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k 14402 3 /14 IM FOKUS: DISCOVERY SERVICES IM FOKUS Eine Einführung in die Welt der Discovery Services IM FOKUS FHB Aachen, Köln und Münster entwickeln ihr Suchportal IM FOKUS ULB Bonn – Discovery Portal mit dem Index Summon und der Oberfläche VuFind IM FOKUS Seit Ende 2012 nutzt die UB Duisburg-Essen Primo inklusive Primo Central Das Projekt »Schnellsuche NRW« – Discovery für alle? IM FOKUS »One slot« für die Kunden der Stadtbücherei Münster DENKANSTÖSSE Bibliotheken machen das Gefühl des Dazugehörens erlebbar KONZEPTE »Wir sind Bürgermeister!« Wie Kinder mit digitalen Medien kreativ arbeiten ENTDECKUNGEN In »Papiergewittern« – Sammlung Weltkrieg in der ULB Münster IM FOKUS ANZEIGE 3 /14 EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser von ProLibris, »Nur Bibliothekare suchen gerne, alle anderen finden lieber!« Diesen Spruch habe ich auf dem letzten Bibliothekartag gehört. Er passt gut zu unserem Fokusthema »Discovery Services«, denn bei der Entwicklung und Optimierung solcher Systeme zeigt sich immer wieder der Dissens zwischen den Bibliothekaren einerseits, die die Suchen verfeinern möchten, und den Nutzern andererseits, die »einfach nur finden« wollen. Alle Bibliothekssparten beschäftigen sich mit diesem neuen Erschließungsinstrument, für das es eine Vielzahl an technischen Lösungen gibt. Wir haben von allen möglichen eingesetzten Systemen und Kombinationen einen Querschnitt aus unserem Bundesland ausgewählt, um Ihnen das Thema so anschaulich wie möglich nahezubringen. Für den nicht ganz leichten Einstieg in das Thema konnten wir einen ausgewiesenen Experten auf dem Gebiet gewinnen. Dr. Peter Kostädt, Leiter der IT-Dienste an der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, gibt einen Überblick über Discovery-Systeme im Allgemeinen und in NRW im Besonderen. Ich denke, wir haben einen sommerlich bunten Strauß an Beiträgen aus und über NRW-Bibliotheken für Sie zusammengestellt. Ganz besonders möchte ich Sie diesmal auf die Rubrik »Denkanstöße« aufmerksam machen. Thomas Böhm, ehemals Leiter des Literaturhauses in Köln und seit 2012 Programmleiter des Internationalen Literaturfestivals in Berlin, lässt auch diejenigen an seinen Gedanken zum Wert der Bibliotheken teilhaben, die nicht beim Bibliothekartag in Bremen dabei sein konnten. Eine wahrlich köstliche Geistesnahrung! Zum 1. September 2014 hat Prof. Dr. Wolfgang Schmitz die Leitung der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln in ande- re Hände gegeben. Eine Würdigung seines Wirkens finden Sie in dem Beitrag von Dr. Rolf Thiele. Trotzdem sei es den Herausgebern gestattet, an dieser Stelle noch einige persönliche Worte an Herrn Schmitz zu adressieren. Wolfgang Schmitz war 16 Jahrgänge lang, von 1996 bis 2011, Mitherausgeber von ProLibris. Als Vertreter der AG UB im Verband war er zuständig für Berichte und Mitteilungen aus dieser Bibliothekssparte. Er selbst hat zahlreiche Beiträge beigesteuert und dies nicht nur zu seinem eigenen Forschungsgebiet, dem Alten Buch. In den Zeiten, in denen es sehr kritisch um die Zukunft der Zeitschrift bestellt war, hat er sich auch in seiner damaligen Funktion als Vorsitzender des Verbands der Bibliotheken des Landes NRW (vbnw) vehement für ihren Erhalt eingesetzt. In vielen Treffen der Herausgeber und des Verbandsvorstandes, aber auch in den Arbeitsgruppen des Verbandes hat er es mit seiner ruhigen und überzeugenden Art geschafft, einen gemeinsamen Nenner für die widerstreitenden Interessen zu finden. So konnte 2005 und 2011 ein tragfähiges geschäftliches und inhaltliches Zukunftskonzept entstehen. Dass es ProLibris in der heutigen Form noch gibt, ist nicht zuletzt ihm zu verdanken. Wir, die Mitherausgeber von ProLibris, sagen ihm einen herzlichen Dank für seinen jahrelangen engagierten Einsatz sowohl für den vbnw als auch dessen Sprachorgan ProLibris und wünschen ihm für den kommenden Lebensabschnitt alles erdenklich Gute. Als neuen Mitherausgeber aus dem Kreis der AG UB begrüßen wir Herrn Uwe Stadler, Leitender Bibliotheksdirektor der UB Wuppertal, in unseren Reihen und freuen uns auf eine gute und fruchtbare Zusammenarbeit. ANDREA STÜHN Mitherausgeberin ProLibris 97 INHALTSVERZEICHNIS / 3 /14 IMPRESSUM prolibris Mitteilungsblatt hrsg. vom Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen e.V. und den Bezirksregierungen, Dez. 48.08 – Öffentliche Bibliotheken * V. i. S. d. P.: Harald Pilzer, Vorsitzender des vbnw. * issn 1430-7235 * Jahrgang 19, Heft 3-2014 herausgebergremium Irmgard Harmann-Schütz Dr. Alwin Müller-Jerina Uwe Stadler Andrea Stühn layout Nieschlag + Wentrup, Münster redaktion und anzeigen Susanne Larisch t 02102 /70 54 19 m susannelarisch@aol.com druck und verlag Druckerei und Verlag Peter Pomp, Bottrop abonnementbestellungen, reklamationen, adressenänderungen Druckerei Peter Pomp, Jasmin Kikillis t 02041 /747120 * f 02041 /747160 * m office@pomp.de Der Preis für ein Jahresabonnement der Zeitschrift ProLibris beträgt 30 Euro (einschließlich Mehrwertsteuer und Versandkosten); jedes weitere Abonnement kostet 20 Euro im Jahr. Der Preis des Einzelheftes beträgt 7,50 Euro. Der Preis für ein Auslandsabonnement beträgt 40 Euro (einschließlich Mehrwertsteuer und Versandkosten). Das Abonnement ist kündbar zum 31. Oktober des laufenden Jahres. Bei namentlich gezeichneten Artikeln liegt die inhaltliche Verantwortung beim Verfasser bzw. der Verfasserin. © vbnw und Bezirksregierungen, Dez. 48.08 – Öffentliche Bibliotheken. Alle Rechte vorbehalten; Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung. Fotos wurden, wenn nicht anders angegeben, von der entsprechenden Bibliothek zur Verfügung gestellt. Links werden bei Erstellung des Heftes geprüft. autorenhinweise 1. ProLibris veröffentlicht in der Regel Originalbeiträge. Bis zum Erscheinungstermin sollten diese nicht anderweitig veröffentlicht werden. Jede ProLibris-Ausgabe wird zeitversetzt auf der vbnw-Homepage veröffentlicht. Mit dem Überlassen ihres Printbeitrags erklären sich Autorinnen und Autoren mit der digitalen Veröffentlichung einverstanden. 2. Formalia ››Texte werden in neuer deutscher Rechtschreibung abgefasst (Duden 25. Aufl. 2009) ››Bei der ersten Möglichkeit in einem Text wird die maskuline und feminine Personenbezeichnungen gewählt. Im Folgenden wird das generische Maskulinum verwendet, um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten. Gemeint sind aber immer beide Geschlechter. ››Längere Beiträge sind mit Zwischenüberschriften zu versehen. ››Abkürzungen im Text sind zu vermeiden bzw. bei der ersten Nennung aufzulösen. ››Zitationsstellen sind im laufenden Text zu belegen. ››Inhaltliche Beiträge sollen 20.000 Zeichen incl. Leerzeichen in einer unformatierten Word-Datei nicht überschreiten (ohne Abbildungen). Jedem Beitrag sollte ein Abstract in deutscher Sprache mit max. 500 Zeichen beigefügt werden. ››Abbildungen sind sehr erwünscht und sollten mindestens 300 (besser 600) dpi-Auflösung haben (raw-, jpg-, gif-, tif-Format). Die Abbildungen sind durchzunummerieren und mit Bildunterschriften unter Angabe der abgebildeten Personen sowie der Rechteinhaberin bzw. des Rechteinhabers zu versehen, ggf. ist eine Abdruckgenehmigung beizufügen. Platzierungswünsche im Text sollten dort kenntlich gemacht werden. ››Die Autorin oder der Autor stellt sich mit vollem Namen, Titel sowie ggf. mit Position und Anschrift der Institution vor. Für längere Beiträge wird ein Foto erbeten. 3. Die Redaktion behält sich kleinere Korrekturen und Kürzungen vor, grundlegende Änderungen sind nur im Einverständnis mit der Autorin oder dem Autor möglich. 4. N ach Erscheinen erhalten Autorin oder Autor ein Belegexemplar. 5. Redaktionsschluss für die Hefte ist jeweils 6 Wochen vor dem Erscheinungstermin: der 15. 02. für Heft 1, der 15. 05. für Heft 2, der 15. 08. für Heft 3 und der 15. 11. für Heft 4. Mit Ihrer Hilfe kann ProLibris noch attraktiver werden! Senden Sie uns Ihre Artikel, Ihre Anregungen, Ihre Kritik. 98 100 »… durch die Bibliothek ist man geworden, wer man ist.« DENKANSTÖSSE 100 Bibliotheken machen das Gefühl des Dazugehörens erlebbar In seiner Rede zur Eröffnung des 103. Deutschen Bibliothekartags in Bremen bricht Thomas Böhm eine Lanze für die Bibliotheken – subjektiv, amüsant, emotional. IM FOKUS: DISCOVERY SERVICES 104 Eine Einführung in die Welt der Discovery Services Was sind Discovery Services? Was leisten sie? Dr. Peter Kostädt (USB Köln) beschreibt, wie viel unkomplizierter Max Mustermann den Aufsatz über Schwarze Löcher mit der »Einschlitzsuche« finden kann. 109 FHB Aachen, Köln und Münster entwickeln ihr Suchportal 112 ULB Bonn – Discovery Portal mit dem Index Summon und der Oberfläche VuFind 3 /14 104 125 133 116 Seit Ende 2012 nutzt die UB Duisburg-Essen Primo inklusive Primo Central KONZEPTE KURZ & KNAPP 125 »Wir sind Bürgermeister!« Wie Kinder mit digitalen Medien kreativ arbeiten Das »Zelius« in Neuenrade ließ im Rahmen des Projekts »Lesen macht stark« Viertklässler mit digitalen Medien zum Thema Stadtplanung experimentieren. 135 Der Book-Slam® in Hattingen – Leseförderung für Jugendliche 127 Leverkusen – Mit »Bibliofreak« mehr Verständnis gewonnen 139 U lrich Moeske: Ein »Local Hero« geht in den Ruhestand Die Technik hinter dem Suchschlitz ist kompliziert. 120 Das Projekt »Schnellsuche NRW« – Discovery für alle? Bibliotheken, die auf deutschsprachige Fachliteratur fokussiert sind, finden kein Produkt, um ihren Gesamtbestand in einer zeitgemäßen Rechercheumgebung anzubieten. Das will das Projekt »Schnellsuche NRW« unter Federführung des HBZ ändern. 121 Kommentar: Discovery für die Öffentlichen Bibliotheken entdecken! 122 »One slot« für die Kunden der Stadtbücherei Münster Die Stadtbücherei Münster gehört zu den ersten Öffentlichen Bibliotheken im Land, die ihren Nutzern die Einschlitzsuche ermöglichen wird. 124 Stadtbibliothek Paderborn – langjähriger Partner für »OPEN« Kunden schätzen die Benutzerfreundlichkeit des Systems. »Wir sind Bürgermeister!« ENTDECKUNGEN Ein zerrupfter Reichsadler auf beschädigtem Plakat PERSONALIEN 136 Wolfgang Schmitz: Einer, der nie »nur« Bibliothekar war 142 Meldungen 128 Kolumne: Neues vom Alten Buch AUSBLICK 133 In »Papiergewittern« – Sammlung Weltkrieg in der ULB Münster Leihgaben aus der 1953 von einem Privatmann erworbenen Sammlung wurden bei der ULB Münster anlässlich des Kriegsausbruchs vor 100 Jahren stark nachgefragt. Heft 4-2014 IM FOKUS »Ehrenamt« Titelfoto: shutterstock 99 DENKANSTÖSSE / 3 /14 BIBLIOTHEKEN MACHEN DAS GEFÜHL DES DAZUGEHÖRENS ERLEBBAR Rede zur Eröffnung des 103. Deutschen Bibliothekartags in Bremen Wir spielten »Verstecken«. Der einzige Ort, der mich vor dem Aufgespürt-Werden bewahren konnte, war dieser Raum, von dem ich nur wusste, weil man es von außen sehen konnte, dass darin Bücher aufbewahrt wurden. Ich war zehn Jahre alt, Kind einer Bergarbeiterfamilie in Oberhausen-Sterkrade. Wir wohnten in einer Zechensiedlung namens »Dunkelschlag«. Die einzigen Bücher in unserer Familie waren die KarlMay-Bände aus der Kaufhalle, von denen es hieß, mein Vater läse sie gerne, was meinem Bruder und mir Weihnachten und Papas Geburtstage ungemein vereinfachte. Ich habe nie gesehen, dass mein Vater Bücher las. Meine Mutter las eine Zeitschrift namens »Freizeitrevue«. Es gab auch Lesestoff für uns Kinder, mein liebster war Batman, der mir u. a. die Erkenntnis vermittelte, dass es andere Länder und andere Sprachen gibt, da Batman in »Sonderband Nr. 1« um die Welt reist und Verbrechen bekämpft. Einer der gestellten Gangster ruft im Schatten des Eifelturms überrascht aus: »Mon Dieu, le Batman.« Ich hörte die Schritte und die Rufe der anderen Kinder, gleich würden sie da sein. Verstecken. Hinein in diesen Raum. Schon stand ich vor dem Schreibtisch einer älteren Dame, die mich anlächelte und sagte: »Hallo. Möchtest Du Bücher ausleihen? Hast Du denn schon einen Büchereiausweis?« Als ich diese Szene aufschrieb, wurde mir wieder bewusst, was für ein wichtiger Moment meines Lebens das war. Ich habe mir vorgenommen, einen Augenblick vor Ihnen zu zögern – aus Dankbarkeit für diese Frage, die mir vor 35 Jahren eine Kollegin von Ihnen gestellt hat. Und als Hommage an die unzähligen Augenblicke, in denen Sie, meine Damen und Herren, diese Frage gestellt haben. »Ja, möchte ich. Kostet das was?« – »Nein. Du bist doch hier auf der Schule.« Als ich den Ausweis in Händen hielt, fragte ich: »Wie viele Bücher kann ich denn ausleihen?« – »Soviel du willst.« – »Und welche?« Irgendwo musste doch ein Haken sein, wahrscheinlich waren die wirklich interessanten Bücher nur für die Großen. »Alle. Schau Dich einfach um, was Dir gefällt.« Ich ging zwischen die Regale. Da war dieser unvergessliche Geruch: trockenes Papier; ein bisschen staubig. Ein stiller Geruch. Ich dachte: »Alle. Jedes Buch. Für mich.« Alle standen sie da und warteten. Zum ersten Mal hatte ich einen Eindruck davon, was ein »erfülltes Leben« sein könnte. Dieser Eindruck schlug sich aber nur bedingt in der Wahl meines ersten ausgeliehenen Buches nieder: »Die drei ??? und der sprechende Papagei«. Erlauben Sie mir, dieses kleine Selbstportrait als ursprünglich akzidentiel-ler Bibliotheksbesucher mit einer kurzen Episode zu beenden. Während ich als Programmleiter des Literaturhauses in Köln arbeitete, beschloss der Rat der Stadt 2003, die Schulbibliotheken zu schließen. Drei Mütter gründeten daraufhin ein Aktionsbündnis, in dem Eltern, Schüler, Bibliothekare und Lehrer gemeinsam gegen die Schließung kämpften; mit viel Phantasie: Unter anderem gewannen sie für jede Schulbibliothek Kölner Schriftsteller als Paten, so dass die Streichungspolitiker plötzlich nicht mehr nur Zahlen vor sich hatten, sondern Gesichter, Werke, Kulturträger. Die Schulbibliotheken blieben erhalten, die Initiative namens »Leselust statt Pisafrust« wurde mit der Karl-Preusker-Medaille aus- Und natürlich waren da Erzähler in unserer Familie, der beste war mein Opa. Meine Lieblingsgeschichte war die, wie Opa eines Tages im Zoo von einem ausgebrochenen Löwen angegriffen wird. Mit weit aufgerissenem Maul baut sich die Bestie auf. Opa greift ihr blitzschnell tief in den Schlund, packt zu und zieht das Tier von links auf rechts, so wie man einen Pullover umstülpt. Damit war der Löwe unschädlich gemacht. 100 Foto: Bibliothekartag THOMAS BÖHM Literaturfestival Berlin 3 /14 gezeichnet, die Verleihung fand im Literaturhaus statt, in dem sich das Aktionsbündnis von Anfang an traf. Natürlich kennen Sie derartige Episoden. Viele von Ihnen sind beständig mit Kürzungen oder nicht ausreichenden Mitteln konfrontiert, was umso weniger zu verstehen ist, wenn man sieht, was Bibliotheken jeden Tag leisten: Sie sind die Motoren der Integration, die Orte der lebenslangen Bildung, des Zugangs zum Wissen. Sie heißen Menschen jeden Alters, jeder Herkunft, jedes Bildungsstandes willkommen. Keine andere Institution tut soviel auf diesen Gebieten, die immer wieder als wichtige politische Ziele, als gesamtgesellschaftliche Aufgaben genannt werden. Wenn man dann aber hört, dass die Öffentlichen Bibliotheken bis heute eine »Kann-Aufgabe«, also eine freiwillige Leistung sind, muss man sich fragen, wie ernst es Politikern wirklich damit ist, wenn sie von Integration, Bildung, Teilhabe sprechen. Vielleicht kennen die ja die Zahlen nicht: Einer noch nicht veröffentlichten Umfrage nach geben mehr als die Hälfte der Benutzerinnen und Benutzer der Bibliotheken in Berlin an, dass ihre Muttersprache nicht Deutsch ist. Sollte die verschriene Parallelgesellschaft am Ende eine Lesegesellschaft sein? Eine bekannte Zahl: 210 Millionen Besucher nutzen jedes Jahr die Bibliotheken, die damit noch vor den Museen die meistbesuchten Kulturinstitutionen in Deutschland sind. Zuweilen wünscht man sich, es würde sich eine »Partei der Bibliothekennutzer« gründen. Ich hätte nicht übel Lust, zu deren Gründung aufzurufen, zumal wenn ich die Polemiken lese, in denen Bibliotheken im Zeitalter des Internet grundsätzlich infrage gestellt werden, nach den Motti: Warum sich noch Wissen aus den begrenzten Beständen der Stadtteilbibliothek holen, wenn das World Wide Web offensteht? Warum sich überhaupt integrieren in lokale Gemeinschaften, wenn es weltweite Communities gibt? Warum für ein Buch zahlen, wenn ich die Datei auf einer perfiderweise sogenannten »Tauschbörse« auch umsonst bekommen kann? Und schließlich: Warum noch Bibliotheken unterhalten, die – wie ausgerechnet eine Schriftstellerin es nannte – doch bloß »Papiermuseen« sind? Es verrät viel über ein Kulturverständnis, wenn man das Wort »Museum« gebraucht, um polemisch auf etwas loszugehen, das angeblich »überflüssig« ist. Nach dieser Logik ist der Louvre nur ein Stein-, Holz-, Ölfarben und Leinwandmuseum. Den ganzen Plunder einfach hochauflösend abfotografiert, rein ins Netz und den Laden dichtmachen. Was man da allein an Versicherungspolicen spart. Warum sich mit drei Dimensionen rummühen, wenn es auch zweidimensional geht? Alles schön flach. Gerade lief der Film »Her« in den Kinos, der durchspielt, wie es aussehen könnte, wenn wir erstmal die richtige Emotionssoftware für unsere Handys haben und deshalb auf die wandelnden Gefühlsmuseen verzichten können, die wir »Geliebte« nennen. Die digitale Kultur hat in unser Inneres gegriffen und uns von Innen nach Außen gestülpt. Und da liegen wir jetzt: im Intimsten beobachtbar, manipulierbar. Das Internet, von dem behauptet wird, es könne alles besser als Bibliotheken, ist zuallererst eine Konsumfalle. Und was wir nicht mit Geld bezahlen, zahlen wir mit den von Neurowissenschaftlern im Auftrag der Internetkonzerne entwickelten Angriffen auf die Gehirnbereiche, die bei impulsiven Entscheidungen aktiv werden, um spontanes, instinktgesteuertes Verhalten auszulösen: »Jetzt mit einem Klick kaufen.« Da liefert die Geschichte meines Opas eine gute Metapher: Die digitale Kultur hat in unser Inneres gegriffen und uns von Innen nach Außen gestülpt. Und da liegen wir jetzt: im Intimsten beobachtbar, manipulierbar. 101 Was dies im Detail für die Bildung, die Forschung, für Bibliotheken und Buchkultur bedeutet, erläutern jüngst erschienene Bücher, deren Titel bereits eine gute Orientierung geben: »Present Shock: Wenn alles jetzt passiert« von Douglas Rushkoff; die Bücher von Roland Reuß »Fors. Der Preis des Buches und sein Wert«, »Ende der Hypnose. Vom Netz zum Buch« sowie »Die perfekte Lesemaschine. Zur Ergonomie des Buches« und zudem Jaron Laniers »Wem gehört die Zukunft? Du bist nicht der Kunde der Internetkonzerne. Du bist ihr Produkt«. Erlauben Sie, dass ich Ihnen diese Bücher nicht nur zur bereichernden Lektüre, sondern auch zur Anschaffung für Ihren Bestand empfehle, sie könnten sich als Lebensversicherungen erweisen. Diese Rede ist entstanden in den Räumen verschiedener Bibliotheken: Solchen, die ich in der Erinnerung besucht, anderen, die ich aktuell aufgesucht habe, um zu recherchieren, vor allem aber auch, um dazusitzen und zu schauen. Davon sind mir einige Bilder und Beobachtungen geblieben, die ich mit Ihnen teilen möchte. Das erste Bild – ich hatte grade an einem Fenster der Amerika-Gedenkbibliothek in Berlin Platz genommen – war eine Mutter, die in dem einen Arm ihr Baby trug, in dem anderen Arm Bücher. Und um beides gleichgut tragen zu können, schloss sie die Arme. Trug das Kind mit den Bücher und die Bücher mit dem Kind. Die Poesie dieser Geste ist selbsterklärend. Das nächste, was mir auffiel – und diese Beobachtung wiederholte sich in allen Bibliotheken, die ich besuchte – war, dass es dort eine bestimmte Bewegungsart gibt, die ich versuchsweise als »Bibliotheken-Schlendern« bezeichnen möchte. Es handelt sich dabei um ein gemächliches Gehen, das man auf der Straße nicht mehr sieht. Zu dieser Bewegungsart gehört, dass sich Menschen, die sich zwischen den Regalen begegnen, ansehen, sich oft auch anlächeln. Kurz, unverbindlich, aber nicht ganz sympathielos. Meine unsystematischen Studien führten mich zu dem Schluss, dass sich an keinem DENKANSTÖSSE / 3 /14 heimisch sind, die keine sozialen Bezienas Fansa) gewandelt hat. Auch möchte anderen Ort Unbekannte so oft anlächeln wie in Bibliotheken. Warum ist das so? Die- ich dem Eindruck entgegen treten, mit mei- hungen schaffen, sondern Einsamkeit und Gleichförmigkeit. An ses Lächeln ist Ausdruck dieser Stelle möchte ich eines freundlichen, genoch einmal auf die Gegenseitigen WahrnehIch erlebe mich nicht als Zuschauer, sondern aktiv als genüberstellung von Inmens, das vielerorts nicht ternet und Buchkultur mehr stattfindet. In der dazugehörend. Ich nehme die anderen Menschen zu sprechen kommen, Bibliothek können wir dort wahr, ich erfahre die Bibliothek als Ort der weil sie auch verknüpft uns wahrnehmen, weil es hier eine grundlegende Zusammenkunft ganz unterschiedlicher Menschen, als ist mit den Veränderungen des Stadtbildes. Gleichheit zwischen uns Ort des Dazugehörens, als Gesellschaft in nuce. gibt: Wir sind Suchen1984 veröffentlichte de. Unser Status ist nicht Paul Virilio einen Auf– wie überall anders – an Besitz, ans Haben, und damit an das Über- nen Beobachtungen des Lächelns, Schlen- satz, dessen Titel sich schwer ins Deutsche treffen gekoppelt. Wir sind hier, weil wir et- derns, der Kultivierung würde ich den Um- übersetzen lässt. »La ville surexposée«. Gemeint ist damit zum einen die durch das gang in Bibliotheken romantisieren. Das ist was nicht haben. mitnichten der Fall. Ich wende lediglich das, »falsche elektronische Licht« der Fernseher was die Kulturwissenschaften in den letz- und Bildschirme »überbelichtete Stadt«; in Wir sind zudem in der Bibliothek, weil wir uns anderen Menschen anvertrauen wol- ten Jahren unter dem Begriff der »Perfor- der die traditionellen Grenzen zwischen Tag und Nacht, Werktag und Wochenenlen; denen, die geforscht, geschrieben, ge- manz« erforscht haben, auf die Bibliothek de, Arbeit und Freizeit, verschwunden sind. an. Der große Wert der Betrachtung unter dacht haben – und an deren Werken uns die Bibliothek teilhaben lässt. Im wahrsten Sin- dem Gesichtspunkt der Performativität be- Man kann den Titel auch übersetzen mit ne »teilhaben«. Es gibt für mich kein sinn- steht darin, dass erkannt und beschreib- »die Stadt, die ihr Leben überaus gefährfälligeres Bild für das, was Kultur ausmacht, bar wird, dass etwas scheinbar Alltägliches, det«. Laut Virilio besteht diese Gefährdung als das Ausleihen eines Buches in einer Bi- wie der Besuch einer Bibliothek, ein kom- darin, dass der städtische Raum seine Bebliothek. Ich erwerbe kein Eigentum daran, plexer Vorgang beständiger Wechselwir- deutung verliert »an Systeme (...), deren kungen zwischen dem Ort des Geschehens, technologische Intensität unablässig die es wird für eine kurze Zeit anvertraut. Ich gesellschaftlichen Strukturen zerstört; an muss und will mit ihm pfleglich umgehen, den dort zugleich Anwesenden und ihren Systeme, die es ermöglichen, Objekte unHandlungen ist. damit drücke ich meinen Respekt aus. Eine mittelbar von einem Ort zum anderen zu Bibliothek zu nutzen heißt, sich in Respekt transportieren oder vielmehr zu deportieund Pflege zu üben, heißt: in einem tiefe- Indem ich den Ort Bibliothek betrete, dort suche, wahrgenommen werde, Dateien lese, ren; eine Deportation, die zum einen Deren Sinne, sich zu kultivieren. Bücher ausleihe... bin ich Teil der Perfor- portation von Personen innerhalb der VerWie sehr die Bibliotheken für die Ermög- manz von Kultur, von Gesellschaft. Ich erle- lagerung von Produktionsstätten ist und zum anderen Deportation der Aufmerklichung der Teilhabe, des nicht-kommer- be mich nicht als Zuschauer, sondern aktiv samkeit vom menschlichen Augenkontakt als dazugehörend. Ich nehme die anderen ziellen Zugangs zur Kultur stehen, zeigt sich auch daran, dass sie auch zur digita- Menschen dort wahr, ich erfahre die Biblio- (…) hin zum Interface zwischen Mensch len Welt Zugänge öffnen, kostenlose Ar- thek als Ort der Zusammenkunft ganz un- und Maschine.