siegessäule DU ICH

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siegessäule DU ICH
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queer-travel.net
queer travel
Reisen für Schwule & Lesben
GLÜCKSGEFÜHLE BRASILIEN IM TREND
WER HAT’S ERFUNDEN? LESBOS, ATHEN, MYKONOS
GANZ NORMAL ANDERS HOTSPOT TEL AVIV
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queer travel 2 /2011
Willkommen zu QUEER TRAVEL
Fotos diese Seite (Reiseapotheke): istockphoto (liveostockimages, cookelma, TokenPhoto, lydiabilby, mypokcik, mbogacz, lostinbids, _luSh_)
ANDERS REISEN ZUM ZWEITEN
Hallo, liebe Leserinnen und Leser,
wir leben in aufregenden Zeiten, die Welt ist
spannend wie nie: überall Umbruch, politischer Frühling, gesellschaftlicher Wandel und
– nicht ganz so positiv: Schuldensorgen in einigen EU-Staaten. Die Reisebranche aber steckt
nicht in der Krise. Die schönsten Wochen im
Jahr will sich eben niemand nehmen lassen.
Urlaub geht immer. Fragt sich nur, wo. Vor
allem wenn man lesbisch, transsexuell oder
schwul ist. Genau deshalb haben wir QUEER
TRAVEL erfunden, es erscheint mit dieser Ausgabe zum zweiten Mal. Wir waren in Israel
unterwegs. Das faszinierende Land ist zu vielseitig, um es auf einen Nenner zu bringen.
Deshalb schreiben gleich drei Autoren über die
widersprüchlichen Eindrücke und Gefühle in
dem Land, das auch und gerade für
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Lesben und Schwule äußerst interesDie nächsten Au
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Gleiches gilt für Brasilien, das – so
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und
(Herbst/Winter)
wie auch Israel – verstärkt um reisefreudige Lesben und Schwule wirbt. Wir
blicken deshalb hinter die Kulissen in einem
Land, das stark von der Macho-Kultur geprägt
ist. Wir besuchten das erste schwule Hochzeitspaar Brasiliens und schauten uns in Rio und
anderswo um. Das haben wir auch in Griechenland getan: Trotz der Krise haben die Hellenen nichts von ihrer Gastfreundschaft verloren. Und auf Lesbos fanden wir das lesbische
Paradies. QUEER TRAVEL wünscht gute Reise!
Andreas Hergeth, Redakteur
Wir packen unsere Reiseapotheke
Die lesbische Apotheke
Die schwule Apotheke
(Kopf-)Schmerztabletten – nach
durchzechten Nächten auf der Suche
nach Mistress Right
Pinzette – praktisch
bei Motorrad- und
Wanderunfällen
Insektenspray – endlich Campen
ohne Stecher
Pflaster in Regenbogenfarben –
damit alle gleich wissen, wo’s langgeht
Urinella – denn manchmal muss es
auch bei Frauen im Stehen gehen
Massageöl – schon so manche Romanze
hat mit Verspannungen angefangen
(Kopf-)Schmerztabletten – nach
durchzechten Nächten
auf der Suche nach
Mister Right
Pinzette – lästige
Härchen, ade
Insektenspray – damit
während des Cruisings
auch ja die falschen Stecher wegbleiben
Enthaarungscreme – Barttrend hin
oder her, gewisse Körperpartien mag
man lieber ohne
Kondome – kann
Mann ja nie genug
haben
Die Schnittmenge
Medikament gegen Durchfall,
Ohropax und Sonnencreme
IMPRESSUM
www.queer-travel.net
QUEER TRAVEL erscheint deutschlandweit in einer
Auflage von 100.000 Exemplaren als Sonderveröffentlichung der Zeitschriften SIEGESSÄULE Queer
Berlin, L-MAG Magazin für Lesben und DU&ICH
Das schwule Magazin sowie in freier Verteilung.
QUEER TRAVEL ist Medienpartner der ITB Berlin.
VERLAG Jackwerth Verlag GmbH & Co. KG,
Tempelhofer Ufer 11, 10963 Berlin,
Telefon (030) 23 55 39-0, www.jackwerth.de
HERAUSGEBER Reiner Jackwerth
(reiner.jackwerth@queer-travel.net)
GESCHÄFTSLEITUNG Wolfgang Hartmann
REDAKTION Andreas Hergeth
(V.i.S.d.P. – andreas.hergeth@queer-travel.net),
Manuela Kay, Petros Prontis (Foto)
ART DIRECTOR & GRAFIK
Norbert Günzel, Katharina Weier
COVERFOTO istockphoto/spxChrome
ONLINE Gudrun Fertig, Philip Eicker
ANZEIGEN Ulli Umland
(ulli.umland@queer-travel.net),
Angelika Wildermann
(angelika.wildermann@queer-travel.net)
DRUCK Möller Druck, Berlin
COPYRIGHT Jackwerth Verlag GmbH & Co. KG
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GROSSE Gefühle
ISRAEL: Auf zehn Seiten nähern sich drei Autoren dem Land in Nahost – als Insider und als Reisende.
Berichte über Wüste und Werbebudgets, über Jerusalem und die Partyhochburg Tel Aviv
w
Wie ein feuchter heißer Waschlappen schlägt sie einem ins Gesicht,
wenn die Flugzeugtür aufgeht. Israel nimmt einem fast den Atem, so
heiß ist die Sommerluft. Im Ben Gurion International Airport aber ist
alles runtergekühlt. Gut so, die obligatorische Sicherheitskontrolle macht
nervös genug. Aber als Teilnehmer einer deutschen Gruppe von Pressevertretern, die auf Einladung des israelischen Tourismusministeriums Tel
Aviv besucht (und ein bisschen das Umland), ist man privilegiert. Alles
geht schneller als befürchtet. Nur kurze Frage, was man hier will; ein
längerer Blick in den Pass und auf einen Computerbildschirm – wir sind
drin. Tel Aviv wartet! Aber erst mal eine Flasche Wasser kaufen. Ohne
Wasserflasche geht hier gar nichts. Ohne Kopfbedeckung leider auch
wie deutsch. Tel Aviv ist ein Schmelztiegel der Kulturen! Und so sind
dann auch die meisten Straßen- und Hinweisschilder mehrsprachig in
Hebräisch, Arabisch und Englisch, neuerdings auch auf Russisch und
eben Deutsch. Und es fällt sofort ins Auge: Die Stadt wirkt sehr schwul
und lesbisch. Man sieht uns oft und überall. Vor allem, weil hier noch
viel zu Fuß gegangen wird. Tel Aviv ist eine gegenüber Homosexuellen
sehr tolerante Metropole, die auf Lesben und Schwule aus ganz Israel –
Juden wie Araber – anziehend wirkt.
Die Stadt vibriert, pulsiert, auch wenn diese Vokabelen abgedroschen
klingen, hier passen sie. Der Autoverkehr ist weniger chaotisch als vermutet. An Zebrastreifen allerdings muss man sich als Fußgänger wage-
nichts, egal wie bescheuert man damit aussieht. Wir deutschen Journalistinnen und Journalisten tragen auf diese Weise alle Werbung für den
jüdischen Staat: „Go Israel“ ist auf den blauen Basecaps eingestickt. Das
ist Motto und Name der offiziellen Homepage des staatlichen Tourismusministeriums, auf dessen Einladung wir das Land besuchen. Das Programm ist also vorgegeben. Arabisches findet sich darin kaum. Nur ein
Besuch des riesigen Flohmarktes in Jaffa, mit rund 4.000 Jahren eine
der ältesten arabischen Städte der Region mit wechselvoller Geschichte:
Jaffa, früher Heimat von Arabern, Juden und Christen, wurde dutzende
Male zerstört und wieder aufgebaut. Heute leben hier fast nur noch Araber, Jaffa ist heruntergekommener, aber umso spannender, teils alternativer Stadtteil von Tel Aviv und seit 1948 eingemeindet. Tel Aviv selbst,
erst 1909 gegründet, war bis 1921 eine Art Vorstadt Jaffas.
Tel Aviv ist als Partyhochburg verschrien. Doch Tel Aviv ist viel mehr als
das. Sie hat Museen, Galerien, viele kleine Läden, quirlige Märkte; die
Architektur ist ein Stilmix, vieles im Bauhaus-Look, beeindruckt. Die
Stadt wirkt so europäisch. So orientalisch. So russisch. Ja, auch irgend4
mutig behaupten, hier hält keiner freiwillig. Der Busverkehr ist tagsüber
gut ausgebaut, aber viele Busse fahren halbleer durch die Gegend. Wir
rätseln, ob das daran liegt, dass früher Busse oft Ziel von Bombenattentaten von palästinensischen Selbstmördern waren. Taxis gibt’s auch
viele, die Preise sind okay. Und Fahrrad fahren scheinbar allein toughe
Lesben.
Als Schwuler fühle ich mich sicher und gut. Irgendwie ist es heimelig.
Ich mag die Stadt auf Anhieb. Dieses positive Feeling muss an der Hitze
liegen. Den entspannten wie schönen Menschen, deren Sex-Appeal.
Dem vielen Sonnenschein und dem Mittelmeer vor der Haustür. Dem
hektischen Treiben auf den Märkten, dem Müßiggang, den man allerorten beobachten kann. Dieses laszive mediterrane Flair versüßt den Alltag. Alles kommt einem ganz leicht vor – wenn da nicht das ständige
Schwitzen wäre. Und klar: Der Terror ist schon länger her, Busse fliegen
in Tel Aviv seit 2003 nicht mehr in die Luft.
