Bayern 2 Vorlage - Bayerischer Rundfunk

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Bayern 2 Vorlage - Bayerischer Rundfunk
Manuskript
Der Bayernkommentar
Chinesische Verhältnisse – der jüngste Eier-Skandal in Bayern lässt
auf eklatantes behördliches Versagen schließen
Von Nikolaus Neumaier
Redaktion Landespolitik
Samstag, 23. Mai 2015
11.50 Uhr in der Bayernchronik
Bayern 2-Hörerservice
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Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache
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© Bayerischer Rundfunk 2015
Seite 1
Wer einmal nach China kommt, dem dürfte nicht entgehen, dass die Chinesen bei der
Lebensmittelsicherheit ziemlich sensibel geworden sind. Kaum ein Thema regt die Chinesen
mehr auf als die Unsicherheit gegenüber Lebensmitteln. Weil kriminelle Produzenten
vergiftetes Milchpulver, bleiverseuchten Reis oder gesundheitsschädliches Fleisch in den
Handel bringen, verliert die chinesische Gesellschaft das Vertrauen in den Staat. Die
Chinesen fragen sich: Wenn der Staat mich und meine Familie nicht mehr vor
gesundheitsgefährdenden oder gar vergifteten Lebensmitteln schützen kann, wie sieht es
dann erst aus, wenn neben der Gesundheit die Ersparnisse oder die öffentliche Sicherheit
bedroht sind? Der jüngste Eierskandal in Bayern wirft nun ähnliche Fragen auf. Schützen
staatliche bayerische Behörden die Verbraucher wirksam vor kriminellen Eierindustriellen?
Sollte sich der Freistaat in Sachen Lebensmittelsicherheit an China orientieren wollen, dann
gute Nacht! Das Verhalten von Umweltministerin Scharf jedenfalls hat schon chinesische
Züge. Statt klarer Worte tauchte Scharf in dieser Woche ab. Sie reagierte erst auf
öffentlichen Druck und sagte zu, die Vorwürfe prüfen zu lassen. Dabei kann sich die
Umweltministerin nicht mehr auf ihre vergleichsweise kurze Zeit im Amt hinausreden. Auch
wenn sie erst seit zwei Tagen Ministerin wäre, hätten die Verbraucher ein Anrecht auf eine
klare Antwort. Doch diese kommt ja nicht einmal vom zuständigen Landesamt für
Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. In einer schwammigen Erklärung teilte die Behörde
mit, dass für bayerische Verbraucher keine andauernde Gesundheitsgefahr vorgelegen
habe. Hätte erst ein bayerischer Bürger - sagen wir, während eines
Großbritannienaufenthalts - die aus der bayerischen Ekelproduktion stammenden Eier
verzehren und zu Tode kommen sollen? Das ist nach BR-Recherchen einem Briten passiert.
Das Landesamt handelte noch nicht einmal, als Wissenschaftler und Behörden in
europäischen Nachbarländern Alarm schlugen. Der jüngste Fall lässt auf ein eklatantes
behördliches Versagen schließen, weil die Lebensmittelschützer offenbar zum Jagen
getragen werden mussten. Die entscheidende Frage aber ist: Wann steuern wir in der
Lebensmittel- und Verbraucherpolitik wirklich um? Wir reden von regionaler Erzeugung, doch
der Trend geht weiter Richtung Industrialisierung. Laut Statistik kommen die meisten Eier
aus Großbetrieben mit mindestens 200.000 Legehennen. In der Schweinemast wurden und
werden vermutlich nach wie vor überzählige Ferkel von Turboschweinen schlichtweg
erschlagen. In Coburg wurde diese Woche ein Großschlachter zur Bewährung verurteilt, weil
er gut 20 Tonnen minderwertiges Rindfleisch verschachert hatte. Dass es auch anders geht,
zeigt ein Blick nach Österreich. Dort werden deutlich mehr regional-erzeugte Lebensmittel
auf dem heimischen Markt angeboten. Das Österreichische Landwirtschaftsministerium plant
unter dem Schlagwort „Genuss Region Österreich“ bis 2020 einen deutlichen Ausbau der
nachhaltigen, regionalen Produktion. Die Österreicher sehen das auch als Werbung für ihr
Land und in Österreich machen auch die Verbraucher mit. In Deutschland dagegen ist immer
noch der Preis das entscheidende Kriterium. Wenn wir uns jetzt berechtigt über den
Eierskandal, Billigfleisch und Antibiotika aufregen, dann sollten wir überlegen, wo und wie wir
einkaufen.
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