« Wenn Ihnen »Deportation« beitsplätze für Internetrecherchen anbie- terschiedlicher Menschen, als Ort des Da- ein zu hartes Wort erscheint, dann schauen Sie sich einmal die Berichte über die Arzugehörens, als Gesellschaft in nuce. Darin ten, Zugang zu Online-Katalogen, Lektüre von digitalen Publikationen, zudem Kur- liegt eine große Bedeutung von Bibliothe- beitsbedingungen bei Amazon an, wie dort Menschen aus anderen Ländern in die »Verken. Wie groß sie ist, erkennt man, wenn se anbieten, diese digitalen Möglichkeiten zu nutzen. Indem ich das erwähne, möch- man sich fragt, welche anderen Orten die- sandzentren« gebracht, dort wie Sklaven se Erfahrungen ermöglichen. Mir fällt kei- gehalten werden. te ich dem Missverständnis vorbeugen, mir wäre entgangen, wie sehr sich das Berufs- ner ein; stattdessen aber zahllose, in schier Auch darüber hinaus ist Amazon ein Beunerschöpflicher Zahl neu entstehende und bild des Bibliothekars von der freundlichen leg für das, was Virilio vor 30 Jahren vorumgebaute »Nicht-Orte« (Marc Augé) wie älteren Schulbibliothekarin meiner Jugend hin zum den »weltgewandten, kundeno- Einkaufszentren, Supermärkte, Bahnhöfe, aussah. Längst schließen Buchhandlungen, weil sie der Internet-Konkurrenz nicht mehr rientierten Informationsspezialisten« (Jo- Flughäfen. Orte, an und in denen wir nicht 102 3 /14 standhalten. Der sich ins Internet verlagernde Handel wird die Strukturen unserer Städte weiter zerstören. Weil diese Veränderungen aber von vermeintlichen Bequemlichkeiten verschleiert werden, und wir uns zugleich freiwillig einer Dressur zur Billigmentalität unterziehen, die uns jeden Maßstab für den Wert und die Dignität von Arbeit nimmt, stehen wir diesen Entwicklungen oft schulterzuckend gegenüber. Die Mütter damals in Köln hätten die Schließung der Schulbibliothek auch mit einem Schulterzucken hinnehmen können. »Dann ist die eben weg. Es gibt ja noch die Stadtteilbibliothek, die Zentralbibliothek, die Unibibliothek.« Aber sie haben erkannt, dass es auf jeden einzelnen Ort ankommt. Und dass es auf Menschen ankommt, die sich ihm zugehörig fühlen. Meine Damen und Herren, in diesem Gefühl des Dazugehörens liegen das Potential und die Zukunft für die Bibliotheken. Wie groß der Bedarf nach solchen Orten des Zusammengehörens im Zeichen der Kultur ist, die Zentren einer gelebten Stadtkultur sind, zeigen die jüngsten Bibliotheksbauten oder Umgestaltungen in Arhus, Amsterdam, Birmingham, Bremen, Stuttgart, Wien – um nur einige zu nennen; die meisten allerdings finden sich bezeichnenderweise nicht hen soll, dann müssen die Menschen auch Zugang zu fundierten Informationen haben. Konkret: Welche Stadtbibliothek hat schon grundlegende Bestände zum Thema Städtebau. Dem Thema, das die größte Konfliktgefahr besitzt und die Politik immer wieder in Sackgassen führt. Lassen Sie mich aber zurückkommen zum Gefühl des Dazugehörens. Dieses Gefühl schließt auch Elemente ein wie Dankbarkeit; durch die Bibliothek ist man geworden, wer man ist. Oder das Gefühl der Verpflichtung; so wie ich mich um das einzelne Buch kümmere, bin ich bereit, mich um die Bibliothek zu kümmern. Ich glaube, dass viele Menschen in Bibliotheken diese Gefühle empfinden, die in Besucherumfragen nicht vorkommen, sie sind zu persönlich. Zudem sind sie schwer in Worte zu fassen. Diese Gefühle des Dazugehörens, der Dankbarkeit, der Verpflichtung, die ich gegenüber Bibliotheken empfinde, werden durch die Bezeichnungen, die die Bibliothek auf mich anwendet, nicht erreicht. Ich fühle mich weder als »Benutzer«, noch als »Kunde«, noch als »Gast«, noch als »Besucher«..., auch wenn ich all das sicher bin. Ich möchte Ihnen diese Namensgebung nicht vorwerfen, mir ist trotz wochenlangem Überlegen Die Bibliotheken nutzen den Reichtum der Menschen nicht, die zu ihnen kommen. Der Reichtum, der in all den Fähigkeiten liegt, die die Menschen auch mithilfe der Bibliotheken gewonnen haben. in Deutschland. Alle Kommunalpolitiker, die etwas auf sich halten, sollten solche Bibliotheken besuchen, deren immensen Erfolg studieren – sofort hätten sie ein Modell für eine Stadtentwicklung, die tatsächlich zukunftsweisend ist. Denn wenn die Demokratie in Sachen Mitbestimmung weiterentwickelt wird, und dies gemeinsam mit Informierten, nicht mit Wutbürgern gesche- auch nichts Besseres eingefallen. Trotzdem: All diese Bezeichnungen weisen für mich darauf hin, dass die Bibliotheken nicht wirklich wissen, was sie den Menschen bedeuten. Dementsprechend wenige Aufforderungen habe ich gefunden, mich für Ihre Belange zu engagieren. Hier mal ein Freundeskreis, dort eine Vorlesestunde für Kinder. Alles sinnvolle Projekte, aber sehr defensiv. 103 Die Bibliotheken nutzen den Reichtum der Menschen nicht, die zu ihnen kommen. Der Reichtum, der in all den Fähigkeiten liegt, die die Menschen auch mithilfe der Bibliotheken gewonnen haben. Ich weiß: Ehrenamtliche Mitarbeit in Bibliotheken ist ein heikles Thema: Kaum findet man Freiwillige, neue Sponsoren, schon werden die Mittel weiter gekürzt. Und um ehrenamtliches Engagement zu organisieren, bedarf es Personal. Aber: Lassen Sie uns nicht gleich an das Geld denken. Ideen kosten nichts. Laden Sie die Menschen ein: zum Erinnern ihrer Bibliotheksgeschichten. Verstärken Sie das Gefühl des Zusammengehörens. Und sprechen Sie uns ruhig an. Sie als diejenigen, die immer ansprechbar, immer hilfsbereit sind. Gehen Sie einen Schritt weiter. Fragen Sie uns nach unserem Wissen, wir bringen es genauso gerne ein wie Sie. Formulieren Sie, wo Sie uns brauchen können. Lassen Sie uns zusammen neue Geschichten erzählen und – dem Motto des Bibliothekartages »Wir öffnen Welten« folgend – Welten des Zusammengehörens öffnen. Bremen bietet dafür eine wunderbare Inspiration, weil mit der Stadt eine Geschichte verbunden ist, die davon handelt, dass Wesen mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten sich zusammentun, um eine Idee zu verfolgen. Diese Idee verwirklichen sie nicht, aber am Ende haben sie ein Haus, einen Ort, der ihren ganz unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht wird. Die Gebrüder Grimm haben ihren Lesern vertraut, deshalb haben sie diesen Ort nicht weiter beschrieben und vor allem das Detail weggelassen, von dem sie wussten, dass die lesende Phantasie es ergänzt. Und zwar wie folgt. »Von nun an getrauten sich die Räuber nicht weiter in das Haus. Die vier Bremer Stadtmusikanten jedoch entdeckten darin einen Raum voller Bücher. Und bald schon kamen die Tiere des Waldes zusammen, um dort bei den Büchern zu verweilen und zu lesen. Und allen gefiel es so wohl darin, dass sie nicht wieder heraus wollten.« 3 /14 IM FOKUS / ›› IM FOKUS: DISCOVERY SERVICES EINE EINFÜHRUNG IN DIE WELT DER DISCOVERY SERVICES Warum geben Bibliotheken Geld für einen kommerziellen Discovery Service aus? Was ist überhaupt ein Discovery Service und wovon genau profitieren eigentlich unsere Benutzer? Der folgende Beitrag versucht diese Fragen anhand eines Fallbeispiels zu beantworten, das sich so vermutlich täglich mehrfach in unserer Bibliothekslandschaft abspielt. Am Beispiel der Universitäts- und Stadtbibliothek (USB) Köln wird abschließend aufgezeigt, wie sich ein Discovery Service in das eigene Webangebot integrieren lässt. Endanwender, die durch Internetsuchmaschinen und Online-Shops geprägt sind, finden erst seit einigen Jahren Berücksichtigung. Viele Online-Kataloge gleichen daher auch heute noch eher einem Inventarverzeichnis als einer Literatursuchmaschine. PETER KOSTÄDT Universitäts- und Stadtbibliothek Köln DIE TIEFEN DES DEEP WEB FALLSTRICKE DER LITERATURSUCHE Max Mustermann studiert Physik im dritten Semester. Er ist auf der Suche nach einem populärwissenschaftlichen Aufsatz über Schwarze Löcher, den seine Professorin in der letzten Vorlesung erwähnt hat. Erscheinungsjahr und Heftnummer hat er sich leider nicht notiert, er hat aber von einem Kommilitonen erfahren, dass der Aufsatz in elektronischer Form über das Campusnetz abgerufen werden kann. Die Webseite der Bibliothek kennt Max Mustermann bereits, da er regelmäßig Lehrbücher ausleiht. Mit dem seltsamen Begriff »Web-OPAC« kann er zwar nach wie vor nichts anfangen, er weiß aber mittlerweile, dass er dort nach der Literatur suchen kann, die in der Bibliothek vorhanden ist. Den Aufsatz über Schwarze Löcher findet er dennoch nicht, obwohl er den Aufsatztitel korrekt eingegeben hat. Die Überführung der Zettelkataloge in weltweit frei zugängliche Online-Kataloge zählt sicherlich zu den größten Errungenschaften der Bibliotheksautomatisierung. Seit den ersten Implementierungen in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die Programmfunktionen der »elektronischen Zettelkästen« kontinuierlich ausgebaut. Die Weiterentwicklung der Katalogsysteme orientierte sich jedoch mehr als 30 Jahre lang überwiegend an bibliothekarischen Anforderungen. Die Nutzungsgewohnheiten der Max Mustermann muss in der Bibliothek ein ausgeliehenes Buch zurückgeben. Er nutzt die Gelegenheit, um an der Info-Theke nach dem Aufsatz über Schwarze Löcher zu fragen. Die freundliche Bibliothekarin erklärt ihm, dass man im Katalog nicht nach Aufsatztiteln, sondern lediglich nach Buch- und Zeitschriftentiteln suchen kann. Sie zeigt ihm auf der Bibliothekswebseite den Menüpunkt »Datenbanken«, der eine Vielzahl von unterschiedlichen Aufsatzdatenbanken auflistet, die nach Fachgebieten geordnet sind. Die umfangreiche Auflistung wirkt auf Max Mustermann eher abschreckend. Er fragt sich, warum man die auf über hundert Fachdatenbanken verstreuten Literaturnachweise nicht auch über eine Internetsuchmaschine, wie z. B. Google, finden kann. Die über Fachdatenbanken bereitgestellten Inhalte liegen überwiegend im Deep Web. Das Deep Web bezeichnet den Teil des Internets, der den Datensammlern der Internetsuchmaschinen, den sogenannten Crawlern, verborgen bleibt. Beispiele sind Informationen aus Datenbanksystemen, die dynamisch durch Suchanfragen generiert werden, oder Inhalte, die nicht frei zugänglich sind und daher mit einem IP- oder Passwortschutz versehen sind. Die Datenmenge des Deep Webs ist weitaus größer als die des Visible Webs, das über die Internetsuchmaschinen erschlossen wird. Das Web wird daher gerne mit einem Eisberg verglichen, dessen größ- 104 3 /14 ter Teil unterhalb der Wasseroberfläche liegt. Lediglich die Spitze des Eisbergs ist sichtbar und kann daher über Google, Bing und Co durchsucht werden. Natürlich hat Max Mustermann bereits versucht, den Aufsatz über Google zu bekommen. Er ist auch direkt fündig geworden, da der Verlag die in seiner Zeitschrift publizierten Beiträge auf einer Webseite auflistet, die für jedermann – und somit auch für die Crawler – frei zugänglich ist. Die Aufsätze liegen sogar in elektronischer Form vor, Max Mustermann hat aber keine Zugriffsrechte und das teure Payper-View-Angebot kommt für ihn als Student nicht in Frage. Die Verlagsseite stellt daher für ihn eine Sackgasse dar. Er erfährt weder, dass seine Bibliothek die Zeitschrift in Printform besitzt, noch, dass die Bibliothek im Uni-Netz einen Zugriff auf die Volltexte über einen Aggregator bietet. Max Mustermann folgt daher dem Tipp der Bibliothekarin und klickt sich durch die Liste der Fachdatenbanken. Erstaunlich, was man hier alles findet. Dennoch gelingt es ihm nicht, die Datenbank zu finden, die den gesuchten Aufsatz nachweist. Drei Datenbanken von verschiedenen Anbietern hat er bereits ausprobiert, und jedes Mal hat es eine Zeit gedauert, bis er sich in der jeweiligen Suchoberfläche zurechtgefunden hat. Ideal wäre daher aus seiner Sicht ein System, über das man alle Datenbanken gleichzeitig durchsuchen kann. METASUCHSYSTEME filter zur nachträglichen Einschränkung der Ergebnisse, die er von seinen Einkäufen bei Amazon und eBay kennt. Und es kommt noch schlimmer: Den Aufsatz »Schwarze Löcher aus der Urzeit« kann er auch in der DigiBib nicht finden (was daran liegt, dass er mit den Begriffen »Schwarzes Loch Urzeit« gesucht hat). DISCOVERY-SYSTEME Mit den Discovery Services sind vor ein paar Jahren neue Produkte auf den Markt gekommen, die eine schnelle und komfortable Suche in den bibliotheksrelevanten Inhalten des Deep Web bieten. Die Idee dabei ist, die Daten aus den verschiedenen Quellen einzusammeln und in einem zentralen Suchmaschinenindex zusammenzuführen. Dies garantiert kurze Antwortzeiten und ermöglicht darüber hinaus ein Relevanzranking der Treffer sowie die Möglichkeit, die Suchergebnisse über Facetten per Mausklick einzugrenzen (Drill-Down). Aufgrund des hohen Aufwands, der mit der Aggregation und Indexierung der heterogenen Daten aus den verschiedensten Informationsquellen verbunden ist, haben sich am Markt nur wenige Anbieter von Discovery-Systemen etabliert, die mit ihren Produkten eine vollständige Content-Abdeckung anstreben: ››Ebsco Discovery Service (Ebsco Information Services) ›› Primo Central (Ex Libris Group) ›› Summon (ProQuest) ››WorldCat Discovery (OCLC) Die Realisierung einer parallelen Suche in Katalogen und Fachdatenbanken war Ziel des mit Landesmitteln geförderten Projekts Digitale Bibliothek NRW (DigiBib), das von 1998 bis 1999 unter der Projektleitung der UB Bielefeld durchgeführt wurde. Seit 2000 liegt die Geschäftsführung beim Hochschulbibliothekszentrum (HBZ) des Landes Nordrhein-Westfalen, das sich um den Betrieb und die Weiterentwicklung des Systems kümmert. Die DigiBib wurde ursprünglich als Metasuchsystem konzipiert: Eine vom Nutzer eingegebene Suchanfrage wird im Hintergrund über ein Softwaremodul an die verschiedenen Zieldatenbanken weitergeleitet. Die Suchergebnisse werden an das Softwaremodul zurückgeliefert, in ein einheitliches Metadatenformat konvertiert und zu einer Ergebnisseite zusammengefasst. Mit einer Anfrage lassen sich auf diese Weise verschiedene Informationsquellen gleichzeitig durchsuchen, ohne dass der Endnutzer das Suchinterface wechseln muss. Max Mustermann hat mittlerweile entdeckt, dass auch seine Bibliothek einen Recherchezugang über die DigiBib anbietet. Die Oberfläche ist an das Layout der Hochschule angepasst und sogar für die Nutzung über Smartphones optimiert. Vom Suchkomfort der Metasuche ist Max Mustermann allerdings nicht gerade begeistert. Die Datenbanken haben teilweise recht lange Antwortzeiten, die Ergebnisse werden daher in separaten Trefferblöcken angezeigt. Hinzu kommt das Problem, dass die Sortierung der Treffer nicht einheitlich ist. Er würde gerne alles nach Relevanz sortieren lassen. Zudem fehlen die Such- 105 3 /14 IM FOKUS / Max Mustermann macht sich auf die Suche nach einem Aufsatz über Schwarze Löcher. Die Indizes der kommerziellen Discovery Services umfassen mehrere hundert Millionen Dokumente. Sie werden komplett von den jeweiligen Anbietern gehostet, so dass die lokale Installation von Software auf Seiten der Bibliotheken ebenso entfällt wie das regelmäßige Einspielen von Datenaktualisierungen. Hinsichtlich der Benutzeroberfläche ergeben sich für die Bibliotheken aus NRW verschiedene Optionen: 1. Nutzung der Suchoberfläche des Anbieters des Discovery-Systems 2.Integration des Discovery-Systems in die DigiBib 3.Integration des Discovery-Systems in ein lokales Portal Bei der Option 1 entsteht für die Bibliothek keinerlei Implementierungsaufwand, da die Suchoberfläche vom Anbieter gehostet wird. Eine Anpassung der Oberfläche an das Corporate Design der eigenen Einrichtung ist dafür jedoch nur begrenzt möglich. Gleiches gilt für die Option 2, bei der die Funktionen des Discovery-Systems vom HBZ über eine Programmierschnittstelle (API) in die DigiBib-Ober- flächen eingebunden werden. Durch die Integration in die DigiBib ergeben sich allerdings mehrere Vorteile, wie z. B. die nahtlose Verknüpfung mit der Online-Fernleihe und den lokalen Bestell- und Kontofunktionen. Ein Beispiel für Lösung 1 findet sich in der WHUBibliothek, deren Online-Katalog mit einem separaten Sucheingabefeld ausgestattet wurde, das die Nutzer in die Suchoberfläche des Ebsco Discovery Service führt.(1) Beispiele für Lösung 2 sind die DigiBib-Sichten der FHB Aachen(2), FHB Köln(3), FHB Münster(4) und UB Wuppertal(5), in denen jeweils über einen separaten Reiter die Suchergebnisse des Ebsco Discovery Service parallel zu den Katalogtreffern angeboten werden. Die Option 3, die für die Bibliothek mit der größten Flexibilität und dem höchsten Aufwand verbunden ist, bietet die Möglichkeit der nahtlosen Integration des Discovery-Index in das eigene Suchportal. Anwendungsbeispiele hierfür liefern die Webangebote der UB Bielefeld (Ebsco Discovery Service)(6), UB Bochum (Testphase mit Ebsco Discovery Service und Summon)(7), ULB Bonn (Summon)(8), UB Dortmund (Summon)(9), UB DuisburgEssen (Primo Central)(10), ULB Düsseldorf (Primo Central)(11), USB Köln (Ebsco Discovery Service)(12), ULB Münster (Primo Central)(13) und UB Paderborn (Primo Central)(14). Verschiedene Ansätze existieren auch für das Zusammenspiel zwischen dem Discovery-Index und den lokalen Katalogdaten. Primo Central wird in NRW bislang ausschließlich von Bibliotheken genutzt, die von Ex Libris auch das Suchportal Primo lizenziert ha- 106 Foto: shutterstock WorldCat Discovery löst die bisherigen OCLC-Produkte FirstSearch und WorldCat Local ab, die in Deutschland bislang nicht vertrieben wurden. Ebsco Discovery Service, Primo Central und Summon sind dagegen schon seit einigen Jahren auf dem deutschen Markt erhältlich. Die Systeme werden daher auch bereits von einigen Hochschulbibliotheken in NRW eingesetzt. 3 /14 ben. Primo wird von der Bibliothek oder einem Dienstleister, wie z. B. dem Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg (KOBV), betrieben. Die Katalogdaten liegen dabei in einem lokalen Suchmaschinenindex, der mit dem zentral gehosteten Primo-Central-Index bei einer Recherche zusammengeschaltet werden kann. Bei den Produkten Ebsco Discovery Service und Summon ist eine übergreifende Suche nur dann möglich, wenn die Katalogdaten zuvor von Ebsco bzw. ProQuest mit in den zentralen Discovery-Index eingespielt wurden. Die Frage, inwieweit die Einbeziehung der lokalen Katalogdaten sinnvoll ist, wird von den Bibliotheken vor dem Hintergrund der jeweiligen Rahmenbedingungen unterschiedlich beantwortet. Aufgrund der fehlenden Normdatenanbindung und der heterogenen Sacherschließung von Aufsatzdaten haben sich die Bibliotheken teilweise dafür entschieden, getrennte Ergebnislisten für die Treffer aus dem Katalog und dem Discovery-Index anzubieten. Unterschiedliche Herangehensweisen existieren auch in Bezug auf die Content-Abdeckung: Bei einem Teil der Bibliotheken enthält das gewählte Indexprofil des Discovery-Systems nur die Inhalte, die von der Bibliothek in gedruckter oder elektronischer Form vorgehalten werden. Für den anderen Teil der Bibliotheken soll der Discovery-Index dagegen die Möglichkeit einer globalen Suche bieten, die möglichst viele Quellen abdeckt. Die Zugriffsoptionen werden dabei erst im zweiten Schritt über einen Link-Resolver ermittelt, der die Nutzer bei fehlendem lokalem Bestand zur Fernleihe weiterleitet. Max Mustermann ist am Wochenende zu Besuch bei seiner Freundin Erika, die in Köln studiert. Erika zeigt ihm das Webangebot der Universitäts- und Stadtbibliothek, auf der sich direkt auf der Startseite ein Sucheingabefeld befindet, über das man auch nach Aufsätzen suchen kann. Eine Recherche mit den Begriffen »Schwarzes Loch Urzeit« bringt hier in Sekundenschnelle Treffer aus dem Ebsco Discovery Service, unter denen sich der gewünschte Aufsatz mit dem Titel »Schwarze Löcher aus der Urzeit« findet. Bei der Suche in den mehreren hundert Millionen Dokumenten aus zahlreichen Fachdatenbanken werden also automatisch verschiedene Wortformen der Suchbegriffe mit abgesucht. In der Detailanzeige bekommt Max Mustermann einen Link angeboten, der ihn unmittelbar zum Volltext des gewünschten Artikels führt. Er ist also bereits nach drei Klicks am Ziel. DAS SUCHPORTAL DER USB KÖLN Die USB Köln betreibt seit 2009 ein Webportal, welches die allgemeinen Informationen der Bibliothek mit den vielgenutzten Such-, Bestell- und Kontofunktionen unter einer Oberfläche vereint.(15) Das Portal basiert auf dem Open Source Content Management System ZMS und auf der Software IPS des HBZ, die auch für die DigiBib zum Einsatz kommt. 60.000 50.000 40.000 30.000 20.000 10.000 0 08.2011 01.2012 06.2012 01.2013 06.2013 Abb. 1: Nutzung des Ebsco Discovery Service im Portal der USB Köln (Zahl der Suchanfragen) 107 01.2014 06.2014 3 /14 IM FOKUS / Zentrales Element der Startseite ist ein Suchschlitz, der die Recherche in den meistgenutzten Suchprofilen ermöglicht: ›› Suchprofil »USB«: Suchmaschinenindex mit 3,5 Millionen Katalognachweisen der USB Köln und der gemeinsamen Fachbibliotheken. Der Index beinhaltet darüber hinaus Nachweise von rund 3 Millionen gemeinfreien E-Books und Digitalisaten sowie mehreren tausend ausgewählten Print- und E-Medien aus dem Buchhandel, die von authentifizierten Benutzern im Namen der Bibliothek bestellt werden können (Patron-Driven-Acquisition). ›› Suchprofil »Uni«: Suchmaschinenindex mit den Daten des Profils »USB« und den Katalogdaten der Instituts- und Seminarbibliotheken der Universität zu Köln. ›› Suchprofil »Köln«: Kataloge von zehn Kölner Bibliotheken, die größtenteils nicht im HBZ-Verbundkatalog enthalten sind und daher über eine Metasuche zusammengeführt werden. ›› Suchprofil »Deutschland«: Metasuchprofil mit den Katalogen der sechs deutschen Bibliotheksverbünde, der Deutschen Nationalbibliothek, der Zeitschriftendatenbank und der Bibliotheken der Universität zu Köln. ›› Suchprofil »nur Zeitschriften«: Metasuchprofil mit den Katalogen der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek (EZB) und der Zeitschriftendatenbank (ZDB). ›› Suchprofil »Aufsätze & mehr«: Suchmaschinenindex des Ebsco Discovery Service mit Nachweisen von mehreren hundert Millionen Artikeln aus Fachzeitschriften, Zeitungen und Büchern. Die sechs Suchprofile werden in der einfachen Suche über Radionbuttons (»Optionsfelder«) angeboten, d. h. eine Mehrfachauswahl bzw. eine gleichzeitige Recherche in allen Datenquellen ist hier nicht möglich. Dies ist im Wesentlichen der Tatsache geschuldet, dass aktuell noch kein Discovery- bzw. Suchmaschinenindex existiert, der die Daten sämtlicher Bibliotheks- und Verbundkataloge zusammenführt. Die USB hat sich daher zunächst bewusst gegen eine Einspeisung der eigenen Katalogdaten in den DiscoveryIndex entschieden. Die USB Köln bietet ihren Nutzern den Ebsco Discovery Service (EDS) seit Mitte 2011 an.