Ausgabe 87 - MOE-Kultur

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Ausgabe 87 - MOE-Kultur
MOE- KULTUR. DE
Kulturveranstaltungen aus Mittel- und Ost Europa
in Berlin-Brandenburg
www.moe-kultur.de
EIN PROJEKT VON JOE - PLATTFORM BERLIN E.V.
AUSGABE 87
APRIL 2013
REDAKTIONSSCHLUSS 10-04-2013
• Termine
• Partner
• Impressum
• Veranstaltungsadressen
unter www.moe-kultur.de
InformationsZentrum
Sozialwissenschaften
Abt. Informationstransfer Osteuropa
DGO
Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e.V.
SÜDOSTEUROPAGESELLSCHAFT e.V.
Zweigstelle Berlin
Unsere Partner: Wissenschaftlich relevante Veranstaltungshinweise finden Sie im
Berlin-Brandenburger Forum Osteuropa http://www.gesis.org/Kooperation/Information/Osteuropa/newslist.htm
1
APRIL/MAI 2013
MOE- KULTUR. DE
Ausstellung • Diskussionen • Film • Literatur • Performance • Musik • Tanz • Theater • Vortrag
INHALT
Kalendarium
>>Kulturkalender APRIL/MAI (S. 3-9)
Ausstellungen – Diskussionen – Film –
Literatur – Performance – Musik – Tanz - Theater
Notabene
>> Aufgepasst!!! (S. 10-12)
- besondere Termine – Hintergrundinformationen
- Dots, Lines & Me und Moskau • Pawel Zawislanski im Gespräch
>> Lesetipp (S. 12-14)
- In Geiselhaft genommen
- Der Judenstadt Lublin • Michael Kleineidam
>> MOE-aktuell (S. 15-16)
- Einstrategischer Partner auf Irrwegen • Ursula Koch-Laugwitz
>> Nachtrag (S. 16-17)
- - Anne-Klein-Preis an Lepa Mladenovic • Angelika Buchelt
>> Besondere Orte – einzigartige Geschichten (S. 18-19)
- Die Breslauer Jahrhunderthalle • Michael Kleineidam
>> Kurz notiert (S. 19-22)
- wichtige Hinweise - Termine - Ausschreibungen und einiges mehr
>> Unsere Partner:
Osteuropa Zentrum Berlin Verlag (S. 12)
Newsletter des Deutschen Kulturforums östliches Europa (S. 22)
IMPRESSUM
M O E - Kultur- Newsletter
ein Projekt der
JOE-Plattform Berlin e.V.
www.joe-plattform.de
REDAKTION
Ewa Strózczynska-Wille
(Gesamtredaktion)
Angelika Buchelt
Michael Kleineidam
Agnieszka Mikolajewicz
Iwona Uberman
Natalie Wasserman
Mario Schneider (auch Layout)
Weitere Informationen:
www.moe-kultur.de
(auch Veranstaltungsadressen)
redaktion@moe-kultur.de
Tel: 030-8524897
MOE
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APRIL/MAI 2013
MOE- KULTUR. DE
Ausstellung • Diskussionen • Film • Literatur • Performance • Musik • Tanz • Theater
bis 20.04.
SK A
Galerie Jirísvestka,
Ausstellung
„Sonntag“
Einzelpräsentation der jungen slowakischen Künstlerin Katarína Poliaciková
Weitere Informationen: www.katarinapol.com www.jirisvestka.com
Potsdamer Str. 81c
bis. 16.05.
• PL A
Polnisches Institut
Dots, Lines & Me - Pael Zawislak (aka kropki kreski)
Pawel Zawislaks Künstlername ist keiner von der üblichen Sorte: „kropki
kreski” lässt auf simple schlichte Linien und einfache Punkte schließen,
doch sein Portfolio ist alles andere als einfältig. Farbe, Form Technik,
Medium – die Arbeiten scheinen nicht nur in der Ausführung, sondern auch
in der Themenwahl keine Grenzen zu kennen.
Das Polnische Institut präsentiert dem Berliner Publikum eine umfangreiche
Werksübersicht, die es in dieser Form hier noch nicht gegeben hat. Die
Ausstellung umfasst thematisch breitgefächerte Auftragsentwürfe und
unabhängige Arbeiten.
Kurator: Michael Okraj
Burgstraße 27
bis 26.05.
• HU A
Collegium
Hungaricum Berlin
Ausstellung
Nothing that Exists or Happens is Symmetrical
Die Installation von Tímea Anita Oravecz nähert sich der Figur des
Künstlers in seiner Funktion als Schamane. Schamanen sind Reisende zwischen den Sphären und so Sinnstifter für die Gemeinschaften, in denen sie
wirken. Ausgehend von ihrer eigenen ausgiebigen Reisegeschichte visualisiert Oravecz persönliche Verbindungslinien und unsichtbare Überlagerungen der Städte Budapest, Berlin, Venedig und New York City.
Eine Installation mit Musik (Christoph Coburger) und gesprochenem Wort
(Konstantin Bühler).
(Moholy-Nagy Studiogalerie)
Dorotheenstr. 12
bis 09.06.
• HU A
Collegium
Hungaricum Berlin
Ausstellung
Syntonyms – eine Installation von Ábris Gryllus
In der Installation Syntonyms werden sechs europäische Städte – darunter
auch Berlin – zur visuellen Grundlage eines auditiven interaktiven Spiels.
Die Silhouetten von Gebäuden werden in Parameter umgewandelt. Diese
Parameter dienen als Grundlage für Sounderlebnisse, die dem Publikum
innerhalb einer begehbaren, igluartigen Hülle präsentiert werden.
Dort können Sie zwischen den verschiedenen Städten und passenden
Sounds wählen.
(Moholy-Nagy Studiogalerie)
Dorotheenstr. 12
15.04. 19.00 Uhr
• KOS/SRB DIS
Europaeische
Akademie Berlin
Aus aktuellem Anlass Gespraech mit dem Aussenminister von Kosovo
Die von der EU vermittelten Gespraeche zwischen Serbien und Kosovo sind
ohne Erfolg beendet worden. Gibt es doch noch eine Lösung? Was bedeutet
das fuer die Entwicklung der beiden Länder?
Der Aussenminister des Kosovo, Dr. Enver Hoxhaj wird die Entwicklungen
aus seiner Sicht erläutern und für Fragen zur Verfügung stehen.
Danach bitten wir zu einem Glas Wein, um das Gespräch informell fortzusetzen.
Anmeldung: Tel. 89 59 51 0, email: eab@eab-berlin.eu,
Bismarckallee 46/48
MOE
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MOE- KULTUR. DE
Ausstellung • Diskussionen • Film • Literatur • Performance • Musik • Tanz • Theater • Vortrag
16.04. 18.00 h
• CZ L
Tschechisches
Zentrum Berlin
Lesegruppe Literatura
Franca Permezza: Partitura di Praga: Commissario Trattonis
Sünden-Fall.
Der erste Ausflug in die nicht-tschechische Literatur führt uns nach Venedig
und Prag: in Venedig wird die Leiche eines tschechischen Pianisten gefunden, der Commissario reist bei seinen Ermittlungen auch nach Prag.
Bitte melden Sie sich an, wenn Sie zum Treffen der Gruppe kommen wollen
(ccberlin@czech.cz), unsere Treffen finden in deutscher Sprache statt.
Wilhelmstraße 44
17.04. 19.00 Uhr
• RUM F
Rumänisches
Kulturinstitut Berlin
Film und Diskussion „Bukarest – damals“
Erinnerungen an eine Jugend im Bukarester Stadtteil Cauzasi
Auf der Suche nach Spuren der Erinnerung an ihre Kinder- und Jugendzeit
reiste die Künstlerin Liane Birnberg gemeinsam mit der Filmemacherin
Barbara Kasper nach langer Zeit erstmals wieder nach Bukarest.
Der essayistische Erinnerungsfilm „Bukarest- damals“ enthält die von
Barbara Kasper filmisch umgesetzten Eindrücke.
Königsallee 20 A
18.-21.04.
• HU M
Collegium
Hungaricum
Festival
Songs unlimited
An vier Abenden präsentiert “Songs unlimited” Künstlergespräche und
Songs aus den Bereichen experimenteller Pop, Jazz und Neue Musik sowie
über diese Sparten hinaus. Dadurch soll der Song als Kunstform jenseits
idiomatischer Grenzen in den Fokus gerückt werden.
Dorotheenstr. 12
18.-24.04.
• PL F
Polnisches Institut
Berlin
FilmPOLSKA
Neues Polnisches Kino • Dokumentarfilme • Shorts
Retrospektive • Kamerakunst • Workshop • Diskussionen
Ist 2013 das Jahr des polnischen Films? Die polnische Filmlandschaft wird
auch bei der 8. Ausgabe von filmPOLSKA umfangreich seziert. Nicht
umsonst ist es das größte Festival polnischer Filmkunst außerhalb Polens.
Über 100 Filme, Gäste, Retrospektiven, Workshops für junge Filmemacher,
eine Ausstellung, eine Podiumsdiskussion und vieles mehr bilden das vielfältige Festivalprogramm.
Veranstaltungsorte: Hackesche Höfe Kino • Zeughauskino • Kino Arsenal •
Kino FSK • Brotfabrik • Club der polnischen Versager • Filmclub K18 •
AckerStadtPalast
Burgstr. 27
18.04. 18.00 Uhr
• SRB L
südost Europa
Kultur e.V.
Lesung
Roman “Kornblumenblau: Ein Fall für Milena Lukin”
mit den Autoren Christian Schünemann & Jelena Volic
Moderation: Hartmut Topf
Kornblumenblau - ein Kriminalroman um die Belgraderin Milena Lukin.
Als Expertin für Strafrecht wird sie nicht nur in spektakuläre Verbrechen
verwickelt, sondern nimmt uns mit in eine faszinierende Stadt im
Brennpunkt europäischer Geschichte.
Großbeerenstr. 88
MOE
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MOE- KULTUR. DE
Ausstellung • Diskussionen • Film • Literatur • Performance • Musik • Tanz • Theater • Vortrag
18.04. 19.00 Uhr
• RUS F
Kino Krokodil
Zum Tod von Aleksej German (20.07.1938-21.02.2013)
Straßenkontrolle
SU 1971/1986, 98 min, DF
R: Aleksej German nach Motiven einer Erzählung von Jurij GermanEin
Soldat der Roten Armee desertiert während des Zweiten Weltkrieges,
wechselt zu den Deutschen über, schließt sich später aber sowjetischen
Partisanen an. Diese bleiben misstrauisch und voller Vorurteile, und erst
durch eine außergewöhnlich mutige Tat kann er die Genossen von seiner
aufrechten Gesinnung überzeugen, verliert dabei aber sein Leben.
Weitere Termine: 20.4.-19 Uhr, 27.4.-18.15 Uhr, 28.4.-18. Uhr
Greifenhagener Str. 32
19.04. 19.00 Uhr
• MOE F
Kino Krokodil
Nachspiel GoEast Filmfestival
Spielzeuge
Litauen 2012, 60 min, OmeU, R: Lina Lulyt
Wettbewerb Dokumentarfilm
Ein Bataillon von blauen Elefanten, grünen Hasen und weißen Katzen säumen den Zugang zum Bahnhof. Ein Großteil der BewohnerInnen von
Schlobin verdient seinen Lebensunterhalt mit der Herstellung und dem
Verkauf von Kuscheltieren an vorbeifahrende Passagiere. Allerdings ist es
verboten, sich den Zügen zu nähern ... Dieses groteske Spektakel als
Ausgangspunkt nehmend, konzentriert sich die Regisseurin Lina Lulyt auf
das alltägliche Leben der BewohnerInnen von Schlobin, des von Armut
geprägten weißsrussischen Ortes. In Anwesenheit der Regisseurin
Greifenhagener Str. 32
19.04. 20.30 Uhr
• RUS F
Kino Krokodil
Nachspiel GoEast Filmfestival
Die Himmelsbräute der Wiesen-Mari
RUS 2012, 106 min, OmeU
R: Aleksej Fedortschenko B: Denis Osokin
Wettbewerb Spielfilm
Sie glauben an magische Birken und Schamanen und die Weisheit der
Natur. Vor allem aber glauben sie an das Leben. Und das mit einem sehr
gesunden Appetit auf Sex. Die Frauen, um die sich alles dreht, stammen
aus dem Volk der Mari, einer wolga-finnischen Minderheit im Norden
Russlands. 22 Episoden, die nur durch den Ort miteinander verbunden
sind, erzählen von diesen starken Frauen. Sie sind die Hauptdarstellerinnen
in einem heidnischen Schauspiel, das so sinnlich und schräg ist, dass es
einem fast den Atem verschlägt.
Greifenhagener Str. 32
Rumänisches
19.04. 19.00 Uhr
• RUM F
Kulturinstitut Berlin
Film und Diskussion
Ein Jahrhundert für Rumänien
Der Dokumentarfilm “Ein Jahrhundert für Rumänien” von Adrian Cioroianu,
Historiker und ehemaliger Außenminister deckt 100 Jahre der Geschichte
Rumäniens, ein Weg der von zehn nationalen Prioritäten des Jahrhunderts
geprägt war. Im Anschluß an die Filmvorführung wird der Historiker Adrian
Cioroianu die Präsentation halten.
