Trigonale 2009
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Trigonale 2009
trigonale 2009 Trigonale 2009 Das Programm festival der alten musik Gewidmet Frau Agnes Huditz (28. Jänner 1934 – 10. März 2009) DAS PROGR AMM Vorworte Artistic Advisors Robert Hollingworth Vorworte Artistic Advisors David Skinner Fast ist es, als würde die Trigonale in diesem Jahr neu beginnen: andere Ideen, andere Menschen im Team, andere Künstler ... Als ich im Frühling die Veranstaltungsorte besuchte, berührte mich die Schönheit der österreichischen Landschaft. Die Orte folgten in meinen Gedanken der verblüffenden Vielzahl der Konzerte, angefangen vom beeindruckenden Rathaus St. Veit bis zu der weitläufi gen neugotischen Kirche von Tanzenberg. Es sind denkbar geeignete Orte, will man außergewöhnliche Musik mit zeitgenössischen Räumen verbinden. Finanziell betrachtet mag der Zeitpunkt für einen Neustart ungünstig sein, aber gerade in diesen Zeiten ist Kreativität wichtiger denn je! Die neue Trigonale verwöhnt Ihren musikalischen Gaumen daher effektvoll mit einer ganzen Palette unterschiedlicher Geschmacksnuancen und Aromen. Ungeachtet der bisweilen fremd anmutenden Instrumente und Klänge sollte eine Darbietung Alter Musik – ebenso wie jede abendliche Unternehmung – vor allem eines sein: gute Unterhaltung. Um Ihnen Erlebnisse bieten zu können, die sich vom Einlegen einer CD zu Hause unterscheiden, haben wir für ein paar Überraschungen gesorgt. Alle drei „Opern-Kostproben“ von I Fagiolini werden von Gerd Wameling mit speziell für diese Gelegenheit verfassten Texten vorgestellt. Zu unseren Gästen zählen einige der renommiertesten Künstler Europas – neben Musikern, von denen Sie vielleicht noch nicht gehört haben und die einzuladen unser eigener Erfahrungsschatz gebot. Seien Sie also mutig! Trauen Sie sich, die ‘Monkey gland surprise’ ebenso zu kosten wie die allseits bekannten und beliebten ‘Kärntner Käsnudeln’. Als Festival der alten Musik erlebt die Trigonale derzeit ihre eigene Renaissance und wird sich zweifellos bald zu einem begehrten Magnet innerhalb der europäischen Festival-Landschaft entwickeln. Es locken viele lohnende Erfahrungen – versuchen Sie deshalb, so viel zu sehen und zu hören, wie Sie können. Und machen Sie sich auf den abschließenden Knalleffekt im Schlusskonzert von Alamire sowie auf einen ganz besonderen Gast gefasst... ! David Skinner Robert Hollingworth - 2 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 3 - Vorworte Artistic Advisors Veronika Skuplik Vorworte Artistic Advisors Guido Morini Wir brauchen Geschichten, die erzählt werden, um Geschichte zu begreifen, Unterhaltung, Musik wie die Luft zum Atmen, weil sie eine andere Sprache spricht als nur Worte, weil sie Völker verbindet, weil sie uns öffnet und berührt. Wenn Sie ein Plakat mit dem Konzertprogramm sehen oder eine Auff ührung im Radio hören, haben Sie wohl kaum eine Vorstellung davon, wie viel Arbeit erforderlich ist, um ein Festival von internationalem Ruf wie die Trigonale zu veranstalten. »Con l‘Oro si fà tutto« (Geld regiert die Welt) stellt der Hofnarr Momo in »Il pomo d‘oro« fest. Nun, zugegeben, auf einer Ebene stimmt es. Aber was gehört an den Anfang? Ein Festival ist ein komplexes Getriebe, in dem alle Einzelteile, die im Hinblick auf das Endprodukt zusammenwirken, gut zusammenpassen, richtig aufeinander abgestimmt und mit viel Wissen koordiniert werden müssen. Die neue Trigonale entsteht unter einem guten Stern, sie wurde mit großer Phantasie und großer organisato rischer Effizienz von Stefan Schweiger konzipiert, der mit Engagement und Hingabe an der Verwirklichung eines Traumes arbeitet. Ideen, Kritik an bestehenden Mustern, Mut und Fantasie sind die großen Motoren, mit denen wir alle, Initatoren, Veranstalter wie Publikum und Künstler gleichermaßen die Welt bewegen können. Ich, als Radfahrerin aus Oldenburg durchaus Gegenwind-erprobt, wünsche für das Gelingen eine kräftige Brise Rückenwind! Ich freue mich auf gemeinsame Erlebnisse. Veronika Skuplik Denn jedes Festival, das auf seinen Ruf bedacht ist, geht aus dem Traum seines Leiters hervor, der vom Realitätssinn seiner Mitarbeiter unterstützt und in Zaum gehalten wird. Die Trigonale 2009 ist ein neues, anderes Festival, das Sie, und da bin ich mir sicher, zu überraschen und zu berühren vermögen wird, indem es die Musik und das Können der Musiker, die berufen sind, sie zu interpretieren, in den Mittelpunkt stellt. Ein Experiment, das man sich nicht entgehen lassen sollte! Guido Morini - 4 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 5 - Vorwort Univ. Prof. Dr. Peter Kampits Innerhalb der nicht unbedeutenden Festivalszene, die Österreich in jedem Sommer und Herbst zu befallen pflegt und auch vor Kärn ten nicht haltmacht, nimmt die Trigonale »Festival der alten Musik« eine besondere Stellung ein. Nicht allein, weil sie ein musikalisches Programm besonderer Art zu bieten hat, das von Chorälen, Akkor deons und Gesang bis zu Werken von Henry Purcell, Georg Friedrich Händel und Wolfgang Amadeus Mozart reicht, sondern vor allem, weil sie möglichst vielen Menschen den Weg zur Musik bereiten will. Darüber hinaus ist es mutig, nicht allein einen durchaus erträg lichen Kartenpreis anzubieten, sondern auch Jugendlichen bis 16 freien Eintritt zu gewähren. Ihr Zielpublikum ist keine Seitenblicke-Gesellschaft, sondern sind jene Menschen, für die Musik mindestens ebenso wichtig ist wie sportliche Betätigung oder andere Freizeitaktivitäten. Ich wünsche der Trigonale, nein, nicht viel Erfolg, sondern eine Vertiefung der Beziehung zwischen Kunst, Künstlern und Publikum. Univ. Prof. Dr. Peter Kampits Damit wird einerseits nicht allein die Kluft zwischen Hoch- und Volkskultur überwunden, andererseits auch Kunst aus dem Ghetto für höhere Gesellschaftsschichten herausgeholt. Nicht zufällig sollte der Satz von Nikolaus Harnoncourt, dass Kunst die Nabelschnur sei, die uns mit dem Göttlichen verbindet, für alle Menschen gelten. Das fein ausgewählte und zugleich auch differenzierte Programm enthält alle Möglichkeiten einer Hinführung zu Musik, die jenseits der Unterscheidung von Unterhaltungsmusik und ernster Musik angesiedelt ist. Die Trigonale wird jene Festivalriten durchbrechen, wie wir sie von den Großveranstaltungen in Salzburg oder der Styriarte kennen. - 6 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 7 - Trigonale Festival der Alten Musik Dank! Seite Konzerte 10 Les Cornets Noirs & Nuria Rial 1 28 Accordone 2 36 Ensemble Séverin 3 42 l aReverdie 4 64 Fr anco Pavan 5 74 Renner Ensemble Regensburg 6 96 Melopoetic a & Cl are Wilkinson 7 124 Die Venezianische Kommödie 8 208 The Fairy Queen 9 236 Acis and Gal atea 10 276 Chelycus 11 310 Savadi 12 Alles andere ist schon gesagt! 338 Puppet Pl ayers & Heinrich Klug 13 Stefan Schweiger, Leiter der Trigonale 356 Al amire 14 Tilo Berlin. Horst Danner. Kristin Deeken. Harald Dobernig. Jutta Frank. Albrecht Haller. Gerda Heger. Robert Hollingworth. Anne Hooss. Konrad Junghänel. Anita und Stephan Koranyi. Bernhard Kreuter. Joachim Kronawetter. Felix Kucher. Almut Lenz-Konrad. Gerhard Mock. Ernst Nickles. Guido Morini. Franco Pavan. Werner Pietsch. Reinhart Rohr. Rudi Rattenberger. Edgar Sallager. Konrad Seunig. Elisabeth Schleicher. Stefan Schmid. Claudia Schmied. Dietmar Schüle. Ursula Simek. David Skinner. Veronika Skuplik. Hans Slamanig. Marcus Stäbler. Gotho Stromberger. Martina Uster. Armin Wagner. Martin Wiedenbauer. Hildegard Wiener. Clare Wilkinson. - 8 - Trigonale 2009 – Herzlich Willkommen Trigonale 2009 – Das Programm - 9 - Freitag, 11.09., 19.00 Uhr Rathaus St. Veit 1 Eröffnungskonzert L e s Co r n e t s N o i r s & N u r i a R i a l Nuria Rial: Sopran Gebhard David, Frithjof Smith: Zink Cosimo Stawiarski, Katharina Heutjer: Violine Henning Wiegräbe, Eckart Wiegräbe, Detlef Reimers, Joseph Bastian: Posaune Matthias Spaeter: Theorbe Patrick Sepec: Violoncello Johannes Strobl: Orgel, Cembalo - 10 - Trigonale 2009 – Das Programm 1 Einleitung Das Eröffnungskonzert der Trigonale entführt seine Hörer auf eine spannende musikalische Reise nach Venedig. Die sagenumwobene Lagunenstadt mit ihrer einzigartigen Architektur und den unzähligen Kanälen fasziniert noch heute zahllose Besucher – doch in frü heren Zeiten galt sie als wahres Wunder, oder gar als „andere Welt“ („alter mundus“), wie der große Dichter Petrarca sie nannte. Das lag an ihrer prunkvollen baulichen Pracht und ihrem unvorstell baren Reichtum, aber auch an der kulturellen Blüte: Im 17. Jahrhundert wurden hier mehr Bücher gedruckt als in allen anderen europäis chen Städten zusammen, und auch die Musik erlebte ein goldenes Zeitalter. Wichtige Inspirationsquelle für viele Komponisten war dabei der berühmte Markusdom mit seiner legendären Akustik: Durch die verschiedenen Balkone und gegenüberliegenden Emporen eröffnet der Raum vielfältige Möglichkeiten für klangliche Effekte, wie etwa den Wechselgesang verschiedener Gruppen oder unterschiedliche Echowirkungen. Von diesen Voraussetzungen ließen sich einige namhafte Komponisten wie der große Adrian Willaert anregen – und sorgten so ab etwa 1550 für einen grundlegenden Wandel: Galt in den Jahrhunderten zuvor noch vor allem die kunstvoll verwobene und nur vom Kenner zu verstehende Polyphonie als Nonplusultra, trat nun die sinnliche, körperlich spürbare Seite der Musik viel stärker in den Vordergrund: Das direkte Klangerlebnis bekam jetzt einen Eigen Trigonale 2009 – Das Programm - 11 - 1 wert und wurde genüsslich ausgereizt, indem man Sänger und satte Bläserbesetzungen auf den verschiedenen Emporen postierte und aus den einzelnen Ebenen ein opulentes Gesamtwerk schichtete. Diese neue Art der Musik, die den Hörer mitunter förmlich überwältigt, ging als „Venezianische Mehrchörigkeit“ in die Musikgeschichte ein und kann durchaus als Vorläufer von heutigen HiFiSystemen betrachtet werden: Plötzlich war nicht mehr die verrätselte Struktur, sondern der Rundum-Sound das Wichtigste. Kein Wunder, dass die Kulturmetropole Venedig mit ihrem berühm ten Markusdom viele bedeutende Komponisten dieser Zeit von Gabrieli über Merulo bis Monteverdi anlockte – und in ihrer Wirkung auf ganz Europa ausstrahlte: Ein Fürst, der auf sich hielt, schickte seinen Hofkapellmeister selbstverständlich auch auf hohe Kosten dorthin, um ihn im musikalischen Zentrum des Abendlandes exquisit ausbilden zu lassen. Das heutige Programm gibt einen Einblick in die venezianische Tra dition und ihre besondere Klangwelt, indem es instrumentale und vokale Werke von verschiedenen Komponisten zu einem ebenso dichten wie farbenreichen Spannungsbogen zusammenfügt: Es kom biniert etwa brillante vielstimmige Stücke von Gabrieli mit vollkommen unbekannten und kammermusikalisch besetzten Canzonen von Viadana und Picchi – in denen sich die mehrchörige Anlage auch auf engem Raum zeigt – und kommt in der zweiten Hälfte unter anderem zu den deutschen Meistern Rosenmüller und Schütz, die von ihren Venedig-Aufenthalten stark beeinflusst wurden. Welche musikalischen Eindrücke sie aus der wunderbaren Stadt mitgenommen haben, können die Besucher des Rathauses St. Veit heute Abend nach dem Konzert der Trigonale und ihrer eigenen Klang reise vielleicht ein kleines bisschen nachvollziehen. Marcus Stäbler - 12 - Trigonale 2009 – Das Programm Pro g r a mm Giovanni Gabrieli (ca. 1557 – 1612) 1. Canzon septimi toni a 8 Sacrae Symphoniae, Venedig 1597 Maurizio Cazzati (1616 – 1678) 2. Alma Redemptoris mater Le quattro antifone annuali, Bologna 1667 Ludovico Grossi da Viadana (ca. 1560 – 1627) 3. Canzon francese in risposta Cento concerti ecclesiastici, Venedig 1602 Francesco Rognoni (nach 1570 – nach 1626) 4. Pulchra es Selva dei vari passaggi, Mailand 1620 Diminution einer Motette von Giovanni Pierluigi da Palestrina Giovanni Picchi (ca. 1571 – 1643) 5. Canzon decima quarta a 6 Canzoni da sonar con ogni sorte d‘instrumenti, Venedig 1625 Trigonale 2009 – Das Programm - 13 - 1 1 Dario Castello Johann Rosenmüller (ca. 1590 – ca. 1630) (ca. 1619 – 1684) 6. Sonata duodecima a 3 11. Sonata quarta a 3 Sonate concertate in stil moderno, book 2, Venedig 1629 Sonate a 2. 3. 4. e 5. stromenti, Nürnberg 1682 Alessandro Grandi Maurizio Cazzati (ca. 1577 – 1630) (1616 – 1678) 7. Bone Jesu verbum Patris 12. Regina coeli Motetti a cinque voci, Ferrara 1614 Le quattro antifone annuali, Bologna 1667 Francesco Usper PAUSE (1561 – 1641) 13. Sonata a 8 Compositioni Armoniche, Venedig 1619 Giovanni Legrenzi (1626 – 1690) Heinrich Schütz 8. Sonata prima a 4 (1585 – 1672) La Cetra. Libro Quarto di Sonate, Venedig 1673 14. Meine Seele erhebt den Herren Symphoniae Sacrae, secunda pars, Opus decimum, Dresden 1647 Tarquinio Merula (1595 – 1665) 9. Ninna nanna Curtio precipitato ed altri Capricij, Venedig 1638 Giovanni Gabrieli (ca. 1557 – 1612) 10. Canzon primi toni a 8 Sacrae Symphoniae, Venedig 1597 - 14 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 15 - 1 texte 4. Pulchra es 2. Alma Redemptoris mater Pulchra es amica mea Suavis et decora sicut Hierusalem Hierusalem terribilis Ut castrorum terribilis Ut castrorum acies ordinata Averte oculos tuos a me Quia ipsi me avolare fecerunt. 1 Alma mater Redemptoris quae pervia coeli porta manes, et stella maris succure cadenti, surgere qui currat populo. Tu quae genuisti tuum sanctum genitorem, natura mirante. Virgo prius, ac posterius Gabrielis abore, sumens illud ave peccatorum miserere. Milde Mutter des Erlösers, du allzeit offene Pforte des Himmels und Stern des Meeres, komm, hilf deinem gefallenen Volke, das sich bemüht, aufzustehn. Du hast geboren, der Natur zum Staunen, deinen heiligen Schöpfer. Jungfrau, davor und danach, aus Gabriels Mund vernahmst du jenes Ave, o erbarme dich der Sünder. Du bist schön, meine Freundin, süss und lieblich wie Jerusalem, das schreckliche Jerusalem.’ Zugleich schrecklich wie eine Heerschar, eine Heerschar aufgestellt zur Schlacht. Wende deine Augen von mir, denn sie machen mich fliehen. (Hoheslied 6, 4-5) Übersetzung: Felix Kucher - 16 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 17 - 1 1 7. Bone Jesu verbum Patris 9. Ninna nanna Bone Jesu verbum Patris Splendor aeternae gloriae In quem desiderant Angeli prospicere Doce me facere voluntatem tuam Ut a spiritu tuo bono deductus Ad beatum illam perveniam civitatem Ubi est dies aeternus et unus omnium spiritus Ubi est certas securitas et secura aeternitas Et aeterna tranquillitas Et tranquilla felicitas Et secura aeternitas Et felix suavitas et suavis jucunditas Hor ch’è tempo di dormire dormi figlio e non vagire perchè tempo ancor verrà che vagir bisognerà. Deh ben mio deh cor mio fa la ninna ninna na. Guter Jesus, Wort des Vaters, Glanz der ewigen Herrlichkeit, den die Engel zu schauen wünschen. Lehre mich, deinen Willen zu tun, damit ich, von deinem guten Geist geleitet, zu jenem seligen Gottesreich gelange, wo der Tag ewig dauert und ein Geist über allen Dingen herrscht, wo sorglose Sicherheit herrscht und sorglose Ewigkeit, und ewiger Friede, und ewiges Glück, und sorglose Ewigkeit, und selige Süße und süße Freude. Übersetzung: Felix Kucher - 18 - Trigonale 2009 – Das Programm Chiudi quei lumi divini come fan gl`altri bambini perché tosto oscuro velo priverà di lume il cielo. Deh ben mio... Over prendi questo latte dalle mie mammelle intatte perché ministro crudele ti prepara aceto e fiele. Deh ben mio... Amor mio sia questo petto hor per te morbido letto pria che rendi ad alta voce l`alma al Padre su la croce. Deh ben mio... Trigonale 2009 – Das Programm - 19 - 1 1 Posa hor queste membra belle vezzosette e tenerelle perché puoi ferri e catene gli daran acerbe pene. Deh ben mio... Queste mani e questi piedi ch`or con gusto e gaudio vedi ahimè com`in vari modi passeran acuti chiodi. Questa faccia gratiosa rubiconda hor più di rosa sputi e schiaffi sporcheranno con tormento e grand`affanno. Ah con quantotuo dolore sola speme del mio core questo capo e questi crini passeran acuti spini. Ah ch`inquesto divin petto amor mio dolce diletto vi farà piaga mortale empia lancia e disleale. Dormi dunque figliol mio dormi pur redentor mio perché poi con lieto viso ci vedrem in Paradiso. - 20 - Trigonale 2009 – Das Programm Hor che dorme la mia vita del mio cor gioia compita taccia ognun con puro zelo taccian sin la terra e`l cielo. E fra tanto io che farò il mio ben contemplerò ne starò col capo chino sin che dorme il mio bambino. Nun, da Zeit zum Schlafen ist, schlaf, mein Sohn, und weine nicht, denn es kommt noch die Zeit, da man wird weinen müssen. Ach, mein Liebes, ach, mein Herz singe ninna, ninna na. Schliess die göttlich schönen Augen, wie`s auch tun die andern Kinder, denn bald wird ein dunkler Schleier schon das Licht dem Himmel rauben. Ach... Nimm dennoch die Milch entgegen hier aus meinen reinen Brüsten, auch wenn ein grauser Diener schon Essig und Galle dir bereitet. Ach... Trigonale 2009 – Das Programm - 21 - 1 1 Diese Brust sei dir, mein Lieb, nun ein sanftes, weiches Bett eh mit lauter Stimm am Kreuze gibst dem Vater die Seele zurück. Ach... Ruhe nun aus die schönen Glieder, die anmutigen und zarten, denn Eisen und Ketten werden ihnen herbe Pein zufügen. Ach... Diese Hände, diese Füsse, die man mit Wohlgefallen sieht, ach, wie sie in ganz andrer Weise durchbohren spitze Nägel. Dieses holde Angesicht, mehr gerötet nur als rosa, wird beschmutzt durch Schlag und Spucken ganz mit Qual und grossem Leid. Ach, in diese Gottesbrust stösst, mein süsses, teures Lieb, eine todbringende Wunde treulos die verruchte Lanze. So schlaf denn, mein Sohn, schlafe doch, du mein Erlöser, denn mit frohem Antlitz sehen wir uns wieder im Paradies. Nunmehr, da mein Leben schläft, meines Herzens ganze Freude, schwieg mit reinem Eifer jeder, solln auch Erd und Himmel schweigen. Was werd ich indessen tun? Ich werd mein Lieb betrachten, mit gesenktem Haupt verharren, solange schläft mein liebes Kind. Ach, mit wie viel Schmerzen werden, einzig Hoffnung meines Herzens, dieses Haupt und dieses Haar bald durchbohren spitze Dornen. - 22 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 23 - 1 1 12. Regina coeli L e s Co r n e t s N o i r s & N u r i a R i a l Regina coeli laetare, alleluia: Quia quem meruisti portare, alleluia, Resurrexit sicut dixit, alleluia, Ora pro nobis deum. Alleluia. Das Ensemble Les Cornets Noirs wurde 1997 von Gebhard David und Bork-Frithjof Smith gegründet. Das Hauptinteresse der Gruppe gilt der Solo- und Ensembleliteratur des namengebenden Instrumentes: Der Zink (ital. cornetto, frz. cornet), wegen seiner Lederumwicklung auch „schwarzer Zink“ genannt, erlebte seine Blütezeit von der Mitte des 16. bis zum späten 17. Jahrhundert, besonders in Italien und Deutschland. In diesem zeitlichen und geographischen Rahmen findet das Ensemble ein spannendes, vielfach unbekanntes Repertoire vor. Les Cornets Noirs sind Preisträger des concours musica antiqua beim Festival van Vlaanderen Brugge 2000. Das Ensemble konzer tierte seither in der Schweiz, in Österreich, Tschechien, Polen, Deutschland, Luxemburg, Frankreich, Italien und Portugal sowohl mit eigenen Programmen als auch in Zusammenarbeit mit Vokal ensembles in Aufführungen groß besetzter Musik des Frühbarock wie der Marienvesper von Claudio Monteverdi oder der Psalmen Davids von Heinrich Schütz. Eine erste CD-Einspielung („O dilec tissime Jesu“, Motetten und Sonaten von Giovanni Legrenzi. Monika Mauch und Les Cornets Noirs, Edition Alte Musik ORF) wurde von Publikum und Presse begeistert aufgenommen. Der Klosterkirche Muri sind Les Cornets Noirs seit einigen Jahren besonders verbunden. Um die dort befindlichen historischen Orgeln in das Musizieren von vier Emporen einbeziehen zu können, hat die Vereinigung „Freunde der Klosterkirche Muri“ im Jahr 2005 dem Ensemble zwei Zinken auf der Stimmtonhöhe der Bossard-Instrumente (a ≈ 425 Hz) gestiftet. Freu dich, du Himmelskönigin, alleluja: Den du zu tragen würdig warst, alleluja, Er ist auferstanden, wie er es gesagt hat, alleluja, Bitte Gott für uns. Alleluja. Übersetzung: Felix Kucher 14. Meine Seele erhebt den Herren Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilands. Denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskind. Und seine Barmherzigkeit währet immer für und für bei denen, die ihn fürchten. Er übet Gewalt mit seinem Arm, er zerstreuet, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn. Er stößet die Gewaltigen vom Stuhl und erhöhet die Elenden. Die Hungrigen füllet er mit Gütern und lässt die Reichen leer. Er denket der Barmherzigkeit und hilft seinem Diener Israel auf, wie er geredt hat unsern Vätern, Abraham und seinem Samen ewiglich. - 24 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 25 - 1 Nuria Rial wurde in Manresa (Barcelona) geboren. Bis 1995 stu- 1 Autogr amme Les Cornets Noirs & Nuria Rial dierte sie Gesang und Klavier am Konservatorium ihrer Heimat stadt und schloss in beiden Fächern mit der Diplomprüfung ab. Von 1998 bis 2002 war sie Mitglied der Konzertklasse Kurt Widmers an der Musikhochschule Basel und absolvierte dort vor kurzem ihr Solistendiplom. 1 Sie war zu Gast bei den bedeutendsten Festivals in Spanien, ebenso in der Schweiz, in Mexiko, Bolivien, Kuba, Belgien, Holland, Frankreich, Deutschland, Österreich und Polen. Ihre Erfahrung als Konzertsängerin bezeugt die Zusammenarbeit mit namhaften Dirigenten, darunter René Jacobs, Giovanni Anto nini, Pierre Cao, Salvador Brotons, Howard Griffiths, Salvador Mas, Emilio Moreno oder Thomas Hengelbrock, sowie bedeutenden Ensembles (Il Giardino Armonico, Concerto Vocale, Concerto Köln, Ricercar Consort, Capriccio Stravagante, Akademie für Alte Musik Berlin, Zürcher Kammerorchester, Les Musiciens du Louvre, Barockorchester der Schola Cantorum Basiliensis, La Cetra-Barockorchester u. a.). Nuria Rial hat mehrere CDs eingespielt, die sehr gute Kritiken bekommen haben („Grammophon“, „Goldberg“, „Alte Musik“, „Klas sik Heute“). Aufnahmen mit ihrer Stimme existieren bei Harmonia Mundi France, OEHMS Classic, Mirare, Glossa Music, Edel und Sony/BMG. Im September 2003 wurde sie in Luzern mit dem Preis der Helvetia Patria Jeunesse (Pro Europa) ausgezeichnet. - 26 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 27 - Samstag, 12.09., 19.00 Uhr Rathaus St. Veit 2 Surprise Einleitung 2 Die Idee eines Konzerts ohne Programm veranschaulicht sehr schön die Wesensmerkmale von Accordone : die Phantasie, die Liebe für den gegenwärtigen Augenblick, und das Vergnügen, sich ins Spiel zu bringen, auch wenn man damit ein gewisses Risiko eingeht. Acco r d o n e M a rco B e a sl e y: Gesang Guid o Mo rini: Cembalo, Orgel, Klavier Ein Konzert ist nicht nur ein Zeitpunkt von Einverleibung mit kul turellem Hintergrund, es ist auch ein Augenblick des Mit-Teilens, in dem das Publikum und die Künstler einen Moment tiefer Innigkeit erleben: die Musik hat die Kraft, die Personen miteinander zu verbinden, indem sie ein Fenster auf die Innenwelt auftut, der wir mitunter im alltäglichen Leben nicht ausreichend Raum geben. An diesem heutigen Abend geben wir den Vorrang dem Vergnügen, eine Musik zu machen, die wir lieben, für ein Publikum, das uns nun mehr seit mehreren Jahren folgt und unterstützt; ohne Ansprüche, nur mit dem Wunsch, einen schönen Abend unter Freunden zu verbringen… Guido Morini, Übersetzung: Edgar Sallager - 28 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 29 - 2 Marco Beasley kam 1957 als Sohn eines englischen Vaters und einer neapolitanischen Mutter zur Welt. Er wuchs in Neapel auf, der musikalischsten aller italienischen Städte. Mit außerordentlicher stimmlicher Begabung und einem angeborenen Talent für das Kom munizieren ausgestattet, zog er aufgrund seiner Begeisterung für das Singen nach Bologna, wo er an der Universität Klassen für dar stellende Kunst belegte und sich dabei vor allem auf Vokalmusik der Renaissance und des Barock spezialisierte. Er begeisterte sich insbesondere für die äußerst vielfältige traditionelle Musik Süd italiens, die – genau zu dieser Zeit (in den frühen 1980er Jahren) wieder entdeckt – entscheidend zur Herausbildung seiner ganz be sonderen künstlerischen Persönlichkeit beitrug. Gleichzeitig wandte er sich dem Studium der musikalischen Literatur des 15. und 16. Jahrhunderts zu, mit besonderem Augenmerk auf zwei stilisti sche Grundpfeiler dieser Periode: »Recitar cantando« sowie kirch liche und weltliche Polyphonie. Seine große stimmliche Begabung, die bereits voll des persönlichen und leidenschaftlichen Ausdrucks war, wurde wohl auch von jenen Eigenschaften bereichert, die seiner englischen Herkunft zugeschrieben werden müssen: starke Selbstkontrolle, eine tiefe Empfindsamkeit für Klang und eine breite Palette an ausgeprägten Timbres. So kann er ein weites Spektrum an Klangfarben in allen Registern ertönen lassen. In diese Jahre fiel auch das Zusammentreffen mit Cathy Berberian, das für ihn von zentraler Bedeutung war. Berberian, unvergessene Ikone der zeitgenössischen Kunst, war – leider nur für kurze Zeit – seine Leh rerin. Ihr vorzeitiger Tod hatte geradezu katalytische Wirkung auf Marco Beasley: auf der Grundlage seiner vielseitigen musikalischen Erfahrungen fand er zu seinem einzigartigen, wenn auch schwer zu definierenden künstlerischen Ausdruck. Es ist kaum möglich zu sagen, was bei seinen Auftritten wichtiger ist – der Zauber seiner schönen Stimme oder seine außergewöhnliche Bühnenpräsenz. Gemeinsam mit Stefano Rocco und Guido Morini gründete er Accordone, jenes Ensemble, in dem er seinen künstlerischen Aus druck zur vollen Entfaltung bringen konnte und das zum Zentrum seiner musikalischen Tätigkeit und zur natürlichen Umgebung für die Entwicklung neuer Ideen geworden ist. Seit 2001 schreibt Marco Beasley auch die Texte für die neuen Werke des Ensembles. - 30 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 31 - »Es war ein grauer Oktobertag als ich am Bahnhof von Bologna ankam. Passanten gaben mir auf meine Frage nach dem Weg freundlich Aus kunft in einem mir fremden Akzent, der mir das Gefühl von ruhiger und warmherziger Umgänglichkeit vermittelte. Ich hatte nicht weit zu gehen, und fast wäre ich an meinem Ziel vorbei geeilt. Doch dann sah ich es plötzlich, das Schild an dem Gebäude: 'Università di Bologna. Istituto di Discipline delle Arti, della Musica e dello Spettacolo'. Ich stand da und sah das bronzefarbene Schild gedankenversunken an. Ich wusste nicht so recht, was ich tun sollte: sollte ich wirklich diese Schwelle überschreiten, Musik inskribieren und hier, in dieser Stadt, unter 60.000 anderen Stu denten einen neuen Lebensabschnitt beginnen und ebenso wie sie hinter Träumen und Lehrbeauftragten herjagen? An diesem nebeligen Morgen war meine Heimat Neapel wahrlich weit entfernt: die Farben und Ge räusche der Stadt, das Meer... Ich vermisste das alles so schmerzlich, dass es mir wirklich kaum erträglich schien. Oder hatte ich einfach Angst vor dem Unbekannten? Ach, meine schöne Heimat, so weit weg... Ich lernte Stefano und mit ihm den Klang der Laute kennen, die er in der fried vollen ländlichen Umgebung von Bologna spielte. Dann kam Guido, die ersten gemeinsam musizierten Lieder und die Sommerkurse; seine ruhige und weise Art, wie er in knappen Sätzen immer präzise auf den Punkt kommt, wie gefühlvoll und bewusst er spielt, seine ständig wache Prä senz und seine Vorschläge bezüglich des emotionalen Ausdrucks in der 2 2 Musik. Wir verbrachten die Abende in den Osterie mit Mario, Paola, Giovanna, Luciano. Und dann auch mit Gianmario, David und seinem Chor, mit Massimo und Musik von Erik Satie, Liebe... Jetzt lebe ich in Genua. Die blühenden Terrassen, die Mittagsglocken, die Sirenen der Schiffe, wenn sie, von Möwen begleitet, majestätisch in den Hafen einfahren. Wieder neue Gerüche, Geschmäcker und Emo tionen... Meine ursprüngliche Heimat ist mir heute dennoch nahe. Im mer wieder kehre ich nach Neapel zurück, und dann wird mir klar, dass ich mit dieser Stadt nach wie vor untrennbar verbunden bin. Auch heute flackern die Feuer am Strand, singen Stimmen in meinem Dialekt, alles ist gleichzeitig neu und unveränderlich, lebendig, ständig in Be wegung, beseelt von der selben Leidenschaft, am Strand des selben Meeres. Das Heimweh hat sich gelegt.« Übersetzung: Irene Popenberger Guido Morini 1959 in Mailand geboren, machte Guido Morini seinen Studienab schluss in den Fächern Orgel und Cembalo mit besonderem Schwer punkt auf Alte Musik, wobei er sich insbesondere der Praxis des Basso continuo und der Improvisation zuwandte. Im Rahmen seiner regen Konzerttätigkeit arbeitete er mit einigen der bedeutendsten Musiker Europas zusammen. Er wirkte in über siebzig Aufnahmen mit, von denen viele mit Preisen ausgezeichnet wurden und großes Echo in der internationalen Presse fanden. Für den österreichi schen Rundfunk ORF machte er mit dem Ensemble Accordone exklusive Liveaufnahmen. Gemeinsam mit Marina Spreafico vom Teatro Arsenale di Milano leitete Guido Morini einen Workshop über die Beziehung von Klang, Raum, Gestik und Instrument. Für Pro duktionen desselben Theaters komponierte er auch Musikstücke. Ebenso, wie ein Maestro di cappella der Vergangenheit sich nicht mit dem Aufführen von bestehenden Werken begnügte, begann Guido Morini für das Ensemble »maßgeschneiderte« Werke im Stil der Zeit zu arrangieren und zu bearbeiten, bevor er sich zu freier Komposition weiter entwickelte und Konzerte, Oratorien und liturgische Musik schuf. In den beiden Projekten »Una Odissea« (2002) auf der Grund lage von Texten von Marco Beasley und »Vivifice Spiritus Vitae Vis« (2005), dem ersten Teil von »Servabo« (einer der Heiligen Dreifal tigkeit gewidmeten Trilogie), nimmt Guido Morini die Heraus forderung an, eine musikalische Formensprache zu entwickeln, die die Herzen des Publikums im 21. Jahrhundert zu berühren vermag. »Ein umgänglicher Charakter, gute Vorbereitung und ein gewisses Maß an Glück haben dazu beigetragen, dass ich in der Konzertwelt einen Platz gefunden habe. Nach einer Periode harter Arbeit, in der ich mich hoch arbeitete, begann ich mit einigen namhaften Ensembles zusammen zu - 32 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 33 - 2 2 musizieren, was sich zweifellos gut ausnahm im Lebenslauf und för derlich für meine Karriere war, mich jedoch nie vollkommen zufrieden stellte. Ich wurde zunehmend von Unruhe erfasst und erreichte den Punkt, an dem ich meinen Beruf wechseln wollte. Doch wie so oft, wenn man den absoluten Tiefpunkt erreicht hat, eröffnete sich plötzlich ein Weg aus der Misere: Ich entdeckte das Theater und stürzte mich mit all der Begeisterung und Unvoreingenommenheit eines Anfängers ins Geschehen. Ich wollte Schauspieler werden und trat zu diesem Zwecke einer kleinen Schule mit großer Tradition bei. Dort verbrachte ich ei nige überaus intensive Jahre meines Lebens. Die musikalische Inspi ration begann wieder zu fließen – ich begründete gemeinsam mit mei nen Freunden Marco Beasley und Stefano Rocco ACCORDONE, ein Ensemble, in dem viele Ideen und große Energie umgesetzt werden. Gemeinsam überschreiten wir die Grenzen jener Aufführungspraxis, die von akademischer Seite abgesegnet sind.« Übersetzung: Irene Popenberger - 34 - Trigonale 2009 – Das Programm Au t o g r a mm e Acco r d o n e 2 Trigonale 2009 – Das Programm - 35 - Samstag, 12.09., 22.00 Uhr Bürgerspitalskirche St. Veit Diese Nacht und allezeit 3 Ensemble Séverin Jud i t h St e e nb rink : Barockvioline T ine k e St e e nb rink : Orgel, Cembalo Einleitung Organisten ziehen noch einmal den Sesquialtera zu Bachs Nun komm, der Heiden Heiland. Und was spielt das Ensemble Séverin? Meallis La Stella und La Sabbatina. Die Nacht stellt aber noch mehr dar als Ruhe: Dämmerung und Finsternis wecken in uns auch dunkle und ängstliche Gedanken und Gefühle. Farinas La Desperata drückt die Angst vor dem endgültigen Schlaf aus. Der Choral Werde munter, mein Gemüte, in den Bearbeitungen von Schop und Pachelbel, umschließt das Programm und beschreibt Dämmerung, Finsternis und Sonnenaufgang auf Erden und in uns Menschen. Zeit und Klang vereinen sich auf wunderbare Weise. Au t o g r a mm e E n s e m b l e S é v e r i n Mozarts Kleine Nachtmusik, Beethovens Mondschein Sonate, Faurés après un rève, Goldberg Variationen – zum Einschlafen komponiert? Cellisten spielen abends gerne noch mal eine Sarabande Johann Sebastian Bachs, so träumerisch schön und beruhigend. Die Cem balisten spielen – bevor der Deckel des Instruments sich endgültig schließt – noch eine Prelude non mesuré von Louis Couperin, oder Les Baricades mysterieuses von Couperin ‘le Grand’. - 36 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 37 - 3 Pro g r a mm Carlo Farina (1604 – 1639) Johann Schop 7. Sonata detta la Desperata (1590 – 1667) Aus: Fünffter Theil newer Pavanen, Brand: Mascharaden, Balletten, Sonaten (1628) 1. Choral Werde munter, mein Gemüte Aus: Himmlische Lieder, Das Dritte Zehn, Lüneburg1642 Johann Pachelbel 3 Heinrich Ignaz Franz von Biber (1653 – 1706) (1644 – 1704) 8. Werde munter, mein Gemüte 2. Ciaconna 4 Variationen über einen Choral 3 Johann Schop Johann Schop (1590 – 1667) (1590 – 1667) 3. Sine titulo 9. Choral Werde munter, mein Gemüte Giovanni Antonio Pandolfo Mealli (1630 – 1670) 4. La Stella (opus 4 Nr. 5, 1660) Dietrich Buxtehude (1637 – 1707) 5. Wie schön leuchtet der Morgenstern BuxWV 22 Giovanni Antonio Pandolfo Mealli (1630 – 1670) 6. La Sabbatina (opus 3 Nr. 6, 1660) - 38 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 39 - Text 3 Judith Steenbrink studierte Barockvioline am Konservatorium Werde munter mein Gemüte, Und ihr Sinne geht herfür, Daß ihr preiset Gottes Güte, Die er hat getan an mir, Da er mich den ganzen Tag Vor so mancher schwerer Plag, Vor Betrübnis, Schand und Schaden Treu behütet hat in Gnaden. O du Licht der frommen Seelen, O du Glanz der Ewigkeit, Dir will ich mich ganz befehlen Diese Nacht und allezeit. Bleibe doch, mein Gott, bei mir, Weil es nunmehr dunkel schier; Daß ich nimmer mich betrübe, Tröste mich mit deiner Liebe. Laß mich diese Nacht empfinden Eine sanft und süße Ruh; Alles Übel laß verschwinden, Decke mich mit Segen zu. Leib und Seele, Mut und Blut, Weib und Kinder, Hab und Gut, Freunde, Feind und Hausgenossen Sei'n in deinen Schutz geschlossen. Text von Johann Rist (1607-1667) - 40 - Trigonale 2009 – Das Programm Utrecht bei Alda Stuurop und am Sweelinck Konservatorium Ams terdam bei Lucy van Dael. Darüber hinaus absolvierte sie Meis terklassen – unter anderem bei Enrico Gatti und John Holloway. Derzeit spielt sie regelmäßig in mehreren Barockorchestern, darunter das Amsterdam Baroque Orchestra, Arte dei Suonatori (Polen), B’rock (Belgien) und Concerto Copenhagen (Dänemark), weiters ist sie als Konzertmeisterin mit dem European Union Baroque Orches tra sowie dem Tallinn Baroque Orchestra verbunden. Mit ihrer Zwillingsschwester Tineke (Orgel und Cembalo) gründete sie 1998 das Ensemble Séverin, das sich auf die niederländische Musik des 17. Jahrhunderts spezialisiert hat. Mit diesem Ensemble nahm sie die gesamte Kammermusik von Benedicto a Sancto Josepho auf und war auf vielen Festivals und in vielen Häusern zu Gast. Tineke Steenbrink studierte Orgel bei Bernhard Winsemius und Willem Tanke an der Hochschule für Künste in Utrecht und Cembalo bei Professor Ketil Haugsand an der Hochschule für Musik Köln (mit einem Stipendium für Darstellende Kunst sowie dem Stipendium der VSB-Bank). Tineke ist Gründungsmitglied der »Holland Baroque Society«. Außerdem spielt sie in verschiedenen Ensembles, darunter die Akad emie für alte Musik Berlin sowie Concerto Köln. Seit 2006 ist sie als Hauptfach-Dozentin für Cembalo, Basso Continuo und als Kammermusik-Coach am Artez Conservatorium in Zwolle angestellt. Tineke ist Organiste Titulaire an der St. Martinus kirche zu Cuijk, wo ihr die Ehre zuteil wurde, eine aus dem Jahre 1650 stammende Severijn Orgel zu spielen. Trigonale 2009 – Das Programm - 41 - 3 Sonntag, 13.09., 06.00 Uhr Pfarrkirche St. Peter bei Taggenbrunn Nox-Lux 4 LaReverdie Einleitung Wegbegleiter auf dieser kurzen Reise durch die erstaunlich an dersartige und doch zutiefst vertraute Landschaft mittelalterli chen Denkens, in der sich Licht und Leben auf der einen sowie Tod und Dunkelheit auf der anderen Seite einen ewigen Kampf liefern, sind uns drei der herausragenden Kenner und Mittler der Ideologie, Symbolik und Religiosität des Mittelalters: Jacques Le Goff, Marie- Madleine Davy und Mircea Eliade. Die folgenden Überlegungen stützen sich auf unterschiedliche Elemente aus ihren Werken. Es genügt, sich die Etymologie des Begriffs »Symbol« vor Augen zu führen, um den Stellenwert des symbolischen Denkens nicht nur für Theologie, Literatur und Kunst des Mittelalters zu verstehen, sondern darüber hinaus seine Bedeutung als Mittel jeder geistigen - 42 - Trigonale 2009 – Das Programm Auseinandersetzung zu ermessen. Das griechische sýmbolon war ursprünglich ein Erkennungszeichen in Gestalt zweier Hälften ei nes Gegenstands, den zwei Partner zum Zweck der späteren Legiti mation in zwei Teile gebrochen hatten – Hinweis auf eine verloren gegangene Einheit. Das mittelalterliche Denken begriff jeden materiellen Gegenstand als Abbild eines Konzepts, welches ihm auf einer höheren Ebene entsprach. Symbolik steckte in allen Dingen, und der Denkvorgang an sich entsprach der ständigen Entdeckung verborgener Bedeutungen und damit dem konstanten Aufscheinen des Heiligen im Profanen (Hierophanie). Denn diese verborgene Welt war eine heilige Welt, und das symbolische Denken war nur eine andere Form – verfeinert und veredelt durch die geistigen Eliten – der magischen Vorstellungen, in denen die Mentalität der breiten Massen gefangen war. Die Funktion des Symbols besteht in der Verbindung des Hohen mit dem Niedrigen; es fasst das Göttliche und das Menschliche in einem einzigen Ausdrucksmittel, in dem beide sich überlagern dürfen. Das Symbol ist dabei nicht Fortführung oder Ersatz der Hierophanie, sondern erlangt seine Bedeutung durch die Tatsache, dass es selbst Hierophanie ist und als solche eine heilige oder kosmische Realität offenbart, die durch keine andere Manifestation angemessen wiedergegeben werden könnte. Wir sollten uns auch die spirituelle Neigung des Mittelalters zur Abstraktion vergegenwärtigen, bzw. zu einer Weltanschauung auf der Grundlage abstrakter Beziehungen. Aber hinter den abstrak ten Konzepten zeichnen sich die konkreten Bilder ab. Diese wechsel seitige Überlagerung von Konkretem und Abstraktem könnte man in der Tat als Kern mittelalterlichen Denkens und Empfindens bezeichnen. So schwankte das Bestreben in dieser Zeit kontinuier lich zwischen dem Wunsch, die tiefere Wahrheit der Abstraktion Trigonale 2009 – Das Programm - 43 - 4 hinter der von menschlichen Sinnen wahrnehmbaren materiellen Welt zu verbergen – und zugleich dem Bemühen, die versteckte geistige Essenz in ein sichtbares Gewand zu hüllen, an dem sich die menschliche, körperliche Wahrnehmung erfreuen konnte. 4 Dieses geozentrische Universum war als Welt einer auf sich selbst bezogenen Christenheit nach oben – himmelwärts – weit offen. Materiell und spirituell gab es keine festen Grenzen zwischen dieser und der Anderen Welt, und als großes symbolisches Schöpfreservoir diente die Natur selbst. Die Elemente der unterschiedlichen natürlichen Ordnungen waren gleichsam Bäume in diesem verwor renen Wald der Symbole. Die mittelalterliche Zeit war im Wesent lichen eine landwirtschaftlich geprägte, eine natürliche Zeit. Grund legende Zeiteinteilungen waren Tag und Nacht sowie die Jahreszeiten. Eine Zeit voller Kontraste, die dem mittelalterlichen Hang zum Manichäismus weiter Nahrung gaben: Gegensatz zwischen Schatten und Licht, Kalt und Warm, Leben und Tod sowie – da das Mittelalter im Wesentlichen nur zwei Jahreszeiten kannte – Sommer und Winter. Die Nacht war per se bedrohlich und gefährlich in einer Zeit, die kaum künstliche Beleuchtung kannte: tückischer Vorbote zerstörerischer Feuer in einer hölzernen Welt. Die mittelalterliche Gesetz gebung ahndete Morde und andere Verbrechen, die bei Nacht be gangen wurden, mit besonderer Schärfe – die Nacht galt im Mittelalter als der erschwerende Umstand par excellence. Vor allem war die Nacht jedoch die Zeit übernatürlicher Bedrohungen und des Todes. So bemerkt der deutsche Chronist Thietmar von Merse burg zu Beginn des 11. Jahrhunderts: »Ebenso wie Gott den Tag für die Lebenden bestimmt hat, gehört den Toten die Nacht«. Die mystischen Denker ordneten die Nacht dem Teufel zu; sie war das Sinnbild des Satanischen. - 44 - Trigonale 2009 – Das Programm Im Gegensatz dazu erscheint die göttliche Ewigkeit im Wesentlichen hell. »Was geschieht«, fragt Bernhard von Clairvaux, »wenn die Seele vom Leib getrennt wird? Wir glauben, dass sie in einen pelago eterni luminis et luminose eternitatis, einen Ozean immerwährenden Lichts und strahlender Ewigkeit eingeht«. Alles »Lichte« – ein Schlüsselkonzept in der mittelalterlichen Lite ratur und Ästhetik – ist schön und gut. »Hell wie der Tag« – nie wurde eine Redewendung tiefer empfunden als im Mittelalter. Hinter all dem erkennen wir, was als die »mittelalterliche Mystik des Lichts« bekannt wurde. Und wieder fand der Mensch des Mittelalters die Bedeutung des Lichts in der Betrachtung der Natur: die entsprechende Symbolik ist Teil der östlichen Mythologien und Kosmologien; die gesamte Tradition der Antike legt Zeugnis darüber ab – Platon, die Stoiker, die Alexandrinische Schule, auch die Gnostiker und die Bibel verkünden die Herrschaft des Lichts. Und heißt nicht das Lógos selbst beim Evangelisten Johannes Lu men de Lumine, Licht vom Licht? Durch seinen eigenen sakralen Charakter überwindet das Symbol die Begrenzungen der profanen Welt, wobei es sich stets auf dem Weg vom Sichtbaren zum Verborgenen bewegt. Mit ihm dringt in unsere Welt etwas ein, das nicht Teil von ihr ist: das Ganz Andere nach Rudolf Otto. Wenn der Mensch sich als Wesen innerhalb eines mit Gott verbundenen Universums begreift – was im Mittelalter der Fall war – ist für ihn nahezu alles heilig. So ist für den Heiligen Gregor von Nyssa das Profane, das von Gott Getrennte, schlicht nicht existent – als einzig möglichen Gegensatz zum Heiligen kennt er das Dämonische. Ella de Mircovich, Übersetzung: Almut Lenz-Konrad Trigonale 2009 – Das Programm - 45 - 4 Pro g r a mm Anonimo inglese (XIII Jhd.) Wipo von Burgund (XI Jhd.) 1. Victime pascali laudes (sequentia) 6. Salve mater gracie/Do way Robin (conductus) London, Brit. Lib. MS Cotton Fragment XXIX Graduale Romanum Anonimo italiano (XV Jhd.) 4 Elisabetta de Mircovich (*1966) 2. Mors & vita duello-brano 7. Ave maris stella strumentale su Victime Pascali Hildegard von Bingen Anonimo Friulano (1098-1179) (XIII Jhd.) Dendermonde, St.