Aber darf man sich hier so gut und frei fühlen? So sicher? So willkommen? Auch und gerade als Deutscher!? Eine Reise mit vielen Fragezei-
Fotos: Andreas Hergeth (3), Petros Prontis, Tel Aviv Gay Vibe
Gegensätze in Israel: Das religiöse Jerusalem, hier der Felsendom. Und das säkulare Tel Aviv: schwuler Strand und quirliger Carmel-Markt (v. l.)
Zwei mal Israel: Oben ein
offizielles Motiv der Tourismuskampagne „Tel Aviv Gay
Vibe“. Unten: Soldaten bei
einem Ausflug in Jerusalem.
ONLINE-TIPP: Interview mit
Alfonso Pantisano, Moderator des Tel Aviv Pride 2011,
auf www.queer-travel.net
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chen. Die lösen sich manchmal erst auf, wenn man wieder zu Hause ist
und sich über die für deutsche Verhältnisse übertrieben wirkenden Sicherheitskontrollen bei der Ausreise genug gewundert hat. Das vertraute Gefühl rührt wohl aus der eigenen Vergangenheit: Aufgewachsen
in der DDR, erlebte ich in meinen prägenden Jahren ähnliche Momente: Wir waren was Besonderes. Wir waren die Guten. Der größte
Teil der Welt war gegen uns. Der Sicherheitsapparat war riesig; Militär
und Polizei und Staatssicherheitsdienst spielten eine große Rolle. Das
sah man irgendwie ein angesichts der politischen Lage. Andererseits
fand man das zum Kotzen. Diesen Spagat müssen auch die Israelis, die
natürlich das Privileg haben, in einer Demokratie zu leben, hinkriegen.
Ich kann die Israelis verstehen. Und auch wieder nicht.
Man spürt die Schizophrenie sozusagen am eigenen Körper: Ist ja auch
eine komische Sache. Auf der einen Seite diese überschwänglichen
Glücksgefühle, die Ausgelassenheit, der Frohsinn, der Spaß, den man
hier haben kann. Und dann sind da im Kopf ständig diese Gedanken,
Widersprüche, Einwände: die isolierte Lage des kleinen Landes inmitten
der arabischen Welt. Die Ambivalenzen der Politik auf beiden Seiten, der
isreaelischen wie der palästinensischen, der Hass und der Wille, das zu
trägt er allerdings nicht alltägliches rotes Haar. Er kennt palästinensische
Schwule, die in Tel Aviv leben, auch israelisch-palästinensische Paare,
„unter Schwulen gibt es keine Probleme und ein Miteinander“, sagt
Amit. Er führt uns durchs viel gelobte bunte Nachtleben von Tel Aviv,
dass Schwulen und Lesben viel bietet. Es gibt regelmäßig schwule, lesbische und gemischte Partys, Events und Festivals. Unseren Ausgehabend
beginnen wir wie viele im Evita, mit sieben Jahren die älteste Gay-Bar
der Stadt – 1995 hatte genau hier die allererste schwule Kneipe Tel Avivs
aufgemacht. Schwule und Lesben sitzen zusammen, jung und alt. Israelisches Bier schmeckt echt gut. Alkohol ist eh recht teuer. Im Theater
Club, schon im arabischen Stadtteil Jaffa gelegen, den wir zu Fuß nach
einer halben Stunde erreichen, steigt die „29+”-Party. Die Disko ist gut
besucht, die Musik ein Mischmasch aus Euro-Charts und türkischen
Rhythmen, zu denen alle wie verrückt tanzen und die Texte lauthals
mitsingen – auf Hebräisch. Wirkt irgendwie arabisch. „Der Club ist vergleichbar mit dem Kino International“, lacht Amit. Er meint eine populäre Partyreihe in Berlin. Der Vergleich wird hier gern gezogen. Tel Aviv
mit seiner Offenheit, seiner Szene, dem Feeling komme der deutschen
Hauptstadt sehr nahe. Und stimmt! Im nächsten Club, dem Ha’oman
ändern. Die Diskussionen in Deutschland und aller Welt und in unserem Pressereisegrüppchen zum so genannten Friedensprozess – Stillstand wäre das passendere Wort. Das alles kann man kaum verstehen.
Nur aufnehmen. Sortieren. Mal gut finden, mal schlecht. So bleiben
Momentaufnahmen, einzelnen Puzzleteilen gleich, die aber doch ein
faszinierendes Irgendwie-Bild ergeben. Und vor allem die schönen Seiten. So gesehen fällt es leicht, das zu tun, wofür man nach Israel eingeladen wurde: die Werbetrommel zu rühren. Ja, Tel Aviv ist es wert, besucht zu werden. Auch und vor allem von Lesben und Schwulen.
Denn die haben es in Tel Aviv so gut wie sonst nirgends in Israel. Noch
so eine Ambivalenz: Die Rechte der Homosexuellen in Israel sind beispielgebend gut für die Region. Doch hat man dabei stets im Hinterkopf,
wie die Israelis mit den Arabern im eigenen Land umgehen, teils
schlecht über diese reden. Dabei sind arabische Frauen und Männer
überall zu sehen. An den Stränden genauso wie im Stadtbild. Das Zusammenleben klappt im Kleinen augenscheinlich gut. Warum dann
nicht im Großen? Verstehe einer dieses Land. Man muss immer so viel
erklären!
Amit kann das gut. Er ist ein Schwuler wie aus dem Bilderbuch: schön
und gut gebaut, smart und redegewandt, für einen waschechten Israeli
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17, geht es in etwa so zu wie in der Panoramabar im Berliner Technotempel Berghain. Elektrobeats dröhnen, Profitänzer posen, die Massen
quetschen sich im größten Club Tel Avivs aneinander vorbei, man trinkt,
raucht, viele tanzen oben ohne, auch Amit zieht bald blank. Er steht für
den Durchschnittsschwulen in Israel, wie nach vielen Gesprächen klar
wird: Er war wie jeder Israeli drei Jahre bei der Armee. Schwulsein und
Dienst an der Waffe passen gut zusammen, erzählt Amit, der es für seine
patriotische Pflicht hält, dem Land auf diese Art zu dienen. Er war offen
schwul in der Armee, einige Offiziere ebenso.
Aber alle Offenheit ist nichts wert, wenn sie sich nicht im schnöden Alltag leben lässt. Aber das geht hier. Nur ein Beispiel: Im Supermarkt um
die Ecke beim Hotel, einem 24-Stunden-Einkaufsparadies mit irre vielen
Sorten Humus, kaufen viele einheimische Schwule ein. Öfters kommen
Pärchen. Eins knutscht die ganze Zeit, auch an der Kasse. Das wirkt ganz
selbstverständlich, niemand nimmt Notiz davon.
Fazit? Eine Woche Israel ist zu wenig. Man wird wiederkommen müssen. Geschichten gibt es eh genug. Ein paar von ihnen erzählen wir auf
den nächsten Seiten. Und haben am Ende noch einen Rat: Am besten
hinfahren und sich selbst ein Bild machen!
Andreas Hergeth
www.goisrael.com (auch auf Deutsch)
Fotos: Andreas Hergeth (2), Mannhöfer
Strand mit Blick auf die Skyline von Tel Aviv. Mitte: Wüstenschiffe in der Pause. Rechts: Alfonso Pantisano moderiert den Tel Aviv Pride 2011
Das bestgehütete Geheimnis der SZENE
Jahrelang ignorierte das offizielle Israel das touristische Potenzial, das Tel Aviv als Anziehungspunkt für
Schwule und Lesben bietet. Das hat sich jetzt geändert. Einblicke von Insidern
Die Werbekampagnen zielen hauptsächlich
auf den deutschen Markt: „Die Deutschen
reisen ja bekanntlich gern”
kampagnen werden inzwischen vom Außenministerium, dem Tourismusminister und der Stadtverwaltung unterstützt und zielen hauptsächlich auf den deutschen Markt: „Die Deutschen reisen ja bekanntlich
gern. Israel ist aus Deutschland mit wöchentlich 70 Flügen besonders
gut erreichbar. Aber es gibt auch eine emotionale Seite: Zwischen Berlin
und Tel Aviv bestehen seit Jahren sehr enge Verbindungen.“
„Wir haben tolles Wetter, die heißesten Kerle, jede Woche mindestens
12 Partys das ganze Jahr hindurch, und man kann 10 Monate im Jahr
an den Strand gehen“, begeistert sich Doitsh. Für Homosexuelle sei die
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Unser Autor Dr. Gil Yaron
lebt in Tel Aviv
Foto: privat/Picus Verlag
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Tel Aviv – der Name der größten israelischen Metropole ist wohl niemandem unbekannt. Sie ist das pulsierende Herz Israels, und als einer
der Brennpunkte im seit Jahrzehnten schwelenden Nahostkonflikt. Man
kennt sie aus den Nachrichten und den Politikseiten der Zeitungen. Shai
Doitsh ist sich jedoch sicher, dass sich das schon bald ändern wird: „Noch
ist Tel Aviv das bestgehütete Geheimnis der Szene, aber wir sind der
neue, junge, freche und sexy Boy in der Welt des Gay-Tourismus.“
Trotz bedrückend schwüler 35 Grad im Schatten, die zum Abkühlen
und Nichtstun einladen, zieht Doitsh wie die meisten Israelis auch in
diesem Klima ein Heißgetränk vor und rührt noch einen Löffel Zucker
in seinen Cappuccino. Er lächelt so frisch, als funktionierte die Klimaanlage auch im sonnigen Freien: Hier, im Stadtgarten „Gan Meir“
mitten in Tel Aviv, ist Doitshs Freiluftbüro. Seitdem die Stadtverwaltung den Organisationen der homosexuellen Gemeinde, der GLBTA
(Gay, Lesbian, Bisexual and Transgender Association), das große
Schulgebäude überließ, ist Gan Meir zu einem der Treffpunkte der
Szene geworden. „Das ist typisch für Tel Aviv: Die Stadtverwaltung
hilft uns, wo sie kann, und wir fühlen uns hier wohl“, sagt Doitsh, der
seit mehreren Jahren für die Stadtverwaltung freiwillig als Produktmanager für die Szenewebseite www.telavivgayvibe.com arbeitet. „Man
spürt definitiv einen Wandel“, sagt auch Russell Lord. Er gilt als Veteran, organisierte er doch seit mehr als 20 Jahren als Erster Reisen von
Schwulen und Lesben nach Israel und inzwischen auch Jordanien.