Königsallee 20 A
MOE
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MOE- KULTUR. DE
Ausstellung • Diskussionen • Film • Literatur • Performance • Musik • Tanz • Theater • Vortrag
20.04. 19.00 Uhr
• PL A
PIGASUS polish
poster gallery
Ausstellung
„Weltkino im polnischen Plakat“ führt die gleichnamige
Ausstellungsreige fort und lädt ein zu einer filmisch-retrospektive
Weltreise mit den polnischen Plakaten.
In der Exposition, die extra für das filmPOLSKA vorbereitet wurde, finden
ca. 40 Plakate aus der Zeit der Volksrepublik Polen Platz. Mit Werken
von: Jan Lenica, Eryk Lipinski, Jan Mlodozeniec, Andrzej Pagowski,
Franciszek Starowieyski und Waldemar Swierzy.
Ausstellungsdauer: 20.04.-19.05.
Danziger Str. 52
22.04. 20. Uhr
• HU A
Collegium
Hungaricum Berlin
Ausstellungseröffnung
Drájfünfzíben – Photo & Video check-out
Der Budapester Foto- und Videokünstler Miki357 zeigt zwei Fotoserien:
HTC357, bestehend aus einer Auswahl von Bildern, die er in einem Jahr
mit seinem Handy fotografierte, sowie seine Porträtserie 13, entstanden
zwischen dem 6. und 18. April 2012. Als authentischer Vertreter der ungarischen Underground-Kultur bleibt er seiner künstlerischen Herkunft treu,
kann sich aber gegebenenfalls auch davon lösen.
Dorotheenstr. 12
24.04. 19.00 h
• M BG
Bulgarisches
Kulturinstitut
Klassisches Konzert in unregelmäßigen Rhythmen – Kita Boncheva
–Sopran, Ruslana Onischuka – Klavier
Auf dem Programm stehen Arien aus beliebten Opern und Operetten von
Mozart, Puccini, Verdi, Lehar, Rimsky-Korsakov und bulgarischen Arien und
Lieder von Good Christus, Parashkev Hadjiev, Lubomir Pipkov, Gerogi
Zlatev - Cherkin.
Beginn: 19:00 Uhr
Leipziger Straße 114-115
25.04. 19.00 h
• RO F
Rumänisches
Kulturinstitut Berlin
CINEMA-TEK RKI BERLIN
Secvente/ Sequences, R:Alexandru Tatos, OmeU
RKI Berlin präsentiert eine Reihe von 10 Filmvorführungen, die aus einer
Auswahl der besten rumänischen Filme aller Zeiten besteht. Das Projekt
stellt Werke, von vor und nach der rumänischen Revolution, der größten
Regisseuren, wie Tatos, Pintilie, Saucan, Gulea, Danieliuc oder Pita, sowie
Dokumentarfilme vor.
Der Film „Secvente“ besteht aus drei eigenständigen Teilen: “Telefonul”,
“Prospecie” und “Patru palme”, gebunden durch ein Filmteam und durch die
Stimmung und die Probleme, die bei einem Filmdreh erscheinen.
Königsallee 20 A
25.04. 20.00 Uhr
• PL M
Club der Polnischen
Versager Ackerstrasse
ODDLAB: musikalische, experimentelle, elektronische Reihe im CPV
Das oddlab ist eine Veranstaltungsreihe, bei der es um Aspekte elektronischer Musik geht...Live- Musik,Patch of the Day, DJ-ing, Sound-Installation,
DIY (do it yourself:)
Da elektronische Musik längst Mainstream ist, ist es nicht mehr spannend
immer die gleichen Presets, Maschinen und Technoprotagonisten zu hören.
Selber löten, eigene Sound erstellen und unabhängige kleine Künstler vorstellen steht im Vordergrund, allerdings nicht stalinistisch, es darf auch
gerne Ausnahmen von der Regel geben.
168-170
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MOE- KULTUR. DE
Ausstellung • Diskussionen • Film • Literatur • Performance • Musik • Tanz • Theater • Vortrag
25.04.-26.04.
• MOE KON
Collegium
Hungaricum
Konferenz
Die ostmitteleuropäischen Freiheitsbewegungen 1953-1989
60 Jahre nach dem Volksaufstand in der DDR widmet sich die Konferenz
den Freiheitsbestrebungen im ehemaligen Ostblock. Sie versucht Antworten
in vergleichender Perspektive zu geben, um die Auseinandersetzung mit
der deutschen und ostmitteleuropäischen Geschichte voranzutreiben.
Veranstaltungszeitraum: 25.04. (14:15-20 Uhr) 26.04. (09 Uhr–14:45)
Anmeldung: dg@deutsche-gesellschaft-ev.de
Dorotheenstr. 12
26.04. 19.00 h
• PL L
Buchbund
Gombro in Berlin. Ein Gespräch mit Susanna Fels
Moderation: Rüdiger Fuchs
Sanderstr. 8
Von 1939 bis 1963 lebte Witold Gombrowicz auf der anderen
Erdhalbkugel, fern der Heimat, in Argentinien. Einer der bedeutendsten
polnischen Schriftsteller verbrachte die 23,5 Jahre des Exils in überwiegend ärmlichen Verhältnissen. Nicht zuletzt deshalb nahm er das
Angebot eines Stipendiums der Ford-Stiftung und der Stadt Berlin an
und fuhr mit dem Schiff nach Europa, um den einjährigen Gastaufenthalt
anzutreten. Seine Erlebnisse im Westen der geteilten Stadt haben ihren
Niederschlag in den „Berliner Notizen“ gefunden, die als eigenständiges
Werk erschienen, aber auch in sein berühmtes „Tagebuch“ aufgenommen
wurden. Eine feindselige Pressekampagne in der Volksrepublik Polen,
Gefühle der Fremdheit, Vorahnungen des Todes und längere Krankheit
überschatteten seine Zeit in Berlin. Umso mehr zählten für ihn die
Begegnungen und Diskussionen mit jungen Menschen, mit Emigranten
und Deutschen, von denen manche zu Freunden wurden. Seine damals
engste Vertraute, Helferin und Stütze bei vielen Gelegenheiten, war die
Fotografin und Malerin Susanna Fels.
Susanna Fels, geboren 1937 in Breslau, verbrachte ihre Kindheit und die
Nachrkiegsjahre in Polen, 1956 folgte die Auswanderung nach Westdeutschland, seit 1960 lebt sie in Berlin. Dort zählten sehr bald zahlreiche
Protagonisten der künstlerischen Bohème zu ihren Bekannten, u.a. Max
Hölzer, Uwe Johnson, Ingeborg Bachmann. Sie arbeitete als Fotografin,
Malerin und Multimedia-Künstlerin, ihre Werke wurden in Deutschland,
Frankreich und Polen ausgestellt.
26.04. 18.00 Uhr
• MOE A
ZAK | BRANICKA
Rüdiger Fuchs, geboren 1969 in Pasewalk, lebt in Rostock. Autor eines
Buches über Gombrowicz („Gombroman“), Verleger und Herausgeber der
„Gombrowicz-Blätter“.
Im Rahmen des “Gallery Weekend Berlin 2013”
Ausstellung „Bilder der Berührung” mit Arbeiten von Valie Export.
Der Schwerpunkt liegt auf den Arbeiten der Künstlerin, in denen
Berührung und Implikationen von Berührung in Installationen,
Zeichnungen, Fotografie, Video und archiviertem Material Ausdruck finden.
Als eine Schlüsselfigur der zeitgenössischen Kunst seit den sechziger
Jahren hat Valie Export eine wegweisende und entscheidende Rolle bei der
Entwicklung von Performance-Kunst, Feminismus und Aktionskunst sowie
konzeptueller Fotografie und Film gespielt.
Die Vernissage findet in Anwesenheit der Künstlerin statt.
Ausstellungsdauer: 26.4.-15.6.
www.zak-branicka.com
Lindenstr. 35
MOE
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MOE- KULTUR. DE
Ausstellung • Diskussionen • Film • Literatur • Performance • Musik • Tanz • Theater • Vortrag
26.04.-28.04.
• DE/PL T
schloss bröllin e.V.
international art research location
Bröllin 3
Im Rahmen von: Kontrapunkt 2013 Programm auf Schloss Bröllin
Zum 13. Mal ist Schloss Bröllin ein Schauplatz des grenzüberschreitenden
Teils von Kontrapunkt.
Diesmal mit Szenischen Fragmenten aus den Produktionen des
Residenzprogramms: bigNotwendigkeit Spitfire Company und
Lumpenbrüder.Ausserdem präsentiert Janek Turkowski (PL) die
Performance Margarete und The Working Party (D/PL) die erste Austellung
des Langzeitprojekts “Flüchtige Erinnerungen”
Freitag, 26.: Programm von 17:30 Uhr (Eröffnung) bis ca. 21:30 Uhr
Samstag, 27.: Programm von 19:00 Uhr bis ca. 22:30 Uhr
Sonntag, 28.: Symposium “Stücke – Fragmenty – Pieces of Identity: neue
Formen erzählerischen Theaters” von 9:30 Uhr bis 16:00 Uhr
27.04. 22.00 Uhr
• RUS M
Kaffee Burger GmbH
Torstraße 60
Kaffee Burger - Party:
RUSSENDISKO mit Kaminer & Gurzhy Anschl. ab 4 Uhr
GÖTTERDÄMMERUNG mit DJ Christian F. (Indie, Pop & Rock)
28.04. 16.00 Uhr
• MOE DIS
Collegium
Hungaricum
Gallery Weekend
Wie sammelt und zeigt man Videokunst?
Videokunst ist nach wie vor ein anspruchsvolles Medium für Sammler und
Kunstliebhaber. MOMENTUM und das .CHB eröffnen daher anlässlich des
Gallery Weekends die Diskussion zu der Fragestellung, weshalb es noch
immer ein Respekt einflößendes Unterfangen ist, Videokunst zu sammeln
und warum der kommerzielle Wert der sogenannten time-based media
ihrer Bedeutung noch nicht gerecht werden kann.
Weitere Informationen: www.momentumworldwide.org |
www.balticcontemporary.org
Dorotheenstr. 12
30.04. 19.15 Uhr
• DDR F
Kino Krokodil
In 100 Filmen durch das Jahrhundert
Vorwärts die Zeit oder Ernst Busch
DDR 1967, s/w, 37 min
R: Karl Gass
“Vorwärts die Zeit” porträtiert Ernst Busch bei der Aufzeichnung seines
Albums „Roter Oktober“. Der Sänger erzählt dabei nicht nur von seinen
Treffen mit Majakowskij, Tretjakow und Lunatscharskij im Berlin der 1920er
Jahre, sondern auch aus seiner Moskauer Zeit. Besonders lebendig wirkt
der Film immer dann, wenn er den ungeduldigen, temperamentvollen
Busch bei seiner Arbeit mit dem Orchester zeigt.
www.kinokrokodil.de
Greifenhagener Str. 32
06.05. 20.00h
• RUS M
Konzerthaus Berlin
Kleiner Saal
Berlin-Debüt: Evgeny Starodubtsev
Klavierabend mit dem Preisträger der Honens International Piano
Competiton 2009:
„Ein volkommener, ein forschender Künstler“ (New York Times)
Johann Sebastian Bach Vier Toccaten für Klavier
Pierre Boulez „Notations“
György Ligeti Études pour piano (Deuxième livre)
www.konzerthaus.de
Gendarmenmarkt 2
MOE
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MOE- KULTUR. DE
Ausstellung • Diskussionen • Film • Literatur • Performance • Musik • Tanz • Theater • Vortrag
08-05-10.05.
• PL Th
Berliner Festspiele
Julia Holewinska am Stückemarkt Theatertreffen
Jedes Jahr im Mai versammelt das bedeutendste deutsche Theaterfestival
Theaterschaffende, Journalisten und Gäste aus der ganzen Welt in Berlin.
Herzstück des Theatertreffens sind die zehn „bemerkenswertesten
Inszenierungen“, die alljährlich von einer unabhängigen Kritikerjury aus
rund 400 Aufführungen der Saison ausgewählt werden. Die drei Säulen
Publikumsfestival, Fachmesse und Campus prägen das Gipfeltreffen des
deutschsprachigen Theaters. Diskussionen mit Gästen aus Kultur, Politik
und Wirtschaft stellen Bezüge zwischen Theater und aktuellen gesellschaftspolitischen Themen her.
Der Spielplan und weitere Informationen:
www.berlinerfestspiele.de/theatertreffen
Schaperstraße 24
14.05. 19.30 h
• PL F
Kino Arsenal
kinoPOLSKA im Arsenal
Galerianki /Shopping Girls
PL 2009, R: Katarzyna Roslaniec; 108 min; OmdU; M: O.S.T.R.;
D: Anna Kaczmarczyk, Dagmara Krasowska, Dominika Gwit
An sich kann man den zahllosen Einkaufszentren nichts vorwerfen. Sie sind
bunt, drinnen ist es warm, man fühlt sich geborgen und sicher. Für Milena
und ihre Freundinnen sind die Einkaufsoasen jedoch ein Jagdrevier. Ihre
Beute sind ältere Männer, die Tauschwaren sind Sex gegen Kosmetika und
modische Kleidung. Galerianki/Shopping Girls erzählt die Geschichte eines
Mädchens, das in das „Tauschgeschäft“ einsteigt. Der Debütfilm
von Katarzyna Roslaniec nimmt mit schonungsloser „Frische” das Thema
der jugendlichen Prostitution auf. Ein Problem, das nicht nur in Polen oft
unter den Tisch gekehrt wird.
