Formale Orientierungshilfen Gutachtenerstellung

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Formale Orientierungshilfen Gutachtenerstellung
Walter Müller, Dipl.-Päd., BR, Staatlicher Schulpsychologe
Franziska-Hagerstr. 3, 83209 Prien, T: 08051-9616350, schulpsychologeWM@msn.com
1.4.1 Orientierungshilfen zur Gutachtenerstellung
1.4.1.1 Formale Gliederung
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Die Gliederung konsequent einhalten
Informationen an richtiger Stelle einsetzen
Unterschiedliche Gewichtungen der Gliederungspunkte sind notwendig bei:
Schulaufnahme
(Berichte über den bisherigen Entwicklungsverlauf)
Wechsel von Förderschule zu Förderschule
(Schülerakten, Einsatzbericht des MSD aus anderen Förderschwerpunkten)
Wechsel von Regelschule zu Förderschule
(Schülerakten, Schullaufbahn, Schulversagen, Gespräche mit Lehrern,
Unterrichtsbeobachtungen)
1.4.1.2 Quellensuche
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Sparsame Auswahl an Prüfverfahren, maßvoller Einsatz von Quellen
Gütekriterien der Testverfahren beachten
Aussagekraft der gewählten Testverfahren für den Sachverhalt kritisch untersuchen
Umfang und Einsatz der Prüfverfahren gewichten
Unterschiedliche Quellen zur Information bei unterschiedlichen Anlässen suchen
Suche nach Gesprächspartnern ( Gespräche mit Eltern, Erziehern, später Lehrern)
Verhaltensbeobachtungen bei verschiedenen Anlässen oder während der Untersuchungssituation
Keine Redundanz (Ausnahme: Doppelbeleg kann bei Unsicherheiten in den Ergebnissen manchmal
notwendig sein, z.B. CFT 1, dann SON 2 ½ bis 7., erst Screening-Verfahren rechnerische
Fertigkeiten, dann z.B. OTZ)
1.4.1.3 Sprache
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Beschränkung auf das Wesentliche bei ganz klarer Gliederung und lesbarer Strukturierung
Wenn möglich Stichpunkte benutzen (z.B. sonderpädagogischer Förderbedarf)
Fachsprache maßvoll und verständlich einsetzen und ihre Nützlichkeit bezüglich der beschriebenen
Sachverhalte abwägen
Fachsprache durch verständliche Begriffe notfalls ersetzen und Untertestergebnisse genauer
beschreiben, falls zur Urteilsfindung notwendig:
Nicht nur: „Kaufman Assessment Battery for Children, Untertest Zahlen
Nachsprechen PR 1“, sondern ergänzen, dass das Kind im Alter von 7;5 Jahren nur
2 Zahlen nachsprechen kann, was einem durchschnittlichen Leistungsstand von
Kindern im Alter von 2;9 bis 2;11 Jahren entspricht.
nicht nur „K ABC Fotoserie 66“, sondern näher erläutern: „Fotoserie Standardwert
(SW) 66 bei einem Vertrauensintervall von SW 58 bis SW 71, laut Handbuch als
weit unterdurchschnittlich zu bezeichnen, d.h. Prozentrang 1, Gleichaltrige haben
gleiche oder niedrigere Werte in ..“
nicht nur „Salzburger Lesescreening 1. bis 4. Klasse LQ 85 Ende 4. Klasse“,
sondern erläutern: „Ein Lesequotient 85 Ende 4. Klasse beschreibt laut Handbuch
S. ... eine unterdurchschnittliche Leseleistung bei Durchschnittswerten zwischen 90
und 109, diese Leseleistung Ende der 4. Klasse entspricht der durchschnittlichen
Leseleistung eines Kindes Ende der1., bzw. Anfang der 2. Klasse.“
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Wiedergabe von Gesprächen mit Bezugspersonen, Kollegen, Ärzten, Erziehern etc. im Konjunktiv
wiedergeben.
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Korrekte Formulierung bei der Interpretation von Testergebniswerten
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Walter Müller, Dipl.-Päd., BR, Staatlicher Schulpsychologe
Franziska-Hagerstr. 3, 83209 Prien, T: 08051-9616350, schulpsychologeWM@msn.com
z.B. nach statistischen Normen - Einordnung eines Ergebnisses im Vergleich zur
Normierungsstichprobe (PR 2, IQ 55, Centil 1,5 ..) und seinem Abstand zu den
Durchschnittwerten einer Normierung angeben
z.B. nach ICD 10 : z.B. ICD 10 F 70.0 leichte Intelligenzminderung bei IQ 50 bis
69 . Keine eigenständigen Formulierungen bei der Definition von
Intelligenzbereichen vornehmen:
Einen PR 8 als sehr niedrige Intelligenz zu interpretieren ist definitiv falsch, richtig:
diese Leistung ist im unterdurchschnittlichen Bereich anzusiedeln
Interpretationen von Ergebnissen in objektiven Testverfahren übereinstimmend mit
Angaben aus dem Handbuch desselben:
„ laut Handbuch des CFT 1 ist das Ergebnis im weit unterdurchschnittlichen Bereich
anzusiedeln“
1.4.1.4 Logik
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Übereinstimmung von Gliederungspunkt und Inhalt
Beispiel:
Überschrift: Familiäre Situation
Text: „Zum Beratungsgespräch erscheint der Vater. Er zeigt durchaus
Problembewusstsein. Wir raten ihm zur Kontaktaufnahme mit dem Förderzentrum ...
Am ... ruft die Mutter an und beschwert sich über die Untersuchungsresultate...“
Richtige Überschrift: Gespräche mit den Eltern
Widersprüche in den Ergebnissen entdecken, darauf hinweisen und mögliche Hintergründe
überlegen
z.B. unterschiedliche Ergebnisse bei der Überprüfung des Kurzzeitgedächtnisses in
verschiedenen Testverfahren, K- ABC Zahlen Nachsprechen PR 1 mit der
Merkfähigkeit für 2 Zahlen, aber in der Nachsprechprobe von Mottier Merkfähigkeit
für fünfsilbige Pseudowörter möglich, keine einseitige Interpretation vornehmen,
oder gar ein Ergebnis nicht mit in die Bewertung mit einbeziehen
Schlussfolgerungen im Gutachten:
Kürzeste Hinweise auf Datensammlung als Grundlage
Zusammenschau aller Daten unbedingt angeben (z.B. „... aufgrund der
Beobachtungen, Ergebnisse, Berichte, Unterlagen… liegt ein sonderpädagogischer
Förderbedarf im Bereich ... Sprache, Lernen, Verhalten und/oder Motorik etc. vor“)
Abwägen, Gewichtung der Daten, Förderschwerpunkt definieren
Alternative Lösungsvorschläge (Wünsche der Eltern) auch gewichten und
berücksichtigen
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