf den jeweiligen Arbeitsmärkten rekrutiert. Die Leistungsstärke, die Reputation und die Finanzkraft des Vereins sind die entscheidenden Faktoren dafür, ob ein sehr guter Spieler oder Trainer für den Verein gewonnen werden kann. Damit beeinflussen diese Faktoren auch in starkem Maße die Wettbewerbsfähigkeit des Profifußballvereins. Im Gegensatz zu den Managern, Trainern und anderen Angestellten des Profifußballvereins können sich die (Lizenz-)Spieler jedoch kaum opportunistisch gegenüber ihrem Arbeitgeber verhalten, weil ihre Leistungen regelmäßig von Wochenende zu Wochenende überprüfbar sind. Die Definition der Erwartungen an die Lizenzspieler sieht keine grundsätzliche Entkopplung von innerbetrieblicher Führung (Arbeitszeit) und außerbetrieblicher Lebensweise (Freizeit) vor, sondern enthält Elemente einer diffus-entgrenzten Mitgliedschaft. Das Beispiel (des Spielers) Mario Basler zeigt, dass der Besuch von Gaststätten jenseits der vereinbarten Arbeitszeit zu Konflikten innerhalb des Vereins und zu Sanktionen durch den Verein führen kann. Der Fußballverein zwischen e.V. und Kapitalgesellschaft 757 Ein wesentlicher Unterschied zwischen „dem“ Profifußballverein und dem klassischen Verein besteht darin, dass ersterer ähnlich wie Unternehmen über Kapital verfügt. Die Lizenzspieler als Mitarbeiter der Organisation stellen dabei einen Teil des Kapitals dar. Allerdings lassen sie sich nur solange auf der Haben-Seite verbuchen, wie sie vertraglich fest an den Verein gebunden sind. Nach dem „Bosman“-Urteil ist die Exit-Option der Lizenzspieler erhöht worden.5 Viele Profifußballvereine versuchen u.a. auch deshalb ihr Kapital auch in andere Geschäftsfelder zu investieren, um unabhängiger von personengebundenen Ressourcen zu werden. 2. Entscheidungsfindung Vereine unterliegen dem klassischen Dilemma der Willensrepräsentation der Mitglieder und der Zielverfolgung der Organisation (Weitbrecht 1969). Auf Mitgliederversammlungen können vorhandene Ziele modifiziert, neue Ziele formuliert und zur basisdemokratischen Abstimmung gestellt werden. Dies kann zu einer regelmäßigen Korrektur der Organisationsziele führen. Weil freiwillige Mitgliedschaftsorganisationen auf basisdemokratische Weise ihre Zwecke definieren, müssen sich die Organisationsmitglieder über die konkreten Ziele und die Mittel ihrer Umsetzung einigen. Der Rahmen für die Entscheidungsfindung wird durch die gemeinsam erstellte Satzung markiert. Diese schützt das Tagesgeschäft, ist selbst jedoch nicht auf Dauer vor grundlegenden Revisionen der Entscheidungsprämissen sicher. Die Entscheidungsverfahren eines eingetragenen Vereins sind gesetzlich im BGB §§ 21ff. geregelt. Die Mitglieder wählen darüber hinaus die Organe des Vereins (Vorstand, Präsidium) und kontrollieren deren Aufgabenerfüllung.6 Je mehr der Verein versucht, seine Ziele durch eine aktive Beteiligung der Mitglieder zu verfolgen, desto stärker kann er an zweckrationaler Steuerungskompetenz verlieren. Konzentriert er sich dabei auf die Integration von Sonderinteressen der Mitglieder, ist er nur noch eingeschränkt handlungsfähig. Partialinteressen durchkreuzen zumeist die strategischen Grundsatzentscheidungen des Vereins und können so eine effiziente Zielverfolgung blockieren. Dies kann für Profifußballvereine besonders problematisch werden. So beklagt z.B. ein Mitarbeiter des VfL Bochum, dass in den Hauptversammlungen teilweise die Eltern von Jugendspielern das Problem diskutiert haben möchten, warum ihr Sohn nicht in der ersten Mannschaft spielt, wohl aber der Sohn von Müllers, der in ihren Augen nicht so begabt ist wie der eigene Sohn. Die Wiederwahl des Präsidenten wird dann an die Bedingung geknüpft, dass der Präsident sich um das „Problem“ des scheinbar inkompetenten Jugendtrainers kümmern soll (Interview Bernhörster: 6). Die Entscheidungsmacht des Mitglieds liegt aber nicht nur in der Beteiligung an demokratischen Prozessen, sondern Mitglieder setzen ihre Interessen auch über die Be5 Die Fifa hat am 03.09.2001 neue Transferregeln beschlossen, die das Bosman-Urteil jetzt weltweit festschreiben. 6 Über den Eintritt in die Organisation können auch Machtverschiebungen stattfinden. So haben einige Akteure im Untersuchungszeitraum beim VfL Bochum dazu aufgerufen, in den Verein einzutreten, damit auf der Jahreshauptversammlung 2002 ein neues Präsidium gewählt werden kann (Quelle: eigene Feldbeobachtung). 758 Uwe Wilkesmann, Doris Blutner und Claudia Meister reitstellung „ehrenamtlichen“ Engagements durch (Heinemann und Horch 1991; Horch 1990, 1992). Besonders dann, wenn andere Vereinsmitglieder an der zur Verfügung gestellten Ressource Interesse haben, wird ehrenamtliches Engagement zur Machtquelle (Coleman 1990). Für Mitglieder und Mitarbeiter ergeben sich daher auf Grund spezifischer Zielsetzungen unterschiedliche Partizipationsszenarien: – Partizipationschancen der Mitglieder. Im Verein mit wirtschaftlich orientierten Geschäftsfeldern kommt es zu einer Rivalität der Akteure: Vereinsmitglieder als große Gruppe (beim FC Bayern München sind es immerhin 90.000) gegenüber dem Management und den Lizenzspielern eine wesentlich kleinere Gruppe. Es könnte also auf einen internen „Kampf“ der großen (schwer organisierbaren) Gruppe vs. verschiedene Kleingruppen mit Sonderinteressen hinauslaufen (Olson 1968). Auf Grund des minimalen individuellen Beitrags zur Entscheidungsfindung existiert für die Mitglieder in Großgruppen nur ein geringer Anreiz zur Beteiligung an Entscheidungen. Wenn aber die große Mehrheit der Mitglieder keine eigentlichen Partizipationschancen als freiwillige Mitglieder wahrnehmen kann, so eröffnen sich Drohmöglichkeiten über die Exit bzw. Voice-Option. Die Umsetzung der Exit-Option ist unwahrscheinlich wegen der hohen Loyalität bei den Mitgliedern, die durch die emotionale Bindung entsteht. Allerdings verweist Pizzorno (1986) auf solche Entwicklungen in Situationen, in denen die wahrgenommene Identität der Organisation für die Mitglieder eine (signifikant) andere geworden ist. Das Mitglied und der Fan besitzen auch die Voice-Option z.B. in Form des Auspfeifens der eigenen Spieler, des Trainers oder Managers sowie des Leserbriefschreibens in der Lokalpresse.7 – Partizipationschancen der Mitarbeiter. Die Verfügung über Mitgliedschaftsalternativen macht Mitgliedschaft disponibel. Wer über seinen Austritt aus der Organisation entscheiden kann, besitzt eine Machtchance: Erfolgreiche Lizenzspieler gehören zu jenen Personen mit besonderen und häufig auch knappen Ressourcen (hohe Erfahrungswerte, gute Ausbildung, „Talent“). Je erfolgreicher sie sind, desto mehr können sie es sich leisten, gegenüber ihrer Mitgliedschaft indifferenter zu sein, als ihre Vorgesetzten es wünschen. Verfügen Spieler über die Exit-Option, eröffnen sich jedoch keine erweiterten Chancen zum Widerspruch, so wie sie Hirschman (1992) in Bezug auf die Ereignisse 1989 in der DDR resümiert. Sogar besonders erfolgreiche Fußballspieler (z.B. Elber) dürfen in der Öffentlichkeit keine Kritik äußern oder Interna nach außen tragen. Sie werden dafür wie jeder andere Spieler hart sanktioniert.8 7 Im Untersuchungszeitraum charterten Fans des VfL Bochum ein Flugzeug, das bei einem Heimspiel ein Spruchband über dem Stadion zeigte, auf dem die Ablösung von Präsident und Manager gefordert wurde (Quelle: eigene Feldbeobachtung). 