Im Anschluss das Gespräch mit Katarzyna Roslaniec
Potsdamer Str. 2
15.05. 19.30 h
• PL F
Kino Arsenal
Egoisci / Egoisten
PL 2001; R: Mariusz Trelinski; OmeU; D: Magdalena Cielecka, Olaf
Lubaszenko, Jan Frycz, Rafal Mohr, Agnieszka Dygant, Violetta Kolakowska,
Marek Zeranski u.a.
Der Film bildet das Warschauer “Dolce Vita” ab, eine Stadt, wo der Rubel
rollt, der Erfolg lockt und jeder seine Chance wittert. Die Helden sind jung,
schön und reich. Moral ist für sie ein Fremdwort. Was zählt, ist eine falsch
verstandene Freiheit, die mit schnellem Sex und vielen Drogen lockt.
Treli?ski selbst nennt seinen Film eine Erzählung über „eine Provinzstadt
auf der Route zwischen Berlin und Moskau, wo man einen Zwischenhalt
einlegt, um einen Hotdog zu verzehren und billigen Sex zu haben. Gier,
Snobismus, Beliebigkeit und Zweitrangigkeit zeichnen diese Stadt aus, wo
ich zu leben habe, wo ich geboren wurde. Aus dieser Mischung sind die
„Egoisten“ entstanden.“ Ein spannendes Kino des polnischen Fin de siècle.
Mariusz Trelinski ist einer der größten Talente des polnischen Kinos, der
dem Filmgeschäft den Rücken gekehrt hat und sein Leben der Oper verschieben hat. Sein erster Kinofilm Pozegnanie jesieni (Der Abschied vom
Herbst, 1990) wurde bei den Internationalen Filmfestspielen in Venedig
gefeiert. Seine Verfilmung der Erzählung „Die Sanfte” von Fiodor
Dostojewski (1995) gehört zu den schönsten Bildern des polnischen Kinos.
Egoisci war sein dritter und letzter Spielfilm. Mariusz Trelinski ist seit 2008
künstlerischer Leiter der Nationaloper in Warschau
Potsdamer Str. 2
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MOE- KULTUR. DE
NOTABENE
Kalenderblatt MAI
3. Mai: Nationalfeiertag Polen
Tag der Verfassung vom 3. Mai
Die Verfassung wurde am 3. Mai 1791 in Warschau verabschiedet.
Sie ist die erste demokratische Verfassung in Europa und zweite
in der Welt (nach den USA ).
9. Mai: Tag des Sieges über das Nazideutschland (1945)/Russland
9. Mai: Tag der Befreiuung/ Tschechische Republik (gesetzlicher Feiertag)
30. Mai: Tag der Republik / Kroatien
>> Aufgepasst!!!!
15.4., 19. Uhr Gespräch
Wie die Medien berichten, sind die von der EU vermittelten
Gespräche zwischen Serbien und Kosovo ohne Erfolg beendet worden. - Gibt es doch noch eine Lösung? - Was bedeutet das für die Entwicklung der beiden Länder?
Ein Gespräch mit dem Außenminister des Kosovo,
Dr. Enver Hoxhaj
Ort: Europäische Akademie Berlin
www.eab-berlin.eu
bis 19.04. Kunstaktion/ Posen
Invasion der Barbaren. Das andere Festival
Die Wanderboje von/mit den Künstlern
Anne Peschken, Marek Pisarsky (Urban Art)
10.5., 20 Uhr Berlin
Filmreportage über die Kunstaktion in Posen
Ort: Club der polnischen Versager
Dots, Lines & Me und Moskau
Pawel Zawislak im Gespräch mit Marcin Rozyc
Pawel Zawislaks Künstlername ist keiner von der üblichen
Sorte: „kropki kreski”, also einfach Linien und Punkte, doch
sein Portfolio ist alles andere als einfältig. Farbe, Form,
Technik, Medium – die Arbeiten scheinen nicht nur in der
Ausführung, sondern auch in der Themenwahl keine Grenzen
zu kennen. Ob in Mode- und Zeitgeist-Magazinen wie
Exklusiv, Vice , Viva!, Gala Men oder bei Kooperationen mit
renommierten Marken oder Designern wie Converse, Orska
oder Polygon, erfüllt jede Zeichnung einen anderen Zweck,
ohne die künstlerische Autarkie einzubüssen.
Pawel Zawislak (geb. 1983 in Warschau) studierte an der
Kunstakademie in Wroclaw. Er arbeitete für diverse renommierte Konzerne unterschiedlicher Branchen, u.a. H&M und
kooperierte häufig mit freien Designern in Moskau, Prag,
Budapest.
Marcin Rozyc: Gibt es Bereiche, die Dich bei der Arbeit
besonders inspirieren? Zum Beispiel Träume oder das
Unterbewusstsein?
Pawel Zawislak: Träume sind es sicherlich nicht, weil ich
keine habe oder mich zumindest an keine erinnern kann. Ich
schöpfe eher aus Erfahrungen und dem, was im Leben pas
MOE
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siert. Aber auch Beobachtungen sind hilfreich. Ich arbeite
generell in zwei Richtungen: Einerseits kommerzielle
Arbeiten, also Illustrationen für Zeitungen, Entwürfe für
Bekleidungsunternehmen und andererseits künstlerische
Arbeiten, wobei ich hier überwiegend mit Emotionen spiele.
„Allegorie der Vergänglichkeit der Welt” – Eine Fliege und
Katzen beugen sich über Geld, Schmuck und verfaultes
Obst. Diese Arbeit erinnert sehr stark an Vanitätsmotive.
Sie entstand durch Beobachtung dessen, was mich in
Moskau umgibt. Also sinnfreier Konsum, Geld, Sex,
Prostitution. Meine Kunst ist eine Ansammlung von
Gedanken, Gefühlen, Erfahrungen und gleichzeitig eine
Analyse dessen, was mich umgibt. Kunst zu machen bedeutet, seine Gefühle auszudrücken. Manchmal habe ich den
Eindruck, dass meine Arbeiten entstehen, bevor etwas passiert. Eine Art Vorahnung oder Prophezeiung... Die Arbeit
„Everything that shines must die” habe ich kurz vor Anna
Przybyszs Tod begonnen. < Anna Maria Przybysz hochbegabte, renommierte polnische Graphikerin, die nur mit 26
Jahren tragisch ums Leben gekommen ist in Folge der
Vergiftung durch Kohlemmonoxid.>
Vor kurzem wollte ich etwas zum Thema Bestattung
machen, als würde ich ahnen, was mit meiner Mutter
geschieht. Das ist sehr seltsam…
Zeichnest Du Männer, mit denen Du gerne ins Bett gehen
würdest?
In meiner Kunst gibt es durchaus Fetisch-Elemente. Ist doch
klar, dass ich keine schlanken Jungs male.
Warum nicht?
Weil ich einen anderen Fetisch habe.
Warum magst Du Moskau nicht?
Moskau ist ein ganz besonderer Ort und hat mit Europa fast
nichts
gemeinsam.
Moskau
ist
ein
eklektisches
Sammelsurium der schönsten und schlimmsten Dinge, die in
der modernen Welt vorkommen können. Ein Mann ohne
Arme und Beine bettelt hier auf der Straße neben einem
Prada-Laden. Diese Umgebung wirkt sich auf die Mentalität
der Moskauer aus. Die Menschen leben hier ausschließlich
für sich selbst, andere interessieren sie nicht.
Sind denn die Menschen in Warschau, London oder
Hamburg sind einfühlsamer und hilfreicher?
Ich denke schon. Ein gewöhnliches Beispiel: Wenn Du etwas
auf der Straße verlierst, wird Dich in Europa sicherlich
jemand darauf ansprechen oder es gar aufheben und es Dir
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geben. In Moskau interessiert es niemanden. Selten hört
man auf der Straße das Wort „Entschuldigung“. Stattdessen
höre ich überall nur: „Russland ist stark!“ Hier muss man
stark sein. Ein russischer Mann muss einen Bauch haben
und eine Familie ernähren und er muss heterosexuell sein
oder zumindest so tun. Andererseits gibt es hier wundervolle Architektur. Ich liebe natürlich die Skulpturen in der UBahn, sie sind stark überzeichnet und sollen die Macht und
die Größe des Imperiums symbolisieren. Es gibt hier auch
tolle Ausstellungen.
Dank Moskau fühle ich mich stärker und selbstbewusster.
Ich weiß, dass ich zurechtkomme und auch in schwierigen
Situationen immer eine Lösung finde, es hat immer schon
funktioniert und auch jetzt ist es so. Früher war ich viel verschlossener, ich war totaler Soziopath. Jetzt kann ich ganz
ungezwungen Menschen treffen und mit ihnen reden. Das
hat mich viel Überwindung gekostet. Jetzt weiß ich aber,
dass man von anderen Menschen sehr viel lernen kann. Ich
bin immer noch neugierig auf ihre Emotionen, ihre
Lebensgeschichten und die Gespräche.
Wo wohnst Du in Moskau?
In der siebenten Etage in einer Plattenbausiedlung. 20 bis
30 Minuten U-Bahnfahrt von der Innenstadt entfernt. In der
Nähe der Station Rechnoy Vokzal. Hier gibt es Plattenbauten
und sowohl legale wie auch illegale Einwanderer. Es soll eine
sehr gefährliche Gegend sein, mich stört das aber gar nicht.
Magst Du diese Atmosphäre?
Sie ist inspirierend. In Wroclaw wohnte ich in einem
Wohnhaus aus der Vorkriegszeit mit Einschusslöchern in der
Fassade und vielen Zigeunern als Nachbarn. In Moskau lebe
ich neben Tadschiken, Usbeken und armen Russen.
Nachbarn in meinem Alter tragen Jogging-Hosen, spielen
Hockey, interessieren sich für Fußball, manchmal für
S p e e d way und tragen Siegelringe. Ein Siegelring mit
Edelsteinen wird in absehbarer Zeit sicherlich in einer meiner Arbeiten auftauchen. Er wird Stärke, Macht, Geld aber
auch Peinlichkeit symbolisieren.
Gibt es in Moskau Cafés, Galerien oder Gassen die Du
besonders magst?
Ich reise permanent durch Russland und besuche Städte,
die in verschiedenen Ze i t zonen liegen. Krasnodar,
Wolgograd, Woronesch, Rostow, St. Petersburg sind nur
einige davon. Ich arbeite 12-13 Stunden am Tag. Wenn ich
manchmal schnell nach Hause will und ein Taxi vom
Flughafen nehme, dauert das bis zu 2 Stunden. Man kann
nicht wirklich voraussehen, was hier passieren kann.
Es gibt Momente, in denen ich alleine in Städten bin, die ich
nicht kenne, ich sehe Flughäfen, die am Rande des
Zusammenbruchs sind, dann eine Reihe von Schornsteinen,
Einkaufszentren und Hotels. Diese Reisen nehmen mich sehr
mit. Ich versuche jedoch, innere Ruhe zu bewahren. Dank
dessen bin ich stärker und selbstbewusster. Problematisch
ist es auch wenn ich konkrete Abgabetermine einhalten
muss, daher habe ich gelernt, überall zu arbeiten. Ich bin
nicht in der Lage zu beurteilen, wie mein Tag verlaufen wird,
zeichne also in der U-Bahn oder in der Straßenbahn. Zeit ist
für mich sehr wertvoll.
Wenn Du in der U-Bahn zeichnest, beobachten Dich die
Menschen? Sprechen sie Dich auch an?
Nein, hier redet man nicht mit anderen Menschen.
Du bist in Dzierzoniów aufgewachsen. Niederschlesien ist
eine faszinierende Region, auch wegen der großen Dichte an
Kunst und Kulturdenkmälern, die sich so sehr von denen im
restlichen Polen unterscheiden. Es ist ehemals deutsche
Architektur und Kunst. Hatte das Einfluss auf Deine
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Entwicklung?
Mehr als die Architektur beeinflussten mich als Kind die
Besuche bei meinem Großvater in Uciechów nahe
Dzierzoniów. Als ich Kind war, faszinierten mich handgemachte Werkzeuge. Mein Großvater fertigte landwirtschaftliche Geräte, Mützen, Gürtel und sogar Schuhe. Mich interessierten auch die volkstümlichen Heiligenbilder die bei meinem Großvater hingen und die nachkolorierten, unvollkommenen Fotografien.
Interessiert Dich die tragische Geschichte Niederschlesiens,
von wo fast die gesamte Bevölkerung brutal vertrieben und
ein anderes ebenso brutal vertriebenes Volk angesiedelt
wurde? Faszinierend ist auch die Tatsache, dass es kurz
nach dem Krieg eine große Ansiedlung überlebender Juden
in Dzierzoniów gab. Beeinflusste das irgendwie Dich oder
Deine Kunst?
Ich habe mal erfahren, dass mein Großvater während des
Krieges Juden versteckte. Sie lebten bei ihm im Schuppen
unter der Erde. Doch viel faszinierender finde ich die
Gegenwart und die reale Umgebung.
Nach Wroclaw bist Du zum Studium gekommen?
Nach der Oberschule wollte ich eigentlich Modedesign in
Lódz studieren, aber Lódz war dann doch etwas zu weit weg,
also entschied ich mich für Wroclaw. Zunächst kam ich an
die Berufsschule für Bauwesen – furchtbare Erfahrung –
dann entschied ich mich für die Kunstakademie und studierte in Abendkursen Design. Um mir mein Studium zu finanzieren, pflückte ich in Deutschland Kartoffeln, Preiselbeeren
und Mais. So finanzierte ich mir mein erstes und zweites
Studienjahr. Dann arbeitete ich bei H&M, bekam ein
Wissenschaftsstipendium
und
dann
ein
Ministeriumsstipendium.