-Pieters&Paulusabdij, Cod. 9 Faenza, Biblioteca Comunale, cod. 117 4 8. Hodie aperuit (antifona) /Psalmus 18 3. En mort d’En Joan de Cucanh (1272) (compianto) Cividale, Archivio Capitolare Anonimo inglese (XIII Jhd.) Anonimo francese (XIII Jhd.) 4. Pange melos lacrimosum 9. Rosa Fragrans (rondellus) Firenze, Bibl. Laurenziana, MS Plut. 29.I Anonimo francese Oxford, Christi College MS B 489 (XIII Jhd.) Anonimo francese (Ende XIII Jhd.) 10. Ex semine/Ex semine Abrahe/ex semine (motetus) 11. Iam novum sydus oritur/Jam nubes dissolvitur/ 5. Cruci Domini/Crux forma penitencie/Portare (motetus) solem (motetus) Bamberg, Staatl. Bibl. Lit. 115 (olim Ed. IV.6) 12. Alle psallite cum luya/Alleluya (motetus) Montpellier, Bibl. Fac. Med. MS H 196 - 46 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 47 - Anonimo italiano texte (XIV Jhd.) 13. Sancta Agnese da Dio amata (lauda) 1. Victime paschali laudes Firenze, Bibl. Naz. BR 18 immolent christiani. Agnus redemit oves Christus innocens Patri reconciliavit peccatores. Mors & vita duello conflixere mirando dux vite mortuus regnat vivus. Dic nobis Maria quid vidisti in via. Sepulchrum Christi viventis & gloriam vidi resurgentis angelicos testes sudarium & vestes. Surrexit Christus spes mea precedet suos in Galilea. Scimus Christum surrexisse a mortuis vere tu nobis victor Rex miserere. Amen Guillaume Dufay (1397-1474) 14 . Vergene bella (canzone) Oxford, Bodl. Lib., MS Canonici Misc. 213 4 Doron David Sherwin (*1962) 15. Diana stella (brano strumentale) - 48 - Trigonale 2009 – Das Programm Eine Sequenz, die traditionell zum Osterfest gesungen wird. Die aus dem XI. Jahrhundert stammende Komposition wird für gewöhnlich dem Mönch Wippo, Hofkaplan von Kaiser Konrad II., zugesprochen. Sie wurde aber auch mit anderen in Verbindung gebracht, wie mit dem Abt Notker Balbulus, Robert II. von Frankreich, genannt der Fromme, oder dem Komponisten lateinischer Hymnen Adam di San Vittore. Zusammen mit vier weiteren mittelalterlichen Sequenzen gehört sie zu denen, die im MissaleRomanum aufbewahrt wurden. Trigonale 2009 – Das Programm - 49 - 4 3. En mort d’En Joan de Cucanh 4 Quar nueg & jorn trist soi et esbahit/ no sap chantar com se degra davers/ de mieu senher lo pretz que mais falhit/ Mort brisara com l’estat lhi verger/ per sieu valor li mieu chants es trop nutz/ cilh de Cucanh plus non auran la lutz/ quar saup totz temps al mielhs aconselhar/ per lor plorantz no val lo mieus chantar. Quanto tristi e desolati siano notti e giorni cantare non so come si converrebbe: del mio signore il pregio senza eguali la Morte avvizzirà come l’estate i fiori. Il miglior canto per lui È troppo vuoto, e nel buio languiran quei di Cucanh, su cui lui un tempo si bene vegliò: nessun canto può lenire il lor cordoglio. Klagelied über den Tod von Joan de Cucanh (1272), in okzitanischer Sprache, komponiert von einem Troubadour, der wahrscheinlich aus dem Friaul stammte. - 50 - Trigonale 2009 – Das Programm 4. Pange melos lacrimosum lacrimans elegia tempus venit planctuosum tempus fraudans gaudia ad eclipsum nox meroris obliquat spectacula regnet dolor nam doloris causa stat in specula. Reni sidus in occasum latium percipitat stella cadit stelle casus terras umbra limitat latet vere latialis plaga timens oculum nox est culpe socialis nox est parens criminum. Conductus, komponiert vermutlich zum Tod von Friedrich Barbarossa. 4 5. Cruci Domini/Crux forma penitencie Sit cunctis horis laus parata Per quam homini Salus est data Que sustinuit Illum qui rapuit Omnium peccata Carne sua mortificata Que in cruce fuit sacrificata. Quam est ergo venerandum Ac laudandum Hoc signum Quod solum dignum Vite fuit vere Precium sustinere! Gracie Clavis clava peccati venie Vena radix ligni iusticie Via vite vexillum glorie Sponsi lectus in meridie Lux plenarie Nubem luens iusticie Serenum consciencie Hanc homo portet Hanc se confortet Crucem oportet Si vis lucis vere Gaudia sustinere. Trigonale 2009 – Das Programm - 51 - Sia fatta lode, a tutte le ore, alla croce del Signore, attraverso la quale è data la salvezza ad ogni uomo, lei che sostenne Colui che, tramite la mortificazione della sua carne sacrificata sulla croce, ha tolto i peccati del mondo. Quanto è dunque da venerare e lodare questo segno che solo fu degno, in verità, di sostenerne il prezzo della vita. 4 O croce, simbolo di espiazione, chiave della grazia, flagello del peccato, fonte di perdono, radice dell’albero della giustizia, sentiero di vita, vessillo della gloria dello Sposo diletto, che disperdi con la tua immensa luce ogni nube di sconforto, consolatrice della coscienza! Che ognuno ti accetti, che ognuno trovi in te consolazione: se vorrai contemplare la luce della letizia eterna, è necessario che tu accolga la tua croce. Mehrtextige, dem Kreuz gewidmete Motette aus dem Bamberger Kodex. Die gleiche Motette findet sich auch im zeitgenössischen Kodex von Montpellier, in einer Fassung, die für die Oberstimme einen profanen Text auf französisch vorsieht. 6. Salve mater gracie stella claritatis visita nos hodie plena pietatis veni vena venie mox incarceratis solamen angustie fons suavitatis recordare mater Christi quam amare tu flevisti juxta crucem tu stetisti suspirando viso tristi o Maria flos regalis inter omnes nulla talis tuo nato specialis nostre carnis parce malis o quam corde supplici locuta fuisti Gabrielis nuncii verba cum cepisti En ancilla Domini propere dixiti verbum vivi gaudii post hoc peperisti. Gaude digna tam benigna celi solio tuos natos morbos stratos redde filio. 4 Do way Robin the childe wile wepe do way Robin. Mehrtextige Motette, bei der die höhere Stimme, ein lateinisches Gebet an die Jungfrau, die tiefere Stimme überlagert, in der eine Frau unentwegt ihren Mann, Robin, anfleht, er möge doch nicht soviel Lärm machen, da er sonst das schlafende Kind wecke. Diese in der Umgangssprache gehaltene Weise war wahrscheinlich ein Wiegenlied oder ein volkstümlicher Gesang, wovon es allerdings in anderen Quellen keine Erwähnung gibt. 7. Ave maris stella Dei mater alma/atque semper virgo/felix celi porta. Mariensequenz in der Fassung eines der wenigen Manuskripte von Instrumentalmusik, die uns aus dem Mittelalter überliefert sind. Die als strukturale »Tenor«stimme verwendete Sequenz wird von einer kunstvoll reduzierten Instrumentierung überlagert. - 52 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 53 - 4 8. Hodie aperuit/Psalmus 18 10. Ex semine nobis clausa porta quod serpens in muliere suffocavit unde lucet in aurora flos de virgine Maria. Et opera manuum eius adnuntiant firmamentum Dies diei eructuat verbum/et nox nocti indicat scientiam Non sunt loquellae neque sermones/ quorum non audientur voces eorum In omnem terram exivit sonus eorum/ et in fines orbis terrae verba eorum In sole posuit tabernaculum suum/ et ipse tamquam sponsus procedens de thalamo suo/ exultavit ut gigans ad currendam viam. A summo caelo egressio eius et occursus eius/ usque ad summum eius /nec est qui se abscondat a calore eius. rosa prodit spine,/fructus olee oleastro legitur, virgo propagine/ nascitur Iudee/stelle matutine/radius exoritur/nubis caligine/ radio sol stelle/petra fluit melle/parit flos puelle/verbum sine semine. Ex semine/Abrahe divino moderamine/ignem pio numine/ producis Domine/hominis salutem. Paupertate nuda/ virginis nativitatem de tribu Iuda/iam propinas ovum/ per natale novum/Piscem panem dabis partum sine semine. Ex semine. Marianische Antiphon. Text und Musik stammen von Hildegard von Bingen. Bei dem Psalm handelt es sich um den sogenannten »Psalm der Schöpfung«. 4 Motette aus einer der bedeutendsten Sammlungen für das polyphone Repertoire aus dem XIII. Jahrhundert. Zur Gattung der Motette gehören auch die beiden folgenden Stücke. Es handelt sich dabei um eine Gattung, die sich in der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts herausgebildet hat: für gewöhnlich dreistimmig, ist die Komposition auf der Stimme des »Tenors«, der tiefsten, aufgebaut, deren Melodie, als Fragment, von einer gregorianischen Melodie stammt. Die höheren Stimmen haben unterschiedliche Texte. 9. Rosa fragrans primula vernalis 11. Iam nubes dissolvitur servos tuos libera a malis. Tu glorie speculum solis umbraculum da famulis gaudium post hoc exsilium. Rosa profumata, primo fiore di primavera, libera i tuoi servi da ogni male; tu specchio della gloria, ricettacolo del sole, concedi ai tuoi devoti la gioia eterna dopo questo esilio. iam patet gallaxia iam flos ex spina rumpitur iam oritur Maria. Iam verum lumen cernitur iam demonstratur via iam pro nobis pia exoret Maria ut fruamur gloria. Rondellus an die Jungfrau. Es handelt sich dabei um eine im englischen Repertoire häufig verwendete musikalische Form, bei der die Stimmen kanonartig einander nachlaufen und sich miteinander verflechten. - 54 - Trigonale 2009 – Das Programm Iam novum sydus oritur iam patet gallaxia iam ex iudea nascitur iam oritur Maria. Iam nobis celum panditur iam det nobis gaudia in celi curia Christus cuius filia & mater es Maria. Trigonale 2009 – Das Programm - 55 - Ecco che le nubi si aprono, ecco che la Via Lattea si mostra in tutto il suo splendore, ecco che sul roveto sboccia un fiore: è Maria che nasce. Ecco che si scorge la vera luce, ecco che il cammino si illumina: poi ché Maria nella sua misericordia intercede per noi affinché si possa aspirare alla gloria eterna. 4 Ecco che sorge un nuovo astro, ecco che la Via Lattea si mostra in tutto il suo splendore, ecco che in Giudea si leva la vergine Maria. Ecco che per noi i cieli si spalancano, e Cristo, di cui tu, o Maria, sei tanto figlia che madre, prepara per noi le gioie delle schiere celesti. 12. Alle psallite cum luya alle concrepando psallite cum luya, alle cor devoto Deo toto psallite cum luya, alleluya! Tutti quanti cantate ‘alleluia’: con voce sonante e cuore pienamente devoto cantiamo a lode di Dio ‘alleluia’. 13. Sancta Agnese da Dio amata,/isponsa et martyre beata! De la cittade ’nperiale/di Roma, gran nobilitade,/ fue la tua nativitade/di gentil progenie nata. Te retornando da la schola,/aulente fiore, frescha viola,/ uno ch’era tucto vano ancora/preso fue in te, beata.// Di falso e vano amor mondano preso fone, comme el pescio e l’amo,/tosto infermò ch’era sano/ de l’aulente fiore granata.//Per isposa la dimanda / et ella di Iesù sì s’arma;/ferma sta ne la battaglia/ de l’amore divino ornata.//Risponde quella rosa frescha:/ »Tuo amore e tua richeçça/niente curo o tua belleçça,/ ch’a Iesù son disposata.//Uno anello m’à donato/ Cristo amor, Iesù beato,/e di corona coronato/ di margarite tuct’ornata.«//El giudice si fo turbato;/ tosto del coltello gli à dato./Agnesa, giglio candidato,/ nel sangue suo fo dealbata.//El padre stando al monimento,/ veghiando con gran pensamento,/uno splendore di gaudimento/ apparve in quella fiata.// Sancta Agnesa fe ’ ristare,alquanto el coro riposare/ al padre dice, in suo parlare,/che con Cristo era beata.// »Con meco sì ve rallegrate/et ch’io sia morta non pensate,/ ché Cristo, dolce amor verace,/m’à di gloria coronata.«/ Rubicondo fior rosato,/a cte sia raccomandato/ chi la tua lauda à trovato,/et chi te lauda, Agnesa beata. Italienische Laudes, gewidmet der Heiligen Agnes, Jungfrau und Heilige, die im III. Jahrhundert in Rom gelebt hat. Sie war erst zwölf Jahre alt, als eine Verfolgung ausbrach und viele Gläubige sich dem Abfall ergaben. Agnes, die beschlossen hatte, ihre Jungfräulichkeit dem HERRN darzubieten, wurde vom Sohn des Präfekten von Rom, - 56 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 57 - 4 4 der in sie verliebt war, aber abgewiesen wurde, als Christin verraten. Sie wurde im Circo Agonale, nahe der heutigen Piazza Navona nackt zur Schau gestellt. Ein Mann, der versuchte, ihr nahe zu kommen, fiel, noch bevor er sie berühren konnte, tot um und stand durch Für sprache der Heiligen auf ebenso wunderbare Art und Weise wieder auf. Als sie ins Feuer geworfen wurde, erlosch dieses kraft ihrer Gebete. Daraufhin wurde sie mit einem Schwertstoß in die Kehle auf die gleiche Weise durchbohrt, wie man Lämmer tötete. Sie wird daher auf den Heiligenbildern oft mit einem Schäfchen oder einem Lamm, Symbolen der Unschuld und des Opfers, dargestellt. 14. Vergine bella che di sol vestita,/coronata di stelle, al sommo Sole/piacesti sì che ‚n te Sua luce ascose, amor mi spinge a dir di te parole:/ ma non so ’ncominciar senza tu’ aita,/et di Colui ch’amando in te si pose./Invoco lei che ben sempre rispose,/chi la chiamò con fede:/Vergine, s’a mercede/miseria extrema de l’humane cose/già mai ti volse, al mio prego t’inchina,/soccorri a la mia guerra,/bench’i’ sia terra, et tu del ciel regina. Kanzone von Francesco Petrarca, Canzoniere 366, in welcher der Dichter den Beistand der Jungfrau erfleht. Einer der ganz seltenen Fälle, in denen Texte von Petrarca noch vor ihrer großen Zeit in der Renaissance und im Barock vertont wurden. Die Kommentare zu den Stücken von laReverdie wurden von Edgar Sallager ins Deutsche übersetzt. - 58 - Trigonale 2009 – Das Programm LaReverdie Elisabetta de Mircovich: Stimme, Fidel, Glocken Livia Caffagni: Stimme, Flöten, Fidel Claudia Caffagni: Stimme, Laute Elisabetta de Mircovich wurde im Jahr 1966 in Triest geboren. Noch bevor sie lesen und schreiben lernte, sang sie Diskant und Reigen, wobei sie sich einen bescheidenen Vorrat an Stücken anlegte. Als Sängerin sowie Spielerin von Streichinstrumenten, Flöten und Rohrblattinstrumenten hat sie recht bald mit verschiedenen Gruppierungen für mittelalterliche und Renaissance-Musik ihre Konzerttätigkeit aufgenommen. In ihrer Heimatstadt hat sie klassische Philologie studiert und das Musik-Studium absolviert. Im Jahr 1989 hat sie am Konservatorium Triest bei Libero Lana mit Auszeichnung das Diplomstudium Violoncello abgeschlossen und sich in weiterer Folge bei Mario Brunello fortgebildet. Sie errang Preise bei verschiedenen Wettbewerben für junge Interpreten und hat mit dem modernen und dem Barock-Cello mit verschiedenen Kammermusik-Ensembles Konzerte gegeben, was sie gelegentlich auch heute noch tut. Sie hat Gesang und antike Stimmbildung bei Andrea von Ramm, Hans Ludwig Hirsch und Elisabetta Tandura studiert. Was das barocke Repertoire betrifft, so ist sie unter der Leitung von Alan Curtis (»Il ritorno di Ulisse in Patria« von Claudio Monteverdi, in der Semper Oper Dresden, 1993) aufgetreten und hat mit Ensembles wie I Sonatori de la Gioiosa Marca zusammengearbeitet. Trigonale 2009 – Das Programm - 59 - 4 Als Gesangssolistin arbeitet sie auch mit dem Ensemble Accordone zusammen, mit dem sie vor kurzem für das Label Cypres eine CD mit Kompositionen von Guido Morini aufgenommen hat. Im Umfeld der Erarbeitung des mittelalterlichen Repertoires, einer nicht nur musikalisch sehr ergiebigen Entdeckungsreise, stellte die Begegnung mit dem Ensemble Sequentia aus Köln, mit dem sie bei zwei Plattenaufnahmen zusammengearbeitet hat, eine grundlegen de Bereicherung dar. 4 Innerhalb von laReverdie erfüllt sie Aufgaben als Drehleier-Spielerin, Fahrerin, Arrangeurin, rauchende Sängerin und Moderatorin bei allenfalls blutigen Auseinandersetzungen, die selbst in einer Gruppe, die sich aufs innigste liebt, nicht ausbleiben. Um die häufig gestellte Frage der Journalisten beantworten zu können: »Fühlen Sie sich auch zeitgemäß, wenn Sie diesen Beruf ausüben?«, vielleicht aber auch aus musikalischer Unersättlichkeit, liebt sie nach wie vor insgeheim das klassisch-romantische Repertoire, unterrichtet Stimmbildung, Ensemble-Spiel und Violoncello, und ist Mitglied einer nostalgisch-experimentellen Rock-Band. Livia Caffagni wurde im Jahr 1963 in Bologna geboren und wuchs in einem Ambiente auf, das reich an kulturellen und künstlerischen Anregungen war: nicht nur dafür ist sie ihren Eltern Paola und Mirco zu Dank verpflichtet. Im Jahr 1972 beginnt sie begeistert, die »Querpfeife« zu spielen und im Jahr 1985 schließt sie das Diplomstudium Blockflöte bei Giorgio Pacchioni mit ausgezeichnetem Erfolg ab. Weiters studiert sie Gambe bei Carol Lewis, Nanneke Shaap und Paolo Pandolfo sowie Gregorianischen Gesang bei dem Bendediktiner Pater Luigi Agustoni und bei Nino Albarosa. - 60 - Trigonale 2009 – Das Programm Nach Beendigung des Studiums der Klassischen Philologie nimmt sie im Jahr 1981 ihre Konzerttätigkeit auf, bei der sie mit verschiedenen Gruppierungen im Bereich der alten Musik zusammenarbeitet und im Laufe der Zeit das Kammer-Ensemble La Capriola, das Orchester Concerto Barocco sowie das Trio Ribes Nigrum gründet. Sie ist seit 1986 im Bereich der Musikdidaktik tätig und derzeit Inhaberin des Lehrstuhls für Blockflöte am Konservatorium Trento. Im Jahr 1986 beginnt sie die ständige Zusammenarbeit mit dem Ensemble für mittelalterliche Musik laReverdie: das bis heute anregendste, prägendste und kreativste musikalische Abenteuer, das sie sich vorstellen kann. In den Jahren 1987 und 1988 hat sie im Auftrag des Außenministeriums als Forscherin am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Bern gearbeitet. Im Jahr 1989 hat sie das Diplomstudium Moderne fremde Sprachen und Literaturen an der Univesität Bologna mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen. Im Jahr 1993 beginnt der Weg der Konversion zu Christus in der katholischen Kirche. Deo Gratias. Am 15. September 1994 hält sie zum ersten Mal Tochter Teresa in ihren Armen. Im Jahr 2007 gründet sie auf Anregung eines lieben Freundes, zusammen mit Doron Sherwin, Rodney Prada und Skip Sempé, das Ensemble Full Fathom Four, das sich auf das virtuose kammermusikalische Repertoire der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts spezialisiert hat. Im Jahr 2008 erlangt sie mit Auszeichnung das Spezialisierungsdiplom II. Niveau für Renaissancemusik am Konservatorium Lecce. Trigonale 2009 – Das Programm - 61 - 4 4 Claudia Caffagni wurde im Jahr 1966 in Bologna geboren. Sie hat im zarten Kindesalter mit dem Blockflötenspiel begonnen, doch um den unweigerlich erdrückenden Vergleich mit der Schwester, nun mehr Flötenvirtuosin, zu vermeiden, hat sie mit dreizehn Jahren bei ihrem Vater Mirco begonnen, Laute zu spielen, und verliebte sich rettungslos in das Instrument. Während eines langen Werdegangs über Sommerkurse in Italien und im Ausland hat sie ein durchgehendes Stu dium zunächst bei Federico Marincola und später bei Jacob Lindberg aufgenommen, bei dem sie im Jahr 1989 das Diplom »Lute performing« am Royal College of Music in London gemacht hat, und schließlich bei Hopkinson Smith an der Schola Cantorum Basiliensis studiert. Schon seit 1984 hat sie – mit der Gründung einer ersten Formation des Ensembles laReverdie, zusammen mit Ella de Mircovich und einem befreundeten Lautenisten – begonnen, die eigene Musikforschung über die Grenzen der Renaissance hinaus zu betreiben (ein Repertoire, mit dem sie auch solistisch aufgetreten ist), hin zu der faszinierenden Welt der mittelalterlichen Musik. Von da an ist ihre Geschichte dem Geschehen der Gruppe gefolgt, was sie dazu bewogen hat, sich der mittelalterlichen Laute zu widmen, Gesang zu studieren (bei Elisabetta Tandura) und Psalterium zu spielen. Mit Leidenschaft der musikwissenschaftlichen Forschung verbunden, engagiert sie sich immer stärker in der Lehre: Sie lehrt am Konservatorium »Giuseppe Tartini« in Triest, hält eine Lehrveranstaltung über mittelalterliche Musik bei der Accademia Internazionale della Musica di Milano, ist Verantwortliche für das Laboratorio didattico permanente di Musica Sacra Medioevale – Alia musica di Parma, lehrt Plektrum-Laute und frühe Notationskunde an der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen, und ist gemeinsam mit ihrer Schwester Dozentin bei den Corsi Internazionali - 62 - Trigonale 2009 – Das Programm di Musica Antica in Urbino. Als Gesangssolistin arbeitet auch sie mit Accordone zusammen. Neben dem Studium und der Tätigkeit im Bereich der Musik ab solviert sie, nach dem Studium der Klassischen Philologie, mit aus gezeichnetem Erfolg das Diplomstudium Architektur am Istituto Universitario di Architettura in Venedig, mit der interdisziplinä ren Diplomarbeit »Il temperamento in musica e in architettura: la Schola Riccatiana« (erscheint demnächst im Band »Le architetture di Orfeo«), und arbeitet in weiterer Folge mit diesem Universitätsinstitut als Begutachterin bei Diplomarbeiten über interdisziplinäre Themen zwischen Musik und Architektur zusammen. Seit 1990 ist sie stolze Mutter eines Sohnes, Lorenzo, der jahrelang einer der leidenschaftlichsten Anhänger von laReverdie gewesen ist. Bei laReverdie erstrecken sich ihre Aufgaben, gemeinsam mit der gleichaltrigen Elisabetta, auch auf die Funktionen Organisation, PRVerantwortliche ebenso wie Transport von Sachen und Personen. Übersetzung: Edgar Sallager Au t o g r a mm e L a R e v e r d i e Trigonale 2009 – Das Programm - 63 - 4 Sonntag, 13.09., 11.00 Uhr Schloss Damtschach La Musique des Anges 5 Fr a n co Pava n Einleitung Wie wir alle wissen, sind wir in jedem Augenblick des Tages und der Nacht von Engeln umgeben. Die Engel spielen vorzugsweise jenes Instrument, mit dem sie Jahrhunderte lang auf Bildern und Gemälden dargestellt worden sind: die Laute. Nur für eine kurze Zeitspanne gelingt es uns, sie zu hören: eine Note da, jetzt und gleich, eine Note dort, vielleicht Stunden oder Tage später. Viel von ihrer Musik ist von den großen Komponisten der Vergangen heit auf Papier festgehalten worden. Zuweilen stahlen sie diese Musik, entwendeten sie einem Flügelschlag, um sie dem Nichts zu widmen, einem Gedankenflug, einer aufkommenden Gemütsregung, einem Schmerz, der allzu tief, oder einer Freude, die all zu unverhofft war, als dass man sie nur mit Menschenwörtern besingen könnte. Es sind, so aufgelesen, von Menschenhand be- 64 - Trigonale 2009 – Das Programm schmutzte Noten. Aber gerade deshalb wunderbar und unermesslich in ihrem höchst zerbrechlichen Wesen. Wer kann sich das Recht anmaßen, diese Musik, die vom ENGEL eingegeben wurde, heute wieder zum Vortrag zu bringen? Niemand, es sei denn, man ist sich der eigenen Unzulänglichkeit bewusst. Sicherlich aber jemand, der den Schatz der eigenen Unzulänglichkeit, den ihm eine vom Gewicht dieser unserer Zeit zerdrückte Feder zugeworfen hat, teilen möchte. Die Hand und der Geist von Ennemond Gaultier »Le Vieux« (dem Älteren) haben in der vollkommenen Kunst der französischen Lau tenliteratur des 17. Jahrhunderts ihre unauslöschlichen Spuren zurückgelassen. Das mag eine unumstrittene Feststellung sein, sie ist aber notwendig. Diese Prägung verdankt sie auch und vor allem der Fähigkeit, dass ihr gelang, den musikalischen Gedanken in eine der Laute gewidmete Sprache zu verwandeln, in eine nie zuvor gekannte Ausdrucksweise, in die Erforschung des Tonvolumens und der Klangfarbe des Instruments, bei der man mit der Schrift in die tiefen Regionen, ins Herz der Laute eindrang und in berührende Gesänge auf der chanterelle (Quint-Saite) ausbrach. Von da her, von einer vollständigen Kenntnis der Leistungsf ähigkeit der elfchörigen Laute, entstehen auf diese Weise überraschende Harmonieketten, meisterhafte kontrapunktische Passagen, ergibt sich Auflösung und Zerfall der Stimmführung bis hin zur Stille. Dies alles – und der argwöhnische, scheue und einsame Ennemond hat daraus nie ein Geheimnis gemacht – hat er von demjenigen geerbt, der in gewisser Weise sein Meister gewesen war: René Mezangeau. Das merkt man, wenn man dessen Musik liest, es kommt aber vor allem in dem außergewöhnlichen Diptychon zum Ausdruck, das Gaultier dem Andenken eben jenes Mezangeau gewidmet hat. Trigonale 2009 – Das Programm - 65 - 5 5 Die Wertschätzung, die der Musik des alten Ennemond zuteil wurde, ist an der Verbreitung seiner Musik in den Lautenhandschriften des 17. Jahrhunderts in Frankreich, Deutschland und Eng land ersichtlich. Aber nicht nur. Wesentliche Merkmale seiner Musik lassen sich deutlich in den Werken der großen Lautenisten ablesen, die nach ihm kamen. Viele Lautenisten versuchten seinem Vorbild nachzueifern, jedoch nur wenige gelangten zu herausragenden Ergebnissen. Unter denen, die das Erbe des Älteren wie eine Liebkosung und nicht wie eine Bürde aufnahmen, waren sicher Charles Mouton und Jacques Gallot, der gleichfalls »Le Vieux« genannt wurde. Von beiden besitzen wir verstreute biographische Angaben, doch kennen wir das Sterbedatum nicht, das für beide um die Jahrhundertwende angenommen wird. Mouton verkehrt in den Pariser salons, in denen der style précieux vorherrscht, lebt aber unabhängig vom Hof, unternimmt Reisen – mit Sicherheit nach Italien, vielleicht nach Böhmen, zu den Lobkovitz – ist Lauten lehrer auch anderer Würdenträger, wie René Milleran, und wird fünf Jahre nach dem Tod des älteren Gaultier in der Lyrik von Sarasin als le Mouton fabuleux geschildert. Er hinterließ zwei gedruckte Bücher – zwei andere sind verlorengegangen – und zahlreiche andere Kompositionen in Manuskripten, die heute über weite Teile Europas verstreut sind. In seiner Musik verschmilzt das Suchen nach der colore der Laute mit klareren, sangbareren melodischen Linien, als es die des großen Meisters waren. Doch die Leichtigkeit, mit der es Mouton gelingt, Gaultiers Erbe auf sich zu nehmen, schlägt um, und zwar in dem berührenden Tombeau de Madame, das auch als Tombeau de l’Ange bekannt ist und zum überaus schmerzlichen Verlust von Henriette d’Angleterre geschrieben wurde. In diesem Stück greift der Komponist zur dreiteiligen Form der Pa vane, um den musikalischen Diskurs mit mehr Artikulation leiten zu können. Er geht dabei vom düster feierlichen Anfangsakkord in c-moll bis zu der im dritten Abschnitt konzentrierten climax, über ein Sich-Haschen von harmonsichen Schattierungen und melo dische Linien, die unvermutet auftauchen, plötzlich verschwinden und eine leidvolle Erinnerungsspur zurücklassen. Dieses Stück ist das Symbol der Kunst von Charles Mouton, und es enthält in gewisser Weise die sehnsuchtsvollsten und lieblichsten Seiten seiner Musiksprache: die der immerwährenden Liebkosung. Jacques Gallot »Le Vieux« lebte etwa zur gleichen Zeit in Paris wie Charles - 66 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 67 - Zu den vielen Verdiensten Ennemonds ist in der Tat auch jenes zu zählen, dass er die lyrische Form des tombeau (Grabmal) in Musik umgesetzt hat, eine Form, die dann für Jahrhunderte in der Tradition der abendländischen gehobenen Musik verbleiben sollte. In den beiden allemandes, deren erste auch als gigue gespielt werden kann, Le Testament de Mezangeau und Le Tombeau de Mezangeau, legt der ältere Gaultier, der im Jahr 1651 in seinem Schloss Nèves einsam gestorben ist, die Grundlagen einer unsterblichen Poetik fest. Es ist eine klare, direkte und unmissverständliche Botschaft. Der verstorbenen Person wird mit vernünftiger Sehnsucht gedacht – man möge mir den Widerspruch nachsehen – die um den modalen Pol des transponierten Dorischen herum festgemacht ist, welches wir Modernen in das weit weniger poetische d-moll umändern. Man hat ganz deutlich den Eindruck, vor allem im Tombeau, bei dem die inneren Linien des Kontrapunkts eine grundlegende Aufgabe in der Entwicklung des Diskurses durchführen, dass Gaultier sich das Erbe des Meisters aufladen will, so wie es für jeden Verstor benen oder die Person, die wir verlieren, sein sollte. Doch verwandelt das Wunder der Musik von Gaultier diese Last, diese Bürde in einen Hauch von Leichtigkeit, gleichsam in eine Liebkosung. 5 5 Mouton. Auch er gab zumindest einen Band in Druck, ein sehr kost bares Büchlein, das zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt erschien – den Wissenschaftlern zufolge zu Beginn der 1680er Jahre – und auch er erlebte, wie sein Werk in zahlreichen sowohl von Liebhabern als auch von Berufsmusikern verfassten Manuskripten in ganz Europa verbreitet wurde. Er war wohl innerhalb der französischen Schule der sorgfältigste und fruchtbarste Komponist von tombeaux, einer Form, die er nicht nur in der Struktur der Allemande und der Pavane, sondern auch in der Courante abwandelte. In Bezug auf Mouton machte Gallot einen Schritt in eine andere Richtung. Seine melodischen Linien erweisen sich als noch sangbarer, und seine Harmonik ist mitunter völlig respektlos. Das trifft beispielsweise auf die Chaconne La Comète zu, die von einem überraschenden Septimakkord ausgeht, oder auf die plötzlichen Übergangsmodulationen von La Moscovitte. In einer der Hauptquellen von Gallots Werk, dem in Leipzig (Städtische Bibliotheken. Musikbibliothek II.6.14) aufbewahrten Manuskript, einem in schöner Handschrift und mit großer Sorgfalt verfassten Werk, hat eine müde und wohl schon alte Hand die Allemande La Basilique niedergeschrieben. Dieses Stück ist ein wahres Heiligtum von Gallots Kunst, verschwenderisch in der Lieblichkeit seiner Har monik, im klanglichen Aroma der unvermuteten Unterbrechungen der melodischen Linien und der überraschenden Fortf ührungen. Eine Synthese der besten Kunst der großen französischen Meister der Laute, die für alle Zeiten unübertroffen bleiben werden. Übersetzung: Edgar Sallager - 68 - Trigonale 2009 – Das Programm Pro g r a mm I . L e s A n g e s e t l e Pa r a d i s Ennemond Gaultier (ca. 1580 – 1651) 1. Le Testament du Vieux Gaultier Vieux Gallot (ca. 1625 – 1695) 2. Les Larmes 3. La Comminge Ennemond Gaultier 4. L’Adieu 5. Tombeau de Mezangeau 6. Canaries I I . L e s A n g e s e t l a Co m è t e Vieux Gallot 7. Tombeau du Marechal de Turenne 8. La Moscovitte 9. La Comète Trigonale 2009 – Das Programm - 69 - 5 I I I . L e s A n g e s e t M a da m e Fr a n co Pava n Charles Mouton Der italienische Lautenist und Theorbist schloss sein Studium der Laute und Musikwissenschaft in Mailand mit summa cum laude ab und ist seither mit den wichtigsten italienischen Ensembles im Bereich der Alten Musik, wie Concerto Italiano, Accordone, La Cap pella della Pietà dei Turchini, La Risonanza, La Venexiana sowie mit dem Londoner Ensemble Trinity Baroque aufgetreten. Er arbeitet mit namhaften Dirigenten wie Rinaldo Alessandrini, Enrico Gatti, Alan Curtis, Julian Podger, Roberto Gini, Antonio Florio, Alessandro Ciccolini und Claudio Cavina zusammen und hat in den bedeutendsten Konzerthäusern weltweit gastiert (u. a. Konzert haus und Musikverein Wien, Konzerthaus Berlin, Cité de la Musique, Paris, Auditorio Nacional, Madrid, Teatro Colon, Buenos Aires, Toppan Hall, Tokyo). Weiters ist er in Uruguay, Chile, Mexi ko, Kolumbien, Brasilien, China, Ägypten und Marokko aufgetreten. (1617 – ca. 1700) 10. Prélude 11. Tombeau de Madame 12. La Volage 13. La Libertin 14. La belle Florentine 15. La belle danseuse 5 I V. L e s A n g e s s u r l a T e r r e Vieux Gallot 16. La Basilique Charles Mouton 17. Le Doux Hymen Monsieur Du Faux 18. Sarabande Charles Mouton Franco Pavan hat über 40 CDs aufgenommen (u.a. mit den Platten firmen Opus 111, Emi und Virgin, Glossa, Cyprès, Cantus, Alpha) und Preise, wie den Gramophon Award, Diapason d’Or oder Premio Vivaldi della Fondazione Cini (Venedig) gewonnen. Weiters hat er Aufnahmen für zahlreiche europäische und internationale Radio- und Fernsehsender eingespielt. Seine Soloaufnahme »Le Mouton Fabuleux« gewann den »Premio del Disco Amadeus 2009«. 19. L’Heureux Hymen Er unterrichtet die Fächer Laute und Kammermusik für historische Musikinstrumente am Konservatorium E. F. Dall’Abaco in Verona und schrieb musikwissenschaftliche Artikel über die Geschichte der Laute und die Musik des frühen 17. Jahrhunderts sowie eine Abhand lung über neue Dokumente zu Monteverdi und Carlo Gesualdo. Er - 70 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 71 - 5 hat an der neuen Ausgabe des »New Grove Dictionary of Music and Musicians« und an der Enzyklopädie »Die Musik in Geschichte und Gegenwart« mitgearbeitet. Er ist Mitglied des Redaktionskomitees des »Journal of the Lute Society of America«. Übersetzung: Elisabeth Schleicher Au t o g r a mm Fr a n co Pava n 5 5 - 72 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 73 - Sonntag, 13.09., 15.00 Uhr Dom zu Maria Saal ... dass tiefes Geheimnis es bleibe. das Kommen des christlichen Erlösers uminterpretiert hat. Lassos Sibyllen-Sprüche glänzen musikalisch vor allem durch eine ungewöhnliche Harmonik, die das Rätselhafte dieser Texte auch akustisch illustriert. »Zur absonderlichen Erquickung des Gehörs componirt« Einleitung In unserer aufgeklärten, rational durchtechnisierten Welt von heute gibt es sie kaum noch, die Mysterien, die geheimnisvollen Dinge, welche man weder erklären noch begründen kann. Und doch gehört auch das Undefinierbare, nicht in Formeln zu Pressende, Transzendente, der kühlen Analytik Unzugängliche, zu unserem Leben. »Die Geheimnisse der Lebenspfade darf und kann man nicht offenbaren« sagt Goethe. Aber man kann sie mittels der Kunst vielleicht zum Sprechen bringen und dem Herzen erfahrbar machen. Orlando di Lasso, der langjährige Münchner Hofkapellmeister, gilt als einflussreichster und bedeutendster europäischer Komponist am Ende des 16. Jahrhunderts. Im vorliegenden Programm erklingen seine berühmten »Prophetien der Sibyllen« – zwölf kurze Stücke samt einem Prolog, die in mancherlei Hinsicht rätselhaft sind. Diese Sibyllen waren in der Literatur der Antike so etwas wie »weissagende Frauengestalten«. Eine seltsam verschlossene Welt von Aberglauben, vorchristlichem Mythos und Orakel tut sich da auf. Auf wundersamen Weg gelangt dieses ursprünglich heidnische Gedankengut ins Christentum. Die zwölf Sibyllen wurden als die Entsprechung der zwölf Apostel aufgefasst, bei Vergil kann man von einer Sibylle lesen, die die Geburt eines Kaisersohns voraussagt, was man später auf Nichts anderes dachte sich wohl auch Heinrich Ignaz Franz Biber, als er seine Mysteriensonaten komponierte – bezeichnenderweise nicht als liturgisches Werk für den gottesdienstlichen Gebrauch, sondern einerseits als virtuose, allerlei neuartige und höchst expressive Effekte ausprobierende Violinmusik, andererseits als beschaulich-meditative Kammermusik, deren Erscheinungsbild jedoch hauptsächlich durch profane Tanzsätze charakterisiert ist. Wenngleich an einigen Stellen ein gewisser Pathos nicht fehlt, so begeistert Biber in diesem Zyklus vor allem durch den unaufdringlich-kunstvollen Umgang mit der Violine und die zahlreichen klanglichen Effekte, die er aus ihr herauszaubert. Ein wichtiges Gestaltungsmittel, dessen er sich dabei bedient, ist die Technik der scordatura. Durch das Umstimmen der R e n n e r E n s e m b l e R e g e n s b u rg 6 - 74 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 75 - 6 Geige in untypische Intervalle entstehen ganz ungewöhnliche Zusammenklänge und Klangfarben, die beispielsweise in der »Himmelfahrts-Sonata XII« den Eindruck von Fanfaren und Trompeten erwecken. 6 Als Gegensatz zu den kurzen Stücken der »Prophetiae Sibyllarum« setzen wir in unserem Programm kurze Madrigale des englischen Komponisten Gavin Bryars, der auf Anregung des Hilliard Ensembles einen ganzen Zyklus von Madrigalen auf Texten seines Freundes Blake Morrison geschrieben hat. Interessanterweise arbeitete Gavin Bryars an diesem Zyklus immer montags, sein zweiter Madrigal-Zyklus entstand jeweils dienstags und so sollte es die ganze Woche hindurch gehen. Die Harmonik dieser Madrigale ist in erster Linie schlicht und einfach gehalten, hält aber auch Überraschungen bereit, die den Wert und Inhalt des Textes sehr gut zum Tragen bringt. 1670 trat er in den Dienst des Erzbischofs in Salzburg. 1678 erhielt er dort die Stelle des Vizekapellmeisters, um 1684 die des Kapellmeisters. 1690 verlieh ihm Kaiser Leopold I. ein Adelsprädikat. Ab nun durfte er sich Heinrich Ignaz Franz von Biber nennen. Bis zu seinem Tod 1704 blieb der Komponist in den Diensten seines Salzburger Dienstherrn. Heinrich Ignaz Franz von Biber (1644 – 1704) war ein böhmischer Komponist und zählte zu den virtuosesten Geigern der Barockzeit. In einem Jesuiten-Gymnasium erhielt er seine musikalische Ausbildung. 1668 bekam er seine erste Anstellung als Hof-Musiker und Kammerdiener eines hohen Geistlichen in Olmütz, Mähren. Von einer Reise nach Innsbruck kehrte er unerlaubterweise nicht zurück. Auf dieser Reise kam er mit dem zu seiner Zeit berühmten Geigenbauer Jakobus Stainer in Kontakt, der ihn später in einem Schreiben als »der vortreffliche Virtuos Herr Biber« erwähnte. Ab Heinrich Ignaz Biber gilt als genialer Violinvirtuose seiner Zeit. Bei wenigen Geigern und Komponisten vor seiner Zeit findet man so häufig Doppelgriffe, Dreier- und Viererakkorde wie bei Biber. Er beherrschte, damals selten, das Violinspiel bis in die siebte Lage. Die 15 Mysteriensonaten (»Rosenkranzsonaten«), entstanden um 1676, zählen zu den bedeutendsten Beispielen instrumentaler barocker Stimmungs- und Klangkunst. Ihr Thema ist das Leben Jesu und seiner Mutter Maria, komponiert in drei Zyklen zu je fünf Sonaten. Mystischer und musikalischer Höhepunkt dieser anspruchsvollen Komposition ist zweifellos die Sonate Nr. XI, während deren Spiel die Violinsaiten im Wirbelkasten und zwischen Steg und Saiten halter vertauscht werden, sodass ein Kreuz (als Symbol für den Kreu zestod Christi und seine überirdische Auferstehung) nicht nur akustisch, sondern auch optisch wahrnehmbar wird. Mit einfallsreichen und anspruchsvollen Klangmitteln komponiert (zB das absichtliche Verstimmen der Violine), verlangen die Mysteriensonaten vom Interpreten bedeutende technische und künstlerische Fähigkeiten. Die Sonaten I – V sind freudenreichen Mysterien gewidmet: von der Verkündigung bis zur Kindheit Jesu. Die nächsten Sonaten VI – X bringen die schmerzhaften Mysterien des Leidens zum Ausdruck: von der Passion bis zur Kreuzigung. Die letzten fünf Sonaten XI – XV bringen die glorreichen Mysterien von der Auferstehung Jesu bis zur Himmelfahrt und Krönung Mariä zum Ausdruck. - 76 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 77 - H. I. F. von Biber und seine Mysteriensonaten 6 Pro g r a mm Orlando di Lasso (1532 – 1594) Orlando di Lasso (1532 – 1594) Prophetiae Sibyllarum Carmina chromatico 1. Sibylla Persica 2. Sibylla Libyca Heinrich Ignaz Franz Biber (1644 – 1704) 1676: 15 Mysteriensonatas (Rosenkranzsonaten) Ankündigung der Geburt Christi durch den Erzengel Gabriel 6 3. Praeludium, 4. Variatio. Aria Allegro 5. Finale Prophetiae Sibyllarum 11. Sibylla Samia 12. Sibylla Cumana 13. Sibylla Hellespontica 14. Sibylla Phrygia Gavin Bryars (*1643) aus: First Book of Madrigals 15. Nr. 7 She’d buy things 16. Nr. 8 All the homely arts and crafts 17. Nr. 10 Who’s the more to blame Orlando di Lasso (1532 – 1594) Orlando di Lasso (1532 – 1594) Prophetiae Sibyllarum 6. Sibylla Delphica 7. Sibylla Cimmeria Prophetiae Sibyllarum 18. Sibylla Europaea 19. Sibylla Tiburtina 20. Sibylla Erythraea 21. Sibylla Agrippa Gavin Bryars (*1643) aus: First Book of Madrigals 8. Nr. 1 Web 9. Nr. 2 Stormy 10. Nr. 3 Almond Tree - 78 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 79 - 6 texte Orlando di Lasso – Prophetiae Sibyllarum Prolog Carmina chromatico quae audis modulata tenere, Haec sunt illa, quibus nostrae olim arcana salutis Bis senae intrepido, cecinerunt ore sibyllae. 6 Die Weissagungen, die Du hörst, Gesungen in chromatischem Satz, Dies sind jene mit denen Einst die Geheimnisse unseres Heils Zweimal sechs Sibyllen verkündeten Mit unerschrockenem Munde. 1. Sibylla Persica Virgine matre satus pando residebit aselo, jucundus princeps, unus qui ferre salutem rite queat lapsis tamen illis forte diebus. Multi multa ferent imensi fata laboris. Solo sed satis est oracula prodere verbo: ille deus casta nascetur virgine magnus. Kommen wird der Jungfrau Sohn, sitzend auf dem Rücken des Esels. Der herrliche Fürst, er allein kann bringen das Heil, kraftvoll und stark, in die ach so flüchtigen, dunklen Tage. - 80 - Trigonale 2009 – Das Programm Viele tragen mühsam. Allein, es ist genug, den Spruch zu bannen in dieses Wort: Jener Göttliche wird hervorgeh’n aus der Jungfrau Schoß. 2. Sibylla Libyca Ecce dies venient, quo aeterno tempore princeps iradians sata laeta viris sua crimina tollet, lumine clarescet. cuius synagoga recenti sordida, qui solus reserabit labra reorum. aequus erit cunctis, gremio rex membra reclinet reginae mundi, sanctus per secula vivus. 6 Siehe, der Tag kommt herbei, da für alle Ewigkeit der Fürst dem Erdkreis schenkt große Freude, allen Sündern ihre Schuld wegnimmt, strahlend in Licht getaucht. Und seine Gemeinschaft wird gar schnell Sündenlast ohne Zahl fortnehmen vom Herzen der Menschen. Gnädig ist er allein. Und es kommt der Fürst aus dem Schoß der Himmelskönigin, heilig zum ewigen Leben. 6. Sibylla Delphica Non tarde veniet, tacita sed mente tenendum hoc opus, hoc memoria semper, qui corde reponet, huius pertendant cor gaudia magna prophetae eximia, qui virginea conceptus ab alvo prodibit, sine contactu maris omnia vincit hoc naturae opera, at fecit, qui cuncta gubernat. Trigonale 2009 – Das Programm - 81 - Nicht spät wird es kommen, aber schweigend im Sinne zu behalten ist dieses Werk. Wer dies immer im Herzen behält, dessen Herz werden die großen Freuden eines außerordentlichen Propheten durchdringen, der von jungfräulichem Leib empfangen hervorgehen wird, ohne Berührung eines Mannes; dies wird alle Werke der Natur über winden. geschaffen hat es aber, der alles regiert. 