8 Die Partizipationschancen der anderen Mitarbeiter an der Entscheidungsfindung werden in den Fallbeispielen analysiert. Der Fußballverein zwischen e.V. und Kapitalgesellschaft 759 3. Zieldurchsetzung Basisdemokratische Verfahren der Entscheidungsfindung können die Organisation in die wiederholte Situation der Zielrevision bringen. Was passiert aber mit Organisationen, wenn jederzeit über ihren Zweck neu (i.S. von bottom-up-Entscheidungsverfahren) entschieden werden kann und wird? Je stärker das bottom-up-Entscheidungsverfahren ausgeprägt ist, desto wahrscheinlicher ist, dass die Organisation ihre Strategiefähigkeit verliert. Je mehr Ziele top-down durchgesetzt werden, desto eher kann das Engagement von Organisationsmitgliedern enttäuscht und eine aktive Mitwirkung an der Produktion von kollektiven Gütern zerstört werden. Beide Vorgehensweisen stellen damit die Loyalität des Mitglieds gegenüber seiner Organisation auf die Probe, entweder weil ein Teil der Mitglieder eine sprunghafte Zielverfolgung ablehnt oder weil Partizipationsbereitschaften ignoriert werden. Organisationstheoretisch formuliert bewegt sich die freiwillige Organisation zwischen den Risiken der Aufhebung von langfristigen Zielorientierungen und dem einer kognitiven Schließung („lock-in“) gegenüber der Umwelt. Die Orientierung an administrativen Verfahren der Selbstverwaltung zum Zweck des Erhalts der Strategiefähigkeit kann in diesem Zusammenhang sowohl als Mittel zur Verwirklichung des Willens der Organisationsmitglieder interpretiert werden, als auch als Schutz vor Organisationsmitgliedern, die sich jede Woche neu überlegen, welche Ziele sie aktuell verfolgen sollten.9 Im Profifußballverein ist das Dilemma von Mitgliederintegration und effizienter Zielverfolgung häufig zu Gunsten der Zieldurchsetzung gelöst worden. Bestands- und zukunftsbezogene Entscheidungen wie die Verpflichtung von Lizenzspielern oder die Benennung von Fußballstadien werden top-down getroffen. Als Wirtschaftsunternehmen ist dies für den „Verein“ überlebensnotwendig. Wie unterschiedlich das Dilemma zwischen basisorientiertem Willensbildungsprozess und Zieleffizienz durch die Profifußballvereine bearbeitet wird, ist Gegenstand der Fallstudien. 4. Umweltbezug Die Lösung der bisher behandelten Probleme der Mitgliederrekrutierung, der Entscheidungsfindung und effizienten Zielverfolgung werden – wie bereits oben erwähnt – immer auch durch Umweltoptionen mitbestimmt. Bei einem eingetragenen Briefmarkenverein sind z.B. die Produktionskosten (Organisation von Treffen) für die Erstellung des kollektiven Guts (Briefmarkentauschbörse) gering. Existiert jedoch ein anderer Briefmarkenverein in der Nähe, dessen Mitglieder quantitativ mehr Tauschpartner mit interessanteren Tauschobjekten zur Verfügung stellen, dann ist der Handlungsdruck für den ersten Briefmarkenverein groß, eine entsprechende Attraktivität auch für die 9 Allein an diesem Umstand wird klar, dass nicht von einer Rollenidentität der Mitglieder in einem Verein ausgegangen werden kann, so wie sie Horch (1990: 166) zwischen Konsumenten, Produzenten, Finanzier und Entscheidungsträger in Sportvereinen auf Grund deren Bedarfsdeckungsorientierung unterstellt. Unberücksichtigt bleiben bei ihm Phänomene sozialer Rollengestaltung, die sich beispielsweise auf der Ebene sozialer Anerkennung (Stichwort „ehrenamtliches Engagement“) leicht in freiwilligen Organisationen finden lassen (Olson 1968). 760 Uwe Wilkesmann, Doris Blutner und Claudia Meister eigenen Mitglieder aufzubauen, um eine Abwanderung der Mitglieder und einen damit verbundenen Leistungsabfall des Vereins zu verhindern. Der Verein passt sich jedoch nicht nur seiner Umwelt an, sondern versucht sie auch zu gestalten. Profifußballvereine agieren demzufolge – wie jede andere Organisation – in unterschiedlichen Umwelten. Auch sie sortieren im Zuge ihrer organisationellen Entwicklung von einem mitgliederorientierten zu einem marktlich orientierten Wettbewerbsakteur ihre Umwelten neu und schreiben bestimmten Umweltsegmenten größere Bedeutung als bisher zu. Wir betrachten hier nur jene Umweltsegmente, die direkt durch die organisationale Aufmerksamkeitsverschiebung von Mitgliederrepäsentation zu Gunsten einer effektiveren Zielerreichung betroffen sind. Während Profifußballvereine in dem hier abgesteckten Rahmen in ihrer direkten wettbewerblichen Umwelt vor allem exogenen Veränderungsdruck wahrnehmen und dem erfolgreich zu begegnen trachten (a), versuchen sie andere Umweltausschnitte durch die Definition und Gewichtung bestimmter Zielgruppen neu zu gestalten (b). a) Direkte marktliche Umwelt und ihre strukturelle Bearbeitung. Profifußballvereine sehen sich in ihrer marktlichen bzw. wettbewerbsbezogenen Umwelt in Form von zwei unterschiedlichen Wettbewerbssituationen ausgesetzt: Zum einen konkurrieren sie um Meisterschaftspunkte und (Lizenz-)Spieler,10 dies führt sie in das Ratten-Rennen um immer höhere Spielergehälter und Ablösesummen, zum anderen sind sie mit dem Kollektivgutproblem konfrontiert: nämlich der Organisation von Meisterschaftswettbewerben.11 Nur wenn sich alle beteiligen, kann das kollektive Gut „Meisterschaftswettbewerb“ erstellt werden (Franck 1995, 1999).12 Allerdings wollen die einzelnen Akteure dabei wenig Kosten tragen (Organisation der Meisterschaft, ungünstige Spieltage) und den Gewinn nicht teilen (vgl. den Streit um die Verteilung der Fernsehgelder). Vorgängig gelöst ist dieses Problem institutionell in Deutschland durch die Verbandsstruktur des Deutschen Fußball-Bundes. Der Verband kontrolliert die einzelnen Vereine und macht bezüglich der strukturellen und wirtschaftlichen Situation Vorgaben, die erfüllt sein müssen, damit der jeweilige Verein überhaupt am Wettbewerb teilnehmen darf. Die Wettbewerbssituation wird also erst durch die jeweiligen Verbände hergestellt und durch institutionelle Einbettung abgesichert und reguliert, indem u.a. mit Hilfe dieser institutionellen Regeln das Trittbrettfahren erschwert wird. In Deutschland wurden die unterschiedlichen Reorganisationskonzepte, die den Vereinen eine stärkere Marktorientierung erlauben, im Verband diskutiert und die möglichen Organisationsstrukturen in den DFB-Statuten festgeschrieben. Der Ausstieg aus der reinen Vereinsstruktur wurde auf einer ordentlichen Sitzung des Bundestages 10 Der „Kampf um Punkte“ und der Lizenzspielertransfer sind klare Konfliktsituationen, die durch ein Null-Summen-Spiel beschrieben werden: Was der eine Verein gewinnt, verliert der andere Verein. 