Haben Dich die Kunst und Kultur von Wroclaw beeinflusst?
Sicherlich hat mich die Sammlung des Nationalmuseums
beeinflusst.
Darunter Jacek Malczewski <1854-1929, polnischer maler
des Modernismus und Symbolismus>. Schöne, verdammt
gut ausgeführte Arbeiten, handwerklich herausragend und
voller Symbole. Da sind die Realität, das Leben, der Tod…
alles! Ich bewundere auch Eugeniusz Get Stankiewicz <
1942-2011, Graphiker und Bildhauer> und sein Werk „Do it
Yourself“ mit dem Kreuz, einem Christus an der Seite, drei
Nägeln und einem Hammer. Eine Version des Objektes ist im
Nationalmuseum zu sehen, eine andere an einer Fassade in
der Altstadt von Wroclaw.
Du zeichnest oft Vögel. Ist das ein Art Vogel-Faszination?
Mein Elternhaus stand direkt am Waldrand. Vögel, Rehe und
die Natur spielten in meinem Leben immer schon eine große
Rolle. Die Arbeit, in der Papageien eine Taube angreifen war
eine Auftragsarbeit für das Kinderlabel CzesioCiuch. Darin
geht es um Zurückweisung aus der Gruppe und um langwieriges Mobbing von Kindern, in der Schule oder auf dem
Spielplatz.
Was ist die perfekte Traumstadt in der Du gerne leben würdest?
Aus beruflichen Gründen sicherlich New York, aber am liebsten wäre ich mit meinem Partner, mit Hunden und Katzen
in Dzierzoniów.
Hast Du keine Angst vor der Engstirnigkeit
Kleinstädten?
Nein. Ich bin der Großstädte überdrüssig.
von
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Du machst Kunst und lebst in Moskau, einer seltsamen und
verdammt interessanten Stadt. Du reist durch ganz
Russland. Arbeitest für H&M, eine der wichtigsten
Modeketten weltweit. Beruflich bist Du sehr erfolgreich.
Ich habe mich nie als Erfolgsmensch gesehen. Ich versuche
immer das Beste zu geben, sowohl als Kropki Kreski als
auch in meiner Arbeit für H&M. Ich arbeite gerne in verschiedenen Bereichen gleichzeitig, das erweitert meine
Wahrnehmung. Die Arbeit bei einem Unternehmen erfordert
eine gewisse Unterordnung. Hier gibt es strenge Regeln und
die Absatzzahlen sind sehr wichtig. Es ist zuweilen schwierig, sich unterzuordnen. Doch ich finde immer einen
Kompromiss. Außerdem lässt mir das Unternehmen kreative Freiheit. Ich kann mir Stifte und Farben leisten. Muss niemanden um etwas bitten, muss keine Käufer suchen und
muss nicht auf Überweisungen von Kunden warten. Ich
habe hart dafür gearbeitet.
Hast Du dirty pleasures? Du kannst doch nicht ständig
arbeiten?
Ich liebe Schuhe. Ich kann ein T-Shirt für 20 Zloty tragen,
muss aber gute Schuhe haben.
Welche Marken?
Derzeit liebe ich zum Beispiel meine Camper von Bernhard
Willhelm. Den Linken habe ich mir selbst gekauft, den
Rechten bekam ich von meinem Partner.
Ich kann aber nicht glauben, dass es in Moskau keine
Enklaven gibt, in denen es wie in den netten, angesagten
Gegenden von Paris oder New York zugeht.
Vermutlich gibt es solche Orte, ich habe sie aber noch nicht
gefunden. Bislang kenne ich Orte, wo sich Künstler treffen.
Da ist es allerdings unglaublich posch und show off, mich
macht das nicht an. Hier hängt sogar der Status in alternativen Künstlerkreisen davon ab, wie viel Geld man hat. Da
reicht es nicht, wenn man zwei coole Paar New Balance
Schuhe hat, man muss Dutzende aus limitierten Serien
davon haben.
Aber Du verdienst sicherlich nicht wenig, also wo ist das
Problem?
Ich spare für das Studium. Außerdem ist das nicht meine
Lebensart.
Welches Ziel verfolgst Du mit Deiner Kunst?
Ich will, dass sie zum Denken anregt und so bewegt, wie die
Werke von Malczewski. Ich wünsche mir, dass meine
Arbeiten ähnliche Gefühle hervorrufen. Ich hänge nicht an
meinen Arbeiten. Sobald etwas fertig ist, kann ich es weggeben und es kann ein Eigenleben entwickeln und andere
erfreuen. Nach der Fertigstellung ist jede Arbeit frei.
Auch wenn die Liebe für immer bleibt, die Beziehung
ist beendet.
Aus dem Polnischen von Marcin Zastrozny
Das Gespräch wurde veröffentlicht in Zusammenhang mit
der Ausstellung im Polnischen Kulturinstitut Berlin:
Dots, Lines & Me – Pawel Zawislak, noch bis 16.5.
MOE stellt eine leicht gekürzte Fassung vor.
MOE
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Lesetipp
Unsere Partner:
www.oezb-verlag.de
In Geiselhaft genommen
Michael Kleineidam
Die Universität Potsdam und die FU Berlin waren im Rahmen
eines gemeinsamen Seminars mit ihrer Diskussionsreihe
„Grenzen der Übersetzbarkeit” nach Berlin-Neukölln in die
Räume des buch- bund gekommen und hatten zu einer dritten Debatte die polnische Autorin Bozena Keff und ihren
deutschen Übersetzer Michael Zgodzay geladen. Es ging um
Bozena Keffs Buch „Ein Stück über Mutter und
Vaterland“ (Utwor o matce i ojczyznie), das in der polnischen Presse als eines der außergewöhnlichsten und wichtigsten literarischen Werke der letzten Jahre bezeichnet wird
und für den NIKE-Literaturpreis 2009 nominiert war.
Es ist unmöglich, den Text irgendeiner Literaturgattung
zuzuordnen. Als Prosa-Gedicht, Textfragment in Versen und
zeitgenössische Satire, als antikes Drama bis hin zu Oper
und Oratorium wird er bezeichnet. Kurz: er ist literarische
Regellosigkeit. Das Buch erzählt verteilt auf viele Stimmen
eine Mutter-To c h t e r-Geschichte als einen Konflikt ohne
Ausweg. Die Mutter, die den Krieg und nach der Flucht aus
Lemberg den Holocaust in der Sowjetunion überlebte, ist
gefangen in ihrer Leidensgeschichte und nimmt ihre Tochter
als Geisel ihres erlittenen Schicksals. Die Geschichte über
Hunger, Verfolgung, und Vernichtung muss ihr nicht durch
Fragen entlockt werden, sie überschüttet die Tochter mit
ihrem
gebetsmühlenhaften, nicht enden wollenden Klagelied derart, dass diese nichts mehr davon hören will und kann.
Selbst Opfer macht sie ihrerseits die Tochter zum Opfer.
Diese rebelliert und wehrt sich durch Verachtung und Hass.
Keff belässt es jedoch nicht bei der Darstellung des persönlichen Mutter-Tochter-Konflikts, sondern verallgemeinert ihn
durch Einbettung in patriarchale Gewaltstrukturen mit antisemitischen und populär-ordinären Ke n n zeichen. Damit
begeht sie ein gleich doppeltes Sakrileg: das an einem
geheiligten Mutterbild und das am mythischen Vaterland.
Bozena Keff, Dichterin, Literaturwissenschaftlerin,
Filmkritikerin, Publizistin und Dozentin für Gender
Studies an der Warschauer Universität, heißt auch
Bozena Uminska oder seit einigen Jahren Uminska-Keff. Der
Name des Vaters, dem es zu Beginn der Volksrepublik
Polens von der Armee wärmstens anempfohlen wurde, den
jüdischen Namen Keff gegen einen polnischen zu tauschen,
wurde zum Namen der Dichterin, als Literaturwissenschaftlerin nennt sie sich Uminska, als Publizistin und Essayistin
Uminska-Keff. Die Autorin räumt ein, dass „Ein Stück über
Mutter und Vaterland“ biografische Züge trägt. Aus Keffs
Äußerungen im buch-bund waren die erlittenen Verletzun-
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NOTABENE
gen noch deutlich herauszuhören, insbesondere auch die
durch antisemitische Anfeindungen in Vergangenheit und
Gegenwart.
Als eine Multimedia-Produktion brachte Marcin Liber den
Text im März 2010 zur Uraufführung auf die Bühne des
Teatr Wspolczesny in Szczecin (Stettin), knapp ein Jahr
später inszeniere ihn Jan Klata für das Teatr Polski in
Wroclaw (Breslau).
Klata lässt die Tochter-Mutter-Konstellationen paarweise
von fünf Frauen und einem Mann in Frauen-Kleidern spielen, wobei sich im Verlauf des Stückes die Rollenverteilungen auch umkehren. Die bildmächtige Inszenierung steckt
voller musikalischer und choreografischer Einfälle, die von
den Akteuren als SängerInnen und TänzerInnen hinreißend
perfekt umgesetzt werden. Das Spektrum der Musik reicht
von barocken Chorälen und Wagner bis hin zu Beat und
afrikanischen Rhythmen, die literarischen Anspielungen
schlagen einen Bogen von matriarchalischen Urmythen und
der griechischen Kora-Persephone zu Tolkiens Hobbits,
Lara Croft und Ridley Scott. Klata erschafft Bilder, die lange
im Gedächtnis haften bleiben, etwa wenn er zwei
Darstellerinnen mit ihren Zöpfen wie mit einer Nabelschnur
aneinander kettet, was jeden Versuch des Entkommens von
vorneherein scheitern lässt. Das Bühnenbild (Justine
Lagowski) besteht vor allem aus vier großen, drehbaren
Blechkästen, die als Wohnung, Gartenlaube, Versteck,
Durchgang oder als Garderobe zum Umziehen dienen. Sie
lassen sich aber auch als Gefängnisse deuten, aus denen es
für Mutter und Tochter kein Entkommen gibt.
Keffs „Ein Stück über Mutter und Vaterland“ war auch
Inspiration für die Ausstellung „Meine Mutter ist nicht göttlich (Moja matka nie jest boska)“ in der Krakauer Galerie
für Moderne Kunst Bunkier Sztuki (Kunst-Bunker), in der
sechs junge Künstlerinnen Installationen zeigten, die die
Tochter-Mutter-Beziehung zum Thema haben.
Das Buch, die Aufführungen und die Ausstellung sind gute
Beispiele dafür, wie sich in den letzten Jahren das kulturelle Interesse in Polen der Zeit der deutschen Besetzung,
dem
Holocaust,
dem
Antisemitismus
und
der
Wirkungsmacht der Geschichte auf die Gegenwart zuwendet.
Literaturhinweis:
> Bozena Keff, Ein Stück über Mutter und Vaterland;
aus dem Polnischen von Michael Zgodzay, Leipzig
2010
Die Judenstadt von Lublin von Majer Balaban
Michael Kleineidam
Der gebürtige Lemberger Majer Balaban gilt als
Begründer der modernen Geschichtsschreibung der polnischen Juden und als erster Geschichtswissenschaftler, der
sowohl jüdische als auch christliche und polnische Quellen
auswertete und für seine Arbeit verwendete. Er lehrte ab
1928 an der Warschauer Universität jüdische Geschichte
und war Mitbegründer des Instituts für jüdische Studien in
Warschau.
Als er während des Ersten Weltkrieges als Rabbiner in der
österreichischen Armee nach Lublin kam, war er bereits als
Historiker anerkannt. In seiner knapp bemessenen Freizeit
begann er, Materialien zur Geschichte der Juden in Lublin zu
sammeln. Zusammen mit dem deutschen Architekten
MOE
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Richard Henker, der neunundfünfzig Zeichnungen beisteuerte, entstand das Buch „Die Judenstadt in Lublin“, das 1919
von der jüdischen Gemeinde in Berlin im „Jüdischer Verlag“
herausgegeben wurde. Im vergangenen Jahr erschien in
enger Zusammenarbeit zwischen der Freien Universität
Berlin und der Maria Curie-Sklodowska Universität Lublin ein
Nachdruck dieser Ausgabe in deutscher und polnischer
Sprache. Auf Polnisch (Zydowskie miasto w Lublinie) war
der Text erstmals 1991 in Lublin von dem gerade in einem
alten Stadttor gegründeten kleinen Theater, dem „Brama
Grodzka- Teatr- NN“, in der Übersetzung von John Doktor
veröffentlicht worden. Doktor hat eigens für den jetzigen
Nachdruck seine damalige Übersetzung überarbeitet.
Bei der Vorstellung des Buches im Zentrum für Historische
Forschung
Berlin
der
Polnischen
Akademie
der
Wissenschaften (PAN) erläuterten die Initiatoren des
Projektes, die Litera t u r h i s t o r i ker Hartmut Eggert aus
Berlin und Janusz Golec aus Lublin, sowie der Historiker
und Slawist Michael G. Müller von der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg die historischen und literarischen Hintergründe des Buches.