„Tausende kommen inzwischen jährlich hierher“, sagt Lord. Genauere
Angaben existieren nicht.
Jahrelang ignorierte das offizielle Israel das touristische Potenzial, das
Tel Aviv als Anziehungspunkt für Homosexuelle bietet: „Noch vor zwei
Jahren erhielt ich gerade einmal 10.000 Euro vom Tourismusministerium und der Stadtverwaltung, um Tel Aviv zu vermarkten“, sagt
Doitsh. „Aber 2011 sind es schon gut 100.000 Euro.“ Doitshs Werbe-
Stadt „ein Paradies“. Laut manchen Schätzungen sind rund 30 Prozent
ihrer Bewohner homosexuell. „Während man anderswo von gaybourhoods spricht – also Stadtteilen, die gay-freundlich sind – gibt es in Tel
Aviv keine solche Aufteilung. Wir sind überall und fühlen uns sicher“,
sagt Doitsh. Der junge Israeli betont vor allem den Sexappeal seiner
Stadt: „Die meisten unserer Besucher sind Singles, die für ein abenteuerliches Wochenende kommen“, sagt Doitsh, und lobt die Vorteile der
israelischen Mentalität: „Wir sind offene, unkomplizierte Menschen,
wir kennen den Begriff „Privatsphäre“ nicht. Man kann die Leute einfach ansprechen, man fasst sich schnell an, hält keine Distanz“, erklärt
Doitsh. Es gibt Areale, die als Treffpunkte der Szene bekannt sind: der
Hilton-Strand, wo sich die Homosexuellen am Wochenende treffen,
der Holmes-Place-Fitnessraum im Dizengoff Center, die City Sauna in
der Hashmonaim-Straße oder der berühmte Evita Club. „Aber man
muss nicht unbedingt dorthin. Man kann in der ganzen Stadt cruisen:
im Bus, im Restaurant. Die Chancen, auf einen Homosexuellen zu
treffen, liegen bei 1 : 3. Und selbst wenn der Mann heterosexuell ist,
macht man hier kein großes Aufheben daraus, wenn man angebaggert
wird“, berichtet Doitsh aus eigener Erfahrung.
Russell bedient eine andere Klientel: „Wer einfach nur Partys sucht,
der kommt nicht hierher. Mykonos ist billiger.“ Seine Kunden suchen
Mehrwert und bleiben etwa zehn Tage. „Tel Aviv ist mehr als Strand,
Sonne und wildes Feiern. Hier gibt es Museen, internationale Künstler
treten auf, die Innenstadt hat eine reiche Geschichte und ist ein Weltkulturerbe.“ Jenseits der hohen Kultur gilt Israel dank seiner vorzüglichen Weine und originellen Fusion-Restaurants in einschlägigen
Kreisen längst als Feinschmeckermekka. „Wem das nicht genügt, dem
wird nur eine Stunde von hier unglaublich viel geboten.“ Ein Tagesausflug bringt Besucher ans Tote Meer – den tiefsten Punkt der Erde
mit einzigartigen heilsamen Eigenschaften, oder nach Jerusalem, der
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heiligen Stadt der drei monotheistischen Religionen, an den See Genezareth und nach Nazareth im Norden, die Bahai-Gärten in Haifa oder
in den größten Krater der Welt in der Negev-Wüste. „Wem das nicht
reicht, der kann von hier aus nach Jordanien fahren und in Petra ein
Weltwunder betrachten oder in Dscharasch eine fast komplett erhaltene römische Stadt besuchen“, fügt Russell hinzu.
Angst um die eigene Sicherheit spüren weder Lord, Doitsh noch ihre
Besucher. Niemand kann sich in der Mittelmeermetropole noch erinnern, wann eigentlich das letzte Terrorattentat stattfand. Die strengen
Sicherheitskontrollen gehören der Vergangenheit an. Zwar gab es vor
zwei Jahren ein Attentat auf ein Schwulenzentrum, das noch immer
nicht aufgeklärt ist, dennoch sagt Lord: „Ich arbeite jetzt seit gut 20
Jahren in dem Feld. Und es ist eigentlich eigenartig: Ich kann mich an
nicht einmal einen einzigen Fall erinnern, in dem meine Kunden mir
über einen homophoben Zwischenfall berichtet hätten.“
Lord kann nur Positives berichten. Vor fünf Jahren wurde er in ganz
Israel bekannt, als er und sein Partner zum ersten homosexuellen Paar
wurden, die sich nach ihrer Heirat in Toronto auch in Israel beim Innenministerium als Ehepartner eintragen ließen. „Sie mussten für uns eigens das Computerprogramm des Ministeriums umschreiben, weil es
anfangs nicht zuließ, zwei Männer als Ehepartner einzutragen“, lacht
Lord. Von seiner Umwelt bekam er damals nur freundliches Feedback:
„Selbst Ultrareligiöse beglückwünschten mich im Innenministerium, als
wie gemeinsam in der Schlange auf die Beamten warteten.“
Einmal im Jahr gehört zur Pride Week die ganze Stadt der Szene. Aber
auch während der restlichen 51 Wochen fühlt Doitsh sich in Tel Aviv
gerade als Homosexueller ausgesprochen wohl: „Ich kann hier meinem
Partner die Hand halten, ohne Angst zu haben. Ich spaziere mitten in
der Nacht allein durch alle Teile der Stadt, ohne mich vor etwas zu
fürchten. Wo gibt es das sonst noch? Diese Stadt ist sicherer als Berlin.“
Gil Yaron
Unser Autor wurde 1973 in Haifa geboren. In Düsseldorf aufgewachsen, kehrte
er nach dem Abitur nach Israel zurück. Medizinstudium in Jerusalem. Der ehemalige Molekularbiologe arbeitet heute als Nahostkorrespondent für deutsche und
kanadische Medien wie „FAZ” und „Spiegel“.
BUCH-TIPP
„Doch der Alltag ist komplexer als das Klischee der parallelen Universen einer Stadt.“ – Es geht um Jerusalem. Gil Yaron erzählt von
Schwulen und Rabbinern, Patriarchen und Muftis, die sich gegen
diese „Gottlosen“ mal ausnahmsweise einig sind … Es wimmelt von
solchen schizophrenen Geschichten in diesem Reiseführer der anderen Art. Gil Yaron beschreibt als Insider in kleinen Essays den
spannenden Alltag seines Heimatlandes. Mit kritischem Blick, doch
voller Sympathie. Er hält seinen Landsleuten den
Spiegel vor. Das ist ehrlich und launig zu lesen. Besser
als jeder schnöde Reiseführer. Bildet ungemein! Nur
Hinfahren ist besser.
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Gil Yaron, Lesereise Israel. Party, Zwist und Klagemauer, Picus Verlag Wien, 132 Seiten, 14,90 Euro
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Fotos: Benyamin Reich
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SEHNSUCHT nach Israel
Das deutsch-israelische Paar Maik Elshof (Text) und Benyamin Reich (Fotos) machte sich auf den
Wanderweg – Schwill genannt –, der das Heilige Land von Nord nach Süd durchzieht. Ein Reisebericht
über Wüste, Totes Meer, Kibbuze, Hebron und Jerusalem auf sehr persönliche Art
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„I’m from Israel!“ Das war Benyamins zweiter Satz bei unserem Kennenlernen in Berlin im kalten Februar 2009. Da ahnte ich noch nichts
vom gleißenden Licht auf den gelbroten Felsen der Wüste Juda, dem
Flirren der Luft über dem Toten Meer, dem schwersüßem Duft der hoch
reifen Feigen in Gush-Halav und dem Klangteppich am frühen Morgen
in der Altstadt Jerusalems: Erst ruft der Muezzin, dann läuten die Glocken und am späten Freitagnachmittag erschallt das Horn, um den Sabbat anzukündigen. „I’m from Israel!“ – ISRAEL, allein schon der Name
hat für mich die Magie einer Beschwörungsformel. Früher als erwartet
sollte ich Israel erleben. Benyamin ging bald für drei Monate nach Jerusalem. Nach nur zwei Wochen hatte ich extreme Sehnsucht und keinerlei Vorstellung von Land und Leuten, und nur weitere drei Tage später
umarmten wir einander auf dem Flughafen Ben Gurion. Wir hatten
einen ganzen Monat Zeit.
Das Tote Meer ist unser erstes Ausflugsziel, das nur 40 Autominuten von
Jerusalem entfernt liegt. Entlang des Weges stechen propere Neubausiedlungen wie zum Beispiel Ma’ale Adumim ins Auge. Nordeuropäisch
muten die hell getünchten Neubauten mit strahlend roten Ziegeldächern inmitten dieser kargen Landschaften; zugleich erinnert ihr
Anblick an eine mittelalterliche Wehranlage, da die Siedlung auf einer
Anhöhe errichtet, kreisrund angelegt, von einer Art Festungsmauer umgeben wird. Das bisschen Grün verschwindet rasch, es schließt sich eine
karge, weitläufige Landschaft an, bis sich schließlich massive Felsformationen am Rande der Straße auftürmen. Nach einer Kurve dann liegen
plötzlich überdachte Straßenareale und Schranken vor uns. Im Schritttempo nähern wir uns Soldaten, die sowohl auf der Straße als auch in
Kabinen am Rande der Straße sitzen. Helm, Schutzmontur und Maschinenpistolen sind obligatorisch. Dieser Checkpoint, der wie eine Grenze
aussieht, dient dazu, potenzielle Selbstmordattentäter auszusieben.