11 Der Meisterschaftswettbewerb ist eine Dilemma-Situation, die sich durch ein Nicht-NullSummen-Spiel beschreiben lässt. 12 Aus diesem Grunde wäre auch eine Zentralvermarktung der Liga ökonomisch effizienter. Unterstützt ein Sponsor nur eine Mannschaft, so hat der Sponsor keine Garantie für das Abschneiden der Mannschaft. Würde das Sponsoring die gesamte Liga umfassen, so hätte der Sponsor die Garantie, dass es immer einen Meister gibt. Das Produkt Meisterschaft wird immer erstellt (Franck 1999). Der Fußballverein zwischen e.V. und Kapitalgesellschaft 761 des DFB am 24. Oktober 1998 durch die Delegierten der Vereine und Verbände beschlossen.13 Während bisher die Regelung galt, dass am Spielbetrieb der Fußballbundesligen ausschließlich eingetragene Vereine teilnehmen durften,14 ist es den Vereinen nach der Satzungsänderung erlaubt, ihre Profifußballabteilung in eine Kapitalgesellschaft auszugliedern, die selbst unmittelbar am Spielbetrieb der Lizenzligen teilnimmt.15 Die Vereine müssen allerdings die Mehrheitseigner dieser Kapitalgesellschaften bleiben. Die Profifußballvereine wurden an der Beratung zur Satzungsänderung beteiligt, um ihnen die Möglichkeit einzuräumen, ihre institutionelle Umwelt aktiv mitzugestalten. Ein Ergebnis dieser Beteiligung ist die individuelle, vereinsbezogene Möglichkeit, sich eine bestimmte Gesellschaftsform – AG, GmbH oder KGaA – zu geben. Zwei Besonderheiten gehen dabei auf die Beteiligung der Vereine zurück. Die Bayer 04 Fußball GmbH wird als 100 prozentige Tochter des Bayer-Konzerns geführt, obwohl dies der Mindestanforderung des DFB widerspricht, einen Anteil von 51 Prozent beim Mutterverein zu belassen, um unumkehrbare Einflüsse von Dritten (z.B. Sponsoren) auf die Vereinspolitik zu vermeiden. Auf Antrag von Bayer Leverkusen wurde deshalb mit der Satzungs- und Statutenänderung beim DFB auch eine Ausnahmeregelung verabschiedet, nach der „in Fällen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen bereits seit mehr als 20 Jahren vor dem 01.01.1999 den Fußballsport des Vereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat und dieses Unternehmen die Anteile an der Tochtergesellschaft allein oder zusammen mit dem Mutterverein besitzt“ (DFB 1998: 5) auf dieses Erfordernis verzichtet werden kann.16 Die zweite Besonderheit setzte der BVB Dortmund durch. In der vom BVB Dortmund präferierten Gesellschaftsform der GmbH & Co. KGaA können mehr als 50 Prozent der Aktien in Umlauf gebracht werden (siehe das Fallbeispiel BVB Dortmund). In diesem Fall bleibt die Unabhängigkeit des Profifußballvereins bewahrt, da trotz breit gestreuter Aktien die Entscheidungsmacht beim Verein bleibt. b) Zielgruppendifferenzierung: weniger Mitglied, mehr Fan, vor allem Kunde. Eine weitere wichtige Umweltwahrnehmung von Profifußballvereinen besteht in der zugeschriebenen Bedeutung der einzelnen relevanten Personengruppen. Die Profifußballvereine unterscheiden zwischen Mitglied, Fan und Kunde. Mitglieder spielen in der Wahrnehmung des ausdifferenzierten Profifußballbereichs inzwischen eine eher geringe Rolle, weil sie in der Regel nur Einfluss auf den „Unterbau“, d.h. den Spielbetrieb der Jugend und eventuelle andere Sportarten nehmen können. D.h. aus der Perspektive des Profibereichs stellen die Mitglieder der Organisation im Gegensatz zu den Fans und den Fernsehzuschauern als spezifische Kundengruppe eher eine unbedeutende Umwelt (Weick 1985) dar. Der Fan als Stadionbesucher und der Kunde als Fernsehzuschauer und Zielgruppe für Merchandising gehören dagegen zu den bedeutenden Umweltausschnitten eines Profifußballvereins. Der Kunde ist ökonomisch äußerst wichtig, da 13 36 Vertreter der einzelnen Profivereine, 137 Vertreter der Landesverbände, 10 Vertreter der Regionalverbände und 23 Mitglieder aus dem DFB-Vorstand. 14 Vgl. §§ 5 lit. c, 7 Nr. 1 lit. a DFB-Lizenzspielerstatut a.F. 15 Siehe § 1 DFB-Satzung sowie § 7 Nr. 1a DFB-Lizenzspielerstatut. 16 Seit dem 23.5.2001 nimmt diese Sonderregelung auch die VfL Wolfsburg GmbH für sich in Anspruch, die zu 90 Prozent der Volkswagen AG gehört. 762 Uwe Wilkesmann, Doris Blutner und Claudia Meister über Fernsehausstrahlungen das meiste Geld eingenommen wird. Der Fan wird genau dann zum wichtigen Umweltfaktor (vgl. z.B. BVB Dortmund mit durchschnittlich 65.000 Fans pro Heimspiel), wenn er aus Unternehmenssicht als Markttestfall dient. Wenn nämlich der Fan im Stadion (oder vermittelt über Fanvertretungen) seinen Unmut über Änderungen des Produktes Fußball laut werden lässt, können mittels dieser sehr kurzen Feedbackschleife Lernprozesse in der Organisation angestoßen werden. Die prinzipielle Beibehaltung der Stehplätze trotz kostenintensiven Umbaus für internationale Wettkämpfe, bei denen keine Stehplätze zugelassen sind, ist ein Beispiel dafür (Interview Meier 2001: 8).17 Auf einen wesentlichen Unterschied zwischen Fan und Kunde muss an dieser Stelle hingewiesen werden. Die Loyalität des Fans zu seinem Verein ist wesentlich größer als die des Kunden. Selbst nach zahlreichen Niederlagen wird der Verein nicht gewechselt. Diese hohe Loyalität führt eher zur verstärkten Wahrnehmung der oben angesprochenen Voice-Option und ihren möglichen Folgen. Der Kunde vor dem Bildschirm hegt zwar Sympathien für einen Verein, diese beinhalten aber keine sichtbaren oder hohen Loyalitätsbindungen. Dieser Typ mag mehr Fußballfan im Allgemeinen sein und deshalb stärker dem Waschmittelkunden ähneln. Daher ist für den Profifußballverein der Kunde das sensibelste Umweltsegment. III. Zwischen Interessenrepräsentation und effizienter Zielverfolgung: Drei Fallbeispiele – drei Lösungsmuster In der theoretischen Diskussion konnte schon gezeigt werden, dass es für die erfolgreiche Entwicklung eines, einst auf kollektiven Willensbildungsprozessen fußenden, Fußballvereins zu einem – möglichst effizient organisierten – Profifußballverein wichtig ist, wie er das Dilemma zwischen Interessenrepräsentation und effizienter Zielverfolgung bearbeiten wird. In unseren Fallbeispielen: VfL Bochum, FC Schalke 04 und BVB Dortmund, konzentrieren wir uns ausschließlich auf diesen Aspekt.18 Diese Beispiele stehen stellvertretend für drei unterschiedliche institutionelle Arrangements, die derzeit von den Profifußballvereinen als Lösungsformen für dieses Dilemma favorisiert werden: 1. die Beibehaltung der klassischen Vereinsstruktur (Beispiel: VfL Bochum),19 17 Ein weiteres Beispiel ist die Wiedereinführung der Anstoßzeit samstags, 15.30 Uhr. 18 Bayer Leverkusen ist der erste Verein, der die Lizenzierung zur Teilnahme an der Bundesliga erstmals für die Saison 98/99 auf eine Kapitalgesellschaft übertragen durfte. Die zweiten Bildung einer Kapitalgesellschaft hat Tennis Borussia Berlin e.V. unternommen, der seine Lizenzspielerabteilung in die Tennis Borussia Berlin Fußball GmbH & Co. KGaA ausgegliedert hat. Kommanditaktionäre sind der Mutterverein mit 75,7 Prozent und der Hauptsponsor Göttinger Gruppe mit 24,3 Prozent. Nach einer katastrophalen Saison, in der trotz immenser Investitionen in den Spielerkader nur knapp ein Abstieg verhindert werden konnte, verweigerte der DFB der KGaA auf Grund ihrer miserablen wirtschaftlichen Situation die Zweitligalizenz für die folgende Saison. In der Saison 2000/2001 folgte die Eintracht Frankfurt Fußball AG als weitere Kapitalgesellschaft, die eine Lizenz erhielt. 