Lublin war sechs Jahrhunderte lang ein Ort, an dem
Sprachen, Traditionen und Religionen zusammentrafen. In
Anbetracht der Vielfalt ihrer Bewohner galt diese Stadt
bereits in der Neuzeit als Hauptstadt der Kulturen. Einer der
wichtigsten Momente in der Geschichte des Ortes war das
Auftreten der jüdischen Gemeinde im 15. Jahrhundert. Die
folgenden Jahrhunderte prägte sie das Lubliner Leben. Das
J u d e nviertel, welches das mittelalterliche Schloss umschloss, wurde das „Gelehrtenviertel“ genannt, war jedoch
auch eines der wirtschaftlichen Mittelpunkte der Stadt.
Heute sind von diesem kulturellen und wirtschaftlichen
Reichtum nur noch wenige Spuren aufzufinden. Die Erinnerung daran wach zuhalten und das wenig Verbliebene aufzubewahren, war Ziel des Buchprojektes.
Die diesjährige Vortragsreihe „Geschichte im öffentlichen
Raum“ im Rahmen des Klaus Zernack Colloquiums bei PAN
hat sich zur Aufgabe gestellt, die Möglichkeiten einer solchen Repräsentation der Vergangenheit im öffentlichen
Raum aus zu loten und zur Diskussion zu stellen. Die
Vortragsreihe findet in Zusammenarbeit mit dem Centrum
Judaicum Berlin statt.
Literaturhinweis:
> Der Reprint von Majer Balaban, Die Judenstadt von
Lublin, kann exklusiv in Schleichers Buchhandlung in
Berlin, Dahlem-Dorf erworben werden (oder per Mail:
info@schleichersbuch.de oder telefonisch unter 030- 841
902 0)
Antisemitismus in Südosteuropa
Die Südosteuropäischen Hefte, die dritte Ausgabe setzt
sich mit dem Thema des „Antisemitismus in Südosteuropa“.
Die vielfältigen Formen der Judenfeindschaft, die seit dem
Ende des 19. Jahrhunderts unter dem Begriff Antisemitismus subsumiert werden, sind seit Jahrzehnten Gegenstand der Forschung. Antisemitismus in Südosteuropa, seine
Bedeutung und Intensität im politischen und sozialen Raum
sind aber weitgehend unberücksichtigt geblieben.
Antisemitisches Denken und Handeln waren und sind nicht
immer sofort greifbar. Dies gilt gerade für weite Teile der
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NOTABENE
südosteuropäischen Gesellschaften, wo weder eine ausgeprägte politische noch soziale Sensibilität für die Wirkmacht
des Antisemitismus vorhanden ist. So wird Antisemitismus
oftmals ausschließlich als Teil der jüdischen Geschichte
betrachtet. Dabei war und ist Antisemitismus ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, das sich allerdings in seinen
Auswirkungen in die jüdische Geschichte einschreibt. Umso
wichtiger erscheint es uns, Themenfelder zu beleuchten, in
denen sich Judenfeindschaft „nebenbei“ manifestiert hatte.
So stellen sich etwa Fragen nach der Bedeutung des
Antisemitismus in den Diskursen um Nationalitäten und
Minderheiten, um Ausgrenzung und Identität seit dem 19.
Jahrhundert bis heute. Zu bedenken wäre der Stellenwert,
den die Judenfeindschaft in der Literatur, in der
Frauenbewegung, im Sozialismus, in der Positionierung zum
Staat Israel oder gar im jugoslawischen Zerfallsprozess der
1990er Jahre hatte.
> Informationen:
h t t p : / / s u e d o s t e u r o p a e i s c h e - h e f t e . o r g / m a n u s k r i p t r i c h t l inien/
> Aus dem Serbokroatischen:
György Spiró: Der Verruf
Das Thema des Romans ist die alles beherrschende
Atmosphäre von Argwohn und Verdacht in Ungarn, im Jahr
des Aufstands von 1956. Spirós „Antiheld“, der Ingenieur
Gyula Fátray, ist ein „kleiner Mann“, der die entscheidenden
Wochen des Aufstandes und des darauf folgenden
Rachefeldzugs im Krankenhaus verbringen muss. Er ist
weder Täter noch Opfer, dennoch gerät er mit Frau und Kind
in eine lebensgefährliche Situation. Eine unheimliche und
kafkaeske Geschichte...
Der 1946 geborene Roman- und Hörspielautor, Lyriker,
Theatermacher und Kritiker György Spiró gilt als einer der
wichtigsten ungarischen Autoren und ist mit zahlreichen
Preisen ausgezeichnet worden. Sieben Romane hat er bisher
geschrieben. Mit „Der Verruf“ ist nun erstmals einer davon
auf Deutsch erschienen.
Erschienen: www.nischenverlag.at
Radmila Lazic: Das Herz zwischen den Zähnen
Mit schockierender Direktheit artikuliert Radmila Lazic
Dinge, über die man gewöhnlich schweigt, und gilt als “die
einzige Katze in der serbischen Poesie, die kratzen kann”.
Leipziger Literaturverlag
www.l-lv.de
Bestellungen: post@l-lv.de
Milos Crnjanski: Iris Berlina
1928 war Crnjanski Ku l t u rattaché in Berlin. Seine
Beobachtungen sind gerade für das deutschspra c h i g e
Publikum von herausragendem Interesse. Crnjanski gibt
nicht nur seine Eindrücke, sondern auch seine Vermutungen
und Zweifel wieder, und einiges dabei erwies sich geradezu
prophetisch.
Robert Hodel (Hg.): Hundert Gramm Seele
Die Anthologie stellt zum ersten Mal die Generation der zwischen 1940 und 1960 geborenen serbischen Dichter vor.
Ihre Vielstimmigkeit ermöglicht eine facettenreiche
Innenperspektive auf ein Land, das in den letzten beiden
Jahrzehnten vor allem von außen wahrgenommen wurde.
Ana Djokic: Rezepte fürs Glück
Ein Roman über junge und nicht mehr ganz so junge
Frauen, die in Serbien lernen müssen, mit Vorurteilen umzugehen. Das Portrait der Frauen ist vor dem Hintergrund der
NATO-Intervention in Belgrad realistisch dargestellt.
Verica Trickovic: Als rettete mich das Wort
Die versammelten Gedichte sind Ausdruck des Versuchs,
nach der Emigration aus Jugoslawien nach Deutschland das
Sprechen neu zu lernen.
- Aus dem Russischen:
Anna Achmatowa: Unserer Nichtbegegnung denkend
Mit dem vorliegenden Band wurde eine Auswahl aus fünf
Schaffensjahrzehnten der Dichterin getroffen, die den
Zeitgeist der jeweiligen Jahre wiedergibt. Die
Grundstimmung dieser Ausgabe bleibt trotz widrigster
Lebensumstände positiv und macht Mut, nach vorn zu
schauen.
Marina Zwetajewa: Mit diesem Unmaß im Maß der
Welt
Leidenschaft und Eifersucht, Heimweh und Sehnsucht,
Einsamkeit der Künstlerin und Mitfühlen mit den Leidenden
und Geschundenen. Ihre Sprache ist lakonisch, ausdrucksstark, tief emotional, aus dem Inneren geschöpft.
> Aus dem Bulgarischen:
Elin Rachnev: Zimt
In “Zimt” schildert Elin Rachnev starke Gefühle in unverblümter Form. Der Erzähler spricht in der Hauptsache zwei
Frauen an: die eine verkörpert das Ideal, die andere die
desillusionierende Wirklichkeit. Dennoch schafft Rachnev
eine Verbindung zwischen beiden, die auch dem Leser nicht
entgehen kann.
> Aus dem Polnischen:
Cyprian Kamil Norwid: Über die Freiheit des Wortes
Seit seiner Wiederentdeckung in der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts ist Norwid fester und maßgeblicher Bestandteil
polnischer Geisteskultur. Diese Ausgabe gibt einen repräsentativen Überblick zur Dichtung Norwids.
MOE
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Polen-Analysen Nr.121
Der Arbeitsmarkt in Polen
- Analyse
Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik in Polen
Maciej Duszczyk, Warszawa
- Tabellen und Grafiken zum Text
Statistiken zu Arbeitslosigkeit und Emigration
- Chronik: 5. – 18.02.2013
Lesehinweis
Jahrbuch Polen 2013 Arbeitswelt
http://www.deutsches-polen-institut.de
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APRIL/MAI 2013
NOTABENE
>> MOE-aktuell
Ein strategischer Partner auf Irrwegen?
Perspektiven für die Ukraine 2013
Ursula Koch-Laugwitz
> Die regierende Partei der Regionen (PdR) hat bei der
Parlamentswahl im Oktober 2012 keine eigene Mehrheit
erreicht und somit ihr Wahlziel deutlich verfehlt. Parteien am
linken und rechten Rand wurden gestärkt. Erstmals zieht
eine rechtsextreme Partei in Fraktionsstärke in das ukrainische Parlament ein.
> Zwar hat Präsident Wiktor Janukowytsch seine Macht
intern ausgebaut. Dennoch kann er sich seiner Wiederwahl
2015 nicht sicher sein.
> Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und
der Ukraine befinden sich in einer Sackgasse. Kurzfristige
fiskalische Erwägungen könnten angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage eine Neuausrichtung der
ukrainischen Außenpolitik bewirken. Ein Beitritt zur
Zollunion von Russland, Belarus und Kasachstan wird ernsthaft erwogen.
(...)
EU und Ukraine in der Sackgasse
Innenpolitische Konflikte belasten die Außenbeziehungen
der Ukraine stark: Seit im Juni 2011 vor einem Kiewer
Bezirksgericht der erste Prozess gegen die frühere
Ministerpräsidentin Tymoschenko begann, in dem sie wegen
Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt
wurde, sind die Beziehungen zur Europäischen Union und
Deutschland sukzessive erkaltet. Europäische Verantwortliche werfen der Ukraine die rechtliche Verfolgung von führenden Oppositionspolitikern und mithin politisch motivierte
Rachejustiz vor, beklagen Einschränkungen der Presse- und
Medienfreiheit sowie andere Verschlechterungen demokratischer Standards, nicht zuletzt bei der Parlamentswahl im
Oktober. Je massiver die Kritik an der ukrainischen Führung
wurde, umso störrischer wurde darauf reagiert.
Gleichzeitig gilt es festzuhalten, dass die ukrainischen- russischen Beziehungen sich, aus anderen Gründen, im
Ergebnis auch in sehr schwierigem Zustand befinden. Ein
guter Indikator ist hier die bittere Klage in der Moskauer
Nesawisimaja Gaseta am 19. November 2012 unter der
Überschrift »Russland kann sich in der Ukraine auf niemanden verlassen«.
Die EU und die Mitgliedstaaten haben den politischen Druck
auf die Ukraine, besonders zur Freilassung vom
Tymoschenko, in den letzten 18 Monaten konsequent zu
erhöhen versucht, unter anderem dadurch, dass die
Unterzeichnung eines an sich musterhaften Freihandelsabkommens (DCFTA) ausgesetzt und die Unterschrift unter
das ebenfalls fertig verhandelte Assoziierungsabkommen
auf ein unbekanntes Datum verschoben worden ist. Für
viele Ukrainer entsteht dadurch der Eindruck, dass das
Assoziierungsabkommen eine Belohnung für eine Freilassung vom Tymoschenko sein soll. Aus westlicher Sicht sollte es darum gehen, die staatliche Souveränität der Ukraine
als wichtigem Brückenstaat zu festigen und sie bei Reformen in Staat und Wirtschaft zu unterstützen.
Wo steht die EU heute? Hat sie mit ihrem Oberlehrerhabitus
die gewünschten Veränderungen in der Ukraine anstoßen
können?
Die Debatten der letzten Monate zeigen, dass es in Brüssel
und anderswo an fundierter Ukraine-Expertise mangelt:
Eine polternde Bestrafungspolitik, die laut über Sanktionen
nachdenkt, verkennt, dass eine schwierige Annäherung der
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APRIL/MAI 2013
Ukraine an die EU im ureigenen Interesse wäre. Wenn die
bestehenden, in der Amtszeit von Janukowytsch wieder
gewachsenen Demokratiedefizite in der Wahrnehmung der
ukrainischen Bürger von der EU zum Anlass genommen
werden, sich von dem Land zurückzuziehen, entsteht auch
ein Schaden für Europa.
Es kann nicht im europäischen Interesse liegen, wenn es in
der Ukraine chaotisch zugeht. Chaos spielt darüber hinaus
politisch den Befürwortern der »russischen Lösung« in die
Hände. Die PdR wird von ostukrainischen Eliten dominiert,
von denen viele ein
Interesse an einer engeren
Zusammenarbeit mit Russland haben. Aber diese Tatsache
gleichzusetzen mit dem Willen und der Bereitschaft zur
Aufgabe der Unabhängigkeit, ist ein intellektueller Kurzschluss. Betrachtet man parallel, wie die EU ihr Verhältnis zu
Russland gestaltet und dortige innen- politische Ent-wikklungen kommentiert, ist der Verdacht doppelter Standards
naheliegend.