(16) Abbildung 1 zeigt den kontinuierlichen Anstieg der Nutzung in den vergangenen drei Jahren. Die dargestellten Balken entsprechen jeweils der Anzahl der monatlichen Suchanfragen, die über das Profil »Aufsätze & mehr« im USB-Portal abgesetzt wurden. Wie sich zeigt, ist die Nutzung in den letzten drei Jahren um den Faktor fünf angestiegen. Im Mai 2014 wurden erstmals mehr als 60.000 Suchanfragen an den Discovery Service abgesetzt, die Anzahl der Einzeltrefferaufrufe lag in diesem Monat bei 36.000, die Zahl der Volltextklicks bei ca. 19.000. Stichproben zeigen, dass die Nutzung der Fachdatenbanken über die originären Suchoberflächen der Provider in den vergangenen Jahren in etwa gleich geblieben ist. Der Discovery-Index ersetzt also nicht das Fachdatenbankangebot mit seinen individuellen, komplexen Suchmöglichkeiten, sondern bietet gerade für die Studierenden einen einfachen und schnellen Einstieg in die Welt der Fachinformationsrecherche. ENDNOTEN 1. h ttp://heine.bib.whu.edu/webOPACClient/start.do 2. www.digibib.net/?LOCATION=A96 3. www.digibib.net/Digibib?LOCATION=832 4. www.digibib.net/Digibib?LOCATION=836 5. www.digibib.net/Digibib?LOCATION=468 6. http://ub.unibi.de/bkat 7. https://suchen.ub.rub.de Die Trennung der Suchprofile hat aber auch noch einen anderen Grund: Die Studierenden, die den Großteil der Nutzung verursachen, haben gerade in den ersten Semestern ausschließlich Interesse an (Lehr-) Büchern. Insgesamt 85 % der über die Startseite des USB-Portals gestellten Suchanfragen entfallen daher auf die Katalogprofile »USB« (52 %), »Uni« (19 %), »Deutschland« (8 %) und »Köln« (6 %). Um die Nutzer auch bei einer Katalogsuche auf die von der USB lizenzierten Volltextartikel aufmerksam zu machen, werden sämtliche Suchanfragen im Hintergrund an den Discovery-Index geschickt. Sofern dort Ergebnisse mit Volltextzugriff gefunden werden, wird ein entsprechender Hinweis am Rand der Katalogtrefferliste eingeblendet, der mit den Ergebnissen des Suchprofils »Aufsätze & mehr« verlinkt ist. 8. http://bonnus.ulb.uni-bonn.de 9. www.ub.tu-dortmund.de/katalog 10. http://primo.ub.uni-due.de 11. http://katalog.ulb.hhu.de 12. http://www.ub.uni-koeln.de 13. http://disco.uni-muenster.de 14. https://katalog.ub.uni-paderborn.de 15. Kostädt, Peter: Alles unter einem Dach. Das neue Webportal der USB Köln. In: ProLibris, 4 (2009) S. 160-163. www.bibliotheken-nrw.de/fileadmin/Dateien/Daten/ ProLibris/ProLibrisPDF/2009/2009-4.pdf 16. Kostädt, Peter: Einsatz und Nutzung des Ebsco Discovery Service in der Universitäts- und 108 Stadtbibliothek Köln. In: ABI-Technik 32 (2012) 3, S. 122-127. http://dx.doi.org/10.1515/abitech-2012-0025 3 /14 FHB AACHEN, KÖLN UND MÜNSTER ENTWICKELN IHR SUCHPORTAL ANDREA STÜHN Fachhochschulbibliothek Aachen (1) Bibliotheken möchten ihren Nutzerinnen und Nutzern einen komfortablen Zugriff auf unterschiedliche digitale Informationsressourcen bieten – nicht nur auf den Bibliothekskatalog. Discovery-Systeme unterstützen dieses Ziel, indem sie die Integration verschiedenster Datenquellen in einem gemeinsamen Index ermöglichen. Die Hochschulbibliotheken der Fachhochschulen Aachen, Köln und Münster führen in Kooperation mit dem Hochschulbibliothekszentrum (HBZ) ein Pilotprojekt durch, um den Sucheinstieg in die Informationsressourcen der Bibliotheken erheblich zu erleichtern. BEDIENERFREUNDLICHER ZUGANG Seit einigen Jahren sind Bibliotheken weltweit bemüht, ihren Nutzern einen schnellen und bedienfreundlichen Zugang zu einer immer größer werdenden Zahl heterogener Informationsressourcen zu bieten. Der Bibliothekskatalog verweist in der Regel nur auf einen Teil der zugänglichen Ressourcen, nämlich Monographien und Zeitschriftentitel, nicht aber Aufsätze. Weitere lizenzierte digitale Quellen, darunter vielfach Volltexte, werden oft getrennt nachgewiesen und müssen separat durchsucht werden. Wunsch der Bibliotheken ist es, dass möglichst viele digitale Ressourcen von den Nutzern gemeinsam mit den gedruckten Beständen durchsucht und »entdeckt« werden können. Um die- sem Bedarf gerecht zu werden, entstanden in den vergangenen Jahren sogenannte Discovery-Systeme: Mit Einbindung der Suchmaschinentechnologie werden große Mengen unterschiedlichster bibliographischer Daten, vor allem Metadaten von Zeitschriftenaufsätzen, E-Journals und E-Books, aber auch Volltexte über einen Index, der die Inhalte normiert und erschließt, durchsuchbar gemacht. Es gibt eine Ergebnisliste für alle Quellen. Die Vorteile liegen in der schnelleren Verfügbarkeit von Suchergebnissen, in einem Relevanzranking und der Möglichkeit der Filterung (Facettierung) sowie der Erzeugung von Rechtschreibvorschlägen (»Meinten Sie...?). Die Autoren von hochschulpolitischen Strategiepapieren fordern seit Jahren eine professionellere Inhaltserschließung der wissenschaftlichen Quellen durch die Bibliotheken und Verbundzentralen.(2) Man verspricht sich von dem Einsatz auch eine verbesserte Nutzung von E-Ressourcen, da sie über diese Systeme besser auffindbar sind. Auch die Nutzerforschung zeigt, was die Bibliothekskunden erwarten: eine einfache Einschlitzsuche à la Google oder Amazon mit Rechtschreibkorrektur, ein speicherbares Suchprofil zur Individualisierung der Suche, schnelle Antwortzeiten, relevante Treffermengen, die man filtern kann, und möglichst den direkten Zugriff auf die Volltexte bzw. eine Auskunft über die Verfügbarkeit der gewünschten Texte und Werke. Es gibt eine Vielzahl von Wegen, die zum Ziel führen. Zwei grundsätzliche Vorgehensweisen kann man unterscheiden: Die Suche in einem großen Index, bestehend aus eigenen Katalogdaten und externen Daten, mit der Präsentation in einer ein- 109 zigen Ergebnisliste. Das entspricht weitgehend der Google-Suche. Der Nachteil dabei ist, dass Trefferlisten sehr lang und unübersichtlich werden. Es ist bekannt, dass Nutzer bei langen Trefferlisten maximal die ersten drei Seiten anschauen. Trennt man hingegen die Suchen in Katalogsuche und eine Suche über alles Andere, hat dies den Vorteil, dass der Nutzer zwischen zwei Ergebnislisten wählen kann, der sogenannten »2-Reiter-Lösung«. Neben der oben genannten Variation ist darüber hinaus auch eine Entscheidung bezüglich der Benutzeroberfläche zu treffen, über die die Ergebnisse angezeigt werden. Es kann eine Oberfläche sein, die vom Anbieter der Suchmaschine kommt; mit einer entsprechenden finanziellen Ausstattung kann man damit ein »Rundum-Sorglos-Paket” von einem Anbieter erwerben. Man kann aber auch die eigenen Daten mittels einer Open-Source-Software (z. B. VuFind) selbst indexieren und eine eigene Oberfläche dazu entwickeln. Dafür bräuchte man dann entsprechendes Know-how und personelle Ressourcen in der eigenen Einrichtung. Oder man nutzt eine Oberfläche, die es schon gibt und die für diese Anzeigen weiter entwickelt wird, wie beispielsweise die DigiBib vom Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (HBZ). AUSGANGSLAGE Die drei Fachhochschulbibliotheken Aachen, Köln und Münster gehören mit jeweils 12.000 bis 23.000 Studierenden zu den größten Fachhochschulen im Land. Alle drei Bibliotheken sind als Bibliothekssystem mit mehreren Zweigstellen organisiert. Die Ausstattung mit Personal und 3 /14 IM FOKUS / Finanzen erreicht aber nicht die Größenordnung, wie sie ähnlich große Universitätsbibliotheken vorweisen können. Angesichts der begrenzten personellen und finanziellen Möglichkeiten haben sich die drei Bibliotheken bereits 2009 mit der Verbundzentrale in NRW, dem HBZ, zusammengeschlossen, um auf der Basis der vorhandenen Software der Digitalen Bibliothek NRW (DigiBib) eine für alle Seiten finanziell überschaubare und auch personell durchführbare gemeinsame Discovery-Lösung anbieten zu können. Angesichts der geschilderten Rahmenbedingungen haben wir uns – wie die allermeisten Bibliotheken – für die parallele Suche in Katalog- und Indexdaten entschieden und für die sogenannte 2-Reiter-Lösung. Die Reiter heißen in Aachen »Katalog« und »Mehr«, in den anderen beiden Bibliotheken »Bücher und mehr« und »Aufsätze und mehr«. Die lokalen Bibliotheksbestände, also der klassische OPAC, wird vom HBZ aus den Verbundkatalogdaten für jede Bibliothek gefiltert und soll zukünftig über eine vom HBZ auch schon in anderen Zusammenhängen eingesetzte Suchmaschine namens Elastic Search indexiert werden. Die sonstigen Datenquellen bestehend aus lizenzierten Materialien wie Volltextdatenbanken, elektronischen Zeitschriften, E- Books, aber auch frei verfügbaren digitalen Ressourcen, wie z. B. Hochschulrepositorien etc., werden über den kommerziellen Suchindex EDS erschlossen. Der Sucheinstieg und sämtliche Suchergebnisse werden unter der Benutzeroberfläche der DigiBib angezeigt. Die DigiBib-Oberfläche ist seit Jahren bei unseren Nutzern bekannt und bietet jeder der drei Bibliotheken ein individuelles Portal, mit Einbindung in das jeweilige Corporate Design der Hochschule unter einem einheitlichen Dach. BISHER VOLLZOGENE SCHRITTE Ein erster Schritt hin zu solch einem Portal unter der Suchoberfläche der DigiBib war die Einbindung von Lokalsystem-Funktionalitäten in diese Metasuchmaschine. Das heißt, dass die Anzeige sämtlicher lokaler Ausleih- und Benutzerdaten in die DigiBib integriert werden musste. Eingebunden wurden die Funktionen Ausleihstatus der Medien (auch in Abhängigkeit von der Zweigstellensicht), Vormerkungs- und Bestellmöglichkeiten sowie sämtliche Informationen aus dem persönlichen Benutzerkonto. Da alle drei Partner das Lokalsystem SISIS SunRise von OCLC betreiben, konnte hier eine gemeinsame Lösung gefunden werden. Voraussetzung dafür war die Schnittstellensoftware XSLNP von OCLC, die für den Datentransport vom Lokalsystem in die DigiBib sorgt. DigiBibIntrO konnte in der zweiten Jahreshälfte 2012 in den Produktivbetrieb gehen. Dies geschah zunächst ohne begleitende Werbeaktion. Lokaler Katalog und DigiBib mit Lokalsystemfunktion laufen derzeit noch parallel. Es ist beabsichtigt, dass das HBZ die Katalogdaten der beteiligten Bibliotheken in ihre Suchmaschine (Elastic Search) einbindet, um die jetzige Anbindung über Z39.50 zu ersetzen. Eine besondere Problematik stellen hier Bestände dar, die nicht im Verbundkatalog nachgewiesen sind. Diese Bestände müssen derzeit von den Bibliotheken zur Indizierung nachgeliefert werden. Ein nächster Schritt war die Auswahl eines kommerziellen Suchindexes, der ein möglichst großes Spektrum der von den beteiligten Bibliotheken lizenzierten Datenquellen verzeichnet. Dazu haben die beteiligten Partner die Marktangebote gesichtet. Zur Auswahl standen Primo Central der Firma Exlibris, Ebsco Discovery Service (EDS) der Firma Ebsco sowie Summon der Firma ProQuest. In einem längeren Prozess wurden diese verschiedenen Discovery-Produkte im Hinblick auf ihre Eignung für eine zentrale Lösung evaluiert – unter anderem auch das Ebsco System EDS, welches schließlich Ende 2013 ausgewählt wurde. Der Abdeckungsgrad der von Ebsco angebotenen Inhalte entsprach weitestgehend den jeweils lokal lizenzierten Inhalten der beteiligten Hochschulen. Ein Portal aufzubauen, ist keine kurzfristige Entscheidung. Ist das Portal einmal eingerichtet, sollte es auch langfristig laufen. Das bedeutete für die Bibliotheken, Finanzierung und Betreuung langfristig sicher zu stellen. Die Pilotbibliotheken haben daher Ende 2013 einen dreijährigen Lizenzvertrag mit dem Anbieter abgeschlossen. Nachdem die Entscheidung gefallen war, galt es, den Index möglichst schnell auch den Benutzern produktiv anbieten zu können. Dafür musste das HBZ die Einbindung So stellt sich die Suche für den Nutzer der FHB Aachen dar. 110 3 /14 nur wenige Treffer gibt, möchte der Nutzer beispielweise alle Sprachausgaben wählen können, die er versteht. Diese Möglichkeit gibt es im EDS-Index, sie wurde aber noch nicht in die DigiBib übernommen. von EDS in die DigiBib programmieren, die Bibliotheken äußerten dabei ihre Wünsche zu Funktionalitäten und Design. Die Bibliotheken mussten festlegen, ob der komplette Ebsco-Index durchsucht werden soll oder nur bestimmte Datenbanken. Alle drei Bibliotheken haben sich – um die Treffermenge nicht zu unübersichtlich werden zu lassen – auf Datenbanken mit überwiegend deutschen und englischen Inhalten beschränkt und auch andere Verbundkataloge (angeboten wurden BVB und GVK) ausgenommen, da sie überwiegend Print-Monographien enthalten, auf die unsere Benutzer nicht direkt zugreifen können. Relativ viel Zeit wurde darauf verwendet, in Ebsco einzutragen, auf welche Daten Zugriff besteht, um damit die Facette »Ist online verfügbar« möglichst gut steuern zu können. Unter anderem werden dafür regelmäßig Abzüge der Bestände aus der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek (EZB) und E-Book-Bestände aus dem Katalog an Ebsco geliefert. Damit wird es ermöglicht, dass in der Trefferliste Direktlinks auf die zugehörigen Volltexte angezeigt werden. Seit März 2014 ist die EDS-Suchmaschine produktiv. Realisiert ist bis jetzt Folgendes: Die EDS-Trefferlisten lassen sich unter dem zweiten Reiter nach Relevanz oder auf- und absteigend nach Erscheinungsjahr (auch Zeiträumen) sortieren. Relevanz ist definiert nach der Häufigkeit, in der der Suchbegriff in den Metadaten erscheint. Die angezeigte Treffermenge kann man dann nach folgenden Facetten filtern: Zeige nur Online Verfügbares, Art der Quelle, Thema (Schlagwörter), Verlag, Publikation, Sprache und Inhaltsanbieter. Alternativ ist es möglich, die »Suche auch in Volltexten« zuoder abzuschalten, um dadurch die Treffermenge zu erweitern oder einzuschränken. Derzeit ist das Portal noch nicht vollständig umgesetzt. Die lokalen Bestände werden noch mit Z39.50 durchsucht und erlauben keine Filterung. Hingegen ist die Suche in den externen Quellen aktiv. Auch hier wird kontinuierlich an Verbesserungen ge- AKZEPTANZ DES NEUEN ANGEBOTS Neben etlichen Einzelschulungen wurden an der FH Aachen im Sommersemester in zwölf Seminarveranstaltungen im Bachelorstudium, in vier Veranstaltungen zum Wissenschaftlichen Arbeiten, in einem Masterkurs und in einer Professorenversammlung eines Fachbereichs der hier so genannte »Katalog plus« vorgestellt. Das Urteil der Nutzer ist überwiegend positiv. Gerade den Studierenden der ersten Semester lässt sich das neue System sehr gut vermitteln. Diese sind begeistert, und für ihren Literaturbedarf reicht das bisherige Portal auch vollkommen aus. Bei den »Suchexperten« in dem Masterkurs und in der Professorenrunde wurden natürlich sofort die zur Einschränkung noch fehlenden Suchwerkzeuge bemängelt. Über die Einschränkungen kann gezielt weitergesucht werden. arbeitet. So muss z. B. der Weg zum Volltext noch transparenter werden. Denn aufgrund der riesigen zusammengewürfelten Datenbankpakete fehlt in der Vollanzeige eines Treffers häufig der Volltextlink, so dass man derzeit am besten über den Button »Wie komme ich dran?« zum Volltext kommt. Ein zentraler Wunsch der Bibliothekare ist die Möglichkeit, mehrere Facetten gleichzeitig auszuwählen. Wenn es 111 Ein Fazit des bisher Erreichten zieht eine Informationsbibliothekarin der FH Aachen: »Abschließend kann ich sagen, dass wir bislang viel positives Feedback erhalten haben. Wir Bibliothekare neigen ja häufig dazu, wenn es um Recherche geht, alle Oberflächen perfekt haben zu wollen. Dass unsere Nutzer häufig ganz anders an die Suche herangehen, wissen wir bereits, aber mit dieser Oberfläche kommen die meisten jetzt besser klar und finden qualitativ bessere Literaturquellen. Die Zufriedenheit wird also größer – was wollen wir mehr?« ENDNOTEN 1 Unter Mitarbeit von Annegret Baade-Kelishani, Margarete Groos, Dr. Bruno Klotz-Berendes und Dr. Peter Otzen 2 So u. a. der Wissenschaftsrat: „Empfehlungen zur Zukunft des bibliothekarischen Verbundsystems in Deutschland“ Berlin 2011, S. 11f. www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/10463-11.pdf 3 /14 IM FOKUS / ULB BONN – DISCOVERY PORTAL MIT DEM INDEX SUMMON UND DER OBERFLÄCHE VUFIND Der Discovery Service bonnus(1) wurde Ende 2013 als Beta-Version online gestellt, das endgültige Release ist für das dritte Quartal 2015 vorgesehen. Im Folgenden werden Projektverlauf und Projektstand unter verschiedenen Aspekten dargestellt. ANNETTE SPECHT Universitäts- und Landesbibliothek Bonn DAS PROJEKT Im Sommer 2012 nahm eine Projektgruppe an der ULB Bonn ihre Arbeit mit dem Ziel auf, die lokale Literatursuche auf Aufsätze und frei zugängliche Online-Dokumente auszuweiten. Neben dem Kernteam, das aus einem Entwickler, einem SISIS-Systemadministrator und Metadatenbibliothekar, einer Webdesignerin und einer Lizenzadministratorin besteht, sind Mitarbeiter der Informationsabteilung sowie Fachreferenten aus geistes- und naturwissenschaftlichen Fachgebieten beteiligt, um das fachliche Spektrum bestmöglich abzudecken. Die Projektleitung ist beim Dezernat Digitale Dienste angesiedelt. In einer ersten Phase der Kriterienfindung und der Evaluierung von Suchportalen stellte sich schnell heraus, dass die Projektgruppe geschlossen eine integrierte Suche über Bibliotheksdaten und Anbieterindex befürwortete. Da lokale und kommerzielle Daten zu gleichen Bedingungen durchsucht werden sollten, erschien aus IT-Sicht der Aufbau eines gesonderten Katalogindex nicht sinnvoll. Die Bonner Katalogdaten sollten versuchsweise in einen der kommerziellen Indices eingespielt werden und zwar unter der Bedingung, dass sich der Informationsverlust besonders bei den lokalen Normdaten in akzeptablen Grenzen hielt. Für die Portaloberfläche wurde aufgrund der rasanten Marktentwicklung und zur Erzielung größerer Flexibilität eine anbieterunabhängige Lösung gewünscht. Nachdem unter diesen Vorgaben die Wahl auf Summon und VuFind gefallen war, konnte im April 2013 die Implementierung beginnen. Nach einer hausinternen Testphase ab September erfolgte der Online-Gang im November 2013. Bonnus hat seitdem zwei größere Entwicklungsschübe erlebt. Die ausgedehnte Betaphase bindet zeitweise erhebliche Ressourcen. Sie bewährt sich aber, weil Erfahrungen interner und externer Nutzer in die weitere Entwicklung einfließen können. Für die Sammlung von Monita, ihre Diskussion, die Lösungsfindung und deren Test ergeben sich dabei Zyklen, für die im Projektstadium Ressourcen leichter einzuplanen sind als im Routinebetrieb. Größere Änderungen erfordern eine Neubetrachtung und bei Bedarf eine Nachjustierung der gesamten Funktionalität des Portals. Auch die Realisierbarkeit schon aufgegebener Desiderata lässt sich jeweils erneut prüfen. 112 Weil der bisherige Online-Katalog im Zuge des Projekts abgeschaltet werden soll, müssen für alle benötigten Suchfunktionen Alternativen auf der Grundlage des Discovery Service oder anderer Suchinstrumente gefunden werden. SUMMON: DER INDEX (2) Summon enthält nach Deduplikation die beeindruckende Menge von rund eine Milliarde Titeldaten. Dadurch ergeben sich große und nicht immer plausible Treffermengen, zumal die unscharfe Suche und die Einbeziehung von Volltexten als Merkmale von Discovery Services Anwendung finden. ProQuest hat eine genauere Beschreibung des Suchverhaltens in Aussicht gestellt, und es steht zu hoffen, dass diese Maßnahme zur Transparenz beiträgt. Eine Verbesserung der Suche mit deutschen Suchbegriffen ist derzeit in Arbeit. Die Einführung eines optionalen Filters zur Unterdrückung der manchmal irreführenden Volltextsuche fasst der Anbieter bisher nicht ins Auge. Die Relevanzsortierung liefert nicht in allen Fällen gute Ergebnisse. Ihre Optimierung ist eine Daueraufgabe, bei der auch die Anwender in der Pflicht sind, den Anbieter durch Fehlermeldungen zu unterstützen. Für die Präsentation der Zeitungsartikel, die rund die Hälfte der Titeldaten ausmachen, und deren Relevanz sehr von 3 /14 der Fragestellung abhängt, entwickelt Proquest zur Zeit mit den sogenannten »content type rollups« eine neue Darstellungsform. Der in Summon voreingestellte Filter grenzt die Suche auf gedruckt vorhandene oder lizenzierte Dokumente ein. Allerdings werden dabei neben zugänglichen Volltextinhalten auch Treffer aus lizenzierten Bibliographien ausgegeben, so dass nicht alle gefundenen Publikationen lokal verfügbar sind. Die Filterung nach Personen oder Schlagwörtern ist aufgrund der fehlenden Normierung nur bedingt hilfreich, das Vokabular für die Facetten »Format«, »Fach« und »Sprache« wird dagegen einheitlich gehandhabt. Neben solchen Möglichkeiten zur Einschränkung lassen sich Suchanfragen auch an den gesamten Index richten, eine Option, die im Zuge des Bonner Projekts große Bedeutung gewonnen hat. Dass viele Titelinformationen auch ohne Lizenz durchsuchbar sind, gehört zu den großen Vorteilen des Systems, auch wenn angesichts der heterogenen Datenmenge die Dublettenproblematik nur schwer beherrschbar ist. Die Datenherkunft weist der Index nicht immer prominent aus, weil sie aufgrund von Match & Merge-Verfahren oft nicht mehr eindeutig zu bestimmen ist. Funktional bietet Summon interessante Features, die in den meisten Fällen über die API (Application Programming Interface) genutzt werden können: Eine Negativfilterung erlaubt den Ausschluss beliebiger Kriterien (interessant zum Beispiel für Rezensionen). Der Database Recommender schlägt anhand von kooperativ gepflegten Begriffen Datenbanken vor, die für eine weiterführende Suche in Frage kommen, und hebt so in Ansätzen die Konkurrenz zwischen Discovery-Dienst und Bibliographien auf. Nach dem gleichen Prinzip lassen sich lokale Informationen über die sogenannten Best Bets einpflegen und abrufbar machen. SUMMON: LIZENZ-ADMINISTRATION Um den Zugang zu lizenzierten und freien Quellen direkt aus Summon heraus zu ermöglichen sowie Einträge aus Bibliographien zugänglich zu machen, ist die Freischaltung der Ressourcen über ein Client Center erforderlich. Leider hält sich der Funktionsumfang der Oberfläche in engen Grenzen, und die enthaltenen Informationen sind rudimentär. Der aktuelle Status einer Datenquelle bezüglich Indexierung und Aktualität lässt sich bei Bedarf nur beim Support erfragen. Im Zuge der Entwicklung von Intota und einer völlig neu strukturierten Knowledge Base (KB) sind allerdings für viele Kritikpunkte Verbesserungen in Aussicht gestellt. Summon enthält nach Deduplikation die beeindruckende Menge von rund einer Milliarde Titeldaten. Dass ein automatisierter Import der EZBDaten bisher an der unterschiedlichen Datenstruktur beider Systeme scheitert, ist aus Sicht deutscher Anwender ein weiteres großes Defizit. Inzwischen lässt sich aber mittelfristig auf einen Datenaustausch auf Basis von KBART (Knowledge Bases and Related Tools) hoffen. Für die ULB Bonn kommt ein Test des ProQuest-eigenen Link Resolvers, dessen Einsatz zu Synergieeffekten führen würde, erst in Betracht, wenn die Administration deutlich optimiert ist. Auch das für den Online-Katalog entwickelte Postprocessing der SISIS-Daten konnte als Grundlage für die Aufbereitung der Daten genutzt