7. Sibylla Cimmeria 6 In teneris annis facie insignis honore militiae aeternae regem sacra virgo cibavit lacte suo, per quem gaudebunt pectore summo omnia, et eoo lucebit sydus ab ore mirificum. sua dona magi cum laude ferentes objicient puero myrham, aurum, thura sabaea. Im zartesten Alter, strahlend das hell Gesicht, zum Jubel der himmlischen Heerscharen hat die heil’ge Jungfrau mit ihrer Milch ihn genährt, durch den erfreuet wird im Herzen alle Welt. Und durch sein Licht wird hell der Himmel im Umkreis gar wunderbar. Ihre Gaben bringen lobend die Könige, herschaffen sie für das Kind Myrthe, Goldstaub, Weihrauch von Saba. - 82 - Trigonale 2009 – Das Programm 8. aus: First Book of Madrigals – Nr. 1 Web The spider’s lurking-parlour its vestibule of thread the spin of its walls closing in and round us until the hall we entered hoping to visit life becomes the manor of our death. No skylight over the door no flue of air only the trap of shadows and darkness ripening in the heart of the sun. Der Spinne Lauer-Salon Ihr Vestibül aus Garn Der Dreh ihrer Wände Kommt näher und umschliesst uns Bis die Halle die wir betraten Mit der Hoffnung auf leben Zum Gutshaus unseres Todes wurde. Kein Oberlicht über der Tür Kein Luftschacht Nur die Schattenfalle Und Dunkelheit reift Im Herzen der Sonne. Trigonale 2009 – Das Programm - 83 - 6 9. aus: First Book of Madrigals – Nr. 2 Stormy 10. aus: First Book of Madrigals – Nr. 3 Almond tree I should have seen from your eyes and the lightning which broke in them the storms that lay ahead. We met under the fork of an almond tree as March came slowly into leaf. Our love blossomed like a snow-storm. White confetti paved the street. The white ecstasy of bedsheets, smashed pots and broken furniture the forked static of your touch. But storms pass like headaches do. Today the rain, in carpet-tacks. Alone together, we watch the rain. 6 Ich hätte es in deinen Augen Und dem Blitzschlag in ihnen sehen sollen Welche Stürme vor uns lagen. Die grell weisse Extase von Bettüchern Zerschmissene Vasen und zerbochene Möbel Die gezackte Spannung deiner Berührung. Aber Stürme vergehen so wie Kopfweh’ Heut der Regen, wie Teppichnägel. Alleine zusammen beobachten wir ihn. - 84 - Trigonale 2009 – Das Programm What are we to do now autumn’s here? Your eyes are cold, my arms have shrunk. The years seem a tangle of dry twigs. Can we through them without love? Wir trafen uns unter der Gabelung eines Mandelbaumes, Als sich der März langsam auf den Blättern zeigte. Unsere Liebe blühte wie ein Schneesturm auf. Weißes Konfetti pflasterte die Strasse. Und jetzt, da der Herbst da ist, was tun wir jetzt? Deine Augen erkaltet, meine Arme geschrumpft. Die Jahre scheinen wie ein Bündel Reisig. Kommen wir durch sie hindurch ohne Liebe? Trigonale 2009 – Das Programm - 85 - 6 11. Sibylla Samia Ecce dies, nigras quae tollet laeta tenebras, mox veniet solvens nodosa volumina vatum gentis Judaeae. Referent, ut carmina plebis hunc poterunt, clarum virorum tangere regem, humano quem virgo sinu inviolata fovebit. Annuit hoc coelum, rutilantia sidera monstrant. 6 Siehe, heller Tag, der von uns nimmt Nacht und Dunkelheit, kommt bald herauf. Er wird auflösen geheimnisvollen Spruch im Volk der Juden. Er deutet wie Volkesmund getreulich weitergibt, auf die Ankunft des herrlichen Königs, den an ihrer Menschenbrust die gebenedeite Jungfrau nährt. Das kündet der Himmel, es verkündigen leuchtend die Sterne. 12. Sibylla Cumana Iam mea certa manent et vera novissima verba, ultima venturi quod erant oracula regis, qui toti veniens mundo cum pace placebit, ut voluit nostra vestitus carne decenter, in cunctis humilis. Castam pro matre puellam deliget. Haec alias forma praecesserit omnes. - 86 - Trigonale 2009 – Das Programm Nun werden sicher bleiben und wahr meine heiligsten Worte, die da verkündigten und zeigten das Kommen des Königs, der naht, die Welt zu erlösen und Frieden bringt allen. Nach seinem Willen in Gestalt der Menschen, bescheiden, in aller Niedrigkeit. Rein ist die Jungfrau, die er zur Mutter wählt. In heiliger Gestalt besiegt er dann alle. 13. Sibylla Hellespontiaca Dum meditor quondam, vidi decorare puellam eximio castam, quod se servaret honore munera digna suo et divino numine visa quae sobolem multo pareret splendore micantem progenies summi speciosa et vera tonantis pacifica mundum, qui sub ditione gubernet. Da ich nachsann einstmals, sah ich, wie sich schmückte die Jungfrau, die herrliche, die reine, um zu bewahren in Ehren Gaben, die würdig ihrer und Zeichen des göttlichen Willens. Den Sohn wird sie uns gebären in seinem Glanze strahlend, der ausgeht vom Höchsten, auserwählt und wahrhaftig, voll Gewalt und friedevoll ewig, der in der Herrlichkeit regieret. Trigonale 2009 – Das Programm - 87 - 6 14. Sibylla Phrygia Ipsa Deum vidi summum punire volentem mundi homines stupidos et pectora caeca rebellis, et quia sic nostram complerent crimina pellem. Virginis in corpus voluit demittere coelo ipse Deus prolem, quam nunciat angelus alma matri quo miseros contracto sorte lavaret. 6 Selber schaut ich Gott, den Höchsten, da er strafen wollte aller Menschen groß Eitelkeit und auch die verblendeten Sünder, weil nunmehr gefüllt ist das Maß der Missetat und Schuld. In den Leib der Jungfrau wollte dann herniedersenden Gott voll Erbarmen den Sohn, wie es verkündet Engelsmund der Mutter, die Sünder allzumal selig zu machen. 15. aus: First Book of Madrigals Nr. 2 Stormy She ’d buy things, expecting our lives to flourish because the objects surrounding them had changed. My line was different: no matter how and where we lived, we were what we were, unalterably. Sie kauft Dinge, erwartet unser Leben aufzublühen denn die Objekte der Umgebung hatten sich verändert. Mein Grundsatz war ein anderer: egal wie und wo wir lebten, wir waren wie wir waren, unveränderlich. - 88 - Trigonale 2009 – Das Programm 16. aus: First Book of Madrigals – Nr. 8 All the homely arts and crafts All the homely arts and crafts – the soft plinth of a tounge, the Guggeheim of an ear, the weave of hands and hair – are nothing next to the science of these eyes unseen until tonight, this lip lightly charred from the soft combustion of a kiss. Alle schlichten Künste und Fertigkeiten – die weiche Plinthe einer Zunge, das Guggenheim eines Ohres, das Gespinst aus Händen und Haaren – sind nichts im Vergleich zur Wissenschaft dieser bis heute Nacht ungesehenen Augen, dieser Lippe, leicht verkohlt von der weichen Verbrennung eines Kusses. 17. aus: First Book of Madrigals Nr. 10 Who’s the more to blame? Who’s the more to blame? You for having eyes a soul could drown in? Or me for falling in? Let’s not argue who’s to blame. Trigonale 2009 – Das Programm - 89 - 6 The only points at issue are the ones that shrink and widen in your eyes. My eyes have grown dim from patrolling the days like a camera lens, trawling for your eyes. Here ’s you in New York Here ’s you in London. Your eyes are everywhere. Where are your eyes? 6 Wer hat denn nun größere Schuld? Du, weil du Augen hast in denen eine Seele ertrinken könnte? Oder ich, weil ich hineingefallen bin? Eigentlich ist es ganz egal. Die einzigen Punkte die zählen sind die, die in deinen Augen schrumpfen und wachsen. Meine Augen sind trübe geworden, da sie während der Tage auf Streife gingen wie eine Kameralinse, auf der Suche nach deinen Augen. Du, in New York Du, in London. Deine Augen sind überall. Wo sind deine Augen? - 90 - Trigonale 2009 – Das Programm 18. Sibylla Europæa Virginis aeternum veniet de corpore verbum purum, qui valles et montes transiet altos, ille volens etiam stellato missus olympo, edetur mundo pauper, qui cuncta silenti rex erit imperio. Sic credo et mente fatebor: humano simul et divino semine natus. Aus dem Leib der Jungfrau wird kommen das ewige und reine Wort. Der über Täler und hohe Berge steigt, jener Starke, der fürwahr vom hohen Sternenzelt herkommt, tritt in die Welt als Armer, der ganz voller Stille wird allmächtiger König sein. So glaub ich und sage es allen: ein Mensch ist zugleich aus göttlichem Samen entsprossen. 19. Sibylla Tiburtina Verax ipse Deus dedit haec mihi munia fandi carmine, quod sanctam potui monstrare puellam. Concipiet, quae nazareis in finibus illum, quem sub carne Deum bethlemitica rura videbunt. o nimium felix, coelo dignissima mater, quae tantam sacro lactabit ab ubere prolem. Trigonale 2009 – Das Programm - 91 - 6 Wahrheit einzig von Gott hat mir gegeben Kräfte, zu reden durch mein Lied, dass heilig ich vermocht zu zeigen die Jungfrau wie sie empfing in Nazareths kargen Gefilden jenen, de rim Fleische Gott war und den Bethlehems Felder erblickten. O allerseligste, himmlisch gesegnete Mutter, die du ein solches Kind nährest an heiligen Brüsten. 20. Sibylla Erithrea 6 Cerno Dei natum, qui se dimisit ab alto. Ultima felices referent cum tempora soles. Hebraea, quem virgo feret de stirpe decora, in terris multum teneris passurus ab annis, magnus erit tamen hic divino carmine vates, virgine matre satus, prudenti pectore verax. Ich schaue Gottes Sohn, wie er herabsteigt vom Himmel. Dann werden in Glück verwandelt sein die düsteren Zeiten. Den die hebräische Magd hervorbringt aus edlem Stamm, auf Erden wird von Anbeginn er groß‘ Leiden tragen. Mächtig sieht ihn dennoch im göttlichen Liede der Seher, denn es ist der Jungfrau Sohn mit Weisheit angetan wahrlich. - 92 - Trigonale 2009 – Das Programm 21. Sibylla Agrippa Summus erit sub carne satus, charissimus atque virginis et vere complevit viscera sanctum verbum consilio sine noxa spiritus almi, despectus multis tamen ille salutis amore arguet et nostra commissa piacula culpa, cuius honos constans et gloria certa manebit. Höchster ist, der im Fleische Mensch ward, und Teuerster wahrlich, jungfräulich wird er dann erfüllen heil‘gen Leib als Gottes Wort, nach seinem Rat ohne Schaden. Doch den Geist Gottes verachten viele, jener aus Liebe zum Heil wird aufdecken all unsre große Sünde und schwere Missetat. Denn sein Lob ist ewig und herrlich bleibt immerdar sein Ruhm. R e n n e r E n s e m b l e R e g e n s b u rg Musikalische Vielfalt und klangliche Perfektion waren die Ziele, als Bernd Englbrecht 1987 das Renner Ensemble Regensburg, benannt nach dem Regensburger Domorganisten und Komponisten Josef Renner (1868 - 1934), gründete. Von Anfang an verstand es das junge Ensemble, dessen Mitglieder ihre musikalische Ausbildung am Musikgymnasium der Regensburger Domspatzen erhielten, auf international höchstem Niveau zu musizieren. Prämierungen und Preise bei zahlreichen Wettbewerben und Festivals weltweit unterstreichen dies eindrucksvoll. Trigonale 2009 – Das Programm - 93 - 6 6 Seit 2003 leitet nunmehr Jörg Genslein die Geschicke des Ensembles, das durch seine große Vielseitigkeit besticht: Das Repertoire umspannt Chorwerke für Männerstimmen quer durch die Jahrhunderte - von früher mittelalterlich Mehrstimmigkeit über Werke der Renaissance und der Romantik bis hin zu experimenteller zeitgenössischer Vokal-Avantgarde, wobei das Hauptaugenmerk auf kontrastreiche Programme, auf Neuentdeckungen, die mit Altbekanntem korrespondieren, gerichtet ist. Kammerchor, dessen 1. Dirigent er ist, und Dirigenten wie Riccardo Chailly, Adam Fischer oder Herbert Blomstedt. Im Mai 2008 wurde Jörg Genslein zum neuen künstlerischen Leiter des renommierten überregionalen Kammerchores »Thüringischer Akademischer Singkreis« (TASK) gewählt. Jörg Genslein Au t o g r a mm e R e n n e r E n s e m b l e R e g e n s b u rg Die Biografien von Judith und Tineke Steenbrink finden Sie auf Seite 41. In Bamberg geboren, erhielt Jörg Genslein seine erste musikalische Ausbildung bei den Regensburger Domspatzen. Nach dem Abitur studierte er zunächst zwei Jahre lang Gesang bei Agnes Abele-Habereder an der Musikhochschule Nürnberg-Augsburg. Im Oktober 2002 wechselte er nach Dresden und nahm dort das Studium der Chorleitung bei Prof. Hans-Christoph Rademann auf, das er im Mai 2007 erfolgreich abschloss. 6 Als Nachfolger von Prof. Dr. Bernd Englbrecht leitet Jörg Gens lein seit September 2003 die Geschicke des Renner Ensemble Regensburg, mit dem er schon mehrere erste Preise bei internationalen Wettbewerben gewinnen konnte. Konzertreisen führten nach Frankreich, England, in die Schweiz und nach Südostasien. Ein weiteres Ergebnis dieser Arbeit liegt nun mit der aktuell vorliegende CD-Einspielung »...wallen Engel durch das Korn...« mit Werken von Max Reger und Hugo Wolf vor. Jörg Genslein folgte Einladungen zur Zusammenarbeit mit bedeu tenden Klangkörpern wie dem RIAS Kammerchor, dem Dresdner - 94 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 95 - Sonntag, 13.09., 19.00 Uhr Stiftskirche St. Georgen am Längsee The Italian legacy alive Einleitung Licht und Schatten. Leben und Tod. Himmel, Hölle, Fegefeuer. Italien im 17. Jahrhundert. Oper, heilige Kirche, Bordelle, Heilige, Prostituierte, Prima pratica, Seconda pratica, Kastraten, Mörder, Schönheit und Schwarzer Tod. Eine Gesellschaft, in der die Nähe zum Tod das Leben prägte. M e l o p o e t i c a & C l a r e Wi l k i n s o n 7 Barbara Barros, Sara Deborah Struntz: Barockvioline Iason Ioannou: Barockcello Erik Dippenaar: Cembalo, Orgel Clare Wilkinson: Mezzosopran Die Möglichkeit des Vergleichs, oder vielmehr die Feststellung, dass Klangfarben und Noten im Hinblick auf das musikalische Pathos durchaus unterschiedliche Wirkungen entfalten, begründete im barocken Denken einen der fundamentalen Gegensätze der damaligen Zeit: Chiaro e Scuro – Hell und Dunkel. In der Musik manifestierte sich dieser Kontrast in vielfältiger Weise: kurze und lange Notenwerte, schnell und langsam, leicht und schwer, forte und piano, bis hin zu Dur- und Molltonarten. Philosophisch betrachtet sind beide nur Seiten einer Medaille, die unweigerlich auf dasselbe Ziel zulaufen – und doch sind es gerade das jederzeit mögliche Drehen der Münze, Gegenüberstellung und Wechselspiel, die Musik entstehen lassen. Einen ersten Einblick in das Chiaro vermittelt uns die Arie von La Musica aus dem Prolog in Monteverdis Oper L'Orfeo (1607). La Musica (die Musik in Person) teilt uns mit, dass sie von Orpheus singen möchte, der mit seinem Gesang wilde Tiere bändigen und selbst die Unterwelt verzaubern konnte. Sie versichert uns, dass - 96 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 97 - 7 7 sie die Macht habe, selbst ungerührte Herzen mit Ruhe, Zorn oder Liebe zu erfüllen. Einer dunkleren Note bzw. mehr dem Scuro erhaftet, zeichnet sich Dario Castellos Sonata IV durch die für den damaligen Stylus Phantasticus so typische Kombination aus dramatischer Klage und sanfteren Harmonien aus. Se l’Aura Spira, ein gewinnendes Stück über Glück und Freuden der Liebe, komponiert von einem der Väter der italienischen Musik, wie Girolamo Frescobaldi seinerzeit beschrieben wurde, sorgt als musikalische Retrospektive in dieser ersten Hälfte unseres Konzerts für einen Moment der Besinnung. In gewohnter Eloquenz schließt Castello mit einem denkbar verblüffenden und dissonanten Fugato an, auf das ein Stück im charakteristischen venezianischen Stylus Phantasticus mit wechselnden Allegros und Adagios folgt, die in einer der surrealsten, wenn nicht magischsten Schlusspassagen des 17. Jahrhunderts gipfeln. Es folgt Marinis Sonata Sopra, ein ausgesprochen improvisatorisches Stück, wenn auch als Sonata da chiesa und damit als sakrales Werk komponiert, dessen Harmonien für das Hören in andächtiger Versenkung bestimmt waren. Konzert mit der Klage eines weiteren verlassenen Liebenden: mit Vivaldis Kantate Cessate, omai cessate. Diesmal ist der Liebende männlichen Geschlechts; er bedient sich jedoch für seine Klage der weiblichen Stimme, da die Ausführung von Klagegesängen, oftmals an Irrationalität und Wahnsinn grenzend, traditionell eine Domäne der Frauen war. Denken wir daran, dass Orpheus, von dem La Musica zu Beginn des Abends sang, von den weiblichen Mänaden zerrissen wurde, als er seine Klage anstimmte. Wir hoffen, mit unserer Musik in Ihnen gleichermaßen lichte und dunkle Emotionen wecken zu können... Io La Musica son... et hor di nobil ira, et hor d’amore posso infiammar le più gelate menti... Hor, mentre i canti alterno, hor lieti, hor mesti, non si mova augellin fra queste piante... 7 Übersetzung: Almut Lenz-Konrad Der zweite Teil unseres Konzerts beginnt hell und hoffnungsvoll mit Merulas bekannter Ciaccona. Dunkler wird es erneut mit Bononcinis Kantate Il Lamento d’Olympia (1721), der leidenschaftlichen Klage der Olimpia, zwischen Kummer und Zorn schwankend, als sie erwacht und entdeckt, dass ihr Geliebter sie verlassen hat. Vivaldis Sonata IX für Cello nimmt die Form einer Kammersonate oder Suite an und lässt uns mit ihrem grüblerischen, klagenden Charakter, trotz ihrer tänzerischen Elemente, noch im Reich des Scuro verweilen. Die Triosonate in d-Moll von Locatelli kombiniert zwei dramatische und dissonante Sätze mit einer überraschend in Dur abschließenden Pastorale. Wir beenden das - 98 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 99 - Pro g r a mm Paus e Italiens lebendiges Erbe - Chiaro e Scuro Tarquinio Merula (1670-1747) Claudio Monteverdi 7. Ciaccona (1567 – 1643) 1. Prologo: La Musica aus L’ Orfeo (1607) Dario Castello Giovanni Bononcini (1670 - 1747) 8. Il Lamento d’Olimpia (ca. 1590 – ca. 1630) Cantata à voce sola con violini 2. Sonata Duodecima Girolamo Frescobaldi (1583 – 1644) 3. Se l'Aura Spira Antonio Vivaldi (1678 – 1741) 9. Sonata IX Per violoncello solo RV 42 7 7 4. Sonata II Pietro Locatelli (1695 – 1764) 10. Sonata V in D Sonate concertate in stil moderno, 1629, Venedig Opera Quinta Biagio Marini 5. Sonata sopra fugge dolente Antonio Vivaldi (1678 – 1741) 11. Cessate, omni cessate Sonate da Chiesa e da Camera, Opera XXII, Venedig omai cessate, Cantata RV 684 Dario Castello (ca. 1590 – ca. 1630) (1594 – 1663 ) D. Agostino Olivero (1594 – 1663 ) 6. Laudate pueri Dominum floruit 1667 - 100 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 101 - texte Prolog: Die Musik aus L’ Orfeo (1607) 1. Prologo: La Musica aus L’ Orfeo (1607) Von meinem geliebten Permessos komme ich her zu euch, Ruhmreiche Helden, edles königliches Geblüt, Von deren vortrefflichen Ruhmestaten die Legende berichtet Und doch nicht an die Wahrheit herankommt, weil das Ziel zu hoch ist. Dal mio Permesso amato a voi ne vegno, Incliti eroi, sangue gentil di Regi, Di cui narra la Fama eccelsi pregi, Né giunge al ver perch’è tropp’alto il segno. Io la Musica son, ch’ai dolci accenti So far tranquillo ogni turbato core, Et hor di nobil ira, et hor d’amore Posso infiammar le più gelate menti. 7 Ich bin die Musik, und ich vermag mit süßen Tönen Jedes betrübte Herz zu besänftigen, Und bin imstande, bald aus edlem Zorn und bald aus Liebe Die frostigsten Gemüter zu entflammen. Io su cetera d’or cantando soglio Mortal orecchia lusingar talora, E in questa guisa a l’armonia sonora De la lira del Ciel più l’alme invoglio. Zu einer goldenen Leier singend, Pflege ich zuweilen dem Ohr der Sterblichen zu schmeicheln, Und auf diese Art und Weise mache ich Den Seelen mehr Lust auf die harmonischen Klänge der himmlischen Lyra. Quinci a dirvi d’Orfeo desio mi sprona, D’Orfeo che trasse al suo cantar le fere, E servo fe ’ l’Inferno a sue preghiere, Gloria immortal di Pindo e d’Elicona. Hier von Orpheus euch zu erzählen, drängt es mich, Von Orpheus, der mit seinem Singen die wilden Tiere anlockte Und die Unterwelt seinen Bitten Untertan machte, Unsterblicher Ruhm des Pindos und des Helikon. Hor mentre i canti alterno, hor lieti, hor mesti, Non si mova augellin fra queste piante, Né s’oda in queste rive onda sonante, Et ogni Auretta in suo camin s’arresti. Wenn ich nun die Gesänge, fröhliche und traurige, im Wechsel vortrage, Soll kein Vöglein in diesen Bäumen herumfliegen, Noch soll man an diesen Ufern eine Welle rauschen hören, Und aller Lufthauch soll auf seinem Weg innehalten. - 102 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 103 - 7 7 3. Se l'Aura spira Wenn das Lüftchen weht Se l'aura spira tutta vezzosa, La fresca rosa ridente sta. La siepe ombrosa di bei smeraldi D'estivi caldi timor non ha. Wenn das Lüftchen gar lieblich weht, Freut sich die frische Rose. Die schattige Hecke hat keine Angst Vor schönen Smaragden sommerlicher Hitze. A’ balli, a’ balli liete venite, Ninfe gradite, fior di beltà, Or che sì chiaro il vago fonte Dall'alto monte al mar sen va. Zu den Tänzen, zu den fröhlichen Tänzen kommt, Liebe, allerschönste Nymphen, Wo nun so klar der liebliche Quell Hoch vom Berg zum Meer hin fließt. Suoi dolci versi spiega l'augello, E l'arbuscello fiorito sta. Un volto bello all'ombra accanto Sol si dia vanto d'aver pietà. Seine zärtlichen Rufe bringt der Vogel dar, Und das Bäumchen steht voll in Blüte. Ein schönes Gesicht im Schatten nebenan Allein möge stolz sein, Mitleid zu haben! Al canto, al canto Ninfe ridenti, Scacciate i venti di crudeltà. Zum Gesang, zum Gesang, fröhliche Nymphen, Verjagt die Winde von Grausamkeit! - 104 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 105 - 7 6. Laudate pueri Dominum floruit Laudate pueri Dominum, laudate nomen Domini. Sit nomen Domini benedictum ex hoc nunc et usque in saeculum. A solis ortu usque ad occasum laudabile nomen Domini. Excelsus super omnes gentes Dominus et super caelos gloria eius. Quis sicut Dominus Deus noster, qui in altis habitat; Qui humilia respicit in caelo et in terra; Suscitans a terra inopem et de stercore erigens pauperem, Ut collocet eum cum principibus populi sui; Qui habitare facit sterilem in domo matrem filiorum laetantem. Er wohnt im Himmel, er schaut in die Tiefe auf Himmel und auf Erde hinab, er richtet den Schwachen von der Erde auf und den Armen, der im Schmutz liegt, um ihm einen Platz bei den Fürsten seines Volkes zu geben. Er lässt die unfruchtbare Frau im Hause wohnen, sie Mutter werden und an ihren Kindern freuen. Ehre sei dem Vater, dem Sohn und dem heiligen Geist. Wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen. Übersetzung: Felix Kucher 7 Gloria Patri et Filio et Spiritui Sancto, sicut erat in principio et nunc et semper, et in saecula saeculorum. Amen 7 Lobet, ihr Diener, den Herrn, lobt seinen Namen. Der Name des Herrn sei gepriesen von nun an bis in Ewigkeit. Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei der Name des Herrn gelobt. Der Herr ist erhaben über alle Völker, sein Ruhm übersteigt die Himmel. Wer ist wie Gott, unser Herr? - 106 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 107 - 7 8. Il Lamento d’Olimpia Olympias Klage R e c i tat i vo R e z i tat i v Le tenui ruggiade Scotea dal carro d’or Su’l erbe e i fiori la rubiconda Aurora Allor ch’Olimpia, non ben desta ancora Dell amante infedele Vedove a un tratto ritrovò le piume. Sciolse la tema dell’incerto danno Le reliquie del sonno in su’i vei lumi E sospesa e tremante Dal lido alletto e dalla selva al lido Chiamando il nome infido Poiche più volte riporto Le piante su la cima d’un Sasso, il guardo fisse Entro l’aere dubviosa e fra mille lamenti Queste all aure spiegò voci dolente. Zarten Tau aus dem goldenen Wagen schüttelte Auf Gräser und Blumen die rötliche Aurora, Als Olympia, noch gar nicht richtig wach, Vom untreuen Geliebten Das Lager plötzlich verlassen fand. Es löste die Furcht vor dem ungewissen Verlust Die Reste des Schlafs in den schönen Augen auf, Und ratlos und bebend, Vom lieblichen Strand und vom Wald zum Strand Rief sie den treulosen Namen, Und nachdem sie mehrere Male Auf den Gipfel eines Felsen hinauf gerannt war, Starrte sie zweifelnd in die Lüfte und brachte unter tausend Klagen Betrübt dem Windhauch folgende Worte dar: - 108 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 109 - 7 Aria Arie Vasto mar Balze romite Deh’ mi dite Il mio bene ov’è che fà. Onde quiete Aure serene Erbe fiori Ombrose piante Il mio bene se sapete Rispondete per pietà. Weites Meer, Einsame Abstürze, Ach, sagt mir doch, Wo mein Liebster ist, was er macht! Friedliche Wellen, Heitere Brise, Gräser, Blumen, Schattige Bäume: Wenn Ihr etwas von meinem Liebsten wisst, Dann habt Erbarmen und gebt mir Antwort! 7 7 - 110 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 111 - 7 R e c i tat i vo R e z i tat i v Lassa che con la luce La mia doglia s’avvanza Io veggio, oh Dio veggio le gonfie Ingannatrici vele dello Sposo infedele Fuggir per l’acque e portar lunge il vento Colla nave Spergiura il mio lamento. Queste (Bireno ingrato) son le promesse, Il fido amore è questo? Quanti, quanti pur dianzi Sotto il silenzio dell ombrosa notte E il tremolar delle invocate stelle Giuramenti non fè d’esser costante? Misera Olimpia abbandonata amante, In qual mente, in qual seno Più luogo aurà la vereconda fede S’io son schernita e m’ingannò Bireno. Ermattet, da mit dem Licht Mein Schmerz auch zunimmt, Sehe ich, o Gott, sehe ich, wie die geblähten, Betrügerischen Segel des treulosen Gatten Über die Wasser entfliehen, und wie der Wind Mit dem meineidigen Schiff meine Klage ins Weite trägt. Sind das, undankbarer Bireno, die Vesprechungen? Ist das die treue Liebe? Wieviel, wieviele Eide hast du nicht vor kurzem noch In der Stille der schattigen Nacht Und unter dem Glitzern der angerufenen Gestirne Geschworen, du würdest beständig sein? Unglückliche Olympia, verlassene Geliebte! In welchem Geist, in welchem Busen Kann denn die schamhafte Treue mehr Platz haben, Wenn ich verhöhnt werde und Bireno mich betrogen hat? Aria Aria Quando dicea d’amarmi Allor volea lasciarmi E mi tradiva allor. Di mille inganni fabro Fede giurava il labbro Ed era infido il cor. Als er sagte, er liebe mich, Da wollte er mich verlassen, Und da betrog er mich. Von tausend Täuschungen die Schöpferin, Schwor Treue die Lippe Und war untreu das Herz. - 112 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 113 - 7 7 11. Cessate, omni cessate Hört auf, hört auf jetzt! R e c i tat i vo R e z i tat i v Cessate, omai cessate, Rimembranze crudeli D’un affetto tiranno; Già barbare e spietate Mi cangiaste i contenti In un immenso affanno. Cessate, omai cessate Di lacerarmi il petto, Di trafiggermi l’alma, Di toglier al mio cor riposo e calma. Povero core afflitto e abbandonato, Se ti toglie la pace Un affetto tiranno, Perché un volto spietato, un’alma infida, La sola crudeltà pasce ed annida. Hört auf, hört auf jetzt, Schmerzliche Erinnerungen An eine tyrannsiche Leidenschaft! Ihr habt mir doch schon, grausam und unbarmherzig, Die Freuden In einen riesigen Kummer verwandelt. Hört auf, hört auf jetzt, mir die Brust zu zerreißen, Mir die Seele zu durchbohren, Meinem Herzen Rast und Ruhe zu nehmen! Armes betrübtes und verlassenes Herz, Wenn eine tyrannische Leidenschaft Dir den Frieden nimmt, Weil ein mitleidloses Gesicht, eine treulose Seele Grausamkeit allein nur nährt und hegt! - 114 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 115 - 7 Aria Arie Ah, ch’infelice sempre Mi vuol Dorilla ingrata; Ah, sempre più spietata M’astringe a lagrimar. Ach, immer unglücklich Will mich die undankbare Dorilla! Ach, immer unbarmherziger Zwingt sie mich zu weinen! Per me non v’è, no, Non v’è ristoro, Per me non v’è, no, Non v’è più speme, E il fier martoro E le mie pene Solo la morte Può consolar. Für mich gibt es keinen, nein, Gibt es keinen Trost, Für mich gibt es keine, nein, Gibt es keine Hoffnung mehr. Und die grausame Marter Und meine Pein Nur der Tod Kann trösten. R e c i tat i vo R e z i tat i v A voi dunque ricorro, Orridi spechi, taciturni orrori, Solitari ritiri ed ombre amiche, Tra voi porto il mio duolo, Perché spero da voi quella pietade, Che‘n Dorilla inumana non annida. Vengo, spelonche amate, Vengo, spechi graditi, Affine meco involto Il mio tormento in voi resti sepolto. Zu euch kehre ich denn zurück, Schaurige Höhlen, schweigsame Schrecken, Einsame Stätten der Zuflucht und freundliche Schatten, Unter euch trage ich meinen Schmerz, Weil ich von euch jenes Erbarmen erhoffe, Das die unmenschliche Dorilla nicht hegt. Ich komme, geliebte Schlupfwinkel, Ich komme, wohlige Höhlen, Damit, in mir eingeschlossen, Mein Schmerz bei Euch begraben bleibe. 7 7 - 116 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 117 - 7 Aria Arie Nell’orrido albergo Ricetto di pene Potrò il mio tormento Sfogare contento, Potrò ad alto voce Chiamare spietata Dorilla l’ingrata Morire potrò. In der schrecklichen Unterkunft, Obdach von Qualen, Werde ich meine Pein Zufrieden ausleben können, Werde ich mit lauter Stimme Dorilla, die Undankbare, Hartherzig nennen, Werde ich sterben können. Andrò d’Acheronte Su la nera sponda, Tingendo quell’onda Di sangue innocente, Gridando vendetta, Ed ombra baccante Vendetta farò. Ich werde auf des Acheron Schwarzem Gestade dahingehen Und jene Flut Mit unschuldigem Blut färben, Und nach Rache schreien, Und, ein rasender Schatten, Rache auch tun. Sämtliche Übersetzungen aus dem Italienischen: Edgar Sallager - 118 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 119 - 7 Melopoetica entstand 2003 mit dem Ziel, das musikalische Reper toire vom späten sechzehnten Jahrhundert bis zu den klassischen Werken Mozarts und Haydns in frischen und innovativen Aufführungen lebendig zu machen. Seit 2003 hat das in London ansässige Ensemble auf Bühnen der ganzen Welt gespielt. Seine einzigartigen Interpretationen und Auftritte, auf denen das Ensemble sein Publi kum mitriss und bewegte, verhalfen ihm schon bald zu Ansehen. 7 Melopoetica trat auf zahlreichen Festivals in England und in Europa auf, darunter etliche bekannte Namen: London Händel-Festival, Hexham Abbey Festival, Greenwich Early Music Festival, Alte Mu sik Feldkirchen und die Tilford Bach Society. Die Zusammenarbeit mit anderen Ensembles führte sie außerdem nach Griechenland und Schweden. Erst vor kurzem kehrten sie von einer einmonati gen Tournee durch Südafrika zurück. Zu ihren künftigen Projekten zählen Konzerte im Handel House Museum mit der Sängerin Claire Troth, bei der City Music Society und den Farnham Classic Concerts. Melopoetica, oder Musica poetica (aus dem Griechischen melos = Melodie und poiesis = Poesie) hängt eng mit der barocken Affek tenlehre und dem musikalischen Pathos zusammen. Bewegen, be rühren, die Leidenschaft entfachen – so lautete das Hauptanliegen des Barock, wobei als höchstes Ziel die erbauliche Erfahrung angestrebt wurde. »Melopoetica bevorzugt eine rhetorische Aufführung unter dem barocken Mandat des Affectus movere«. Iason Ioannou / Übersetzung: Almut Lenz-Konrad Clare Wilkinson Der Begriff Melopoetica wurde von Gelehrten und Komponisten des 17. und des 18. Jahrhunderts verwendet und bezeichnete die Beziehung zwischen Rhetorik und Musik. Die Stimme von Clare Wilkinson ist als ‘makellos… innig ... himmlisch...’ beschrieben worden (Early Music America). Die junge Sängerin ist besonders gefragt für ihre Interpretationen der Werke Johann Sebastian Bachs und trat bereits in der Londoner Wigmore Hall, dem Concertgebouw Amsterdam, der Londoner Royal Albert Hall, dem Pariser Théâtre des Champs-Elysées und dem New Yorker Lincoln Center auf. Clare wurde als Tochter einer Musiker familie in Manchester (Großbritannien) geboren und gab bereits im Alter von 17 Jahren ihr erstes Konzert mit dem Ensemble Musica Antiqua London. Sie studierte Altphilologie am Trinity College in Cambridge, wo sie auch ein Stipendium für den international renommierten Chor erhielt. Im Anschluss daran folgte ein Aufbaustudium im Fach Gesang am Trinity College of Music in London. Im Jahr 2004 arbeitete sie erstmals mit John Eliot Gardiner zu sammen, seither sang sie alle großen Werke von Bach und zahlreiche Werke weiterer Komponisten unter seiner Leitung. Clare Wilkinson arbeitete außerdem mit renomierten Künstlern wie Laurence - 120 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 121 - Melopoetica wurde 2006 vom Trinity College of Music mit dem Titel »English Concert Junior Fellow« ausgezeichnet. Die Mitglieder des Ensembles sind Bárbara Barros, Barockvioline, Iason Ioannou, Barockcello und Erik Dippenaar, Cembalo. Bárbara spielt eine 2005 gebaute Amati-Kopie von Willibrord Crijnen und Iason spielt eine ebenfalls aus dem Jahr 2005 stammende GofrillerReproduktion von Clive Morris. 7 Cummings, Christophe Rousset oder Nicolas Kraemer. Als leidenschaftliche Kammermusikerin tritt sie auch regelmäßig mit den Gamben-Ensembles Fretwork und The Rose Consort of Viols auf. Clare Wilkinson fühlt sich auch auf der Schauspielbühne zuhause. Als Mitglied von I Fagiolini wirkte sie an dem mehrfach ausgezeichneten szenischen Projekt The Full Monteverdi mit. Autogr amme Melopoetica & Cl are Wilkinson Zahlreiche Rundfunk-, Fernseh- und CD-Aufnahmen belegen ihr reiches künstlerisches Schaffen. Die Aufnahme von Georg Friedrich Händels Messiah mit dem Ensemble The Dunedin Consort wurde im Jahr 2007 mit dem Gramophone Award ausgezeichnet. 7 7 - 122 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 123 - Mittwoch, 16.09., 19.00 Uhr Rathaus St. Veit Die Venezianische Komödie Masken Pantalone, Isabella, Zanni: Robert Hollingworth Dr. Graziano, Diener: Eamonn Dougan Il Capitano, Diener: Charles Gibbs Hortensia, Francatrippa: William Purefoy Isabella: Clare Wilkinson Regie: Peter Wilson MBE Künstlerische Beratung (Maskenspiel): Toby Wilsher Masken: Ca’Macana, Venice Bühnenbild: Roy Monk I Fag i o l i n i 8 Robert Hollingworth: Leitung Einleitung Anna Crookes: Sopran Clare Wilkinson: Mezzosopran William Purefoy: Countertenor James Oxley, Nicholas Hurndall Smith: Tenor Eamonn Dougan: Bariton Charles Gibbs: Bass »L’Amfiparnaso« und die »Commedia dell’arte« Catherine Pierron: Cembalo David Miller: Erzlaute Gerd Wameling: Erzähler Gesprochene Texte: Timothy Knapman Übersetzung: Franz-Karl Opitz - 124 - Trigonale 2009 – Das Programm L’Amfiparnaso von Orazio Vecchi (1550–1605) ist eine Art Bilderbuch in Worten und Musik, eine Sammlung komischer Szenen. Dieses ursprünglich in Venedig 1597 in einer schönen Ausgabe mit Holzschnitten und kleinen Verseinleitungen zu jeder Szene veröffentlichte Werk ist mustergültig für eine im späten sechzehnten und frühen siebzehnten Jahrhundert blühenden Kunstform: jene zyklisch gefassten Madrigale über das gesellschaftliche Leben und den Zeitvertreib einfacher Menschen in Norditalien, besonders während der Karnevalszeit, beim Feiern oder auf Reisen. In mehreren solchen Zyklen treten diverse lebhafte Charaktertypen auf, um sich musikalisch porträtieren zu lassen: Kesselflicker und Ausrufer, Gon dolieri und Bettlerinnen, Bauern, Fischer, Ausländer und dergleiTrigonale 2009 – Das Programm - 125 - 8 8 chen, gelegentlich auch Figuren aus der zeitgenössischen italienischen Komödie. Doch in einer Kerngruppe dieser Werke – darunter Beispiele von Vecchi selbst (der aus Modena stammte) und von seinem Bologneser Zeitgenossen Adriano Banchieri (1568– 1634) – liegt der Schwerpunkt fast ausschließlich auf der Bühnenkomödie. Zu dieser Gruppe gehört L’Amfiparnaso. Es lohnt sich deshalb, die hierin dargestellte und gefeierte Art von Komödie näher zu beschreiben. Die Komödie im Italien des späten sechzehnten Jahrhunderts hatte vor allem zwei Ausdrucksformen, die als commedia erudita und commedia dell’arte bekannt wurden. Die commedia erudita war eine ausgeschriebene, literarische Form von oft höfischem Charakter; Schauspiele dieser Art wurden von angesehenen humanistischen Autoren verfasst. Die Handlungen waren komplex gestaltet und die Figuren deutlich voneinander abgesetzt. (Gegen Ende des Jahrhunderts sollte Shakespeare den Engländern zwei Dramen geben, die direkt auf der Tradition der commedia erudita aufbauten: Die Irrungen und Was ihr wollt.) Die commedia dell’arte – die Grundlage von L’Amfiparnaso – war hingegen ganz anderer Art. Gewiss fanden auch diese Stücke ein höfisches Publikum, doch ebenso wahrscheinlich waren sie öffentlich in den Piazzas zu erleben, auf improvisierten Bühnen besonders zur Karnevalszeit. Die Berufsschauspieler der kleinen Wandertheater waren stolz auf ihr Können, was das Namensattribut »dell’arte« erklärt: ein Markenzeichen für die dramatische Kunstfertigkeit der Truppe. Diese Darsteller konnten das Publikum umwerben, herumalbern, singen und tanzen und musi zieren, vulgär sein und (zumindest im Fall bestimmter Figuren) mit komischen Masken auftreten; vor allem aber konnten sie improvisieren, denn die commedia dell’arte war ein Stegreiftheater. Der ungeschriebene Dialog variierte von einer Aufführung zur nächsten, und den textlich ungebundenen Schauspielern war es möglich, auf das jeweilige Publikum einzugehen. Sie konnten die Vorstellung verlängern oder verkürzen, vor einer simplen Menge derbe Ausgelassenheit an den Tag legen und höfische Gesellschaften mit subtiler Eleganz beeindrucken. Das Fehlern einer verbindlichen Textvorlage könnte befürchten lassen, dass hier der anarchischen Formlosigkeit Tür und Tor geöffnet waren, dass die Schauspieler am Rande des Nervenzusammenbruchs existierten, weil sie nie wussten, was als nächstes auf sie zukam. Doch drei Umstände sorgten dafür, dass die Künstler der commedia dell’arte von diesem Schicksal verschont blieben. Erstens verfügte jedes Wandertheater über seinen eigenen Fundus von Standardszenarios. Vor Beginn einer Vorstellung sprachen sich die Schauspieler über die Handlung des Tages ab und vereinbarten die Auf- und Abtritte, Requisiten, Lieder usw., die für das Geschehen erforderlich waren. Die Geschichten drehten sich in der Regel um komisch dankbare Konflikte zwischen den Geschlechtern und den Generationen, im Dienstverhältnis oder im Standesdünkel – sehr oft eigentlich von allem etwas. - 126 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 127 - Zweitens waren alle Mitglieder einer Truppe auf einen eigenen Charaktertyp (oft mit einem bestimmten starken Dialekt) spezialisiert; in dieser Rolle traten sie von einer Vorstellung zur nächsten auf, womöglich von einem Jahr zum anderen, vielleicht sogar ein Leben lang in einer ganz bestimmten »Maske«. So spielte eben dieser eine Schauspieler in einer Truppe stets den verkalkten, leicht gläubigen venezianischen Kaufmann, den man allgemein als Pantalone kannte; ein anderer verkörperte den inkompetenten Gelehr ten (einen dottore der Medizin, Jurisprudenz oder Musik) aus der 8 Universitätsstadt Bologna; wieder ein anderer erschien als prah lerischer capitano (oder Hauptmann, normalerweise ein Spanier) – und so weiter über aufgeweckte und einfältige Diener (die sogenannten zanni, vielleicht aus Bergamo) bis hin zum Liebespaar, er blind vernarrt, sie süß und keck. 8 Drittens hatten alle Schauspieler eine Reihe von komischen Nummern oder lazzi – verbal, körperlich, musikalisch – in petto, auf deren Effekt Verlass war, wenn die Dynamik der Aufführung dies verlangte. So hatte vielleicht ein ständig hungriger Diener für sich den gemimten lazzo entwickelt, Fliegen zu fangen und sie mit Salz und Pfeffer gewürzt zu verspeisen; ein amouröser Diener mochte Beifallsstürme mit einer komischen Gitarrenserenade ernten; ein dot tore ergoss sich in weitschweifigen philosophischen Ausführungen mit einem absurden und schlüpfrig falschen Wortgebrauch; und die innamorati der Truppe verließen sich auf einen besonders schö nen Krach mit Versöhnung für alle Gelegenheiten. Insofern war die commedia dell’arte also ein wenig wie der Traditional Jazz oder die klassische Musik Indiens: improvisiert, ja, aber strukturiert, auf einem Thema aufbauend, voller Tradition und wohlüberlegter Mit tel – und zugleich stets aufgeschlossen gegenüber neuen Einfällen und Entwicklungen. der Monolog- und Dialogtext der verschiedenen Figuren – möglicherweise eine von Giulio Cesare Croce für Vecchi erstellte Persiflage – fest niedergeschrieben, damit er vertont und veröffentlicht werden konnte; wir haben es also mit, wenn man so will, dem Pro tokoll einer Improvisation, nicht einer Improvisation selbst zu tun. Außerdem ist dieser Text für eine fünfstimmige Madrigalgruppe ge setzt, wobei der Text der jeweiligen Figur oft von mehreren Stimmen gleichzeitig gesungen wird oder polyphon zwischen verschiedenen Stimmen wechselt (obwohl oft dialogartige Abschnitte zwischen deutlich erkennbaren Untergruppen im Quintett auftreten). Zugu terletzt fügen sich die Madrigale auch nicht zu einer kompletten commedia-Handlung in all ihren Einzelheiten zusammen. Mit anderen Worten ist Vorsicht geboten. Oper ist hier nicht zu er warten, weder im Hinblick auf Solostimmen noch im Sinne eines durchgehenden Handlungsfadens. Obwohl aus der Menagerie der Musiktheaterformen, die im Italien des späten sechzehnten Jahrhun derts eine rasante Entwicklung erfuhren, auch die Oper hervortrat, ist sie von ganz anderer Couleur als die Madrigalkomödie. In L’Amfiparnaso greift Vecchi typische Figuren und Situationen aus der commedia dell’arte auf und präsentiert sie in musikalischer Form, um den Doppelgipfel des Parnass zu erreichen: Komödie und Musik (was den nicht ganz einfach zu deutenden Titel erklären könnte). Das Ergebnis ist in dreierlei Beziehung ganz anders als die comme dia, die in einem Palast der Medici oder in der piazzetta am Canale Grande in Venedig aufgeführt worden wäre. Zunächst einmal war L’Amfiparnaso ist eine plastische, dramatisch aufschlussreiche und musikalisch lohnende Sammlung von commedia-Schnappschüssen oder Kernelementen, ein Satz von Evokationen, die so geordnet sind, dass sie nicht nur als Handlungsrahmen zusammenhängen, sondern auch eine feine Differenzierung musikalischer Stimmungen, Struk turen und Mittel gestatten. Man hat den Eindruck, als ob jemand mit musikalischem Erfindungsgeist und großer Begeisterung für die com media in ihrer höchsten Form das Szenario eines bestimmten Stücks durchblättert und seine Phantasie wandern lässt, so dass sich flüchtige Eindrücke in lebhaften Szenen aneinanderreihen. Da lassen zum - 128 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 129 - 8 Beispiel die innamorati gerade ihre Emotionen spielen, ein wenig narzistisch, aber doch auch ergreifend. Da lechzt der alte Pantalone nach einer schwülen Kurtisane und versucht zugleich, seine Tochter anständig zu verheiraten, doch leider mit dem völlig falschen Mann. Da prahlt der spanische capitano, da entstellt der dottore den Text eines Madrigals, da helfen die zanni den jungen Leuten und wischen den Alten eins aus. (Die Madrigalverstümmelung durch den dottore ist eindeutig ein lazzo, ebenso wie die Liste hungriger Verwandter, die Pantalones Diener in der Hoffnung abspult, dass sie zur abschließenden Hochzeitsfeier eingeladen werden.) Und da erscheint auch unsere Heldin als Braut, herzergreifend dankbar für die bizarre Vielfalt von Geschenken, ob Rose oder Rettich. 