Während wir auf die Kontrolle warten, sehen wir arabisch aussehende
Männer und Frauen, umgeben von Soldaten, den Inhalt ihrer Taschen
aus- und wieder einpacken. In unserem Fall genügt ein einziger Blick
des Soldaten mit „routinierter Anspannung“ in unsere Gesichter, um als
ungefährlich eingestuft zu werden. So sehen Ausflüge in Israel aus. Unfassbar.
Nun durchqueren wir die Wüste Juda. Vereinzelt tauchen kleine Siedlungen der Beduinen aus einfachen Wellblechhütten auf, hin und wieder reiten Männer auf ihren Eseln vorbei. Wiederum befinden wir uns
in einem anderen Territorium. Auf dieser kurzen Fahrt wechseln die Impressionen kontinuierlich schnell, dabei bräuchte jede einzelne ihre Zeit,
um in ihrer ganzen Dimension von mir erfasst zu werden.
Am Toten Meer angekommen, dem Jam haMelach, erfahre ich die
wahre Bedeutung des Wortes Hitze: Luft und Boden glühen, das Wasser
ist badewannenwarm. Sobald wir auf dem Wasser treiben, bin ich völlig
entspannt. Der Checkpoint, die Siedlungen der einen und der anderen
sind vorerst vergessen, alles wunderbar.
Nach gut einer Woche machen wir uns endlich auf den Schwil Israel. So
heißt der nationale Wanderweg, der Israel von Nord nach Süd durchzieht. Völlig untrainiert, im Rucksack ein Minimum an Kleidung und
ein feiner, maximaler Lebensmittelvorrat, brechen wir auf zu Abenteuern in einer ausgeprägten Macho-Kultur. Wir landen am ersten Abend
in Gusch Etzion, einem Kibbuz in der Westbank, dessen Gelände von
einem massiven Eisentor und einem hohen Zaun umgeben ist. Es ist der
Abend vor Jom Kippur – dem höchsten aller jüdischen Feiertage. Der
Versöhnungstag wird in der Synagoge verbracht, traditionell wird gefastet. Als Betraum dient den Toraschülern heute Abend ein simpler Studienraum. Nüchtern eingerichtet mit Plastikstühlen und Neonröhren,
sind die Goldlettern auf den Büchern das einzig Prunkvolle in diesem
Raum. Als Nichtgläubiger umgeben von lauter Gläubigen fühle ich mich
Jerusalem: Erst ruft der Muezzin, dann läuten
die Glocken und am späten Freitagnachmittag
erschallt das Horn, um den Sabbat anzukündigen
zunächst wie ein Eindringling. Doch langsam tauche ich durchs Zuhören und Sehen immer mehr in diese mir gänzlich unbekannte Welt aus
tiefer Gottesfurcht und Hingabe ein. Es ist für mich unvorstellbar, wie
Homosexualität in dieser reinen Männerwelt – es sind vornehmlich Teenager und junge Männer hier – nach wie vor ein Tabu sein kann. Am
nächsten Tag üben wir uns in Verzicht, denn heute ist alles, was Freude
bereitet, verboten, Duschen ebenso wie Sex.
Im Bus nach Hebron mache ich die Erfahrung, dass Nacktheit relativ ist.
Bekleidet mit einem hautengen T-Shirt und einer kurzen Tennishose,
betrete ich den voll belegten Bus. Neben den obligatorischen Soldaten
reisen auffällig viele orthodoxe Familien, wohl zum Erzvätergrab, einer
den Christen, Juden und Muslimen heiligen Stätte. Ein stattlicher, rotbärtiger Orthodoxer in meinem Alter bietet mir einen Sitzplatz an. Er
trägt einen schwarzen Anzug, ein leuchtend weißes Hemd und einen
großen Hut mit breiter Krempe. Neben ihm fühle ich mich schlicht
nackt. Doch ehe ich mich schämen kann, reicht er mir seine Rechte und
wir sind in ein Gespräch vertieft, das bis Hebron andauert.
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Dass ich Deutscher bin, bekümmert Samuel gar nicht. Im Gegenteil, er
freut sich, mich im Heiligen Land kennen lernen zu dürfen. In einem
Mix aus Englisch, Jiddisch und Deutsch sprechen wir über meine Meinung zu Israel, sein Deutschlandbild, mein Studium, seine Familie …
Apropos Familie: Seine Frau sitzt mit den drei Kindern im hinteren Teil
des Busses, so wie es üblich ist für jene Linien, die vornehmlich von den
Haredim (Ultraorthodoxen) genutzt werden. Männer und Jungen ab
dreizehn Jahren sitzen vorn, Frauen und Kinder hinten. Alles ist anders,
aber auch sehr aufgeschlossen. Samuel ist es auch, der uns zur Brit Mila
in der Grabstätte einlädt, zur Beschneidung des jüngsten Sohnes eines
Freundes. Teilhabe lautet das Prinzip, und das ist wundervoll.
Israel ist aber auch ein Land, in dem man sich offensichtlich permanent
für eine Sache und ihre Personen und gegen die Anderen zu entscheiden hat. Auf dem Weg nach Susya, den Resten einer der ältesten Synagogen im Land, werden wir von Beduinen förmlich gezwungen, ein
Getränk im Zelt einzunehmen. Wir lehnen ab, erfahren aber immerhin,
dass unser potenzieller Gastgeber durch die Ausgrabung seine Felder
verloren habe und nun besitzlos sei. Wir sind ratlos und der Reiz an der
Besichtigung ist uns vergangen. In Susya kaufen wir am Tresen Kaffee
statt Eintrittskarten und verlassen das Gelände bald per Anhalter. Der
übliche Smalltalk mit dem Studenten endet jäh, als wir das Zelt der Beduinen passieren. Er beginnt eine kleine Hasstirade über Araber und Beduinen. Zum Glück steigen wir an der nächsten Bushaltestelle aus, denn
dieses Gerede ist unerträglich.
Zehn Minuten später sitzen wir im Auto einer sympathischen, jungen
Siedlerin, die uns in die Nähe des Kibbuz Ar Amasa mitnimmt. Dort bekommen wir als Schwillistim kostenlos eine einfache Unterkunft. Wieder der übliche Smalltalk und leider ein Déjà-vu: Auch von ihr kommen
feindselige Bemerkungen über gesperrte Straßen, ihre eingeschränkte
Freiheit und die Araber. Wir hören fassungslos zu. Na klar, ihre Kinder,
die Angst vor möglichen Anschlägen, all das verstehen wir, aber …
Schweigend laufen wir die letzten Kilometer zum Kibbuz. Immerhin
haben wir bei unserer Ankunft Glück. Die Patrouille passiert das hohe
elektrische Eingangstor aus schwerem Eisen und lässt uns ein.
Drei junge Männer, die erst kürzlich ihren Armeedienst beendet haben,
sind unsere Nachbarn. Auch sie sind Schwillistim. Später sitzen wir auf
ihren Betten, tauschen unsere Erfahrungen aus und planen die morgige
Etappe durch die Wüste nach Arad, die wir gemeinsam gehen wollen.
Die drei haben zweifellos die bessere Ausrüstung und kein Gramm zu
viel auf den Rippen und im Gepäck. Wir starten im Dunkeln, um den
Sonnenaufgang in der Wüste zu sehen. Zwei Tage später treffen wir uns
zufällig inmitten der Wüste wieder. Ihr Interesse an uns ist gleich null,
offensichtlich haben sie geschossen, dass wir ein Paar sind.
Im Laufe der Wochen gehen wir in unzählige Synagogen. Feiern am
gleichen Abend Simchat Tora mit den Sephardim und den Toldot Aharon. Tanzen mit allen Männern und den Torarollen im Kreis. Tanzen in
den schwulen Clubs von Tel Aviv bis in den Morgen. Singen Heiligabend
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Fotos: Benyamin Reich
Israel ist ein Land, in dem man sich permanent
für eine Sache und ihre Personen und gegen die
Anderen zu entscheiden hat
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queer travel 2/2011
„Stille Nacht“ auf Deutsch, um uns herum singen es die arabischen
Christen auf Arabisch. Speisen mit israelischen Christen, weil wir zufällig an einem Sonntagabend ihr Gemeindezentrum in Jerusalem passieren. Feiern 24 Stunden lang die Hochzeit eines heterosexuellen Paares
am See Genezareth, weil uns einer ihrer Gäste einfach einlädt. Und werden am Strand bei Eilat am Roten Meer für einen kurzen Kuss am
Strand geschlagen. In jeder Hinsicht erleben wir viel mehr als erwartet.
Unsere Basis ist Jerusalem – Synonym fürs Land und seine Konflikte.
Auf engstem Raum wohnen Juden, Araber, Christen; Armenier und unzählige andere Ethnien mit- oder nebeneinander. Die Ewige Stadt ist
voller Brüche, die Unterschiede zwischen den einzelnen Vierteln sind
eklatant: Die arabischen Viertel wirken häufig rudimentär, weil es oft
keinen Anschluss an die Infrastruktur gibt. Ein Besuch im orthodoxen
Stadtviertel Mea Schearim kommt einer Zeitreise gleich: Es gelten strikte
Kleidervorschriften, auch für Besucher. Oder das deutsche Viertel Ha
Germanit, eine schicke Wohn- und Einkaufsgegend. Jeder Winkel ist
anders, diese Vielfalt sorgt oft für Überraschungen und zieht uns besonders in den Bann.