Regierungspartei und Opposition unterscheiden sich in
ihrem Po l i t i k verständnis und -stil nur marginal. Die
Opposition verfügt, bei aller zutreffenden Kritik an der
Regierung, nicht über ein konsistentes Konzept, hinter dem
sich Mehrheiten für die notwendigen Reformen versammeln
könnten. Fast ausnahmslos bestimmt extreme Kurzfristigkeit das Handeln der Eliten in Wirtschaft und Politik. Aus diesem Grund stellt die Option eines Beitritts zur oder einer
engen Zusammenarbeit mit der Zollunion am Ende dieses
Jahres erstmals eine denkbare Variante dar. Aufgrund der
Brüsseler Problemlagen kann die Ukraine mittelfristig von
der EU kaum umfangreiche Unterstützung erwarten. Die
Marktzugänge sind nicht gleichgewichtig, da insbesondere
die ukrainische Agra r b ranche negativ von einem
Freihandelsabkommen betroffen sein wird. Diese Branche
hat aus globaler Perspektive großes Potenzial, dass sich
über eine EU-Integration kaum realisieren ließe. Der Zugang
zu wichtigen russischen Märkten, für die es aufgrund der
begrenzten Produktqualität keine europäischen Alternativen
gibt, bliebe via Zollunion bestehen. Das wichtigste kurzfristige Argument ist ein nennenswerter Gasrabatt, der in etwa
der Höhe der zu bedienenden Auslandschulden der Ukraine
im Jahr 2013 entsprechen könnte.
Wenn gleichzeitig auch die IWF-Gespräche in einer Sackgasse verharren, gewinnen Stimmen an Einfluss, die angesichts von North und South Stream realisieren, dass die
heutigen Gewinne aus dem Gastransportsystem zeitlich
begrenzt sind und sein zügiger Verkauf an Gazprom heute
noch ein fiskalisch gutes Geschäft ist.
Es ist eine Verhärtung in den Beziehungen eingetreten:
Tymoschenko ist nicht frei, allerorten grassiert Enttäuschung und eine gewisse Ukraine-Müdigkeit. Alternativen in
dieser Symbolpolitik hat die EU aber nicht, sie sollte sich auf
Realpolitik konzentrieren. Die EU wird häufiger, als es ihr
Recht sein kann, als fremde Interventionsmacht missbraucht:
Von der Opposition und Teilen der Zivilgesellschaft dadurch,
dass diese die EU immer wieder auffordern, bestimmte
Veränderungen bei der Regierung par ordre du mufti durchzusetzen, für die sich die Opposition selbst zu schwach fühlt.
Dadurch entsteht aber in der Bevölkerung eine zunehmend
kritische Sicht auf die EU, die letztlich für eine Schwächung
der proeuropäischen Kräfte in der Ukraine sorgt.
Der Weg zu Demokratie und Marktwirtschaft steht für die
Ukraine noch immer offen. 2004 haben illusionäre Hoffnungen vieler Ukrainer und im Westen getrogen. Der Alltag ist
für die Menschen seit der Unabhängigkeit eine permanente
Herausforderung: Es ist an der Zeit für Ehrlichkeit, denn
D e m o k ratieentwicklung und Wirtschaftsmodernisierung
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MOE- KULTUR. DE
NOTABENE
dauern nicht nur einige Jahre, sie beanspruchen Jahrzehnte.
Der Weg dahin ist schwer und Rückschläge gehören dazu.
Mit kritischen Partnern, die Zusammenarbeit ernst nehmen,
ist er zu schaffen.
> Hinweis:
Dieser Beitrag wurde bei der Friedrich Ebert Stiftung veröffentlicht.
Vollständige Fassung: www.fes.de/international
„Human Rights Made in Russia“ – Kampagne
Mit diesem Motto macht Amnesty International mit verschiedenen
Aktionen
auf
drei
Fälle
von
Menschenrechtsverletzungen in Russland aufmerksam.
Neben der Freilassung von Chodorkowski und Lebedew setzt
sich Amnesty International für die 2009 ermordete
Journalistin
und
Menschenrechtsaktivistin
Natalia
E s t e m i r o wa sowie den Menschenrechtsverteidiger Igor
Kaljapin ein. Kaljapin ist Vorsitzender der russischen NGO
IRCAT, die sich gegen Folter einsetzt und den Opfern von
Folter und Misshandlung hilft. Kaljapin wird von den tschetschenischen Behörden strafrechtlich unter Druck gesetzt,
weil sie ihm vorwerfen vertrauliche Informationen veröffentlicht zu haben. Stattdessen . kritisierte er lediglich die fehlende Effizienz der Ermittlungen in Fällen von
„Verschwindenlassen“ und beanstandete immer wieder, dass
Opfern von Menschenrechtsverletzungen nur unzureichende
Rechtsmittel zur Verfügung stünden. Amnesty International
hat eine Petition zum Stopp der politischen Verfolgung und
zur Unterstützung der Arbeit von Igor Kaljapin gestartet.
Mit Plakaten in U-Bahn-Stationen und Spots im
Fahrgastfernsehen der Hannover Stadtbahnen, rückt
Amnesty International die drei Fälle während der momentan
stattfindenden Hannover Messe in den Fokus der Öffentlichkeit. Mehr als 350 Menschen versammelten sich am 7.
April zur Eröffnung der Hannover Messe durch
Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Putin vor dem
Hannover
Congress
Center,
um
gegen
Menschenrechtsverletzungen in Russland zu demonstrieren.
Anlässlich des Besuchs von Präsident Putin in Deutschland
veröffentlichte Pawel Chodorkowski einen Gastbeitrag in
der „Welt am Sonntag“. Darin forderte er die deutsche
Politik auf, ihre pra g m at i s c h e Leisetreterei gegenüber
Russland aufzugeben und stattdessen die russische
Zivilgesellschaft durch offene und klare Kritik an den undemokratischen Zuständen unter dem Putin Regime zu unterstützen. Darüber hinaus drückte er seine Hoffnung aus, dass
deutsche Politiker sich auch für die Freilassung seines Vaters
einsetzen, die zur Verbesserung der deutsch-russischen
Beziehungen beitragen könnte.
MOE
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Nachtrag
Anne-Klein-Frauenpreis
Würdigung für engagiertes Handeln bei Verletzung der
Menschenrechte
Angelika Buchelt
Anne-Klein-Frauenpreis, verliehen von der Heinrich-BöllStiftung, um das Lebenswerk Anne Kleins (1950-2011) in
Erinnerung zu behalten und die Möglichkeit zu schaffen, es
in veränderter Form - im Sinne der Frauen - weiterzuführen.
Die Preisvergabe, dotiert mit 10.000 Euro, ist auch als eine
politische und finanzielle Unterstützung zu verstehen, um
die frauenpolitischen, feministischen Errungenschaften, die
durch Anne Klein erwirkt wurden, auszudehnen.
Zum ersten Mal wurde der Anne-Klein-Frauenpreis von der
grünnahen Heinrich-Böll-Stiftung am 2. März 2012 an Dr.
Nivedita Prasad verliehen. Sie wurde in Madras/Indien geboren, studierte an der FU Berlin - Sozialpädagogik. In
Oldenburg hat sie an der Carl von Ossietzky Universität promoviert zum Thema “Gewalt gegen Migrantinnen und die
Gefahr ihrer Instrumentalisierung im Kontext von Migrationsbeschränkung”. Diese beschriebene Problematik hat Dr.
Nivedita Prasad als freiberufliche Dozentin und Publizistin
stetig weiterverfolgt, mit dem Ergebnis, dass es zu mutigen
Aufdeckungen von Unrechtverhalten gegenüber Frauen
kam, diese öffentlich gemacht wurden und somit gerichtliche Veränderungen erwirkten. Durch die Preisver-leihung an
Dr. Nivedita Prasad sind ihre Themen und den damit verbundenen Anliegen breit in die Öffentlichkeit gestreut und
gehört worden.
Die bedeutendste Änderung, die mit dem Anne-Klein-Preis
verbunden war, ist die Änderung und Unterstützung durch
das Auswärtige Amt, das im Herbst 2012 Folgendes festgelegt hat:
“Hausangestellte und DiplomatenInnen müssen jetzt einmal
im Jahr zum Auswärtigen Amt, um ihre Ausweise zu verlängern, das heißt, es gibt endlich einen zwingenden Kontakt
zur Behörde, und es gab erstmalig im November 2012 eine
Informationsveranstaltung des Auswärtigen Amtes über
Hausangestellte von DiplomatenInnen.” Dies alles dient
dem Zweck, um der Ausbeutung der Hausangestellten entgegenzuwirken und sie auf ihre Rechte hinzuweisen. Durch
den Preis wurde auch die Aufmerksamkeit der Beauftragten
für Menschenrechte der Bundesrepublik erweckt, und somit
durch Unterstützung auch viel zur Umsetzung dieses
Vorhabens mit dazu beigetragen.
Die zweite Preisverleihung fand am 1. März 2013 statt und
ging an Lepa Mladenovic.Sie engagiert sich seit Jahrzehnten
in Serbien für die Rechte der Frauen und Menschen mit
sexueller Identität, die nicht den Normen der Mehrheit entsprechen.
Die Jurybegründung stellte Barbara Unmüßig (Vorstand der
Heinrich-Böll-Stiftung und Vorsitzende der Jury) vor:
“Viel zu viele Menschen, an vielen Orten dieser Welt, werden wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt, diskriminiert, kriminalisiert. Wir, die Heinrich-Böll-Stiftung, unterstützt deshalb in vielen Ländern z.B. in Russland (hat erst
kürzlich die vermeintliche “Propagierung” von Homosexualität verboten und die sichtbare Homosexualität in der
Öffentlichkeit unter Strafe gestellt), im Libanon, Südafrika,
in der Türkei, in Georgien mal lauter, aber eben auch mal
leiser, weil es nicht anders geht. Wir üben ganz konkrete
praktische Solidarität für Menschen und Projekte, die sich
gegen Diskriminierung und Kriminalisierung einsetzen. Die
diesjährige Preisträgerin, Lepa Mladenovic, kann sehr viel
erzählen, was es heißt, als lesbisch stigmatisiert und ausgegrenzt zu werden. Sie sagte, “Wir, auch wenn die Politik es
in Serbien nicht möchte und uns bekämpft, wir feiern unse-
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MOE- KULTUR. DE
APRIL/MAI 2013
NOTABENE
re kleinen Erfolge”. Es sind eben die unerschrockenen
Aktivisten und Aktivistinnen wie Lepa auch, die unter
Einsatz ihres Lebens für diese Rechte kämpfen. Wir wissen,
dass viel zu viele Menschen, weil sie für ihre sexuelle
Identität und Orientierung stehen ermordet werden, weltweit.
Lepa arbeitet als Aktivistin in und mit Netzwerken, z.B. in
der Friedensorganisation “Frauen in Schwarz” (nach israelischem Vorbild) in Belgrad und der Organisation für
Lesbenrechte, “Arkadia” und “Labris”. Ihr großes Anliegen
ist vor allem die Arbeit mit traumatisierten Frauen.
Vielfachdiskriminierungen und Gewalterfahrungen hinterlassen tiefe emotionale Verstörungen. Es ist eine Arbeit - die
kaum finanziell unterstützt wird. Du machst diesen Frauen
mit deiner professionellen Beratung Mut. Durch furchtlosen
und unermüdlichen politischen Einsatz inspiriert sie viele
Menschen, unterstützt unzählige Mitstreiterinnen in Serbien,
vor allem aber auf dem gesamten Balkan und weltweit.”
Lepa Mladenovic kam nicht allein, um den Preis entgegenzunehmen. Sie reiste mit einer 22köpfigen Delegation an.
Sie kamen aus sechs verschiedenen Städten in BosnienHerzegowina. Die Aktivistinnen wollten die Zeit nutzen, um
in einen Erfahrungsaustausch mit den vielen Projekten, die
es in Berlin gibt, zu treten. Der Anne-Klein-Frauenpreis soll
genau dieser gemeinsamen feministischen und lesbischen
Bewegung in Bosnien-Herzegowina und Serbien zu Gute
kommen und den Projekten helfen, sich weiter zu entwikkeln.
Barbara Unmüßig betonte, dass mit diesem Preis ein kräftiges politisches Signal gegen die Homophobie in Serbien und
vielen anderen Ländern der Welt gesetzt werden soll. Und
dies geschieht zur Zeit schon mit einem Büro der HeinrichBöll-Stiftung in Belgrad, womit Lepas Mladenovic s Arbeit,
wo immer es möglich ist, unterstützt werden kann.
Die Laudatio für Lepa Mladenovic hielt Dr. Monika Hauser.
Sie selbst ist eine preisgekrönte Frau; 2008 erhielt sie den
alternativen Nobelpreis, Ende 2010 ist sie mit dem
Staatspreis des Landes Nordrhein Westfalen für ihr außerordentliches Engagement ausgezeichnet worden.
Dr. Monika Hauser ist Gründerin und Geschäftsführerin der
Frauenorganisation medica mondiale.
Seit fünfzehn Jahren setzt sie sich für Frauen und Mädchen
in Kriegsgebieten ein, die sexualisierte Gewalt erleiden mussten. Dies ist seit dem Krieg auf dem Balkan, im
Besonderen, in Bosnien-Herzegowina der Fall. Sie beschrieb
noch einmal ganz deutlich die Situation des Landes, was
sich einmal Jugoslawien nannte:
“Viele Menschen hier haben nur eine vage Erinnerung an
das Schicksal Jugoslawiens und seiner Menschen. Aber
gerade vor dem Hintergrund der Kriege erscheint dein unerschütterliches Eintreten für demokratische, antimilitaristische und feministische Prinzipien umso bewundernswerter
und mutiger. Deine Integrität und dein Handeln inmitten des
mörderischen serbischen Nationalismus zeigt, was es heißt,
Verantwortung zu übernehmen. Eine Haltung in der es nicht
nur in deinem Land, sondern auch immer wieder in diesem
deutschen Nachkriegsland mangelt.”