8 Sollte man L’Amfiparnaso in Szene setzen oder der persönlichen Phantasie überlassen? Vecchi bevorzugte offenkundig die zweite Möglichkeit; doch die Zeiten ändern sich, und dem Publikum ist am besten gedient, wenn man mit der Zeit geht. Robert Hollingworth beschreibt nachfolgend den Ansatz, mit dem I Fagiolini das Stück im einundzwanzigsten Jahrhundert lebendig gemacht haben. Roger Savage, Übersetzung: Andreas Klatt sagt, die diese Musik darboten und vor denen sie aufgeführt wurde. Aus diesem Grund haben wir zwei wichtige Zusammenstellungen venezianischer Gelegenheitsmusik von Giovanni Croce aus dem letz ten Jahrzehnt des sechzehnten Jahrhunderts (CHAN 0665) aufgenommen und uns, nach einigen anderen Madrigalkomödien, nun L’Amfiparnaso zugewandt. Dieses berühmte Werk stellte uns vor eine große Herausforderung: Wie kann man es einem modernen Publikum sinnvoll vermitteln, ohne das Originalkonzept im Geist zu verletzen? Vecchi teilt uns im Prolog mit, dass es sich bei diesem Werk nicht um eine Augenweide, sondern um einen Ohrenschmaus handelt, etwas zum Anhören, nicht zum Ansehen. Sicherlich wäre es durchaus ange messen gewesen, das Publikum des späten sechzehnten Jahrhunderts, das die Dialekte und Mundarten verstand, die Figuren kannte und in der Kultur verwachsen war, mit einer reinen Gesangsdarbietung zu konfrontieren. Doch selbst dann hätten das Tempo des Textvortrags, die Vielschichtigkeit einiger Wortspiele und die Darbietung von Dialogen in einer fünfstimmigen Struktur wohl einige Schwierigkeiten bei der Verfolgung des Geschehens aufgeworfen. Vier Jahr hunderte später glauben wir in I Fagiolini, dass dem ursprünglichen Anliegen des Werkes besser damit gedient ist, wenn wir etwas visu elle Hilfestellung leisten, anstatt ihm getreu aber sklavisch zu folgen. Die konventionelle Kunstmusik der Renaissance zu singen, war für I Fagiolini von Anfang an eine Freude. Ich muss allerdings zugeben, dass ich auch immer schon eine Schwäche für die Gelegenheits musik jener Zeit gehabt habe – Musik, die nicht unbedingt um der reinen Kunst willen entstand, aber doch viel über die Menschen aus Im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts haben viele Ensembles mit der Frage gerungen, wie dies am besten zu bewerkstelligen ist, und viele Aufführungskonzepte sind realisiert worden. Das Hauptpro blem besteht darin, dass man die einzelnen Figuren nicht auf der Bühne mit ihren eigenen Gesängen darstellen kann, weil jede Figur immer von mehreren Stimmen zugleich repräsentiert wird – und oft wechseln die Stimmen, die den Text einer Figur singen, alle paar Takte. Die einfachste und eleganteste Lösung fand schon Adriano - 130 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 131 - A n m e r ku n g e n d e s mus i k a l i s c h e n L e i t e r s 8 Banchieri, ein Zeitgenosse Vecchis. Er regte an, die Sänger hinter den Kulissen einer Straßenszene aufzustellen und das Geschehen von maskierten Pantomimen spielen zu lassen. Damit werden die meisten Aufführungsprobleme von L’Amfiparnaso umgangen, obwohl immer noch nicht geklärt ist, wie man komplizierte Wortspiele visuell umsetzen kann (zum Beispiel die Missverständnisse zwischen capi tano und zanni im Zweiten Akt, 2. Auftritt). 8 In einem wichtigen Aspekt unterscheidet sich L’Amfiparnaso von anderen Komödien aus dem sechzehnten Jahrhundert: Die Qualität der Musik liegt durchweg auf höchstem Niveau; besonders deutlich wird dies in den Szenen mit den innamorati, für die Vecchi bittersüße manieristische Miniaturen geschrieben hat, die den Glanzleistungen eines de Wert oder Gesualdo um nichts nachstehen. Der Kontrast zwischen den ernsten (gravi) und heiteren (piacevoli) Szenen ist ein weiteres Merkmal des Werkes, das wir in unserer Produktion unterstreichen. Aber ein wichtiges Element von L’Amfiparnaso geht dem Publikum des einundzwanzigsten Jahrhunderts zwangsläufig verloren: die Wortspielerei. Wie kann man die geistreiche Vielschichtigkeit der Sprache und die verlorenen Kulturbezüge, die das Werk durchziehen, zu neuem Leben erwecken? Als Hortensia beispielsweise in der ersten Szene den Nachttopf über Pantalone entleert, benutzt sie das Wort »flo«, das nicht nur lautmalerisch das Schwappen zum Ausdruck bringt, sondern gleichzeitig auch »Venezianer«, »alter Wider ling« und »Nachttopf« bedeutet. Diesen wunderbaren, unübersetz baren Humor darf man nicht ignorieren, wenn der Geist des Originals erhalten bleiben soll, so dass wir für unsere Produktion eine Reihe gesprochener Einleitungen (im Original geht jeder Szene ein dreizeiliges »Argomento« voraus) in deutscher Sprache vorgesehen - 132 - Trigonale 2009 – Das Programm haben. Wir hoffen, dass sie den verehrten Zuschauer zum Lächeln bringen und in den Geist dieses klassischen Werkes eintreten lassen. Robert Hollingworth, Übersetzung: Andreas Klatt Pro g r a mm Giovanni Croce (ca. 1557 – 1609) 1. Mascarata da Furlani (Mascarate piacevoli et ridicolose, 1590) 2. Il gioco dell’occa (Triaca musicale, 1595) 3 . Canzon da contadini (Triaca musicale, 1595) ~ 8 Orazio Vecchi (1550 – 1605) 4. L’Amfiparnaso (1597) Trigonale 2009 – Das Programm - 133 - 8 1. Mascarata da Furlani Maskerade der Friauler Canto: Calcina da fregia! Alto: Conza l’horto! [Tenore: Saladoni, mi caldi saladoni!] Quinto: Rasa! Sesto: Conzacharieghe, bozzolai da lavezi! Basso: Tagialegne! Canto: Mörtel zum Verschönern! Alto: Gärtner! [Tenore: Würste, heiße Würste!] Quinto: Rochen! Sesto: Stuhlausbesserer, Napfkuchen! Basso: Holzfäller! Dio ve sal, bella brigiada. A dio, fradis me, chiar vosses, i ben vegnut, sanetat, bon an, e bon sempre. Gott grüß euch, ansehnliche Gesellschaft. Lebt wohl, meine Brüder; klare Stimmen, Wohlstand, Gesundheit, ein angenehmes Jahr und immer alles Gute. Havesus bevut? Si! Havem bevut du bozzis de bon vin ch’alla mori fra nus haven rugint… Moors… …in celuz, chiar dolce, fradis… …sul chiampo delle giatis. E vos haves bevut? Havim bevut nu tres de bon vin blanch. Fradis, volen tutti chianta, mai chianten: Me dà pit de l’arbor sit, comare Medusa, mi scontrai t’un bel infant. Di, ri, della. Habt ihr schon was getrunken? Ja! Wir tranken zwei Karaffen guten Wein, die in uns gefahren sind wie unter die Mohren … …in Zellen, süßen weißen Wein, ihr Brüder … …jenseits des Vogelplatzes [Legatenplatzes]. Und habt ihr schon zu trinken gehabt? Wir tranken drei Karaffen guten weißen Wein. Brüder, lasst uns alle singen, nicht jedoch dies: »Es erbarmt sich meiner im Morgengraun die Gevatterin Medusa, ich begegnete einem deiner schönen Kinder. Di, ri, della.« Nu sten plu a chianta; zin di sols a guadagna. Die meisten von uns bleiben, um zu singen; der Wein lässt’s meistens besser klingen. - 134 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 135 - 8 2. Il gioco dell’occa Das Gänsespiel Prima parte Erster Teil Hor che sian quì d’intorno In cosi nobil loco, Facian un gioco. Dite voi Damme a che giocar vogliamo, Che qui pronti noi siamo. A voi Signora, tocca. Giochiam all’Occa. E pria ch’il gioco si comincia poi, Il premio ponga ciaschedun de noi. Eccoci, tutti uniti, Lieti, pronti et arditi. Ecco il gioco, ecco i datti, E i premi sian delli più fortunati. Da wir nun hier sind an einem derart erlauchten Ort, wolln wir ein Spielchen wagen. Sagt an, ihr Damen, was wir spielen, denn wir hier sind bereit. Es ist an euch, Signora. »Spielen wir die Gans.« Also, ehe das Spiel beginnt, sollten wir alle die Preise stiften. Hier sind wir nun alle beinander, fröhlich, bereit und furchtlos. Hier ist das Spiel, hier sind die Würfel, und die Preise sind für die mit dem meisten Glück. 8 8 Seconda parte Zweiter Teil A voi, Signora, tocca il primo tiro. Sei e tre, s’io non erro, è quel ch’io miro? Ditte il ver! Hor passate al ventisei. Io quì tirar vorrei. Tirate! Eccovi il punto. A fè, che sete giunto Nell’Osteria, Signore. Qui vi convien pagar per uscir fuore. Es ist an Euch, Signora, würfelt zuerst. »Sechs und drei, wenn ich nicht irre, sehe ich recht?« Sagt die Wahrheit! Nun rückt auf die Sechsundzwanzig vor. »Ich will jetzt spielen.« Würfelt! »Da ist das Feld.« Je nun, Ihr seid gelandet im Wirtshaus, Signore. Da müsst Ihr zahlen, eh Ihr wieder geht. - 136 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 137 - 8 Ecco che tiro anch’io. O buon per Dio, Nella Cisterna entrate Et il premio pagate. E state tanto poi Ch’altri vengha per voi. Chi tocca dietro, tiri Senz’altro indugio e miri. Pagate se volete. Perche? Perchè nel Laberinto sette. Ecco il punto, hor pagate, E in dietro poi tre punti ritornate. Tocca a voi il tir’hor hora. A me? Si, si Signora. Cinque e quattro. Vedete, Cinquantatre di punto fatto avete. Tirate, signor Conte. Sei. Voi sette al Ponte. Pagate, a doppo poco Ritornerete a cominciar il gioco. A me tocca tirare. Ecco che vi convien l’Occa passare. Hor qui fermate il segno Senza poner il pegno. A me tirar pur tocca. O la! Passate l’Occa E nella barca entrate Et ivi state et il premio pagate. Perd’il mio tir’hor hora Perchè nella Cisterna io fò dimora. - 138 - Trigonale 2009 – Das Programm »Jetzt bin ich dran.« O mein Gott, Ihr müsst in den Brunnen und die Strafe zahlen. Und da sitzt Ihr fest, bis jemand anders dort hinkommt. Wer noch nicht dran war, würfle nun und ziehe los ohne Verzug. Zahlt, so es Euch beliebt. »Warum?« Weil Ihr im Labyrinth gelandet seid. Da ist das Feld, nun zahlt, dann geht es drei Felder zurück. Ihr seid jetzt dran, zu würfeln. »Wer, ich?« Ja, Signora. »Fünf und vier.« Seht, Ihr seid auf Feld dreiundfünfzig. Versucht es einmal, Signor Graf. »Sechs.« Ihr seid auf der Brücke. Zahlt, und dann müsst Ihr an den Anfang zurück. »Jetzt bin ich an der Reihe.« Hier kommt Ihr an ein Gänsefeld. Setzt hier Eure Marke hin, Ihr müsst dafür nicht zahlen. »Nun bin ich an der Reihe.« Vorsicht! Ihr passiert die Gans und besteigt das Boot, dort müsst Ihr bleiben und Strafe zahlen. »Ich habe gerade einmal ausgesetzt, weil ich im Brunnen festsaß.« Trigonale 2009 – Das Programm - 139 - 8 Ecco il tiro e la sorte. Pagate pur, Signor, che sette in Morte, E vi convien tornare Dal principio del gioco a cominciare. Ora tirar vogl’io Quattr’e sei, per mia fè, che il gioco è mio. Fatte, Signor, el conto. Sessantatre di punto. Signora, vinto avete. Hor gli premi prendete, E noi per farle onore Cantiamo a tutte l’ore, Viva, viva l’amore. »Nun würfle ich, das ist meine Chance.« Zahlt aus, Signore, das ist das Todesfeld, Ihr müsst zurück zum Anfang und das Spiel von vorn beginnen. »Jetzt will ich einmal – vier und sechs, bei Gott, das Spiel ist mir!« Zählt zusammen, Signore. »Auf Feld dreiundsechzig ist sie gelandet!« Signora, Ihr habt gewonnen. Nun nehmt die Preise, und um ihnen Ehre anzutun, wolln wir allezeit singen: »Lang lebe die Liebe.« 8 8 - 140 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 141 - 8 3 . Canzon da contadini Lied der Bauern Nu Contain da Pava semo vegnu chialò Perchè gh’avem’inteso Chive se fa un filò. Ceccho, Cechon, Cecchazzo, Tuogno, Tognin, Tognazzo cantemo de brigha La tandararitondella, la tandararitonda. Wir Bauern aus Padua sind hierher gekommen, weil wir einen Überfluss haben an Speisen, um die Nacht durchzumachen. Kleiner Francesco, großer Francesco, garstiger Francesco, kleiner Antonio, großer Antonio, garstiger Antonio, lasst uns zusammen singen, la tandararitondella, la tandararitonda. Chive avem el Porcieggio, Galline e Cappon, Formaggio e del Butirro per i nostri paron. Wir haben Speisen, ein Ferkel, Hühner und Kapaune, Käse und auch Butter für unsere Herrn. Gh’avem può per Madonna portò de i Salzizon Grossi potta de Crive d’empir ben el magon. Dann haben wir da noch große Würste für die Herrin, riesige Platten mit Gerichten, um ihren schmerzenden Bauch zu füllen. Può per le Fie de Chà g’havem portò de Osieggi Che canta qui qui qui, ò cancaro i se bieggi. Und für die Töchter des Hauses haben wir kleine Vögel, die singen »hier, hier, hier«, damit die hübschen Kleinen auch mitsingen. A fè vogiam partire, Dio ve dia sanitte; Ste in alligrisia pure con tutte ste brighe. Und wahrhaftig, nun wollen wir gehen. Gott gebe euch Gesundheit; bleibt fröhlich auch mitsamt eurer ganzen Sippschaft. - 142 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 143 - 8 8 4. L’A m f i pa r n a s o 4. D e r z we i g i pf l i g e Pa r n a ss Commedia harmonica Madrigalkomödie Testo attribuito a Giulio Cesara Croce Text von Giulio Cesare Croce (zugeschrieben) P e r s o n ag g i d e l l a c o m e d i a Personen Pantalone Vecchio Pedrolin suo Servo Hortensia Cortigiana Lelio giovane innamorato Nisa amata di Lelio Il Dottor Gratiano Lucio Giovane innamorato d’Isabella Capitan Cardon Spagnuolo Zane Bergamasco Isabella Giovane innamorata di Lucio Frulla Servo di Lucio Francatrippa Servo di Pantalone Hebrei in Casa Der alte Pantalone Pedrolino, sein Diener Hortensia, Kurtisane Lelio, junger Verliebter Nisa, Geliebte Lelios - 144 - Trigonale 2009 – Das Programm Doktor Gratiano Lucio, junger Liebhaber Isabellas Hauptmann Cardon, Spanier Zanni, Bergamaske Isabella, junge Geliebte Lucios Frulla, Diener Lucios Francatrippa, Diener Pantalones Juden im Innern eines Hauses Trigonale 2009 – Das Programm - 145 - 8 Prolog Prologo 8 Lelio Lelio Benchè siat’usi, ò Spettatori illustri Solo di rimirar Tragici aspetti O Comici apparati In varie guise ornate Voi però non sdegnate Questa comedia nostra, Se non di ricca, e vaga Scena adorna Almen di doppia novità composta. E la città dove si rappresenta Quest’opra è’l gran Theatro Del mondo, perch’ognun desia d’udirla: Ma voi sappiat’intanto Che questo di cui parlo Spettacolo, si mira con la mente, Dov’entra per l’orecchie, e non per gl’occhi, Però silentio fate, E’n vece di vedere hor’ascoltate. Seid Ihr es auch gewohnt, erlauchtes Publikum, Tragödien szenisch aufgeführt zu sehen, oder Komödien mit Bühnenapparaten auf verschiedene Weise ausgeschmückt, sollt ihr dennoch nicht verschmähen unsere Komödie hier, die zwar keine reiche, feine Bühne ziert, aber eine doppelte Neuheit vorführt. Die Stadt nämlich, in der dieses Stück spielt, ist das grosse Theater der Welt; drum begehr’ es ein jeder zu hören. Doch muss ich Euch noch erklären, das Schauspiel, von dem ich rede, ist nur mit dem Geist zu erschauen; es dringt durch die Ohren ein, nicht die Augen. So sollt ihr also schweigen, und statt zu schauen, sollt ihr nunmehr lauschen. - 146 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 147 - 8 8 At t o 1 , s c e n a 1 E r s t e r A k t, 1 . Au f t r i t t Pantalone, Pedrolino, Hortensia Pantalone, Pedrolino, Hortensia E’presto Pantalon delle bellezze D’Hortensia cortigiana; ma l’ingrata Punto non cura esser da un vecchio amata. Pantalone ist den Reizen der Kurtisane Hortensia erlegen, doch diese Undankbare legt keinen Wert darauf, von einem Alten geliebt zu werden. Pantalone Pantalone O Pierulin, dov’estu? Dov’estu, Pierulin? He, Pedrolino, wo bist du? Wo bist du, Pedrolino? Pedrolino Pedrolino Messir, non poss vegni cha sù in Cusina. Herr, bin unabkömmlich, denn ich bin in der Küche. Pantalone Pantalone Ah, laro, ah, can, che fastu là in Cusina? Spitzbube, Hund, was machst du da in der Küche? Pedrolino Pedrolino A m’imp’u’l gargatù de cert cotai Che canta tucch’u’l di Pi pi ri pi Cu cu ru cu. Mir gewisse Dinger in die Kehle stopfen, die wo den ganzen Tag singen: kikeriki! gurre, gurre, gurre! Pantalone Pantalone Ah bestia ti vol dir E Galett’e Pizzon’ hor sù vien fora! Mistvieh! Du willst sagen «Hähnchen und Tauben»! Nun aber los, komm raus! Pedrolino Pedrolino Chem commandef messir Piantalimù? Was befehlen Herr Pflanzlimonen? - 148 - Trigonale 2009 – Das Programm 8 Trigonale 2009 – Das Programm - 149 - 8 Pantalone Pantalone Si pianta rave, e no piantalimon. Sù chiama Hortensia, pezzo de poltron! Man pflanzt Rüben, nicht Limonen! Los, ruf ’ Hortensia, du faules Stück! Pedrolino Pedrolino Hortensia Hortensia? Hortensia! Hortensia! Pantalone Pantalone Che disela? Was hat sie gesagt? Pedrolino Pedrolino La dis ch’andè in bunhura. Sie sagte, Ihr sollt Euch fortscheren. Pantalone Pantalone Ah porco aspetta che la chiama mi. Hortensia Hortensia. Du Schwein, warte, ich ruf sie selber. Hortensia, Hortensia! Hortensia Hortensia E ch’è quell’importun che chiama Hortensia? Wer ist der Unverschämte, der Hortensia ruft? Pantalone Pantalone Un vostro Servitor. Einer Eurer Diener. Hortensia Hortensia Che servitore? vatene in mal’ora, Vecchiaccio ribambito Credi ch’io sia una Donna da partito? Was für ein Diener? Scher dich zum Teufel, kindischer Alter! Glaubst Du, ich sei für Freier zu haben? - 150 - Trigonale 2009 – Das Programm 8 Trigonale 2009 – Das Programm - 151 - Pantalone Pantalone Pian, pian, cara Madona, Voleu che ve diga Una parola sol da vù e mi? Sachte, sachte, teure Dame, wollt Ihr, dass ich Euch ein Wort ganz unter uns sage? Hortensia Hortensia No, ch’io non voglio no, S’io’l so s’io’l so? Flo flo flo flo. Mira che garbo Mira che fusto Havrei ben gusto. Flo flo flo flo. Nein, das will ich nicht, nein, denn ich weiss schon Bescheid! Schlapp, schlapp, schlapp, schlapp. Schau, was für ein Mannsbild, schau, was für ein Kerl! Auf den hätt’ ich gerad’ Lust! Schlapp, schlapp, schlapp, schlapp! Pantalone Pantalone O povero Pantalon, ah Donna ingrata, Quando po ti vorrà mi non vorrò. O armer Pantalone, ach, undankbare Dame, aber wenn du dann mal magst, mag ich nicht! 8 8 - 152 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 153 - 8 At t o 1 , s c e n a 2 E r s t e r A k t, 2 . Au f t r i t t Lelio, Nisa Lelio, Nisa Lelio non è sicur che la sua Nisa L’ami, e dal don ch’ella gli diè d’un fiore Geloso, egli argomenta poco amore. Lelio ist nicht sicher, ob ihn seine Nisa liebt, und schliesst aus der Narzisse, die sie ihm schenkt, auf wenig Gegenliebe. Lelio Lelio Che volete voi dir, anima mia, Col don di quel Narciso Che morì troppo amando il suo bel viso? Was willst du damit sagen, meine Geliebte, mit diesem Geschenk einer Narzisse, wo doch Narziss aus Liebe zu seinem schönen Antlitz starb? Nisa Nisa Che sol io son Amante Del mio (qual dite voi) divin sembiante. Dass ich nur die Geliebte meines eigenen, (wie Ihr es nennt) göttlichen Antlitzes bin. Lelio Lelio Ma non vi punge il core L’esempio di quel fiore Di Narciso la dura, e cruda sorte? Amate altrui che l’amor proprio è morte. Doch schneidet Dir denn nicht das Beispiel dieser Blume ins Herz? Nicht das harte, grausame Los des Narziss? Liebe andere, denn Eigenliebe ist der Tod! - 154 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 155 - 8 At t o I , s c e n a 3 E r s t e r A k t, 3 . Au f t r i t t Gratiano, Pantalone Gratiano, Pantalone Promette Pantalon di dar sua figlia Al Dottore, e di lui (qual rozzo) prende Piacer, che mal risponde, e peggio intende. Pantalone verspricht, seine Tochter dem Doktor zu geben, und amüsiert sich über diesen Tölpel, der falsch antwortet und noch falscher versteht. Gratiano Gratiano Hor per vegnir à la confusion Av digh mesier Piatlon ch’a vuoi la putta M’intenziu? me beccau? m’acchiaponau? Nun um zur Konfusion [Konklusion] zu kommen, sag ich Euch, mein Herr Platon [Pantalone], dass ich das Mädchen will; schwärzt [versteht] Ihr mich? Hörnt [erfasst], kapiert Ihr mich? Pantalone Pantalone V’intendo, Calderon del dì de morti, Deme la man la putta xe la vostra. Ich versteh Euch, Kessel des Allerseelentags. Gebt mir die Hand, das Mädchen gehört Euch. Gratiano Gratiano Desid da ver? Wünscht Ihr das wirklich? Pantalone Pantalone Da seno. Im Ernst. Gratiano Gratiano à me burlad. Ihr scherzt mit mir. Pantalone Pantalone No affé da Zentil homo. Nein, wirklich, mein Ehrenwort. 8 8 - 156 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 157 - 8 Gratiano Gratiano O, la me fiola caura O fiola frà le fiol: la prima fiola Che sippa in tutta quant la fiolaria. O, meine teure Tochter, o Tochter, unter den Töchtern die erste Tochter, die es in der ganzen Töchterei gibt! Pantalone Pantalone Ch’andevu fiolando Caval d’Orlando O grama bestia Frà l’altre bestie La mazor bestia C’havesse mai la bestialaria? Was töchtert Ihr da herum? was fohlt Ihr, rasender Rolandsgaul? o elendes Vieh, das grösste Vieh, das es in der Viecherei gibt? Gratiano Gratiano A vuoi mò dir chlè tant al culintient Ch’haihò de sta fiola Cha vuoi balare, Cha vuoi cantare, Cha vuoi saltar à la vostra presienza. Ich will doch sagen, dass ich so froh bin, dass ich diese Tochter kriege, dass ich tanzen möchte, dass ich singen möchte, dass ich vor Euch springen möchte. - 158 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 159 - 8 8 Pantalone Pantalone O che dottor, o via che mi ve suono Tantara tantaratan tà, Dottor vu parè à punto un niovo Orfeo Che se tirava drio E bestie, e piante, e piere. Così la vostra scienza tira i putti Coi sassi legni e torsi E in sino i Can de Beccaria xe corsi, E la vesta i v’annasa. Entremo dunque in casa. O, welch ein Doktor, los, ich spiel Euch auf, tantara, tantaratan tà, tantara, tantaratan tà, Doktor, Ihr scheint wahrlich ein neuer Orpheus, der hinter sich her die Tiere, die Pflanzen und die Steine zog. So zieht Euch Eure Kunst die Mädchen nach, mit den Steinen, Stümpfen und Rümpfen, und sogar die Metzgerhunde kommen gelaufen, und beschnüffeln Euch das Gewand. Drum gehen wir besser ins Haus. At t o II , s c e n a 1 Z we i t e r A k t, 1 . Au f t r i t t Lucio solo Lucio Lucio per gelosia ch’a d’Isabella Che non ami Cardone il Capitano, Si và à precipitar, d’Amor insano. Lucio ist eifersüchtig auf die vermeintliche Liebe seiner Isabella zum Hauptmann Cardone, und will sich, irre vor Liebe, in einen Abgrund stürzen. Misero che farò Lucio infelice S’ogni mio ben m’è tolto? Ah finto Amore e stolto, Ah crudele Isabella Che per novell’amor mi sei rubella? Ma nel piu alpestre mont’i vad’hor hora Perche ne l’ultim’hora Sia satio il tuo desio Donna crudel col precipitio mio. Ich Unglücklicher, was soll ich tun ? Was, unseliger Lucio, wenn mir mein ganzes Gut geraubt ist ? Ach, trügerische und einfältige Liebe! Ach, grausame Isabella, die du mir durch eine neue Liebe geraubt wardst! So will ich nun in das steilste Gebirge gehen, damit in meiner letzten Stunde dein Wunsch befriedigt werde, grausame Dame, mit meinem Sturz. - 160 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 161 - 8 8 At t o II , s c e n a 2 Z we i t e r A k t, 2 . Au f t r i t t Capitan Cardon, Zanni Hauptmann Cardone, Zanni Grida Cardon con Zanni, che vorebbe Esser inteso à cenni, e lo confonde Che mai per dritto senso gli risponde. Cardone zankt sich mit Zanni, denn er will seine Befehle befolgt haben, und tadelt ihn, weil dieser ihm nie gescheit antwortet. Capitan Hauptmann Viene à qua Zanico lindo Komm her, du Lumpenhannes! Zanni Zanni Al diff ’u’l vir non poss Ehrlich gesagt, ich kann nicht kommen. Capitan Hauptmann Porque tu no puedes? Warum du nicht können? Zanni Zanni A vagh i lò in Dovana oh uh oh uh Ich geh’ aufs Zollhaus. – Aua, Aua, Aua! Capitan Hauptmann Por a qua por à là vellacco mozzo Nehmen dies, nehmen das, Diener, Lümmel! Zanni Zanni Ah sagnur Capatagn à no so mozz Maidè cha sù inter Ach, Herr Hauptmann, ich bin nicht verstümmelt, meiner Treu! Ich bin noch ganz! Capitan Hauptmann Che diabl’ablas de mozz? Y digh’el que accompana e ’l so segnor. Was, zum Teufel, reden von verstümmeln? Ich sage, du sollst deinen Herrn begleiten. - 162 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 163 - 8 8 Zanni Zanni Mai si mai si cha suna la Campana? Jawohl, jetzt hört Ihr Glocken läuten? Capitan Hauptmann Burlas con migo? y digo esclavo y siervo. Spassest mit mich? Ich sagen Sklave und Diener! Zanni Zanni V’intend’ per descretiù u’l servidur. Ich verstehe, Euer untertäniger Diener. Capitan Hauptmann Tambien tambien tambien agora entiendes Picca presto à la puerta d’Isabella Immer, immer dasselbe! Jetzo kapierest du! Schnell an Isabellas Pforte hängen! Zanni Zanni Ch’a m’apicca à la porta? qualch merlott Ich soll mich an der Tür erhängen? Dieser Gimpel! Capitan Hauptmann A locco, herir o batter’à la puerta Du ein Kauz, – die Tür einschlagen, beklopfen! Zanni Zanni A batt’, a batt’à sù pur intrigatt Con sto lenguaz che ’l par un Papagal. Klopf, klopf, ich bin total verwirrt von dieser Sprache – wie ein Papagei! Capitan Hauptmann Ch’ablas de Papagaio? Was schwatzt du von Papagei? Zanni Zanni A digh ch’i parla inchsi la in Portugal Ich sage, so redet man in der Portugalei. - 164 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 165 - 8 8 Capitan Hauptmann Yo le chiero dezir quattro palabras. Ich wollte vier Worte mit ihr reden. Zanni Zanni Sagnur à i ho pagura de la schina. Herr, ich fürchte für meinen Rücken! Capitan Hauptmann No temas nada Porque con esta espada Yo chiero solo de mattar mill’hombres Fürchte nichts, denn ich habe mit selbigem Schwert ganz allein hundert Mann getötet! Zanni Zanni O sagnur Spadagnol la nos ventura. O Herr Spanier, wir haben Glück! Capitan Hauptmann Porque porque Zanico? Wieso, wieso, Zanico? Zanni Zanni La Porta s’avre à fè che l’è Isabella Die Pforte geht auf: tatsächlich, Isabella! Capitan Hauptmann O bueno por my vyda. O gut, so wahr ich lebe! Zanni Zanni Volif olter da mi sagnur su voster. Wollt Ihr sonst noch was von mir, Euer Gnaden? Capitan Hauptmann Nada nada mi Zanicos Va con dios va con dios. Nichts, nichts, lieber Bauchgrimm, geh mit Gott, geh mit Gott! - 166 - Trigonale 2009 – Das Programm 8 Trigonale 2009 – Das Programm - 167 - 8 At t o II , s c e n a 3 Z we i t e r A k t, 3 . Au f t r i t t Capitan Cardon, Isabella Hauptmann Cardon, Isabella Finge Isabella arder di vero amore, Con lo Spagnuol, per dar più grave crollo Morendo, al suo desio non mai satollo. Isabella gibt vor, von wahrer Liebe zu dem Spanier entbrannt zu sein, um seiner unersättlichen Begierde einen um so heftigeren Stoss zu versetzen, wenn sie ihren Vorsatz wahr macht, aus dem Leben zu scheiden. Isabella Isabella Oh ecco il Capitano Ecco lo mio bene E la mia spene Baciovi la mano. O, da ist ja der Hauptmann O, da ist ja mein Schatz und meine Hoffnung! Ich küsse Euch die Hand. Capitan Hauptmann Buenos dias my Segnora Chero ablaros agora, agora. Isabella muy galana Y gentil tambien’hermosa. Guten Tag, meine Herrin, gerade eben, eben sprach ich von meiner so eleganten Isabella, die ebenso edel wie schön ist! Isabella Isabella A che far l’appassionato O amante ingrato S’un’altra Dama V’adora, & ama. Se novo amore V’ha tolto il core? Ah tiranno, ah crudele Che mi giov’esser fedele? Wozu den Leidenschaftlichen spielen, o undankbarer Geliebter, wenn eine andere Dame Euch verehrt und liebt? Wenn eine neue Liebe Euch das Herz raubte? O Tyrann, o Grausamer, was hilft es mir, treu zu sein? - 168 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 169 - 8 8 Capitan Hauptmann Che cos’es esta? Che azeis segnora? Por vyda vuestra Con quien ablais? Ah segnora che me matais. Was soll das heissen? Was tut Ihr, Herrin? Bei Eurem Leben, mit wem redet Ihr? Ah, Senora, Ihr tötet mich! Isabella Isabella Mira come s’infinge E di vergogna le guance non tinge? Schau wie er sich verstellt und nicht mal schamrot wird dabei! Capitan Hauptmann Valla me dios Da Gentil’hombres Ch’otra Dama non chiero sy no vos. So helf mir Gott, auf Ehrenwort, dass ich keiner andren Dame gehörte als Euch! Isabella Isabella Dico così da scherzo Per far prova di voi Ich sag das nur zum Scherz, um Euch auf die Probe zu stellen. Capitan Hauptmann No m’agais mas d’estas burlas Porque poco ha faltado Que no soy de dolor muerto. Macht nie mehr solche Scherze, denn es hat nur wenig gefehlt, da wäre ich vor Schmerz gestorben. Isabella Isabella S’à gl’archibugi, & à le Collubrine Se t’uso à far gran core Perche temete poi scherzi d’amore? Wenn Ihr gegen Flinten und Schlangenbüchsen gewohnt seid viel Mut aufzubringen, warum fürchtet Ihr dann Scherze der Liebe? - 170 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 171 - 8 8 Capitan Hauptmann Porque todos vinc’amor Weil Amor alles besiegt. Isabella Isabella Amor non so, ma voi ben mi vincesti Quando vi fei signore Di questa vita Di questo core. Ob Amor weiss ich nicht, aber Ihr habt mich besiegt, als Ihr Euch zum Herrn meines Lebens machtet, meines Herzens … Capitan Hauptmann Dezime my segnora, Quen son estas Tetiglias? Sagt mir, meine Herrin, wem gehören diese Brustwarzen? Isabella Isabella Del Capitan Cardon. Dem Hauptmann Cardon. Capitan Hauptmann Y l’oscios y l’orescias? Und die Augen und die Ohren? Isabella Isabella Del Capitan Cardon. Dem Hauptmann Cardon. Capitan Hauptmann Y’l rostro y las Narices? Und die Nase, und die Nasenlöcher? Isabella Isabella Del Capitan Cardon. Dem Hauptmann Cardon. Capitan Hauptmann La fruente, y la Cabezza? Die Stirn und der Kopf? - 172 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 173 - 8 Isabella Isabella Del Capitan Cardon. Dem Hauptmann Cardon. Capitan Hauptmann Y la Cabegliadura? Und die Haare? Isabella Isabella Del Capitan Cardon. Dem Hauptmann Cardon. Capitan Hauptmann Los Dientes, y los labios? Und die Zähne und die Lippen? Isabella Isabella Del Capitan Cardon. Dem Hauptmann Cardon. Capitan Hauptmann La vyda, y el Corazzon? Das Leben und das Herz? Isabella Isabella Del Capitan Cardon. Dem Hauptmann Cardon. Capitan Hauptmann O muy contiento O muy tambien’amado Y de my Dama muy aventurado. O was bin ich froh, o was bin ich doch geliebt, und von meiner Dame beglückt! 8 8 - 174 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 175 - 8 At t o II , s c e n a 4 Z we i t e r A k t, 4 . Au f t r i t t Isabella SOLA Isabella Partito il Capitan, tosto Isabella Sfoga il dolor di Lucio, e con ardire Il ferro stringe, e vuol di vita uscire. Kaum ist der Hauptmann weg, lässt Isabella ihrem Schmerz um Lucio freien Lauf; mutig ergreift sie einen Dolch, und will aus dem Leben scheiden. Ecco che piu non resta Speranza, che raffreni il mio morire. Ah Lucio, ah Lucio, ecco che l’alm’hor hora Sta per volarsen fuora, E te seguir; perche dov’hora stai Sciolto da tutte qualitati humane Chiaro vedrai ch’io vissi à te fedele. E tu fosti crudele Al creder troppo, al morir poco accorto. M’ancida hor questo ferro C’homai la morte i sento. Mi sii dunque pietosa o Madr’antica, La mente mia da lunghi affanni hor sciogli E’l caldo sangue, e la trist’alma accogli. Nun bleibt mir keine Hoffnung mehr, die mein Sterben aufhalten könnte. Ach Lucio, ach Lucio, sieh, meine Seele wird nunmehr entschwinden und dir folgen, denn wo du jetzt bist, von allen Fesseln des Irdischen befreit, wirst du klar erkennen, dass ich dir stets treu war. Du aber warst grausam, Verleumdungen Glauben zu schenken und unbedacht zu sterben. So töte mich nun dieser Dolch, denn schon spüre ich den Tod. Sei mir denn gnädig, o alte Mutter (Erde), erlöse nun meinen Geist von seinem langen Leid, und empfange mein warmes Blut und meine traurige Seele. - 176 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 177 - 8 8 At t o II , s c e n a 5 Z we i t e r A k t, 5 . Au f t r i t t Frulla, Isabella Frulla, Isabella Frulla impedisce che non abbia effetto Il colpo d’Isabella; e le dà nova Che Lucio amante suo vivo si trova. Frulla verhindert den Dolchstoss Isabellas und bringt ihr die Nachricht, dass ihr geliebter Lucio noch lebt. Frulla Frulla Ah Isabella che fai? Ah nò perch t’uccidi? Ach Isabella was tust du ? O nein! Warum tötest du dich? Isabella Isabella Deh lasciami morire. Ach, lass mich doch sterben! Frulla Frulla Non farai. Das tust du nicht! 8 Isabella Isabella farò sì. Das tue ich wohl! Frulla Frulla depon giù l’armi. Leg’ diese Waffe nieder! Isabella Isabella L’armi ministre fien de la mia morte, Diese Waffe soll mir Dienerin zum Tode sein! Frulla Frulla E Lucio fia ministro di tua vita. Und Lucio soll dir der Diener zum Leben sein! - 178 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 179 - 8 Isabella Isabella E come stanno insieme morte, e vita? Und wie passen Tod und Leben zusammen? Frulla Frulla Non stanno insieme no, ma vita e vita Godendo vivo il tuo bramato Lucio. Sie passen nicht zusammen, nein – aber Leben und Leben! Dein ersehnter Lucio ist am Leben! Isabella Isabella Che? Lucio vive? Was? Lucio lebt? Frulla Frulla Vive hor sta sù lieta. Ja, er lebt! Nun sei wieder froh! Isabella Isabella E come non è morto? Dimelo caro Frulla. Aber wieso ist er nicht tot? Sag’s mir, lieber Frulla! Frulla Frulla È vero che volea precipitarsi Ma certi Pastorelli, Ch’erano quivi intorno Uditi i suoi gravosi alti lamenti Fur sì presti al soccorso Che non seguì l’effetto Del folle suo desio. Es stimmt, dass er sich in die Tiefe stürzen wollte, doch einige Hirten, die sich dort aufhielten, hörten sein schweres, lautes Klagen, und eilten so schnell zu Hilfe, dass sein wahnsinniges Vorhaben nicht zur Ausführung kam. Isabella Isabella O me felice Isabella Poi che viv’il mio bene Anch’io vivrommi, e fia Lietissima per lui la vita mia. Glücklich bin ich, Isabella, lebt denn noch mein Allerliebster, will auch ich am Leben bleiben, seinetwegen wird mein Leben fröhlich sein. - 180 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 181 - 8 At t o III , s c e n a 1 D r i t t e r A k t, 1 . Au f t r i t t Pantalone, Francatrippa, Gratiano Pantalone, Francatrippa, Gratiano Hor che frà Pantalone, e Gratiano Stretto è’l partito del accasamento Non lasciano di darsi ogni contento. Jetzt, da zwischen Pantalone und Gratiano der Heiratsvertrag abgeschlossen ist, hören sie nicht auf, vergnüglich zu feiern. Pantalone Pantalone Daspuo ch’ò stabilio sto parentao E parte de la Diote Su’l Banco de Grifon depositao Voio mò far nozze, Sù Francatrippa invida i mie parenti. Nachdem ich diese Verbindung festgemacht habe, und einen Teil der Mitgift auf der Bank «Zum Greif» deponiert, will ich nun das Hochzeitsfest richten. Los, Francatrippa, lade meine Verwandten ein! Francatrippa Francatrippa Sagnur si sagnur nò. Ma i me paret de mi? Herr, ja, Herr, nein, und was ist mit meinen Verwandten? Pantalone Pantalone Che parenti hastu ti? Was hast denn du für Verwandte? Francatrippa Francatrippa Fè cont du compagnet Paret de stret de stret. Rechnet mit zwei Zunftbruderschaften, die enge, ganz enge Verwandte sind. Pantalone Pantalone Chi xè costor di mò? Und wer sind die, sag’ an? 8 8 - 182 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 183 - 8 Francatrippa Francatrippa Mesir à vel dirò. O’l Gandai, e ’l Padella Zan Piatel, e Gradella. Zan Bucal, e Bertol. Burati, e Zanuol. Relichin, e Simù. O’l Zampetta, con Zanù. E Frignocola, e Zambù. Il Fritada, e Pedrolin Con dodes Fradelin. Herr, ich nenne sie Euch: der Krümel und die Bratpfanne, Tellerhans und Reiberaspel, Hans Pokal und Dummerjan, Maskerad und Deckmantel, der Hanswurst und der Simon, Schweinefuss und Wildschweinzahn, und der Klaps und der Eisbein, Pfannkuch und das Peterlein, mit seinen zwölf Brüderlein. Pantalone Pantalone Moia moia moia Do compagnet’an? Verreck, verreck, verreck, Zwillingsbruderschaften, was? Francatrippa Francatrippa Eh si caro Patrù. Hm, ja, teurer Chef. Pantalone Pantalone Tasi là pezzo de Can Schweig still, Stück von einem Hund! Francatrippa Francatrippa O mesir l’è i lò u’l Duttur Che suna u’l Zambaiù? O Herr, da ist ja der Doktor, und spielt auf dem Eierpunsch! Pantalone Pantalone Chi xè sto Zambaiù? Was ist denn das für ein Eierpunsch? - 184 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 185 - 8 8 Francatrippa Francatrippa Sentif? sentif? oldif? Trencu trencu tren Hört Ihr? Hört Ihr? Vernehmt Ihr’s? zupf, zupf, zupf. Pantalone Pantalone Bon zorno caro Zenero Deh caro e ’l mio Dottor fem’un piaser Guten Tag, lieber Schwiegersohn! Ach, mein lieber Doktor, machen wir uns einen Spass! Gratiano Gratiano O com’o com’o com, Msier si msier si msier si. O, und ob, und ob, und ob, Mösjöh ja, Mösjöh, ja, Mösjöh, ja! Pantalone Pantalone Cantè sù un pochetin Un madregaletin. Singt Ihr doch einmal ein kleines Madrigal! Gratiano Gratiano A dirò al me favorid Ich singe es meiner Erwählten. Pantalone Pantalone Sù Francatrippa Va in casa e dì à mia Fia Che se fazza al balcon Che sol per lei se vive in allegria. Los, Francatrippa, geh ins Haus, und sag meiner Tochter, sie soll auf den Balkon heraustreten, da nur ihretwegen lustig gefeiert wird. - 186 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 187 - 8 8 At t o III , s c e n a 2 D r i t t e r A k t, 2 . Au f t r i t t Gratiano, Pantalone, Francatrippa Gratiano, Pantalone, Francatrippa Canta il Dottore un Madrigal gentile Sotto’l Balcon de la sua cara sposa Con voce soavissima, e amorosa. Der Doktor singt ein artiges Madrigal unter dem Balkon seiner lieben Verlobten mit zärtlicher und verliebter Stimme. Gratiano Gratiano Ancor ch’al parturire Al se stenta à murire Patir vorrei agn’hor senza tormiente. Tant’è’l piaser Vincenze L’acqua vita m’ha pist’e pur ai torne E cosi mille mele al far del zorne Padir agn’hor vorrei Tanto son dolci i Storni ai denti miei. Obwohl man bei den Wehen Vor Schmerz sich fühlt’ vergehen, möchte ich stündlich ohne Wehen leiden, so übermächtig ist die Freude, das Lebenswasser prasselte mich nieder, und so tausend Äpfel beim Morgengrauen verdauen möchte ich allstündlich, so süss sind die Stare meinen Zähnen! Pantalone Pantalone O che vosetta cara Zentil, polia, e sonora, Ch’al so dolce saor Se smisia Amor Dentro al mio cor. E po nel dir vu sè un niove Anguillara Welch liebes Stimmlein gar, edel, sonor und klar, dass bei ihrem süssen Aroma sich mischet der Gott Amor tief in mein Herz führwahr! Ich sag’, Ihr seid ein neuer Anguillara! Francatrippa Francatrippa Sagnur sagnur Duttur, Herr Doktor – Pantalone Pantalone Che vuot mò dir Trippa de Franza? Che vuot mò dir Trippa de Franza? - 188 - Trigonale 2009 – Das Programm 8 Trigonale 2009 – Das Programm - 189 - 8 Francatrippa Francatrippa al dis la Spusa Che tucch entroma deter. Die Braut hat gesagt, dass alle hereinkommen sollen. Gratiano Gratiano O la ben, o sù ben O via ben, mo la ben. Oho, gut! O, hinauf, gut! O, los, gut, o, mein Schatz! At t o III , s c e n a 3 D r i t t e r A k t, 3 . Au f t r i t t Francatrippa, Hebrei di dentro Francatrippa, Juden in einem Hause Va à gli Hebrei Francatrippa à porr’un pegno La porta forte scuote, e una Babelle S’ode di voci, e horribili favelle. Francatrippa geht zu den Juden, um ein Pfand hinzubringen. Er rappelt laut an der Tür, und man hört ein Babel von Stimmen und dunklen Reden. Francatrippa Francatrippa Tich tach toch Tich tach toch O Hebreorum gentibus Sù prest’avrì sù prest Da hom da be cha tragh zo l’us. Tich, tach, toch, poch, poch, poch. O Ihr Hebrärleute, los, öffnet schnell, los, schnell! Als feiner Mann behandelt zu werden, bin ich gewohnt! Hebrei Juden Ahi Baruchai Badanai Merdochai. An Biluchan Ghet milotran La Baruchabà. Ach, Baruchai, Badanai und Merdochai, und Biluchon, gehe milotran, gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn. - 190 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 191 - 8 8 Francatrippa Francatrippa A no farò vergot maidè negot, Ch’i fa la Sinagoga O che ’l Diavol v’affoga. Tiche tach, tiche toch Da kann ich also gar kein Geschäft machen, denn sie halten Synagoge ab. O, dass euch der Teufel ertränke! Tiche tach, tiche toch, poche poch, poche poch! Hebrei Juden Oth zorochot Aslach muflach Iochut zorochot Calamala Balachot. Zeichen, Bedrängnis Götzen, Barbaren, Judah in Bedrängnis Calamala Balachot. Francatrippa Francatrippa U uhi, o ohi O messir Aron Heda, heda, o Herr Aron! Hebrei Juden C’ha pulset’à sto porton Wer hat an diese Tür gepocht? Francatrippa Francatrippa So’mi so’mi messir Aron. Ich bin’s, ich bin’s, Herr Aron. Hebrei Juden Che cheusa volit? Che cheusa dicit? Was wollt Ihr? Was sagt Ihr? Francatrippa Francatrippa A voraf ’impegnà sto Brandamant. Ich möchte diese Trägergurte verpfänden. - 192 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 193 - 8 8 Hebrei Juden O Samuel Samuel, Venit à bess, venit à bess Adanai che l’è lo Goi Ch’è venut con lo moscogn Che vuol lo parachem L’è Sabbà cha no podem. O Samuel, Samuel, komm herab, komm herab! Herr, da ist der Goy, der mit dem Pfand gekommen ist, für das er den Gegenwert will. Es ist Sabbot, darum können wir nicht. At t o III , s c e n a 4 D r i t t e r A k t, 4 . Au f t r i t t Isabella, Lucia Isabella, Lucia Trovansi à sorte, i duo fedeli Amanti, E fatto c’hanno l’allegrezze insieme, Dansi la fede insino à l’hore estreme. Zufällig treffen sich die beiden treuen Liebenden, und nachdem sie darüber beide glücklich waren, geloben sie sich Treue bis zur Todesstunde. Isabella Isabella Lassa che veggio? E Lucio forse? ahimè non parm’al volt’e ai panni. Ach, was sehe ich da? Ist das etwa Lucio? Seinem Aufzug nach scheint er’s nicht zu sein. Lucio Lucio Quella ch’io veggio là parmi Isabella, Che sola pò dar fin’ai lunghi affanni. Ella sen vien ver mè voglio accostarmi. Die ich da sehe, scheint mir Isabella zu sein, die allein mein langes Leid enden kann. Sie kommt auf mich zu; ich geh ihr entgegen. Isabella Isabella O Lucio? Lucio? - 194 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 195 - 8 Lucio Lucio O Isabella? Isabella? Isabella Isabella O mia luce vitale. O, du mein Lebenslicht! Lucio Lucio O refugio al mio male. O, du Zuflucht in meinem Elend! Isabella Isabella Sei pur tu? Bist du es wirklich? Lucio Lucio Si ch’io sono. Ja, freilich bin ich’s. Isabella Isabella Sei Lucio, od ombra? Bist du Lucio oder sein Geist? Lucio Lucio In dubio stai? Zweifelst du etwa? Isabella Isabella Io temo. Ich habe Angst. Lucio Lucio perche temi? Warum hast du Angst? Isabella Isabella perch’io t’amo. Weil ich dich liebe. 