Dieses Land ist auch nach mehreren Besuchen nicht einmal ansatzweise
zu (er)fassen, so viel steht fest. Doch meine Gelassenheit wächst mit
jedem Besuch. Ich kann mich auf meinen Verdrängungsmechanismus
verlassen, sofern ich ihn brauche, beziehe keine Stellung, sondern beschränke mich aufs Zuhören. Ich gleiche einem Chamäleon, das sich seiner Umgebung anpasst. Ich will keinen Teil ausschließen, weil ich mich
zum anderen bekenne. Nur so erlebe ich Israel in all seinen Facetten.
Die Abgrenzung und Spaltung der
Gesellschaft durchdringt alle Lebensbereiche
und ist allgegenwärtig
Ich profitiere von meinem Sonderstatus, weil ich mit einem Insider
reise. Sofern man bei Benyamin überhaupt von Insider sprechen kann.
Als Sohn eines ultraorthodoxen Rabbis war er Teil der Haredim. Das
säkulare Israel lag jenseits ideeller Mauern, das er erst sehr spät kennen
gelernt hat. So ist auch sein Blick zwangsweise der eines Fremden im
eigenen Land. Diese Verdrehung spiegelt sich in allem, was wir tun.
Selbstverständlich wohnen wir in der Heiligen Stadt und nicht in Tel
Aviv. Unser Israel liegt jenseits der Blase. Weiße Flecken auf der Karte
gibt es für uns nicht. In Jerusalem fahren wir beispielsweise immer mit
grünen Minibussen und nicht denen der staatlichen Egged. Auch das ist
ein Grenzgang, weil das „Araberbusse“ sind. Die Abgrenzung und Spaltung der Gesellschaft durchdringt alle Lebensbereiche und ist allgegenwärtig. Die Ultraorthodoxen gegen die Säkularen, die Araber gegen die
Juden, die Ultralinken gegen die Gemäßigten, oder andersherum …
Als permanente Grenzgänger brechen wir gründlich damit, fühlen wir
uns manchmal als Teil einer Gruppe, befinden uns mittendrin und
wahren doch unsere Integrität.
Regelmäßig packt uns die Sehnsucht nach Israel, insbesondere nach der
Wüste. Ab und zu denke ich, dass ich dort gerne für ein oder zwei
Jahre leben würde. Doch wenn ich das Benyamin sage, heißt es nach
wie vor: „Niemals.“ Doch auch mit der Rolle des „Touristen“ können
wir beide leben, bestens sogar.
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BRASILIEN LOCKT
Lebensfreude pur! Aber auch Korruption, Kriminalität und
Macho-Kultur. Das boomende Land in Lateinamerika ist im
Kommen. Wir blicken hinter die Kulissen
Fotos: Rio CVB/Marluce Balbino, São Paulo Convention & Visitors Bureau, Frank Waldecker
Dreimal Brasilien: Silvester an der Copacabana in Rio de Janeiro (oben). Schwules Paar am Strand von Rio – und die
Avenida Paulista in São Paulo.
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queer travel 2/2011
SONNENINSEL der Toleranz
Florianópolis im Süden Brasiliens galt bis vor kurzem noch als Geheimtipp in Sachen lesbisch-schwulen
Tourismus. Das ändert sich gerade. Dafür sorgt auch eine von Lesben geführte Travel-Agentur
i
In Brasilien darf es eben von allem ein bisschen mehr sein: gigantische
Großstädte, riesige Mahlzeiten, üppige Hintern und Feiern bis zum
Umfallen. In Florianópolis, Hauptstadt des südbrasilianischen Staates
Santa Catarina, darf es auch ein bisschen schwuler sein. Zumindest
wenn man die queere Einwohnerquote des toleranten Ortes betrachtet. Dann spielt Floripa, wie die Stadt kurz und bündig von ihren Bewohnern genannt wird, in einer Liga mit San Francisco oder Amsterdam. Gegen das unendliche Angebot der Mega-Metropolen Rio de Janeiro und São Paulo kommt die mit 400.000 Einwohnern für brasilianische Verhältnisse eher kleine Stadt zwar kaum an. Dafür ist sie aber
auch bedeutend sicherer, sauberer und – dank 42 traumhafter Strände,
Bilderbuch-Lagune und teils unter Naturschutz stehender Hügellandschaft – vor allem schöner. Was das besondere Lebensgefühl des außergewöhnlichen Ortes ausmacht: viel südamerikanisches Flair, aber im
Gegensatz zu anderen brasilianischen Großstädten wenig Kriminalität.
Für Touristen heißt das: in der Stadt feiern und flirten, in der Natur relaxen und dazu eimerweise Caipirinha, wenn man denn will. Die wird
hier übrigens nicht, wie bei uns allgemein üblich, mit Limetten und
braunem Zucker gemacht. Limo und weißer Zucker tun’s auch. Das
nimmt man in Florianópolis nicht so genau.
Kein Wunder, dass sich eine Travel-Agentur auf schwul-lesbisches
Klientel spezialisiert hat. Das seit 2003 von zwei lesbischen Frauen geführte Unternehmen „Brazil Ecojourneys“ bietet auch mehrtägige
Touren an, die weit über die queere Stadtgrenze hinausreichen: zum
Beispiel in den Regenwald oder zu den imposanten Wasserfällen von
Iguazú. „Für schwule und lesbische BrasilianerInnen war Florianópolis schon immer die Top-Urlaubsdestination. Die Mehrheit der bei uns
buchenden ausländischen Touristen kommt aus Nordamerika, in Europa mausert sich Floripa gerade vom Geheimtipp zum Hot Spot. Seit
einigen Jahren haben uns auch die Deutschen entdeckt“, erzählt Inhaberin Marta dalla Chiesa. „Viele vergleichen uns mit Rio, wie es in
den 80er- und 90er-Jahren war: eine relaxte und freundliche Stadt
mit fantastischen Stränden und einmaliger Natur.“
Wegen des hohen Anteils queerer Menschen sieht Marta auch Parallelen zu San Francisco. „Außerdem hat Floripa seine eigene Golden
Gate Bridge“, lacht sie. Die alte Hängebrücke „Hercílio Luz“ ist zwar
seit Jahren für den Verkehr gesperrt, dient aber als Wahrzeichen. Mit
ihren 819 Metern Länge gilt sie als größte und meistfotografierte Brücke Brasiliens. Sie verbindet die Insel, die übrigens von den meisten
Reiseführern als Ilha de Santa Catarina bezeichnet wird, mit dem
Festland. Den Einheimischen ist das egal: Für sie ist alles – die Insel,
die Stadt und sogar ein Teil des Festlandes – ihr Floripa.
Floripas alljährliches queeres Top-Event wächst beständig: Während
des Karnevals verzeichnet Marta die höchste Buchungsrate. Dann
tummeln sich ebenso viele Besucher wie Einwohner auf der Insel –
und die Szene läuft auf Hochtouren. Während im Stadtzentrum
Fotos: Michael Prenner
Öffentliche Showeinlage: Capoeira, eine brasilianische Kampfkunst. Rechts: die 1748 erbaute Kathedrale im Zentrum von Florianópolis
15
Selbst in abgelegenen Winkeln der Insel ist es ein bisschen schwul: wie hier am ruhigen Strand von Campeche
Schwule und Lesben durch die Bars und Clubs ziehen oder sich bei
der Drag-Queen-Competition „Pop Gay“ vergnügen, feiern und tanzen am populären Gay Beach „Praia Mole“ tausende leicht bekleideter
Männer und Frauen. Die großen Gay-Clubs Brasiliens – wie zum Beispiel São Paulos „The Week“ – beziehen im Karneval ihr Headquarter
in der Nähe des Strandes und füllen riesige Open-Air-Flächen. Speziell rings um die Strandbar „Bar do Deca“ schlürfen schwule Männer
und auch zunehmend lesbische Frauen ihre Drinks. Der Karneval ist
übrigens nicht das einzige schwul-lesbische Highlight: Am 11. September 2011 findet der „Florianópolis Pride“ statt, eine Woche voller
Kultur- und Party-Events im Zeichen der Regenbogenflagge.
Und auch wenn sich brasilianische Männer gern in der neuesten,
knapp sitzenden Bademode zeigen: Eine Bucht neben der Praia Mole,
an der Praia Galheta, sonnt man sich lieber nackt. Man hört, dass es
dort nicht immer ganz so gesittet zugeht. Jenseits der schwulen Partymeilen bietet die vielseitige Inselstadt jede Menge Natur: zum Beispiel
die sich über fünf Kilometer erstreckende Praia Campeche im Süden
der Insel. Wer mag, kann sich hier aus dem queeren Treiben zurückziehen. In der Inselmitte bietet sich eine spektakuläre Kulisse, die man
in Brasiliens Süden gar nicht vermuten würde: die von grünen Bergen umgebene Lagune „Lagoa da Conceição”, eine eher mediterran
als südamerikanisch anmutende Landschaft.
Zum Glück benötigt man keine karnevalistische Gesinnung, um lesbische und schwule Badegäste am Praia Mole zu treffen. Auch außerhalb der Saison gilt er als der queerste Badestrand südlich von Ipanema. Wenn es in Europa am ungemütlichsten ist, hält man es dort
am besten aus: Der südbrasilianische Sommer dauert von Dezember
bis März. Eine entscheidende Frage stellt sich jedem Besucher: Lieber
in der City wohnen – oder gleich am Strand? Beide Orte stehen für
ein eigenes Lebens- und Urlaubsgefühl. Natürlich kann man unkompliziert zwischen beiden Orten hin- und herpendeln: Ein effizientes
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Bus-System verbindet das Zentrum mit Praia Mole, Campeche und
vielen anderen, auch abgelegenen Stränden der Insel. Mittelpunkt des
überschaubaren historischen Zentrums bildet die Praça XV de Novembro mit der Kathedrale und dem hundertJahre alten Feigenbaum.