19 Schon während des Untersuchungszeitraums wurden bei allen Vereinen dieser Kategorie Initiativen gestartet, die eine Umwandlung der alten Struktur in eine der beiden anderen Kategorien zum Ziel haben. Das Dilemma zwischen Mitgliederbeteiligung und effizienter Zielverfolgung lässt in dieser Kategorie den Handlungsdruck in Richtung einer Umwandlung steigen. Der Fußballverein zwischen e.V. und Kapitalgesellschaft 763 2. der Verein mit Aktiengesellschaftsstruktur ohne Kapitalgesellschaftsform (Beispiel: FC Schalke 04) sowie 3. die Bildung einer Kapitalgesellschaft in Gestalt einer AG, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) bzw. als Sonderfall einer KGaA, die GmbH & Co. KGaA (Beispiel: BVB Dortmund). Vier Profifußballvereine hatten im Untersuchungszeitraum ihren Spielbetrieb in eine Kapitalgesellschaft ausgelagert, wobei die Kapitalgesellschaft Träger der DFB-Lizenz ist (siehe Tabelle 1). BVB Dortmund ist in dieser Kategorie die einzige Kapitalgesellschaft, die bisher an der Börse notiert ist. Folgendermaßen verteilen sich die Profifußballvereine der 1. Bundesliga in der Saison 2000/2001 auf die jeweiligen institutionellen Arrangements (Tabelle 1): Tabelle 1: Institutionelle Struktur der Profifußballvereine der 1. Bundesliga in der Saison 2000/2001 Alte e.V. Struktur e.V. Struktur mit Aufsichtsrat (Nachbildung der AG) Kapitalgesellschaft FC Bayern München VfL Bochum FC Energie Cottbus SC Freiburg 1. FC Köln Hertha BSC Berlin SV Werder Bremen Hamburger SV 1. FC Kaiserslautern TSV 1860 München FC Hansa Rostock FC Schalke 04 VfB Stuttgart SpVgg. Unterhaching VfL Wolfsburg BVB Dortmund GmbH & Co. KGaA Eintracht Frankfurt AG Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH (In der 2. Bundesliga noch: Hannover 96 GmbH & Co. KGaA ) Die Kriterien für die Auswahl der Fußballvereine waren unterschiedliche institutionelle Arrangements bei gleichem kulturell-regionalen Umfeld. Unsere Befunde stützen sich 1. auf eine Dokumentenanalyse der Satzungen der untersuchten Vereine und vereinsinterne Dokumente, die uns zur Verfügung gestellt wurden sowie 2. auf Leitfragen gestützte Interviews mit einzelnen, teilweise ehemaligen Vertretern der jeweiligen Vorstände.20 Die Interviews fanden zwischen April und Juni 2001 statt. Dieser Zeitraum stellt auch unseren Untersuchungszeitraum dar. 3. Grundlage der Interviews war eine Auswertung der Berichterstattung über die drei Vereine in der lokalen Presse. 1. Beibehaltung einer klassischen Vereinsstruktur – VfL Bochum Der VfL Bochum hat Entscheidungsstrukturen institutionalisiert, die einem klassischen Verein entsprechen. Er arbeitet mit einem ehrenamtlichen Vorstand/Präsidium, einem durch den DFB vorgeschriebenen Wirtschaftsrat und fällt seine Entscheidungen im Prinzip in der Mitgliederversammlung, also bottom-up.21 20 An dieser Stelle danken wir Günther Bernhörster, Erwin Steden (beide VfL Bochum), Josef Schnusenberg (FC Schalke 04) und Michael Meier (BVB Dortmund). 21 Die Hauptaufgaben der Mitgliederversammlung sind die Wahl der Präsidiumsmitglieder auf 764 Uwe Wilkesmann, Doris Blutner und Claudia Meister Die konkrete Verfahrensweise zur Wahl der Positionsinhaber offenbart jedoch deutlich, dass das basisdemokratische bottom-up Verfahren der kollektiven Willensbildung gefiltert und durch den Wahlausschuss eingeschränkt wird. Der Wahlausschuss besteht aus drei Personen, die mindestens schon fünf Jahre Vereinsmitglied sind. Sie werden von der Mitgliederversammlung gewählt. Die einzige Funktion des Wahlausschusses ist es, der Mitgliederversammlung Vorschläge zur Präsidiumswahl zu unterbreiten. Der Wahl von „Überraschungskandidaten“ zum Präsidenten wird so durch den Filter des Wahlausschusses vorgebeugt.22 Die Einführung dieses Organs ist eine Reaktion auf eine Erfahrung des Nachbarvereins (vgl. Fallstudie FC Schalke 04). Damit wird zwar eine personelle Kontinuität der Führung gewährleistet; eine effiziente Zielverfolgung ist jedoch nicht automatisch gesichert. Im Gegenteil, das Fallbeispiel VfL Bochum zeigt, wie stark die Führung und die Entscheidungsstruktur eines Profifußballvereins von den eingeschliffenen Formen des Organisierens der finanziellen Ressourcen abhängen kann. Im VfL Bochum nimmt der ehrenamtlich agierende Präsident eine den Sportmäzenen vergleichbare Stellung ein. Der Präsident bringt sein Privatvermögen ein bzw. stellt es als Bürgschaft zur Verfügung, um dem Verein die Lizenz des DFB zu sichern (Interview Bernhörster: 4). Damit verhält sich der Präsident als Budgetmaximierer, auch wenn er sich gerne in der Öffentlichkeit als Gewinnmaximierer verkauft. In rekursiver Weise ist im VfL Bochum die Wahl zum Präsidenten eng an die Ressourcen des Geldes, des Kontaktes zu potenziellen Sponsoren sowie guter Verbindungen zu den einzelnen Mitgliedern (bzw. Mitgliedergruppen) geknüpft. Gleichzeitig erwartet der Präsident durch sein persönliches Engagement nicht nur öffentliche Anerkennung und sozialen Status, sondern leitet daraus personengebundene VetoRechte in allen wirtschaftlichen und personalpolitischen Entscheidungen ab. Im Ergebnis verliert u.a. der Wirtschaftsrat23 seinen Einfluss als Kontroll- und Überwachungsinstanz für wirtschaftliche Angelegenheiten. Seine neue Funktionalität besteht in der symbolischen Demonstration von Wirtschaftlichkeit gegenüber der Umwelt. Insgesamt ermöglicht so die bestehende Organisationsstruktur zwar zielbezogene top-down-Entscheidungen, jedoch in Gestalt eines patriarchalen, weniger effektiven Führungsstils, der durch Kontrolle über die Ressource „Beschaffung von Kapital“ organisationsweite Legitimation findet. Kurz nach dem Untersuchungszeitraum befindet sich diese klassische Entscheidungsstruktur im Wandel. Angestrebt wird neben dem ehrenamtlichen Präsidenten ein Vorschlag des Wahlausschusses, die Entlastung des Präsidiums, die Wahl der Mitglieder des Wahlausschusses auf Vorschlag des Wirtschaftsrates, die Wahl der Mitglieder des Ehrenrates sowie Entscheidungen über Satzungsänderungen. Informations- und Mitspracherechte zu wirtschaftlichen Faktoren bestehen nicht (Satzung VfL Bochum § 15). 22 Das Präsidium besteht insgesamt aus vier Personen, die von der Mitgliederversammlung gewählt werden und die alle (bis auf den Manager) ehrenamtlich tätig sind, wobei der Vorsitzende des Wirtschaftsrats immer zum Präsidium gehört (Satzung VfL Bochum § 19). 