8 8 - 196 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 197 - 8 Lucio Lucio Amianci senza tema Mio bene. Lieben wir uns ohne Angst, mein Schatz! Isabella Isabella O Lucio mio. O, mein Lucio! Lucio Lucio O mia Isabella! O, meine Isabella! Isabella Isabella E qual misera sorte Quasi t’indusse à morte? Aber welch unseliges Geschick trieb dich denn fast in den Tod? Lucio Lucio Deh non rinovelliam si gran dolore: Ma la promessa fede M’osservi d’esser mia. Ach, erneuern wir nicht mehr einen so grossen Schmerz, sondern erfülle dein Versprechen, die Meine zu werden! Isabella Isabella Eccola, ne fia mai che d’altri sia. Hier hast du’s; keinem andren geb’ ich’s je. Lucio Lucio Ben mio l’accetto; ed ecco Lelio à punto, Ch’à tempo è giunto, Che se per noi sofferse affanni rei, Hor goda de dolcissimi Himenei. Mein Schatz, ich nehme es an! Aber da kommt ja Lelio gerade zur rechten Zeit! Hat er unseretwegen böse Sorgen ausgestanden, soll er nun ein schönes Hochzeitsfest geniessen. - 198 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 199 - 8 8 At t o III , s c e n a 5 e u lt i m a D r i t t e r A k t, 5 . u n d l e t z t e r Au f t r i t t Ogn’un s’allegra, e gode, e si pon fine A i bramati Himenei con varii doni E dentro fansi feste, nozze, e suoni. Ein jeder ist munter und fröhlich, und man beschliesst die ersehnte Vermählung mit verschiedenen Gaben, und drinnen wird die Hochzeit mit Sang und Klang gefeiert. Lucio Lucio Rallegratevi meco O Signore Lelio, ch’Isabella è mia, Freut Euch mit mir, o Herr Lelio, denn Isabella ist mein. Lelio Lelio M’allegro, e tanto godo Di cosi stretto nodo, Che dir non posso l’allegrezza mia. Ich freue mich, und bin so glücklich über diesen festen Bund, dass ich meine Freude gar nicht sagen kann. Lucio Lucio Vi ringratio, e v’invit’à le mie nozze: Hor chiamate gl’amici Tutti di fuora. Ich dank Euch, und lade Euch zu meiner Hochzeit ein; nun ruft die Freunde allesamt herbei. Lelio Lelio Fuora fuora fuora Herbei, herbei, herbei! Tutti Alle A sem’ chi lò sagnur à sem’ chi lò. Da sind wir; was gibt’s denn, Herr? - 200 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 201 - 8 Lucio Lucio Hor siat’i ben venuti, Quest’è la Moglie mia Fatele honor vi prego, e le donate Qualche piacevolezza In segno d’allegrezza. Nun seid herzlich willkommen! Dies ist meine Gattin; erweist ihr Ehre, bitte, und schenkt ihr ein paar gefällige Dinge als Zeichen eurer Freude! Lelio Lelio Io’l primo v’offro una rosa vermiglia, Ch’al volto vi somiglia. Ich bringe Euch eine rote Rose dar, denn sie gleicht Eurem Antlitz. Isabella Isabella Io vi bacio la mano. Küss die Hand! Pantalone Pantalone E mi ve dago i guanti, che me cavo, Che fù del mio Bisavo. Und ich gebe Euch die Handschuhe, die ich mir abziehe; sie stammen von meinem Urgrossvater. Isabella Isabella Vi ringratio signore. Ich danke Euch, Herr. Nisa: Questa Cagnuol vi dono acciò serbiate A Lucio fedeltate. Nisa Dies Hündlein geb ich Euch, auf dass Ihr Lucio auch die Treue wahrt! Isabella Isabella Mille gratie vi rendo. Tausend Dank sag ich Euch. 8 8 - 202 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 203 - 8 Capitan Hauptmann Tres mill Maravedis Toma ò Dama hermosa, Y de mi Lucio Esposa. Dreitausend Maravedi nehmt, o schöne Dame, und meines Lucios Gattin. Isabella Isabella Splendidissimo sete. Ihr seid äusserst splendid. Pedrolino Pedrolino Mi no ve poss’donà preset plu bel Se no sto Ravanel. Ich kann Euch kein schön’res Präsent machen als diesen Radi hier. Isabella Isabella Granmercè Pedrolino. Vielen Dank, Pedrolino. Gratiano Gratiano Av don’un par d’Ucchià senza la lus Per far’hunor’ai Spus. Ich schenk’ Euch eine Brille ohne Gläser, dem Brautpaar Ehre zu erweisen. Isabella Isabella Gratiosissimo dono. Ein sehr willkommenes Geschenk. Lucio Lucio Entriamo hor tutti in Casa, E voi cortesi, e Illustri spettatori Ci date veramente Piacevol segno che vi sia piacciuta Questa favola nostra, poi che s’ode Grand’applauso di man, voci di lode. Nun lasst uns alle ins Haus gehen! Und ihr, erlauchte Zuschauer gebt uns ein echtes, freundliches Zeichen, dass sie euch gefallen hat, diese unsere Mär, indem ihr lautes Händeklatschen und Lobesrufe hören lasst! - 204 - Trigonale 2009 – Das Programm IL FINE Trigonale 2009 – Das Programm - 205 - 8 ENDE Die Biografien der in diesem Konzert mitwirkenden Künstler und Ensembles finden Sie auf Seite 270. Au t o g r a mm e d e r M i t w i r k e n d e n Kü n s t l e r vo n » D i e Ve n e z i a n i s c h e Ko mm ö d i e « 8 8 - 206 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 207 - Donnerstag, 17.09., 19.00 Uhr Rathaus St. Veit Henry Purcell The Fairy Queen (1692) I Fag i o l i n i H a r m o n y o f N at i o n s B a ro qu e O rc h e s t r a Robert Hollingworth: Leitung 9 I Fag i o l i n i : Anna Crookes: Sopran (Night) Emma Tring: Sopran (Mystery) William Purefoy: Countertenor (Secrecy, Mopsa) Robert Hollingworth: Countertenor Nicholas Hurndall Smith: Tenor (‘Come all’) James Oxley: Tenor Eamonn Dougan: Bariton (Drunken poet, Winter, Hymen) Charles Gibbs: Bass (Sleep, Coridon) Catherine Pierron: Cembalo, Orgel - 208 - Trigonale 2009 – Das Programm David Miller: Erzlaute, Gitarre Richard Campbell: Viola da gamba, Gitarre Jadran Duncumb: Gitarre H a r m o n y o f N at i o n s B a r o q u e O r c h e s t r a : Kristin Deeken: 1. Violine Fani Vovoni: 2. Violine Magdalena Malecka: Viola Gyöngy Erödi: Violoncello Elisabeth Baumer: 1. Oboe, Blockflöte Rei Ishizaka: 2. Oboe, Blockflöte Katalin Sebella: Fagott Bernhard Lampert: 1. Trompete Herbert Walser-Breuß: 2. Trompete Heiko Kleber: Pauken Gerd Wameling: Erzähler Die gesprochenen Texte wurden von Timothy Knapman im Auftrag der Trigonale geschrieben. Übersetzung: Franz-Karl Opitz Trigonale 2009 – Das Programm - 209 - 9 Einleitung Neben den Kollegen Händel, Haydn und Mendelssohn ist Henry Purcell in diesem Jahr ein bisschen zu kurz gekommen – dabei be geht auch er ein rundes Jubiläum: Er wurde am 10. September 1659, also vor ziemlich genau 350 Jahren, in Westminster geboren. Wie ungeheuer groß seine Bedeutung für die englische Musikgeschichte ist, lässt sich schon an dem Titel »Orpheus Britannicus« ablesen, mit dem er in seinem Heimatland geadelt wurde: Der britische Orpheus. 9 Dieser Beiname verdeutlicht die tiefe Bewunderung für den vielleicht größten englischen Komponisten und verweist gleichzeitig auf seine besonderen künstlerischen Stärken. Denn obwohl er eine ganze Reihe wichtiger Instrumentalwerke schrieb – wie etwa die wunderbaren Gambenfantasien, in denen er schon mit 21 Jahren eine beeindruckende Meisterschaft zeigte -, gründet der Ruhm doch vor allem in seinem Vokalschaffen: Es umfasst zahlreiche geistliche Kom positionen sowie etwa 50 Schauspielmusiken (»Masques«) und sogenannte »Semi Operas«, eine spezielle britische Mischung aus Musik und Tanz. Hier konnte der »Orpheus Britannicus« sein außergewöhnliches Gespür für den Gesang und das englische Idiom demonstrieren: »Er hat den Zungenschlag unserer Muttersprache gestärkt, gestreckt und abgestimmt.«, schwärmte der Musikhistoriker Charles Burney noch 90 Jahre nach Purcells Tod. nachtstraum« bedient und das Stück in einer recht freien Bearbeitung vertont. Das Ergebnis bewegt sich auf dem Grenzgebiet zwischen den verschiedenen Gattungen Oper, Schauspielmusik und Ballett und spricht damit viele verschiedene Sinne des Besuchers an. Mit ihren kunstvoll verwobenen Irrungen und Wirrungen ist Shake speares Komödie natürlich auch eine äußerst dankbare Vorlage, die den erfahrenen Theaterkomponisten Purcell zu vielen zündenden Ideen inspiriert. Seine »Fairy Queen« spielt im Märchenreich des Elfenkönigs Oberon und der Feenkönigin Titania, die sich wegen einer kleinen Eifersüchtelei in die Haare kriegen. Sie trennen sich im Zorn – und Obe ron beschließt, sich zu rächen. Er lässt seinen Lieblingskobold Puck nach einer Zauberblume suchen, deren Saft eine magische Liebeswirkung erzeugt. Und so entflammt die Gattin Titania, mit dem Blu menextrakt beträufelt, heiße Gefühle für einen dämlichen Handwerker, den Puck in einen Esel verwandelt hat. Das ist Strafe genug, meint auch Oberon und erlöst seine Gattin mit einer Gegengiftblume aus ihrem Wahn. Am Ende ist natürlich alles gut. Und Purcell hat reichlich Gelegenheit, alle Register seines Könnens zu ziehen. Das renommierte Ensemble I Fagiolini zeigt die dreistündige Semi Opera in einer gekürzten Version und verbindet die Handlung durch sehr humorvolle deutsche Texte – der britische Orpheus konnte nämlich nicht nur betörend schön singen, sondern auch ziemlich unterhaltsam und witzig sein. Marcus Stäbler Dieses besondere Talent tritt auch in der Semi Opera »The Fairy Queen« (»Die Feenkönigin«) zu Tage, die 1692 ihre Uraufführung erlebte. Henry Purcell hat sich hier bei Shakespeares »Sommer- 210 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 211 - 9 9 Ac t I Erster Akt Come, come, come, let us leave the Town And in some lonely place, Where Crouds and Noise were never known, Resolve to spend our days. In pleasant Shades upon the Grass At Night our selves we'll lay; Our Days in harmless Sport shall pass, Thus Time shall slide away. Kommt, kommt, verlassen wir die Stadt, lasst uns an einem einsamen Ort, wo nie ein Mensch, nie Lärm hindrang, doch unsere Tage verbringen! In lauen Schatten auf dem Gras legen wir uns nachts nieder; uns`re Tage vergehen bei friedlichem Spiel, so gleite die Zeit dahin! Drunken Poet Der betrunkene Dichter Fill up the Bowl, then, &c. So füllt den Becher, füllt den Becher… 1st Fairy, Chorus Erste Elfe und Chor Trip it, trip it in a Ring; Around this Mortal Dance, and Sing. Springt um ihn und kreist ihn ein! Tanzt um den Menschen; singt! Poet Dichter Enough, enough, We must play at Blind Man's Buff. Turn me round, and stand away, I'll catch whom I may. Genug, genug! Wir müssen Blindekuh spielen. Dreht mich herum, und steht beiseite, ich fange, wen ich kann! 1st Fairy, Chorus Erste Elfe, Chor About him go, so, so, so, Pinch the Wretch, from Top to Toe; Pinch him forty, forty times, Pinch till he confess his Crimes. Geht rings um ihn herum, so, so, zwickt den Schelm von Kopf bis Fuß, zwickt ihn, vierzig, vierzig Mal, zwickt ihn, bis er seine Untaten gesteht! - 212 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 213 - 9 9 Poet Dichter Hold you damn‘d tormenting Punk, I do confess ? Halt, verdammter Quälgeist, du, ich gestehe… Both Fairies Beide Elfen What, what, &c. Was, was? Poet Dichter I‘m Drunk, as I live Boys, Drunk. Ich bin betrunken, so wahr ich leb´, Jungen, betrunken. Both Fairies Beide Elfen What art thou, speak? Was bist du? Sprich! Poet Dichter If you will know it, I am a scurvy Poet. Wenn ihr´s denn wissen müsst… ich bin ein miserabler Poet. Chorus Chor Pinch him, pinch him for his Crimes, His Nonsense, and his Dogrel Rhymes. Zwickt ihn für das, was er verbrach, seinen Unsinn, seine Knittelverse! Poet Dichter Hold! Oh! Oh1 Oh! Hört auf! Au, au, au! Both Fairies Beide Elfen Confess more, more. Gesteh´ noch mehr… - 214 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 215 - 9 Poet Dichter I confess, I'm verypoor. Nay prithee do not pinch me so, Good dear Devil, let me go; And as I hope to wear the Bays, I'll write a Sonnet in thy Praise. Ich gesteh´, ich bin recht schlecht. Nein, ach zwick´ mich doch nicht so! Guter, lieber Teufel, lass mich los, und, so wahr ich auf Lorbeeren hoffe, schreib´ dir zum Lob ich ein Sonnett! Chorus Chor Drive 'em hence, away, away Let 'em sleep till break of Day. Jagt sie fort, hinweg, hinweg, Lasst sie schlafen, bis der Tag anbricht! Ac t II Z we i t e r A k t Tenor Tenor Come all ye Songsters of the Sky, Wake, and Assemble in this Wood; But no ill-boding Bird be nigh, None but the Harmless and the Good. Kommt, ihr Sängervolk der Lüfte, wacht auf, versammelt euch hier im Wald! Doch sei kein Unglücksvogel dabei, sondern nur die harmlosen und guten! Trio Trio May the God of Wit inspire, The Sacred Nine to bear a part; And the Blessed Heavenly Quire, Shew the utmost of their Art. While Echo shall in sounds remote, Repeat each Note, Each Note, each Note. Möge der Musengott seine heiligen Neun anregen, eine Stimmpartie zu übernehmen, so zeige der selige Himmelschor seine höchste Sangeskunst vor, indes ferner Echoklang widerhalle alle Töne, alle… alle… 9 9 - 216 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 217 - 9 Chorus Chor Now joyn your Warbling Voices all. Nun vereint eure zwitschernden Stimmen, alle! Soprano and Chorus Sopran und Chor Sing while we trip it on the Green; But no ill Vapours rise or fall, Nothing offend our Fairy Queen. Singt, während wir auf der Wiese tanzen; doch rührt keine üblen Schwaden auf; nichts darf unserer Feenkönigin schaden! Night Die Nacht See, even Night her self is here, To favour your Design; And all her Peaceful Train is near, That Men to Sleep incline. Let Noise and Care, Doubt and Despair, Envy and Spight, (The Fiends delight) Be ever Banish‘d hence, Let soft Repose, Her Eye-lids close; And murmuring Streams, Bring pleasing Dreams; Let nothing stay to give offence. Seht, die Nacht ist selbst erschienen, eurem Plan entgegenzukommen, all ihr friedliches Gefolge ist da, welches Menschen schläfrig macht. Lasst Lärm und Sorgen, Kummer und Verzweiflung, lasst Trotz und Neid (des Teufels Freud´!) auf ewig von hier verbannt sein! lasst sanfte Ruhe, die Lider ihr schließen, und murmelnde Bäche, frohe Träume bringen, lasst nichts da, was stören könnte! - 218 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 219 - 9 9 Mystery Der Geist der Heimlichkeit I am come to lock all fast, Love without me cannot last. Love, like Counsels of the Wise, Must be hid from Vulgar Eyes. 'Tis holy, and we must conceal it, They profane it, who reveal it. Ich bin hier, alles fest zu verschließen. Liebe hat ohne mich keinen Bestand. Liebe, wie die Berater der Weisen, muss man vor den Gaffern verbergen. Sie ist heilig; man muss sie verhüllen; denn wer sie entdeckt, entweiht sie. Secrecy Der Geist der Verschwiegenheit One charming Night Gives more delight, Than a hundred lucky Days. Night and I improve the tast, Make the pleasure longer last, A thousand, thousand several ways. Eine bezaubernde Nacht schenkt mehr Seligkeit als hundert glückliche Tage. Die Nacht und ich steigern den Genuss und verlängern das Vergnügen auf tausenderlei Art. Sleep Der Geist des Schlafes Hush, no more, be silent all, Sweet Repose has clos'd her Eyes. Soft as feather'd Snow does fall! Softly, softly, steal from hence. No noise disturb her sleeping sense. Still! Nichts mehr, schweigt alle! Süße Ruh´ schloss ihr die Augen. Leise wie der Schneeflaum fällt, leise stehlt euch nun davon. Kein Laut störe ihren schlafenden Sinn! - 220 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 221 - 9 9 Ac t III Dritter Akt Soprano Sopran If Love‘s a Sweet Passion, why does it torment? If a Bitter, oh tell me whence comes my content? Since I suffer with pleasure, why should I complain, Or grieve at my Fate, when I know ‚tis in vain? Yet so pleasing the Pain, so soft is the Dart, That at once it both wounds me, and tickles my Heart. Ist die Liebe eine süße Leidenschaft, warum tut sie weh? Ist sie eine bitt´re, sag´, warum bin ich so froh? Ich leide ja mit Freuden; was klage ich dann und bejamm´re mein Los, wenn ich weiß, es ist umsonst? Doch so gut tut der Schmerz, und so sanft ist der Pfeil, er verwundet und streichelt mein Herz zugleich! Chorus Chor I press her Hand gently, look Languishing down, And by Passionate Silence I make my Love known. But oh! I‘m Blest when so kind she does prove, By some willing mistake to discover her Love. When in striving to hide, she reveals all her Flame, And our Eyes tell each other, what neither dares Name. Sacht drück´ ich ihre Hand, senke schmachtend den Blick, durch glutvolles Schweigen künd´ ich ihr meine Liebe; doch oh! bin ich selig, wenn sie dann so nett ist, mir durch ein absichtliches Versehen ihre Liebe zu verraten; wenn die Mühe, ihre Flamme zu verbergen, sie entdeckt, und uns´re Augen sich sagen, was keiner zu nennen wagt! Coridon Corydon Now the Maids and the Men are making of Hay, We h‘ve left the dull Fools, and are stolen away. Then Mopsa no more Be Coy as before, But let us merrily Play, And kiss the sweet time away. Die Mägde und Knechte machen jetzt Heu. Wir verließen die faden Narren und stahlen uns fort. Drum, Mopsa, sei nicht mehr so spröde wie vorher. lass dich doch zu fröhlichem Spiel herbei. küssen wir uns zu süßem Zeitvertreib! - 222 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 223 - 9 Mopsa Mopsa Why, how now, Sir Clown, what makes you so bold? I‘d have ye to know I‘m not made of that mold. I tell you again, Maids must never Kiss no Men. No, no: no Kissing at all; I‘ll not Kiss, till I Kiss you for good and all. Ja aber, Herr Witzbold, was macht Euch so kühn? Wisset, dass ich nicht von der Sorte bin! Ich sag´s Euch noch einmal: Mädchen dürfen nie keine Männer nicht küssen, nein, nein, nein, nein, Küssen darf nicht sein, ich küsse nicht, bis Ihr mich auf immerdar küsst! Coridon Corydon Not Kiss you at all? Dich gar nicht küssen? Mopsa Mopsa Not kiss, till you kiss me for good and all. Nein, nein. Kein Kuss! Bis du mich auf immerdar küsst! Coridon Corydon Should you give me a score, ‚Twould not lessen your store, The bid me chearfully, chearfully Kiss, And take, and take, my fill of your Bliss. Und gibst du mir zwanzig, deinen Vorrat schmälert´s nicht. So heiße mich freundlich, dich küssen und mich gütlich tun an deinen Wonnen! 9 9 - 224 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 225 - Mopsa Mopsa I‘ll not trust you so far, I know you too well; Should I give you aninch, you‘d soon take an Ell. The Lordlike you Rule, And laugh as the Fool, No, no, &c. Ich trau´ dir gar nicht, ich kenn´ dich zu gut; geb´ ich dir einen Zoll, nimmst du gleich ´ne Elle. Dann herrscht du wie ein Fürst, und lachst über die Närrin. Nein, nein, usw. Coridon Corydon So small a Request, You must not, you cannot, you shall not deny, Not will I admit of another Reply. Eine so kleine Bitte darfst du, kannst du, wirst du nicht abschlagen; ich lasse keine andere Antwort mehr gelten! Mopsa Mopsa Nay, what do you mean? O fie, fie, fie! Nein, was meinst du damit? Oh, pfui, pfui! 9 9 - 226 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 227 - Ac t I V Vi e r t e r A k t One of the Attendants, Chorus Ein Mitflied des Gefolges, Chor Now the Night is chac‘d away, All salute the rising Sun; ‘Tis that happy, happy Day, The Birth-Day of King Oberon. Nun ist die Nacht vertrieben! Begrüßt alle die aufgehende Sonne! Dies ist der frohe, frohe Tag, der Geburtstag König Oberons! Winter Der Winter Next, Winter comes Slowly, Pale, Meager, and Old, First trembling with Age, and then quiv‘ring with Cold; Benumb‘d with hard Forsts, and with Snow covere‘d o‘ver, Prays the Sun to Restore him, and Sings as before. Nun kommt der Winter, langsam, bleich, mager und alt, zittrig vor Alter und schlotternd vor Kälte, betäubt von hartem Frost und bedeckt mit Schnee bittet er die Sonne um Gesundung, und singt wie zuvor: Chorus Chor Hail! Great Parent of us all. Light and Comfort of the Earth, Before thy Shrine the Seasons fall, Thou who giv’st all Nature Birth. Heil dir, unser aller großer Vater, Licht und Segen der Erde, vor deinem Alter fallen die Jahreszeiten nieder, schenkst du doch der ganzen Natur das Leben. 9 9 - 228 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 229 - 9 Ac t V Fü n f t e r A k t The Plaint Das Klagelied O let me weep, for ever weep, My Eyes no more shall welcome Sleep; I‘ll hide me from the sight of Day, And sigh, and sigh my Soul away. He‘s gone, he‘s gone, his loss deplore; And I shall never see him more. O lasst mich weinen, ewig weinen! Schlaf sei meinen Augen nie mehr willkommen! Ich verberge mich vor dem Anblick des Tageslichts, und seufze, seufze mir die Seele aus. Er ist dahin, dahin, beklagt seinen Verlust, denn ich sehe ihn niemals wieder! A Chinese Woman Eine Chinesin Hark now the Echoing Air a Triumph Sings, And all around pleas‘d Cupids clap their Wings. Horch, wie das luftige Echo ein Triumphlied singt, und überall frohe Amoretten mit den Flügeln schlagen! Chorus Chor Hark! Hark! Horch! Horch! Two chinese women Zwei Chinesinnen Sure the dull God of Marriage does not hear; We‘ll rouse him with a Charm, Hymen appear! Der stumpfe Gott der Ehe hört wohl nicht? wir wecken ihn mit einem Zauberspruch. Hymen, erscheine! Chorus Chor Hymen appear! Hymen, erscheine! Chinese women and chorus Chinesinnen und Chor Our Queen of Night commands thee not to stay, Appear! Unsere Königin der Nacht verbietet dir, zu trödeln! Erscheine, erscheine! - 230 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 231 - 9 9 Hymen Hymen See, see, I obey. My torch has long been out, I hate On loose dissembled Vows to wait, Where hardly Love out-lives the Wedding-Night, False Flames, Love‘s Meteors, yield my Torch no Light. Da, seht, ich gehorche! Meine Fackel ist längst erloschen. Ich hasse es, bei geheuchelten Treueschwüren zu dienen, wo die Liebe kaum die Hochzeitsnacht überlebt. Falsche Flammen, Sternschnuppen der Liebe, liefern meiner Fackel kein Licht. Two chinese women Zwei Chinesinnen Turn then thine Eyes upon those Glories there, And catching Flames will on thy Torch appear. So richte deinen Blick auf diese Glorie hier, und zündende Flammen werden deine Fackel anstecken! Hymen Hymen My Torch, indeed, will from such Brightness shine: Love ne‘er had yet such Altars, so divine. Ja, das bringt meine Fackel zum Erstrahlen! Nie hatte Amor solch göttliche Altäre! Two chinese women, Hymen and Chorus 2 Chinesinnen, Hymen und Chor They shall be as happy as they‘re fair; Love shall fill all the Places of Care: And every time the Sun shall display his Rising Light, It shall be to them a new Wedding-Day; And when he sets, a new Nuptial-Night. Sie sollen so glücklich sein, wie sie schön sind, und die Liebe die Stelle der Sorgen einnehmen, und jedesmal, wenn die Strahlende Sonne aufgeht, soll´s für sie ein neuer Hochzeitstag sein, und geht sie unter, eine neue Hochzeitsnacht! © harmonia mundi s.a., 2009, für gesungene Orginaltexte, deutsche Übersetzungen und Inhaltsangaben. Die Biografien der in diesem Konzert mitwirkenden Künstler und Ensembles finden Sie auf Seite 270. - 232 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 233 - 9 Au t o g r a mm e d e r M i t w i r k e n d e n Kü n s t l e r vo n »T h e Fa i ry Q u e e n « 9 9 - 234 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 235 - Freitag, 18.09., 19.00 Uhr Rathaus St. Veit Georg Friedrich Händel – Acis and Galatea (1718) I Fag i o l i n i H a r m o n y o f N at i o n s B a ro qu e O rc h e s t r a H a r m o n y o f N at i o n s B a r o q u e O r c h e s t r a : Kristin Deeken: 1.Violine Fani Vovoni: 2.Violine Gyöngy Erödi: Violoncello Elisabeth Baumer: 1.Oboe, Blockflöte Rei Ishizaka: 2.Oboe, Blockflöte Katalin Sebella: Fagott Gerd Wameling: Neptun Chris Pichler: Venus Die gesprochenen Texte wurden von Timothy Knapman im Auftrag der Trigonale geschrieben. Übersetzung: Franz-Karl Opitz Robert Hollingworth: Leitung 10 I Fag i o l i n i : Clare Wilkinson: Galatea (Mezzosopran) James Oxley: Acis (Tenor) Charles Gibbs: Polyphemus (Bass) Nicholas Hurndall Smith: Damon (Tenor) Robert Hollingworth: Countertenor 10 Catherine Pierron: Cembalo David Miller: Erzlaute - 236 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 237 - Einleitung Händels kurzer Aufenthalt (1717-1718) in Cannons (bei Edgware), wo er als Komponist im Dienst von James Brydges, Earl of Car narvon, tätig war, erwies sich als wegweisend für seinen künftigen Erfolg in England. Zusammen mit wenigen auserwählten Berufsmusikern konnte er hier im Rahmen des ‘Cannons Concert’ mit instrumentalen Genres und Theaterstücken unter Verwendung englischer Texte experimentieren, ohne gegen den üblichen finanziellen Druck bei öffentlichen Aufführungen ankämpfen zu müssen. Mit seinen elf Anthems für Cannons schuf er seine umfangreichste Sammlung englischer Kirchenmusik, und Esther (HWV 50a, damals Das Oratorium) wurde zum Prototyp des Englischen Oratoriums, dem er sich in der letzten Schaffensphase seiner Laufbahn vorwiegend widmete. Ein vergleichbar hoher Stellenwert kommt sicher dem pastoralen ‘Entertainment’ Acis and Galatea zu, seiner ersten musikalischen Bearbeitung eines größeren englischsprachigen Texts aus dem Bühnengenre. Denselben Stoff – auf der Grundlage der Metamorphosen von Ovid – hatte er schon 1708 in Form einer italienischen Serenata bearbeitet (Aci, Galatea e Polifemo, HWV 72). Die pastorale Dichtung harmonierte zudem gut 10 mit der Form der Da Capo-Arie, die Händel in seinen italienischen Bühnenwerken lange kultiviert hatte. Offenbar stand er auf bestem Fuß mit den herausragenden Vertretern der literarischen Bewegung, die damals in der Definition und Entwicklung der englischen Pastoraldichtung den Ton angab, ein Kreis, der sich um einen wei teren seiner Auftraggeber gebildet hatte. Führend in Theorie und Praxis war Alexander Pope, dessen Modell einigen Nummern in Händels Libretto zugrunde liegt (so zB Wretched Lovers und The flocks shall leave the mountain). Direkt an zweiter Stelle ist John - 238 - Trigonale 2009 – Das Programm Gay zu nennen, der wahrscheinlich einen großen Teil des Texts verfasste. Brian Trowell vertritt überzeugend die Auffassung, dass man im Verlauf des Entstehungsprozesses von Acis and Galatea ent schied, aus einem Stück mit drei Charakteren (Acis, Galatea und Po lyphem, wie in Händels italienischer Bearbeitung) ein erweitertes Stück zu komponieren, in dem Acis und Polyphem jeweils ein Rat geber an die Seite gestellt wurde – Damon und Coridon. Laut Trowell wurde ein großer Teil der neueren Passagen von John Hughes hinzugefügt, aber es könnten auch weitere Verfasser beteiligt gewesen sein, etwa John Blackley, einer der Tenöre von Cannons. Aus den Aufzeichnungen von Graydon Beeks geht hervor, dass Black- ley Autor zumindest eines Librettos zu einer Kantate war, die auf Pepusch, Musikdirektor des Cannons Concert, zurückging. Die Handlung ist entwaffnend schlicht: Die Nymphe Galatea liebt den Schäfer Acis und er liebt sie. Nach einer qualvoll langen Trennung finden sie zueinander und sehen ihrem immerwähren den Glück entgegen. Der Riese Polyphem (in einigen der frühe ren Fassungen des Stücks die Personifizierung des Vulkans Ätna) hat indes selbst ein Auge auf Galatea geworfen – ungeachtet der offensichtlichen Abneigung seiner Angebeteten – und tötet Acis am Ende mit einem riesigen Felsblock (‘massy ruin’), eine von 10 nur zwei echten Handlungen in dem gesamten Stück. Die Schluss passage umfasst die unvermeidliche Klage um Acis und den Kummer Galateas, die jedoch erkennt, dass sie Acis mit Hilfe ihrer göttlichen Macht in eine ewig sprudelnde Quelle verwandeln kann. Diese zweite Handlung ist die Metamorphose, mit der Ordnung und Einvernehmen in dem scheinbar zeitlosen Paradies zu Beginn der Handlung wiederhergestellt werden. Obwohl es vergleichsweise an Erzählfluss mangelt (so folgen viele der Arien ohne die Trigonale 2009 – Das Programm - 239 - traditionelle Verbindung mittels eines Rezitativs direkt aufeinander), ergriff Händel hier die Gelegenheit, die Musik selbst als wichtigstes Ausdrucksmittel zu etablieren, um das pastorale Genre mit neuem Leben zu erfüllen. Dabei legte er in einigen Passagen einen Weitblick und eine Eindringlichkeit an den Tag, die sonst nur selten erreicht werden. Wie stellt sich unsere Kultur zu einem angenommenen Naturzustand oder einem vergangenen ‘Goldenen Zeitalter’? Wie vereinen wir Vernunft und gewonnene Erfahrung mit physischen und emotionalen Bedürfnissen, die unbestreitbar vorhanden sind? Gehorcht die Sphäre der Natur unserem Befehl oder droht sie vielmehr ständig, die Oberhand zu gewinnen? Händels Musik beschwört oftmals einen Naturzustand, der in sich selbst vollkommen scheint. Das Erklingen menschlicher Stimmen wirkt in ihm bald jäh und unerwartet (zB der Beginn des einleitenden Chors O the pleasure of the plains!), bald fast verstohlen (zB die Schlussarie Heart, the seat of soft delight). Wie eine Menagerie der Natur zieht die Musik an uns vorüber, scheinbar losgelöst von den Gefühlen, die sie in Galatea auslöst, etwa in ‘Hush, ye pretty, pretty warbling choir!’. Lediglich an zwei Stellen scheint sie auf ihren Ruf zu antworten, wenn auch vielleicht mehr als Parodie denn 10 in echter Sympathie. Erst als sie am Ende mit Heart, the seat of soft delight ihre ganze göttliche Macht in die Waagschale legt, ist sie mit den sanften Wellenbewegungen der Natur in wunderbarem Einklang. Es mag uns – so lautet offenbar ihre Botschaft an den Men schen der frühen Moderne – nicht vergönnt sein, den zornigen Aus brüchen der Elemente Einhalt zu gebieten, aber wir besitzen genügend göttliche Inspiration, um einen kleinen Wasserlauf umleiten zu können. Die Musik unterstreicht die Emotionen der Charaktere und verleiht ihnen greifbare Gestalt, sei es in Acis´ bangem Fragen - 240 - Trigonale 2009 – Das Programm (Where shall I seek the charming fair?), seiner fast explosiven Zärtlichkeit beim Erwachen von Galateas sexueller Begierde (Love in her eyes sits playing) oder seinem glücklosen Kampfgeist in Love sounds th’alarm. Die Musik unterstreicht und eint nicht nur die Ge fühle ganzer Gruppen – etwa das überströmende Glück in Happy, happy we! oder die an Purcell erinnernde Klage Mourn, all ye muses –, sondern sie kann darüber hinaus eine umwerfend ironi sche Perspektive schaffen. Gerade als Polyphem den Entschluss ge fasst hat, aus Schilfrohren (a hundred reeds of decent growth) die größte aller Pfeifen zu bauen, wird sein Werben um Galatea (O ruddier than the cherry) von einer Blockflöte begleitet, der kleinsten Pfeife, die Händel finden konnte – eine Entmannung, die an scham loser Direktheit kaum zu überbieten ist. Wie Winton Dean bemerk te, ging die Darstellung des Polyphem als komischem Charakter bereits auf Ovid zurück; die dunkelsten Kräfte der Natur ins Lächerliche zu ziehen, war zweifellos ein gesunder Schritt auf dem Weg zu ihrer Beherrschung. Indessen überrascht der zynische Damon, der mit seinem realistischen, bodenständigen Rat an Acis nie geizt, mit einer Arie voller Energie (Shepherd, what art thou pursuing?) sowie mit einer der zartesten und bewegendsten Nummern (Consider, fond shepherd) des Stücks. Es ist, als wolle die Musik durch ungewohnt subtile Schönheit eine Geisteshaltung adeln, 10 die sich weder unbedacht persönlicher Leidenschaft noch den uns umgebenden Kräften der Natur hingibt, sondern die Lage mit einem gewissen Maß an kühler Berechnung abschätzt (macht sich am Ende hier die Stimme des Komponisten selbst bemerkbar?). Am meisten beeindruckt jedoch die Art, in der Händel durch Metamorphose und Entwicklung die in seiner lyrischen Welt vorherr schenden statischen und zyklischen Elemente ausgleicht. Der erste Trigonale 2009 – Das Programm - 241 - »Zustand« des Dramas, bis zum Duett Happy, happy we!, ist ein Zustand zeitloser Wiederkehr (hervorgehoben durch den Kreis der Jahreszeiten im Mittelteil des Eingangschors oder die Da-capo-Form als Verdeutlichung der Wiederkehr zum Jetzt in der musikalischen Zeit). Die Liebesqual und letztendlich das Glück von Acis und Galatea spiegeln eine menschliche Erfahrung, die jedem Alter und allen Kulturen gemeinsam ist – sie sind daher historisch unspezifisch. Die Sinfonia und das Duett wirken wie stark energie geladene Buchstützen, die diesen Zustand umrahmen, als ob die Ladung der ersten bis zu der des letzteren überleitet. Für eine ge wisse Bewegung sorgt in der Zwischenzeit Damons Arie Shepherd, what art thou pursuing?, in diesem Teil die einzige Arie, die nicht im Dreiertakt oder in einer zusammengesetzten Taktart komponiert ist. Von diesem Punkt an ist spürbar, dass Acis und Galatea in ihren Arien komplementäre Taktarten verwenden (Love in her eyes sits playing im 12/8, gefolgt von As when the dove im 3/8), die in der frohen Gigue Happy, happy we! schließlich eine gelungene Verbindung eingehen. Der Übergang von diesem Duett zu der völlig neuen Atmosphäre des Chors Wretched lovers! ist eine der verblüffendsten Wendungen in dem Stück, in späteren Aufführungen der Masque oftmals durch eine Pause hervorgehoben, in 10 Cannons jedoch offenbar durchgehend aufgeführt. Dieser Chor ist der erste von verschiedenen Sätzen mit deutlicher Abweichung zwischen Beginn und Schluss, während zugleich die bildliche Schilderung des Riesen Polyphem allmählich das Gefüge beherrscht, wie ein Sturm, der am Horizont aufzieht und so sein Erscheinen ankündigt. - 242 - Trigonale 2009 – Das Programm Bald schon wird die Sequenz der Da-capo-Arien wieder aufgegriffen (vier von ihnen sind, in Folge, im Dreiertakt geschrieben). Die Einsätze von Coridon und Damon entsprechen den Charakteren, die sie unterstützen: Coridon greift den Dreiertakt von Polyphems Cease to beauty to be suing auf und fährt fort mit Would you gain the tender creature, ändert jedoch das Moll des vorhergehenden Stücks in die parallele Durtonart um. Damons Consider, fond shepherd folgt ähnlich unmittelbar auf Acis’ Love sounds th’alarm, in einem langsameren Dreiertakt, der die rastlose Stimmung des vorhergehenden Stücks abmildert (vielleicht ein Bezug auf die Kreuz schlag-‘Hemiole ’ der Schlusstakte?). Es folgt eines der bemerkens wertesten Stücke des gesamten Werks: das Trio The flocks shall leave the mountains. Hier wird der offensichtliche Stimmungskontrast zwischen dem Liebensduett von Acis und Galatea einerseits, und den zunehmend zornigen Äußerungen des Polyphem andererseits herausgearbeitet. Die Szene gipfelt im Schleudern des Felsbrockens, das Händel zum Abschluss geradezu bildhaft darstellt (durch einen sehr auffälligen Bruch mit dem Da-Capo-Prinzip, welches bislang alle Arien und Duette dominierte). Zugleich macht sich in der Instrumentalbegleitung (mit der Bezeichnung ‘staccato’) eine Vorahnung bemerkbar, die gleichermaßen das Duett der Liebenden unterstützt und auf Kommendes hindeutet. Insgesamt weist 10 die kontrapunktische Darstellung von Charakter, Stimmung und stetiger Veränderung, bis hin zur mörderischen Tat des Polyphem, Händel als Komponist mit jenen psychologischen Qualitäten aus, die im Allgemeinen Mozart und den nachkommenden Musikern zugeschrieben werden. Es ist gut möglich, dass er auf einen solchen Transformationsprozess verzichtet hätte, wäre ihm nicht an einem Gegengewicht zur statischen Natur des poetischen Genres als Ganzem gelegen gewesen. Trigonale 2009 – Das Programm - 243 - Die ultimative Veränderung ist natürlich die von Galatea in ihrer Schlussarie vollzogene Transformation, in der die erwartete DaCapo-Form in dem Augenblick umschlägt, als sie den verstorbe nen Acis in eine Quelle verwandelt. Wie Winton Dean und Ellen Harris bemerkten, werden hier Fragmente aus der Eröffnung der Arie erweitert und entwickelt, indem sowohl das Wellenmotiv als auch die letzte Textzeile in der zweiten Hälfte des Schlusschors auf gegriffen werden. Das ‘fehlende’ Da capo (laut Harris ebenso feh lend wie Acis selbst) wird durch die Wiederkehr des neuen Materials in den Schlusstakten der Masque gekonnt kompensiert. Wenn wir auch den Tod nicht besiegen können, so liegt es doch in unserer Macht, bleibend Gutes zu schaffen, indem wir die Gaben einsetzen, die uns geblieben sind. Alles in allem zeichnet Händel in diesem Werk ein eindringliches Bild der Menschenwelt als einen Ort, an dem das Paradies der mythischen Vergangenheit in bescheidenen Schritten und anhand der unvermeidlichen Tragödie mit ihren Lektionen zurückerobert werden muss. John Butt, übersetzt von Almut Lenz-Konrad Georg Friedrich Händel 10 10 - 244 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 245 - 10 Ac t I Erster Akt Sinfonia Sinfonia Chorus Chor Oh, the pleasure of the plains! Happy nymphs and happy swains, Harmless, merry, free and gay, Dance and sport the hours away. For us the zephyr blows, For us distills the dew, For us unfolds the rose, And flow’rs display their hue. For us the winters rain, For us the summers shine, Spring swells for us the grain, And autumn bleeds the vine. Wie freuet diese Landschaft unser Herz! Glückliche Nymphen, frohe Hirten, Schuldlos, vergnügt, beschwingt und frei: Lasst Tanz und munteres Treiben unseren Tag versüßen. Der milde Zephyr schenkt uns Kühlung, In frischen Tropfen perlt für uns der Tau, Die Rose öffnet ihre Knospen, Und farbige Blütenpracht erfreut uns überall. Der Winter schenkt uns seinen Regen, Die Sommersonne ihren warmen Schein, Im Frühling schwellen Korn und Samen, Und es beglückt der Herbst mit seinem fruchtigen Wein. A c c o m pag n at o A c c o m pag n at o Galatea Galatea Ye verdant plains and woody mountains, Purling streams and bubbling fountains, Ye painted glories of the field, Vain are the pleasures wich ye yield; Too thin the shadow of the grove, Too faint the gales, to cool my love. Ach! Weiter Wiesengrund und waldbestandene Höhen, Rauschende Bächlein und murmelnder Quell, Und all ihr bunten Schönheiten des Feldes – Die Wonnen, die ihr schenkt, sind mir vergällt. Zu spärlich ist der Haine Schatten, Und allzu schwach die Brise: Sie kühlt mein Liebesleiden nicht. - 246 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 247 - 10 A i r ( A n da n t e ) 10 A r i e ( A n da n t e ) Galatea Galatea Hush, ye pretty warbling quire! Your thrilling strains Awake my pains, And kindle fierce desire. Cease your song, and take your flight, Bring back my Acis to my sight! Darum schweig’ stille, süßer Sängerchor! Denn deine holden Klänge Wecken meinen Schmerz Und schüren nur die Flamme. Beendet euer Lied und führet eiligst Meinen Acis her zu mir! A i r (L a r g h e t t o) A r i e (L a r g h e t t o) Acis Acis Where shall I seek the charming fair? Direct the way, kind genius of the mountains! Oh tell me, if you saw my dear! Seeks she the groves, or bathes in crystal fountains? Wo nur soll ich die schöne Nymphe suchen? Geleitet mich, ihr Götter dieser bergigen Höhen! Und sagt mir, wo ihr meine Liebste saht? Im kühlen Hain, im klaren Nass der Quellen? R e c i tat i v e R e z i tat i v Damon Damon Stay, shepherd, stay! See, how thy flocks in yonder valley stray! What means this melancholy air? No more thy tuneful pipe we hear. Bleib, Schäfer, bleib! Siehst du im Tale deine Herde streifen? Warum solch traurige Melodie? Vergeblich horchen wir auf deiner Flöte Klang. - 248 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 249 - 10 A i r ( A n da n t e ) A r i e ( A n da n t e ) Damon Damon Shepherd, what art thou pursuing? Heedless running to thy ruin; Share our joy, our pleasure share! Leave thy passion till tomorrow, Let the day be free from sorrow, Free from love, and free from care! Wonach, sag’, Schäfer, steht dein Sinn? Achtlos läufst du ins Verderben; Habe lieber teil an unserer Freude, unseren Tänzen! Morgen magst getrost du leiden, Heute aber halte dich vom Kummer fern, Frei von Liebe und von Sorgen! R e c i tat i v e R e z i tat i v Acis Acis Lo! Here my love: turn, Galatea, hither turn thy eyes; See, at thy feet the longing Acis lies. Seht nur! Meine Liebste naht: Galatea, wende deinen Blick zu mir. Acis liegt, von Liebe überwältigt, dir zu Füßen. A i r (L a r g h e t t o) A r i e (L a r g h e t t o) Acis Acis Love in her eyes sits playing, And sheds delicious death; 10 Love on her lip is straying, And warbling in her breath! Love on her breast sits panting, And swells with soft desire; No grace, no charm is wanting To set the heart on fire. - 250 - Trigonale 2009 – Das Programm Liebe sitzt gaukelnd ihr im Blick, Verbreitet wonnigen Tod; Liebe umspielt ihre Lippen, Klingt süß in ihrer Stimme! Liebe sitzt atemlos ihr auf der Brust, Und schwillt in sanfter Begierde; In ihr vereinen Anmut sich und Zauber, Das Herz in Liebe zu entfachen. Trigonale 2009 – Das Programm - 251 - 10 R e c i tat i v e R e z i tat i v Galatea Galatea Oh! Didst thou know the pains of absent love, Acis would ne ’er from Galatea rove. Ach! Wenn du wüsstest, wie die Trennung schmerzt, Nie würde Acis fern von Galatea weilen! A i r ( A n da n t e ) A r i e ( A n da n t e ) Galatea Galatea As when the dove Laments her love, All on the naked spray; When he returns, No more she mourns, But loves the live-long day. Billing, cooing, Panting, wooing, Melting murmurs fill the grove, Melting murmurs, lasting love. Sie ist wie die Taube, die sehnsuchtsvoll Auf einem kahlen Zweig Nach ihrem Liebsten weint: Kehrt er zurück ins Nest, So trauert sie nicht mehr – Sie liebt, solang es tagt. Schnäbelnd und kirrend, Atemlos gurrend, Und süßes Raunen erfüllt den Hain, Ein leises Murmeln von immerwährender Liebe. D u e t ( P r e s t o) D u e t t ( P r e s t o) Acis and Galatea Acis und Galatea Happy we! What joys I feel! What charms I see! Of all youths thou dearest boy! Of all nymphs thou brightest fair! Thou all my bliss, thou all my joy! Happy we! Oh, welches Glück! Welch eine Freude! Du mächtiger Zauber! Von allen Knaben, du Liebster! Von allen Nymphen, du Schönste! Du all mein Glück, du meine Freude! Oh, welch Glück! 