werden. Rasch zeigte sich, dass für die Bonner Umsetzung auch SummonFelder herangezogen werden, die andernorts wenig genutzt werden und die in der API-Dokumentation nicht immer korrekt oder ausreichend beschrieben sind. Die API selbst stellt aber fast den gesamten Funktionsumfang des Systems bereit, da sie auch für die anbietereigene Oberfläche genutzt wird. Inzwischen sind Datenaufbereitung und Mapping zufriedenstellend umgesetzt, und die für die Suche erforderlichen Daten sind – abgesehen von wenigen Desideraten – im Index platziert. Den Titeldaten werden für Personen, Körperschaften und Schlagwörter die Vorzugsbenennung und alle Verweisungsformen mitgegeben, so dass für den lokalen Bestand eine Suche auch nach Alternativformen möglich ist. ProQuest experimentiert vorsichtig mit Normdaten, aber für eine Einbeziehung von GND oder VIAF in die Indexsuche ist bisher keine Perspektive erkennbar. Da von Anbieterseite nur wenige Vorgaben gemacht werden, kann das Fehlen einiger wichtiger Funktionen durch Workarounds in der Datenaufbereitung und -ausgabe wettgemacht werden. Ein Beispiel dafür ist die exakte Suche nach Signaturen oder lokalen Notationen, die im Index nicht vorgesehen ist. Diese Informationen werden mit einem eindeutigen Anfangs- und Endcode versehen an das System übergeben und über die gefelderte Suche in der Regel zuverlässig aufgefunden. SUMMON: LOKALE DATEN In den ersten Monaten des Projekts standen das Mapping der lokalen Daten und die Umsetzung auf das in Summon vorgegebene Vokabular im Vordergrund. Von Vorteil war die Möglichkeit des Datenaustauschs über ein XML-Format, das an der ULB bereits seit einigen Jahren für den Aufbau des lokalen FAST-Index im Einsatz ist. 113 Die Datenlieferung aus dem Katalogsystem erfolgt viertelstündlich, die Einspielung in Summon derzeit im Abstand von mehreren Tagen, sie soll allerdings in Kürze beschleunigt werden. Gerade in der Anfangsphase wirkte sich das Fehlen von Berichten über die Daten- 3 /14 IM FOKUS / einspielung negativ aus, da für die dringend benötigte Fehleranalyse kein Instrument zur Verfügung stand. Im Zuge von Konsolidierungsarbeiten am Index erstellt ProQuest derzeit rudimentäre Berichte, die aber nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur intelligenten Auswertung von Logdateien sein können. SUMMON: EINSCHÄTZUNG Entscheidende Vorzüge des Systems sind neben der Größe des Index� seine Flexibilität und ein überzeugendes Spektrum an Funktionen, das zu großen Teilen über die API nutzbar ist. Die große und heterogene Datenmenge führt allerdings auch dazu, dass fehlende Normierung und Dublettenproblematik als Schwachpunkte aller Discovery-Dienste bei Summon stark zum Tragen kommen. Die zahlreichen angekündigten Verbesserungen im Hinblick auf Indexverhalten und Administration sind dringend erforderlich. Darüber hinaus wäre die Einbeziehung Auch die Schlagwortketten aus dem Bibliothekssystem werden angezeigt. weiterer relevanter Inhalte wünschenswert (u. a. von Metadaten überregionaler Verzeichnisse, freien Quellen wie Online-Dissertationen, aber auch Ebsco-Daten), auf deren Fortschritt ProQuest allerdings nur teilweise Einfluss hat. VUFIND(3) VuFind hat sich im Projektverlauf als ein Glücksgriff erwiesen. Die Portalsoftware ist flexibel und arbeitet gut mit der SummonAPI zusammen, so dass der Prototyp des Portals nach wenigen Tagen lauffähig war. Vergleichsweise reibungslos verlief auch die Einbindung der SISIS-Schnittstellen XSLNP und SLNP. Aus dem funktionierenden Zu- Merklisten, Datenausgabe, … SUCHOBERFLÄCHE (VuFind) Suche, Ranking, Filter, Anzeige von Indexdaten Summon API LOKALE KATALOGDATEN Kontofunktion, Anzeige von Katalogdaten XSLNP SLNP Weiterleitung zum Online-Dokument bzw. Verfügbarkeitsprüfung LinkResolver SFX Bibliothekssystem SISIS INDEX (SUMMON) LIZENZIERTE /FREI ZUGÄNGLICHE DOKUMENTE 114 sammenspiel der Schnittstellen entwickelte sich im Zuge wachsender Anforderungen das Prinzip, dass an den Index nur Informationen geliefert werden, die für die Suche erforderlich sind. Für die Detailanzeige wird abhängig von der gewünschten Information die jeweils adäquate Datenquelle ausgewählt. So werden alle Index-Schlagwörter ausgegeben, zusätzlich werden aber die Schlagwortketten aus dem Bibliothekssystem angezeigt. Auch Informationen zu Zeitschriftenbänden werden erst per Link aus SISIS abgerufen. Vorteile dieses flexiblen Verfahrens liegen auf der Hand: Der Summon-Index wird nicht mit unnötigen Informationen beliefert, das Bibliothekssystem wird erst in der Detailanzeige belastet, und Informationen aus beiden Systemen können für die Anzeige nach Bedarf genutzt werden. Dass auch die Anzeige der Daten manipuliert werden kann, erlaubt weitere Anpassungen in der Funktionalität des Systems. So realisiert bonnus als altes Desiderat die direkte Verlinkung aus der Detailanzeige in den HBZbzw. den ZDB-Eintrag. Erste Versuche wurden mit der lobid-API(4) gemacht, um den Zugang zu weiteren Informationsquellen wie GND oder Wikipedia zu ermöglichen. Allerdings sind inzwischen die Eingriffe in die Standardoberfläche von VuFind so zahlreich geworden, dass der Umstieg auf eine neue Version mit großem Aufwand verbunden sein wird. Das Schaubild zeigt, wie bonnus aufgebaut ist. 3 /14 kung auf die verfügbaren Inhalte (als »Volltext«, »Bibliotheken Uni Bonn« sowie ihre Kombination) anzubieten. Das ist angesichts der Möglichkeiten des Index’ konsequent, auch wenn dort noch wichtige bibliographische Daten fehlen, zum Beispiel aus der ZDB oder anderen überregionalen Verzeichnissen. Zu den für die nächsten Monate geplanten Arbeiten gehören die Anpassung der Hilfetexte und der englischen Oberfläche, die Optimierung für mobile Geräte sowie eine grundlegende Überarbeitung der erweiterten Suche. Im Projektkontext muss außerdem die Benutzerführung auf den Webseiten neu durchdacht werden, und der Einfluss des Discovery-Dienstes auf Schulungen und die Vermittlung von Informationskompetenz ist zu thematisieren. FAZIT Der Nutzer entscheidet, wo er weitersuchen möchte. BONNUS Bonnus integriert alle Kontofunktionen des Bibliothekssystems und stellt Funktionalitäten wie Merklisten und Exportmöglichkeiten bereit. Verfügbarkeitstypen sind »Volltext«, »Printbestand Uni Bonn« und »Verfügbarkeit prüfen« mit Überleitung zum Link Resolver. Die bisher größte konzeptionelle Änderung am System erfolgte im Frühjahr 2014: Nach Einschätzung des Projektteams ließ sich die Option zur nachträglichen Erweiterung der Suche auf den gesamten Index zusammen mit den einschränkenden Filtern nicht konsistent darstellen und nutzbar machen. Im Lauf der Diskussion entstand die Idee, dem Benutzer zunächst die größtmögliche Treffermenge und von dort aus die Einschrän- Die Akzeptanz des Portals im Haus ist unterschiedlich. Für einige Kollegen stellen die Dublettenproblematik, die großen Treffermengen, die unscharfe Suche und die Notwendigkeit, Suchgewohnheiten umzustellen, eine deutliche Verschlechterung gegenüber der bisherigen Situation dar. Andere sehen im Discovery Service schon in der jetzigen Ausbaustufe wegen der deutlich erweiterten Datenbasis und des Serendipitäts-Effekts (»Zufallsfunde«) einen Gewinn. Neben den unterschiedlichen Haltungen und Fachgewohnheiten scheint es eine Rolle zu spielen, ob dem Fach eine umfassende Bibliographie zur Verfügung steht, die den Recherchebedarf abdecken kann. Über Suchstrategien wird in der ULB auch unter fachspezifischen Gesichtspunkten noch viel zu reden sein, und vor einer Abschaltung des Katalogs sind ein Funktionsabgleich beider Verzeichnisse und die Entwicklung von Alternativlösungen zwingend erforderlich.(5) gen durch Nutzer in der Anfangsphase treten inzwischen gegenüber gelegentlichem kritischen Feedback aus dem Kollegenkreis, das für die Entwicklung des Portals sehr hilfreich ist, in den Hintergrund. Von einer geplanten Usability-Studie verspricht sich die ULB weitere Anhaltspunkte. Angesichts der weiterhin rapiden Entwicklung wird jede Bibliothek die gewählte Option immer wieder auf den Prüfstand stellen müssen. Bonnus teilt die bekannten Probleme der großen Discovery Services, dennoch überwiegen aus Sicht der Projektgruppe derzeit die Vorteile des Dienstes.(6) Im Zuge des Projekts hat die Kombination von Summon und VuFind zu einer neuen Sichtweise geführt, die die Literatursuche in den Vordergrund rückt und die lokale Verfügbarkeit als einen ihrer zentralen, aber nachgeordneten Aspekte betrachtet. Dieser Ansatz wurde erst durch die eingesetzten Komponenten ermöglicht, auch wenn sich seine Nutzertauglichkeit im Echtbetrieb noch erweisen muss. ENDNOTEN 1 bonnus www.bonnnus.ulb.uni-bonn.de, Zur Entwicklung des Dienstes vgl. auch den bonnusBlog www.ulb.uni-bonn.de/bonnusblog 2T he Summon Service. www.proquest.com/products-services/ The-Summon-Service.html 3 VuFind – The library OPAC meets Web 2.0 http://vufind.org 4 lobid: linking open bibliographic data, http://lobid.org und http://lobid.org/api 5 Als Ausgangsbasis für die Diskussion dürfte sich die folgende, gerade erschienene Arbeit als hilfreich erweisen: Roscher, Mieke: Fachdisziplinäre Bedürfnisse in der Gestaltung von Discovery-Lösungen. Wirklich ein Katalog für alle? Berlin 2014. http://edoc.hu-berlin.de/series/berlinerhandreichungen/2014-356 6V gl. z. B. die überzeugende Analyse bei Wiesenmüller, Heidrun: Resource Discovery Systeme. Chance oder Verhängnis für die bibliothekarische Erschließung? Vortrag im Wie zu erwarten war, steigt bisher die Gesamtnutzung von bonnus kontinuierlich an. Die überwiegend positiven Rückmeldun- 115 Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klassifikation (GfKl). Karlsruhe 2012. http://nbn-resolving. org/urn:nbn:de:swb:90-290811 3 /14 IM FOKUS / SEIT ENDE 2012 NUTZT DIE UB DUISBURG-ESSEN PRIMO INKLUSIVE PRIMO CENTRAL Hosting wurde diskutiert, dann aber verworfen. Hauptargumente gegen diesen Weg waren der erhöhte Abstimmungsaufwand und die fehlende Unabhängigkeit in der Umsetzung. Statt SFX sollte zudem der vorhandene Ovid Linksolver weiter eingesetzt werden, was sich auch später als recht problemlos umsetzbar erwiesen hat. FRANK LÜTZENKIRCHEN Universitätsbibliothek Duisburg-Essen DIE IMPLEMENTIERUNGSPHASE KATRIN FALKENSTEIN-FELDHOFF Universitätsbibliothek Duisburg-Essen Discovery Services sind ein immer wiederkehrendes Thema auf den Bibliothekartagen der vergangenen Jahre. Auch die Universitätsbibliothek (UB) Duisburg-Essen wollte ein auf Suchmaschinentechnologie basierendes System als Ablösung des bisherigen Aleph OPACs einführen. Die neue Lösung sollte neben dem lokalen Bestand und den Daten des Dokumenten- und Publikationsservers auch einen zentralen Index von Zeitschriftenartikeln und Datenbankinhalten gemeinsam durchsuchbar machen. Eine Anfang 2010 gegründete Projektgruppe betrachtete verschiedene Systeme, sowohl Open-Source-Lösungen als auch kommerzielle Angebote (Summon, Primo, VuFind, IPS, Summa, Ebsco). Primo von Ex Libris empfahl sich durch die direkte Aleph-Integration, insbesondere der Kontofunktionen (Vormerken, Verlängern, Anzeige des Gebührenkontos etc.). Auch für VuFind war eine Aleph-Anbindung über Schnittstellen verfügbar, jedoch war die Befürchtung groß, eine bessere Anpassbarkeit der Weboberfläche durch höheren Implementierungs- und längerfristigen Pflegeaufwand einer Open-Source-Lösung zu erkaufen. Die Entwicklerkapazitäten im Hause sind bereits im Umfeld des Dokumenten- und Publikationsservers DuEPublico und der Universitätsbibliographie gebunden. Die Entscheidung fiel daher für Primo inklusive Primo Central, in der von Ex Libris gehosteten Variante. Ein mögliches konsortiales Die Implementierung begann im März 2012 mit einem Kick-OffMeeting und mehreren Schulungen. Dem Projektteam gehörten im Kern sieben Personen an, neben Systembibliothekarinnen und der Aleph-Systemadministratorin auch eine Kollegin mit Know-how in der Web-Entwickung (HTML, CSS, JavaScript) sowie ein JavaEntwickler, der auch Fachreferent ist. Die Einrichtung des Systems wurde zwar vorrangig betrieben, es wurden allerdings keine Personen vollständig für dieses Projekt freigestellt, so dass man hier nicht von Vollzeitäquivalenten ausgehen kann. Weitere Kolleginnen und Kollegen aus Katalogisierung, Information und Fachreferaten wurden bei der Beurteilung der Entwürfe hinzugezogen. Bereits im Juli 2012 wurde eine erste Version hausintern vorgestellt und für Tests freigegeben. Im September folgte eine Usability-Studie mit zehn Studierenden, die mittels der Think-Aloud-Methode einige Testaufgaben lösen und dabei ihre Eindrücke schildern sollten. Die Interviews dauerten jeweils eine Stunde. Die Bildschirmbewegungen und Audio-Kommentare wurden aufgezeichnet. Das Feedback der Studierenden fiel insgesamt sehr positiv aus. Viele Anregungen, beispielsweise zu missverständlichen Benennungen, konnten aufgegriffen werden. Allerdings wurde auch deutlich, welche Funktionalitäten besonders geschult werden mussten, etwa die Verfeinerung der Suchergebnisse durch Facetten. Die Primo-Installation der Universität Duisburg-Essen wird vom Anbieter in einem Amsterdamer Rechenzentrum auf dedizierten Servern gehostet. Dies war für uns eine neue Erfahrung und mitunter bei Ausfällen und Fehlern mit Schwierigkeiten verbunden. Gerade zu Anfang gab es doch größere Reibungsverluste in der Kommunikation innerhalb des Dreiecks UB, Supportteam Ex Libris, Hostingteam Ex Libris, die auch durch mehrere Telefonkonferen- 116 3 /14 zen nur langsam beseitigt werden konnten. Zum Support ist anzumerken, dass die Problembehandlung bei Primo im Vergleich noch nicht auf dem guten Level des seit Jahren angebotenen AlephSystems erfolgt. Anfängliche Stabilitäts- und Performanzprobleme können inzwischen aber als gemeinsam überwunden betrachtet werden. Nach weiteren hausinternen Schulungen erfolgte Mitte November 2012 die öffentliche Freischaltung. Der Parallelbetrieb des alten OPAC wurde am 1. April 2013 eingestellt. DATENQUELLEN UND SUCHRÄUME Die Definition und Anbindung der eigenen Datenquellen gehörte zu den ersten Schritten des Implementierungsprozesses. Datenquellen werden in Primo über »Pipes« eingebunden. Aufgabe dieser Pipes ist das regelmäßige Laden und Aktualisieren der Titeldaten und deren Konvertierung in das interne, einheitliche PNX-Format (Primo Normalized XML). Die ca. 1,7 Millionen Titel des lokalen Aleph-Systems werden dazu im MABXML-Format exportiert und über »Normalisierungsregeln« auf die Such- und Anzeigefelder in Primo abgebildet. Pflege und Feintuning dieser Abbildungsregeln zwischen MAB und dem deutlich vereinfachenden Primo-Format stellten sich als die aufwändigste Aufgabe bei der Einführung des Systems heraus. Als zweite Datenquelle wurde der Dokumenten- und Publikationsserver DuEPublico eingebunden. Dazu greift Primo auf die OAI- Schnittstelle des MyCoRe-basierten Dokumentenservers zu. Eine Besonderheit ist, dass die Generierung des PNX-Formates hier bereits auf Seiten der Datenquelle im Dokumentenserver implementiert ist, da dort flexiblere und einfachere Abbildungsmöglichkeiten mittels Java und XSL vorhanden sind. Die so in Primo geladenen Daten können zusammen mit dem zentralen Index (Primo Central) zu unterschiedlichen Suchräumen (»Scopes«) zusammengefasst werden. In der Weboberfläche werden diese Suchräume über verschiedene Reiter angeboten: Der Reiter »UB-Katalog« umfasst nur die lokalen Datenquellen (Aleph-Titeldaten plus Dokumentenserver), der Reiter »UB-Katalog plus Artikel« erweitert diese um die laut Anbieter ca. 500 Millionen Titel aus Primo Central und ermöglicht die parallele Suche nach Zeitschriftenartikeln und mehr. Aufteilung und Benennung dieser Bereiche wurde (und wird immer noch) intensiv diskutiert. Die Trennung zwischen lokalem Bestand und zentralem Index hat sicher zur Akzeptanz bei den Kollegen im Hause beigetragen: Man erkennt ein Stück weit den alten OPAC wieder, tut sich bei Schulungen leichter und muss nicht fürchten, der eigene Bestand gehe in der schwer greifbaren Masse der zentral bereitgestellten Titeldaten unter. Wirklich notwendig ist diese Trennung aus Sicht der Autoren nicht, sie läuft zugegeben eher konträr zum Grundgedanken eines Discovery Services. Auch verschwimmt die Trennung zwischen »lokalem«, »eigenem« Bestand und »fremdem« Bestand (z. B. durch freie E-Books, Open Access, große Pakete aus Nationallizenzen oder neue Erwerbungsmo- Die Ergebnisliste mit den Einschränkungsmöglichkeiten 117 3 /14 IM FOKUS / delle wie Patron Driven Acquisition) immer mehr und lässt sie zunehmend willkürlich erscheinen. Die Aufteilung der Suchräume muss daher regelmäßig auf den Prüfstand gestellt werden. Inzwischen werden täglich rund 30.000 Suchanfragen ausgeführt. Die Suchbereiche »Semesterapparate« und »Universitätsbibliographie« speisen sich aus dem Dokumenten- und Publikationsserver. Die UB bietet zurzeit rund 1.700 aktive Online-Semesterapparate an, so dass der einfache Zugang für viele Studierende von direktem Nutzen ist. Über den Reiter »Universitätsbibliographie« werden rund 36.000 Publikationsnachweise von Angehörigen der Universität eingebunden. Diese Datensammlung soll damit besonders beworben, die Sichtbarkeit erhöht und deren weiterer Ausbau angeregt werden. Bereits vor Einführung von Primo hat die UB ihre Neuerwerbungen in Listenform im Netz präsentiert. Dazu werden im Exemplarsatz jedes neu erworbenen Titels das Inventarisierungsdatum und ein Fächerkürzel hinterlegt. In Primo können Nutzer die Neuanschaffungen nun darüber hinaus unter einem separaten Reiter »Neuerwerbungen« durchsuchen, nach Fach oder Erwerbungsmonat einschränken oder als RSS-Feed abonnieren. tor, Thema/Schlagwort oder Notation unserer Aufstellungssystematik werden seltener genutzt. Die Titel des eigenen lokalen Bestandes kann Primo als »verfügbar« oder »entliehen« klassifizieren. Nutzer können die Treffermenge auf nur online verfügbare oder nicht entliehene Print-Titel vor Ort weiter eingrenzen. Da der Datenabgleich mit Aleph zur Bildung des lokalen Suchindex nur einmal täglich erfolgt, spiegelt diese Einschränkung – was die Suche betrifft – den Stand des Vorabends wider. Bei der Anzeige der einzelnen Titel fragt Primo den aktuellen Verfügbarkeitsstatus aber live über Aleph-Schnittstellen ab (Real Time Availability), so dass diese Einschränkung praktisch kaum ins Gewicht fällt und in der Darstellung immer der aktuelle Zustand zu sehen ist. Bei der Anzeige der Exemplare und der Anbindung des eigenen Benutzerkontos (OPAC via Primo) interagieren Primo und Aleph ebenfalls über Schnittstellen, so dass Vormerkungen, Verlängerungen, Gebührenkonto etc. direkt in die Primo-Oberfläche integriert dargestellt werden. WIR „FÄRBERN“ UND „BOOSTEN“ Verschiedene Auflagen, Print- und Online-Version eines Titels werden in Primo zu einer FRBR-Gruppe (in Anlehnung an die »Functional Requirements for Bibliographic Records«) zusammengefasst ANPASSUNGEN IM DETAIL und in der Trefferliste der Suche als ein Treffer gemeinsam angeDie Weboberfläche von Primo, das »Front End«, kann zunächst über die interne Administrationsoberfläche, das »Back Office«, an- zeigt. Nutzer können sich dann in einem zweiten Schritt (Link »Es gepasst werden. Hier werden z. B. Bezeichner, Facetten und Anord- gibt [n] unterschiedliche Ausgaben/Auflagen«) die verfügbaren Auflagen anzeigen lassen. Der Algorithmus, der verschiedene Titel nung der Felder in der Ausgabe definiert. Darüber hinaus gehende als zusammengehörige Versionen des gleiAnpassungen der Weboberfläche konnchen Werkes erkennen soll, bildet Schlüsten über CSS, eingebundenes JavaScript/ selpaare aus Signatur, Titel und AutorenJQuery oder notfalls serverseitig über ÄnEtwa 25 % der Zugriffe auf namen. Hier waren einige Anpassungen derungen an Java Server Pages (JSP) Daunseren Linksolver haben nötig, um einen guten Kompromiss zwiteien realisiert werden. Bei der Entscheischen korrekten und falschen Zuordnundung für Primo war bewusst, dass bei ihren Ursprung in Primo. gen zu finden. Beispielsweise werden Jahjedem kommerziellen Produkt Grenzen gereszahlen oder Versionsnummern im Titel setzt sind, die man bei einer Open-Sourceignoriert. Wie bei jeder Heuristik gibt es eine Fehlerquote, jedoch Lösung nicht hätte. Den Weg, die komplette Weboberfläche selbst sehen wir einen deutlichen Vorteil gegenüber dem alten OPAC, wo zu entwickeln und Primo nur im Hintergrund über Schnittstellen Nutzer häufig beispielsweise eine ältere Vorauflage nicht wahrgezu nutzen, wie es die UB Paderborn für sich realisiert hat, war aber nommen haben, wenn die aktuelle Auflage entliehen war. aufgrund begrenzter Programmierkapazitäten nicht gangbar. Neben der Festlegung der Suchräume und Datenquellen war die Einrichtung der Facetten eine der ersten Entwurfsentscheidungen im Implementierungsprozess. Primo-Nutzer können die Treffermenge nun über die Facetten Erscheinungsjahr (auch über einen Schieberegler), Fachbibliothek (für uns als fusionierte Universität mit zwei Standorten Duisburg und Essen wichtig) und Kollektion (z. B. Lehrbuchsammlung) einschränken. Weitere Facetten wie Au- Primo bietet die Möglichkeit, einzelne Titel mit einem »Boosting Faktor« zu versehen, ihnen damit eine höhere Gewichtung zu verleihen und in der Trefferliste so anderen Treffern vorzuziehen. Dazu haben wir bestimmten Publikationstypen wie Zeitschriften und Datenbanken eine tendenziell fixe, höhere Gewichtung gegeben. So konnte auf eine zunächst im Hause geforderte separate Zeitschriftensuche verzichtet werden, da nun übereinstimmen- 118 3 /14 de Zeitschriftentitel in der Regel immer auf der ersten Trefferseite erscheinen. Weiterhin erhalten aktuelle Monographien aus dem eigenen Bestand abhängig von Erscheinungsjahr und Auflagennummer eine stärkere Gewichtung. Neue Titel werden nun tendenziell in der Trefferliste weiter vorn angezeigt, auch wenn die Sortierung primär nach Relevanz erfolgt. Auf weitere Kriterien, etwa häufig entliehene Titel stärker zu gewichten, wurde bewusst verzichtet. Es ist insgesamt schwierig, zwischen den internen Relevanzranking-Algorithmen des Produktes und dem Wunsch auszutarieren, bestimmte Titel zu pushen. Man kann und sollte nicht versuchen, gegen das Standardverhalten der Suchmaschine zu arbeiten. Die Algorithmen sind komplex, basieren auf umfangreichen Kriterien wie Worthäufigkeiten, Position der Suchbegriffe im Titel, Synonymen etc. und sind nicht im Detail transparent. Die Sortierung nach Relevanz liefert aber insgesamt doch recht brauchbare Ergebnisse. nisieren und ihre Nutzer an Rückgabetermine erinnern. Die auch für andere Aleph-Bibliotheken nachnutzbare Erweiterung wird inzwischen von ca. 400 Nutzern regelmäßig verwendet. FAZIT UND AUSBLICK Der neue Katalog wird von den Nutzern gut angenommen: Inzwischen werden täglich rund 30.000 Suchanfragen ausgeführt. Durch die Einbindung von Primo Central werden gerade die Studierenden stärker an die Nutzung von Zeitschriftenartikeln herangeführt. Dies ist inzwischen auch messbar: Etwa 25 % der Zugriffe auf unseren Linksolver haben ihren Ursprung in Primo. Für die Kollegen im Hause ist es in Schulungen und Beratungsgesprächen dagegen gelegentlich schwieriger geworden. Man muss sich daran gewöhnen, dass das Verhalten des Discovery Service in vielen Punkten auf Heuristiken beruht und nicht immer transparent ist, beispielsweise bei der Verwendung von Synonymen in der Suche oder beim Ranking. Die Vielzahl der über den zentralen Index eingebundenen Quellen macht es schwieriger, die Suchergebnisse zu interpretieren und zu bewerten. Insgesamt sehen wir die Einführung von Primo trotz einiger anfänglicher Stolpersteine als klaren Erfolg. Die Vorteile durch die Einbindung von Primo Central, durch die modernere Benutzeroberfläche mit Funktionen wie Facettierung, Relevanzranking und Zusammenfassen von Versionen überwiegen deutlich die verbliebenen Schwierigkeiten – noch ist nicht die Darstellung jeden Titels oder das Verhalten jeder Suchanfrage perfekt. Der Nutzer kann die Rückgabetermine seiner ausgeliehenen Titel als Kalenderdatei aufs Handy herunterladen. EIGENE ERWEITERUNGEN Bei der Anzeige von Zeitschriften wurde der Dienst »Journals Online & Print« (JOP) von Deutscher Nationalbibliothek und ZDB eingebunden. Die Verfügbarkeit von Online- und gedruckter Version einer Zeitschrift wird so übersichtlich gemeinsam über ein Icon angezeigt. In der Detailansicht können parallele Erscheinungsformen übersichtlich dargestellt werden. Bestandsabhängig wird auf verschiedene Bestellformulare unseres internen Zeitschriftenlieferdienstes verweisen. Aber auch der alte Aleph-OPAC hatte einige Iterationen nötig, um weiter zu reifen. Aus Rückmeldungen und Nutzungsstatistiken können wir lernen, das Angebot weiter zu optimieren. Zu den nächsten Schritten wird beispielsweise die Integration der statischen Webseiten der UB in den Suchraum, der regelmäßige Import der Datenbanktitel aus DBIS und die Nutzung der GND-Nummer zur Verknüpfung der Autorennamen mit weiterführenden externen Diensten im Sinne von Linked Open Data gehören. Im Bereich der Kontofunktionen können sich Nutzer die Rückgabetermine ihrer ausgeliehenen Titel als Kalenderdatei herunterladen und abonnieren. Dazu ruft ein selbst entwickeltes Java Servlet die Ausleihdaten über die X-Services Schnittstelle von Aleph ab und generiert daraus eine iCal-Datei, die über einen permanenten Link bereitgestellt wird. Alle gängigen Kalenderprogramme (Android, IOS, Outlook ...) können diese Kalenderdatei selbständig synchro- 119 3 /14 IM FOKUS / DAS PROJEKT „SCHNELLSUCHE NRW“ – DISCOVERY FÜR ALLE? CHRISTINE BARON Hochschulbibliothekszentrum des Landes NRW (HBZ) »Ist das kompliziert bei Euch!