Dreierlei vom Spargel
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Dreierlei vom Spargel
30 ALLTAG | sonntaz SONNABEND/SONNTAG, 8./9. JUNI 2013 www.taz.de | sonntaz@taz.de ........................................................................................................................................................................................................ GEMÜSE Er schmeckt nur, wenn er quietscht, denn dann ist er frisch JÖRN KABISCH Dreierlei vom Spargel ANGEZAPFT Bananenton nur für den Moment eißbier ist ein echter Alt68er. Vor fünfzig Jahren war der Bierstil nahezu tot, nur noch eine Spezialität für Genießer. Der Wiederaufstieg begann Ende des Jahrzehnts in der Erdinger Brauerei, die aus dem Weizenbier erst das Weißbier machte, wie wir es bis heute kennen: hellgelb, trüb, ziemlich spritzig und nicht zu bitter – ein leichtes Bier, dessen Name Programmist:Mansoll dabeidurchaus an Weißwein denken. Machen wir den Test. Gäbe es die Wahl zwischen zwei Gläsern Bier, das erste wird als Weißbier angepriesen, das zweite einfach nur als obergäriges Bier, das nach Banane und Nelke schmeckt. Die meisten Menschen würden wohl zum Weißbier greifen: Der Aromenmix klingt nur zu seltsam. Dabei kommt es aufs Gleiche hinaus.BananeundNelke sind die vorherrschenden Geschmacksnoten in jedem Bier, das mit Weizenmalz gebraut wird. Und die beliebtesten Weißbiere sind sogar die, die süßlich-cremig an einen Bananen-Shake erinnern. Doch es gibt auch andere wie das Kuchlbauer Weisse aus der gleichnamigen Weißbierbrauerei bei Regensburg. Das hefetrübe Bier ist von einem satten Orangeton und bildet eine sehr kompakte Schaumkrone mit kleinen Wolkenhügeln, die jedoch rasch zerfällt. Sehr angenehm: In die Nase steigt nur ein dezenter Nelkenton, die Ahnung von Zitrusnoten,aberkaumBanane.ImMund ist die Weisse durchaus cremig, aber nicht so vollmundig sahnig, wie es Freunde dieses Bierstils gewohnt sind. Die könnten das Bier deshalb für etwas wässrig halten. Im Bananen-Shake-Test würde es deshalb durchfallen, hier gibt es hundert Punkte. Der typische Bananenton ist nur für einen Moment und nicht sehr aufdringlich kurz vor dem Abgang am Gaumen spürbar. Die Kuchlbauer Weisse ist ein vergleichsweise herbes und hopfiges Weißbier. Aber für ein Bräu, das aus der größten Hopfenanbau-Gegend Deutschlands kommt, gehört sich das auch so. W VON SARAH WIENER pargel war früher – so wie Austern – ein Essen der armen Leute. Jeder Bauer mit sandigem Boden im Garten oder im Feld hatte eine Reihe. Spargel war eines der ersten Gemüse, das nach einem langen Winter wuchs, und manch einer konnte ihn schon bald nicht mehr riechen, geschweige denn genüsslich verzehren. Da nutzte es auch nichts, den Spargel einfach länger wachsen und grün werden zu lassen. Irgendwie hat er dann doch weltweit Karriere gemacht und steht heute wie kaum ein anderes Lebensmittel für Regionalität und Saisonalität. Und das ist gut so. Denn Spargel schmeckt nur, S 1 SpargelRoyale. Zum Angeben 250 Gramm weißer, frischer, regionaler Spargel, am besten aus ökologischem Anbau ■ 2 Schalotten ■ 20 Gramm Butter ■ 100 ml Gemüsefond (wenn nicht vorhanden: Salzwasser) ■ 150 ml Sahne ■ 4 Eigelb (Nummer null = bio) ■ Salz, Pfeffer aus der Mühle, Muskatnuss (durch die Reibe fein gerieben) ■ Die Spargelstangen vom Kopf abwärts gut schälen, den Anschnitt wegschneiden und grob stückeln. Schalotten schälen, in Scheiben schneiden und in der Butter anschwitzen. Mit dem Gemüsefond ablöschen und einmal aufkochen. Spargelstücke dazugeben und bei geschlossenem Deckel zwanzig Minuten weichgaren. Spargelstücke mit Fond und Zwiebeln in einen Küchenmixer geben, Sahne und Eigelbe zugeben und alles fein pürieren. Falls nötig, durch ein feines Sieb streichen. Die Spargel Royale mit Salz, Pfeffer und frisch geriebenem Muskat abschmecken. In vier flache Portionsschalen füllen, mit Frischhaltefolie abdecken und bei 100 oC im Ofen stocken lassen. Die Royale aus dem Ofen nehmen und noch lauwarm servieren. Geräucherte Forelle und grüner Salat passen hervorragend dazu. Kuchlbauer Weisse, Weißbierbrauerei Abensberg, Alkohol 5,2 % Vol., Stammwürze: 