Klar, dass auch die Clubs und Saunen gut zu Fuß erreichbar sind. Wer
sich sein Quartier außerhalb des Zentrums bei der Praia Mole sucht,
muss nicht auf schwul-lesbisches Nightlife verzichten: Gleich ums Eck,
bei der Lagune, kann man seine Abende in dem schwul-lesbischen
Restaurant „Isadora Duncan“, der lesbisch orientierten Bar Caravana
oder auf der Terrasse des Sintonia-Cafés verbringen.
Warum sich ausgerechnet Florianópolis zum Gay-Eldorado entwickelt
TIPPS FÜR FLORIANÓPOLIS
hat, erklärt sich Marta dalla Chiesa
ESSEN
vor allem mit der liberalen EinstelSushimasa, Av. Jornalista Rubens de
lung der Bewohner. „Obwohl ich
Arruda Ramos 1990
Bistro Isadora Duncan, Lagoa da
hier nicht aufgewachsen bin, kam
Conceição, Rodovia Manoel de Menezes
ich schon seit den frühen Achtzi2658
gern ständig gerne auf die Insel. DaTRINKEN
mals war Floripa nur eine kleine
Jivago Lounge, Rua Leoberto Leal 04
Provinzhauptstadt. Während des
Bar do Deca. Praia Mole
Karnevals gab es allerdings schon
Caravana, Lagoa da Conceição, Av. das
Rendeiras 1672 (lesbisch)
immer einen schwul-lesbischen
TANZEN
Vibe“, beteuert sie. „Floripa hat seit
Mix Café, Rua Menino Deus 47
Urzeiten Künstler und Hippies angeConcorde, Av. Rio Branco, 729
zogen. Und ich denke, dass sich so
SCHWITZEN
auch ein gutes Klima für Lesben
Thermas Hangar, Rua Henrique Valgas
112
und Schwule etablierte.“ So scheint
SCHWUL-LESBISCHE REISEAGENTUR
Florianópolis tatsächlich ein bisBrazil Ecojourneys (Wandern, Rafting,
schen wie San Francisco. Zum
Ausflüge, Hotelsuche etc.)
Glück mit Stränden und Natur statt
www.brazilecojourneys.com
Silicon Valley.
Michael Prenner
RIESIGES Glücksgefühl
Brasilien wirbt neuerdings um lesbische und schwule Touristen. Doch wie sieht die Lage von LGBT dort aus?
Immerhin: erstmals heiraten zwei Schwule. Eine Spurensuche voller Ambivalenz
e
18
Gay-Strand von Ipanema, Christusstatue auf dem Corcovado-Berg …
… und fußballverrücktes Volk: das ist Rio de Janeiro!
Fotos: privat, Pedro Kirilos/www.rioguiaoficial.com.br, Ricardo Zerrenner/www.rioguiaoficial.com.br, Solveig Flörke
Ein Klischee erfüllen sie: Sérgio Kauffmann Sousa und Luiz André
Moresi haben einen Frisiersalon. Am 28. Juni schlossen sie die erste
offizielle Homo-Ehe Brasiliens – obwohl die per Gesetz noch nicht erlaubt ist. Im Standesamt von Jacareí (Bundesstaat São Paulo) gaben
sie sich mit richterlicher Zustimmung trotzdem das Jawort.
Nach zahlreichen juristischen Hürden gelang es dem Paar, als erste gesetzlich anerkannte homosexuell geschlossene Lebensgemeinschaft in
die Geschichtsbücher einzugehen. Die Heiratsurkunde in den Händen
haltend, kündigten die beiden an, nun auch ihre Ausweispapiere auf
den neuen Familiennamen Sousa Moresi ändern zu lassen. „Es ist ein
riesiges Glücksgefühl, ich versuche diesen historischen Moment
immer noch zu begreifen“, sagte Luiz André Moresi. Der 37-Jährige
ist Vorsitzender der Organisation Revida und bezeichnet sich als Aktivisten für Menschen- und Bürgerrechte. Bei öffentlichen Kundgebungen oder Demonstrationen in seiner Region ist er dabei, engagiert sich
für Umwelt, Bildung, soziale Integration und vor allem die LGBTRechte. Jahrelang habe er mit seinem Mann Sérgio
auch für die Ehe gleichgeschlechtlicher Partner gekämpft. Und er kündigt an, dass er bereit ist weiter zu
kämpfen, sollte seine Hochzeit durch eine politische
oder juristische Entscheidung annulliert werden.
Familienrichter Fernando Henrique Pinto hatte die
Eheschließung durchgeführt. Er berief sich auf eine
höchstrichterliche Entscheidung vom 5. Mai sowie auf
eine Resolution der Vereinten Nationen von Mitte
Juni, die gleiche Rechte für alle Menschen forderte
und insbesondere Ungleichbehandlungen auf Grund
Luiz André Moresi
sexueller Orientierung kritisierte. Die Ehe sichere, so
und Sérgio KauffPinto, beide Partner für ihr weiteres Leben ab. Daher
mann Sousa
rate er „allen Paaren in festen Beziehungen, ob homooder heterosexuell, zu heiraten“. Luiz André und Sérgio, bereits seit
acht Jahren zusammen, ließen sich das nicht zweimal sagen.
„Unser Glück ist unbeschreiblich. Wir kämpfen schon seit so vielen
Jahren und nun ist es endlich wahr geworden. Darum schulde und
widme ich diesen Sieg allen Mitstreitern”, sagt Luiz André. Doch mit
Bekanntwerden ihrer Eheschließung ist die Diskussion zwischen religiösen Fundamentalisten und konservativen Politikern einerseits und
liberalen Brasilianern und Unterstützern andererseits erst so richtig
entbrannt. Auch die Reaktionen nach der Hochzeit fielen sehr unterschiedlich aus. „Unsere Freunde und Verwandten, Aktivisten und
Sympathisanten waren begeistert. Menschen aus aller Welt haben uns
gratuliert, aber natürlich gibt es auch die Kehrseite, zu finden vor
allem auf Internetseiten, in Blogs und sozialen Netzwerken. Von den
Kommentaren dort wüssten wir oft lieber nichts“, so Luiz André.
Vor allem in den Metropolen wie Rio de Janeiro und São Paulo haben
sich Schwule und Lesben längst organisiert, treiben die Aufklärung
voran und fordern endlich mehr Rechte. In Rio gibt es von der Regie-
Q
queer travel 2/2011
rung mittlerweile Werbekampagnen für „Rio ohne Homophobie“, zu
sehen auf Postern und Postkarten. Je weiter man sich jedoch von den
urbanen Zentren entfernt, desto schlimmer wird die „Homophobie“ –
so nennen die Brasilianer nicht nur das Verhalten panischer Väter, die
glauben, die Sexualität ihrer Söhne hänge ab von der Farbe ihrer
Kleidung, sondern auch brutale Angriffe auf die Gruppe der LGBT.
Ursachen sind mangelnde Bildung, ausgeprägte Machokultur und
starker religiöser Einfluss im größten katholischen Land der Erde.
„Fast jeder von uns wurde schon einmal angegriffen. Ich habe einen
Freund auf der Straße im Stadtteil Lapa geküsst, als ich plötzlich mit
Steinen beworfen wurde“, erzählt Julio. Er arbeitet bei der Organisation Arco-Íris (Regenbogen) in Rio de Janeiro, die sich seit 1993 für
die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transvestiten in
Brasilien einsetzt. Ziel von Gewalt werden dort vor allem Männer.
Lesbische Frauen können hingegen recht bedenkenlos öffentlich Zärtlichkeiten austauschen. Trotz eines als „gay-freundlich“ deklarierten
Strandabschnitts in Rio de Janeiros Stadtteil Ipanema ist das Leben für
Schwule in Brasilien immer noch sehr kompliziert.
„Unsere Gesellschaft ist sehr konservativ und wird stark von den
Kirchen beeinflusst, die Homosexualität als Sünde darstellen”, sagt
der nun verheiratete Luiz André. „Faktisch gibt es in Brasilien für
die LGBT-Gemeinschaft keinerlei Anti-Diskriminierungs-Gesetze
oder Schutz.” Es könnte sein, dass andere Richter die Eheschließung
annullieren. Moresi und Kauffmann wissen das, aber sie wären
„Faktisch gibt es in Brasilien für die
LGBT-Gemeinschaft keinerlei
Anti-Diskriminierungsgesetze oder Schutz”
keine Kämpfer, wenn sie dagegen nicht bis zur letzten Instanz angingen: „Wenn nötig, bringen wir den Fall bis zum obersten Gerichtshof“, versichert Moresi, dort wurde ja bereits zu ihren Gunsten
entschieden.
Trotzdem ist die Sorge nicht unbegründet. Im benachbarten Bundesstaat hat ein Richter nur wenige Tage zuvor die Beurkundung einer
gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft abgelehnt. Er sehe lediglich in einem Zusammenschluss von Mann und Frau den Kern einer
Familie und damit einer Vereinigung. Eine Meinung, die viele Brasilianer vertreten – die einen verbal, die anderen mit Fäusten. „Die
Homophobie in der Gesellschaft ist oft versteckt, indirekt und bringt
uns ständig in Konfliktsituationen“, sagt Luiz André.
Diego Candido, der als Anwalt in Rio de Janeiro arbeitet, beobachtet
dennoch Veränderungen: „So langsam begreifen die Leute, dass Homosexuelle eine große Kaufkraft besitzen. Die meisten von uns haben
gute Jobs, keine Ausgaben durch Kinder und sind konsumfreudig.