«, hörte der Mitarbeiter einer großen deutschen Stadtbibliothek von seiner Tochter, als er sie in die Literaturrecherche einführte. Und das ist nachvollziehbar, da Benutzererwartungen durch Google und kommerzielle Angebote im Internet geprägt werden.(1) Gerade die Vorauswahl von Quellen liegt nicht im Fokus der Suchenden, denn man ist gewohnt, auf eine Anfrage auch ein Ergebnis zu erhalten. thek recherchierbar macht. Die Erstellung und Aktualisierung eines indexierten Datenpools ist arbeitsintensiv und erfordert immer auch das Einverständnis der Datenlieferanten. Dies für die Bedarfe Öffentlicher und Wissenschaftlicher Bibliotheken umzusetzen, ist Grundlage für das Projekt »Schnellsuche NRW«. 2013 wurde ein Vorprojekt durchgeführt, das folgende Fragen beantworten sollte: ›› Gibt es bei Bibliotheken Bedarf für einen auf deutsche Inhalte optimierten Suchindex? Was wären sie bereit, dafür zu zahlen? ››Welche Inhalte sollen recherchierbar sein? Wieweit divergieren Anforderungen Öffentlicher und Wissenschaftlicher Bibliotheken? ››Welche Anbieter sind bereit, Daten zur Verfügung zu stellen? ›› Gibt es ein tragfähiges Geschäftsmodell für den langfristigen Betrieb? DAS VORPROJEKT Hochschulbibliotheken setzen deshalb zunehmend moderne Discovery-Systeme ein, mit dem Ziel, alle gedruckten und elektronischen Bibliotheksbestände in einer Trefferliste anzubieten. Ihre Handhabung ähnelt der der kommerziellen Suchmaschinen. Unter eigenen Oberflächen oder integriert in lokale Portale werden Suchmaschinenindizes abgefragt, in denen die für die Literaturrecherche relevanten Quellen einheitlich aufbereitet sind. Der Zugriff auf Volltexte erfolgt direkt aus der Trefferliste. Umfang, Fokus und Inhalt solcher Indices werden auf den Webseiten der Anbieter (z. B. Ebsco(2), Ex Libris(3), Serial Solutions(4)) beschrieben. Die Ausrichtung der Produkte lag bisher auf dem wissenschaftlichen und englischsprachigen Bereich. SCHNELLSUCHE NRW Bibliotheken, die auf das deutschsprachige Fachliteraturszenario fokussiert sind, finden zurzeit kein vergleichbares Produkt, um ihren Gesamtbestand in einer zeitgemäßen Rechercheumgebung anzubieten. Deshalb wurde das Projekt »Schnellsuche NRW« vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport (MFKJKS) in Zusammenarbeit mit den Stadtbibliotheken Dortmund, Düsseldorf und Köln, der Hochschulbibliothek Niederrhein und dem Hochschulbibliothekszentrum (HBZ) initiiert. Ziel ist es, die DigiBib für den gesamten Kundenkreis zu modernisieren, wie es in Teilen für DigiBib IntrX (DigiBib mit integriertem Index) schon geschehen ist. Die Recherchebasis der Discovery-Systeme ist ein Suchindex, der möglichst den gesamten Bestand der Biblio- Das Vorprojekt gliederte sich in drei Arbeitspakete: eine Umfrage bei Bibliotheken, Gespräche mit Datenanbietern und die Überprüfung möglicher Geschäftsmodelle. Die Untersuchung wurde vom MFKJKS gefördert und vom HBZ durchgeführt. Ziel der Umfrage war, die benötigten Inhalte für verschiedene Bibliothekstypen zu identifizieren. Mit den Projektpartnern wurde ein Fragenkatalog erstellt, den das HBZ den Bibliotheken online zur Verfügung stellte. 25 Öffentliche Bibliotheken, 13 Hochschulbibliotheken, eine Universitätsbibliothek sowie 6 Fachstellen nahmen teil. Fast alle Bibliotheken waren bereit, sich an den Kosten eines Suchindexes zu beteiligen. Die Öffentlichen Bibliotheken legten großen Wert auf die Schnelligkeit der Anwendung, die Hochschulbibliotheken auf die Vollständigkeit der Inhalte. Für beide Zielgruppen war der direkte Zugriff auf die Volltexte von hoher Priorität. Schwerpunkt der Umfrage war die Benennung von Inhaltsbedarfen. Den Teilnehmern wurden die gängigen Angebote für E-Journals, EBooks und Datenbanken zur Priorisierung vorgelegt. Eine Erkenntnis war, dass es für beide Bibliothekstypen trotz der zu erwartenden Unterschiede einen großen Deckungsgrad bei den Inhalten gibt. Quintessenz ist, dass die Bibliotheken an einem für den deutschen Markt optimierten Index interessiert und bereit sind, sich in Maßen finanziell zu beteiligen. Ein Index mit der optionalen Einschränkung auf lokale Inhalte ist ein praktikabler Ansatz. Das zweite Arbeitspaket bildete die Kontaktaufnahme mit den Datenanbietern, um ihre Bereitschaft, Daten für das Projekt zur 120 3 /14 Verfügung zu stellen, zu erfragen. Auch wenn einige Anbieter ihre Daten nicht bereitstellen wollten, gab es erstaunlich viele positive Signale für Kooperationswillen. Offensichtlich bestehen seitens der Datenanbieter bei einer lokalen Lösung weniger Bedenken als bei einer Lösung großer internationaler Anbieter, bei denen die deutschsprachigen Titel häufig eher hinten gelistet werden. Schließlich wurden Überlegungen zu Geschäftsmodellen angestellt, wobei sich drei grundsätzliche Möglichkeiten unterschieden: ››Aufbau und Betrieb befinden sich in öffentlicher Hand: Die öffentliche Hand kann mittels Projektförderung den Aufbau des benötigten Indexes leisten, jedoch wird für Betrieb und Pflege langfristig eine steigende Zahl von Stellen erforderlich, die bei festen Stellenplänen kaum realisierbar scheint. ››Aufbau und Betrieb liegen bei einem privaten Unternehmen: Der Vorteil ist, dass ein Privatunternehmen bei der Einstellung von Mitarbeitern in der Regel flexibler als der öffentliche Dienst ist. Entgegen steht, dass der Einfluss der Bibliotheken auf die Gestaltung des Angebots eher gering ist und nicht garantiert werden kann, dass das Angebot im angestrebten Preissegment angesiedelt wird. ››Aufbau und Betrieb werden zwischen der öffentlichen Hand und einem privaten Anbieter in Partnerschaft geleistet: Eine solche öffentlich-private Partnerschaft könnte die Vorzüge der beiden anderen Ansätze vereinen, ist jedoch ein komplexes juristisches Konstrukt, bei dem der Aufwand bei der Vertragsgestaltung und Klärung relevanter Rechtsfragen nicht vernachlässigt werden darf. AKTUELLER STAND Grundlage für den langfristigen Erfolg des Projektes und für die kostengünstige Ausrichtung einer entsprechenden Dienstleistung ist eine feste Zahl an Kunden, mit denen das Angebot auch langfristig weiterentwickelt und zeitgemäß gestaltet werden kann. Das Projektteam informiert in diesem Jahr auf breiter Ebene, auf Kundenund Fachveranstaltungen über das geplante Projekt. Angesprochen sind Bibliotheken, die nicht genügend Personal für Eigenentwicklungen einsetzen können oder eine kostengünstige Produktalternative anbieten möchten und die ihren Bestand in einer, den Anforderungen der Benutzer entsprechenden, modernen Form im Internet präsentieren möchten. ENDNOTEN 1 Dixon, Lydia u. a.: Finding Articles and Journals via Google Scholar, Journal Portals, and Link Resolvers. Usability Study Results. In: Reference & user services quarterly. 2010, Nr. 2, S. 170– 182 2w ww.ebscohost.com/discovery/content 3 www.exlibrisgroup.com/category/PrimoCentral 4 www.serialssolutions.com/en/services/summon/content-and-coverage ›› KOMMENTAR DISCOVERY FÜR DIE ÖFFENTLICHEN BIBLIOTHEKEN ENTDECKEN! Als in den Öffentlichen Bibliotheken (ÖB) vor einer Menschengeneration noch HARALD PILZER die Kartenkataloge die SzeVorsitzender vbnw nerie beherrschten, machte das Schlagwort die Runde, dass Zuviel an bibliothekarischer Komplexität an die Besucherinnen und Besucher weitergegeben werde, um von Kundenfreundlichkeit reden zu können. Mit der Einführung der elektronischen OPACs ab Mitte/Ende der 1980er Jahre glaubten wir, ein gutes Instrument zu haben, bei dem ein mit bliothekarischer Akribie erzeugter Nachweis über ein im Bestand der Bibliothek befindliches Medium von verschiedenen Suchwegen her aufgefunden werden konnte. Diese glückliche Zeit währte keine Generation lang. Sind die Discovery-Systeme die OPACs der Zukunft? Dies fragte auf dem Hamburger Bibliothekartag 2012 Gerald Steilen. Die Idee, alle Ressourcen einer Bibliothek, ob gekauft oder lizenziert, und zudem auch frei zugängliche Webquellen in einem Recherchetool in einem Index zusammenzufassen, ist bestechend; auch für die ÖBs, die zunehmend digital content in ihr Repertoire aufnehmen und aktuell ihren Besuchern neben dem eigenen Katalog weitere unterschiedliche Recherchen und Navigationen anzubieten gezwungen sind. In der Regel haben die gegenwärtig in den ÖBs eingesetzten OPACs kaum Möglichkeiten, neben dem eigenen Bestandsverzeichnis weitere Verzeichnisse/Indices einzubinden. Häufig entstehen deshalb auf den Webseiten der Bibliotheken Seiten mit zahlreichen bunten Kacheln, die auf die Webquellen und ihre ‚proprietären‘ Auftritte verweisen und verlinken, wie z. B. auf die in den ÖBs populäre Onleihe, aber nicht in eine gemeinsame Suche integrieren. Die informatorische Visualisierung verschiedener Angebote wird wohl bleiben. Den Zugang stellen wir uns allerdings eleganter vor. Zuerst als, wie könnte es anders sein, Google- und Amazon-inspirierten ‚one stop shop‘. Eine Suchzeile ‚fits for all‘. Soweit eine mögliche Erwartung; dass ein solches Instrument trotz aller äußeren Schlichtheit nicht simpel ist, und sich damit alle Fragen der Vermittlung von Recherche- und Informationskompetenz nicht wie von selbst lösen, darauf haben unsere Kollegen aus den Hochschulbibliotheken deutlich hingewiesen. Und um Bertolt Brecht zu zitieren: »Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns – Vor uns liegen die Mühen der Ebenen«. 121 3 /14 IM FOKUS / „ONE SLOT” FÜR DIE KUNDEN DER STADTBÜCHEREI MÜNSTER So wurde eine herstellerneutrale Software gesucht, die auch die Option enthält, zu einem späteren Zeitpunkt zu einem anderen Bibliotheksmanagementsystem zu wechseln, falls erforderlich. Außerdem sollte das Produkt bereits in Bibliothekssystemen im Einsatz sein, die der Größe Münsters ungefähr entsprechen. MONIKA RASCHE Stadtbücherei Münster MECHTHILD BÖHME Stadtbücherei Münster Die Stadtbücherei Münster wird ihren Kunden demnächst einen Online-Katalog auf der Basis eines Discovery-Systems mit Namen VuFind anbieten. VuFind ist eine an der Villanova University (USA) entwickelte Open Source Software. Sie bietet eine einfache Suchmaske, die es dem Kunden erlaubt, mit einem einzigen Sucheinstieg auf eine Entdeckungsreise durch die von der Bibliothek bereitgestellten Daten zu gehen. Neben den Titelaufnahmen im Katalog werden auch andere Datenbestände der Bibliothek durchsucht. Als lokales Bibliothekssystem setzt die Stadtbücherei Münster Bibliotheca plus von OCLC ein und bietet zurzeit noch den dazugehörigen Web-OPAC an. Hierbei handelt es sich um einen klassischen OPAC, der mit Boole’schen Operatoren arbeitet und weder eine moderne Suchmaschinentechnologie einsetzt noch dem Kunden Funktionalitäten eines Katalogs 2.0 bietet (zum Beispiel Eingabe von Kommentaren, Anlegen von Listen). Dem Google-gewöhnten Kunden erscheint der Web-OPAC altmodisch und wenig innovativ. Daher wollte die Stadtbücherei Münster den OPAC durch ein aktuelleres System ersetzen. Die Software sollte über eine moderne Suchmaschinentechnologie und Web-2.0-Komponenten verfügen. Naheliegend wäre eine Entscheidung für OPEN gewesen, das Nachfolgeprodukt von OCLC für den Web-OPAC. Mit OPEN verbunden ist jedoch ein recht teures Content Managementsystem (CMS), das nicht benötigt wird. Die Stadtbücherei Münster ist nämlich gehalten, im Interesse eines einheitlichen Auftritts städtischer Institutionen und Ämter für ihre Homepage das entsprechende CMS (zukünftig Typo 3) zu verwenden. Hier bot sich die Firma Subkom GmbH an, deren Produkt »MobilOPAC« für Smartphones die Stadtbücherei Münster bereits seit Anfang 2012 einsetzt. Die Firma plante unter Verwendung von VuFind einen Online-Katalog mit dem Namen »smartBib OPAC« zu entwickeln, der den Bedürfnissen deutscher Öffentlicher Bibliotheken entspricht. Auch wenn das Produkt sich noch im Entwicklungsstadium befindet, erfüllt es doch die Anforderungen. Es ist herstellerunabhängig und in den USA bereits in zahlreichen public libraries im Einsatz sowie in Deutschland in mehreren Wissenschaftlichen Bibliotheken wie zum Beispiel der Universitätsbibliothek Leipzig. WAS BIETET VUFIND BZW. SMARTBIB? Zunächst einmal verfügt VuFind über einen Suchschlitz (»one slot – one shot«), wie man es heute von Google und anderen kommerziellen Anbietern, aber auch von Wikipedia gewöhnt ist. Bei der Eingabe werden dem Nutzer bereits automatisch Vervollständigungen angeboten. Sogenannte Facettierungen erlauben die Einschränkungen der Treffermengen, zum Beispiel nach Medientyp (Hörbuch usw.), nach Bereichen (Pädagogik usw.) und Zweigstellen. Die Basis von VuFind ist die Suchmaschinentechnologie SolR/ Lucene. Die Trefferanzeige bietet zunächst alle gefundenen Titel an, wobei zwischen verschiedenen Sortierungen (nach Relevanz, Erscheinungsjahr usw.) gewählt werden kann. Entscheidet man sich für einen Titel, erhält man die vollständige Titelaufnahme einschließlich der Exemplardaten und kann außerdem zu Annotationen oder Kommentaren wechseln. Letztere kann der Kunde selbst eingeben. Darüber hinaus werden auch ähnliche Titel angeboten, so dass sich der Kunde fast wie bei einem Regal im Umfeld des gefundenen Buchs umschauen kann. Neben den bekannten Kontofunktionen wie Ausleihkonto, Gebührenkonto, Leihfrist verlängern, Vormerken oder Vorbestellen kann der Kunde den Suchverlauf sowie seine Suchergebnisse speichern und sich darüber hinaus auch Literaturlisten anlegen. 122 3 /14 Die Stadtbücherei Münster bietet ihren Kunden die „Einschlitzsuche“ an. Der größte Mehrwert, den ein Discovery Tool wie VuFind bietet, ist die Möglichkeit, über dieses System mit einer Suchanfrage auch direkt auf andere Datenpools der Bibliothek zugreifen zu können wie z. B. die Onleihe und das Munzinger-Archiv. In der Stadtbücherei Münster wurden bisher die Daten von Muensterload (dem Onleihe-Angebot) und vom Munzinger-Archiv in den Katalog importiert. Das hat erhebliche Nachteile, wenn es in diesen Datenbanken zu Änderungen oder Löschungen kommt. Dann müssen Titeldaten im Katalog aufwändig einzeln geändert werden, zum Beispiel wenn Lizenzen zeitlich befristet sind und automatisch auslaufen. In einem Discovery-System werden die digitalen Bestände nur in einem Index zusammengefasst und periodisch dort hineingeladen. Somit ist eine regelmäßige Aktualisierung gewährleistet. Die Freischaltung des SmartBib-Online-Katalogs ist für den Herbst geplant. Zunächst werden Katalog- und Kundendaten noch aus dem Web-OPAC generiert werden, für das Frühjahr 2015 ist die Übernahme direkt aus der oracle-Datenbank geplant. STAND DER DINGE Der neue Katalog auf der Basis von VuFind befindet sich in der Stadtbücherei Münster im Moment in der Testphase und ist von außen noch nicht zugänglich. Über einen Index eingebunden sind bereits die elektronischen Bücher des Project Gutenberg, weil das lizenzrechtlich unproblematisch ist und die Daten in MARC 21 vorliegen. Auch eingebunden ist EDMOND NRW – der Onlinedienst für Bildungsmedien der Medienzentren in NRW, da die Stadtbücherei zum Jahreswechsel die Funktion eines Medienzentrums für die Schulen der Stadt Münster übernommen hat. Mit der Gestaltung der Seiten und ICONs für die Medientypen wurde ein Informationsgestalter beauftragt, der bereits die Oberfläche der Touch-Screens für die RFID-Selbstbedienungsstationen der Stadtbücherei Münster entworfen hat. Ziel ist es, ein ansprechendes Design für die Benutzeroberfläche zu erhalten, das sich deutlich von den nüchternen Auftritten Wissenschaftlicher Bibliotheken unterscheidet und zugleich durch die Benutzerführung die sogenannte »Usability« erhöht. AUSBLICK Es ist wünschenswert, dass weitere für Öffentliche Bibliotheken relevante Datenbanken indexiert werden und diese so in die Suche eingebunden werden können. Der Kunde findet dann alle Datenbestände unter einem Sucheinstieg. Damit steigt zum einen die Nutzung dieser Bestände, die heute oftmals versteckt sind und der Vermittlung durch den Bibliothekar bedürfen. Zum anderen wird die Rolle der Bibliothek als Informationsanbieterin gestärkt, wenn Kataloge mehr bieten als nur den Zugriff auf die realen Bestände vor Ort. Die Indexierung kostet jedoch Geld und wird für eine einzelne Bibliothek teuer, wenn nicht sogar unbezahlbar. Vor diesem Hintergrund ist ein Landesprojekt wie die »Schnellsuche NRW« zu begrüßen, um durch Kooperation die erforderlichen Kosten auf viele zu verteilen. Das Produkt VuFind ist geeignet, um diese Schnellsuche zu realisieren. ENDNOTEN Es wurde eine Einstiegsseite entwickelt, auf der dem Kunden Titelvorschläge gemacht und Bereiche benannt werden, in denen er stöbern kann (z. B. Kinderbücherei oder Bestseller). Den konservativen Nutzern, ob nun Kunden oder Bibliothekaren, wird als Alternative eine Profi-Suche mit den Boole’schen Operatoren angeboten, die ebenfalls von der Einstiegsseite erreichbar ist. 1 www.subkom.de 2 www.ub.uni-leipzig.de/alle-kataloge.html 3 www.gutenberg.org/ 4 http://edmond20.lvr.de/ 5 www.buero-buening.de/portfolio-item/4030-2/ 6 S. DigiBib Discovery unter http://bit.ly/1sHPt90 123 3 /14 IM FOKUS / STADTBIBLIOTHEK PADERBORN – LANGJÄHRIGER PARTNER FÜR „OPEN“ Verlängerungsfunktion für ausgeliehene Medien und die Integration in unsere Webseite«. Mit der OPEN-Einführung waren die Paderborner damals eine der ersten Bibliotheken. »Es war wie ein Sprung ins kalte Wasser. Neben der Einführung von OPEN und BIBLIOTHECAplus haben wir gleichzeitig auf die RFID-Technologie umgestellt, um die Medien elektronisch zu verbuchen und zu sichern. Wir standen einem Konglomerat aus neuen Technologien gegenüber, die schwer zu differenzieren waren«, blickt Böhning zurück. Die Anstrengung und Eigeninitiative haben sich gelohnt, vor allem im Sinne der Kunden: Mit jedem Update wurden Anforderungen und optische Verbesserungen für das Benutzerkonto angeregt und umgesetzt. So können die 13.241 Nutzerinnen und Nutzer der Paderborner Stadtbibliothek die über 120.000 Bücher und Non-Book-Medien beispielsweise schnell und übersichtlich verlängern und haben einen guten Überblick über die Gebühren. Sie können eigene Merklisten anlegen, bekommen ausgeliehene Medien der Fernleihe angezeigt und können über 3.700 E-Medien im direkten Link in der Trefferliste herunterladen. Als nächstes ist geplant, letztere auch im Kundenkonto sichtbar zu machen. Schnell und übersichtlich arbeiten: Besucherin des naturwissenschaftlichen Bereichs der Stadtbibliothek Paderborn KATJA EDELMANN Freie Autorin »Lernraum, Inspiration, Treffpunkt«: Auf ihrer Webseite präsentiert sich die Stadtbibliothek Paderborn den Besuchern als sozialer Raum in einladendem Design. Aktuelle Service-Meldungen sparen den Nutzern Wege und Zeit. Man merkt, welchen Stellenwert moderne Kommunikation und Kundenorientierung in der Einrichtung haben. Impulsgeber und Umsetzer ist dafür häufig das EDV-Team. SEIT 2011 DABEI Seit 2011 sind die Paderborner Projektpartner für OPEN, OCLCs »WebOPAC und Portal in einem«. Damals brauchte das Team um EDV-Leiter Roland Dicke eine Webseite mit integrierter Katalogrecherche – der Startpunkt für die gute Zusammenarbeit mit OCLC. Funktionalitäten und Design werden seither gemeinsam und stetig weiterentwickelt. 2012 führte die Stadtbibliothek Paderborn das Web-Portal ein. Bibliotheksmitarbeiterin Regina Böhning erinnert sich: »Nach und nach sind im System Funktionalitäten hinzugekommen, die wir angeregt haben. Die Recherche und der Komfort des Katalogs waren uns besonders wichtig, etwa die komfortable IN FRISCHEM DESIGN Auf diese Benutzerfreundlichkeit reagieren die Kunden zufrieden: »Die Nutzer bemerken zum Beispiel, wenn die Verlängerungsfunktion für ihre Medien besser aussieht und besser funktioniert. Dann bekommen wir in der EDV auch positive E-Mails von unseren Kollegen, die direkten Kundenkontakt haben«, freut sich Mitarbeiterin Böhning. Neben den Funktionen ist der Stadtbibliothek ebenso die Form wichtig. Im April 2014 frischte sie unter Leitung der EDV das Layout der Webseite auf: In modernem Orange und der Weniger-ist-mehr-Optik lädt die Einrichtung seine Besucher online in eine Bibliothek des 21. Jahrhunderts ein.(1) Auch in der Bibliothek selbst leben die Paderborner die neue Rolle als Inspiration und Treffpunkt: 2013 veranstalteten sie eine Manga-Convention, in diesem Jahr das Treffen der Star-Wars-Fans. ENDNOTE 1 www.stadtbibliothek-paderborn.de 124 3 /14 KONZEPTE / „WIR SIND BÜRGERMEISTER!