Es gab eine Aufbruchsstimmung, Diskussionen über Gewalt,
Abtreibung, Sexualität von Frauen, wie auch in anderen
Ländern der 70iger und 80iger Jahre. Doch die schwachen
Flügel der Demokratiebewegung waren durch rassistische,
nationalistische, opportunistische Stimmen immer in Gefahr.
Die Gewalt richtete sich erst einmal gegen die eigene
Familie. Lepa Mladenovic gründete eine SOS Hotline in
Belgrad für Frauen und Kinder. Dann brach der Krieg aus.
Die Frauen, Feministinnen, die sich angefangen hatten
zusammenzuschließen, fanden sich nun in zwei Staaten wieder, als Angehörige “vermeintlich anderer Ethnien”. Die
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Frauen ließen sich nicht auseinandertreiben.
“Seit Oktober 1991 standen sie jahrelang Mittwoch für
Mittwoch deutlich und sichtbar in Belgrad, in ihrem stummen aber vielberechtigten Protest “Ihr sprecht nicht für
uns”, “Wir sprechen für uns selbst”, so lauteten ihr Schilder.”
Diese Gruppe, in der Lepa Mladenovic maßgeblich mit
beteiligt war, wird als einzige Antikriegsgruppe in Serbien
bezeichnet. Während des gesamten Krieges leistete sie Hilfe
und Unterstützung für die Frauen und Mädchen. Und nach
dem Krieg ging es so weiter. Die erste Hotline in BosnienHerzegowina wurde eingerichtet. Es entstand das autonome
Frauenzentrum, um kriegsvergewaltigte Frauen zu unterstützen, das Tra u m a -Zentrum und das Ro m a - F ra u e n Zentrum, um nur einiges zu benennen.
Die Anerkennung des Anderen
Monika Hauser sprach aber auch davon, dass sich Lepa
Mladenovic angesichts der Gräueltaten des Krieges nicht
davon abschrecken ließ, ihre eigene Identität anzuerkennen
und nicht zu verstecken. Was auch bedeutete in ihrem Land
dafür verfolgt und verprügelt zu werden. “Dein behaaren auf
die Anerkennung des Anderen” ist für Monika Hauser sicher
die wichtigste Aufforderung für Lepa Mladenovic in diesem
Sinne weiter zu gehen.
Abschließend möchte ich auf die einleitenden Worte von
Barbara Unmüßig zurückkommen, die uns zeigen, was
schon erreicht und in Bewegung gesetzt worden ist, auch
dort, wo es vielleicht nicht so viele Menschen vermutet hätten:
“Barack Obama ist nicht nur der erste schwarze Präsident in
der Geschichte der USA, auch der erste Präsident, der in seiner Vereidigungsrede seiner zweiten Amtsperiode das Wort
“Gay” in den Mund genommen hat. Und er betonte, dass die
Reise der US Amerikaner, die mit den Ponieren begann, erst
vollendet sein wird, wenn die homosexuellen Brüder und
Schwestern rechtlich gleichgestellt sind.
Anfang Februar stimmte das britische Parlament für ein
Gesetz, dass die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt. Dafür
gab es im Parlament der Britten eine Mehrheit von 400 zu
150 Stimmen.
Frankreichs Nationalversammlung hat viele Stunden gestritten, auf sehr hohem Niveau, wie ich erfahren habe, und
schließlich hat die französische Nationalversammlung im
Februar für das Recht der gleichgeschlechtlichen Ehe und
das Recht auf Adoption für gleichgeschlechtliche Paare
gestimmt.
Auch hier braucht es noch, wie in Großbritannien, die
Zustimmung durch den Senat.”
In Deutschland wird das Bundesverfassungsgericht darüber
entscheiden, ob gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften Kinder in Zukunft adoptieren können. Es gibt noch eine
weitere Erwägung des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge in Nürnberg, dass homosexuelle Asylbewerber,
die in ihrer Heimat mit homophober Verfolgung rechnen
müssen, nicht mehr abgeschoben oder abgewiesen werden
dürfen. Bisher geschah das häufig mit der Begründung, sie
könnten doch ihre sexuelle Identität in ihren Heimatländern
ausleben.
Wir werden das Ergebnis und die Entscheidung erfahren.
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NOTABENE
>> Preise Auszeichnungen
KAIROS-Preis
Der polnischer Künstler Pawel Althamer, dessen Werk
Bildhauerei, Performances, Videokunst und Installationen
umfasst, hat den - KAIROS-Preis 2013 erhalten. Der Preis
wird Preis wird seit 2007 alljährlich von der Hamburger
Alfred Toepfer Stiftung an europäische Künstler und
Wissenschaftler aus den Bereichen bildende und darstellende Kunst, Musik, Architektur, Design, Film, Fotografie,
Literatur und Publizistik verliehen und ist mit 75.000 € einer
der höchst dotierten Kunstpreise Europas.
In Berlin wurde Althamer 2011 vor allem durch die
Ausstellung “Almech” in der “Deutsche Guggenheim”ngsund Wachpersonal, leitenden Bankangestellten und deren
Kunden anfertigen ließ und damit ein monumentales, kollektives Selbstporträt schuf.
Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung
Der diesjährige Leipziger Buchpreis zur Europäischen
Verständigung wurde dem deutschen Litera t u r w i s s e n schaftler Klaus-Michael Bogdal für sein bahnbrechendes
Werk „Europa erfindet die Zigeuner. Eine Geschichte von
Faszination und Verachtung“ zugesprochen. Er untersucht
darin die sechs Jahrhunderte andauernde Verfolgung und
Ausgrenzung der Romavölker in Europa und beschreibt „die
allmähliche Verfertigung eines historischen Vorurteils gegen
ein imaginäres Kollektiv, das mangels Schrift den
Fremddeutungen, Zuschreibungen und Projektionen anderer hilflos ausgeliefert war“.
Adelbert-von-Chamisso-Preise
Den Adelbert-von-Chamisso-Preis erhält dieses Jahr
Marjana Gaponenko für ihren Roman „Wer ist Martha?”. Der
seit 1985 von der Robert Bosch Stiftung verliehene
Literaturpreis zeichnet deutsch schreibende Au t o r I n n e n
nicht deutscher Muttersprache aus, die „vor dem
Hintergrund ihres eigenen Sprach- und Kulturwechsels
Aspekte interkultureller Existenz sprachkünstlerisch gestalten“. Marjana Gaponenko wurde 1981 in Odessa geboren,
studierte dort Germanistik und lebt nach Aufenthalten in
Krakau und Dublin jetzt als freie Schriftstellerin in Mainz.
Förderpreise erhalten der in Opole geborene und jetzt in
Berlin-Wedding lebende Matthias Nawrat für seinen Roman
„Wir zwei allein” und die aus Tirana kommende und nun
ebenfalls in Berlin lebende Albanerin Anila Wilms für ihren
ersten Roman „Das albanische Öl oder Mord auf der Straße
des Nordens”.
Kurt-Wolff-Förderpreis
Alljährlich auf der Leipziger Buchmesse verleiht die Kurt
Wolff Stiftung die
Kurt-Wolff-Preise für herausragende Programme in Deutschland ansässiger, unabhängiger Verlage. Der Förderpreis ging
dieses Jahr an den Zwei-Frauen-Verlag binooki, der im Juni
2011 von Inci Bürhaniye und Selma Wels in Berlin mit dem
Ziel gegründet wurde, türkische Gegenwartsliteratur auf
Deutsch zu verlegen. Die beiden in Deutschland geborenen
Schwestern, „Kinder echter türkischer Eltern“, sind
Seiteneinsteigerinnen: die ältere Inci ist Juristin mit eigener
Kanzlei, Selma hat Betriebswirtschaft studiert.
Der Hauptpreis ging an den Wallenstein Verlag in Göttingen.
mk
In diesem Zusammenhang:
> Klaus-Michael Bogdahl: Europa erfindet die Zigeuner.
Eine Geschichte von Faszination und Verachtung; Suhrkamp
2011
> Marjana Gaponenko: Wer ist Martha?; Suhrkamp
Berlin, 2012.
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> Matthias Nawrat: Wir zwei allein;
Nagel und Kimche Verlag, Zürich 2012
> Anila Wilms: Das albanische Öl oder Mord auf der Straße
des Nordens;
Transit Buchverlag, 2012
<<
Besondere Orte – einzigartige Geschichten
Die Breslauer Jahrhunderthalle, eine Ikone moderner
Architektur
Michael Kleineidam
Vor einhundert Jahren, am 20. Mai 1913, wurde die vom
Breslauer Stadtbaurat Max Berg entworfene Jahrhunderthalle nach nicht einmal zweijähriger Bauzeit eröffnet.
Für das Deutsche Kulturforum östliches Europa war dies ein
willkommener Anlass, den Kunsthistoriker Jerzy Ilkosz,
Direktor des städtischen Architekturmuseums von
Wroclaw/Breslau, im Rahmen der Ve ra n s t a l t u n g s r e i h e
„Architekturgeschichte der Moderne in Ostmitteleuropa“ zu
einem Vortrag nach Berlin in die Humboldt Universität einzuladen. Ein kompetenterer Fachmann hätte für dieses
Thema nicht gewonnen werden können. Ilkosz hat darüber
promoviert und war mitve rantwortlich für die große
Ausstellung über die Jahrhunderthalle vom 17. Juni bis 27.
November 2005 in Wroclaw. Der von Jerzy Ikosz herausgegebene
Begleitband
zu
dieser
Ausstellung
„Die
Jahrhunderthalle und das Ausstellungsgelände in Breslau das Werk Max Bergs“ (ins Deutsche übersetzt von Beate
Störtkuhl) gilt inzwischen als Standardwerk zu diesem
Thema. Ilkosz war auch eine der treibenden Kräfte der
Initiative, die dazu führte, dass die Jahrhunderthalle als
„Centennial Hall“ seit 2006 zum UNESCO-Weltkulturerbe
gezählt wird. In der Begründung wurde das Bauwerk als
„ P i o n i e rarbeit der modernen Technik und Architektur“
bezeichnet, als ein „kreatives und innovatives Beispiel für
die Entwicklung der Bautechnik in großen Stahlbetonkonstruktionen.“
Seit der „Schlesischen Gewerbe -und Industrie-Ausstellung“
im Jahre 1881 wurde in Breslau über die Notwendigkeit
eines Ausstellungs- und Messegeländes diskutiert. Das sich
in östlicher Randlage befindliche Breslau sollte zu Städten
im Westen Deutschlands wirtschaftlich konkurrenzfähiger zu
gemacht werden. Ausstellungen erschlossen neue nationale
und internationale Märkte. Mit seinem Artikel „Braucht
Breslau ein Ausstellungsgebäude?“ griff der Direktor des
Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer
Kurt Masner 1908 diese Gedanken auf und entfachte darüber eine breite öffentliche Debatte. Er schlug eine
Mehrzweckhalle nach dem Vorbild der gerade von dem
Architekten Friedrich von Thiersch errichteten Festhalle in
Frankfurt a. Main vor. Ein zeitlich naheliegender, patriotischer Anlass zu einem solchen Vorhaben war die hundertjährige Wiederkehr des Aufrufs „An mein Volk“, den der
preußische König Friedrich Wilhelm III. von Breslau aus an
seine Untertanen gerichtet hatte und der als der Beginn der
Befreiung Preußens von der napoleonischen Herrschaft galt.
Eine „Jahrhundertausstellung“ sollte an dieses Ereignis erinnern. Bei dem gerade neu nach Breslau berufenen
Stadtbaurat Max Berg fiel die Idee auf fruchtbaren Boden.
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NOTABENE
Er sah in dem Projekt die Chance, seine Vision des „Neuen
Bauens“ zu verwirklichen und die Stadt an der Oder städtebaulich zu einer modernen Metropole zu entwickeln. Dritter
im Bunde war der Direktor der Staatlichen Akademie für
Kunst und Kunstgewerbe Hans Poelzig. Allen drei ging es
auch darum, ein Ausstellungsgelände und eine Halle für kulturelle Zwecke zu erhalten.
Dann ging es Schlag auf Schlag. Max Berg begann bereits
im Februar 1910 mit den ersten Planungsskizzen für die
Halle, Poelzig fertigte den Generalplan für das gesamte, in
den Scheitniger Park (heute Park Szczytnicki) eingebettete
Messegelände. Im Juni wurden Entwurf und Kostenvoranschlag beim Stadtrat eingereicht, der zwei Wochen später
dem Vorhaben in einer Sondersitzung zustimmte.
Im Dezember 1912 war der Rohbau des Gebäudes fertiggestellt.
Max Bergs Jahrhunderthalle mit ihrer gewaltigen, aus 32
Gewölberippen bestehenden Kuppel, einer Spannweite von
65 Metern und einer lichten Höhe von 42 Metern beeindrukkt allein schon durch ihre Monumentalität. Sie war das
damals größte freitragende Bauwerk der Welt aus dem noch
jungen Material Eisenbeton.