Geld stopft Mäuler, vor allem in Brasilien.“ Das wirtschaftliche Potenzial hat offensichtlich auch Brasiliens größter TV-Sender O Globo bemerkt. In der Primetime-Telenovela „Insensato Coração“ kommen
erstmals überhaupt sechs homosexuelle Charaktere vor. „Ich fühle
mich zwar von keinem der Schauspieler gut repräsentiert“, sagt
Diego, aber immerhin: „Es wird nicht mehr so getan, als existiere es
nicht.”
Solveig Flörke
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Foto: istockphoto/gradts
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queer travel 2/2011
An alles gedacht? Und trotzdem nicht mehr als 10 Kilo auf dem Rücken? Dann kann’s ja losgehen!
Packen heißt VERZICHT
v
BACKPACKING-TIPPS für Weltenbummler und Freiheitsfanatiker. Mit dem Rucksack der Sonne entgegen
Von der Idee zur Reise: Erst einmal ist zu klären, wohin es gehen soll
und mit wem. Welches Land wollte man schon immer mal sehen?
Wer soll mit? Oder lieber alleine? Doch bevor es losgeht, braucht es
organisatorisches Talent. Die Vorbereitungen kosten Zeit und Geld.
Allein mit dem Buchen des Fluges ist es nicht getan. Wichtigstes
Utensil: der Reisepass. Wer noch keinen hat, sollte schleunigst mit
biometrischem Foto, Geld und Personalausweis zu Bürgeramt oder
Einwohnermeldeamt. Bis der Reisepass eintrifft, dauert es schon mal
einen Monat. Hat man ihn in der Tasche, heißt es nix wie ab zur zuständigen Botschaft des ersten Reiselandes. Auch hier braucht man
Geduld: Antrag ausfüllen, Reisepass und Passbild abgeben und das
Visum bezahlen. Wer quer durch verschiedene Länder reisen will,
kann ein Multiple-enty-Visum beantragen. Das ist die günstigste Variante, allerdings ohne genaue Reiseroute und Datum kaum erhältlich.
Ein Single-Visum hingegen bedeutet, bei jedem Grenzübertritt erneut
ein Visum zu beantragen und zu zahlen. Mindestens einen Monat vor
Abreise sollte der Gang zur Botschaft erledigt werden, auch wenn dies
in vielen Ländern direkt am Flughafen vor Ort möglich ist: Besser vorher erledigen, das spart Stress und Nerven.
Auch an die Gesundheit denken! In vielen Ländern ist die Gelbfieberimpfung Pflicht. Einreise ohne Nachweis unmöglich. Je nach Land
sind ferner andere Impfungen wie gegen Hepatitis oder Tollwut empfehlenswert. Und natürlich sollten die Grundimpfungen noch gültig
sein. Auch unbedingt an die Malariaprophylaxe denken. Abhilfe bei
dem medizinischen Informationschaos schafft das örtliche Gesund20
heitsamt oder Tropeninstitut. Dort gibt’s kompetente Beratungen und
Impfungen und Malariarezept gleich dazu. Je nach Krankenkasse und
Impfung wird ein Teilbetrag nach Antragsstellung übernommen.
Apropos Krankenkasse: Auslandskrankenversicherung zählt. Allerdings helfen hier ebenso Autoclubs mit günstigen Versicherungen, die
auch für Homosexuelle Partner oder Partnerin gleich mit versichern –
und das auch ohne eingetragene Lebenspartnerschaft!
Es bedarf unbedingt einer Visa-Karte, mit dieser lässt sich auch am
Ende der Welt das Wasser bezahlen – im Gegensatz zum EC-System.
Ansonsten gilt: Im Vorfeld Geld wechseln erspart Stress. Allerdings
sind nicht alle Währungen problemlos erhältlich, dann zu US-Dollar
greifen. Und noch ein Tipp: Infos über die Einstellung, Kultur und
Homosexualität in den Ländern ist wichtig. Händchen halten in der
Öffentlichkeit geht (leider) nicht überall.
Verzicht geht vor Luxus!
Jetzt Rucksack packen: Wichtig ist ein guter Backpackers-Rucksack
aus dem Outdoor-Laden. Er sollte nicht zu groß sein, gut gepolstert
und qualitativ hochwertig. Der Merksatz: Nicht mehr als 10 Kilogramm einpacken! Egal wie durchtrainiert und stark man sich glaubt,
mehr geht definitiv nicht! Das heißt: viel Platz für Klamotten und
Equipment ist nicht. Verzicht geht vor Luxus! Was braucht man wirklich? Als Erstes: Schlafsack! Wer weiß, wo man landet. Viele Backpackers, Pensionen oder Low-Budget-Hotels sind nicht gerade Hochburgen der Hygiene. Da ist es oft besser, im eigenen Schlafsack zu schla-
Foto: Dana Müller
Da steckt viel drin: Notfallmedizin, Schlafsack, Handtuch, Sonnenmilch, Moskito-Schutz, Badelatschen …
fen. Allerdings kann dieser einige Kilo wiegen. Dann bleibt nicht
mehr viel Platz. Also einen Schlafsack light kaufen. Je weniger Gewicht, umso besser. Maximal ein Kilo reicht! Auch beim Handtuch
kann gespart werden. Mikrofaser-Handtücher sind praktisch und
leicht. Das Gleiche gilt fürs Beautycase. Alle Waschartikel gibt es in
Miniaturausgabe, das spart Platz und Gewicht. Für Reinlichkeitsfanatiker gilt: Auch Desinfenktionszeug gibt es in Mini.
Außerdem gehört eine Reiseapotheke ins Gepäck: Pflaster, Durchfallund Schmerztabletten, Panthenol und Pferdesalbe (gegen Muskelkater) sind die Grundausstattung. Für mehr Infos hilft die Apotheke um
die Ecke.
Nicht mehr als zehn Kilogramm einpacken!
Egal wie durchtrainiert und stark man sich
glaubt, mehr geht definitiv nicht!
Ansonsten: Wenn man nicht zeltet, ist eine Isomatte überflüssig. Lieber ein Bettlaken einpacken. Außerdem braucht man für tropische
Länder Moskitonetz und -spray, sonst wird die Nacht zur Qual. Für
die Klamottenauswahl heißt es auch: Weniger ist mehr. Maximal zwei
Hosen sind erlaubt. Das Gleiche gilt für den Rest. Ergo muss unterwegs per Hand gewaschen werden, also Waschmittel in Mini einpacken! Jetzt fehlen nur noch ein Adapter für Steckdosen, Taschenlampe oder Kerzen, Reisebesteck und unbedingt eine Rolle Toilettenpapier. Fertig ist der Rucksack! Ein kurzer Check auf der Waage. Zehn
Kilogramm? Dann kann es losgehen.
Halt, das Handgepäck fehlt noch: Reisepass, Visa-Karte, Geld, Flugticket, Impfausweis, Handy, Reiseführer, Fotoapparat und ein Buch
zur Unterhaltung. Sonnenbrille aufgesetzt und ab zum Flughafen!
Zwischen Abenteuer und Stress
Abenteuerurlaub heißt Verzicht. Was in den eigenen vier Wänden
selbstverständlich ist, gibt es nicht zwangsläufig überall. Strom und
Wasser sind z. B. in afrikanischen Ländern nicht immer verfügbar.
Täglich gibt es auch in Großstädten stundenlange Stromausfälle, auch
nachts. Dann ist die Taschenlampe Gold wert. Toilettenpapier gibt’s
auch nicht überall, dafür oft durchschlagende Nahrung. Man sollte
also vorher überlegen, ob man das wirklich will und kann.
Und wie funktioniert Backpacking nun? Neben dem Rucksack ist ein
guter Reiseführer der beste Freund auf Tour. Hier findet man Infos
über Land und Leute, Krisengebiete und Gefahrensituationen sowie
zur schwul-lesbischen Politik im Land. Während der Reise kann man
sich Hotels raussuchen und vor Ort das nächste telefonisch vorbuchen. Verringert Reisestress, schadet der Spontanität kein Stück!
Und die Kosten? Low Budget ist das Zauberwort. Übernachtungen in
Backpackers und Low-Budget-Hotels sind preiswert, aber ohne jegliche Standards. Zusätzlich sind Bus- oder Zugfahrten einzukalkulieren.
Die größten Kosten verursachen jedoch die Visa vor Ort. Hierfür
braucht man unbedingt US-Dollar – eine andere Währung wird oftmals nicht akzeptiert. Ansonsten empfiehlt es sich dringend, je nach
Reisedauer, eine aufladbare Handykarte vor Ort zu kaufen. Die sind
günstig und praktisch. Außerdem entstehen natürlich Kosten für
Nahrung, Kulturangebote und nächtliche Bespaßung.
Erfahrung mit Hindernissen
So eine Reise ist hart, aber lohnenswert. Alte Gewohnheiten müssen
aufgegeben werden. Man gerät schnell an körperliche und psychische
Grenzen. Backpacking ist nichts für Sicherheitsliebhaber oder schwache Gemüter. Aber für alle, die bereit sind über Grenzen zu gehen,
um den eigenen Horizont zu erweitern, ist es eine unglaubliche Erfahrung.