“ WIE KINDER MIT DIGITALEN MEDIEN KREATIV ARBEITEN JULIA SCHABOS Deutscher Bibliotheksverband e. V. (dbv) In der Leseförderung spielen klassische Medien eine wesentliche Rolle, werden aber zunehmend durch digitale Angebote ergänzt. Das Projekt »Lesen macht stark: Lesen und digitale Medien« greift diese Entwicklung auf. Es bietet Bibliotheken mit fünf altersgerechten Aktionen die Möglichkeit, bewährte Veranstaltungsformate digital anzureichern, cross-medial zu arbeiten und so Text- und Medienkompetenz zu fördern. Über die Nutzung neuer Medien können Kinder Inhalte selbst gestalten – sei es über das Internet, über Smartphones oder Tablet-PCs. Das gemeinsame Leseförderungsprojekt des Deutschen Bibliotheksverbands e. V. (dbv) und der Stiftung Digitale Chancen ist Teil des Förderprogramms »Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung« des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. »Lesen macht stark: Lesen und digitale Medien« setzt auf eine nachhaltige Vernetzung lokaler Einrichtungen. Bibliotheken initiieren mit mindestens zwei Partnern lokale »Bündnisse für Bildung«. Die so etablierten Partnerschaften und Bildungsnetzwerke bündeln gemeinsam ihre Kompetenzen. Seit Projektbeginn im Mai 2013 wurden in NRW bereits 31 solcher »Bündnisse für Bildung« durch Bibliotheken geschmiedet. VERNETZUNG: BEISPIEL NEUENRADE Das Zentrum für Lesen, Integration und Sprache (Zelius) in Neuenrade animierte Viertklässler, sich zum Thema Stadtplanung Gedanken zu machen. Das Zentrum für Lesen, Integration und Sprache (Zelius) Neuenrade, zwei städtische Schulen sowie der Stadtmarketingverein Neuenrade e.V. bildeten solch ein neues »Bündnis für Bildung« und setzten gemeinsam mit ehrenamtlich engagierten Bürgern die Aktion »Wir sind Bürgermeister!« um. Der Fokus lag dabei neben der Vermittlung von Lese- und Medienkompetenz vor allem auf der Chance zur direkten gesellschaftlichen Teilhabe der Kinder. 125 3 /14 KONZEPTE / Diese sollten aktiv an der Stadtentwicklung Neuenrades mitwirken können. »Wir sind Bürgermeister!« lautete daher die gemeinsame Losung. Dabei setzten sich die Viertklässler mit ihren Wünschen für die Stadtplanung auseinander. Beim ersten Treffen in der Bibliothek ging es vor allem um die Figur des Bürgermeisters. Wer kennt den Bürgermeister von Neuenrade? Ist ein Bürgermeister auch der Chef der Stadt? Zur Einstimmung auf den Besuch im Rathaus wurden thematisch abgestimmte Kurzgeschichten gelesen und gemeinsam überlegt, welche Fragen man ans Stadtoberhaupt richten möchte. Beim Folgetreffen in der Bücherei wurden erste Ideen für Fotostorys entwickelt. Die Kinder stellten sich dabei Fragen, wie »Was würde ich als Bürgermeister machen?«, »Welche Dinge in Neuenrade möchte ich verbessern?« und »Was ist durchführbar, was nicht?« Nach einer Einführung in den Umgang mit den Tablet-PCs entwarfen die Jungen und Mädchen bei einem dritten Termin in Zweierteams Storyboards für ihre Geschichten. An ausgesuchten Plätzen wurden Fotos gemacht und am Tablet zu Geschichten zusammengeführt. Highlight der Aktion war die Abschlussveranstaltung, bei der die Kinder ihre Fotostorys und vor allem die Ideen und Wünsche dahinter präsentierten. Mit dabei waren Eltern, Ratsmitglieder und sogar der Bürgermeister. FÖRDERMÖGLICHKEITEN NUTZEN Bibliotheken haben bis 2017 die Möglichkeit, sich um Fördergelder für die fünf Projektangebote zu bewerben. Die 4. Ausschreibungsrunde wurde am 1. Oktober 2014 veröffentlicht und läuft bis 15. November 2014. Neu ist: Antragsformular und Weiterleitungsvertrag wurden vereinfacht. Außerdem erhalten die Antragssteller eine Verwaltungspauschale in Höhe von 5 % der lokalen Fördersumme. Der neue Internetauftritt zum Projekt »Lesen macht stark: Lesen und digitale Medien« ist online. Unter www.lesen-und-digitale-medien.de finden sich die wichtigsten Informationen zum Projekt, zur Antragsstellung und Durchführung. ANZEIGE 126 3 /14 LEVERKUSEN: MIT „BIBLIOFREAK“ MEHR VERSTÄNDNIS GEWONNEN Ich bin MusikFreak Fußball, Manga, Pferde, Thriller – »Welcher Freak steckt in dir?«, fragte das 30-köpfige Team der Stadtbibliothek Leverkusen Nutzer und Nicht-Nutzer im Rahmen der sechsmonatigen »BiblioFreak«-Testkampagne von August 2013 bis Februar 2014. Auf Postkarten und der Webseite verrieten 228 Leverkusener BürBiblioFreak.org gerinnen und Bürger, welcher Leidenschaft sie verfallen sind. »Wir haben Schulen und Vereine gezielt angeregt, über ihre Interessen zu sprechen. Der Poetry-Freak war bei den Schülern besonders beliebt«, erinnert sich Bibliotheksleiterin Lucia Werder, selbst ein Koch-Freak. Die Stadtbibliothek Leverkusen war einer von fünf Pilot-Standorte der Kampagne »BiblioFreak« in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Hinter der Aktion steht die Bibliotheksorganisation OCLC GmbH mit den Kooperationspartnern ekz.bibliotheksservice, der Werbeagentur necom, den Landesverbänden des Deutschen Bibliotheksverbandes, dem Bibliotheksverband Österreich und der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der allgemeinen Öffentlichen Bibliotheken. Welcher Freak steckt in dir? Vieles was Du dazu brauchst hat Deine Bibliothek. Zeige was DICH bewegt und unterstütze deine Bibliothek unter: BiblioFreak unterstützt die Öffentlichkeitsarbeit von Öffentlichen Bibliotheken - initiiert von ekz und OCLC. Für ihren Einsatz erhielt die Leverkusener Einrichtung sehr viel Resonanz. Für die Kampagne erstellte die Stadtbibliothek erstmals einen Facebook-Account, um vor allem mit den jungen Freaks zu kommunizieren. Dennoch haben alle Altersgruppen auf die Kampagne reagiert: »BiblioFreak hat uns eine hohe Aufmerksamkeit gebracht und einen leichten Anstieg der Entleihungen. Durch die vielen persönlichen Gespräche während der Kampagne hat sich vor allem das Verhältnis zu Dienstleistern und Partnern stark verbessert, so dass es mehr Verhandlungs- und Kompromissbereitschaft gibt«, berichtet die Bibliotheksleiterin. SCHWEIZ MACHT WEITER Auch an den anderen Modell-Standorten hat sich BiblioFreak als Aktionsprogramm zur Weiterentwicklung der Bibliotheken in den Regionen bewährt. Der Verband Bibliothek Information Schweiz (BIS) will die Kampagne 2014 bis 2015 in der Schweiz in den drei Landessprachen umsetzen, um zu zeigen, wie Bibliotheken heute selbst aktiv werden. Einen Anschub für die Kommunikation der Kampagne war der BIS-Kongress im September. Weitere Informationen zur Kampagne sind online abrufbar unter www.bibliofreak.de/infos-fuer-bibliotheken Foto: Stefan Andres „GEEK THE LIBRARY“ Inspiriert von der US-amerikanischen Bibliothekskampagne »Geek the library« wollen die Initiatoren unterschiedlichste Interessen »herauskitzeln«, Menschen und Wissen mit den lokalen Bibliotheken verbinden und so neue Nutzer gewinnen. In Leverkusen bettete die Stadtbibliothek die Freak-Suche in 167 Veranstaltungen und Führungen ein. Bibliotheksleiterin Lucia Werder erinnert sich gern an die Presse-Einladung zum Kampagnenstart: »Wir Mitarbeiter haben unseren eigenen Freak vorgestellt – mit Kochlöffel, dem eigenen Hund und in Feldhockey-Montur saßen wir vor den Journalisten«. Zuvor hatte OCLC das Team in einem Auftakt-Workshop informiert, bei dem man festlegte, wer welche Zielgruppe ansprechen und welche Materialien vorbereiteten sollte. Lucia Werder hält es für wichtig, dass bei einer solchen Aktion das Team grundsätzlich für Neuerungen und Veränderungen offen ist, da die Aktionen der Kampagne die Beteiligung von jedem Mitarbeiter erfordern – und damit einen hohen Personalaufwand. Mit Helm und Hund: Das Team der Leverkusener Stadtbibliothek präsentierte den „Freak in sich“ zum Kampagnenstart 2013; Benedikt Gilgenberg, Eva-Marie Urban, Marc Adomat, Agid Jumpertz (stehend), Lucia Werder, Brigitte Heiden, Anika Baschien, Ursula Gilgenberg (sitzend). 127 ENTDECKUNGEN / 3 /14 ›› KOLUMNE: NEUES VOM ALTEN BUCH UNTERSCHRIFTSREIF: VERTRAG FÜR NOTFALLVERBUND BONN-RHEIN-SIEG MICHAEL HERKENHOFF Universitäts- und Landesbibliothek Bonn Der Arbeitskreis Historische Bestände in Rheinland und Westfalen organisiert 2014 und 2015 in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Bibliotheks- und Informationswissenschaftliche Weiterbildung (ZBIW) mehrere Fortbildungen zu Alt- und Sonderbeständen. Reinhard Feldmann (ULB Münster) und Dr. Armin Schlechter (LBZ Rheinland-Pfalz) führten Ende September 2014 in »Historische Einbände in Bibliotheken« ein. Dr. Michael Herkenhoff (ULB Bonn) und Annelen Ottermann, M. A. (StB Mainz) bieten am 29. und 30. Januar 2015 in der Wolfsburg (Mühlheim/Ruhr) unter dem Titel »Gebrauchsspuren in Büchern« eine Fortbildung zur Provenienzenerschließung an. Die Veranstaltung wird am ersten Tag in den gegenwärtigen Stand der Provenienzenerfassung in den Bibliotheken des HBZVerbundes und anderen Verbünden einführen. Der zweite Tag ist als Übung angelegt. Anhand ausgewählter Beispiele erlernen die Teilnehmer das Erkennen von Überlieferungsspuren und Exemplarspezifika sowie deren Bestimmung. Kupferstich aus La Crozes Beschreibung der Geschichte des Christentums in Äthiopien und Armenien (EDDB Köln, HE-2232). 128 3 /14 ›› STADTBIBLIOTHEK TRIER Die Umbauarbeiten in der Stadtbibliothek Weberbach machen gute Fortschritte. Die Schatzkammer wird am 14. November 2014 nach einer ca. dreijährigen Umbauphase in neuem Glanz in Anwesenheit der Ministerpräsidentin wiedereröffnet. Insgesamt stehen dann 360 Quadratmeter Ausstellungsfläche und Nebenräume zur Verfügung. Dafür wurde ein wenig genutzter Atriumgarten überdacht und in ein Ausstellungsfoyer verwandelt. Der ehemalige Eingangsbereich der Schatzkammer wird zu einem Medienraum mit Medientisch, an dem Handschriften virtuell umgeblättert werden können. Die wertvollen barocken Coronelli-Globen erhalten einen Platz in der Schatzkammer selbst. Die Dauerausstellung erhält künftig zwei miteinander verbundene Räume. Die besonders wertvollen Stücke – Egbert-Codex, Ada-Evangeliar und Gutenbergbibel – werden im ehemaligen Wechselausstellungsraum hervorgehoben präsentiert. Zur Ausstellung werden ein Audioguide und eine herunterladbare App geschaffen. Die Texte werden in Deutsch, Französisch, Englisch und Niederländisch zur Verfügung stehen. Für Kinder werden spezielle Angebote bereitgestellt. Die Betreuung der Schatzkammer erfolgt durch ehrenamtliche Mitarbeiter. Neben der architektonischen Neugestaltung wurde auch modernen konservatorischen Gesichtspunkten und Sicherheitsbelangen Rechnung getragen. Ne- ben einer Landesförderung und Mitteln aus dem EU-Fonds zur Förderung der regionalen Wirtschaft (EFRE) werden erhebliche Eigenmittel investiert. Zeitgleich hat dieses Jahr der letzte Bauabschnitt begonnen. Er umfasst die Sanierung des Katalogsaals, des Zeitschriftenlesesaals, die Überdachung und Nutzbarmachung des zweiten Atriums und die Sanierung des größeren Vortragsraums. ›› ERZBISCHÖFLICHE DIÖZESAN- UND DOMBIBLIOTHEK KÖLN Von Januar 2013 bis Januar 2014 erinnerte die Ausstellung »In aeternum cantabo – Zeugnisse aus 1.300 Jahren kölnischer DomMusikGeschichte« an die Umgestaltung der Kölner Dommusik 1863 durch die Gründung eines Knabenchors. In den vier Jahrzehnten davor waren die Gottesdienste von einer Domkapelle gestaltet worden, die eng mit dem Musikleben der Stadt verwoben war. Das oft handschriftlich vervielfältigte Notenmaterial dieser Zeit, aber auch Zimelien wie der Nürnberger Erstdruck (1587) der Motetten Orlando di Lassos, sind heute in der Sammlung des Domkapellmeisters Carl Leibl in der Dombibliothek erhalten. Die Ausstellung zeigte, wie sich aus diesen Anfängen heraus die mittlerweile vier Chöre des Kölner Doms entwickelt haben. Der reich illustrierte Katalog, herausgegeben von Stefan Klösges und Eberhard Metternich, kann noch in der Bibliothek erworben werden. Die Ausstellung über »Die orientalischen Christen – eine unterdrückte und verfolgte Minderheit« (30. April bis 16. Juli 2014) nahm auch Bezug auf leider immer noch aktuelles Tagesgeschehen. Dargestellt wurden u. a. Geschichte und Liturgie der Nestorianer, der koptischen Kirche, der syrischen und der armenischen Christen. Die Themenkreise wurden mit älteren Drucken aus dem eigenen Bestand sowie mit neu erworbenen liturgischen Handschriften illustriert. Lange Zeit bestimmten mehr oder weniger fantasievolle Reiseberichte das Bild, das sich der Westen von den orientalischen Christen machte. So lieferte etwa der portugiesische Priester Francisco Àlvares 1540 einen ersten realistischen Einblick in das Christentum Äthiopiens wie auch zur Wirtschaft, Kultur und Natur des Landes. Dennoch setzte auch seine mehrfach aufgelegte »Kurtze und Warhafftige Beschreibunge aller gründlichen erfarnus von den Landen des mechtigen Königs in Ethiopien, den wir Priester Johan nennen« (Eißleben: Joachim Heller, 1567; Sign.: Ae 719) den Negus (Kaiser) von Äthiopien schlicht mit dem sagenhaften Priesterkönig Johannes gleich. Dieser Druck ist wie alle anderen Exponate in einem begleitenden Ausstellungskatalog (Libelli Rhenani, 49) beschrieben. Die aktuelle Ausstellung (bis Anfang 2015) hat »Die Dreikönigstranslation und Dreikönigsverehrung im Spiegel der Reichspolitik« zum Thema. Sie ist ein Beitrag der Bibliothek zur Übertragung der Dreikönigsreliquien von Mailand nach Köln, die sich 2014 zum 850. Mal jährt, und an die mit Aktionen in der ganzen Stadt erinnert wird. U. a. sind Dreikönigsdarstellungen in kostbaren Handschriften und Inkunabeln der Bibliothek zu sehen. Eine Tagung am 24. Oktober 2014 wird die Reliquientranslation in historischer und literaturwissenschaftlicher Hinsicht aufarbeiten. 129 3 /14 ENTDECKUNGEN / ›› LBZ RHEINLAND-PFALZ/PFÄLZISCHE LANDESBIBLIOTHEK SPEYER Im LBZ/Pfälzische Landesbibliothek Speyer wird im Rahmen eines Projekts ein bisher nur rudimentär erschlossener Teil des Nachlasses von Ernst Lieber (1838–1902) bearbeitet. Lieber war Abgeordneter des Reichstags und einer der Gründer der Zentrumspartei. Es handelt sich um umfangreiche Materialsammlungen, die die Grundlage für seine parlamentarische Arbeit bildeten. Neben der Einzelverzeichnung steht die modellhafte konservatorische Sicherung im Vordergrund. Zur Ende Mai 2014 unter großer öffentlicher Resonanz eröffneten Ausstellung im gemeinsamen Gebäude von Landesarchiv und Landesbibliothekszentrum Speyer zum Ersten Weltkrieg ist eine umfangreiche Begleitpublikation erschienen.(1) Im LBZ/Bibliotheca Bipontina wurde von Juli bis Ende September 2014 die Ausstellung »… dass Sie ‚kecklich zu reden geschickt werden‘ – Vier Jahrhundert Schuldrama im Zweibrücker Gymnasium« gezeigt. Vom 16. bis zum frühen 18. Jahrhundert fiel dem humanistischen Gymnasium in Zweibrücken indirekt auch die Funktion eines Hoftheaters zu. ›› UNIVERSITÄTS- UND LANDESBIBLIOTHEK BONN Die Archive und Bibliotheken der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises sind schon seit längerer Zeit intensiv damit beschäftig, an einem Konzept für einen Notfallverbund Bonn-Rhein-Sieg zu arbeiten. Die Vorbereitungen für diesen Zusammenschluss sind nunmehr abgeschlossen. Die Unterzeichnung des Vertragstextes steht unmittelbar bevor. Die beteiligten Einrichtungen verpflichten sich darin zur Erarbeitung eigener Alarmpläne sowie zur gegenseitigen Unterstützung im Notfall. Die Universitäts- und Landesbibliothek Bonn wird Partner in dem Notfallverbund. Seit 1992 erfasst die ULB Bonn ihre Nachlässe und Autographen mit dem Erfassungssystem HANS. In dem überregionalen Verbundkatalog Kalliope sind dagegen bisher nur die Bonner Bestände recherchierbar, die früher an die Zentralkartei der Autographen gemeldet worden sind. Um einen besseren Nachweis und somit auch eine bessere Nutzung ihrer handschriftlichen Materialien zu gewährleisten, exportierte die ULB im Juli 2014 nahezu alle in HANS katalogisierten Bestände als MABExport in Kalliope. Die Pflege dieser Daten in dem Verbundkatalog übernimmt die ULB Bonn mit Hilfe eines in der Handschriftenabteilung installierten Kalliope-Klienten. Ihren kleinen, aber durchaus bedeutenden Bestand an rheinischen Kalendern und Almanachen des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts hat die ULB Bonn inzwischen digitalisiert und online veröffentlicht.(2) Noch bestehende Bestandslücken sollen mit Hilfe anderer Bibliotheken geschlossen werden. ›› UNIVERSITÄTS- UND STADTBIBLIOTHEK KÖLN Anlässlich des 450. Geburtstages von William Shakespeare hat das Museum für Angewandte Kunst (MAK) in Köln von März bis Juli 2014 eine Ausstellung mit dem Titel »A Party for Will! Eine Reise in das Shakespeare-Universum« gezeigt. Glanzstück war die »First Folio« der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, also die erste Gesamtausgabe der Theaterstücke Shakespeares von 1623. In der Sekundärliteratur wird das Kölner Exemplar zu den »14 perfect copies« gezählt. Es wurde 1960 vom Verein der Freunde und Förderer zusammen mit der zweiten, dritten und vierten Auflage der Gesamtwerke bei Hauswedell in Hamburg gekauft. Die Kölnische Bibliotheksgesellschaft, der Förderverein der Universitäts- und Stadtbibliothek, hat anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens der USB eine hochwertige Scanner-Kamera geschenkt. Mit dieser Kamera kann die vor einigen Jahren im Projekt »Verteilte Digitale Inkunabelbibliothek (vdIb)« begonnene Digitalisierung von Inkunabeln weiter betrieben werden. Die auf einem Wolfenbütteler Buchtisch gescannten Wiegendrucke sollen in die »Digitale Sammlung Inkunabeln und Blockbücher« geladen werden, in die bereits die Digitalisate des vdIb-Projekts eingeflossen sind. 130 3 /14 ›› UNIVERSITÄTS- UND LANDESBIBLIOTHEK DÜSSELDORF Die niederrheinischen Regionalia konnten unter anderem um zwei Pläne zur Belagerung Krefelds im Sommer 1758 erweitert werden (gedruckt 1758 in Amsterdam bzw. 1765 in Den Haag). In ungewöhnlicher Form präsentiert sich die Darstellung einer Rheinreise vom Rheinwaldgletscher bis nach Rotterdam: Es handelt sich um ein Brettspiel, das – da Schachtel, Spielanleitung und Figuren fehlen – bisher nicht näher identifiziert werden konnte. Die Pharmaziehistorische Bibliothek Dr. Helmut Vester konnte um die Erstausgabe der »Pharmacia Galenica et chymica« (Amsterdam 1657) ergänzt werden, die nun zum Vergleich mit zwei späteren, überarbeiteten Ausgaben, die bereits Teil der Sammlung waren, zur Verfügung steht. Im Zuge einer sukzessiven Schadenskartierung des Altbestandes wurden zu den Be- standssegmenten »Folio« und »Binterim-Bibliothek« Schadensbilanzen erstellt. Zudem wurden die Bände gereinigt, vermessen und auf Digitalisierbarkeit geprüft. In den Bestandssegmenten »Plakat« sowie »Kartenwerke und Kunstmappen« wurde die auf die Schadenskartierung folgende konservatorische Bearbeitung abgeschlossen. Eine kleine Ausstellung im Foyer der Zentralbibliothek präsentierte von Ende Februar bis Ende Juni »Westentaschenmusik«: klein- formatige Notenausgaben des 19. und 20. Jahrhunderts für die unterschiedlichsten Anlässe vom Liedzettel für den St. Martinsumzug über Karnevalsliederbücher bis hin zu Musenalmanachen mit ausfaltbaren Musikbeilagen. Ihr folgt eine Ausstellung zu den ungewöhnlich gestalteten Künstlerbüchern der Alpha Presse. Zu einigen dieser Bücher entstanden Video- oder Klangperformances, die ebenfalls präsentiert wurden. Im Mai wurde erstmals eine kostenlose Büchersprechstunde angeboten, die künftig im zweimonatigen Turnus stattfinden wird. Besitzer alter Bücher werden dabei über Inhalt, Erhaltungszustand und Schätzwert ihrer Stücke informiert. Zum Brettspiel „Rheinreise vom Rheinwaldgletscher bis nach Rotterdam“ fehlen Schachtel, Anleitung und Figuren. ›› WISSENSCHAFTLICHE STADTBIBLIOTHEK MAINZ Der 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs war für die Wissenschaftliche Stadtbibliothek Mainz Anlass für die Ausstellung »Wir spielen Krieg. Patriotisch-militaristische Früherziehung in Bilderbuch und Spiel 1870–1918«. Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit der Mainzer Sammlerin Beatrix Mühlberg-Scholtz erarbeitet. An zahlreichen Beispielen – in erster Linie aus der Privatsammlung von Beatrix Mühlberg-Scholtz, aber auch aus der Sondersammlung Scholz der Stadtbibliothek Mainz – wird deutlich, dass Krieg, Soldatentum, Hurra-Patriotismus und Aggressivität gegenüber dem Feind in einer Flut von Bilderbüchern und Spielen des Kaiserreichs allgegenwärtig waren. Zur Ausstellung ist eine 120 Seiten umfassende Begleitpublikation innerhalb der 131 Schriftenreihe der Bibliothek erschienen. Neben einem historischen Überblick über das Kaiserreich sind themenbezogene Aufsätze zu patriotisch-militaristisch ausgerichteten Bilderbüchern und Spielen im Zeitraum 1870 bis 1914 und zur Kinderund Jugendliteratur im Ersten Weltkrieg sowie ein umfangreicher Abbildungsteil enthalten. 3 /14 ENTDECKUNGEN / ›› LIPPISCHE LANDESBIBLIOTHEK DETMOLD Bei der diesjährigen Frühjahrsauktion des Hauses Stargardt wurden Dichterbriefe aus dem Verlagsarchiv Brockhaus angeboten. Ein Konvolut von 14 Briefen Freiligraths, das die Lippische Landesbibliothek mit Sponsorenhilfe erwerben konnte, wirft ein interessantes Licht auf Freiligraths Bemühen, den Verleger zu wechseln, nachdem er Cotta in Stuttgart verärgert hatte. Außerdem erwarb die Bibliothek einen umfangreichen Brief des Hermannsdenkmal-Erbauers Ernst von Bandel und ein Schreiben des Komponisten Albert Lortzing über die russische Erstaufführung seiner Oper »Zar und Zimmermann«. Im April gedachten Schülerinnen und Schüler ihres Lehrers, des Klavierprofessors Hans-Martin Theopold (1904–2000). Den Verlagsbriefwechsel mit Theopold übergab bei dieser Gelegenheit Dr. Wolf-Dieter Seif- fert, Geschäftsführer des Henle-Verlags, an die Lippische Landesbibliothek; Theopold hatte über 200 Ausgaben des Verlages mit Fingersatz versehen. 2014 feiert die Lippische Landesbibliothek ihr 400-jähriges Bestehen als öffentliche Bibliothek: 1614 stiftete Simon VII., Graf und Edler Herr zur Lippe, die Büchersammlung seines Vaters Simon VI. als »Gräflich öffentliche Bibliothek« zu Detmold. Eine Ausstellung »400 Jahre, 400 Bücher« macht seit dem 30. Juni den Zeitraum mit ausgewählten Büchern aus dem Bestand erfahrbar. Brief Erich von Bandels an Georg Heinrich Crola vom 5. Januar 1846 (ULB Bonn, Kriegsbriefe 44:3) ›› BIBLIOTHEK DES BISCHÖFLICHEN PRIESTERSEMINARS TRIER Von März bis Mai 2014 wurde der Großteil einer historischen Bibliothek aus der Pfarrei St. Kastor in Koblenz katalogisiert, der 2010 und 2012 als Geschenk in die Bibliothek des Priesterseminars gekommen war. Die Titel sind jetzt im HBZ-Verbundkatalog recherchierbar (bisher 1.162 Datensätze). Die Bücher sind geschlossen aufgestellt in der Reihenfolge eines 1991/1992 angelegten Inventars. Die Kennzeichnung mit Signaturen erfolgte durch Einlegezettel, deren Papier alle Anforderungen an den Bestandsschutz erfüllt. Eine professionelle Reinigung und weitere konservatorische und restauratorische Maßnahmen stehen noch aus. Für die Pfarrbibliothek St. Kastor und ähnliche Sammlungen, darunter die Bibliothek des 1921 verstorbenen Trierer Bischofs Michael Felix Korum, wurden im OPAC eigene »Standorte« eingerichtet, so dass diese Sammlungen gezielt durchsucht werden können. Als nächster Erschließungsschritt ist die Aufnahme der im Fall der Kastor-Bibliothek sehr aufschlussreichen Provenienzen geplant, die zum größten Teil schon vorläufig erfasst sind. Die Pfarrbibliothek St. Kastor soll dabei als internes Pilotprojekt dienen. Im Mai 2014 konnte die Bibliothek ein handschriftliches »Processionale« aus dem Marienstift Pfalzel bei Trier vorstellen, das 1759 für den dortigen Dekan Johann Ulrich Miltz geschrieben wurde. Die Neuerwerbung ist der Findigkeit eines Trierer Antiquars und der Großzügigkeit des langjährigen Förderers der Bibliothek Prof. Dr. Franz Ronig zu verdanken. In einem Vortrag erschloss der Liturgiewissenschaftler Prof. Dr. Andreas Heinz die bisher unbekannte Handschrift als wertvolles Zeugnis für die Trierer Eigenliturgie und die jährliche Gottesdienstordnung eines Kanonikerstiftes. ENDNOTEN 1. Krauß, Martin; Rummel, Walter (Hrsg.): »Heimatfront« – Der Erste Weltkrieg und seine Folgen im Rhein-Neckar-Raum (1914–1924). Ubstadt-Weiher/Heidelberg/Neustadt an der Weinstraße/Basel 2014 2. ULB Bonn: Hof- und Staatskalender http://digitale-sammlungen.ulb.uni-bonn.de/ulbbn/nav/ 132 classification/2926126 3 /14 IN „PAPIERGEWITTERN“ – SAMMLUNG WELTKRIEG IN DER ULB MÜNSTER REINHARD FELDMANN Universitäts- und Landesbibliothek Münster Anfragen nach Leihgaben sind wie sensible Seismographen: Sie kündigen große Ereignisse an. Gleichzeitig machen sie bewusst, wie vielschichtig und reichhaltig unsere Bibliotheksbestände sind und welch enormes Potential mit hohem Quellenwert in ihnen steckt. Im konkreten Fall ging es um Leihgaben für die derzeit beliebten Ausstellungen zum Ausbruch des Weltkrieges vor 100 Jahren. Nicht nur das Deutsche Historische Museum in Berlin, sondern auch das Ruhrmuseum in Essen (»1914. Mitten in Europa«) oder die Bundeskunsthalle in Bonn (»1914. Die Avantgarde im Kampf«), um nur zwei der bedeutendsten Museen in NRW zu nennen, sondern auch viele andere Museen, Bibliotheken und Archive engagieren sich 2014 in dieser Thematik. Auch die Regionalbibliotheken stehen nicht zurück und legten soeben den Sammelband »Kriegssammlungen 1914 – 1918« vor.