23 Der Wirtschaftsrat besteht aus fünf Mitgliedern, wobei nur der Vorsitzende von der Mitgliederversammlung gewählt wird, die vier anderen werden vom Präsidium berufen. Das Präsidium muss zwar den Wirtschaftsrat bei wichtigen Geschäften um Zustimmung ersuchen, die de facto aber nie verweigert wird. Die Zustimmung ist dann erteilt, wenn mindestens sechs Mitglieder aus Präsidium und Wirtschaftsrat zustimmen. Neben dem Präsidium müssen also nur zwei Mitglieder des Wirtschaftsrates zustimmen, von denen wiederum vier vom Präsidium ernannt wurden. Der Fußballverein zwischen e.V. und Kapitalgesellschaft 765 hauptamtlicher Vorstand mit den Funktionen: sportlicher Direktor, kaufmännischer Leiter sowie Öffentlichkeitsarbeit und Marketing (Interview Bernhörster: 1). Dahinter steht die Wahrnehmung, dass durch die Kommerzialisierung und Professionalisierung des Fußballs entsprechende Kompetenzen vonnöten sind, um einen Verein zuverlässig zu führen. Im November 2001 gab es eine diesbezügliche Satzungsänderung. Als Überbrückung fungiert derzeit ein dem Präsidenten zugeordneter Stab mit entsprechenden beratenden Funktionen. Die Restrukturierung der Vorstandstätigkeit zu Gunsten einer Professionalisierung folgt damit den wahrgenommenen Ansprüchen der neuen Wettbewerbsumwelt. Insgesamt wird beim VfL Bochum das Dilemma zwischen kollektiver Entscheidungsfindung und effizienter Zieldurchsetzung nur verschoben und nicht im eigentlichen Sinne gelöst. Es werden zwar über die modifizierte Präsidentenwahl effizientere top-down Entscheidungsverfahren installiert. Diese können aber nicht effektiv eingesetzt werden, weil auf der Basis der situativ beschaffbaren und vorhandenen Ressourcen der beteiligten Akteure entschieden wird. Dadurch macht sich der Verein von einem Präsidenten abhängig, der vereinssichernde finanzielle Ressourcen beschafft und dafür soziale Anerkennung, Popularität und autoritäre Entscheidungsvetos als Gegenleistung erhofft. Eine solche Präsidentenpersönlichkeit steht einem Wandel des Vereins zu einer professionell und konsensuell geführten Organisation entgegen. 2. Einbettung wirtschaftlicher Entscheidungsverfahren in Vereinsstrukturen: FC Schalke 04 Der FC Schalke 04 gab sich bereits 1994 eine neue Satzung, in der Entscheidungsverfahren verankert wurden, die denen einer Aktiengesellschaft nachgebildet sind. Nach mehreren skandalumwobenen Präsidentenwahlen war der Auslöser dieser tiefgreifenden Satzungsänderung die unvorhergesehene Wahl von Helmut Kremers zum Präsidenten und sein kurz darauf folgendes Eingeständnis, einer solchen Verantwortung auf Grund fehlender Kompetenzen nicht gewachsen zu sein. Seinerzeit „sicherten“ weder ein Wahlausschuss noch kollektiv geteilte Vorstellungen – über die unumgängliche Notwendigkeit eines professionell zu führenden Vereins – die Wahl einer passenden Person. Helmut Kremers wurde nach einer rührseligen und hoffnungsstimmenden Rede auf einer Mitgliederversammlung zum Präsidenten gewählt, weil er es auf Grund seiner Reputation als ehemaliger Kämpfer und aufopferungsvoller Spieler am besten vermochte, die Mitglieder des FC Schalke 04 angesichts der seinerzeit herrschenden Krisensituation mental aufzurichten. Sein kurzfristiger Erfolg gründete sich auf eine gelungene visionäre Anknüpfung an die Tradition des Vereins FC Schalke 04. Sein Scheitern war folgerichtig, weil kein Profiverein mehr „im Trainingsanzug“,24 d.h. ohne professionelle Kompetenzen existieren kann. In dem Sinne passte die Person Helmut Kremers nicht mehr zu den neuen Umständen. Der Fall Helmut Kremers hatte über den FC Schalke 04 hinaus eine Signal- und Warnwirkung. Die Mehrheit der Profifußballvereine ist heute durch eine Entschei24 Diese rhetorische Wendung benutzte Kremers in seiner Rede für die früheren Siege gegen den BVB Dortmund. 766 Uwe Wilkesmann, Doris Blutner und Claudia Meister dungsstruktur gekennzeichnet, die der einer Aktiengesellschaft entspricht, und dennoch den Anforderungen eines klassischen Vereins genügt. Es sind bottom-up neue Entscheidungsräume institutionalisiert worden, die eine effizientere Zieldurchsetzung topdown gewährleisten. Konkret bedeutet die neue Struktur folgendes: Die Mitgliederversammlung entspricht der Hauptversammlung; dem Präsidium entspricht der Vorstand. Neu ist, dass eine Zwischenebene institutionalisiert wird: der Aufsichtsrat. Dieser wird von der Mitgliederversammlung auf Vorschlag des Wahlausschusses gewählt. Der Wahlausschuss ist ein mächtiges Organ, da er aus ca. sechs Bewerbern pro Aufsichtsratssitz zwei bis drei Kandidaten aussucht, die der Mitgliederversammlung zur Wahl gestellt werden. Die Mitgliederversammlung kann ihrerseits nur über Vorschläge abstimmen, die ihr der Wahlausschuss unterbreitet. Dem Wahlausschuss bzw. der herrschenden Koalition in Vorstand und Aufsichtsrat gegenüber kritisch eingestellte Personen haben so kaum Möglichkeiten, in den Aufsichtsrat zu gelangen (Interview Schnusenberg: 5).25 Der Aufsichtsrat wiederum bestellt – und das ist die zweite entscheidende Neuerung – den hauptamtlichen Vorstand. Er besteht aus maximal elf ehrenamtlichen Mitgliedern, die keinem anderen Organ des Vereins angehören und die in keinem Angestelltenverhältnis zum Verein stehen dürfen. Sechs dieser Mitglieder werden auf der Mitgliederversammlung gewählt. Bis zu drei zusätzliche Mitglieder kann der Aufsichtsrat nach Absprache mit dem Wahlausschuss selbst bestellen. Hierbei handelt es sich um Vertreter der Sponsorenfirmen. Die Aufgaben des Aufsichtsrates entsprechen denen in einer AG. Die Hauptfunktion besteht in der Bestellung, Überwachung und Beratung des Vorstandes sowie der Prüfung des Jahresabschlusses (Satzung Schalke 04 § 7 Abs. 5). Die Mitglieder sind demnach nur noch eingeschränkt an Personalentscheidungen beteiligt. Mit der Institutionalisierung des Aufsichtsrates wird die Vorstandsarbeit professionalisiert und vor emotional und rhetorisch intelligent vorgetragenen Wahlreden geschützt. Diese neue Professionalität legitimiert zumindest nachträglich die neuen top-down Entscheidungsverfahren, weil sie rational-wirtschaftliches Handeln ermöglichen. Eine Schalker Besonderheit besteht in der Bestellung eines weiteren Mitglieds des Aufsichtsrats: „Der Schalker Fan-Club-Dachverband entsendet durch seinen Vorstand ein Aufsichtsratsmitglied“ (Satzung Schalke 04, § 7, Abs. 1). Durch diese institutionelle Einbindung der Faninteressen als relevante Umwelt werden nicht nur Formen des Widerspruchs kanalisiert, sondern auch dem Verein Gelegenheiten zum kollektiven Lernen eröffnet. Das elfte Mitglied wird durch den Sportbeirat entsandt und vertritt den Amateurbereich im Aufsichtsrat. Der Vorstand ist wiederum eine Kleingruppe, die aus fünf, vom Aufsichtsrat ernannten Personen besteht, die alle26 – im Gegensatz zu den klassischen e.V. Strukturen – hauptamtlich ausgeführt werden. Verschiedene wirtschaftliche Aktivitäten, die in eigene Kapitalgesellschaften27 ausge25 Die Mitgliederversammlung nimmt ebenso die Jahresberichte vom Vorstand und Aufsichtsrat entgegen und entlastet beide Organe. Im Unterschied zur Hauptversammlung hat jedoch jede natürliche Person als Mitglied eine Stimme, es existiert also keine Gewichtung. 