10 10 - 252 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 253 - Ac t II Z we i t e r A k t Chorus ( a t e m p o o r d i n a r i o) Chor ( a t e m p o o r d i n a r i o) Wretched lovers! Fate has passed This sad decree: no joy shall last! Wretched lovers, quit your dream! Behold the monster Polypheme! See what ample strides he takes! The mountain nods, the forest shakes; The waves run frighten’d to the shores: Hark, how the thund’ring giant roars! Unseliges Paar! Ein trauriges Los Ward euch bestimmt: Das Glück ist nicht von Dauer! Darum entsaget euren Träumen! Schon naht, mit riesigen Schritten, Das Ungeheuer Polyphem! Der Berg erbebt, der Wald erzittert; Die Wellen flüchten ängstlich an den Strand: Hört, wie des Riesen Donnergrollen tönt! A c c o m pag n at o (f u r i o s o) A c c o m pag n at o (f u r i o s o) Polypheme Polyphem I rage, I melt, I burn! The feeble god has stabb’d me to the heart. Thou trusty pine, Prop of my godlike steps, I lay thee by! Bring me a hundred reeds of decent growth, To make a pipe for my capacious mouth; 10 In soft enchanting accents let me breathe Sweet Galatea’s beauty, and my love. - 254 - Trigonale 2009 – Das Programm Ich zürne, brenne, ich vergehe! Der schwache Liebesgott durchbohrte mir das Herz. Du aber, treue Pine, Stütze meiner göttergleichen Schritte – hinweg mit dir! Bringt mir Schilf – so an die hundert Rohre, Um eine Flöte mir für meinen mächtigen Mund zu fügen; Auf dass ich in verführerischem Tone Galateas Schönheit und meine Liebe preisen kann. Trigonale 2009 – Das Programm - 255 - 10 10 A i r ( A l l e g r o) A r i e ( A l l e g r o) Polypheme Polyphem O ruddier than the cherry, O sweeter than the berry, O nymph more bright Than moonshine night, Like kidlings blithe and merry! Ripe as the melting cluster, No lily has such lustre; Yet hard to tame As raging flame, And fierce as storms that bluster! Oh, röter als die Kirsche, Süßer als der Beere Frucht, Oh, Nymphe, glänzender Als eine mondbeschienene Nacht, Froh und munter wie das Zicklein, Reif wie die volle Traube: Die Lilie selbst strahlt nicht so hell! Doch mühsam gar zu zähmen, Wild wie die alles verzehrende Flamme, Ungestüm wie ein tosender Sturm! R e c i tat i v e R e z i tat i v Polypheme Polyphem Whither, fairest, art thou running, Still my warm embraces shunning? Wohin eilst du, meine Schöne, Willst du weiter meinen Armen dich entziehen? Galatea Galatea The lion calls not his prey, Nor bids the wolf the lambkin stay. Der Löwe bittet seine Beute nicht, Noch heißt der Wolf das Lamm, bei ihm zu bleiben. - 256 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 257 - 10 Polypheme Polyphem Thee, Polyphemus, great as Jove, Calls to empire and to love, To his palace in the rock, To his diary, to his flock, To the grape of purple hue, To the plum of glossy blue, Wildings, which expecting stand, Proud to be grather’d by the hand. Dem Jupiter an Größe gleich ist Polyphem, Dich aber bittet er, ihn zu beherrschen und zu lieben, Zu folgen ihm ins ferne Felsenschloss, Zu seinem Vieh und seinen Herden, Zu pupurroten Reben Und Pflaumenbäumen mit glänzend blauer Last, Zu seinen wilden Tieren, die dort warten Auf deine sorgende Hand. Galatea Galatea O infant limbs to make my food, And swill full draughts of human blood! Go monster! Bid some other guest: I loathe the host, I loathe the feast. Mich am Opfer unschuldiger Kinder laben, Und Menschenblut in vollen Zügen trinken – Hinweg, du Unhold! Bitte einen anderen Gast an deine Tafel: Mir sind Wirt und Fest zuwider. A i r ( A l l e g r o e s tac c at o) A r i e ( A l l e g r o e s tac c at o) Polypheme Polyphem Cease to beauty to be suing, Ever whining love disdaining. 10 Let the brave their aims pursuing. Still be conqu’ring, not comlaining. - 258 - Trigonale 2009 – Das Programm Du irrst, wenn du nach bloßer Schönheit trachtest, Und dabei treue Liebe mit Verachtung strafst. Überlasse nur die Tapferen ihren Heldentaten: Sie leisten Kühnes und sie klagen nie. Trigonale 2009 – Das Programm - 259 - 10 10 A i r ( A l l e g r o) A r i e ( A l l e g r o) Damon Damon Would you gain the tender creature, Softly, gently, kindly treat her: Suff ’ring is the lover’s part. Beauty by constraint possessing, You enjoy but half the blessing, Lifeless charms without the heart. Willst du die zarte Kreatur gewinnen, Behandle gütig sie und sanft: Das Leiden ist der Liebe Los. Schönheit durch Gewalt bezwingen Ist nur das halbe Glück: Leblose Reize, denen keine Seele innewohnt. R e c i tat i vo R e z i tat i v Acis Acis His hideous love provokes my rage: Weak as I am, I must engage! Inspir’d with thy victorious charms, The god of love will lend his arms Seine schändliche Liebe entfacht meinen Zorn: Bin ich auch schwach, ich muss es wagen! Der Liebesgott, gebannt von deinem Charme, Wird seinen Arm mir gerne leihen! A i r ( A l l e g r o) A r i e ( A l l e g r o) Acis Acis Love sounds th’alarm, And fear is a-flying. When beauty’s the prize, What mortal fears dying? In defence of my treasure, I’d bleed at each vein; Without her no pleasure, For life is a pain. Wenn die Liebste in Bedrängnis Nach uns ruft, fliegt alle Furcht davon. Wer scheut den Tod, Wenn ihm der Preis der Schönheit winkt? Um meinen Schatz zu retten, Gäb’ ich all mein Blut; Ohne sie erleb’ ich keine Freude, Ohne sie ist alles mir vergällt. - 260 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 261 - 10 A i r (L a r g h e t t o) A r i e (L a r g h e t t o) Damon Damon Consider, fond shepherd, How fleeting’s the pleasure, That flatters our hopes In pursuit of the fair! The joys that attend it, By moments we measure, But life is too little To measure our care. Bedenke aber, lieber Schäfer, Wie flüchtig das Vergnügen ist, Mit dem wir, folgen wir den Schönen, Uns allzu gerne schmeicheln! Die Freuden, die es uns beschert, Sie währen einen einzigen Augenblick, Doch unsre Lebensspanne reicht nicht aus, Um unser Leid zu messen. R e c i tat i vo R e z i tat i v Galatea Galatea Cease, oh cease, thou gentle youth, Trust my constancy and truth, Trust my truth and pow’rs above, The pow’rs propitious still to love! Halt ein, lieber Schäfer, schweige alles still, Und glaube an meine Beständigkeit, An meine Treue und göttliche Macht, Die stets der Liebe gewogen ist! T r i o ( A n da n t e e s tac c at o) T r i o ( A n da n t e e s tac c at o) Acis and Galatea Acis und Galatea The flocks shall leave the mountains, The woods the turtle dove, The nymphs forsake the fountains, Ere I forsake my love! Eher fliehen die Herden aus den Bergen, Eher verlässt die Taube die Wälder, Und die Nymphen ihre Quellen, Als dass ich meiner Liebe entsage! 10 10 - 262 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 263 - 10 Polypheme Polyphem Torture! Fury! Rage! Despair! I cannot, cannot bear! Marter und Pein! Wut und Verzweiflung! Ich kann es, kann es nicht ertragen! Acis and Galatea Acis und Galatea Not show’rs to larks so pleasing, Nor sunshine to the bee, Not sleep to toil so easing, As these dear smiles to me. Der Regen kann die Lerche nicht so freuen, Noch der Sonnenschein die Biene, Noch der Schlaf nach langer Mühsal uns erquicken, Wie dein holdes Lächeln mich bezaubern kann. Polypheme Polypheme Fly, swift, thou massy ruin, fly! Die, presumptuous Acis. Die! Stürze, wuchtiger Felsblock, stürze herab! Du aber, stolzer Acis, du sollst sterben! A c c o m pag n at o A c c o m pag n at o Acis Acis Help, Galatea! Help, ye parent gods! And take me dying to your deep abodes! Hilf, Galatea! Helft ihr Eltern, ihr Götter! Und nehmt mich auf in euer Schattenreich! Chorus ( A dag i o m a n o n t r o p p o) Chor ( A dag i o m a n o n t r o p p o) Mourn, all ye muses! Weep, all ye swains! Tune, tune your reeds to doleful strains! Groans, cries and howlings fill the neighb’ring shore: Ah, the gentle Acis is no more! Trauert, all ihr Musen! Weinet, Ihr Hirten! Stimmt Eure Flöten zu Trauerklängen! Dass unsere Fluren widerhallen von der einen Klage: Ach, unser holder Acis ist nicht mehr! - 264 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 265 - 10 10 A i r a n d C h o r u s ( P i a n i s s i m o e d A da g i o) A r i e u n d C h o r ( P i a n i s s i m o e d A dag i o) Galatea Galatea Must I my Acis still bemoan, Inglorious crush’d beneath that stone? Muss ich auf immer meinen Acis nun beweinen, Wie er so schändlich von dem Fels zerschmettert ward? Chorus Chorus Cease, Galatea, cease to grieve! Bewail not whom thou canst relieve. Ach, Galatea, trauere nicht! Beweine nicht, wen du befreien kannst! Galatea Galatea Must the lonely charming youth Die for his constancy and truth? Musste er, in seiner liebenswerten Jugend, Sterben, weil er wahrhaft war und treu? Chorus Chorus Cease, Galatea, cease to grieve! Bewail not whom thou canst relieve; Call forth thy pow’r, employ thy art, The goddess soon can heal thy smart. Ach, Galatea, trauere nicht! Beweine nicht, wen du befreien kannst! Mach deine Macht und deine Künste dir zunutze, Die Göttin heilet leicht den Schmerz. Galatea Galatea Say what comfort can you find? For dark despair o’erclouds my mind! So sagt mir, welchen Trost ihr meint? Mich überschattet düstere Verzweiflung. Chorus Chorus The kindred gods the youth return, Though verdant plains to roll his urn! Mach ihn verwandten Göttern gleich, Dass er durch unsere Täler plätschernd seine Asche trage. - 266 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 267 - 10 R e c i tat i vo R e z i tat i v Galatea Galatea ‘Tis done: thus I exert pow’r divine; Be thou immortal, though thou art not mine! So sei’s: Dank meiner göttlichen Gewalt Sollst du unsterblich sein – wenn auch nicht mein! A i r (L a r g h e t t o) A r i e (L a r g h e t t o) Galatea Galatea Heart, the seat of soft delight, Be thou now a fountain bright! Purple be no more thy blood, Glide thou like a crystal flood! Rock, thy hollow womb disclose! The bubbling fountain, lo! It flows; Through the plains he joys to rove, Murm’ring still his gentle love. Mein Herz, du Liebe süßer Born In einen Silberquell sollst du verwandelt sein! Dein Blut sei nicht mehr pupurrot – Klar soll es gleiten in kristallner Flut. Du aber, Fels, entblöße deinen klaffenden Schoß! Der klare Silberquell: Dort fließt er, Auf immer kann so Acis durch die Täler schweifen, In leisem Plätschern zarte Liebesworte murmeln. Chorus Chor Galatea, dry thy tears, Acis now a good appears! 10 See how he rears him from his bed. See the wreath that binds his head. Hail! Thou gentle murm’ring stream. Shepherds’ pleasure, muses’ theme! Through the plains still joy to rove, Murm’ring still thy gentle love. - 268 - Trigonale 2009 – Das Programm Galatea, trockne deine Tränen, Acis ward zum Gotte nun! Sieht, er taucht empor aus seinen Fluten, Einen Blumenkranz ums Haupt gewunden. Er sei gepriesen, der murmelnde Bach, Der Hirten Freude, der Musen Zuflucht! Auf immer sollst du durch die Täler schweifen, In leisem Plätschern zarte Liebesworte murmeln. Trigonale 2009 – Das Programm - 269 - 10 I Fagiolini Harmony of Nations Baroque Orchestra Das Ensemble wurde 1986 von Robert Hollingworth – die Mitglieder waren zu dieser Zeit noch Studenten der Oxford University – gegründet und hat seither weltweit gastiert, u. a. bei den BBC Proms, in Fernost und Afrika. Sein ungewöhnlicher Name – die Böhnchen – wird rund um den Globus falsch buchstabiert, falsch ausgesprochen und falsch verstanden. 1997 arbeiteten die Musiker mit einem Chor aus Soweto an dem teilweise improvisierten Album Simunye, das von Warner veröffentlicht wurde. Die restlichen 13 CDs von I Fagiolini widmen sich dem italienischen Renais sancerepertoire, englischen Künstlern wie Tomkins und Byrd und in letzter Zeit insbesondere den Werken von Claudio Monteverdi. Nomen est omen – das gilt insbesondere für eines der interessan testen neuen Barockorchester der letzten Jahre. Von Anfang an präg te die farbige Internationalität den Geist des Harmony of Nations Baroque Orchestra, das 2004 von 20 engagierten Musikern aus 14 europäischen Nationen (Deutschland, England, Frankreich, Griechenland, Italien, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schwe den, Schweiz, Spanien, Ungarn und Wales) gegründet wurde. Die Mitglieder lernten einander im European Union Baroque Orchestra (EUBO) kennen, mit dem sie in zahlreichen Ländern Europas konzertierten. Die kulturelle Vielfalt, die die enthusiastischen jungen Musiker mit sich bringen, zeichnet die Einzigartigkeit dieses Orchesters aus. Besonders mit der Produktion The Full Monteverdi, die auch ver filmt wurde und auf DVD erhältlich ist, sorgten sie für Aufsehen in der Musikwelt. Aufgrund ihrer innovativen Interpretation alter und zeitgenössischer Musik gewann I Fagiolini 2006 den Royal Philharmonic Society En semble Award, den wichtigsten Ensemblepreis in Großbritannien. Nach der Debüt-Tournee 2005 unter der Leitung des italienischen Oboenvirtuosen und Dirigenten Alfredo Bernardini profilierte sich Harmony of Nations im Sommer 2006 als »orchestra in residence« beim Opernfestival Läckö Slott in Schweden, wo es unter der Leitung des englischen Dirigenten Simon Phipps die Rossini-Oper »La Pietra del Paragone« spielte. Im Juli 2007 begeisterten Harmony of Nations und der römische 10 Geigensolist Riccardo Minasi das österreichische Publikum mit restlos ausverkauften Konzerten bei den Festivals Trigonale und Styriarte. Es folgten Auftritte beim Early-Music-Festival in Varazdin (Kroatien) und beim Ryedale Festival (Großbritannien). Eine Zusammenarbeit mit dem Lautenisten Konrad Junghänel führte das Ensemble erneut nach Österreich, wo es in der Konzertreihe Kultur.Raum.Kirche gemeinsam mit dem Kammerchor Salzburg ein Bach-Kantaten-Programm zur Aufführung brachte. 10 - 270 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 271 - Künstlerische Impulse erhielt das Orchester von führenden Barockmusikern wie Lars-Ulrik Mortensen, Ton Koopmann, Andrew Manze und Maggie Faultless. 2008 erschien die erste CD »Les caractères de la danse« von Harmony of Nations mit Alfredo Bernardini beim deutschen Label Raumklang. Robert Hollingworth ist künstlerischer Leiter des von ihm 1986 gegründeten Ensembles I Fagiolini. Darüber hinaus führen ihn diverse Projekte auch zu anderen Ensembles, darunter die BBC Singers, Chor des Norddeut schen Rundfunks, der Niederländische Kammerchor und der Irische Kammerchor. Er erarbeitet mit Regisseuren innovative Produktionen, die es dem heutigen Publikum ermöglichen, tiefer in die Musik aus vergangenen Zeiten und anderen Kulturen einzudringen. Besonders bemerkenswerte Projekte waren Monteverdis Orfeo in einer Aufführung »unter Tage«, die Choralphantasie Faust (Bach, Messiaen, Heppener, Schnittke, Cardoso) vor der Kulisse einer gro ßen Amsterdamer Schiffswerft und eines aufgelassenen Bahnhofs, 10 The Full Monteverdi (auch als Film) und die Klanginstallation Tallis in Wonderland (mit sechs Sängern und 100 Lautsprechern). Als Dirigent ist Robert Hollingworth u. a. mit dem BBC Concert Orchestra, Florilegium und der Academy of Ancient Music aufgetreten. Außerdem schreibt und präsentiert er Sendungen für BBC Radio 3 und hat in verschiedenen Filmen (darunter Quills) mitgewirkt. - 272 - Trigonale 2009 – Das Programm Gerd Wameling Gerd Wameling, 1948 in Paderborn geboren, absolvierte seine Schauspielausbildung an der Folkwang-Hochschule in Essen. Sein erstes Engagement erhielt er am Theater am Turm in Frankfurt am Main. Dort entdeckte ihn Peter Stein und holte ihn 1974 nach Berlin an die Schaubühne, deren renommiertem Ensemble Gerd Wameling fast 20 Jahre lang angehören sollte. Gerd Wameling fand in der Schaubühne ein Theater, das radikal in Ansatz und Anspruch und fern jeder Beiläufigkeit war. Die Ins zenierungen hatten Ereignischarakter und erweckten weltweit In teresse. Die Schaubühne wurde eine Zeit lang zur Pilgerstätte aller Theaterbegeisterten und zum Synonym für ein Ensemble einzigartiger Schauspieler. »Es war eine glückliche Zeit«, wie Gerd Wame- ling selbst sagt, »und eine reiche Schaffensperiode«. 1992 verließ Gerd Wameling das Ensemble der Schaubühne und arbeitet seither frei. 1993 und 1994 konnte man ihn bei den Salzburger Festspielen in Coriolan (Regie: Deborah Warner) und Das Gleichgewicht (Regie: Luc Bondy) erleben. Der Schaubühne blieb er weiterhin verbunden und feierte dort 1995 einen triumphalen Erfolg in der Komödie Kunst von Yasmina Reza, einer Aufführung, die zur Inszenierung des Jahres gekürt wurde. Über 200-mal brillierte Gerd Wameling dort als Serge, der sich 10 ein weißes Bild kauft, das Konflikt und Dynamik in die Freundschaft dreier Männer bringt. Neben dem Berliner Renaissance-The ater hat auch das Burgtheater Wien die Inszenierung übernommen, die inzwischen Kult geworden ist. 2001 erneuerte Gerd Wameling seine Zusammenarbeit mit der Schaubühne in der Uraufführung Supermarket, einer Inszenierung von Thomas Ostermaier, die in Kooperation mit den Wiener Fest wochen entstand. Trigonale 2009 – Das Programm - 273 - 2002 feierte er einen großen Erfolg als Gabe in der deutschen Erstaufführung von Freunde zum Essen (Regie: Dietmar Pflegerl) im Renaissance-Theater Berlin, einer Inszenierung, die die nächsten drei Jahre lang auch im Theater in der Josefstadt Wien und auf Tourneen gezeigt wurde. 2006 war Gerd Wameling in der Deutschen Erstaufführung von Der Zeichner von Michael Healey (Regie Felix Prader) als der liebenswerte Sonderling Angus am Renaissance-Theater Berlin zu sehen. Einem breiten Publikum ist Gerd Wameling vor allem als Staatsanwalt Dr. Fried aus der Sat.1-Serie Wolffs Revier bekannt, einer Rolle, der er sieben Jahre lang mit Präsenz und Ausstrahlungskraft ein unverwechselbares Profil gab. Neben dem Spielen ist Gerd Wameling das Lesen zur Profession geworden. Für Radio Kultur des SFB produzierte Gerd Wameling die längste Lesereihe des Senders. In 60 Folgen las er den Roman Schuld und Sühne von Fjodor M. Dostojewski – ausgezeichnet mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik 1/2003. Seit 1981 unterrichtet Gerd Wameling an der Universität der Künste in Berlin und am Mozarteum in Salzburg. Im Mai 2005 hat ihn die UdK Berlin zum ordentlichen Professor berufen. Regelmäßig in10 szeniert er mit seinen Studenten öffentliche Aufführungen, die von der Berliner Theaterkritik lobend gewürdigt werden. vergessene Romy Schneider. Darin zeichnet sie ein faszinierendes Bild des Weltstars – die Farben für dieses Gemälde stammen aus Tagebuchaufzeichnungen, Briefen, Telefonaten und Interviews. Für den Wiener Musikverein arbeitet sie zur Zeit an der Realisierung des musikalisch-literarischen Projektes Der gestiefelte Kater. Chris führt auch selbst Regie, hat bei einer Vielzahl von Hörspielund Hörbuchproduktionen mitgewirkt und ist als Radiostimme im gesamten deutschsprachigen Raum – besonders auf Ö1 – bekannt und gern gehört. Au t o g r a mm e d e r M i t w i r k e n d e n Kü n s t l e r vo n »Ac i s a n d G a l at e a« 10 Chris Pichler, die vielseitige, vielschichtige und vielgesichtige österreichische Schauspielerin des Jahres 2009, einem bestimmten Genre zuzuordnen ist wohl unmöglich. Neben ihrer schauspielerischen Tätigkeit auf der Theaterbühne, im Fernsehen und beim Film gestaltet sie auch Soloprogramme, wie zuletzt jenes über die un- 274 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 275 - Samstag, 19.09., 19.00 Uhr Rathaus St. Veit Kaiserliche Serenade Einleitung C h e lycus Mit einer Sonate von Bartolomé de Selma y Salaverde eröffnen wir die Werbung des österreichischen Hofes um die spanische Infantin. Bereits 1650 hatte sich Kaiser Ferdinand III., der Vater Leopolds, ein Bild der einjährigen Tochter Margarita Teresa seines Schwiegersohns Philipp IV. gewünscht. 1663 erfolgte die feierliche Verlesung des Ehekontrakts zwischen Margarita und ihrem Onkel und Cousin Leopold. (Margarita Teresa nannte den Kaiser auch während ihrer Ehe »Onkel«, während er »Gretl« zu ihr sagte.) 1666 reiste die 15-jährige Braut aus ihrer Heimat ab. Die »Serenata con altre arie« Johann Heinrich Schmelzers schließt mit einem Lamento, das für die Abschiedsgefühle der Braut stehen kann. Es folgt die Reise mit einem Ge folge von 282 Personen und 798 Maultieren zu den Klängen der Diferencias sobre La Pavana Ita liana von Antonio Cabezon. 11 Für die festliche Begrüßung und das Treffen des Brautpaares erklingt in unserem Konzert zum ersten Mal ein Abschnitt aus der Oper »Il pomo d‘oro« (Der goldene Apfel) von Antonio Cesti, - 276 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 277 - ein in voller Länge circa 10-stündiges Werk, das für die Hochzeit von Leopold mit Margarita komponiert und an zwei aufeinanderfolgenden Tagen mit spektakulärem Aufwand aufgeführt wurde. Im Prolog mit dem Titel »Schauplatz des österreichischen Ehrenruhms« wird das Ehepaar von Sängern, die Österreich, Ungarn, Italien, Sardinien, Spanien und Amerika personifizieren, jubelnd begrüßt. Die Oper behandelt verschiedene Episoden aus der griechischen Mythologie, von denen wir einige herausgreifen. Bläserklänge versetzen uns in Plutos Reich, die Unterwelt. Dort besingt Proserpina ihr Unglück, im Reich der Schatten das Leben verbringen zu müssen. Pluto versucht sie aufzuheitern, was zunächst nicht gelingt. Die Zwietracht (Discordia) erscheint auf einem Drachen. Sie plant, die friedliche und harmonische Welt der Götter und Menschheit in Unordnung zu bringen. Während Discordia, die auch als Allegorie auf den mit dem Kaiser konkurrierenden französischen Sonnenkönig Louis XIV. verstanden werden kann, auf ihrem feuerspeienden Drachen davon fliegt, betritt in unserer Aufführung noch eine andere gut bekannte Person die Bühne: Euridice. Euridices Klagegesang aus dem Werk »L‘Orfeo« des italienischen Komponisten Antonio Sartorio erscheint mir als emotional heraus ragend und verstärkt noch einmal den Affekt, der auch bei Proserpina vorherrschte. Die LamentoBasslinie spinnt sich weiter in der Passacaglia von Antonio Pan 11 dolfi Mealli. Seine Violinsonaten enthalten Namen der verschie denen Musiker, die mit ihm am Innsbrucker Hof tätig waren. Die Passacaglia stammt aus »La Cesta« (Antonio Cesti). - 278 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 279 - Nachdem mit Claudio Monteverdis Chor »Vieni Imeneo deh vieni« aus seiner Oper »l‘Orfeo« Hymen, griechischer Gott der Vermählung und Personifikation von Hochzeit und Ehe, angerufen wird, schreiten wir zur kirchlichen Hochzeitsfeier. Wir hören das Kyrie und Gloria aus einer Missa von J o h a n n C a s pa r K e r l l . Intrada und Pastorella aus der Feder des Hofkapellmeisters Leopolds I., Johann Hein rich Schmelzer, lassen ländlichere Gefilde vor unserem inneren Auge erscheinen. Dort hat der Hofnarr Momo seinen Auftritt (Scena XV der genannten Oper von Antonio Cesti). Zwei Lüftchen haben ihn auf daunenweichen Flügeln auf die Erde getragen ... Ende des 15. Jh. wurde während der Ausschachtungsarbeiten für den Bau des Palazzo Orsini (heute Palazzo Braschi) der Torso einer hellenistischen Skulpturengruppe, eine stark beschädigte Figur mit dem Mittelteil einer zweiten, gefunden. Der Bauherr des Palastes, Kardinal Oliviero Carafa, bestand darauf, die Figur, obwohl ihr Arme, Beine und die Nase fehlen, zu erhalten und sie auf der Piazza Navona aufzustellen. Pasquino, ein Bewohner jener Piazza, 11 dem es schwer fiel seine Zunge zu zügeln – nicht ungefährlich unter der strengen Zensur der Borgia-Päpste – sorgte für den Namen der Statue: Er hängte eines Morgens einen Zettel mit einer besonders harschen Kritik am Vatikan an den Torso. Obwohl jeder wusste, wer dahinter steckte, konnte die Garde des Papstes niemanden verantwortlich machen. Das Volk stellte fest, dass man wohl Menschen, aber nicht Marmorfiguren den Mund verbieten könne. Der stei- 280 - Trigonale 2009 – Das Programm nerne Pasquino war geboren und seine Meinungsäußerungen begannen sich zu verselbständigen, übrigens bis heute... Nun, als Sohn eben dieses arm-, bein- und nasenlosen Pasquinos, stellt sich im Verlauf der Oper »Il pomo d‘oro« Momo vor. Er ist der Hofnarr der Götter der Oberwelt, ein Spaßmacher, aber auch ein Kenner der Abgründe selbst göttlicher Wesen. Er erkennt, dass gleiches Recht für alle für manche noch etwas gleicher ausfällt, empört sich über die Wirksamkeit der Zwietracht, verspottet, trös tet und freut sich, wenn es ein Happy End gibt. In einem Lustgarten lauschen wir dem Gespräch zwischen ihm, Venus und Paris. Discordias Apfel mit der Aufschrift »Alla più bella« hatte zur gewünschten Zwietracht zwischen Juno, Minerva und Venus geführt. Paris stellt nun, beeindruckt von ihrer Schönheit, Venus den ersten Preis in Aussicht. Venus triumphiert. Wie sich heraustellt, zu früh, denn Jupiter wird den Apfel der schönsten, weisesten und mächtigsten Fürstin, nämlich der Kaiserin Margarita zusprechen. Die gestörte Harmonie – kriege rische Aspekte – habe ich Mars zugeordnet. Mit den Sackpfeiffen von Johann Heinrich Schmelzer werden wir uns auf den Weg ins Schlachtgetümmel machen. Trigonale 2009 – Das Programm - 281 - Wie eine Battallia wirkt »Estote fortes in bello« von Giovanni Felice Sances mit dem imposanten Einsatz von drei Bässen (in unserer Aufführung Singstimme, Dulzian und Posaune) mit zwei Violinen. Tirol, Kärnten und Krajn besingen den Ruhm des tugendhaften und tatkräftigen Kaisers. Dieser Chor stammt aus einem Drama des Wiener Jesuiten Johann Bernhard Staudt. Das Rossballett von Johann Heinrich Schmelzer war in Wien der Höhepunkt der Festveranstaltung, wegen der Teilnahme von hochrangigen Höflingen und dem Kaiser selbst als Protagonisten. Noch heute lebt diese Tradition mit den Wiener Lipizzanern fort. Es folgt die Uraufführung der im Auftrag der Trigonale und für dieses Konzert entstandenen Komposition »Schattenspiel – Feuer werk« (2009) von Andreas Arend. »Schattenspiel« bezeichnet die technisch-kompositorische Ausgangs position des Werkes. Die Barockinstrumente und das Stimmsystem mit reinen Terzen entwachsen dem Schatten einer längst vergangenen musi kalischen Wirklichkeit. Weiter beschreibt Schattenspiel die formale Gestaltung des Stückes. Ein Abschnitt liegt in sechsfacher Vergrößerung (hier: Verlangsamung) dem ganzen ersten Satz als Tenor zugrunde. Das 11 formale Thema Vergrößerung verweist auf die Fürstenhochzeit als Vor gang der Vergrößerung durch Projektion. Der absolutistische Herrscher vergrößert seine politische Persönlichkeit und sein Gewicht mit dem Projektionsmittel des barocken Festes – seiner Hochzeit. Interessant für uns heute, eingedenk der effektiven Mittel, welche sendungsbewussten Personen mit den modernen Medien zur Verfügung stehen. »Feuerwerk« steht für ein Element absolutistischer Selbstdarstellung - 282 - Trigonale 2009 – Das Programm im barocken Fest, das sich bis heute erhalten hat und nunmehr auch in bürgerlichen Sphären zu Hause ist. Vor der Existenz der Massenmedien bot es die Möglichkeit, spontan eine relativ große Menschenmenge zu erreichen – mit abstrakten Botschaften, wie sie auch die Instrumental musik vermittelt.« (Andreas Arend) Mit dem Feuerwagen der Venus (Scena VI von Antonio Cesti ) machen wir uns auf in den Himmel und wünschen mit den Worten »Renda felici quei Sposi Amore«, dem Schlusschor aus dem Werk »Il sacrificio d‘Amore« von Antonio Draghi, den Neuvermählten Glück: »Mach, Liebe, diese Verlobten glücklich!« Verehrtes Publikum, für den Genuss wundervoller Musik bekommen Sie nun verschiedene Aufgaben zugeteilt: In den nächsten zwei Stunden sind Sie Bühnenbildner und Kostüm schneider. Sie werden Flugmaschinen betätigen, um beispielsweise Momo oder Venus erscheinen oder verschwinden zu lassen. Oder aber Sie stehen uns zur Begleitung Plutos als Höllenmonster und Geister, zum Auftritt der Venus gar als Schönheiten und Liebesengel zur Verfügung. Auch Leopold und Margarita sind als Rollen zu vergeben sowie diverse Mitglieder des Hofes. Dies alles jedoch ganz entspannt von Ihrem Sitz aus. Lediglich 11 Ihre Fantasie ist gefordert! Viel Erfolg und viel Vergnügen! Veronika Skuplik Trigonale 2009 – Das Programm - 283 - Pro g r a mm K aiserliche Hochzeit zwischen Habsburg-Spanien – We r b u n g u m d i e B r au t u n d Ve r a b s c h i e d u n g d e r s e l b e n i n i h r e r H e i m at Entri pur nel nostro petto, O bell’ aura nel tuo venir Quel diletto, quel diletto Che fa l’alme tanto gioir. ...und kunstvolle Kammermusik. Bartolomé de Selma y Salaverde (1595 – 1638) Sonate für Violine, Dulzian und basso continuo Johann Heinrich Schmelzer Zur Umrahmung gehörten musikalische Intermedien... Serenata con altre arie Serenata Erlecino Ciaccona Campanella Lamento (1623-1680) Claudio Monteverdi (1567 – 1643) Come dolce hoggi l’auretta spira, Lusinga e vien, lascivetta, A baciarmi le guancie ’l sen. Gli Amoretti l’aura fanno Quando l’ali 11 spiegan al Ciel Quando vano, Della notte a squarciar il vel. R e i s e d e r B r au t n ac h Wi e n u n d E m p fa n g i n Ö s t e r r e i c h d u r c h d e n z u k ü n f t i g e n G at t e n Nach erfolgter Verabschiedung der Braut trat diese ihre Reise über die Alpen an... Antonio Cabezon (1510-1566) Diferencias sobre 'La Pavana Italiana' Ride il bosco, brilla, brilla, il prato, Scherza, il fonte, festeg gia’l Mar Quando un fiato, d’aura fresca s’ode spirar. - 284 - Trigonale 2009 – Das Programm ... und wurde auf Habsburger Boden wiederum in verschiedenen Sequenzen von Stellvertretern des Kaisers in unterschiedlich zeremonieller Formen begrüßt. Sie traf ihren zukünftigen Gatten. Trigonale 2009 – Das Programm - 285 - 11 Antonio Cesti Chor (1623-1669) Godiamo Noi Regni, Che degni Nesiamo. Godiamo Che il Fato Benigno n'hà dato Di stirpe si Augusta Sotto l'ombra posar clemente e giusta. Di feste, e di giubili Sia tutto ripieno, Spariscano i nubili Dal Reggio tuo seno, E in cielo sereno più chiara, che mai Diffondi Austrica Gloria i dolci rai. Là vè il sol tramonta e muore Il tuo sol più bello e sorto Onde il pregio assai maggiore Dee ll'Occaso haver del'Orto. Festliches Musikdrama. Aktuelle politische F r ag e n w e r d e n i n d i e g r i e c h i s c h - r ö m i s c h e G ö t t e r w e lt v e r s e t z t. Antonio Cesti (1623-1669) Atto primo Scena I Reggia di Plutone Unterwelt Gloria Austriaca: Sì, sì festeggiate Ò Regni felici De gl'Astri nemici Son l'ire cessate. Sì, sì festeggiate. 11 Già stelle beate Piovon sopra di voi dai raggi loro Con si lieti Himenei l'età d l'oro. - 286 - Trigonale 2009 – Das Programm Proserpina seguita dalle Belidi Proserpina E dove t'aggiri Tra l'alme dolenti; Se pianti, e sospieri Non altro qui senti; Se pene, e tormenti Ingombrano il tutto D'orror, di strida di querele, e lutto. Là Tantalo geme Per ll'esca fallace, Qui Sisifo preme il sasso fugace, Là rostro vorave Di crudo Avoltrore sbrana di Tizio il rinascente core. Trigonale 2009 – Das Programm - 287 - 11 E in qest horrido abisso Hò da viver sepolta? O Cieli, o Dei Son questi gl'Himenei Di Proserpina vostra? Dunque senz'altra colpa, Que desser, qual si sia, Questa bellezza mia Piaciuta al Rè de l'ombre, Esser devo in eterno Condonnata a l'Inferno? S c e n a II Proserpina, Plutone certeggiato da varij Spirti, e Mostri Infernali Plutone Que piangi amata sposa? À torto ti quereli E pur tu sei Regina Del più grande, e temuto 11 Che al tuo piede s'inchina. Chi tanta ventura Non cura N'è indegno. Proserpina I miei fati crudeli: Chi può quel, que brama, Si chiama Felice. Co'l Regno il martire Soffrire si può. Dolce è sempre il penar Mà il dominio è soave Mà troppo amato, e caro il Reggio Soglio A tal prezzo sì sì ch'haver l'voglio. Trà pene si amare Regnare Non vuò. Duro / La pena è grave; È troppo amaro, nò nò no In vita si penosa? E di che Regno, o Pluto? 11 È sol per la fiera Megera Tal regno; E questo uno stato Beato Si dice? - 288 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 289 - S c e n a III Discordia sopra un Drago / Discordia auf einem feuerspeienden Drachen Plutone, Proserpina Discordia Jo che reggo lo Screto Se voleri discordi, Hor soura i miei Regnanti Pur‘al fin di regnare ottengo i vanti. Riveriti miei Reggi Sede vostri contenti Turba il dolce seren nube importuna Di sinistra fortuna; La cagion se n‘asriva Al partimento iniquo, ed‘inhumano Del Retaggio Paterno, Che fè l‘alto Germano; Ei v‘assegnò l‘nferno, Centro solo di pene, e di tormenti, E per sè prese il Cielo, 11 Ch‘è sfera de i contenti, ove, sbandita Ogni cura molesta, passa sol la sua vita in gioia, e in festa. Del Cielo il governo, E gl‘antri Infernali. Discordia Un tanto suantaggio Non è da soffrire, Si torni à partire L‘antico Retaggio. Proserpina Sì, sì ch‘è ben giusto, Che Giove t‘assegni La parte dei Regni Che usurpasi ingiusto. Plutone Con lui tutti uniti Si sono gli Dei, Il torto haverei Nel muover gliliti. Discordia Per fali discordi, Quest‘alma prometto, Jo vò ch‘ogni affetto Trà loro si scordi, Trà lor sian contese E vngano à l‘armi, Il vanto vò darmi Di far quest‘imprese Plutone Plutone Se tanto ti lice Pur troppo inequali Trà loro discerno Proserpina - 290 - Trigonale 2009 – Das Programm Se tanto tu puoi Trigonale 2009 – Das Programm - 291 - 11 zusammen Antonio Sartorio La speme haurem noi Di sorte felice. Euridice in ombra – Orfeo che dorme (1620-1681) Plutone Và dunque, et ultrice Dei nostri gran danni, Di quel mostro Infernal dispiega i Vanni. Discordia Ecco di Giove à scherno Mene volo a portar nel Ciel Inferno. La Discordia su‘l Drago,che getta foco della Bocca, sparise a volo. Orfeo tu dormi e ne gl‘Abissi oscuri lasci uridice e L‘Amor suo ti scordi cosi à la lira il dolce canto accordi e dal Regno infernal trarmi non curi. Se desti pietà ne tronchi e ne sassi volgendo ancoi passi nel regno del pianto là pur il tuo canto pietà troverà Plutone Tranquilisi il seno, Ch‘haurem fra poch‘jore Fortuna migliore, Godendone à pieno Giovanni Antonio Pandolfi Mealli (1620-1669) aus: La Cesta (Passacallia) zusammen Per noi sol sereno, E il Ciel, se vi desta La Disvordia trà i Numi. 11 aspra tempesta. Während Discordia auf dem Drachen verschwindet, betrachten wir einen Nebenschauplatz. Eine bekannte Person betritt die Szene: Euridice. - 292 - Trigonale 2009 – Das Programm Hymen, der griechische Gott der Vermählung und Personifikation von Hochzeit und Ehe wird angerufen. Claudio Monteverdi Vieni Imeneo deh vieni e la tua face ardente sia quasi un sol nascente ch‘apporti a questi amanti i di sereni, E lunge homai disgrrombe degl‘affanni e del duol gl‘orori e l‘ombre. Trigonale 2009 – Das Programm - 293 - 11 Ko n f i r m at i o n d e r E h e Johann Caspar Kerll (1627-1693) Missa miserere nobis. Quoniam tu solus sanctus, tu solus Dominus, tu solus altissimus. Jesu Christe. Cum sancto spiritu, in gloria Dei Patri. Amen Kyrie eleison,Christe eleison, Kyrie eleison. Gloria in excelsis Deo. Et in terra pax hominibus. Bonae voluntatis. Laudamus te, benedicimus te, adoramus te, glorificamus te. Gratias agimus tibi propter magnam gloriam. Domine Deus, rex coelestis, Deus Pater omnipotens. Domine fili unigenite, Jesu Christe, Domine Deus, 11 agnus Dei, filius Patris. Qui tollis peccata mundi, miserere nobis. Qui tollis peccata mundi Suscipe deprecationem nostram. Qui sedes ad dexteram Patris - 294 - Trigonale 2009 – Das Programm PAUSE Johann Heinrich Schmelzer (1623-1680) Balletti Intrada+Pastorella Antonio Cesti Momo, der Hofnarr, stellt sich vor. Er ist auf den Flügeln zweier Lüfte wie auf Daunen auf die Erde getragen worden... Pasquino il mio Parente, Che per‘esser pungente, si trova, oh strano caso, Senza piè, senza braccia, e senza naso, Che direbbe in vedere, Ch‘io sagece, et accorto Con pifù bella maniere, Ch‘ei su‘l Tebro non tiene, Seguo a dir malle, e men incontra bene? Trigonale 2009 – Das Programm - 295 - 11 1. Giù dal Cielo sbalzato Fu Vulcano, ch‘e ùn Nume io veni sù le piume Dell Aure sostenuto et adagiato, Che d‘haver‘ chi li porti, Son de matti, e Buffoni usate sorti, 2.En ch‘il savio ostentati Io non hebbi mai spaccio, Hor che da stolto faccio Trovo in poco cervel fortuna asto, Che politico tratto, Per giunger‘al suo fine il far‘da matto. Antonio Cesti (1623-1669) Momo, Paris und Venus Scena XV Lustgarten 11 Per illusione di Venere si muta la Scena nel Giardino de Piacere. Venere corteggiata da un Coro dell‘Idee di varie Bellezze e da un Coro di Amori, Paride, Momo. Venere Paride più, che à sdegno, Mi dee muover‘ à riso La folle pretensione Di Pallade, e Giunon In voler contrastare Il pregio di belta con Citherea, Ch‘è di beltà la Dea; Io per tale fui sempre Da tutti riverita; et hor mi vedi Corteggiata, e servita Da l‘Idee le più vaghe De la beltà maggiore, Che s‘ammiri nel mondo; Ecco le belle Norre del Prencipe di Thebe, del Sovran di Corinto E del Rè dell‘Epiro; Ecco la vaga sposa Del Regnante di Tiro; ed‘ecco quella, Che leggiadra, e vezzosa Non meno, che de i Cor, Io scettro tiene Dl Regno di Micene, ecoo di Sparta La celebre Regina. Momo Paride Mà non son già imbriaco? Come, se non mi muovo, Ero in Cortile, hor‘ in Giardin mi trove? Oh Dio che veggio? Una forma divina; Maggior beltà non sprero - 296 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 297 - 11 Di rimirar già mai; Che folgoranti rai Da far invidia al Sole, Certo è celeste Prole. Venere A Giove è Figlia, Et‘ Elena s‘appella, La maggior meraviglia, e la più bella, Ch‘habbia prodotto il Cielo. Paride Venere Questa è semplice Imago, Mà più bello e più vago Il sembiante verace In‘Elena risplende; e se ti piave, sappi, ch‘il possedere Cosi rara bellezza è in tuo potere. Paride E come haver poss‘io Si gran Tesoro? Stupore Maggiore Nò, nò, non si mira, Il Cielo in un volto Raccolto S‘ammira. Venere Momo Venere Oh‘ che semplice Augello, ò come presto È calato al zimbello. Venere S‘è tutta Ridutta Quest‘Allma in un guardo. Gia‘l core vien meno; Nel seno 11 Tutt‘ardo. Momo Che tenero Pollastro Posto al foco d‘Amore, Cuoce al primo bollone. - 298 - Trigonale 2009 – Das Programm con questo Pomo d‘oro. Momo Con l‘Oro si fà tutto. Che si‘io vinco la lite, Tù goderai di mie vittorie il frutto Paride Tanto dunque confidi Di poter operare? Venere Io t‘assicuro, Che tua sola sarr‘a, cosi ti giuro. Paride Paride fortunato, e quando mai Tal fortuna sperasi? Trigonale 2009 – Das Programm - 299 - 11 Venere Johann Bernhard Staudt Vanne pur à trovar Elena a Sparta, Che per farla tua preda, Basta, che là tù giunga, ella ti veda, Tuo pensiero sia questo, sará mia cura il resto. (1654 – 1712) Paride In te mi fido; Eccoti l‘Aureo Pomo, io vado al liedo. Mars Johann Heinrich Schmelzer Genii Tyrolis, Carinthiae, Garnioliaae Io triumphe! Thraciae Pallent tremore lunae. Chorus cum confoederatis Leopolde, terror hostium, Fulmen metusque lunae, Uterque mundus audiat Cotatque te victorem. O mille digne laureis Et mille digne palmis, Io sera vive saecula, In posteris triumpha! (1623-1680) Sackpfeiffen Rossballett mit dem Kaiser selbst als Protagonist Johann Heinrich Schmelzer Giovanni Felice Sances (1600 – 1679) Rossballett »Il Sole,e dodeci Segni del Zodiaco« / Die Sonne und die zwölf Tierkreiszeichen Estote fortes in bello 11 et pugnate cum antiquo serpente et accipietis regnum aeternum alleluja - 300 - Trigonale 2009 – Das Programm 11 Trigonale 2009 – Das Programm - 301 - I n t e r m e z zo U r au f f ü h ru n g: Andreas Arend (*1973) Schattenspiel – Feuerwerk Fi n a l e Antonio Cesti (1634 – 1700) Venus Himmel mit der Milchstrasse, Venus in ihrem Stern »Mia stella, più bella più chiara risplende. la sfera maggiore d‘amore n‘accende« Antonio Draghi (1634 – 1700) »Renda felici quei Sposi Amore« 11 - 302 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 303 - C h e lycus * Kontrapunktisch, wie die Themen ihrer Musik, stehen auch die Künstler von Chelycus zueinander: Geigerin des Ensembles ist Veronika Skuplik. Ihr Anliegen ist die Unmittelbarkeit des Ausdrucks, wie man ihn an einer Sängerin oder Schauspielerin schätzt. Der Musikwissenschaftler und Cembalist Michael Fuerst kann in der Zusammenarbeit mit Chelycus seinen Traum verwirklichen, Musik der Vergangenheit aus der Stille des Archivs zu befreien. Andreas Arend, Komponist und Lautenist, taucht in Text und Kontext alter Musik ein, um darin zu finden, was für ihn heute Relevanz besitzt. Adrian Rovatkay, Musiker und Maler, versucht durch Klanginstal lationen und in Zusammenarbeit mit Experimentalmusikern und anderen Künstlern den klassischen Musikbegriff zu öffnen. Der Posaunist Ole-Kristian Andersen sagte, Chelycus sei für ihn »wie Schildkrötensuppe für einen Gastronomen: auserlesen und wunderbar – verboten gut!« Catherine Aglibut hat schon oft mit dem Ensemble zusammen gespielt und nach gemeinsamen Proben Beatles-Lieder gesungen. Gambist Matthias Müller war bereits bei einer CD-Einspielung 11 dabei. Der Baske Juan Ullibarri ist sicher mit der spanischen Seite des Programms am engsten verbunden. Wim Becu und Adam Woolf, Posaunisten aus Belgien, muss man einfach gehört haben. In der Unterwelt, in Lustgärten, als Nymphen und Götter agieren Nele Gramß, Jan Kobow und Stephan MacLeod. *Schildkrötenpanzer - 304 - Trigonale 2009 – Das Programm Nele Gramß Die Wurzeln für die breit gefächerte musikalische Ausbildung der Sängerin wurden im Elternhaus gelegt. Sie studierte in Würzburg, München und Amsterdam, zunächst Schulmusik und Viola da Gamba, dann Gesang. Margreet Honig, Barbara Schlick und Monika Bürgener sind und waren wichtige Lehrerinnen für sie. Auch wenn ihr umfangreiches Repertoire Musik aller musikalischer Epochen und Genres umfasst, beschäftigt sich Nele Gramß vorzugsweise mit der Musik des 17. Jahrhunderts. Die Oratorien von Bach sowie Werke von Monteverdi, Schütz und der Vokal polyphonie singt sie am häufigsten. Neben dem Oratorium ist die Kammermusik ihr wichtigstes Betätigungsfeld: bei »Movimento« und »Gesualdo Consort Amsterdam« ist sie festes Mitglied, auch tritt sie mit ihrer Klavierpartnerin Annie Gicquel in Liederrecitals auf. Als Gast ist sie bei den unterschiedlichsten Ensembles und Orchestern (Kölner Kammerchor, Rheinische Kantorei, Salzburger Hofmusik u.a.) zu hören. Im Sommer 2008 wirkte sie in »Jeanne d'Arc« von Honegger mit, ein weiterer Höhepunkt der jüngeren Vergangenheit waren die szenischen Vorführungen von Händels »Saul« in der Egidienkirche in Nürnberg. Jan Kobow wurde in Berlin geboren und studierte zunächst Orgel (Pariser Schola Cantorum), Kirchenmusik (Hannover) und dann 11 an der Musikhochschule Hamburg Gesang bei Sabine Kirchner. Er gewann 1998 den 1. Preis beim 11. Internationalen Bachwettbewerb Leipzig. Er konzertiert mit Dirigenten wie Howard Arman, Stefan Asbury, Frieder Bernius, Marcus Creed, Michel Corboz, Peter Dijkstra, Paul Goodwin, Robin Gritton, Nikolaus Harnoncourt, Thomas Hengel Trigonale 2009 – Das Programm - 305 - brock, Philippe Herreweghe, René Jacobs, Sigiswald Kuijken, Gustav Leonhardt, Hermann Max, Philippe Pierlot, Hans-Christoph Rademann, Ludger Rémy, Daniel Reuss, Michael Schönheit, Morten Schuldt-Jensen, Andreas Spering, Masaaki Suzuki, Jeffrey Tate und Jos van Veldhoven. 