11,9 % ■ Die Köchin Sarah Wiener kreiert hier jeden Monat aus einer Zutat drei Gerichte Foto: Sarah Wiener GmbH wenn er frisch ist, und verträgt keine langen Transportwege. Und er sollte reif geerntet werden. Nieder mit dem Babyspargel, dem Babygemüse allgemein! Gemüse, das vor der Reife geerntet wird und das nur ein Drittel der endgültigen Größe hat, verbraucht nur Ressourcen und ist Ausdruck einer Dekadenz, die wir nicht befeuern sollten. Frischen Spargel erkennt man übrigens am Quietschton, wenn man zwei Stangen gegeneinanderreibt, und an den Anschnitten: Wenn man die leicht zusammendrückt und sie werden nass, dann rein in die Pfanne, in den Topf oder aufs Schneidebrett! Da die Saison relativ kurz ist, hier einige Rezepte, an denen man sich nicht so leicht sattsieht und frisst … 2 Fotos: Patrick Seeger/dpa 3 Spargel aus dem Rohr. Für Genießer und zum Trost bei stressigem Alltag Salat vom rohen grünen Spargel. Für Kochanfänger und Ungeduldige ■ 1 Blatt Aluminiumpapier ■ 400 Gramm grüner, regionaler Spargel, das untere Drittel geschält, die Anschnitte abgeschnitten ■ 4 EL Leindotteröl – es geht aber auch hervorragend mit Walnussöl, Rapsöl oder Arganöl; Hauptsache, es ist kalt gepresst oder leicht erhitzt, dann hat es den ganzen Geschmack ■ 6 EL Orangensaft ■ Salz ■ Schwarzer Pfeffer, frisch aus der Mühle ■ 1 Blatt Backpapier ■ 400 Gramm weißer, reifer Spargel, geschält ■ 6 EL Weißwein ■ 20 Gramm Butter ■ etwas Salz, Abrieb einer BioZitrone Erst Aluminiumpapier, dann Backpapier auf ein Backblech legen, dann den Spargel darauf anordnen. Die Stangen dürfen nicht übereinander liegen, sonst werden sie nicht gleichmäßig gar. Mit Salz und Zitronenabrieb würzen. Weißwein und Butter dazugeben. Die Seiten der Papiere hochschlagen und den Spargel damit einschlagen, sodass ein Paket entsteht. Es sollte sehr eng anliegen, da der Spargel im eigenen Saft dämpfen soll. Das Paket für circa 25 Minuten bei 160 oC in den Ofen geben. Etwas Butter und junge Pellkartoffeln passen perfekt dazu. Den Spargel mit Hilfe eines Spargelschälers in hauchdünne Streifen schneiden. Das Öl und den Orangensaft dazugeben, verrühren, salzen, pfeffern und den Salat etwa zehn Minuten ziehen lassen. Wenn man noch Reste von anderem Gemüse oder von der Orange noch Fleisch oder Filets übrig hat: Her damit und rein damit! Guten Appetit! PRODUKTTEST Der Papp UV Poet ist aus recyceltem Holz. Durchaus schick. Aber bei Wind sollte man ihn lieber mit Gummiband am Kopf befestigen Brillentanz auf dem Komposthaufen ie ist aus Pappe. PAPPE. Man kann sie klappen, falten, biegen. UV Filter? Hell yeah! Am Wochenende, als sie bei „I wear my sunglasses at night“ zum Einsatz kam, auf der schlechtesten Party des Jahres – wo sonst läuft noch dieser Song? – setzte sich die Testperson nach schwankendem Brillentanz auf ebendiese. Die Brille kuckte blöd, ein Bügel stand in unnatürlichem Winkel ab. Dieser ließ sich jedoch problemlos in seine Ursprungsposition rehabilitieren, indem sich die Testperson noch einen Gin Tonic bestellte und dann erneut auf die Brille setzte. Foto: Promo S Auch die Fahrradtour entlang der Spree gelang mit dem Papp UV Poet, wobei dieser ab Windstärke 2 doch besser mit Gummiband am Kopf befestigt werden sollte. Punktabzug gibt es für den Bereich zwischen den Gläsern. Dort schneidet die Pappbrille, statt angenehm auf der Nase zu sitzen, hart in die empfindliche Nasenhaut. Bleibt der Hohlraum zwischen Nase und Brillenbrücke frei, sieht es allerdings reichlich blöde aus. Durch Aufschneiden lässt sich die Brille aber an jede Nasenform anpassen. Hierfür wird ein scharfes Cuttermesser benötigt, die Pappbrille will schließlich in Sachen Stabilität mithalten mit ihren Kunststoffverwandten. Der Papp UV Poet, er könnte die neue Ray-Ban Wayfarer werden. Dann würden Billigimitate den Sonnenbrillenmarkt überfluten, nicht mehr aus recyceltem Holz sein und vielleicht auch nicht dem nächsten Platzregen standhalten. Aber immer noch schick minimalistisch. Meanwhile, believe the hype. ANNE-SOPHIE BALZER Papp UV Poet, die nachhaltige Sonnenbrille aus recycelten Holzresten, papp-up.com, ca. 30 Euro ■