26 De jure sind zwei Vorstandsmitglieder ehrenamtlich tätig, die aber für ihre Tätigkeit voll entlohnt werden. Dies ist eine Festlegung ad personam, um die sonstigen wirtschaftlichen Aktivitäten dieser Personen nicht zu beeinflussen (Interview Schnusenberg: 6). 27 FC Schalke 04-Stadion-Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Immobilienverwaltungs-KG, FC Der Fußballverein zwischen e.V. und Kapitalgesellschaft 767 gliedert sind, sollen den Verein wirtschaftlich vom sportlichen Erfolg, der sich wöchentlich am Tabellenstand ablesen lässt, unabhängiger machen. Geschäftsführung und Beirat dieser Gesellschaften sind ausschließlich mit Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern des Vereins besetzt. Untereinander sind die Gesellschaften über einen Beiratsausschuss verknüpft. 3. Das Unternehmen mit loser Kopplung zum Verein – BVB Dortmund Da in der Wirtschaft die kombinierte Gesellschaftsform der GmbH & Co. KGaA sehr selten anzutreffen ist, soll sie zuerst kurz erläutert werden.28 Es werden zwei Arten von Anteilseignern unterschieden: die persönlich haftenden Gesellschafter (oder auch Komplementäre) und die Kommanditaktionäre. Während die Kommanditaktionäre gegenüber Gläubigern für Verbindlichkeiten der Gesellschaft lediglich in Höhe ihrer Einlagen haftbar gemacht werden können, sollen der oder die persönlich haftenden Gesellschafter unbeschränkt haften. Bei der modifizierten Form der GmbH & Co. KGaA, die von den Vereinen BVB Dortmund und Hannover 96 gewählt wurde, ist dies allerdings nicht der Fall, da der persönlich haftende Gesellschafter eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.29 Durch die Gründung einer GmbH, die als Komplementär der KGaA fungiert, wird das Risiko der unbeschränkten Haftung ausgeschaltet. Durch die Sonderregelung des DFB in Bezug auf diese Rechtsform besteht darüber hinaus die Möglichkeit, mehr Kapital an der Börse zu beschaffen als es in Form einer Aktiengesellschaft möglich wäre. Der Verein bleibt in jedem Fall „Alleinherrscher“ in der Gesellschaft. In Bezug auf Fußballvereine gilt für die Kommanditgesellschaft folgende Auflage des DFB: „Bei der KGaA wird zur Sicherung der Einflussnahme vorgeschrieben, dass der Altverein selbst der Komplementär (oder der alleinige Gesellschafter einer zwischengeschalteten GmbH) sein muss. In diesem Fall kann auch ein Stimmrechtsanteil des Muttervereins von unter 50 Prozent genügen, wenn statuarisch sichergestellt ist, dass ein hinreichender Einfluss des Muttervereins auf die Entwicklung der Tochtergesellschaft gegeben ist“ (DFB 1998: Punkt B1.1.). Die konkrete Ausgestaltung einer Schalke 04-Stadion-Cateringgesellschaft mbH & Co. KG, FC Schalke 04-Stadion-Betriebsgesellschaft mbh, Ticket und Secure GmbH und FC Schalke 04-Fußballmuseum GmbH. 28 In § 278 Abs. 1 des Aktiengesetzes wird die KGaA definiert als „eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, bei der mindestens ein Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt haftet (persönlich haftender Gesellschafter) und die übrigen an dem in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften (Kommanditaktionäre)“. Diese Definition verdeutlicht schon die charakteristische Organisationsstruktur der KGaA, denn es handelt sich bei ihr um eine Mischform aus einer Personengesellschaft (KG) und einer Kapitalgesellschaft (AG), die also einerseits den Zugang zum organisierten Kapitalmarkt gewährleistet und dies andererseits mit der Flexibilität der Personenhandelsgesellschaften verknüpft (vgl. Wagner 1999: 476). 29 Die Alternative der GmbH als alleinige Komplementärin war und bleibt weiterhin in Reihen der Rechtswissenschaftler umstritten, da der Komplementär einer KGaA eine ausgesprochene Machtfülle besitzt, die nur um den Preis einer unbeschränkten Haftung zu rechtfertigen sei (vgl. Zacharias 1999: 286). Die rechtliche Zulässigkeit ist jedoch durch das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 24. Februar 1997 bestätigt worden. 768 Uwe Wilkesmann, Doris Blutner und Claudia Meister Fußball GmbH & Co. KGaA sieht demnach so aus, dass der Mutterverein als 100 prozentiger Anteilseigner einer GmbH fungiert, die alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der KGaA ist, wobei ein Teil der stimmrechtsbehafteten Aktien (der nicht 50 Prozent plus eine Stimme betragen muss) vom Mutterverein selbst gehalten wird, während 100 Prozent minus dieses Anteils von weiteren Kommanditaktionären gehalten werden können. Das Gesetz bietet für die KGaA die Möglichkeit, die Binnenstruktur der Gesellschaft in der Satzung individuell zu regeln, schreibt aber drei Pflichtorgane vor: den (die) persönlich haftende(n) Gesellschafter, den Aufsichtsrat und die Hauptversammlung der Kommanditaktionäre. Der oder die persönlich haftenden Gesellschafter leiten die KGaA, d.h. sie sind das Geschäftsführungsorgan und vertreten die Gesellschaft im Außenverhältnis. Gegenüber dem Aufsichtsrat ist der persönlich haftende Gesellschafter weitgehend autark. Der Aufsichtsrat hat keinen Einfluss auf die Bestimmung der zur Geschäftsführung befugten Personen; ihm fehlt damit die Personalkompetenz. Die Kommanditaktionäre fungieren im Wesentlichen als Kapitalgeber. Ihre Rechte üben sie in der Hauptversammlung aus, die das Willensbildungsorgan der Gesellschaft ist. Für das Unternehmen relevante Entscheidungsfindung oder -durchsetzung findet hier nicht statt.30 Formal sind die Mitglieder von BVB Dortmund an Entscheidungsprozessen beteiligt, die im Rahmen der Jahreshauptversammlung der KGaA vollzogen werden, weil jedes Mitglied eine Aktie der KGaA erhält. Da Entscheidungsfindung und Zieldurchsetzung für das Kerngeschäft in einem Ort, dem Vorstand, zusammenfallen, ist die Gesamtorganisationsstruktur von BVB Dortmund jedoch als lose Kopplung teilautonomer Einheiten zu charakterisieren.31 Die Jahreshauptversammlung des e.V. wählt einen Wirtschaftsrat, dessen Kandidaten zuerst dem Wahlausschuss vorgeschlagen werden müssen. Der Wahlausschuss schlägt diese Kandidaten dann der Hauptversammlung zur Wahl vor. Der so gewählte Wirtschaftsrat ist personalidentisch mit dem Beirat der KGaA. Der Beirat der KGaA beruft den Vorstand der GmbH, der wiederum personalidentisch mit dem Vorstand der KGaA ist. So haben die Vereinsmitglieder (zumindest theoretisch) die Möglichkeit, den Vorstand der KGaA abzuberufen. Diese Konstruktion gewährleistet einen zwar lose gekoppelten, aber kontinuierlichen Entscheidungszusammenhang zwischen dem e.V. und der Kapitalgesellschaft, der auf Grund seiner Besetzung – die Vorstände des e.V.’s, der GmbH sowie der KGaA sind momentan personalidentisch, deren Mitglieder können theoretisch durch die Hauptversammlung des e.V. abberufen werden – zu raschen, aber in vollkommen unabhängigen Kontexten eingebundenen Entscheidungen auf allen Ebenen fähig ist. Die GmbH & Co. KGaA umfasst den ganzen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, zu 30 Die Hauptversammlung beschließt z.B. über den Jahresabschluss, wobei der persönlich haftende Gesellschafter aber ein Vetorecht besitzt. Nahezu alle Hauptversammlungsbeschlüsse können von der Zustimmung des Komplementärs abhängig gemacht werden. Der Kommanditaktionär hat keinerlei Mitspracherecht in Fragen der Geschäftsführung oder Vertretung, so dass eine Ablösung des Komplementärs durch einen Beschluss der Hauptversammlung nicht ohne weiteres möglich ist. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist eine Ablösung per Gerichtsbeschluss möglich (vgl. Wagner 1999: 477). 31 BVB Dortmund besitzt 100 Prozent der GmbH und hält 33 Prozent der Aktien der KGaA. Der Fußballverein zwischen e.V. und Kapitalgesellschaft 769 dem neben dem Profifußballbereich auch die Amateurmannschaft, die A-Jugend und die 1. Damen-Handballmannschaft zählen. Darüber hinaus wurden eine Reihe von Tochterfirmen gegründet, um die Kapitalgesellschaft von der aktuellen Leistungsstärke der Mannschaft ökonomisch unabhängig zu machen.32 Die interne Organisationsstruktur der GmbH & Co. KGaA entspricht einer modernen Unternehmensstruktur. Jene Abteilungen, die nicht zum Kerngeschäft (Lizenzspielerabteilung) gehören, sowie alle Tochterunternehmen werden über klare Zielvorgaben geführt und können im Rahmen eines Budgets autonom wirtschaften. Die Geschäftsführung der KGaA gibt ausschließlich strategische Ziele vor. Im Kerngeschäft, der Lizenzspielerabteilung, greift das Management der KGaA aber selbst ins operative Geschäft ein, d.h. es entscheidet selbst, welcher Spieler eingekauft oder verkauft wird. In dieser arbeitsteiligen, zielbezogenen Strukturierung von BVB Dortmund wird die oben beschriebene lose Kopplung der einzelnen Geschäftsfelder deutlich. Der Prozess der Entscheidungsfindung läuft im Kernbereich top-down ab; in den anderen Bereichen findet eine Kontextsteuerung statt, innerhalb der die einzelnen Abteilungen autonom entscheiden können. Bei der Zieldurchsetzung innerhalb der KGaA setzt der zweiköpfige Vorstand alle operativen Entscheidungen im Kernbereich sowie alle strategischen Entscheidungen durch. Beide Personen genießen einen, weit über die Organisation hinausgehenden Ruf als sachkompetente Manager, was ihre Entscheidungen auch innerhalb der Organisation legitimiert. Durch die Mitglieder des e.V. sind beide Vorstandsmitglieder zwar theoretisch abrufbar, es sind jedoch viele Hürden eingebaut worden, die diesen Fall sehr unwahrscheinlich werden lassen. Die Beteiligungsmöglichkeit reduziert sich auf einen symbolischen Akt. IV. Idealtypen der klassischen und partizipativ-flexiblen Organisationsform aus der Sicht der Entscheidungsstrukturen in Unternehmen Die Entwicklung des Profifußballvereins zu einer partizipativ-flexiblen Organisationsform, die eine effizientere Entscheidungsfindung und -durchsetzung erlaubt, konvergiert mit der Entwicklung im Unternehmensbereich. Auch hier – allerdings ausgehend von hierarchischen top-town Entscheidungsdurchsetzungen – hat sich eine ganz ähnliche partizipativ-flexible Organisationsform herausgebildet. Am Beispiel der Mitgliederintegration und Zieldurchsetzung wird aufgezeigt, wie in neuen Organisationskonzepten – z.B. lernende Organisation, Netzwerkorganisation etc. – eine partizipativ-flexible Organisationsform entstanden ist. Es lassen sich grundsätzlich zwei Formen der Entscheidungsfindung unterscheiden: eine hierarchische (top-down) und eine partizipative Form der Entscheidungsfindung 32 An der Westfalenstadion Dortmund GmbH & Co. KG ist die KGaA mit 75 Prozent beteiligt. Diese Gesellschaft vermietet und vermarktet das Westfalenstadion und wirft schon bei der reinen Fußballnutzung der Immobilie Gewinn ab. Zu 100 Prozent gehören der KGaA eine Sportbekleidungs- und Ausrüsterfirma (goool.de sportswear GmbH) sowie zu 50 Prozent eine Firma, die Internetseiten gestaltet und pflegt (Absolute Sports GmbH). Beteiligungen existieren an einem Rehabilitationszentrum (Orthomed GmbH zu 33,4 Prozent) und an einem Reisebüro (B.E.S.T GmbH zu 51 Prozent). 770 Uwe Wilkesmann, Doris Blutner und Claudia Meister (bottom-up). Im ersten Fall ist die Entscheidung qua Herrschaft legitimiert. Im zweiten Fall ist die Entscheidung Ergebnis von Verhandlungs- oder Tauschprozessen und qua Einstimmigkeits- oder Mehrheitsbeschlüssen legitimiert (Esser 2000). Im klassischen Idealtyp des Unternehmens ist eher die erste Form zu finden, eine partizipativflexible Struktur wird stärker durch die zweite Form ermöglicht. Im klassischen Idealtyp werden Entscheidungen möglichst weit oben in der Hierarchie gefällt. Je wichtiger und grundsätzlicher die Entscheidung ist, desto höher in der Hierarchie liegt der Entscheidungs„ort“. Ihre Durchsetzung wird über selektive Anreize sichergestellt. Historisch betrachtet hat eine gewisse Verschiebung von der ersten zur zweiten Entscheidungsform stattgefunden. Ein wesentlicher Grund für diese Verschiebung liegt darin, dass nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass die Etablierung von Handlungsroutinen und die Belohnung ihrer Anwendung durch die Verteilung selektiver Anreize zur gewünschten Entscheidungsdurchsetzung führt. Wenn durch die Mitglieder gemeinsame (kollektive) Pool-Ressourcen (Frey und Osterloh 2000) in einer Organisation erzeugt werden sollen, können zum einen Beiträge des Einzelnen nicht in eine eindeutige Beziehung zu individuell wirkenden, motivationsgenerierenden Anreizen gebracht werden. Die potenzielle Wirkung selektiver Anreize verpufft dabei vor allem an der Unsichtbarkeit und damit Nicht-Zurechenbarkeit der individuell erbrachten Leistung aus der Perspektive der Vorgesetzten. Zum anderen ist bei der Produktion von Pool-Ressourcen nicht nur der individuelle Input, sondern auch der gemeinsame Interaktionsprozess entscheidend. Die Generierung solcher Pool-Ressourcen ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden, da die Produktion komplexer Güter und Dienstleistungen auf diese Ressourcen angewiesen ist. Als Beispiel soll hier die Generierung neuen Wissens bei komplexen Problemen angeführt werden (Wilkesmann 1999). In der Unternehmenspraxis werden zur Generierung von neuen Ideen häufig Projektgruppen oder andere Gruppenformen eingesetzt, weil sie das kollektive Lernen fördern und die Lösung komplexer Probleme über die Zusammenführung individueller Wissensbasen und Sichtweisen ermöglichen (Wilkesmann 2000), die nicht mit der Information eines Individuums alleine erzielt worden wären.33 Kollektives Lernen ist besonders unter den folgenden Strukturmerkmalen möglich: kleine Gruppen, geringe Machtdifferenzen, langfristige Interaktion und Metakommunikation (Wilkesmann 1999). Die Ergebnisse von Projektgruppen (bzw. anderen Kleingruppen) lassen sich durch das Prinzip der überlappenden Gruppen auf das gesamte Unternehmen übertragen.34 Diese Lernkreise, in denen ein schneller Wissenszuwachs ermöglicht und kollektive Problemlösungskompetenz erworben wird, stellt den strukturellen Unterbau des Idealtyps einer flexiblen Organisationsform dar. Die Mitarbeit der einzelnen Mitglieder in solchen Projektgruppen stützt sich aus den oben 33 Außerdem existieren bei komplexen Problemen 2. keine Entscheidungskriterien für eine „richtige“ Lösung 3. und es existiert kein bekannter Lösungsweg. 