(1) Die ULB Münster verfügt über eine große »Sammlung Weltkrieg«, nicht aus eigenem Sammeleifer zusammengetragen, sondern 1953 von einem Privatsammler erworben. Die »Sammlung Weltkrieg« mit etwas mehr als 5.000 Dokumenten ist entstanden aus der Sammlung »Krieg und Kunst 1914–1918« des gelernten Bibliothekars und leidenschaftlichen Kunstsammlers Hanns Heeren (1893–1964). Nachdem er Nicht zu übersehen: Das Plakat wies schwere Schäden auf. 133 ENTDECKUNGEN / 3 /14 den Ersten Weltkrieg überlebt hatte, in dem er Mitglied einer Fliegerstaffel war und als »Leutnant mit der Laute« bekannt wurde, widmete er sich Schöngeistigem und dem Aufbau großer graphischer Sammlungen. schlossen, seitdem liegt ein umfangreiches digitales Findbuch vor.(2) Außerdem wurde die Sammlung mit den übrigen Nachlässen und Sammlungen kontextualisiert.(3) Seine Sammlung enthält schwerpunktmäßig Materialien zum Ersten Weltkrieg, zusätzlich finden sich aber auch Dokumente aus der unmittelbaren Nachkriegszeit wie zum Friedensvertrag von Versailles 1919, zu den Freikorps-Kämpfen im Baltikum, zu den Volksabstimmungen in Oberschlesien, den Reichstagswahlen von 1924 (Wahlplakate), außerdem wenige Materialien zum Zweiten Weltkrieg. Einen erstaunlich großen Anteil nehmen künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Kriegsgeschehen ein. Die meisten Dokumente sind deutschen und österreichischen Ursprungs, aber es existiert auch eine dichte Überlieferung mit französischer sowie (geringer an Umfang) englischer sowie US-amerikanischer Provenienz. Neben Büchern, Zeitschriften und Zeitungen (Kriegszeitungen, Zeitungen von Armee-Einheiten, Lagerzeitungen) wurden Plakate und Flugblätter mit Durchhalteparolen, Aufrufe zur Zeichnung von Kriegsanleihen oder Spenden sowie Rekrutierungsaufrufe gesammelt. Des Weiteren finden sich Karten, Erinnerungsblätter, Kalender, Kriegsbilderbögen, Briefe, Briefkarten und Postkarten, außerdem (in geringerem Umfang) Lebensmittelmarken und Notgeld. Das Material spiegelt die politische Situation im Ganzen sowie besonders das große Leid der Beteiligten in dieser Epoche wider. Einen erstaunlich großen Anteil nehmen künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Kriegsgeschehen ein, oftmals in umfangreichen Folgen oder Serien. Dabei sind alle künstlerischen Techniken in zum Teil bemerkenswerter Qualität vertreten. Meist sind es Radierungen, wobei hier der Anteil französischer Radierungszyklen (»Eaux fortes«) sehr hoch ist. An Künstlern sind unter anderem André Devambez, Fritz Gärtner, Louise Ibels, Lucien Jonas, Fernand Truffaut oder Theophil Steinlen zu nennen. Die Sammlung wurde vor zwei Jahren er- Neben der Erschließung standen die konservatorischen Maßnahmen. Vor allem war für eine angemessene Lagerung sowie für die Restaurierung insbesondere der Großund Überformate Sorge zu tragen. Hier traf es sich gut, dass die Landesregierung Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2007 bis 2011 ein Programm »Erhalt des schriftlichen Kulturerbes« aufgelegt hatte.(4) Die vier größten und bedeutendsten Bibliotheken des Landes (ULB Bonn, Düsseldorf und Münster, USB Köln), denen zudem besondere Verantwortung für die Bestandserhaltung zufällt, konnten durch die Mittel aus diesem Programm auf drei Ebenen in die Lage versetzt werden, dieser Verantwortung gerecht zu werden: Zum einen im Bereich der Schadensprävention, ebenso im Bereich der Konversion (Übertragung von Informationen in ein anderes Textformat) und somit einer Entlastung der wertvollen Originale sowie schließlich durch gezielte Einzelrestaurierung besonders wertvoller Werke. Die ULB Münster setzte die Mittel u. a. gezielt für die Sammlung Weltkrieg ein. Zur besseren Unterbringung wurde eine spezielle Regalanlage für Karten sowie Großformate installiert, zum anderen wurden ca. 500 Plakate fachgerecht restauriert, die infolge ihrer Größe besonders schwer handhabbar waren und starke Beschädigungen aufwiesen. Exemplarisch sei eines dieser Plakate beschrieben. Das Plakat zeigt Soldaten mehrerer Staaten (Kanada, Großbri- 134 tannien, Belgien, Serbien) angeführt von einem französischen Soldaten, der dem Reichsadler, der das Deutsche Reich symbolisiert, entgegenrückt, um ihn zu ergreifen. Der Adler, bzw. das Reich, ist schon arg zerrupft, befindet sich also in der Defensive, was durch die Datierung des Plakates (Terminus post quem: Kriegserklärung der USA am 6.4.1917) bestätigt wird. Auch die Parole am rechten Bildrand »un dernier effort et on l’aura« (»Eine letzte Anstrengung noch, dann haben wir ihn«) deutet auf das Jahr 1917 bzw. Anfang 1918 hin. Das Plakat befand sich in einem schlechten Zustand, da sowohl Fasern des Papiers gebrochen waren als auch mehrere Fehlstellen mit Bildverlust zu konstatieren waren. Mit der Restaurierung konnte die Stabilität des Papiers wiederhergestellt werden. Dies geschah zunächst durch eine Trockenbehandlung (Reinigung mit Latexschwamm), danach durch eine Nassbehandlung (Wässerung und Auswaschen der Schmutzpartikel) und schließlich durch eine zweifache Stabilisierung (Nachleimung und vollflächige Kaschierung). Eine Retuschierung im Bereich der Fehlstellen und eine ausführliche Dokumentation schlossen sich an. ENDNOTEN 1 Kriegsammlungen 1914–1918. Hrsg. von Julia Hiller von Gaertringen. Frankfurt 2014 2 www.ulb.uni-muenster.de/sammlungen/nachlaesse/sammlung-weltkrieg.html 3 www.ulb.uni-muenster.de/sammlungen/nachlaesse/2014_ weltkrieg-in-nachlaessen.html 4 http://l.hh.de/Kulturerbe KURZ & KNAPP / 3 /14 ›› KURZ & KNAPP DER BOOK-SLAM® IN HATTINGEN LESEFÖRDERUNG FÜR JUGENDLICHE HEIKE BEIN Stadtbibliothek Hattingen ANJA WARNKROSS Medienberatung NRW Poetry Slams sind eine Erfolgsgeschichte: die große, quirlige und medienpräsente deutschsprachige Slamszene begeistert seit den 1990er Jahren vor allem ein junges Publikum für Lyrik. Dass sich dieser Effekt auch auf andere Bereiche übertragen lässt, beweist der Book-Slam® der Stadtbibliothek Hattingen, bei dem Schülerinnen und Schüler Lesetipps in Szene setzen. Die Idee für diese »schlagkräftige« Buchvorstellung stammt ursprünglich aus der Akademie Remscheid und ist dort inzwischen eine eingetragene Marke. Im Rahmen des Zertifikatskurses für Beschäftigte in Öffentlichen Bibliotheken »Experten für das Lesen« unter der Leitung von Professorin Gudrun Marci-Boehncke und Corinna Wulf von TU Dortmund wurde sie zu einem Konzept für ein gemeinsames Book-Slam®-Projekt von Stadtbibliothek und Gesamtschule Hattingen weiterentwickelt. Für die intensive und systematische Kooperation der Stadtbibliothek mit ihren Partnerschulen, insbesondere den weiterführenden Schulen, ist der Book-Slam® die aktuellste Bereicherung. DIE KOOPERATIONSIDEE Eine klassische Buchpräsentation vorzubereiten, ist oft besonders für ohnehin leseaffine Jugendliche schon eine interessante Aufgabe. Fügt man die Zutaten eines SlamEvents in der Bibliothek hinzu, geht es zu- sätzlich um Tempo, mediale Kreativität, Aktualität und Publikumswirksamkeit. Schon sind auch Schüler mit nicht so starkem Leseinteresse beim Bücherwettstreit dabei. Zunächst werden die Lehrkräfte der beteiligten 7. und 8. Klassen in einem Workshop in der Bibliothek mit dem Konzept des Book-Slam® vertraut gemacht. Wenn dann die Klassen von der Bibliothek mit aktuellen Jugendbüchern ausgestattet werden, sind die Lehrkräfte in der Lage, ihre Schüler bei der Erstellung der Slambeiträge zu begleiten sowie den Vorentscheid durchzuführen. Die drei besten Book-Slams® jeder Klasse werden ca. vier Monate nach dem Auftaktworkshop in die Bibliothek eingeladen, um die ultimative Hitliste der Buchempfehlungen zu ermitteln. Dabei ist der schulexterne Schauplatz des Events mit seinem Bühnencharakter und vielen Gästen etwas Besonderes für die Slammer. EVENT MIT NACHHALTIGEM MEHRWERT Der Book-Slam® besitzt viele Attribute, die ihn schnell zu einem attraktiven Baustein innerhalb der fest etablierten Bildungspartnerschaften zwischen der Stadtbibliothek Hattingen und Hattinger Schulen gemacht haben. Er ist abwechslungsreich, multimedial und ein Gruppenerlebnis, kurz gesagt: Er trifft den Nerv der Jugendlichen. Verknüpft mit diesem positiven Erlebnis erhalten sie von ihrer Peer Group Leseanregungen und entdecken selbst neue Bücher – so entstehen Anreiz und Bestärkung, die örtli- 135 che Bibliothek ausgiebiger zu nutzen. Desweiteren wird den Schülern deutlich, dass Möglichkeiten des Lernens, schulischen Arbeitens und der zielorientierten Mediennutzung nicht auf den Ort und den Zeitraum »Schule« begrenzt sind, und welche großen Potentiale diesbezüglich die Bibliothek besitzt. Sie erfahren, wie mit Hilfe der Bibliothek im schulischen Kernlehrplan festgeschriebene Kompetenzen vermittelt und eingeübt werden, hier »Sprechen und Zuhören« sowie »Lesen – Umgang mit Texten und Medien«. Gleichzeitig nehmen sie die Bibliothek als Ort der Freizeitkultur wahr. FORMEN DER ZUSAMMENARBEIT Die Stadtbibliothek pflegt und betreibt aktiv die kontinuierliche Kooperation mit den schulischen Einrichtungen in der Stadt. Dies geht weit über die regelmäßigen Klassenbesuche in der Bibliothek hinaus. Bei der bekannten Kinder- und Jugendbuchwoche, die alle zwei Jahre unter anderem Motto stattfindet, sind die Bildungspartner bei interaktiven Autorenbegegnungen, Workshops oder innovativen Buchpräsentationen eingebunden. Weitere Highlights sind die Vorleseaktionen des Stadtrats in den Grundschulen zum bundesweiten Vorlesetag und das gemeinsame Schreibprojekt »Leben an der Ruhr« von Schülern und Senioren. Der Freundeskreis der Bibliothek gestaltet mit den Eltern in den Grundschulen interkulturelle Leseprojekte. Ein detaillierter Artikel zum Book-Slam® findet sich in der aktuellen Ausgabe der DoLiMette, der Onlinezeitschrift für angehende Lehrkräfte der TU Dortmund. KURZ & KNAPP / 3 /14 ›› PERSONALIEN WOLFGANG SCHMITZ: EINER, DER NIE „NUR“ BIBLIOTHEKAR WAR ROLF THIELE Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Wolfgang Schmitz trat zum 1. September 2014 in den Ruhestand. Hinter ihm liegen – rechnet man das Referendariat mit – 39 Jahre im nordrhein-westfälischen Bibliothekswesen. Mitarbeiter der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln (USB) ist er seit 1982, leitender Bibliotheksdirektor seit 1999. Für beide eine lange und prägende Zeit. Für den Verfasser dieser Zeilen ist es schwer, eine umfassende Darstellung der Tätigkeitsbereiche und der Wirkungen zu geben: Einerseits war der Verfasser lange Jahre zu nah an Wolfgang Schmitz dran, es fehlt mithin die für eine Würdigung vielleicht notwendige Distanz bzw. Objektivität. Zum anderen ist Wolfgang Schmitz nie »nur« Bibliothekar gewesen, auf Grund seiner Neigungen und Interessen ist er ein herausragendes Beispiel für die selten gewordene Spezies des wissenschaftlich arbeitenden Bibliothekars. Vieles kann also nur angedeutet werden. Ein erster Hinweis darauf ist seine langjährige Tätigkeit als Dozent, die schon 1978 mit einem Lehrauftrag am Lehrstuhl für Bibliothekswissenschaft an der Universität zu Köln (UzK) einsetzt. Weitere Stationen sind die Fachhochschule für das Öffentliche Bibliothekswesen in Bonn mit einem Lehrauf- 1990 habilitiert sich Wolfgang Schmitz im Fach Bibliothekswissenschaft (die Ernennung zum apl. Professor an der UzK erfolgte 1999). Bemerkenswert daran ist, dass die Habilitationsschrift über »Die Überlieferung deutscher Texte im Kölner Buchdruck des 15. und 16. Jahrhunderts« nebenbei entstanden ist, d. h. neben seiner Tätigkeit als Fachreferent der USB, als stellvertretender Leiter des damals so bezeichneten Benutzungsdezernats und als Leiter der Abteilung Altes Buch. Die Habilitation war Grundlage des Rufs an die Humboldt-Universität Berlin, wo Wolfgang Schmitz im Wintersemester 1993/94 als kommissarischer Geschäftsführender Direktor das heutige Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft in der schwierigen Phase der Zeit nach der »Wende« geleitet hat und durch Neuberufungen auch ein wenig den Grundstein für das heutige Institut mit gelegt hat. Wenn ich mich an unsere Gespräche nach der Rückkehr erinnere, so war ein Grund dafür, dass es ihn nach einem Semester wieder nach Köln zurückgezogen hat, dass in dieser frühen Phase des Umbruchs der politischen Systeme Personalentscheidungen umzusetzen waren, die er nicht selbst getroffen hatte und die fachlich auch nicht immer einsichtig waren. Der Hauptgrund aber war die (auch familiäre) Bindung an Köln. Eduard Prüssen gestaltete den Linolschnitt, der auch in der Festschrift „Buch-BibliothekRegion“ abgebildet ist.(3) Köln spielt wie »das« Buch und »die« Bibliothek eine gewichtige Rolle im Wirken von Wolfgang Schmitz. Er war lange Jahre Vorsitzender des Kölnischen Geschichtsvereins, Mitglied der Bibliophilen Gesellschaft Kölns, als deren »Auffangbecken« nach ihrer Auflösung der Freundes- und Förderkreis der USB, die Kölnische Bibliotheksgesellschaft (KBG), wie selbstverständlich bereit stand. Er war Vorstandsmitglied der Germania Judaica oder seit 2011 Vorstandsvorsitzender des Vereins »Bildung Stiften«, eines Fördervereins des »Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds« – dessen Bücherschätze, die »Gymnasialbibliothek«, seit langem von der USB als Depositum verwaltet wird. Für die Vollständigkeit dieser Aufzählung legt der Verfasser keine Hand ins Feuer. trag für Buchwesen und Buchhandel und die Fachhochschule Köln im Rahmen der Ausbildung der Bibliotheksreferendare. In diesem Zusammenhang haben sich der Verfasser und Wolfgang Schmitz im Übrigen auch kennen gelernt – eine kleine persönliche Reminiszenz findet sich im Vorwort zur Festschrift für Wolfgang Schmitz, auf die noch kurz einzugehen ist. 136 3 /14 Für die USB Köln haben sich diese Kontakte, diese Vernetzung in der Kölner buchinteressierten oder besser buchliebenden Gesellschaft durchaus auch ausgezahlt: Sie bilden den Grundstein für eine Neubelebung der Tradition des Bürgers, der seine nach unterschiedlichen Gesichtspunkten entstandene Privatbibliothek als Stiftung der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Diese Sammlungen, so sie die Bibliothek denn als solche zusammenhält und aufbewahrt, bilden einerseits ein bleibendes Andenken an den Stifter. Zum anderen stellen sie neben ihrem möglicherweise vorhandenen materiellen Wert einen unschätzbaren Fundus für Wissenschaft und Forschung dar.(1) Dank Wolfgang Schmitz hat die USB Köln ihren Bestand nicht nur an historischen, sondern auch an zeitgenössischen Sammlungen bedeutend ausbauen können – ihr Sammlungsportal gibt einen guten Überblick.(2) Foto: sla Aber nicht nur auf Köln und die Kölner Buch- und Bibliothekstradition hat sich die wissenschaftliche Arbeit von Wolfgang Schmitz beschränkt. Das gesamte Buchund Bibliothekswesen hat in seinem Leben eine bedeutende Rolle gespielt, ihn über den »normalen« Alltag hinaus beansprucht. Als äußerliche Anzeichen dafür möchte ich auf seine vielfältige Gremientätigkeit hinweisen: den Wolfenbütteler Arbeitskreis für Bibliotheks-, Buch- und Mediengeschichte, die Historische Kommission des Börsenvereins für den deutschen Buchhandel oder die Internationale Buchwissenschaftliche Gesellschaft. Ein weiteres Indiz ist sein umfangreiches Publikationsverzeichnis, das belegt, dass über die Gremientätigkeit hinaus eine profunde Beschäftigung mit den verschiedenen Aspekten – vom alten Buch bis zum Medienwandel – des Buch- und Bibliothekswesens das Denken von Wolfgang Schmitz bestimmt hat. Der Verfasser kann es sich an dieser Stelle einfach machen (und gleichzeitig ein wenig Werbung betreiben) und auf die Festschrift »Buch – Bibliothek – Region. Wolfgang Schmitz zum 65. Geburtstag«(3) hinweisen, die die Arbeitsfelder von Wolfgang Schmitz aus der Sicht seiner Freunde und Weggefährten aufnimmt und aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Zwei Bereiche sind noch aufzuführen: Für den Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich Wolfgang Schmitz in langen Jahren an vorders- genden Vorstandsperiode umgesetzt. Mit der Ausstellung »Schätze aus den Bibliotheken Nordrhein-Westfalens« im Landtag Nordrhein-Westfalens(4) wurde der Versuch unternommen, den politisch Verantwortlichen die Bedeutung der Bibliotheken für das kulturelle Erbe des Landes unmittelbar, im Wortsinne augenscheinlich deutlich zu machen. vbnw-Mitgliederversammlung 2013: neben Prof. Dr. Schmitz Dr. Jan-Pieter Barbian (r.) und Sigurd Prätorius. ter »Front« eingesetzt, stets geleitet von der Einsicht, dass die Bibliotheken der verschiedenen Sparten politisch als Einheit auftreten müssen. Er war von 1996 bis 2011 Mitherausgeber von ProLibris und hat das Gesicht der Verbandszeitschrift entscheidend mitgeprägt. Von 2003 bis 2005 war er Vorsitzender des vbnw. Hier seien vor allem zwei Aspekte hervorgehoben, die beide auf das gleiche Motiv – die Sichtbarkeit der Bibliotheken im politischen Raum – zurückgehen: Er hat den Anstoß gegeben, den vbnw über die bisher vorhandene Vorstandsstruktur hinaus um einen Präsidenten zu erweitern, der aus der Politik kommend das Gewicht des Verbands im Kontakt zum Landtag und dessen Ausschüssen und zu den Ministerien stärken konnte. Diese Idee wurde dann in der fol- 137 Und nicht zuletzt seien ein paar Zeilen dem Haupttätigkeitsbereich der letzten 15 Jahre von Wolfgang Schmitz, der Leitung der USB Köln, gewidmet: Auf die Bedeutung der Sammlungen wurde schon hingewiesen. In diesem Zusammenhang ist die 2003 erfolgte Gründung des Freundes- und Förderkreises der USB Köln zu erwähnen: die Kölnische Bibliotheksgesellschaft (KBG).(5) Auch sie war der (erfolgreiche) Versuch, die Bibliothek über Buchpatenschaften und andere finanzielle Fördermaßnahmen hinaus im politisch-kulturellen Raum zu etablieren. Organisatorisch hat sich in der USB Köln während dieser Zeit eine Menge getan: Das Dezernat »Informationsdienste und Neue Medien« wurde gegründet; die Ab- 3 /14 KURZ & KNAPP / teilungen/Dezernate Katalogisierung und Erwerbung wurden zusammengelegt, der integrierte Geschäftsgang eingeführt; die Fotostelle wurde in das Digitalisierungszentrum überführt. Die elektronischen Medien bilden einen herausragenden Schwerpunkt in der Erwerbungspolitik der USB, der direkte Zugriff auf die Informationen vom Arbeitsplatz aus ist für die Kölner Wissenschaftler eine Selbstverständlichkeit geworden und wird vom Rektorat und den Fakultäten entsprechend gefördert. Neue Projekte wie die Umstellung der Erwerbung auf Warenkorbsysteme, die benutzergesteuerte Erwerbung (»patron driven acquisition«) sind an der USB in Verbindung mit Partnern aus dem Buchhandel mit- bzw. weiterentwickelt worden. Die Verstärkung der Kooperation mit den Institutsbibliothe- ken – die Universität zu Köln hat immer noch ca. 150 davon – in Form von Gemeinsamen Fachbibliotheken bildet ebenfalls einen Schwerpunkt der letzten 15 Jahre. Wolfgang Schmitz hat diese Entwicklungen angestoßen bzw. nach Kräften gefördert – für Anregungen war er immer offen. Anstöße und Projekte überhaupt angegangen und umgesetzt werden. ENDNOTEN 1. Krauß, Vgl. z. B. die »Empfehlungen zu wissenschaftlichen Das gibt vielleicht Anlass für ein paar persönliche Worte: Der Verfasser hat seit 1987 eng und nicht nur kollegial, sondern freundschaftlich mit Wolfgang Schmitz zusammengearbeitet. Eine Eigenschaft (neben vielen anderen) ist seine Souveränität. Aus dem Wissen um die eigenen Fähigkeiten hat er den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Freiraum für selbständiges Arbeiten und eigenständige Entscheidungen eingeräumt. Nur so konnten die vielen Sammlungen als Forschungsinfrastrukturen« des Wissenschaftsrats. Berlin, Drucksache 10464-11. 2011 2. Vgl. www.ub.uni-koeln.de/sammlungen/index_ger.html 3. Haug, Christine; Thiele, Rolf (Hrsg.): Buch – Bibliothek – Region. Wolfgang Schmitz zum 65. Geburtstag. Wiesbaden 2014 4. vbnw (Hrsg.): Schätze aus den Bibliotheken NordrheinWestfalens. Katalog zur Ausstellung vom 23.2. bis zum 4.3.2005 im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Weilerswist 2005 5. www.koelnische-bibliotheksgesellschaft.de/index_ger.html FÜR DIE BUCHWISSENSCHAFT GRUNDLEGENDES GELEISTET CHRISTINE HAUG Institut für Deutsche Philologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München Wolfgang Schmitz hat für die Buchwissenschaft Grundlegendes geleistet. Seine Forschungsinteressen und -aktivitäten sind vielfältig und umfassen den kompletten Zeitraum von der Frühdruckzeit bis zu den Herausforderungen des digitalen Zeitalters. Sicherlich: Vor allem die Frühdruckforschung hat Wolfgang Schmitz viel zu verdanken. Neben zahlreichen Fachartikeln und Sammelbänden legte er mit seiner Habilitationsschrift zur Überlieferung deutscher Texte im Kölner Buchdruck des 15. und 16. Jahrhunderts einen wichtigen Grundstein für alle seine späteren Forschungen. Als langjähriger Vorsitzender des geschäftsführenden Vorstands des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Bibliotheks-, Buch- und Mediengeschichte richtete er u. a. 2013 die Jahrestagung über Inkunabeln in der Herzog August Bibliothek aus, eine Veranstaltung, die auf Wunsch der Teilnehmer 2015 fortgesetzt wird. Doch reines Spezialistentum allein ist nicht Wolfgang Schmitz’ Sache: Er stand und steht neuen Entwicklungen in der Buchforschung, in der Buchbranche und im Bibliothekswesen aufgeschlos- sen gegenüber. So widmet er sich als Vorsitzender der Internationalen Buchwissenschaftlichen Gesellschaft (IBG) tagesaktuellen Themen, die die Medienbranche beschäftigen, an erster Stelle ist hier die Digitalisierung zu nennen. Schmitz sorgt dafür, dass wichtige Debatten – ob bequem oder nicht – angestoßen und geführt werden, selbst wenn er nicht darüber publiziert. Denn neben der aktiven Forschung gehört die Fähigkeit, zu wichtigen Themen die richtigen Gesprächspartner zusammenzubringen, zu seinen Kerneigenschaften. Dies tut er als Vorsitzender oder als aktives Mitglied vieler Berufsverbände und Wissenschaftsvereinigungen. Sein Augenmerk gilt auch den Bibliophilen und Sammlern; als Vorsitzender der Maximilian-Gesellschaft gelang es ihm häufig, wichtige Privatsammlungen für die Stadt- und Universitätsbibliothek Köln zu akquirieren. Und Wolfgang Schmitz bemüht sich – das darf keineswegs unerwähnt bleiben – stets darum, Nachwuchsforscher zu fördern, an Forschungsdesiderata heranzuführen, sie auf Themen neugierig zu machen und für eine Mitwirkung in den wissenschaftlichen Verbänden zu gewinnen. Der große Erfolg von Wolfgang Schmitz’ wissenschaftlichem Wirken ist zweifelsohne auf ganz besondere und in der Forschungscommunity eher selten anzutreffende Eigenschaften zurückzuführen – auf seine unaufgeregte Art im Umgang mit Fachkollegen und sein stets ergebnisorientiertes Denken und Arbeiten, bar jeder Eitelkeit. 