2007 gab er sein Rollendebüt als Ulisse in Monteverdis Il ritorno d’Ulisse in patria in konzertanten Aufführungen mit Les Talens Lyriques unter der Leitung von Christophe Rousset. Jan Kobow fühlt sich sehr dem Liedgesang verbunden, besonders dem deutschen Kunstlied der Romantik und gibt regelmäßig Lieder abende mit Graham Johnson, Cord Garben, Burkhard Kehring und Phillip Moll. Außerdem musiziert er mit ausgewiesenen Spezialisten am Fortepiano, wie Leo van Doeselaar und Kristian Bezuidenhout. Es sind bereits vier Lied-CDs von Jan Kobow auf dem Markt (Schubert: Schwanengesang und Die schöne Müllerin mit Kristian Bezuidenhout; Loewe: Lieder und Balladen mit Cord Garben und Siegmund von Seckendorff: Lieder from Goethe’s Wei mar mit Ludger Rémy). Er tritt regelmäßig beim Kissinger Sommer auf – dort wurde er mit dem Luitpoldpreis ausgezeichnet. Mit Kristian Bezuidenhout gab er bereits mehrere Liederabende in den USA und Kanada. Zuletzt sang er die Dichterliebe in der Guildhall London. Als Opernsänger war er zu Gast beim Boston Early Music Festival (Johann Georg Conradi, Ariadne). Am Théâtre Royal de la Monnaie 11 Brüssel sang er den Telemaco in Monteverdis Il ritorno d’Ulisse in patria. Mit dieser Produktion gastierte er auch im Lincoln Center New York. Außerdem konzertiert Jan Kobow regelmäßig mit der »Himlischen Cantorey«, deren Gründungsmitglied er ist. Jan Kobow wurde für zahlreiche CD-Produktionen und Rundfunk anstalten verpflichtet. Mehrere seiner Aufnahmen wurden mit dem - 306 - Trigonale 2009 – Das Programm Deutschen Schallplattenpreis ausgezeichnet. Er war an der Aufnahme sämtlicher Kantaten J. S. Bachs (»Bach Cantata Pilgrimage«) unter der Leitung von John Eliot Gardiner beteiligt. Stephan MacLeod wurde 1971 in Genf geboren. Er studierte erst Geige und Klavier, danach Gesang bei Kurt Moll in Köln und Gary Magby in Lausanne. Besonders imBereich des Oratoriums ist MacLeod sehr aktiv. Er sang unter Philippe Herreweghe, Michel Corboz, Gustav Leon hardt, Reinhard Goebel, Sigiswald Kuijken, Masaaki Suzuki (Bach Collegium Japan), Philippe Pierlot (Ricercar Consort), Jordi Savall, Daniel Harding, Konrad Junghänel (Cantus Cölln), Christophe Coin, Steven Stubbs, Helmut Rilling, Frieder Bernius, Jos Van Immerseel, Jésus López-Cobos, Dennis Russel Davies und Paul Van Nevel (Huelgas Ensemble), sowie mit Ensembles wie der Aka demie für Alte Musik Berlin, Musica Antiqua Köln, dem Freiburger Barockorchester, Tafelmusik bzw. dem RIAS-Kammerchor. Er wurde für diverse Operproduktionen in Brüssel (La Monnaie), Venedig (La Fenice), Köln, Bilbao und Genf engagiert und gab Liederabende in zahlreichen renommierten Sälen Europas und in den USA, in Kanada, Südamerika und China. Darüber hinaus trat er auch oft in Japan auf. Seine sängerische Laufbahn ist durch über 55 CDs dokumentiert, 11 viele davon wurden von der Fachpresse ausgezeichnet. Stephan MacLeod hat vor kurzem sein Dirigatstudium erfolgreich abgeschlossen und ist Dirigent des Ensembles Gli Angeli Genève, welches eine jährliche Abonnementreihe in Genf veranstaltet. Die erste Einspielung dieser Gruppe wurde im März 2008 bei SONYTrigonale 2009 – Das Programm - 307 - BMG veröffentlicht und erhielt vom Gramophone Magazine das Prädikat »Editor’s Choice«. Während der letzten zwei Jahre dirigierte MacLeod eine Produktion von Cavallis La Calisto in Genf, Mozart-Programme an der Oper Lausanne und eine Produktion von Sondheim’s Sweeney Todd in Genf. Übersetzung: Graham Lack Au t o g r a mm e C h e lycus Die Illustrationen (von Adrian Rovatkay) S. 276: Schauplatz des österreichischen Ehrenruhms, Kaiser Leopold zu Pferd, über ihm La Gloria Austriaca auf dem Pegasus mit den Hochzeitsgöttern Hymen und Amor. Die 12 Vorgänger des Kaisers erscheinen zwischen den Säulen. S. 277: Die Reise der Braut nach Österreich mit einem Gefolge von 282 Personen und 798 Maultieren. S. 278: Nachdem Discordia versucht hat, die harmonische Welt der Götter und der Menschheit in Unordnung zu bringen, besucht sie auf ihrem Drachen reitend die Unterwelt. Voller Verzweiflung beklagt derweil Euridice, dass Orpheus eingeschlafen ist. S. 280: Kirchliche Hochzeit im Stephansdom mit allem Drum und Dran. S. 281: Das Reich musste im Westen gegen französische Invasoren und im Osten gegen die Truppen des osmanischen Reiches verteidigt werden. 11 S. 303: Himmel mit der Milchstraße, Venus in ihrem Stern. - 308 - Trigonale 2009 – Das Programm 11 Trigonale 2009 – Das Programm - 309 - Samstag, 19.09., 22.00 Uhr Bürgerspitalskirche St. Veit Fuoco, vent’ e stelle Sava d i Hor che il ciel e la terra e ’l vento tace, e le fere e gli augelli il sonno affrena, notte il carro stellato in giro mena e nel suo letto il mar senz’ onda giace; veglio, penso, ardo, piango, e chi mi sface sempre m’è innanzi per mia dolce pena; guerra è il mio stato, d’ira e di duol piena, e sol di lei pensando ho qualche pace. Così sol d’una chiara fonte viva move ‘l dolce e l’amaro ond’io mi pasco; 12 una man sola mi risana e punge; e perché ‘l mio martir non giunga a riva mille volte il dì moro e mille nasco: tanto da la salute mia son lunge! Francesco Petrarca, Canzoniere, Sonett 164 - 310 - Trigonale 2009 – Das Programm (Nun, da der Himmel, die Erde und der Wind schweigen/und Schlaf die Tiere und die Vögel übermannt,/da die Nacht den gestirnten Wagen in seine Bahn führt/und das Meer in seinem Bette ohne Welle ruht;/bin ich wach, denke, brenne, weine, und die mich verzehrt,/ steht immer vor mir zu meiner süßen Pein;/Krieg ist meine Stimmung, voll Zorn und Schmerz,/und nur in Gedanken an sie finde ich Frieden./ So strömt allein aus einer klaren, lebendigen Quelle/das Süße und das Bittre, von dem ich mich nähre,/eine Hand allein heilt und straft mich./Und damit meine Qual kein Ende finde,/sterbe ich tausend mal am Tag und werde tausendmal geboren:/So weit bin ich von meinem Heil entfernt.) Zitiert nach Silke Leopold. Einleitung Quid vero loquendi modus ipsaque oratio non ne animi affectionem sequitur? Folgt nicht die Art des Sprechens und der Vortrag dem Zustand der Seele? Für viele bedeutende Komponisten des beginnenden 17. Jahrhunderts war dieses Zitat Platons Thema und Programm zugleich. Was auf den ersten Blick augenfällig einfach und selbstverständlich er- 12 scheinen mag, nämlich daß – auf die Vokalmusik übertragen – der Seelenzustand »zuerst da« sein und die Musik inspirieren sollte, war nicht zu allen Zeiten selbstverständlich. Giovanni Artusi wehrte sich zum Beispiel heftig dagegen, daß sein immer berühmter Trigonale 2009 – Das Programm - 311 - werdender Kollege Claudio Monteverdi sich nicht an die althergebrachten Regeln des strengen kontrapunktischen Satzes gebunden fühle. Jener nämlich begründete mit dem eingangs erwähnten Zitat Platons seine neue Klangsprache, seine freie Dissonanzenbehandlung und die Vorherrschaft des Textes über die Musik. Zwar war in der vorbarocken Zeit mit Sicherheit der Text nicht unwichtiger als zu späteren Zeiten, allerdings mußte er sich dem musikalischen Entwurfe und den strengen Satzregeln fügen. Mit der Jahrhundertwende gewinnt jedoch farbiger, metaphernreicher, expressiver Schreibstil an Beliebtheit: Die barocke Sehnsucht nach plakativen Gegensätzen – sonnig-schattig, heiß-kalt, leidenschaft lich-herzlos – drängten dem Komponisten geradezu einen »neuen Stil« auf, in welchem so tonmalerisch als möglich lachende Wellen, tanzende Flammen, bedrohlich düstere Nacht und zehrende Sehnsucht hörbar gemacht werden konnten. Gegensatzpaare fanden auch ihren Eingang in die bildende Kunst, darunter in Darstellungen der vier »Temperamente«, der vier Himmelsrichtungen, der vier Jahreszeiten sowie der vier Elemente. Beziehungen dieser Allegorien untereinander waren dem zeitgenössischen Betrachter selbstverständlich: Feuer – Fuoco, Sommer und cholerisches Temperament wurden der »dazugehörigen« Gott heit Vulkan beigeordnet, die Luft – Vento – hingegen dem Früh ling, dem sanguininschen Temperament und Gott Jupiter. 12 Mit dem Herzen, das wie Feuer brennt, dem Wind, der die Liebesbotschaft zur Geliebten tragen soll oder den Wellen, welche die Geliebten unüberwindlich trennen, halten »elementare« Bilder und Metaphern Einzug in die musikalische Dichtung. - 312 - Trigonale 2009 – Das Programm Daneben ist ein weiteres »Element« in barocker Literatur häufig anzutreffen: der Himmel, bzw. die Sterne, die gleichbedeutend sind mit dem Schicksal, Fortuna und dem göttlichen Willen. Die Sterne werden gar des Öfteren mit den Augen der Geliebten gleichgesetzt – wohl in Anlehnung an ihr Leuchten, jedoch vielleicht auch als Hinweis auf ihre Macht bzw. Übermächtigkeit. So vertreiben in Giovanni Rovettas dreiteiligem Madrigal »Sovra il carro stellato« die Augen, »lebendigen Fackeln« gleich, die Schatten der Nacht. Die Ausprägungen der Naturdarstellungen sind vielseitig: neben den wilden, ungezähmten Elementen steht das beschauliche Landleben und Schäferidyll. In einer idealen Landschaft, von klaren Bächen durchzogen und ewigem Sonnenschein durchdrungen scherzen Amoretten und schweben Grazien umher. Von diesem »arkadischen Idyll« sind zahlreiche, in symmetrischer Perfektion angelegte Barockgärten inspiriert. Leichtfüßige Texte über lachende Wellen und günstige Sterne – Stelle – hat beispielsweise Barbara Strozzi in »Mercè di voi« und »Godere, e tacere« musikalisch verewigt. Beide Madrigale entstammen ihrem im Alter von 25 Jahren in Venedig veröffentlichten, ersten Madrigalbuch. Den Text zu diesen beiden Kompositionen verfaßte ihr Vater, Giulio. Dieser hatte die Tochter einer Hausangestellten an Kindes Statt angenommen und ihr eine exzellente Ausbildung ermöglicht. Als Tochter eines angesehenen Juristen und Schriftstellers erhielt Barbara so die für eine Frau 12 reichlich ungewöhnliche Möglichkeit, ihre eigenen Kompositionen in verschiedenen »academie«, also Zusammenkünften von Autoren, Philosophen und Musikern, vorzutragen. Trigonale 2009 – Das Programm - 313 - Der Gegenüberstellung von genußvollem Lasterleben und sublimationsreichem, reuevollem Entsagen im Hinblick auf die Erlangung des Paradieses dienen dem Geistlichen Domenico Mazzocchi naturnahe Metaphern in seiner Tasso-Vertonung »Signor, non sotto l’ombra«. Denn nicht in arkadischer Idylle, unter Nymphen, im Schatten und auf blumenbedeckten Wiesen sei unser Heil verborgen. Nein, nur nach mühevollem Erklimmen des Hügels der Tugend winke uns das Paradies! Ebenso dem 1640 in Rom publizierten Druck »Musiche sacre, e morali« entnommen ist die Vertonung der geistlichen Dichtung von »Cangia mio cor«. Hier treffen wir im Text auf Flammen im metaphorischen Sinne – das Herz entbrennt in weltlicher Liebe und führt den Liebenden somit geradewegs ins Verderben. Ungünstige Sterne spielen eine zentrale Rolle in der Lamentation Maria Stuarts. In einem groß angelegten Monolog rekapituliert die schottische Königin ihre Flucht, ihre Gefangennahme und die Unbarmherzigkeit ihrer Cousine, Elisabeth von England, die ihren traurigen Schlußpunkt im vom Erzähler vermittelten Gang zum Schafott finden soll. Der Schäferidylle entgegengesetzt steht die wilde, ungezähmte Natur, welche die Emotionen des lyrischen Ichs entweder widerspiegelt oder einen Kontrast zu ihr bildet. Ein sehr eindrückliches Beispiel speziell dieser Form der Naturschilderung bildet das ein12 gangs zitierte Sonett aus der Feder Francesco Petrarcas. Obwohl ein Dichter des 14. Jahrhunderts, wurde er gerade in der Barockzeit mit Leidenschaft vertont, denn in seiner Lyrik kann sich gerade jene barocke Sehnsucht nach Kontrast, Spannung, Unausgewogenheit und Theatralik frei entfalten. - 314 - Trigonale 2009 – Das Programm So entführt uns Luigi Rossi in der dramatischen Erzählung von einer maurischen Prinzessin in einen wahren Taumel der Emotionen: Am Strande von Byzanz stehend blickt Zaida verzweifelt einem Schiff nach, welches langsam am Horizont verschwindet und seine Segel in Richtung Toskana gesetzt hat. Mit Bitten und Drohen möchte sie den Kapitän des Schiffes zum Umkehren bewegen: glückliche Brisen und gehorsame Wellen verspricht sie ihm bei Gewährung ihrer Bitte – und wünscht ihm, als er sie offensichtlich nicht erhört, Flutwellen und Schiffbruch an den Hals. Sie verflucht den »räuberischen Christen«, weil er ihren Geliebten Mustafà entführt, und im gleichen Atemzuge auch noch den Propheten Mohammed, da er solche Grausamkeit überhaupt zuläßt! Ebenso wie in seiner Vokalmusik gelingt es Luigi Rossi in seiner Instrumentalmusik meisterlich, spezifische Gefühlslagen einzufangen. In seiner Passacaille kreiert er durch die immerwiederkehrende Baßfigur eine melancholische, fast tranceartige Stimmung. Es ist durchaus möglich, daß Rossi bei der Komposition dieses Ostinato-Stückes die Ausführung auf der Harfe vor Augen hatte, war er doch mit der zu ihrer Zeit weithin berühmten Harfenistin Costanza de Ponte verheiratet. Ebenso als Harfenist bekannt war Ascanio Mayone. Er zählte, wie vermutlich auch Sigismondo D’India, zu den Schülern Giovanni de Macques in Neapel. Sigismondo D’India besticht durch eine ganz eigene, virtuose Schreibweise und fast schon experimentelle Verwendung von Dissonanzen – beides natürlich stets im Sinne des 12 gesteigerten und überhöhten emotionalen Ausdrucks und der Text ausdeutung. Im Vorwort zu seinem ersten Buch der »Musiche« gibt er dann auch eine prägnante und trotz ihrer Kürze erschöpfende Antwort auf die ewige Frage nach dem Sinne der Musik Trigonale 2009 – Das Programm - 315 - überhaupt, welcher wir uns als Ausführende und Konsumierende eigentlich täglich neu stellen müssen: Ihre Aufgabe sei es, »die Gemüter zu bewegen« – »movere gli affetti dell’animo«. Ulrike Hofbauer Wir danken John Whenham für das kostenlose Zurverfügungstellen seiner vorbildlichen Edition von »Sovra il carro stellato« unter www.ascima.bham.aca. uk Pro g r a mm Domenico Mazzocchi (1592 Civita Castellana – 1665 Roma) 1. Cangia mio cor 2. Signor, non sotto l’ombra Giacomo Carissimmi (1605 Marino – 1674 Roma) 3. Ferma, lascia ch’io parli Giovanni Rovetta (ca. 1596 Venezia – 1668 ebd.) 4. Sovra il carro stellato 5 . Io mi sento morir Luigi Rossi (ca. 1597 Torremaggiore –1653 Roma) 6. Passacaille 7. Zaida bella Barbara Strozzi (1619 Venezia – nach 1664 ebd.?) 8. Mercè di voi 9. Godere, e tacere 12 12 - 316 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 317 - Sigismondo D’India texte (ca. 1580 Palermo – ca.1629 Modena) 10. Ardo, lassa, o non ardo? 11. Ma se non è piacer 12. Ma se quest’è pensier Ascanio Mayone (ca. 1566 Napoli – 1627 Napoli) 13. Toccata terza Sigismondo D’India (ca. 1580 Palermo, ca. 1629 Modena) 14. Occhi della mia vita 1. Cangia mio cor (Signor Abbate Bentivogli) Cangia mio cor pensiero D’amar Donna, che piace, Che in lei non è beltà, se non fallace. Se miri nel bel viso Di Donna un dolce sguardo, Fuggi, ch’un vezzo, un riso, È inevitabil dardo: E lacerato un core Prova piaghe di morte, e non d’Amore. Se il vermiglio colore Di due guance diletta, Sappi, ch’è tutto ardore, Ch’infiamma quanto alletta, Ed arso al fine un core Prova piaghe di morte, e non d’Amore. Mein Herz, gib den Gedanken auf, daß du die Dame lieben könntest, die allen gefällt, denn in ihr ist nur falsche Schönheit. Wenn am Schluß ein Herz brennt, erleidet es Qualen des Todes und nicht der Liebe. 12 12 - 318 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 319 - 2. Signor, non sotto l’ombra (Torquato Tasso) Eccitamento alle Virtù Signor, non sotto l’ombra, in piaggia molle, Trà fonti, e fior, trà Ninfe, e trà Sirene, Mà in cima all’erto, e faticoso colle Della Virtù riposto è il nostro bene. Chi non gela, e non suda, e non s’estolle, Da le vie del piacer, là non perviene. Hor vorrai tù lungi dall’alte cime Giacer quasi trà valli Augel sublime? Nicht im Schatten, zwischen Blumen, unter Nymphen und Sirenen, sondern auf dem mühsam zu erklimmenden Hügel der Tugend ist unser Heil verborgen. Wer nicht friert und nicht schwitzt, und den Wegen der Lust nicht ausweicht, wird dorthin nicht kommen. 3. Ferma, lascia ch’io parli Ferma, lascia ch’io parli, sacrilego ministro! Se ben fato inclemente a morte indegna 12 come Rea mi destina, vissi e moro innocente, son del sangue Stuardo e son Regina. Perché bendarmi i lumi? S’io mirai tanti giorni, - 320 - Trigonale 2009 – Das Programm ho petto ancora da mirar l’ultim‘ora, e s’io gl’apersi al cielo, saprò ben senza velo alla vita servarli. Ferma, lascia ch’io parli! Ma, che dirò? Purtroppo oggi favella a mio prò l’innocenza e di si rea sentenza a Dio s’appella. Vilipesa innocenza, s’una Regina a te salvar non lice cui l’invidia fa guerra, a chi ricorrer deve in Inghilterra un mendico, un vassalo, un infelice? Vilipesa innocenza, Vattene pur da me, torna alle stelle, ch’io con anima intrepida, e serena Sarò fra tante squadre a Dio rubelle di mia tragedia e spetatrice e scena. A morire, a morire! Per serbar giustizia e fede, più non vaglion le corone, ché di stato la ragione anco la verità sa far mentire. A morire, a morire! Versarò dal collo il sangue ma non già dai lumi pianto, chè sebbene io resto esangue, Trigonale 2009 – Das Programm - 321 - 12 la costanza al mio duol mesce elisire. A morire, a morire! Voi, mie care donzelle, che m’inchinaste al soglio et or piagenti mi seguite ai tormenti, compatite i miei casi, e s’io lassa, rimasi spogliata d’ogni ben, d’ogni fortuna, non per questo morendo, gl’oblighi miei tralascio: partitevi l’amor con cui vi lascio. Soffrite costanti la dura mia sorte, e s’invida morte stillandovi in pianti a voi mi toglie, o fide ancelle in terra, con sempiterno riso v’abbraccerò compagne in paradiso. Mira Londra, et impara le vicende mondane e tu, ch’all’anglicane schierre dai legge o Jezabelle altera, di giustizia severa aspetta i colpi e se per farti in brani 12 mancheranno alle belve artigli e morsi serviranno di cani i tuoi rimorsi. Si, si, sfogati, assali scarica sul mio capo a cento, a mille del tuo furor gli strali! - 322 - Trigonale 2009 – Das Programm Vibra senza pietà su questo petto esangue strazi, flagelli, atrocità. Lascia ch’un mar di sangue m’inostri il nero manto, fulmina pur, ché tanto straziarmi non saprai Quant’io soffrire. A morire, a morire, a morire! Qui tacque, e forte e invita al suo destin s’arrese la Regina scozzese, né guari andò ch’un colpo indegno e rio divise il corpo et unì l’alma a Dio. »Halt, laß mich sprechen, gotteslästerlicher Priester! Wenn mir das ungünstige Schicksal auch einen unverdienten Tod beschert, lebe und sterbe ich doch in Unschuld. Ich bin vom Blute der Stuarts und ich bin Königin. Warum mir die Augen verbinden? Wenn ich doch so viele Tage vorbeiziehen sah, habe ich auch den Mut, meiner letzten Stunde entgegenzusehen. Sieh, London, und lerne die Wechselfälle der Welt kennen. Und du, die du die Briten regierst, hochmütige Isabella, erwarte von der strengen Gerechtigkeit die Strafe! Ja, ja, tobe dich aus, Wut, regne über meinem Kopf hunderte, tausende Pfeile deines rasenden Zorns!« Dann schwieg sie, und stark und unbesiegt ergab sich die schottische Königin ihrem Schicksal, und einen Moment später teilte ein unwürdiger Schlag den Körper und vereinte die Seele mit Gott. Trigonale 2009 – Das Programm - 323 - 12 4. Sovra il carro stellato Sovra il carro stellato in ciel sorgea La Notte più che mai tacita e bruna, Ma le nubi e le tenebre scotea Col puro volto suo l’argentea Luna. Io per l’orror vagando il piè movea, Scelto Amor per compagno e la Fortuna, Ed a l’ombre con musico stromento Publicava cantando il mio tormento. Gridai più volte al mio canoro duolo: «Fermate il sibilar, piante dilette, E voi tacete e sospendete il volo, Aure de ’ miei sospir forse concette. Frenate, o rivi, il mormorio che solo Turba l’amiche voci altrui soggette; Tanto ch’a volo portino a colei Le penne de la cetra i prieghi miei.» Quando uscir Filli con l’amate ancelle A l’aria i’ vidi del notturno velo, Ella con gl’occhi suoi vive facelle Riscaldò, dissipò l’orrore e ’l gelo Poiché del mio gioir ridean le stelle. Paragonò la sua beltà col Cielo E tra sé dir parea: «Vegna chi vuole 12 Veder nell’ombre avvalorato il Sole.» - 324 - Trigonale 2009 – Das Programm Über dem Sternenwagen am Himmel stieg die Nacht auf, schweigsamer und dunkler denn je; und der silberne Mond vertrieb Wolken und Finsternis. Ich schritt irrenden Fußes durch diesen Schrecken; Amor und Fortuna hatte ich als Begleiter erwählt, und tat den Schatten meine Qualen kund. Da trat Filli unter nächtlichem Schleier heraus und löste mit ihren Augen, lebendigen Fackeln gleich, den Schrecken und das Eis auf, so daß die Sterne ob meiner Freude lächelten. 5. Io mi sento morir Io mi sento morir quando non miro colei ch’è la mia vita. Poi, se la miro, anco morir mi sento, perché del mio tormento non ha pietà la cruda e non m’aita, e sa pur s’i’ l’adoro: così mirando e non mirando i’ moro. Ich fühle wie ich sterbe, wenn ich sie nicht sehen kann, die mein Leben ist. Aber wenn ich sie sehe, fühle ich ebenfalls, daß ich sterbe, denn die Grausame hat kein Mitleid mit meiner Seelenqual, obwohl sie weiß, daß ich sie verehre: So sterbe ich, ob ich sie sehe oder nicht. 12 Trigonale 2009 – Das Programm - 325 - 7. Zaida bella (Fabie della Corgna) Spars’il crine e lagrimosa, dell’Egeo nell’ampie sponde, Zaida bella e dolorosa, infelice grida all’aure e piange all’onde, così dice: «Dove, dove n’andate quasi a volo pel mar, tumide vele del pirata crudele che serve al re toscano? Ahi, barbaro cristiano, volgi le prore in qua, rendimi Mustafà. Rendil, superbo ed empio, ché non lice involar le spoglie a un dio: egli non è già mio, servo è d’Amore, d’Amor che ’l tutto regge et alla legge sua cede ogni legge. Predator insolente, che con croci di foco ardi ogni lido, senti, deh, senti il grido e ti mova il dolore d’una mora che more in man d’Amore. Così gonfin tue vele aure felici 12 et obbedisca il mare e s’increspi giocondo alle tue voglie, così per te si spoglie Bisanzio invitto e del turchesco impero prostrato ogni gerriero - 326 - Trigonale 2009 – Das Programm alla tua spada ceda E tu, già carco di piropi e d’oro e d’ogni ricca preda, faccia all’estrusco mar lieto ritorno; volgi le prore in qua, che drìzzaste a Livorno, rendimi Mustafà. Ma tu, lassa, non curi mie lagrimose strida! Ahi, nemico del cielo, non mai fortuna arrida all’ingiuste tue voglie e tue cristiane spoglie preda sian di color che tu predasti, l’acqua in cui tant’osasti, contrastata da’ venti, perfido, a te contrasti e qual ti mostri a me, sordo a’ tuoi preghi, barbaro, il mar t’anneghi! Ma, ciel, che dissi, oh Dio? Scenda sopra di me l’augurio indegno poi che va l’alma mia dentro a quel legno! Ah, che sia maledetto, poi che del mio dolor sì poco cura, l’arabo Macometto e ’l suo seguace Ali, la Mecca il suol la copra e cada sotto sopra Medina Talnabì! Sia maledetto il dì che Zaida nacque Trigonale 2009 – Das Programm - 327 - 12 poi che prigion, per l’acque, cinto di ferro va mio caro Mustafà.” Sì disse e per gran pena, vista sparir la fugitiva prora, la bellissima mora cadde fredda et esangue in sull’arena. Die schöne und traurige Zaida stand mit wehenden Haaren an den weiten Ufern der Aegaeis und unglücklich rief sie: «Wohin geht ihr, grausame Piraten, die ihr dem toskanischen König dient? Ach, barbarischer Christ, wende den Bug hierher und gib mir Mustafà zurück! Denn es gebührt sich nicht zu stehlen, was einem Gott gehört: er ist ein Diener Amors, jenes Gottes, der über alles herrscht. Wenn du umkehrst, sollen glückliche Brisen deine Segel füllen und das Meer dir gehorchen! Jedoch, meine schmerzerfüllten Schreie kümmern dich nicht? Dann möge sich dir Falschem das Wasser, auf welchem du so viel wagtest, von den Winden aufgestachelt entgegenstellen, und das Meer möge über dir zusammenschlagen. Und weil er sich so wenig um meinen Schmerz kümmert, möge Mohamed verflucht sein, Mecca möge von der Erde verschlungen und Medina Talnabì dem Erdboden gleich gemacht werden!« So sprach sie, und leiderfüllt sah sie das Schiff am Horizont verschwinden. Da stürzte die wunderschöne Maurin kalt und 12 blutüberströmt in den Sand. - 328 - Trigonale 2009 – Das Programm 8. Mercè di voi (Giulio Strozzi) Sonetto proemio dell’ opera Mercé di voi, mia fortunata stella, volo di Pindo in fra i beati cori e coronata d’immortali allori forse detta sarò Saffo novella. Così l’impresa faticosa e bella sia felice del canto e degl’ amori, ché, s’unisco le voci, i nostri cori non disunisca mai voglia rubella. O che vaga e dolcissima armonia fanno due alme innamorate e fide, che quel che l’una vuol l’altra desia, che gioisce al gioir, ch’al rider ride, né mai sospiran, che ’l sospir non sia d’una morte che sana e non uccide! Um euretwillen, mein Glücksstern, werde ich, mit unsterblichem Lorbeer gekrönt, vielleicht einmal die neue Sappho genannt werden. Oh welch anmutige und süsse Harmonie zwei verliebte und treue Seelen hervorbringen! 12 Trigonale 2009 – Das Programm - 329 - 9. Godere, e tacere Gioisca al gioir nostro e l’aura e l’onda, scherzin tra l’erbe e i fiori i lascivetti Amori, a nostri dolci canti Ecco risponda. In questo lieto e fortunato giorno volin le Grazie intorno, vengan sul labbro i cori e s’annodino l’alme al suon de ’ baci. Ah, non dir più, taci, mia lingua, taci! Mögen Windhauch und Wellen sich an unserer Freude freuen! An diesem glücklichen Tag wollen wir die Herzen auf den Zungen tragen, und die Seelen mögen sich beim Klang der Küsse ineinander schlingen. Doch ach – sprich nicht weiter, schweige, meine Zunge! 10. – 12. Ardo, lassa, o non ardo? (G. B. Marino, Adone) Ardo, lassa, o non ardo? Ahi, qual io sento Strano nel cor non conosciuto effetto! E’ forse ardor? Ardor non è, che spento l’avrei col pianto. E’ ben d’Amor sospetto? 12 Sospetto no, piuttosto egli è tormento. Come tormento fia, se dà dilletto? Dilletto esser non può, poi che mi doglio e congiont’al piacer sento cordoglio. Ma se non è piacer, nemmeno affanno. - 330 - Trigonale 2009 – Das Programm Dunque è vano furor? Dunque è follia? Ma folle esser non può, chi’l proprio danno conosce e teme e di fuggir desia. Forse amor? Non è amor, se non m’inganno. Odio pero non è: che dunque fia? Che fia, misera, quel ch’il cor m’ingombra? Certo è pensier, o di pensier un ombra. Ma se quest’è pensier, deh, perché penso? Crudo pensier, perché pensar mi fai? Perché se al proprio mal penso e ripenso, Torno sempre a pensar quel che pensai? Perché, mentre in pensar l’ore dispenso, Non penso almen di non pensar più mai? Ahi, ch’io non penso, e pur s’io penso, invero La colpa non è mia, ma del pensiero. Ich brenne, oh, oder brenne ich nicht? Ach, was für einen seltsames, unbekanntes Gefühl, spüre ich in meinem Herzen! Ist es vielleicht Feuer? Es ist kein Feuer, denn ich hätte es mit Tränen gelöscht. Vielleicht ist es Liebe? Es ist keine Liebe, falls ich mich nicht täusche. Doch ist es kein Haß: was ist es also? Sicher ist es ein Gedanke, oder sein Schatten. Aber wenn dies Denken ist, ach, warum denke ich dann? Warum kehre ich immer wieder dahin zurück zu denken, was ich denke, wenn ich ständig an den eigenen Schmerz denke? Warum denke ich nicht einfach, nicht mehr zu denken? Ach, daß ich doch nicht dächte! Und wenn ich auch denke, wahrlich, dann ist die Schuld nicht meine, sondern jene des Gedankens. Trigonale 2009 – Das Programm - 331 - 12 14. Occhi della mia vita Occhi della mia vita, in cui si vede Dolce scherzar il Pargoletto Amore Pietà del mio dolore. Stelle splendor del Alma ch’accendete Da voi viene il mio pianto e ’l mio gioire Pietà del mio languire Ahi vibrate ad’ogn’hor In me dardi e saette, Che son archi i bei sguardi. Vaghi lumi d’Amore Occhi, raggi del core. Augen meines Lebens, in denen sich das süße Scherzen Amors widerspiegelt: Habt Mitleid mit meinem Schmerz. Ihr Sterne, Pracht der Seele, die ihr mein Herz entflammt – von Euch kommt mein Weinen und mein Lachen. Habt Mitleid mit meinem Sehnen. Sava d i Basiliensis in Basel zum Studium der alten Musik. Durch ihre gemeinsame Arbeit und angeregt von Persönlichkeiten wie Evelyn Tubb, Anthony Rooley, Andreas Scholl, Andrea Marcon und Christina Pluhar entwickelte sich ein »bewegendes und bezauberndes« Barockensemble – so befanden die Juroren des Early Music Network International Young Artists’ Competition in York, England, die 2003 dem jungen Ensemble den 1. Preis verliehen. Im Jahr darauf konnte savadi diesen Erfolg beim Van Wassenaer Concours 2004 bestätigen: Die drei Musikerinnen errangen sowohl den ersten Preis der Jury als auch den begehrten Publikumspreis. 2008 erschien die neue CD des Ensembles, »Fabellae sacrae«. Sie wurde von der Kritik begeistert aufgenommen. In der Musik von savadi verbinden sich historische Authentizität mit dem Esprit und der Emotionalität dreier junger Menschen un serer Zeit. Diese Ideale konnte savadi konkret in einem inszenier ten Konzert verwirklichen, Regie führte der gefeierte Tänzer und Choreograph Joachim Schlömer. Neben dem Erkunden von teilweise jahrhundertelang »unerhörter« Musik wird darüberhinaus durch Auftragskompositionen das Engagement des Ensembles für die Neue Musik deutlich. Die Britische BBC, der Österreichische ORF und der Schweizer DRS haben das Ensemble regelmäßig im Programm. V erschlungen und verwinkelt, aber trotzdem immer zum Ziel füh12 rend – ähnlich den Wegen eines Labyrinths empfanden die drei Musikerinnen von savadi ihre Pfade zum gemeinsamen Musizieren. Die Barockharfenistin Marie Bournisien aus Frankreich und die So pranistinnen Kristine Jaunalksne aus Lettland sowie Ulrike Hofbauer aus Deutschland trafen sich 2001 an der Schola Cantorum - 332 - Trigonale 2009 – Das Programm Der Name des Ensembles, savadi, stammt aus dem Lettischen und 12 läßt sich übersetzen mit »auf andere Art«. www.savadi.net Trigonale 2009 – Das Programm - 333 - Ulrike Hofbauer studierte Gesang und Gesangspädagogik an den Hochschulen Würzburg und Salzburg und an der Schola Can torum Basiliensis. Zu ihren maßgeblichen Lehrern zählen Sabine Schütz, Evelyn Tubb und Anthony Rooley. In der Arbeit mit Christina Pluhar und Andrea Marcon erhielt sie weitere wertvolle Anregungen. Die in Oberbayern geborene Sängerin ist heute in der Nähe von Basel ansässig und musizierte als Solistin unter anderem mit Singer Pur, dem Collegium Vocale Gent, L’Arpeggiata, La Chapelle Rhé nane, Ensemble Modern, L’Orfeo Barockorchester und Cantus Cölln und arbeitete mit Philippe Herreweghe, Daniel Reuss, Peter Philips und Jos van Veldhofen zusammen. Neben Radiomitschnitten und live-Hörfunkauftritten dokumentieren CD und Film-Produktionen die Vielseitigkeit der Sängerin. Ihr pädagogisches Engagement führte die Sängerin unter anderem an die Hochschulen von Bogota (Kolumbien), Minsk (Weißrussland), an die Bayrische Theaterakademie in München und an die Schola Cantorum Basiliensis in Basel. Ihr Repertoire umfaßt alle Epochen und Stilrichtungen, vom Oratorium über Musik der Renaissance und des Mittelalters bis hin zu unkonventionellem Musiktheater. Die intensive Beschäftigung mit Gestik, musikalischer Rhetorik und dem »recitar can12 tando« Stil bildet einen Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeit. - 334 - Trigonale 2009 – Das Programm Marie Bournisien, geboren in Montbéliard, Frankreich, stu- dierte moderne Harfe an der Musikschule von Montbéliard und am Konservatorium in Paris bei Frédérique Cambreling. Im Jahr 1999 schloß sie mit dem Prix de la ville de Paris ab. Seit 1999 beschäftigt sie sich vorwiegend mit historischen Harfen. Sie studierte Barockharfe bei Marion Fourquier am Centre de Musique Médiévale de Paris und danach bei Heidrun Rosenzweig an der Schola Cantorum Basiliensis. In Basel nahm sie auch Unterricht bei Hopkinson Smith, Andrea Marcon und Jesper Christensen (basso continuo). 2002 begann sie ein Aufbaustudium am Konservatorium von Den Haag bei Christina Pluhar und schloß mit dem Diplom 2005 ab. Zahlreiche Konzerte mit Ensembles wie La Chapelle Rhénane, Akadémia, Musica Nova, Neue Hofkapelle München und Clematis führten sie durch ganz Europa. Als gefragte Continuospielerin wurde sie eingeladen, bei Händels Lotario am Stadttheater Karlsruhe, Monteverdis Il ritorno di Ulisse und dem Orfeo an der Oper Frankfurt mitzuwirken. Derzeit unterrichtet sie Barockharfe an der Musikhochschule Zürich. 12 Trigonale 2009 – Das Programm - 335 - Kristine Jaunalksne, geboren in Riga, Lettland, studierte zunächst Chorleitung an der Musikakademie Lettland, und schloß mit dem Baccalaureat ab. Unter ihrem Dirigat erhielt der Mädchenkammerchor Tonika bei verschiedenen internationalen Chorwettbewerben zahlreiche Auszeichnungen und Preise. Von 2000 bis 2006 studierte Kristine Jaunalksne Gesang an der Schola Cantorum Basiliensis bei Andreas Scholl und Evelyn Tubb und am Konservatorium in Neuchâtel bei Jeanne Roth. Derzeit arbeitet sie mit Svetlana Nesterenko. Au t o g r a mm e Sava d i Als Sopranistin singt sie in kleinen Besetzungen, z.B. im Collegium Vocale Gent unter der Leitung von Peter Phillips, der Akademie für Alte Musik Berlin unter der Leitung von Attilio Cremonesi, L’Arpeggiata unter Christina Pluhar und Sette Voci unter Peter Kooij. Darüberhinaus arbeitet sie auch als Solistin, ihr besonderes Interesse gilt hierbei musikdramatischen Formen. Kreative Impulse erhielt sie durch Projekte wie Se m’amate io v’adoro unter der Regie von Joachim Schlömer, Rappresentatione di Anima, et di Corpo von Emilio di Cavalieri unter Christina Pluhar, Il matrimonio segreto von Dominico Cimarosa am Theater von Neuchatel, Combattimento di Tancredi e Clorinda von Claudio Monteverdi unter der Regie von Mirella Weingarten und Henry Purcells Dido and Aeneas in Basel, Porrentruy (Schweiz), Brüssel (Bel12 gien) und Rezekne (Lettland). - 336 - Trigonale 2009 – Das Programm 12 Trigonale 2009 – Das Programm - 337 - Sonntag, 20.09., 11.00 Uhr Hotel Fuchspalast St. Veit Der junge Mozart auf Reisen Einleitung Mozart auf Reisen H e i n r i c h K lu g u n d d i e P u ppe t Pl ay e r s Susanne Forster und Stefan Fichert: Puppet Players Heinrich Klug: Violoncello und Leitung Maria Reiter: Akkordeon Werner Grobholz: Violine Albert Osterhammer: Klarinette Matthias Weber: Kontrabass Als »Wolfgang und Nannerl«: Louise Wehr und Jennie Yang Stefan Fichert: Marionetten und Bühne Susanne Forster und Rosemarie Kurz: Kostüme Peter Geierhaas : Regieberatung 13 - 338 - Trigonale 2009 – Das Programm Wer weiß, wie Wolfgang Amadeus Mozart sich entwickelt hätte, wäre er nicht als Kind so viel unterwegs gewesen. Leopold, sein ehrgeiziger Vater, tat gewiss sein Bestes, um aus ihm einen guten Musiker zu machen, aber ohne die musikalischen Erfahrungen, die er auf den Reisen sammeln konnte, wäre aus ihm nicht das Jahrtausendgenie geworden, als das Wolfgang Hildesheimer ihn betitelte. Er verdankt der Reiselust seines Vaters, der sich ja auch als exzellenter Reise leiter und Konzertmanager bewährte, die Kenntnis der verschiedenen Musikströmungen seiner Zeit in ganz Europa. Er sog sie wie ein Schwamm auf und schon in seinen frühesten Kompositionen spiegeln sich die »Manieren« der Mannheimer Schule, des Pariser Geschmacks oder des italienischen Stils Johann Christian Bachs wider, der viele Jahre in Italien lebte, ehe er »Hofkompositeur« der englischen Königin wurde. Wir verdanken Leopold Mozart auch, dass er über die Reise erlebnisse genauestens an seinen Geschäftsfreund Lorenz Hagenauer nach Salzburg berichtete. So können wir uns heute auf verlässliche Angaben stützen, wenn wir den kleinen Mozart in der »Ruckl-ZucklKutsch« begleiten, in der er von seinem 6. bis 10. Lebensjahr unterwegs war. Zitate aus den Briefen Leopolds werden die Musik, die Mozart in dieser Zeit komponiert hat, ergänzen. Die meisten in unserer Aufführung verwendeten Stücke sind dem sogenannten 13 »Londoner Notenbuch« von 1765 und dem »Galimathias musicum« KV 32 entnommen, das er in den Niederlanden 1766 komponierte. Trigonale 2009 – Das Programm - 339 - Die großen, bunten, holzgeschnitzten Marionetten der PUPPETPLAYERS stellen die Begegnungen auf der Reise so dar, wie sie ihm in seiner kindlichen Vorstellung im Wachen oder Träumen erschienen sein mögen. Heinrich Klug Johann Andreas Schachtner am 24. April 1792 an Maria Anna (Nannerl) Mozart über das »Wunderkind«: ...denn so bald er mit der Musik sich abzugeben anfieng, waren alle seine Sinne für alle übrige Geschäfte, soviel als todt... Maria Anna (Nannerl) Mozart im April 1792: Der Knab war dahmals drey Jahr alt und zeugte gleich sein von Gott zugeworfenes ausserordentliches Talent, er unterhielte sich oft lange zeit bey dem Clavier mit zusammen suchen der Terzen, welche er immer anstimmte, und sein Wohlgefahlen verrieth dass es wohl klang. Aus der Zeitschrift »Aristide« im Oktober 1766: Die Empfindlichkeit und Genauigkeit des Ohrs sind bei dem jungen Mozart so groß, dass ihn falsche, hohe und zu laute Töne in Tränen ausbrechen lassen. Aus Grimms »Correspondance Litteraire« 15. Juli 1766: Durch seinen Frohsinn beschwichtigt der Knabe sogar die Furcht, 13 die man bei so einem so frühreifen Kind empfindet, das wie eine Frucht vorzeitig fallen könnte. - 340 - Trigonale 2009 – Das Programm »Public Advertiser« London, den 9. Juli 1765: Das größte Wunder, dessen sich Europa oder die Menschheit überhaupt rühmen kann, ist ohne Zweifel der kleine deutsche Knabe Wolfgang Mozart, ein Kinde von acht Jahren, das die Bewunderung nicht nur der größten Männer allgemein, sondern auch der größten Musiker in Europa zu recht hervorgerufen hat. Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, Wien, den 3. Oktober 1762: Meine Kinder setzen übrigens alles in Verwunderung; sonderheitlich der Bub... Die Kinder sind lustig, und überall so, als wären sie zu Hause. Der Bub ist mit allen Leuten so vertraulich, als wenn er sie schon seine Lebenszeit hindurch gekannt hätte... Der Wolferl ist der Kayserin auf die Schooß gesprungen, sie um den Halß bekommen, und rechtschaffen abgeküsst... Die Kayserin schickte durch den geheimen Zahlmeister, der in galla vor unser Hauß gefahren kam, 2 kleid: eins für den buben und eins fürs Mädel. Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer am 29. Dezember 1762: ...wir reisten nicht sonderlich bequemm, indem der weeg zwar ausgefroren, allein unbeschreiblich knoppericht und voller tieffer gruben und schläge war... Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, Wasserburg, den 11. Juni 1763: Das heist auf der Schneckenpost gereiset! 2 Stunden ausser Wasserburg brach uns ein hinteres rad in Stücken... Nun ward der Wagner und Schmied geruft um ein neues Rad zu verfertigen. Es war noth 13 wendig auch dem andern Rad den Puls zu fühlen... Der Wagner hackte und schnitt; der Schmid sengte und brennte, Trigonale 2009 – Das Programm - 341 - und schlug dapfer drauf. Daß beträchtlichste bey der Sache sind die Kösten. In Gottes Nahmen: Es ist besser zehen Räder gebrochen als ein fuß oder ein paar finger... Das Neueste ist, das wir auf die Orgel gegangen, und ich dem Wolferl das Pedal erkläret habe. Davon der dann gleich stante pede die Probe abgeleget, den schammel hinweg gerückt, und stehend pre ambuliert und das pedal dazu getreten als wenn er es schon viele Monate geübt hätte. Alles gerüeth in Erstaunen und ist eine neue Gnad Gottes, die mancher erst nach vieler Mühe erhält. Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, Schwetzinegn, den 19. Juli 1763: Das Orchester ihn Mannheim ist ohne widerspruch das beste in Teutschland, und lauter junge Leute, und durch aus Leute von guter Lebensart, weder Säufer, weder Spieler, weder liederliche Lumpen. Johann Wolfgang von Goethe an Eckermann über das Konzert in Frankfurt im August 1763: Ich habe ihn als siebenjährigen Knaben gesehen, wo er auf der Durchreise ein Konzert gab. Ich selber war vierzehn Jahre alt, und ich erinnere mich des kleinen Mannes in seiner frisur und Degen noch ganz deutlich. Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, Frankfurt, den 20. August 1763: Gott giebt uns die Gnade, dass wir gesund sind und aller Orten 13 bewundert werden. Der Wolfgang ist ganz außerordentlich lustig, aber auch schlimm. Ich habe ein artiges Clavierl gekauft, welches uns wegen dem Exercitio auf der Reise grosse Dienste thut. - 342 - Trigonale 2009 – Das Programm Aus der Ankündigung des 4. Konzertes in Frankfurt am 30. August 1763: ... die beiden werden nicht nur die schwersten Stücke der größten Meister auf dem Flügel spielen, der Knab wird auch ein Konzert auf der Violine spielen, die Tastatur des Claviers wird mit einem Tuch gänzlich verdeckt und die Kinder werden auf dem Tuche so gut spielen, als ob sie die Claviatur vor Augen hätten. Der Knabe wird alle Töne, die man auf allen nur denkbaren Instrumenten, Glocken, Gläsern und Uhren anzugeben im Stande ist genauest benennen... Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, Brüssel, den 17. Oktober 1763: Es war die Prinzessin Amalia des Königs in Preussen Schwester in Aachen, allein sie hat selbst kein Geld. Wenn die Küsse, so sie meinen Kindern, sonderheitlich dem Meister Wolfgang gegeben, lauter neue Louid’or wären, so wären wir glücklich genug; allein weder der Wirth noch die Postmeister lassen sich mit Küssen abfertigen... Die Poststraße nach Brüssel ist wie ein Stadt gepflastert. Stellen Sie sich vor, wie ein so lang gepflasterter Weg die Wagen, Räder und sonderheitlich das Eisenwerck angreift und zu Grunde richtet. Wir mussten in einem schlechten Wirthshause warten bis das Rad wieder in Ordnung war. Da bekamen wir ein klein elendes Tischchen, aus dem großen Kessel wurde uns Suppe und Fleisch angerichtet. Die Thüre war beständig offen, darum hatten wir sehr oft die Ehre, dass uns die Schweine einen Besuch abstatteten und um uns herum grunzten. 13 Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, Brüssel den 4. September 1763: Der Prinz Carl hat mit mir gesprochen und gesagt, dass er in einigen Trigonale 2009 – Das Programm - 343 - Tagen meine Kinder hören will und doch ist noch nichts geschehen. Ja, es hat das Ansehen, dass gar nichts daraus wird, denn der Herr Prinz thut nichts als jagen, fressen und sauffen, und am Ende kommt heraus, dass er kein geld hat. Zur Reise nach Paris muß ich wenigst 200 f: in Sack haben. Die 2 kleinen Räder und vordere axa habe auch müssen neu machen lassen. Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, Paris, den 1. April 1764: M. de Mechel ein Kupferstecher arbeitet über Hals und Kopf unsere Portraits zu stechen. Der Wolfg. Spiehlt Clavier, ich stehe hinter seinem Sesel und spiele Violin, und die Nannerl lehnt sich auf das Clavecin mit einem Arm. mit der anderen hand hält sie musiclien, als säng sie. Leopold Mozart an Maria Thersea Hagenauer, Paris, den 1.Februar 1764: Ob die Frauenzimmer in Paris schön sind, kann ich ihnen mit Grund nicht sagen; denn sie sind, wider alle Natur, wie die Berchtesgadner Docken so gemahlt, dass auch eine von Natur schöne Person, durch diese garstige Zierlichkeit unerträglich wird. Das abscheulichste ist hier das Trinckwasser, so aus der Seine geholt wird. Es gibt Wasserträger, folglich muß alles Wasser bezahlet werden. Wir sieden uns alles Trinckwasser, und lassen es abstehen. Jeder fremder fast bekommt anfänglich einiges abweichen vom Wasser, ieder von uns bekam es auch... In Versailles gibt es keine Fiacre sondern lauter Sesselträger... Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, London, den 28. Mai 1764: Die Engelländischen Pferde sind so gelauffen, dass die Bedienten auf dem Waagensitz kaum Athmen könnten wegen dem Gewalt des Lufts... ...es kam uns wunderlich vor in London die gemeinen Weiber auf dem Markte mit der TobacksPfeife im Munde zu sehen. ...wenn wir nur mit Gottes Hilfe gesund bleiben und wenn Gott nur unsern unüberwindlichen Wolfgang gesund erhält. Das, was er gewust, da wir aus Salzburg abgereiset, ist ein purer Schatten gegen demjenigen, was er ietzt weis. Es übersteiget alle Einbildungskraft. Leopold an Lorenz Hagenauer, Paris, den 4. März 1764: Meiner Frau hat die französische Lebensart vom Anfange bis diese Stunde nicht gefahlen; und mit der französischen Kost ist sie gar nicht zufrieden. Die Festtäge sind gar zum erkranken, denn keine Mehlspeise sieht man nicht; man braucht 4mahl mehr Haarbuder als Mehl, die Fische sind theuer, so hat man wenig andere Hoffnung als crepierte fische zu essen... 13 Alle Wägen sind gemahlet und laquirt; sie finden Mahlereyen auf denen Wägen, die in den ersten Mahlerey Gallerien stehen könnten; und die meisten Claviere sind so... - 344 - Trigonale 2009 – Das Programm Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, London, den 8. Juni 1764: ... mein Mädel ist eine der geschicktesten Spilerinnen in Europa, und mein Bub weis in diesem seinen 8. jährigen Alter alles, was man von einem Manne von 40 Jahren fordern kann. Wer es nicht sieht und hört, kann es nicht glauben... Ich, meine Frau, die Nannerl und unser großmächtiger Wolfgangus empfehlen sich ihnen. Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, 13 London, den 3. August und 13. September 1764: Die Kranckheiten kommen auf der Extra Post, die Gesundheit kommt auf der Schnekenpost... wenn nur keine Abzehrung daraus Trigonale 2009 – Das Programm - 345 - wird. Ich empfand mich übel und ließ mich in einem tragsessel nach Hauße tragen. Ich hatte starckes Halswehe, die Mandl war wie scharlach entzündet, und alle Gurgelwasser halfen nichts. Man musste mir Ader lassen, allein ich hatte immer ein fieber, keinen appetit und die Vorige Nacht nichts geschlaffen... ich sahe mir nicht mehr gleich, ich war völlig, nach aller sage, unerkenntlich, gänzlich entkräftet, und der Magen war ganz verdorben... Maria Anna Mozart im April 1792: Herr Johann Christian Bach Lehrmeister der englischen Königin. Nahm den Sohn zwischen die Füsse, jener spielte etwelche tact, dann fuhr der andere fort, und so spielten sie eine ganze Sonaten und wer solches nicht sahe, glaubte es wäre solche allein von einem gespielt. Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, im Haag, den 19. September 1765: In Lille überfülle des Wolfgang ein sehr starcker Cathar, und da dieser nach ein paar Wochen etwas besser wurde, kam die Reihe an mich; ich wurde von Schwindel befallen, sobald ich mich aufrecht hielt, so gieng alles unter und über: und ich konnte nicht 3 Schritte alleine über die Stube gehen. Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, im Haag, den 5. November 1765: Meiner Tochter kam unversehens eine Kälte, dass sie zu Bette verlangte. Nach der Kälte kam die Hitze. Abends wurde ihr Adergelassen. 13 Ich sah meine Tochter täglich abnehmen; sie hatte nun nichts mehr als die Haut und Knochen... Der Medicus hatte selbst keine Hofnung mehr. Mein armes Kinde sahe die Gefahr selbst ein, und empfand ihre - 346 - Trigonale 2009 – Das Programm schwäche. Der geistliche fand sie in so schlechten Umständen, dass er ihr das heilige Sacrament der letzten Öhlung gab. Die ganze Zeit über war sie schlaffend und wachend niemals bey sich, und sprach immer im Schlaf, bald englisch, bald französisch bald Deutsch... Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, im Haag, den 12 Dezember 1765: Kaum war meine Tochter aus dem Bette und hatte gelernt allein über den Stuben-Boden zu gehen; so überfiel den Wolfgangerl eine Unbässlichkeit, die ihn in so elende Umstände setzte, dass er nicht nur absolute unkantbar ist, sondern nichts als seine zarte Haut und kleine Gebeine mehr an sich hat... Dann lag er 8. Täge ohne ein Wort zu sprechen. So kamen endlich die geister wieder etwas zu Kräften: alsdan sprach er tag und Nacht, ohne das man wuste, was es ware. Unter seiner krankheit muste man immer für die Zunge sorg tragen, die die meiste Zeit wie Holz so trocken ware. Die Lippen verloren 3 mahl ihre Haut die Hart und schwarz wurde. Auf die Unkösten ist gar nicht zu gedencken, holl der Guck Guck das Geld, wenn man nur den Balg davon trägt. Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, Paris, den 16. Mai 1766: Es gibt Variationen, die der Wolfgang über eine Arie, die er zur Majorennitet und Installation des Prinzen von Nassau hat verfertigen müssen und die über eine andere Melodie, die in Holland durch aus von jedermann gesungen, geblasen und gepfiffen wird. ( - das ist das Lied von der »Ruckel-Zuckel-Kutsch«!) 13 Leopold Mozart an Lorenz Hagenauer, München, den 10. November 1766: Gott hat meinen Kindern solche Talente gegeben. Alles will ich der Trigonale 2009 – Das Programm - 347 - guten Erziehung aufopfern. Jeder augenblick, den ich verliehre, ist auf ewig verlohren. Sie wissen, dass meine Kinder zur arbeit gewohnt sind: sollten sie aus Entschuldigung dass eines das andere verhindert sich an müssige Stunden gewöhnen, so würde mein gan z es gebäude über den Haufen fallen. Hübners Diarium, Salzburg den 29. November 1766 ...anheut ist der weltberühmte Herr Leopold Mozart alhiesiger vice Kapellmeister mit seiner Frauen und zweyen Kindern, einem Knaben von 10 Jahren und einem Töchterlein von 13 Jahren zum Trost, Freyde und Vergnügen aller Leute hoch und niedern Standes und zu ihrer selbst eigenen Ehr, Ruhm und Lob gesund in der Stadt Salzburg angekommen. Der Knab Wolfgangl ist weiter gar nicht viel auf dieser Reise gewachsen, aber die Nannerl ist zimlich groß, und fast schon heuratsmässig geworden. Die Marionetten Im 17. und 18. Jahrhundert zogen Artisten, Musiker, Gaukler und Puppenspieler aus Italien durch ganz Europa bis über den Ärmelkanal nach England. Überall erweckten ihre Aufführungen Begeisterung, Beifall und Spendenfreude für den ‘Hut’. Langsam ver drängten die Gäste aus dem Süden die einheimischen, aus dem Mittelalter stammenden, Darbietungen von Bibelgeschichten und vom plump-derben Schwank. Mit ihrer Comedia-dell’-arte-Tradition 13 brachten die Italiener artistisches Können, Eleganz, schaustelleri sche Opulenz und raffinierten Witz, der nicht nur das Volk, sondern auch die höfische Gesellschaft anzog. Das vorrangige Ziel ihrer - 348 - Trigonale 2009 – Das Programm Darbietungen war nun nicht mehr, religiöse und moralische Botschaften zu vermitteln, sondern das Publikum zu unterhalten, zu amüsieren, zu faszinieren, zu verblüffen und zum Lachen zu bringen. Somit wurden Musik, Schauspiel und Puppentheater in Europa stark vom italienischen Stil beeinflußt. Im Vergleich zur volksnahen Handpuppe wurde damals die eher ‘aristokratische ’ Marionette bevorzugt. Wie beliebt das Marionettenspiel damals war, geht zum Beispiel aus der Tatsache hervor, dass Fürst Esterhazy in der Zeit, als Haydn bei ihm Hofkapellmeister war (1761 –1790) in seinem Park beim Schloss Fertöd ein Puppentheaterchen erbauen ließ, für das Haydn kleine Opern komponierte – »Philemon und Baucis« ist die bekannteste. Die Marionette ist eine komplizierte Konstruktion, die von unsichtbaren Händen an Drähten und Fäden bewegt wird und die volle Illusion des verkleinerten Menschen- und Zaubertheaters bietet. Aus dieser Vorstellungswelt konnte der kleine Wolfgang Amadeus schöpfen, wenn er seine frühen Kompositionen verfaßte. Um einem Aspekt dieser Vorstellungswelt nahe zu kommen, haben wir Puppet Players Marionetten gebaut, die im Stil und den mechanischen Möglichkeiten den Figuren aus dem 18. Jahrhundert nachempfunden sind. Wir hatten viele Jahre das Vergnügen mit historischen Marionetten aus dem Fundus unseres Kollegen George Speaight aus London, Aufführungen zu geben. So hatten wir Gelegenheit, ihren Unterhaltungswert und ihr (und unser!) Können zu erproben. Nach dem Vorbild unseres Meisters John Wright (1906 – 1991) haben wir un- 13 sere Figuren voll artikuliert mit Holzgelenken geschnitzt, weil die abgenähten, ausgestopften Stoffglieder der ‘Old Time Marionettes’, Trigonale 2009 – Das Programm - 349 - vor allem, wenn sie Schritte auf der Bühne machen sollten, den Ab sichten des Puppenführers nicht gehorchen wollten. Die Schnürung aber haben wir von unseren einfallsreichen Kollegen von vor 200 Jahren übernommen. Schön wäre es, wenn wir nicht nur die Schnürung, sondern auch etwas von der Schaulust und Freude mitbringen könnten, die das Publikum aus vergangener Zeit in die Puppenvorstellungen trieb – so wie es Kleist in seinem Aufsatz über das Marionettentheater beschrieb, »das 1801 auf dem Markte zusammengezimmert worden war, und den Pöbel (Pardon !) durch kleine dramatische Burlesken, mit Gesang und Tanz durchwebt, belustigte.« Susanne Forster Pro g r a mm 1. Teil: aus dem »Notenbuch für Nannerl« 1. Menuett in G-Dur, KV 1, Menuett und Scherzo aus dem »Notenbuch für Nannerl« 2. Allegro in C-Dur , KV 19 d, für Klavier zu vier Händen 3. Menuett in F-Dur, KV 13, für Klavier und Violine 4. Sinfonie Nr.1 in Es-Dur, KV 16, Allegro 5. Sonate in Dur, Allegro von Johann Christian Bach 6. Variationen in D-Dur KV 25, für Klavier 2.Teil: Vater Leopold in Salzburg 7. Andante aus der Sinfonie in F-Dur, KV 43 Die Radkünstlerin 8. Nr. 13 aus Galimathias musicum, KV 32 13 13 Das kindliche Kaiserpaar in Wien 9. Menuett in G-Dur, KV 1 - 350 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 351 - P u ppe t Pl ay e r s Der Jongleur 10. Allegro KV 33b und Menuett KV 6 Heinrich Klug, langjähriger Solocellist der Münchner Philhar- Der Säufer zu Brüssel 11. Nr. 8, 9 und 10 aus Galimathias musicum Madame Pompadour aus Paris 12. Nr. 5, 6 und 14 aus Galimathias musicum Das Gespenst im Londoner Tower 13. Allegro aus dem »Londoner Notenbuch«, KV 15a und Nr. 15 aus Galimathias musicum Die Fischweiber auf dem Markt 14. Allegro aus dem »Londoner Notenbuch« Der Muskelmann aus Holland 15. Nr. 16 aus Galimathias musicum Die Augsburger Verwandtschaft 16. Nr. 1 und 11 aus Galimathias musicum Wieder zu Hause in Salzburg 17. Fuga Nr. 17 aus Galimathias musicum moniker und seit 1977 Initiator der alljährlichen Kammerkonzerte der Münchner Philharmoniker für Kinder, feierte 2005 zusammen mit den Puppet Players, Susanne Forster und Stefan Fichert, das 25. Jubiläum ihrer glücklichen Zusammenarbeit. Seit 1980 sind neun sehr verschiedene gemeinsame Projekte entstanden: von Poulencs Babar der kleine Elefant mit Stangenfiguren bis zu den großen Schattenspielen, u.a. Der Josa mit der Zauberfidel (Wilfried Hiller) und Die Nachtigall (Georg Katzer) für Kinder- und Familienpublikum sowie für Erwachsene Strawinskys Geschichte vom Soldaten, dirigiert von Heinrich Klug, eine Inszenierung, die nach Japan, Dubrovnik und Edinburgh ging. 1992 stieß als glanzvolle Ergänzung die Akkordeonvirtuosin Maria Reiter zur Truppe. Wie jüngst im Sisyphos (Schatten- und Tanz theater), so übernahm sie bereits 1992 die musikalische Gestaltung und den Solopart in Victoria – Lysistrata (Klangfiguren-Inszenierung) und bereiste mit den Puppet Players Italien, Spanien, Portugal und Brasilien. 1999 bei der süffigen, russischen Salonmusik für das Handpuppenspiel für Gogols Nase und bei Rudi Springs einfühlsamer Partitur für das Zusammenspiel mit den tönenden Figuren im Finsternishandel lernten Maria Reiter und Heinrich Klug sich kennen: ein Duo war geboren. www.heinrich-klug.de 13 13 - 352 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 353 - Puppet Players 1976 gründeten wir, Susanne Forster und Stefan Fichert zusammen mit George Speaight, dem »Grandseigneur« des englischen Figuren theaters, in London die London Puppet Players. Wir gingen auf Tournée durch Deutschland – und als Puppet Players blieben wir in München. Seither sind 33 Inszenierungen entstanden – vom Hand puppenstück zum großformatigen Schattenspiel, vom Marionetten theater zur Klangfiguren-Performance. Sprache und Musik sind immer ‘live ’ und von hohem Niveau. Um den »harten Kern« der Puppet Players hat sich ein Kreis von professionellen Künstlern gebildet, Musiker, Schauspieler und Puppenspieler, die alle auf ihrem Gebiet unabhängig tätig sind, und die, je nach Inszenierung, als Puppet Players zusammenkommen: vom 3-er Team bis zum 12-köpfigen Ensemble. Für unsere Arbeit haben wir verschiedene Auszeichnungen erhalten: unter anderem den BMW-Musiktheaterpreis, den Günther-KlingeKulturpreis, den 1. Preis der Kinderjury (Figurentheatertage Wiesbaden) und den Publikumspreis des Gautinger Theaterforums. Wir sind Mitglied im VdP (Verband deutscher Puppentheater) und in der UNIMA (Union Internationale de la Marionette). www.puppet-players.de Autogr amme Heinrich Klug & seine Musiker sowie die Puppet pl ayers Durch die langjährige Zusammenarbeit mit Heinrich Klug und den Münchner Philharmonikern ist Musiktheater zu einem Schwerpunkt unserer Arbeit geworden. Von 1989-1995 leiteten wir das von Hans Werner Henze gegründete Figurentheater-Projekt der Münchner Biennale. Außerdem wirkten wir an Produktionen der Münchner Kammerspiele, der Bayerischen Staatsoper, der Salzburger Fest- spiele und der Royal Shakespeare Company, London, mit. Für das Stadttheater Brandenburg inszenierten wir zwei MusiktheaterProduktionen. 13 Durch unsere Gastspiel- und Festivalauftritte im europäischen Ausland, sowie in Brasilien, China, Israel und Japan sind wir Puppet Players auch international zu einem Begriff geworden. - 354 - Trigonale 2009 – Das Programm 13 Trigonale 2009 – Das Programm - 355 - Sonntag, 20.09., 17.00 Uhr Seminarkirche Tanzenberg Henry’s Music Einleitung Meta haec servitii est, haec libertatis origo, Tristitiae finis, laetitiaeque caput. Dies ist das Ende unserer Sklaverei, ein Quell der Freiheit, Überwindung der Trauer und Gipfel unserer Freude. Sir Thomas More, In Inaugurationem Regis & Reginae Carmen Gratulatorium (1509) Alamire David Skinner: Leitung Alison Hill: Sopran Kirsty Hopkins: Sopran Ruth Massey: Contralto Clare Wilkinson: Contralto Jeremy Budd: Tenor Nicholas Todd: Tenor William Unwin: Tenor Christopher Watson: Tenor Timothy Scott Whiteley: Bariton Robert Macdonald: Bass mit Mikhail Karikis: Stimme Am 24. Juni 1509 wurde Henry Tudor zum achten englischen König dieses Namens gekrönt. Seine frühe Regierungszeit wurde allgemein als ein neues Goldenes Zeitalter bewertet, geprägt von Reichtum und Pracht, Feierlichkeit und Harmonie. Thomas More schrieb die oben zitierten Zeilen als Teil eines Gedichts anlässlich der Krönungsfeierlichkeiten für den englischen König. Damals ahnte er nicht, dass Heinrichs Reformation zwischen 1530 und 1550 die religiöse Landschaft Englands für immer grundlegend verändern sollte und letztendlich auch Mores eigenes Leben fordern würde. Während der Ruf König Heinrichs heute im Wesentlichen der eines Tyrannen ist, war er in den ersten 20 Jahren seiner Herrschaft einer der wohl größten königlichen Förderer der Musik in ganz Europa. Wir möchten uns hier diesem anderen Heinrich zuwenden: dem Musiker, Gelehrten und vom Glück begünstigten Prinzen. 14 14 - 356 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 357 - Heinrich war ursprünglich nicht zum Thronfolger ausersehen. Als zweiter Sohn Heinrichs VII. wurde er so erzogen wie jeder andere europäische Prinz. Er erhielt eine solide Ausbildung, wobei offenbar Hoffnungen auf ein hohes Kirchenamt gehegt wurden. Heinrich zeigte ausgezeichnete Anlagen für Fremdsprachen, Literatur, Theologie, Sport sowie bekanntermaßen für die Musik. Durch den frühzeitigen Tod seines älteren Bruders Arthur im Jahr 1502 gelangte der Herzog von York jäh ins Licht der Öffentlichkeit. Als Heinrich VIII. kurz vor Vollendung seines 18. Lebensjahrs den Thron bestieg, war er eine Persönlichkeit, die mit dem berühmten Bild Hans Holbeins nichts gemein hatte: vor dem porträtierten fettleibigen und Furcht erregenden Diktator, der als solcher in die Geschichte einging, war Heinrich ein jugendlicher, hoch gewachsener, verblüffend attraktiver und gütiger Prinz. In seinen frühen Jahren auf dem Thron muss sich der englische Hof an kulturellen Aktivitäten selbst überboten haben. So stieg die Zahl der in Vollzeit beschäftigten Musiker in seinem Haushalt von einem halben Dutzend auf nicht weniger als 58. Ferner beschäftigte er zusätzlich zu seiner Chapel Royal eine private Hauskapelle mit Chor, in der die angesehensten Musiker des Landes vertreten waren und die einen kontinuierlichen und wichtigen Teil seines Gefolges bildete. Dieses Programm enthält Musik, die im Wesentlichen für Heinrich und von Heinrich komponiert wurde. Vertreten ist außerdem Musik eines der berühmtesten Komponisten des frühen 16. Jahrhunderts: Josquin Desprez, dessen Werke häufig am englischen Hof aufgeführt wurden und der zu Heinrichs bevorzugten Komponisten gehört haben muss. 14 - 358 - Trigonale 2009 – Das Programm Herzstück in der ersten Hälfte ist ein Königliches Chorbuch, welches Heinrich VIII. und Katharina von Aragon um 1516 als Geschenk erhielten. Möglicherweise stammt es aus der Werkstatt von Petrus Alamire, der bekanntermaßen mindestens zwei weitere prächtige Chorbücher für den Hof Heinrichs VIII. herausbrachte; das angenommene Datum des Manuskripts stimmt auf jeden Fall exakt mit Alamires bekannten Besuchen in England überein. Das Buch ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Das Titelblatt enthält eine ausführliche Widmung an Heinrich VIII., umrahmt von den Rosen der Tudors und mit der Darstellung Englands als befestigter Insel. Der Text Psallite felices stammt von dem deutschen Komponisten Sampson, über den kaum etwas bekannt ist, obwohl eine Reihe seiner Werke in gedruckten Quellen auf dem europäischen Kontinent auftauchten. Vermutlich ist er auch Komponist des ‘Rosen-Kanons’ Salve radix, der die Sänger so eindrücklich über die Anwendung der musica ficta durch zwei ‘absteigende Spiralen’ führt, sodass das Stück einen Ton tiefer endet als notiert. Das anonyme Hec est preclarum führt uns eindringlich die Tugen den der Jungfrau Maria vor Augen, während das fünfstimmige Quam pulcra es, ebenfalls von Sampson, mit seinen erotischen Andeutungen (der Text beruht auf dem Hohen Lied Salomonis) in diesem königlichen Geschenk verwundern mag; musikalisch ist es aber vielleicht das erfolgreichste der Sammlung. Bekanntlich war der König selbst ein vollendeter Musiker und beherrschte eine ganze Reihe von Tasten-, Saiten- und Blasinstrumen ten. Sir Peter Carew zufolge, einem Gentleman in Heinrichs Privy Chamber, pflegte der König auch den Gesang. Außerdem hatte er Erfahrungen als Komponist gesammelt: er schrieb mindestens zwei fünfstimmige Messen, die – nach den Worten des Chronisten Edward 14 Trigonale 2009 – Das Programm - 359 - Halle – ‘oftmals in seiner Kapelle gesungen wurden, sowie später an verschiedenen anderen Orten’. Das wichtigste Zeugnis seiner Fähigkeiten als Komponist bleibt jedoch das so genannte Henry VIII Manuscript (British Library, Add. MS 31922), das 109 Lieder und Instrumentalstücke von Komponisten im Dienst des Hofes, sowie Werke fremder Musiker enthält. Nicht weniger als 33 dieser Werke, also fast ein Drittel der gesamten Sammlung, werden ihm, dem ‘kyng h.viii’ zugeschrieben. Insbesondere Adieu madame und O my heart zeugen von tiefer Emotion und vermitteln ein beredtes Bild von Heinrich als jungem verliebten König. Außer den Motetten im Königlichen Chorbuch sind drei ‘Wid mungs’-Motetten an Heinrich VIII. überliefert. O Christe Jesu, pastor bone von John Taverner entstand ursprünglich zu Ehren von Kardinal Wolsey, dem Gründer des Cardinal College in Oxford. Kurz nach Taverners Tod im Jahr 1545 wurde das Stück jedoch anlässlich der Neugründung des Colleges als Christ Church (1546) durch Heinrich VIII. neu bearbeitet. Noch früher entstand Lauda vivi alpha et oo von Fayrfax, wahrscheinlich kurz nach der Thronbesteigung Heinrichs im Jahr 1509. Das Werk ist in seiner Zuversicht, der Pracht und der groß angelegten musikalischen Architektur typisch für die berühmte Votiv-Antiphon vor der Zeit der Reformation. Gerade bedeutende musikalische Kunstformen wie diese, die aus einer langen, ungebrochenen Tradition stammten, hatten später unter Heinrichs Reformation zu leiden und verschwanden zum Teil völlig. Außerhalb Englands wurde Heinrich in einer Vertonung von Nil majus superi vident überschwänglich gepriesen. Dieses Stück stammte wahrscheinlich von dem französischen Komponisten Philippe Verdelot, der um 1520 in Florenz aktiv war. Die Motette be 14 ruht auf einer Technik, die als ‘soggetto cavato’ bekannt wurde. - 360 - Trigonale 2009 – Das Programm Dabei wurden die Vokale der Worte ‘Henricus dei gratia anglie rex’ (Henry, Englischer König von Gottes Gnaden) als Silben der Solmisation vertont und dem gesamten Werk als strukturierender Cantus firmus zugrunde gelegt. Heinrich begeisterte sich schon früh für Musik und Bühnenkunst. Er liebte ‘disguisings’ (maskierte Aufführungen), Verkleidung und Täuschung, und vor allem Frivolität. Die zweite Hälfte unseres Konzerts verdeutlicht die wunderbare Perfektion von Josquin Des prez, diesem – nach den berühmten Worten Martin Luthers – Meister der Noten, denen nichts anderes übrig blieb, als seinem Befehl Folge zu leisten. Das letzte Werk der Sammlung, Tu solus qui facis mirabilia, überzeugt durch einen besonders schönen Aufbau. Wir sind davon überzeugt, dass Heinrich Gefallen an unse rer Interpretation dieses Werks gefunden hätte – einer Interpretation vor dem Hintergrund unserer Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Seien Sie auf ein besonderes Erlebnis gefasst! David Skinner 14 Trigonale 2009 – Das Programm - 361 - Pro g r a mm Heinrich VIII. (1491-1547) John Taverner 8. Adieu Madame († 1545) 1. O Christe Jesu, pastor bone Robert Fayrfax († 1521) 9. Lauda vivi alpha et oo Anonym (Frühes 16. Jahrhundert) 2. England be glad PAUSE Motets from a Royal Choirbook (3. – 6.) (1516) Sampson? 3. Salve radix Josquin Desprez († 1521) 10. Ave Maria Sampson 4. Psallite felices Anonym 5. Hec est preclarum Josquin 11. Salve regina Josquin 12. Inviolata integra et casta es Maria Sampson 6. Quam pulcra est Philippe Verdelot († nach 1530) Heinrich VIII. 13. Nil majus superi vident (1491-1547) 7. O my heart Josquin 14 . Tu solus qui facis mirabilia 14 14 - 362 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 363 - texte 2. England be glad 1. O Christe Jesu, pastor bone England, be glad! pluck up thy lusty heart! Help now thy king, and take his part! Against the Frenchmen in the field to fight In the quarrel of the Church and in the right With spears and shields on goodly horses light, Bows and arrows to put them all to flight. O Christe Jesu, pastor bone, Cleri pater et patrone, Mundi nobis in agone. Confer opem et depone Vitae sordes, et coronae da gloriam. Fundatorem specialem, Serva regem nunc Henricum. Et ecclesiam piorum Tueare custos horem, Et utrisque concedatur, Aeternae vitae praemium. O Christ Jesu, thou good shepherd, a father to the clergy and our protector in this world’s strife, grant us thine aid and do away the sins of this life, and give us the joy of a heavenly crown. 3. Salve radix Salve, radix varios producens germine ramos, Quos inter ramus supereminet altior unus, Cuius et ex summo purpura rosa micat, Qua stant unanimes pax et Iusticia septe, Claudunturque foras dissona corda senum. Hail, root, bringing forth varying stems from a seed, among which one stem rises higher, and from the top of which there gleams a scarlet rose, where peace and justice stand enclosed, harmonious, and the discordant hearts of old men are shut outside. Especially, we pray, protect King Henry, now our founder; and as a guardian watch over this church of faithful souls, that both may win the reward of eternal life. 14 14 - 364 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 365 - 4. Psallite felices Psallite, felices protecti culmine rose Purpuree, celo quam dedit ipse Deus Anglicolis. Et quam pax distulit prodere tellus, Aduentu rose protinus orta fuit, Cuius et in foliis radiantia lilia crescunt. Distinctos flores hic parit una radix, Albis et rubeis respersa coloribus intus. In numero florum micuit rosa rubens, Altior exsuperans flores spectamine cunctos. Pulchrior hac vix est visa colore prior. Corpora fortificans sic membra debilia curans, Dulcis odorifera pellit et omne malum Affert leticiam. Mox tristia visa repellit. Cunctis est morbis distribuenda dosis. Est rex Henricus bis quartus sanguine clarus, Anglorum virtus, purpura rosa micans, Huius se merito studeat quis subdere votis Et vultu placido dicere ‘Rosa vale ’. Rex eterne deus, qui mundi sceptra gubernas, Cuius et ex gremio funditur omnis honos, Quesumus, ut regi des tempora longa videre Et post hoc sedeat rector in arce dei. Amen. Sing, fortunate ones, protected by the crown of the scarlet rose, which God himself gave from heaven to the English. And peace, which the earth delayed to bring forth, arose forthwith at the coming of the rose, in the leaves of which gleaming lilies also grow. A single root here produces different flowers, flecked with white and red colours on the inside. Among the number of flowers the red rose shone, rising higher than all the flowers in display. More beautiful than this in colour has scarce been seen before: strengthening bodies, thereby healing frail limbs, sweet and fragrant, it drives away all evil and brings joy. Soon it drives out sad sights; it is a dose to be distributed for all maladies. King Henry the twice-fourth, glorious in blood-line, is the gleaming scarlet rose, the virtue of the English, under whose will one should justly strive to bring oneself and with a calm face to say, ‘O rose, be of good strength’. O God, eternal king, you who rule the dominions of the world, and from whose bosom every honour is poured, we beseech you to grant to the king to see long times of life and after this to sit as governor in the citadel of God. Amen. 14 14 - 366 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 367 - 5. Hec est preclarum vas Hec est preclarum vas paracliti spiritus sancti, hec est gloriosa ciuitas Dei, hec est mulier virtutis, que contriuit caput serpentis, hec est sole speciosior, luna pulcrior, aurora rutilantior, stellis preclarior. Hanc peccatores deuote adeamus, rea pectora tundamus dicentes: Sancta maria, clemens et pia, Domina nostra, fac nos tuis precibus consortes celestis glorie. Amen. She is the magnificent vessel of the Holy Spirit, the Paraclete; she is the glorious city of God; she is the woman of virtue who crushed the serpent’s head; she is brighter than the sun, more beautiful than the moon, ruddier than the dawn, brighter than the stars. To her, sinners, let us devoutly go; let us beat our guilty breasts, saying, ‘Holy Mary, merciful and devout, our Lady, by your prayers make us partakers in the glory of heaven.’ Amen. 6. Quam pulcra es oculi tui columbarum. Labia tua, gutur tuum, manus tue, <venter tuus> eburneus et facies tua. O amica mea, aperi michi, quia amore langueo. How beautiful you are, my love, How beautiful and how comely you are; How beautiful are your cheeks; Your breasts are more excellent than wine; Your neck is like a jewelled necklace; Your eyes are those of doves. Your lips, your throat, your hands, [your belly] and your face are as ivory. O my love, lay yourself bare for me, for I am faint with love. 7. O my heart O my heart and O my heart; My heart it is so sore, Since I must needs from my love depart, And know no cause wherefore. And love to obtain. God it amen. Quam pulcra es amica mea, Quam pulcra es et quam decora. Quam pulcre sunt gene tue, pulcriora ubera tua vino, 14 collum tuum sicut monilia, - 368 - Trigonale 2009 – Das Programm 14 Trigonale 2009 – Das Programm - 369 - 8. Adieu madame Adieu madame, et ma maistresse, Adieu mon solas et ma joie! Adieu jusque revoie Adieu vous dis par grand’ tristesse! Farewell my dear and my lady; Farewell my pleasure and my joy; Farewell, until I see you again; I say Farewell to you in great distress. 9. Lauda vivi Alpha et O Lauda vivi Alpha et O filia supernissima, Vivique verbi mater spendidissima, Vivique flaminis sponsa immaculatissima, Vivique trinitatis et unitatis ancilla exaltatissima. Lauda fortis spirantis filia devotissima, Fortisque conspirantis mater mansuetissima, Fortis conspirantis sponsa premundissima, Fortisque concordis voluntatis ancilla glorificatissima. Lauda immortalis productoris filia sacratissima, Immortalisque producti mater complacentissima, Immortalis procedentis sponsa inviolatissima, Immortalis celsique tonantis ancilla prefulgidissima. 14 - 370 - Trigonale 2009 – Das Programm Lauda admirabilis gignentis filia innocentissima, Admirabilis fecundantis mater mellifluissima, Admirabilis obumbrantis sponsa intemeratissima, Admirabilis et trine potestatis ancilla incomparabilissima. Lauda perennis retributoris filia preamantissima, Perennis restitutoris mater illuminatissima, Perennisque infusoris sponsa iucundatissima, Perennis uniusque essentie ancilla prelaudatissima. O rosa gratie redolentissima, O virga Jesse efflorentissima, Jesum predulcem natum pro rege nostro ora Henrico octavo inclito. Ac implora optanda illi semper dari gaudia nunc et tandem immarcessibilem gloriam, nosque tuos pios famulos adiuta/salvifica. O precatrix et adjutrix benedicta. O dei para, O dei gena, O virgo Maria. Amen. Praise: Most exalted daughter of the living Alpha and the Omega Most glorious mother of the living Word, Most spotless bride of the living Spirit, And most high handmaid of the living Trinity and Unity. Praise: most devoted daughter of the strong inspirer, And most merciful mother of the strong inspirer, Purest bride of the strong inspirer, Most glorified handmaid of a strong harmonious will. Praise: most sacred daughter of the eternal Father, most loving mother of the eternal Son, Most inviolate bride of the eternal Spirit, Most lustrous handmaid of the eternal lofty thunderer. Trigonale 2009 – Das Programm - 371 - 14 Praise: most blameless daughter of the wonderful creator, Sweetest mother of the wonderful provider, Most chaste bride of the wonderful overshadowing spirit, Incomparable handmaid of the wondrous Trinity’s power. Praise: Most loving daughter of the immortal vindicator, Most radiant mother of the immortal saviour, Most pleasing bride of the immortal inspirer, Most lauded handmaid of the immortal One. Most sweetly-scented rose, blossoming rod of Jesse, pray your sweet Son Jesus for our renowned King Henry VIII. And beg for present longed-for joys and never-failing glory to be granted him always; and help/save us your devoted servants. O intercessor and blessed helper; equal of God and born of God, O virgin Mary. Amen. 10. Ave Maria Ave Maria, Gratia plena, Dominus tecum, Virgo serena. Ave, cuius Conceptio, Solemni plena gaudio, Caelestia, Terrestria, Nova replet laetitia. Ave, cuius Nativitas Nostra fuit solemnitas, Ut lucifer lux oriens Verum solem praeveniens. 14 Ave pia humilitas, - 372 - Trigonale 2009 – Das Programm Sine viro fecunditas, Cuius Annuntiatio Nostra fuit salvatio. Ave vera virginitas, Immaculata castitas, Cuius Purificatio Nostra fuit purgatio. Ave, praeclara omnibus Angelicis virtutibus, Cuius Assumptio Nostra fuit glorificatio. O Mater Dei, Memento mei. Amen. Hail Mary, full of grace, The Lord is with thee, serene Virgin. Hail, thou whose Conception, Full of great joy, Fills heaven and earth With new gladness. Hail, thou whose Nativity Became our great celebration, As the light-bearing Morning Star anticipates the true Sun. Hail, faithful humility, Fruitful without man, Whose Annunciation Was our salvation. Hail, true virginity, Immaculate chastity, Trigonale 2009 – Das Programm - 373 - 14 Whose Purification Was our cleansing. Hail, glorious one In all angelic virtures, Whose Assumption Was our glorification. O Mother of God, Remember me. Amen. 11. Salve regina Salve Regina, Mater Misericordiae, Vita, dulcedo, et spes nostra, Salve! Ad te clamamus, exsules filii [H]evae, Ad te suspiramus, gementes et flentes, In hac lacrimarum valle. Eia ergo, Advocata nostra, Illos tuos misericordes oculos ad nos converte Et Jesum, benedictum fructum ventris tui, Nobis, post hoc exilium, ostende, O clemens, O pia, O dulcis Virgo Maria. Hail Holy Queen, Mother of mercy [Hail] our life, our sweetness and our hope! To thee do we cry, poor banished chidren of Eve, To thee do we send up our sighs, Mourning and weeping in this valley of tears. Turn, then, o most gracious advocate, 14 Thine eyes of mercy and after this our exile - 374 - Trigonale 2009 – Das Programm Show unto us the blessed fruit of thy womb, Jesus. O clement, o loving, o sweet Virgin Mary. 12. Inviolata integra et casta es Maria Inviolata, integra et casta es Maria: Quae es effecta fulgida caeli porta. O Mater alma Christi carissima: Suscipe pia laudum praeconia. Te nunc flagitant devota corda et ora: Nostra ut pura pectora sint et corpora. Tua per precata dulcisona: Nobis concedas veniam per saecula. O benigna! O Regina! O Maria! Quae sola inviolata permansisti. O Mary, inviolate, whole and chaste, you are the shining gate of heaven. O kind mother, dearest to Christ, accept our faithful hymns of praise. To you our hearts and lips cry out: may our souls and bodies be pure. Through your prayers‘ sweet sounds grant us forgiveness for ever. O kindly one, O Queen, O Mary, you alone remain inviolate. 14 Trigonale 2009 – Das Programm - 375 - 13. Nil majus superi vident Nil majus superi vident, Nil mortales benignius Henrico rege anglie. Ille gnarus militie, Quietis cupidus mage, Ille a justitie orbita, Nunquam deflectit, impotens. Ille pauperes sublevat, Ille divites decorat. Ille Musarum naufragos, Alumnos gremio fovet: Tollamus ergo ad sydera Voces cum precibus piis: Vivat Henricus, hic diu; Vivat, et regni terminos Victrici extendat dextera. The Gods can see nothing greater, nor mortals anything more benign, than Henry, the king of England: he, knowledgeable in military matters, even more desirous of peace; he, who never swerves powerless from the course of justice. He lifts up the poor, he honours the rich. 14 He nourishes the shipwrecked - 376 - Trigonale 2009 – Das Programm children of the Muses in his bosom; let us, therefore, raise our voices to the stars with dutiful prayers. Long live Henry, forevermore; long may he live, and extend the borders of the realm with the victorious right hand. 14. Tu solus qui facis mirabilia Tu solus qui facis mirabilia, tu solus creator, qui creasti nos, tu solus redemptor, qui redemisti nos. Ad te solum confugimus, in te solum confidimus nec alium adoramus, Jesu Christe. Ad te preces effundimus, exaudi quod supplicamus, et concede quod petimus, rex benigne. D’ung aultre amer, magna esset stultitia et peccatum. Audi nostra suspiria, reple nos tua gratia. O rex regum, ut ad tua servitia sistamus cum letitia in eternum. You only, who do wonders, you, the only creator, who created us, you only are the redeemer, who redeemed us with your most precious blood. In you alone we seek refuge. In you alone we place our trust, and no other do we adore, O Jesus Christ. To you we offer our pray ers, hear we beg of you, and grant what we request, benign king. To love another would be deceitful, to love another would be great folly and sin. Hear our sighs, fill us with your grace, O king of kings, that we may remain in your service with joy forever. 14 Trigonale 2009 – Das Programm - 377 - Alamire Alamire zählt zu den führenden Vokal-Ensembles im Vereinigten Königreich und vereint unter der charismatischen Leitung von David Skinner einige der derzeit besten Ensemble-Sänger. Mit seinem Schwerpunkt auf den großen Choralwerken von Komponisten des Mittelalters und der frühen Neuzeit bleibt das Ensemble auch bei neuen Engagements dem gewählten Repertoire treu, oftmals in Zusammenarbeit mit Instrumentalisten, mit denen es farbenfrohe Konzertprogramme zur Illustration musikalischer oder historischer Themen zur Aufführung bringt. Alamire arbeitet exklusiv mit dem Label Obsidian Records zusammen und ist regelmäßig auf Konzerten im Vereinigten Königreich, in den USA und in Europa zu hören. Der Name des Ensembles entstammt einerseits den Tonsilben der Solmisation Guidos von Arezzo, eines Lehrmeisters und Theoretikers aus dem 11. Jahrhundert. Andererseits war dieser Name Pseudonym des im frühen 16. Jahrhundert tätigen Kopisten und Musikalienhändlers Petrus Ala mire (à la Peter van den Hove, ca.1470 - 1536). Zu den vielfältigen und hoch gepriesenen Projekten von Alamire zählten Soundtracks für Film und Fernsehen, Klanginstallationen für Kunstgalerien, sowie in jüngster Zeit eine Erkundung des Choral- und Liedrepertoires am Hof der Tudors anlässlich des 500. Jahrestags der Thronbesteigung von König Heinrich VIII. »Es kann nicht deutlich genug betont werden, wie sehr der Erfolg dieser Einspielung dem perfekt ausgewogenen, vollen und fein abgestimmten 14 Klang von Alamire zu verdanken ist, der an drei verschiedenen Veranstal- 378 - Trigonale 2009 – Das Programm tungsorten meisterhaft aufgenommen wurde – sowie nicht zuletzt der fachlichen Kompetenz und der inspirierten Leitung von David Skinner. Zögern Sie nicht – Sie werden von dieser Aufnahme begeistert sein!« Henry’s Music, ClassicsToday.com, Juli 2009 Das Programm ‘Henry’s Music’, manchmal erweitert um das Ensemble QuintEssential (Kornett und Posaune) und den Harfenisten (gothische Harfe) Andrew Lawrence-King, war während der diesjährigen Tournee des Ensembles durch das Vereinigte Königreich auf zahlreichen Konzerten zu hören. Zu den Höhepunkten zählten ein Lunchtime-Konzert sowie eine Abendgala in der British Library am 24. Juni, dem Jahrestag der Krönung Heinrichs VIII. Der Soundtrack war auch Teil der Dokumentarserie von Dr. David Starkey über Heinrich VIII., die auf dem Fernsehsender Channel 4 ausgestrahlt wurde. David Skinner und Alamire arbeiteten dabei eng mit dem renommierten Filmmusikkomponisten Philip Sheppard zusammen, der den Soundtrack auf der Grundlage von Henry‘s Music komponierte. »Thema dieser Aufnahme ist die musikalische Brillanz des jungen Heinrich VIII.…Die Qualitäten der Einspielung werden dabei dem Stoff in vollem Maß gerecht: die vollendete Meisterschaft in Ausfüh rung, akademischem Wissen und Aufnahmetechnik sorgt für ein Hörerlebnis der besonderen Art. Die Frische und Sensibilität von Alamire heben das Ensemble von der Konkurrenz ab. David Skinner kanalisiert und verdichtet das Können der Sänger zu einer verblüffenden musikalischen Architektur… Auch die akademische Auseinandersetzung mit dem Stoff verdient Anerkennung… Insgesamt ein einzigartiges Fenster mit Blick auf eine versunkene Welt.« BBC Music Magazine, August 2009 www.alamire.co.uk www.facebook.com/AlamireUK Trigonale 2009 – Das Programm - 379 - 14 David Skinner ist vor allem dafür bekannt, dass er Alte Musik Au t o g r a mm e A l a m i r e sowohl theoretisch erforscht als auch als Musiker aufführt. Er ist Dozent und musikalischer Leiter am Sidney Sussex College in Cambridge und Lektor an der Fakultät für Musik, wo er historische und praktische Fächer aus dem Mittelalter und der Renaissance unterrichtet. Gemeinsam mit Andrew Carwood hat er 1989 The Cardinall’s Musick gegründet und leitet, zusätzlich zu seiner Arbeit mit Alamire, den Chor des Sidney Sussex College, mit dem er zahlreiche Tourneen absolviert und Aufnahmen eingespielt hat. Er hat zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten über Musik und Musiker der frühen Tudorzeit publiziert. Seine neuesten Publikationen beschäftigen sich mit den Gesamtwerken von Nicholas Ludford (frühe englische Kirchenmusik, 2003 und 2005) und dem Arundel Choirbook (Duke of Norfolk: Roxburghe Club, 2003). Derzeit arbeitet er an der geplanten Veröffentlichung der lateini schen Kirchenmusik von John Sheppard und als Mitautor an einem Buch über die Musik der englischen Reformation. 14 14 - 380 - Trigonale 2009 – Das Programm Trigonale 2009 – Das Programm - 381 - Trigonale – Das Programm 2009 Impressum Geschäftsführer Trigonale FestivalbetriebsgmbH Ing. Stefan Schweiger Winklern 17 A - 9063 Maria Saal Telefon: +43|(0)4223|29079 E-Mail Internet contact@trigonale.com www.trigonale.com Herausgeber Trigonale Redaktion Stefan Schweiger Fotografie Stefan Schweiger, Wouter Jansen, Eric Richmond, Nick White, Martin Jehnichen, Anne Hooss (Napoli S. 32) Gestaltung Stefan Schmid Design, Stuttgart Anne Hooss, art+ideas, Stuttgart Philipp Reclam Jun. Graphischer Betrieb GmbH, Ditzingen Stand August 2009, Änderungen vorbehalten Herstellung Wir danken unserem Mäzen Armin Becker Apotheke Wayerfeld / 9300 St. Veit an der Glan Mit freundlicher Unterstützung von - 382 - Trigonale 2009 – Das Programm L I CO Isolierbau GmbH & L I CO Trockenbau GmbH Wolfsberg & Klagenfurt