4. Auch die Anzahl der notwendigen Bearbeitungsschritte ist unbekannt. 34 Bei überlappenden Gruppen wird der gesamte Lösungsprozess in einer hierarchisch gegliederten Projektorganisation durchgeführt. So sind möglichst viele betroffene Akteure an der Lösungsfindung beteiligt. Idealtypisch ist natürlich auch eine zweite Übertragungsform denkbar, nämlich die Durchsetzung per Machtdifferenz. Die Ergebnisse, d.h. die neuen Routinespiele werden per Machtdifferenz von oben nach unten durchgesetzt. Mikropolitische Verteilungskämpfe sind die Folge (vgl. Wilkesmann et al. 2000). Der Fußballverein zwischen e.V. und Kapitalgesellschaft 771 genannten Gründen weniger auf die Wirkung selektiver Anreize, weil diese i.d.R nur wenige Aufgaben der Gesamtaufgabe belohnen (Frey und Osterloh 2000; Willkesmann und Rascher 2002). In einer flexiblen Organisationsform ist die Beteiligung der Mitarbeiter vor allem über intrinsische Motivation zu gewinnen. Nur über dieses SelbstCommitment können gemeinsame Pool-Ressourcen produziert werden. Mitarbeiter sind dabei umso eher intrinsisch motiviert, je größer ihr Handlungs- und Entscheidungsspielraum ist. Auf der Ebene der Entscheidungsverfahren fand in Unternehmen historisch gesehen eine Annäherung an den Idealtyp des Interessenverbandes statt, auch wenn die kollektiv gefällten Entscheidungen den Organisationszielen nicht widersprechen dürfen. Dies wird dadurch sichergestellt, dass die Entscheidungsspielräume, in denen gemeinsam die Ziele bottom-up definiert werden, top-down vorgegeben werden. In Organisationen geht es aber nicht nur um die Entscheidungsfindung, sondern auch um die Durchsetzung dieser Entscheidungen. Zur Selbsterhaltung einer Organisation ist eine effiziente Zieldurchsetzung notwendig. Im klassischen Idealtyp eines Unternehmens beinhaltet die Mitarbeiterrolle, dass die Koordination der Mitgliederbeiträge in hierarchisch geordneten Kommunikations- und Anweisungsstrukturen erfolgt, in denen qua Position mächtigere Personen definieren können, was als erfüllte Pflicht (Beitrag und Leistung) gilt. Auch in den neuen, partizipationsorientierten Strukturen, wie dem organisationalen Lernen, gibt das Management immer noch die Spielregeln vor, nach denen die Innovation abläuft (Courpasson 2000; Wilkesmann 2001). Je mehr Freiraum den Mitarbeitern innerhalb dieser Spielregeln gelassen wird, desto stärker ist die Zieldurchsetzung an diskursive Koordinierung und Selbst-Commitment gebunden. Das heißt nicht, dass im Unternehmensalltag auch Routineentscheidungen durch gemeinschaftliche und/oder durch marktliche Koordinationsformen ergänzt werden (Blutner und Metzner 1998; Blutner 2001). Werden Unternehmen und Vereine auf der Strukturebene der Entscheidungsfindung und Zieldurchsetzung verglichen, so lässt sich auf Grund der bisherigen Beobachtungen ein Konvergenzprozess vermuten. Unternehmen setzen durch die Einführung neuer Formen der Arbeitsorganisation auf Selbst-Commitment, das durch Handlungsspielräume ermöglicht wird und das sich in vermehrten bottom-up-Entscheidungsverfahren zeigt. Hier findet eine Annäherung an Entscheidungsstrukturen statt, die für Vereine idealtypisch sind. Umgekehrt kanalisieren Vereine demokratische bottom-up-Verfahren, um sich Entscheidungsspielräume zu sichern, die eine marktliche Steuerung des Vereins erst erlauben. V. Zusammenfassung Profifußballvereine versuchen das Dilemma zwischen partizipativer Entscheidungsfindung und effizienter Zielverfolgung zu Gunsten einer wirksamen Zieldurchsetzung zu lösen. Dabei kristallisieren sich folgende drei Muster in der Fußballbundesliga heraus: – Die Beibehaltung des klassischen Entscheidungsmusters bottom-up lässt das Dilemma institutionell unberührt. Situativ wird es aber durch die Kontrolle über die Ressource „Kapitalbeschaffung“ zu Gunsten der Zieldurchsetzung überwunden. 772 Uwe Wilkesmann, Doris Blutner und Claudia Meister – In dem Muster AG-Struktur ohne Kapitalgesellschaftsform wird die Entscheidungsbeteiligung der Mitglieder nur noch repräsentativ über die Einrichtung eines Aufsichtsrats gewährleistet. Diese neue Form ist jedoch bottom-up eingeführt worden. Bestandskritische Teilbereiche werden als eigenständige Kapitalgesellschaften ausgegliedert und so der direkten Kontrolle der Mitglieder entzogen. Eine indirekte Kontrolle bleibt jedoch über die Personalauswahl erhalten: Die Geschäftsführungen dieser Tochtergesellschaften werden ausschließlich von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern wahrgenommen. Ein beobachtbarer Effekt der Einschränkung basisdemokratischer Willensbildungsprozesse durch effektivere Abstimmungsprozesse in der Kleingruppe, nämlich dem Aufsichtsrat, besteht in der erhöhten Bedeutungszumessung der Umwelt in Gestalt des Fußballfans. – In dem Muster Kapitalgesellschaftsform der GmbH & Co. KGaA beschränken sich die Beteiligungsmöglichkeiten der Mitglieder auf symbolische Akte. Hier existiert nur noch eine sehr lose Kopplung zwischen Entscheidungsbeteiligung der Mitglieder und Zielverfolgung der eigentlich operativen Einheit, der GmbH & Co. KGaA. Im Gegenzug werden unternehmenstypische (lose Kopplung teilautonomer Einheiten) und flexible Organisationsstrukturen aufgebaut. Diese Entwicklung spiegelt sich in der internen Entscheidungsbeteiligung der Mitarbeiter – nicht der Mitglieder – wider, die der effektiveren Zielformulierung und der effizienteren Zielverfolgung dienen. Als vorläufige Erkenntnis aus dem Bereich des Profifußballbereichs ist darüber hinaus hervorzuheben, dass es – analog zu den Befunden der modernen Organisations- und Unternehmensforschung – keinen deterministischen Zusammenhang zwischen Organisationsstruktur und sportlichem Erfolg gibt. Der sportliche Erfolg lässt sich nicht aus der Organisationsstruktur erklären. Am Ende des Beobachtungszeitraums (Saison 2000/2001) stieg neben dem VfL Bochum als klassischem e.V. sowohl ein Verein aus der Kategorie AG ohne Kapitalgesellschaftsstruktur (SpVgg. Unterhaching) als auch ein Verein mit Kapitalgesellschaftsform (Eintracht Frankfurt AG) aus der 1. Fußballbundesliga ab. Literatur Alemann, Ulrich von, 1989: Organisierte Interessen in der Bundesrepublik. Opladen: Leske + Budrich. Blau, Peter M., und Walter R. Scott, 1970: Formal Organizations. London: Routledge and Paul. Blutner, Doris, 2001: Brandstifter unter Hochdruck: Spekulationen über Voraussetzungen innovativen Handelns im Vertrieb. 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