138 3 /14 ULRICH MOESKE: EIN „LOCAL HERO“ GEHT IN DEN RUHESTAND JAN-PIETER BARBIAN Stadtbibliothek Duisburg Im Rahmen der Kulturhauptstadt »Ruhr.2010« konnten sich die 53 Städte der Metropole Ruhr abwechselnd jeweils eine Woche lang mit besonderen Kulturveranstaltungen als »Local Hero« präsentieren. Über solchen öffentlich inszenierten Spektakeln – so gut und anregend sie auch sein mögen – wird meistens vergessen, dass es vor allem die Menschen waren, die das Gesicht des Ruhrgebiets mit seinem besonderen Flair geprägt haben. Das hat Heinrich Böll einfühlsam erkannt, als er 1957/58 zusammen mit dem Kölner Fotografen Chargesheimer durch das Ruhrgebiet fuhr und das Vorwort zu einem beeindruckenden Bildband schrieb (die damaligen Fotos sind bis zum 18. Januar 2015 im Ruhr Museum auf Zeche Zollverein in Essen zu sehen). Nach wie vor sind immer noch die Menschen das Wichtigste in dieser alten Industrieregion, die sich seit mehr als 40 Jahren im permanenten »Strukturwandel« befindet. Ulrich Moeske zählt zu diesem bemerkenswerten Menschenschlag – mit Körper, Geist und Seele. ELAN UND DURCHSETZUNGSVERMÖGEN In den wilden politischen Zeiten, von 1968/69 bis 1974, hat er an der wenige Jahre zuvor gegründeten Ruhr-Universität in Bochum studiert: Geschichte und Sozialwissenschaften. Nach seinem 1. Staatsexamen für das höhere Lehramt entschied sich Moeske dann aber nicht für den Schuldienst, sondern für die Bibliothekswelt. Am 1. April 1975 wurde er Bibliotheksreferendar für den höheren Bibliotheksdienst am damaligen Bibliothekar-Lehrinstitut in Köln. Während seines Zweitstudiums sammelte Moeske erste praktische Erfahrungen in der Universitätsbibliothek Bochum und in der Stadtbücherei Dortmund. Nach seinem erfolgreichen Studienabschluss wurde er im April 1977 als Städtischer Bibliotheksrat bei der Stadt Dortmund eingestellt. In der Stadtbücherei war er zunächst zuständig für die Koordinierung des großen Zweigstellensystems mit damals 18 festen Einrichtungen und vier Bücherbussen. In der Folge engagierte sich Moeske auch in Fragen der konzeptionellen Gesamtplanung, der Aus- und Fortbildung für das Personal, des Informations- und Auskunftsdienstes in der Zentralbücherei und als Lektor für die Sachgebiete Politik, Soziologie und neueste Geschichte. Seine hohe Fachkompetenz, seine wache Intelligenz, sein unermüdlicher Elan, sein großes Durchsetzungsvermögen und seine ausgezeichnete politische Vernetzung mit der in Dortmund regierenden SPD förderten seine rasche Karriere in der Stadtbücherei Dortmund: Bereits im April 1979 wurde Moeske zum stellvertretenden Direktor und mit 31 Jahren am 1. Januar 1981 zum Direktor ernannt. WEGBEREITER DER KULTURBETRIEBE DORTMUND Das Alltagsgeschäft ist auch für Bibliotheksdirektoren mühsam. Es erfordert ein hohes Maß an Selbstdisziplin, die prinzipielle Offenheit für Veränderungen, ein dickes Fell angesichts von regelmäßig wiederkehrenden Anfeindungen und Zumutungen aus der Verwaltung, der Politik oder der Öffentlichkeit und einen langen Atem bei der Verfolgung von Zielen. Solche Tugenden werden meistens übersehen, wenn man nur auf die eher seltenen »Highlights« einer Berufskarriere blickt. Ulrich Moeske hat beides aufzuweisen: die genannten Tugenden im Alltag und die großen Erfolge, die richtungweisend für seine Stadt, das Land Nordrhein-Westfalen und die Bundesrepublik Deutschland wurden. Dazu zählen die im Juni 1987 vom Rat der Stadt Dortmund beschlossene Zusammenlegung der Stadt- und Landesbibliothek mit der Stadtbücherei, mit der das traditionsreiche Konzept einer wissenschaftlichen und öffentlichen Einheitsbibliothek revitalisiert wurde. Seit dem Februar 1988 war Moeske Direktor der neuen Stadt- und Landesbibliothek. Es folgte 1995 die Eingliederung seiner Bibliothek in die neu gegründeten »Kulturbetriebe Dortmund«, deren stellvertretender Geschäftsführer er 2006 wurde. Das damit verbundene innovative Verwaltungskonzept, das einerseits die Eigenverantwortung in der Ressourcenverwaltung stärkte, andererseits aber auch zu einer Mitverantwortung für die finanziellen Fehlkalkulationen anderer Eigenbetriebe (z. B. der Museen) führt, brachte die Stadt- und Landesbibliothek mit elektronischen Techniken für die Bewirtschaftung und das Controlling in Verbindung und öffnete sie damit früh für die zukunftsweisenden neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Die damit eingeleitete Entwicklung wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten konsequent vorangetrieben und hat die Stadtund Landesbibliothek Dortmund zu einer der führenden Bibliotheken bei den elektronischen Dienstleistungen werden lassen – mit der Digitalen Bibliothek als einem hochwertigen Ausrufezeichen. 139 3 /14 KURZ & KNAPP / In den 1990er Jahren wurden in Dortmund nicht nur die Verwaltungsstrukturen modernisiert, sondern auch das Stadtbild einer grundlegenden Neuplanung unterzogen. Die nördliche City in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs, die noch den altmodischen Stil der 1950er Jahre repräsentierte, wurde zu einem »Kulturwall« umgestaltet: mit dem Museum für Kunst- und Kulturgeschichte, der Volkshochschule, dem Konzerthaus und einem Neubau für die Stadt- und Landesbibliothek. Literatur und Kultur der Arbeitswelt, das seit 1958 von dem langjährigen Dortmunder Stadtbüchereidirektor Fritz Hüser (1908– 1979) als Archiv aufgebaut wurde und seit 2007 im Industriemuseum Zeche Zollern II/IV in Dortmund-Bövinghausen beheimatet ist. »Verbundwirtschaft« gibt es eben nicht nur in der Industrie des Ruhrgebiets. DIE WELT DER BIBLIOTHEKEN ERKUNDET Das Spektrum der Aktivitäten und des ehrenamtlichen Engagements von Ulrich Moeske ist damit noch keineswegs vollständig gewürdigt. In die Veranstaltungsarbeit des eigenen Hauses bringt er sich regelmäßig mit eigenen Lesungen, Vorträgen, Buchempfehlungen und Moderationen ein. Seit 1988 ist er Geschäftsführer des Vereins der Freunde der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, der schon seit 1913 die Öffentliche Bibliothek finanziell und ideell fördert. Von 1987 bis 1989 und noch einmal von 2000 bis 2002 war Moeske Vorsitzender des Verbandes der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen. Seine Reden in dieser Funktion waren immer präzise, anregend und den jeweiligen Adressaten freundlich zugewandt. Für den 1947 gegründeten Landesverband mit seinen rund 350 Mitgliedern leitete er zudem über einen langen Zeitraum die Arbeitsgemeinschaft der Großstadtbibliotheken. Darüber hinaus wirkte Moeske auch auf der Bundesebene: Er war Vorsitzender der Rechtskommission des Deutschen Bibliotheksverbands und viele Jahre auch der Sektion 1. Dabei kam ein weiteres Talent zum Tragen: Moeske erkundet nicht nur selbst gerne die Welt, sondern Fotos: Markus Steur, Dortmund Niemand außer Ulrich Moeske selbst wird das Ausmaß der Kraftanstrengung, der Sorgen und des Ärgers kennen, die vom Auszug aus dem 1958 errichteten »Haus der Bibliotheken« am Hansaplatz und dessen Abriss im Juli 1997 über die dezentrale Zwischenlagerung als »1.000 Tage-Bibliothek« in den Jahren 1995/96 bis zur Eröffnung des neuen Gebäudes am Max-von-der-Grün-Platz auszuhalten waren. Doch die Mühen haben sich gelohnt. Die Eröffnung des von dem Schweizer Stararchitekten Mario Botta entworfenen, zweiteiligen Komplexes am 19. Mai 1999 wurde zu einem Meilenstein für die Entwicklung des Bibliothekswesens in Deutschland. In der markanten schwarzen »Rotunde« mit einer transparenten Glasfassade für die Medienpräsentation und Mediennutzung auf 4.000 Quadratmetern und dem lang gezogenen Riegel des Hauptgebäudes mit einer eleganten Steinfassade stehen den Besuchern insgesamt eine Million physische Medien zur Verfügung. Zum Haus gehören auch die Handschriften- und Nachlass-Sammlung, die Artothek, die Dortmunder Autorendokumentation, das 1926 gegründete Institut für Zeitungsforschung und das Fritz-Hüser-Institut für Ulrich Moeske, der „local hero“, an seinem Schreibtisch in der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund. 140 3 /14 ALLES GUTE, LIEBER HERR KOLLEGE! HARALD PILZER Vorsitzender vbnw Wäre der hier zu verabschiedende Kollege Moeske der langjährige Vorsitzende eines Sportvereins, sagen wir des TuS Eintracht aus Bexterdissen-Stapelbrede, dann würde die örtliche Presse ihn womöglich mit dem ebenso kernigen wie herzigen wie schiefen Bild verabschieden: »Urgestein geht in Unruhestand«. Ähnliches könnte ihm als treu gedientem Kassierer eines Unterbezirks einer großen Volkspartei widerfahren, der er zudem 35 Jahre lang als Bezirksverordneter und sachkundiger Bürger gedient hat. In beiden Fällen zeigte das dazugehörige Bild einen rundlichen gutgelaunten Herrn im karierten Hemd im Sommer auf einer stark geblümten Hollywood-Schaukel oder im Winter im nicht minder stark gemusterten Jacquard-Pullover. Was diesen Berichten trotz aller ungewollten Komik eignet, ist die Achtung für eine Lebensleistung, die immer auch ein hohes Maß an altruistischem und zivilgesellschaftlichem Engagement aufweist. Die Verdienste des Kollegen Moeske sind von ähnlicher Art. Einer, der im kollegialen Miteinander nie viel Aufhebens von seiner Person gemacht hat, aber immer zur Stelle war. Wenn man ihn zum Beispiel im Verband der Bibliotheken unseres Landes brauchte, hat er sich nicht geziert, sondern zu Verfügung gestellt. Ein unprätentiöses, leinenbeutelbewehrtes, gleichwohl von einer gewissen Aura umwehtes Auftreten spricht für ihn sowie die Fähigkeit, auch in kniffligen Situationen kreative Ideen zu entwickeln, diese mit einem Gespür für Timing zu platzieren, und dabei immer freundlich, höflich und zugleich heiter zu bleiben, das zeichnet ihn aus. Für diese Ideen, für seinen Einsatz, die vielfach gelungenen Reiseleitungen in Diensten der Sektion I des dbv und viele Gespräche und Vermittlungen danken wir. Alles Gute, lieber Herr Kollege! Zum Beispiel London: Die Kolleginnen und Kollegen erkundeten gemeinsam die Bibliotheken im näheren und weiteren Ausland. er vermittelte den Bibliotheksdirektoren der 21 größten Städte aus Deutschland, Österreich (Wien) und der Schweiz (Zürich) im Rahmen von Reisen die Vielfalt der bibliothekarischen Welt in Europa und Übersee. Ob Frankreich, New York, Kanada, Amsterdam, Österreich oder London – überall konnten die Mitreisenden wertvolle Erfahrungen sammeln und interessanten Kollegen begegnen, weil der »Reiseführer« die Exkursionen sorgfältig vorbereitet und organisiert hatte, einschließlich der Grundlagen für die Finanzierung. Für Ulrich Moeske gehört zur Kultur seiner Heimat selbstverständlich auch der Fußball. Daher besitzt er als treuer Fan seit langem eine Dauerkarte für die Heimspiele von Borussia Dortmund. Während hier auf international höchstem Niveau gespielt wird, lassen die wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Probleme Dortmunds ebenso wie des gesamten Ruhrgebiets einen seit Jahrzehnten schleichenden Niedergang und eine bedauerliche intellektuelle Provinzialisierung erkennen (wobei Letzteres keineswegs auf diese Region begrenzt ist). Die Kultur und die Bibliotheken bleiben davon leider nicht verschont: Sie waren und sind aufgrund der hohen Verschuldung aller Ruhrgebietskommunen und der »Freiwilligkeit« ihrer Dienstleistungen von einem kontinuierlichen Rück- bau der Infrastruktur bedroht. Die Wehmut, den Schmerz, die Wut und die sanfte Resignation, die so etwas bei einem leidenschaftlichen Bibliothekar wie Ulrich Moeske auslöst, ist sehr gut nachvollziehbar. An der positiven Bilanz nach 37 Berufsjahren ändert dies überhaupt nichts. Diese beachtliche Lebensleistung verdient Anerkennung und Respekt, allerdings auch die hoffnungsvolle Erwartung, dass man den hinterlassenen Bibliotheksschatz in Dortmund weiterhin pflegt. Wir werden den fachlich kompetenten, politisch versierten und mit viel Humor ausgestatteten Kollegen in unserem Kreis in jedem Fall sehr vermissen. 141 3 /14 KURZ & KNAPP / ›› MELDUNGEN ›› NRW-ERGEBNISSE DES ›› STLB DORTMUND BEI Von den 280 Bibliotheken, die sich in diesem Jahr am BIX beteiligten, bildeten Bibliotheken aus Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen die größten Teilnehmergruppen. Knapp 20 % der Teilnehmer erreichten in allen Leistungsgruppen Bestnoten und wurden mit vier Sternen ausgezeichnet. Von den Öffentlichen Bibliotheken (ÖBs) in NRW beteiligten sich insgesamt 34 am BIX. In die Topgruppe mit vier Sternen schafften es die ÖBs in Emsdetten, Greven, Hattingen und Verl. Sehr gut bewertet wurden auch Dinslaken, Gladbeck, Herten, Hilden, Langenfeld, Moers, Münster, Rheine und Werther. Ein gutes Zeichen: Bei dem überwiegenden Teil der Teilnehmer wird das Entwicklungspotential positiv bewertet. Bei den Wissenschaftlichen Bibliotheken im Land (5 Teilnehmer) schnitten die ULB Düsseldorf und die UB Bielefeld am besten ab. Bis zum 15. November 2014 findet die mittlerweile siebte Ausgabe von »Mord am Hellweg« statt, das nach Angaben der Initiatoren Europas größtes internationales Krimifestival ist. Rund 150 Veranstaltungen erwarten die Besucher in der Hellweg- und Ruhrregion. Die Elite der Krimiautoren wie Sebastian Fitzek, Donna Leon, Deon Meyer oder Håkan Nesser, aber auch Newcomer und Stars von morgen präsentieren sich an ungewöhnlichen Orten. An der Organisation und Durchführung sind auch einige Bibliotheken beteiligt, so u. a. die Gemeindebibliothek Holzwickede, die Stadtbücherei Kamen und die Stadt- und Landesbibliothek Dortmund. Bei »ExtraFahrt! mit dem Crime Express« gibt es am 26. Oktober Aktionen an den Bahnhöfen Unna, Dortmund, Holzwickede, Soest und Hamm. Programm und Ticketinfo: www.mordamhellweg.de BIBLIOTHEKSINDEX BIX 2014 „MORD AM HELLWEG“ DABEI Der BIX vergleicht seit 15 Jahren bundesweit in den Öffentlichen und Wissenschaftlichen Bibliotheken das bibliothekarische Angebot, den Medienbestand und den Etat für Neuerwerbungen, die Nutzung in Besuchen und Entleihungen, die Nutzbarkeit in Öffnungsstunden, die Effizienz der Bibliothek und ihrer Mitarbeiter sowie das Entwicklungspotential. Auch 2015 können sich Bibliotheken wieder am BIX beteiligen, doch wurde das Finanzierungsmodell geändert. Mehr dazu: www.bix-bibliotheksindex.de ›› ZULASSUNGEN ZUM LEIHVERKEHR Mit Wirkung vom 24. Juni 2014 wurden folgende Bibliotheken in NRW zum deutschen Leihverkehr zugelassen: Gemeindebücherei Hiddenhausen [DE-1828] Rathausplatz 15, 32120 Hiddenhausen Telefon: 05221 96 41 20, E-Mail: buch@hiddenhausen.de ›› VERWALTUNG VON E-MEDIEN WIRD KOMFORTABLER Die ekz-Tochter divibib und OCLC kooperieren, um eine bessere Integration des E-Medien-Angebots der Onleihe in den OPAC der Bibliotheken zu ermöglichen. So genügt künftig zum Beispiel eine Anmeldung am Web-OPAC oder OPEN, um auch für die Onleihe authentifiziert zu sein. Die Verfügbarkeit der E-Medien ist bei der Suche im OPAC in der Titelanzeige sofort sichtbar. Auf einen Blick kann nun der Nutzer in seinem OPAC-Konto auch seine Daten aus dem Onleihe-Konto finden. Zunächst werden die Anwender von BIBLIOTHECAplus (in Web-OPAC und OPEN) und SISIS SunRise (in webOPAC, InfoGuide und TouchPoint) in den Genuss der Optimierungen kommen. Die Entwicklung wird später aber auch anderen Systemhäusern zur Verfügung gestellt. Bibliothek der Kunstakademie Düsseldorf [DE-Due18] Eiskellerstr. 1, 40213 Düsseldorf Telefon: 0211 13 96-461 und 462, E-Mail: bibliothek@kunstakademie-duesseldorf.de Stadtbücherei Porta Westfalica [DE-2148] Kirchhofsweg 6, 32457 Porta Westfalica Telefon: 0571 79 11 77, E-Mail: stadtbuecherei@portawestfalica.de Die Zulassung erfolgte auf Grundlage der Leihverkehrsordnung für NRW vom 8. März 2004. Die Amtliche Leihverkehrsliste NordrheinWestfalens (Stand: Juli 2014) befindet sich unter: www.hbz-nrw.de/angebote/online_fernleihe/leihverkehr/leihverkehrsliste_nrw. 142 3 /14 ›› AUCH DÜSSELDORF TESTET DEN ONLEIHE-KAUFBUTTON Mit einem Klick gelangt der Nutzer auf das Kaufportal www.sofortwelten.de des Anbieters 4Readers GmbH & Co. KG, der wie die divibib zur ekz-Unternehmensgruppe gehört. Hier kann sich der Nutzer ein kostenloses Kundenkonto einrichten und einkaufen. Daten von der Onleihe werden dabei nicht übermittelt. Dies ist technisch unmöglich, da alle persönlichen Nutzerangaben ausschließlich bei der Bibliothek lokal gespeichert sind. Onleihe-Bibliotheken können frei entscheiden, ob sie den Kaufbutton in ihr lokales Angebot integrieren wollen. Für jedes verkaufte E-Book erhalten sie eine Provision. Ein »Kaufbutton« soll es Nutzern der Onleihe jetzt ermöglichen, ein verliehenes EBook mit wenigen Klicks käuflich zu erwerben. Diesen neuen Service führt die digitale Ausleihplattform Onleihe der divibib in einer Pilotphase mit den Stadtbüchereien Düsseldorf, den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen sowie dem Onleihe-Verbund Oberlausitz ein. Trifft ein Bibliothekskunde im E-Book-Bestand seiner Bibliothek auf einen bereits ausgeliehenen Titel, so wird ein zusätzlicher Button angezeigt, der auf die Möglichkeit zum Kauf dieses Mediums hinweist. ›› MEDIENEXPERTE THOMAS FEIBEL ERHÄLT KARL-PREUSKER-MEDAILLE Der Dachverband der Bibliotheksverbände, Bibliothek & Information Deutschland (BID) e. V., verleiht die Karl-Preusker-Medaille 2014 an den Journalisten, Kinderbuchautor und Medienexperten Thomas Feibel. Die Bundesvereinigung würdigt damit Feibels herausragendes Engagement im Bereich der Leseförderung und der Vermittlung elektronischer Medien für Kinder und Jugendliche. Die Auszeichnung wird am 31. Oktober in der Bibliothek am Luisenbad in Berlin übergeben. In ihrer Begründung hebt die Jury hervor, dass sich Thomas Feibel in seinen Publikationen über Jahre hinweg kritisch und fundiert mit dem Thema Computerspiele und Lernsoftware, mit so- zialen Netzwerken und anderen elektronischen Medien für Kinder auseinander gesetzt habe. Er begleite die Veränderung der Medienwelt mit sehr viel Fachkompetenz und sei ein wichtiger Ratgeber für Öffentliche Bibliotheken geworden. Feibel leitet das Büro für Kindermedien Feibel.de (www. feibel.de) in Berlin. Dort entsteht seit 1995 der Kindersoftware-Ratgeber, in dem kontinuierlich elektronische Medien für Kinder bewertet werden. 143 Die divibib wertet ihre Onleihe als Erfolg: 2014 werden voraussichtlich von den rund 2.000 Teilnehmerbibliotheken in Deutschland, Österreich und der Schweiz 12 bis 16 Millionen elektronische Ausleihen erzielt werden. ›› B.I.T. ONLINE INNOVATIONSPREIS Raphaela Schneider, Absolventin des Instituts für Informationswissenschaft, wurde für ihre von Prof. Dr. Ursula Georgy betreuten Bachelorarbeit »Erfolgreiches Crowdfunding als alternative Finanzierungsmethode in Bibliotheken« mit dem B.I.T. online Innovationspreis 2014 ausgezeichnet. Der mit 500 Euro dotierte Preis wird in einem bundesweiten Wettbewerb für herausragende Abschlussarbeiten aus bibliothekarischen und informationswissenschaftlichen Studiengängen vergeben. Er wird seit 1999 jährlich von der Fachzeitschrift B.I.T. online und der Kommission Ausbildung und Berufsbilder des BIB ausgelobt. 3 /14 KURZ & KNAPP / ›› NRW-BIBLIOTHEKEN UNTERSTÜTZEN „RIGHT TO E-READ“-KAMPAGNE Die Problematik ist bekannt: Zurzeit vergeben einige Verlage E-Book-Lizenzen nicht an Bibliotheken und hindern sie damit am Kauf und Verleih von E-Books. Das beschneidet das Angebot für die Nutzer und schränkt deren gesetzlich garantierten freien Zugang zu Informationen ein. Mehr als 30 Öffentliche Bibliotheken in NordrheinWestfalen machen zurzeit publik, dass sie das nicht hinnehmen wollen. Sie unterstützen die Kampagne »The Right to E-Read« des europäischen Bibliotheksverbandes EBLIDA, indem sie ihre Kundinnen und Kun- den über die Problematik informieren und sie dazu animieren, die Online-Petition von EBLIDA zu unterzeichnen. Darin fordert EBLIDA von der EU-Kommission ein aktualisiertes, präzises Urheberrecht, das das EBook dem gedruckten Buch gleichstellt. Der Verband der Bibliotheken in NordrheinWestfalen e. V. unterstützt die Bibliotheken mit Handzetteln, Pressetexten, Plakaten sowie der Umsetzung und Bestellung von Roll-ups zu der europaweiten Kampagne. ›› ZBIW-ZERTIFIKATSKURS „TEACHING LIBRARIAN“ Ab dem kommenden Jahr bietet das ZBIW der Fachhochschule Köln den Zertifikatskurs »Teaching Librarian« an. Dieser vermittelt innerhalb eines Jahres in sieben Modulen eine umfassende Qualifizierung im Bereich Informationskompetenz. Sein Ziel ist eine Professionalisierung bei der Vermittlung von Informationskompetenz für unterschiedliche Zielgruppen. Der Kurs richtet sich an Studierende, Postgraduale und Forschende. Er beginnt am 23. Februar 2015 und ist als Blended-Learning-Kurs mit insgesamt vier Präsenz- und weiteren Online-Phasen konzipiert. Informationen unter: www.fh-koeln.de/weiterbildung/zertifikatskurs-teaching-librarian_9840.php ZDBB: SPEZIALSAMMLUNG IM SCHLOSS LEMBECK ERÖFFNET Das barocke Schloss Lembeck bei Dorsten-Wulfen (NRW) beherbergt, wie man einer Meldung vom 1.4.2014 der Liste FORUMOEB entnehmen kann, seit dem 18. Jahrhundert eine weithin bekannte Adelsbibliothek. Jetzt ist in den alten Gemäuern auch eine bundesweit einmalige Spezialsammlung untergebracht. Bundespräsident a. D. Richard von Weizsäcker eröffnet die Zentrale Deutsche Beilagen-Bibliothek im Beisein zahlreicher Vertreter von Bibliotheken aus dem deutschsprachigen Raum. Die Idee zu dieser Sammlung hatte Dr. Edgar von Reburg: »Als langjähriger Abonnent der Liste FORUMOEB war mir bekannt, wie oft in der Praxis Beilagen vermisst werden. Deshalb hatte ich begonnen, Lösungshefte, Schnittmuster, Spiel- und Bastelbögen sowie Kartenbeilagen zusammenzutragen.« Dank großzügiger Unterstützung der Pro-Malus-Stiftung stehen allen Bibliotheken in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol inzwischen 43.000 Beilagen zur Verfügung. Als nächstes Projekt ist geplant, ein Archiv aller CD-ROM-Seriennummern aufzubauen. 144
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