Viermal hatten Statiker die Berechnungen überprüft, ehe sie
grünes Licht für den Bau gaben. Der Grundriss, gebildet aus
einem Kreis mit vier halbrunden Absiden, vereinigt die uralten Symbole von Quadrat und Kreis. Berg war davon überzeugt, dass es eine Art „Naturharmonie“ gäbe. Eine solche
Harmonie wünschte er seinem Bauwerk, eine Harmonie, die
nicht nur intellektuell, sondern auch psychisch erfahrbar
sein sollte. Dank der vollständigen Verglasung der Kuppel ist
der Innenraum lichtdurchflutet, wirkt transparent, kontemplativ und von verblüffender Leichtigkeit. Ähnlichkeiten zu
gotischen Kathedralen waren von Berg durchaus gewollt. So
geht aus Quellen hervor, dass die Sichtbarkeit des Materials
Beton in seiner rohen Form von Berg nur für den Außenbau
vorgesehen war. Der Innenbau hingegen sollte mit Malerei,
Glasfenstern und Plastiken ausgestaltet werden, wofür
Oskar Kokoschka vorgesehen wa r. Aus Kostengründen
konnte dieses Konzept nicht realisiert werden. Gleichsam als
„Altarersatz“ wurden in der östlichen fensterlosen Apsis eine
Bühne und die damals mit 200 Registern größte, durch W.
Sauer erbaute Orgel der Welt platziert. Nach dem Zweiten
Weltkrieg wurde die Orgel auf drei neue Orgeln aufgeteilt,
u.a. auf die Breslauer Domorgel, die heute die größte Orgel
Polens ist.
Bergs Jahrhunderthalle ist ein frühes Beispiel einer modernen Architektur für die Massen. Der „apolitische Sozialist“
(Ilkosz) Berg bezeichnete ihn als einen „Dom der
Demokratie“. Für die Jahrhunderthalle hatte der gerade mit
dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnete Gerhart
Hauptmann das am 31. Mai 1913 von Max Reinhardt in der
Jahrhunderthalle uraufgeführte Schauspiel „Festspiel in
deutschen Reimen“ geschrieben, das die „Erinnerung an den
Geist der Befreiungskriege“ in symbolischer Form als
Puppentheater darstellt. Wenn sich in der Schlussszene die
Schauspieler mit dem Publikum vereinigten, realisierte sich
Reinhardts Vision eines „Theater der 5000“, eines
Kulturbetriebs für breite Bevölkerungsschichten. Mit seiner
Theater-Halle war Berg auch Vorbild für das Totaltheater der
Bauhauskünstler Gropius und Piscator. Dem Schauspiel von
Gerhard Hauptmann widerfuhr hingegen kein günstiges
Geschick. Nach nur fünfzehn Vorstellungen wurde es abgesetzt, zu sehr „verdammt es den Krieg und preist den
Frieden“, wie der Schriftsteller Ernst Toller damals feststellte.
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Noch während des Ersten Weltkriegs fand auf dem
Ausstellungsgelände die erste Industrieausstellung statt, ab
1918 dann regelmäßig im Frühling und Herbst Industrieund vor allem Baumessen. Dass die Halle während der NSZeit für propagandistische Massenveranstaltungen genutzt
wurde, ist vor allem der gewollten vielseitigen Nutzbarkeit
geschuldet. Es gab auch Bestrebungen, sie zu einem „Dom
des deutschen Volkstums“ umzustilisieren. Hitler selbst soll
das Bauwerk eher nicht gemocht haben – für ihn war Stein
statt Beton Garant für Größe in der Baukunst.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs- Breslau hieß inzwischen Wroclaw und die Jahrhunderthalle Hala Ludowa
(Volkshalle) - war die Stadt Ort zweier Großveranstaltungen. Im Juli 1948 wurde die „Ausstellung der Wiedergewonnenen Gebiete“ eröffnet, für die vor der Halle ein von
Stanislaw Hempel geschaffenes nadelförmiges Bauwerk von
ursprünglich 106 m Höhe, die „Iglica“, errichtet wurde. Im
August folgte der „Weltkongress der Intellektuellen zur
Verteidigung des Friedens“, an dem Delegierte aus 46
Ländern teilnahmen, darunter so illustre Namen wie Pablo
Picasso, Aldous Huxley oder Max Frisch. In der Folgzeit
bewährte sich die Halle als ein multifunktionaler Veranstaltungsort. In den siebziger Jahren beherbergte sie mit dem
Kino „Gigant“ den größten Kinosaal Polens, 1997 fand hier
der Internationale Eucharistische Kongress mit Pa p s t
Johannes Paul II. statt und die Wroclawer Oper brachte
nach der Jahrtausendwende den gesamten Ring von Richard
Wagner als Megaevent zur Aufführung.
Jahrhunderthalle heute: „Hala Stulecia“
Zum Zeitpunkt der Eintragung als Weltkulturerbe war die
Fassade der Jahrhunderthalle in einem renovierungsbedürftigen Zustand. Die bereits 1995 durchgeführten
Untersuchungen ergaben eine beschleunigte Ausbreitung
von Betonschäden. Die daraufhin durchgeführten Fachuntersuchungen, Analysen, Versuche und Entwürfe sowie
Erfahrungswerte aus Instandsetzungen anderer historischer
Betonbauten ermöglichten es, eine Technologie der farblichen Vereinheitlichung der Fassade zu entwickeln, die alle
Anforderungen der Ku n s t h i s t o r i ker und Denkmalpfleger
erfüllte. Nun sieht die Halle so aus, als wäre daran überhaupt nichts gemacht worden. Etwas Besseres kann über
ein frisch restauriertes Gebäude nicht gesagt werden.
Jerzy Ilkosz hatte die Jahrhunderthalle in seinen Publika-tionen schon mit ihrem alten Namen Hala Stulecia bezeichnet
als sie offiziell noch Hala Ludowa hieß und lange bevor sie
unter ihrem international geläufigen Namen Centennial Hall
in die Liste des Weltkulturerbes eingetragen wurde. Dieser
Eintrag beendete dann auch den heftigen Streit um den
richtigen Namen. Heute verweisen die Wegweiser in der
Stadt zur Hala Stulecia.
> Buchhinweis:
Jerzy Ilkosz: Die Jahrhunderthalle und das
Ausstellungsgelände in Breslau - das Werk Max
Bergs. München, 2006.
> In diesem Zusammenhang:
Die sechsteilige Veranstaltungsreihe
„Architekturgeschichte der Moderne in Ostmitteleuropa“
ist das Ergebnis einer beispielhaften Zusammenarbeit.
Beteiligt sind: Deutsches Kulturforum östliches Europa,
Institut für Kunst und Bildgeschichte der HumboldtUniversität, Fachgebiet Kunstgeschichte der Technischen
Universität Berlin, Bundesinstitut für Kultur und Geschichte
der Deutschen im östlichen Europa (BKGE) in Oldenburg
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NOTABENE
Die nächsten Termine sind:
17.4., 20 Uhr
„Eine Stadt zum Wohnen. Die Ideen zur Reform des
Wohnens um 1900 und ihre Umsetzung in Posen in
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“; Referentin:
Hanna Brendel (TU Posen/Poznan)
Ort: Humboldt-Universität Berlin , Hörsaal 207,
Dorotheenstraße 26.
6.5., 20 Uhr c.t.
Modernisierungen. Kunst und Architektur in den
neuen Staaten Ostmitteleuropas 1918–1939
Referent: Andrzej Szczerski (Jagiellonen- Universität
Krakau/Kraków)
Ort: TU Berlin, Architekturgebäude, Hörsaal A 053 •
Straße des 17. Juni 152
15. 5., 20 Uhr c.t.
Zwischen Provinz und Metropole. Stettiner
Architektur 1891-1918
Referent: Rafal Makala (Nationalmuseum Stettin/Szczecin)
Ort: Humboldt-Universität Berlin, Hörsaal 207,
Dorotheenstraße 26;
Informationen auch: www.kulturforum.info
>> MOE > REISEN
Schlösser und Herrenhäuser als Spiegel niederschlesischer Geschichte
3. Mai - 7. Mai/ Start in Berlin
Einst als „Land der Schlösser“ bezeichnet, weist es eine
ungewöhnlich hohe Dichte an repräsentativen Adelssitzen
auf, die sich seit dem 13. Jahrhundert prächtig entwickelten. U.a. exzellent restaurierte Residenzen und
Höhepunkte der Schlossbaukunst des 16.-19.
Jahrhunderts, wie das herrschaftliche Logis Schloss
Romberg/Samotwór.
Weitere Informationen: www.arnefranke.de/ Reisen
Kurz notiert
<<
Europäische Kulturhauptstadt 2013:
Kristina Forbat, Stadtschreiberin in Kosice/Kaschau
Die Autorin und Übersetzerin wird ein Internettagebuch führen und dort über ihre Begegnungen und Beobachtungen
berichten. Der direkte Kontakt ist auch über ein Blog möglich.
Das vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und
Medien dotierte Stadtschreiber-Stipendium des Deutschen
Kulturforums östliches Europa wird im Jahr 2013 zum fünften Mal vergeben.
Weitere Informationen:
www.stadtschreiber.kulturforum.info
Kaschau/Kosice Europas Kulturhauptstadt 2013
www.kosice2013.sk
13. GOEAST - FESTIVAL DES MITTEL- UND
OSTEUROPÄISCHEN FILMS
Prof. Dr. Rita Süssmuth ist die neue Schirmherrin von
goEast. Die Bundestagspräsidentin a.D. setzt sich unter
anderem als Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für
Osteuropakunde sowie des Deutschen Polen-Instituts für
eine Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen
Entwicklungen in Mittel- und Osteuropa und für den Dialog
zwischen Ost und West ein.
www.filmfestival-goEast.de
ZAK BRANICKA Galerie
auf ART COLOGNE 2013 (19. 22.04)
mit Arbeiten von Zofia Kulik
www.zak-branicka.com
Ausschreibung „Grenzgänger“, ein Förderprogramm der Robert Bosch
Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Literarischen
Colloquium Berlin.
Bewerbungsschluss: 30.4.2013
Gesucht werden Autoren, die Informationen aus erster Hand
sammeln, authentische Orte besuchen wollen und einen
eigenen Blick wagen. Die Veröffentlichungen sollen ein breites Publikum erreichen können, zu Diskussionen anregen
und zu mehr Verständnis für die Länder Mittel-, Ost-,
Südosteuropas und Nordafrikas beitragen. Willkommen sind
literarische und essayistische Prosa, Fototextbände, Kinderund Jugendbücher, aber auch Drehbücher für Dokumentarund Spielfilme sowie Hörfunkbeiträge.
Informationen/Bewerbunsgmodalitäten: www.lcb.de
EU-Kulturförderung 2014: Seminare
23. und 24.4. Bonn
2014 startet unter dem Namen »Kreatives Europa« ein
neues Rahmenprogramm für die Kulturförderung der EU.
Die Kenntnis des kulturpolitischen Hintergrunds der EUKulturförderung und der sich abzeichnenden Gewichtsverlagerung bei der thematischen Schwerpunktsetzung kann
dabei hilfreich sein, interessante und in die Philosophie des
Programms passende Projekte zu konzipieren.
Informationen/ Anmeldung:
www.ccp-deutschland.de/termine-ccp.html?&no_cache=1
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NOTABENE
Spanien und Slowenien im Fokus der EU-Kommission
Die EU-Kommission sieht die makroökonomischen Ungleichgewichte in Spanien und Slowenien als übermäßig an. In
Spanien stelle die äußerst hohe Verschuldung eine ernste
Gefahr dar, wie jetzt aus den Ergebnissen der in 13
Mitgliedstaaten durch- geführten eingehenden Überprüfungen nach dem Warnmechanismus-Bericht von November
2012 hervorgeht. In Slowenien bestünden wesentliche
Risiken für die Stabilität des Finanzsek- tors, die sich auch
auf die öffentlichen Finanzen auswirkten.
http://ec.europa.eu/deutschland/pdf/eu_nachrichten/eu_n
achrichten_06_2013web.pdf
Jugendbegegnungen Deutsch-französisch-ukrainisches Sommercamp
20.7 bis 27.7.2013 in Blossin (DE), 120,00 €
Alter: 14 bis 17 Jahre
Deutsch-Polnische Tanzwerkstatt
01.7. bis 07.7.2013 in Nasutow (PL), 90,00 €
Alter: 14 bis 17 Jahre
Einstudierung verschiedener Stile von HipHop bis
JumpStyle, Entwicklung von Choreographien. Kraft- und
Ausdauertraining.
www. blossin.de
Europäisches Jahr der Bürgerinnen und Bürger 2013
anlässlich des 20. Jahrestages der Einführung der
Unionsbürgerschaft, die alle Staatsangehörigen der EUMitgliedstaaten besitzen. An zentraler Stelle steht das Recht
auf Freizügigkeit, das es Unionsbürgern ermöglicht, in
einem anderen EU-Land zu leben, zu studieren oder zu
arbeiten. Mit der Unionsbürgerschaft sind weitere Rechte
verbunden, etwa der Zugang zu gesundheitlicher
Versorgung, der Anspruch auf soziale Leistungen oder das
Recht, sich an kommunalen und Europawahlen zu beteiligen. Das Europäische Jahr soll dazu genutzt werden,
Teilhabemöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger bekannter zu machen und letztlich auch die Wahlbeteiligung bei den
Europawahlen 2014 zu erhöhen. http://europa.eu/citizens2013/de/home
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Newsletter des Deutschen Kulturforums östliches Europa
Das Deutsche Kulturforum östliches Europa engagiert sich für eine kritische und zukunftsorientierte
Auseinandersetzung mit der Geschichte jener Gebiete im östlichen Europa, in denen früher Deutsche gelebt haben
bzw. heute noch leben. Im Dialog mit Partnern aus Mittel- und Osteuropa will das Kulturforum die Geschichte dieser
Regionen als verbindendes Erbe der Deutschen und ihrer östlichen Nachbarn entdecken und einem breiten Publikum
anschaulich vermitteln.
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MOE
APRIL/MAI 2013
SEITE 21