Dana Müller
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Advertorial QUEER TRAVEL 2/2011
Willkommen auf den ABC-Inseln
ARUBA – BONAIRE – CURAÇAO
365 Tage im Jahr Sommer, azurblaues Meer, Traumstrände, Korallenriffe, Faszinierendes aus Flora und Fauna, eine einmalige Architektur
und dazu eine Prise ganz eigenes „Ich“: Die ABC-Inseln Aruba, Bonaire
und Curaçao liegen ca. 50 km nördlich von Venezuela in der niederländischen Karibik und sind ein wahres Paradies. Man kann nach Lust
und Laune die Seele baumeln lassen, mit dem Mietwagen über die
Inseln fahren und einsame, versteckte Buchten entdecken. Das Motto
von Curaçao lautet übrigens sehr gay-friendly „Biba i laga biba“, was
„Leben und leben lassen“ bedeutet. KLM Royal Dutch Airlines fliegt die
ABC-Inseln ab 10 deutschen Flughäfen über Amsterdam an und bietet
zum Start des Winterflugplans Ende Oktober noch mehr Verbindungen
als bisher: Neunmal pro Woche startet KLM dann nach Curaçao,
täglich nach Bonaire, fünfmal pro Woche nach Aruba und dreimal
nach St. Maarten. Montags und samstags wird Curaçao sogar zweimal
täglich bedient
www.klm.de
Arosa Gay Skiweek - Schweiz
Der Schweizer Wintersportort Arosa lädt diesen Winter bereits zum achten
Mal zur Gay Ski Woche. Vom 8. bis 15. Januar 2012 werden wieder Gäste
aus der ganzen Welt zusammentreffen, um eine Woche lang Gay WinterFun zu erleben und feiern. Arosa gilt als schneesicherer Ort, der aufgrund
der Toplage von der Sonne verwöhnt wird und vom Wind verschont bleibt.
Kein Wunder also, wurde aus dem kleinen Anlass von einst heute eines der
beliebtesten Winter Pride Festivals mit über 400 Teilnehmern!
Auch dieses Jahr heißt es wieder: Pulverschnee-Pisten bei traumhaftem
Wetter genießen und dann im Liegestuhl auf der Tschuggenhütte entspannen. Legendär sind auch die Apres-Ski und Party-Abende. Zu den Programmhighlights der Arosa Gay Skiweek 2012 zählen unter anderen das
klassische Konzert in der Dorfkirche, die Poolparty, der Fondueabend mit
Nachtschlitteln und der „Snow White Ball“.
Insgesamt bieten 10 gay-friendly Partnerhotels und mehrere Ferienwohnungen Unterkunft für jedes Budget und jeden Wunsch. Alle Infos zum
Programm und zur Online-Buchung sind jetzt auf der brandneuen Website
freigeschaltet: www.gayskiweek.ch
Mit dem ICE oder TGV
ab 39,- Euro nach Paris
Die Böhmische Schweiz
ERLEBEN UND GENIESSEN!
Die Deutsche Bahn und die SNCF bieten mit den Hochgeschwindigkeitszügen ICE und TGV täglich bis zu 9 Direktverbindungen von
Deutschland nach Paris. Mit bis zu 320 km/h reisen Sie schnell und
bequem - von Frankfurt 5x täglich, von Stuttgart 4x täglich - in die
Seinestadt. Von München aus verkehrt täglich ein Zugpaar über
Augsburg und Ulm nach Paris.
Konkurrenzlos
Von Frankfurt und Stuttgart erreichen Sie die Stadt der Liebe in rund
3 ¾ Stunden. Mannheim und Karlsruhe sind nur noch etwas mehr als
3 Stunden von Paris entfernt. In einer Rekordzeit von unter 2 Stunden
erreichen Sie Paris von Saarbrücken aus.
Schnell und bequem
Die modernen Hochgeschwindigkeitszüge ICE und TGV bieten neben
erheblichem Zeitgewinn auch ein großes Plus an Komfort – zum
Beispiel moderne Ausstattung, komfortable Sitze, hochwertige Gastronomie und mehrsprachiges Servicepersonal.
Preisgünstig
Mit dem Europa-Spezial reisen Sie ab Frankfurt/Main, Stuttgart und
München bereits ab 39 Euro in der 2.Klasse nach Paris. Schon ab 69
Euro genießen Sie das exklusive Ambiente der 1.Klasse.
Die Böhmische Schweiz gilt als eine der schönsten Landschaften in Europa überhaupt. Hier liegt direkt an der Grenze zwischen Deutschland
und Tschechien das berühmte Prebischtor. Das schlanke Felsgebilde ist
die größte natürliche Sandstein-Felsbrücke Europas. Mit einer Spannweite von 26,5 Meter gehört es zu den herausragendsten Naturdenkmälern des Elbsandsteingebirges.
Direkt in der Nähe gelegen bietet sich mit dem gay-friendly Forest Garden Hotel eine ideale Zuflucht für eine romantische Auszeit zu zweit
für alle Jahreszeiten. Wandern, Sauna, Lagerfeuer, Party, FKK… vieles
ist möglich. Das Forest Garden Hotel liegt malerisch in dem kleinen Ort
Hrensko - einem beliebtem Ausgangspunkt für alle Ausflüge in die
Böhmische Schweiz. Im Hotel gibt es 19 Doppelzimmer, die meisten
davon verfügen über einen Riesenbalkon. Spezielle Angebote gibt es
für ein „Lovers Weekend“ oder auch zur Weihnachtszeit.
www.theforestdreamhotels.de
forest GARDEN hotel
Mezná 90
CZ-40717 Hrensko
Tel: 00420 412 514 380
22
Strand von Skala Eressos, mit „Sappho-Felsen“
LESBISCHES Paradies
GRIECHENLAND auf sieben Seiten: Eine Reise wert trotz Krise?! Wir gingen dem Mythos von Lesbos
nach. Besuchten Athen. Und empfehlen die zehn besten Inseln für Lesben und Schwule
24
Fotos: Monica Sarcina/ITA (2), www.travelwomen.nl (2)
d
rismus etabliert hat. Skala Eressos, das ist die kleine Bucht unten, oben
Das lesbische Paradies liegt am Ende der Welt – das denkt man, wenn
auf dem Hügel liegt der Ort Eressos. Zusammen haben sie etwas über
man vom Flughafen in Mytilini mit dem Taxi Kurve um Kurve quer
1.000 Einwohner und Einwohnerinnen. Vor allem vor und nach der
über die Insel Lesbos Richtung Skala Eressos fährt. Ende Mai ist die
Hochsaison ist Skala Eressos ein lesbisches Urlauberinnenparadies. Was
Landschaft überwiegend grün, unterbrochen von felsigen Passagen,
sonst auf einer griechischen Insel immer
dazwischen lockt das Meer. Lesbos ist die
DJ
Miss
Thunderpussy,
Sappho
Spring
Festival
noch Mut erfordert – die Liebste am Strand
drittgrößte griechische Insel, liegt aber näher
küssen oder in einer lesbischen Partymeute
an der Türkei als an der griechischen Festfeiern –, ist hier alltäglich. Im Gegenteil. Als
landküste. Die eineinhalbstündige Fahrt
Urlauberin erfährt man ein zunächst ungeendet am südwestlichen Ende der Insel mitwohntes „Zwangsouting“. Denn hier herrscht
ten in Skala Eressos. Hundert Meter sind es
Klarheit. Zwei Frauen am Strand: das müssen
zum Meer, nur ein paar Meter zum nächsten
Lesben sein! Letztlich ein bestechender VorRestaurant. Skala Eressos ist ein Touri-Ort,
teil: Schwimmen, Surfen, Wandern, Ouzo
nur ab und an ist noch seine Geschichte als
trinken – alles ohne Versteckspiel. Das ist
griechischer Fischerort zu erahnen. Weit entGriechenland genießen pur!
fernt ist man hier aber von Betonbauten oder
Lesben auf Lesbos, das klingt ja sowieso wie
Ballermanntourismus.
das Natürlichste von der Welt. Lesbier heiIm Hochsommer ist der Ort dicht mit griechißen schließlich männliche wie weibliche
schen Familien besiedelt, die hier feiern und
Einwohner der Insel. Und was dazu kommt:
am Strand abhängen. Lesbos findet sich in
Das Wort Lesben als Bezeichnung für frauReiseführern aber nicht unter den Top Ten
enliebende Frauen leitet sich von einer der
der griechischen Inseln. Das hat den Vorteil,
berühmtesten Einwohnerinnen der Insel ab.
dass sich kein unangenehmer Massentou-
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queer travel 2/2011
Ein Muss: Rollerausflug über die Insel, hier beim Sappho Spring Festival
ten Kochkurse an. Und alle, vom Besitzer des kleinen LebensmittellaDie Dichterin Sappho (circa 612–560 v. Chr.) soll in Skala Eressos
dens, über die Angestellte der Bäckerei bis zum Rollerverleih haben
(oder auch in Eressos oder Mytilini) geboren worden sein und in einer
keinerlei Probleme mit Lesben. Sie gehören einfach dazu. Der Ort
Art Mädcheninternat Lyrik und Philosophie unterrichtet haben. Sie
lernte, damit zu leben, so Wendy Jansen, Geschäftsführerin des Reisewar eine außergewöhnliche Frau. Selbständig und unabhängig führte
büros Sappho Travel, und mittlerweile seien hier wirklich alle an Lessie ihren Zirkel, der sich an die Aristokratentöchter ihrer Zeit richtete.
ben gewöhnt. Auch wenn, wie Wendy meint, „die Verknüpfung des
Platon nannte sie zwei Jahrhunderte nach ihrem Tod wegen ihrer
Ortes mit der Geschichte von Sappho seit den 30er-Jahren außerhalb
Dichtkunst bewundernd die „zehnte Muse“. Die neun Musen waren
von Lesbos hergestellt wurde“. Schon damals soll die lesbische engliin der Antike Schutzgöttinnen der Künste. Noch heute wird „die
sche Schriftstellerin Virginia Woolf hier Urlaub gemacht haben.
zehnte Muse“ oft auch als Synonym für lesbische Frauen gebraucht.
Legendär ist auch der riesige Strandzeltplatz, auf dem Lesben seit den
Über Sapphos Leben ist wenig Genaues überliefert. Auch ihre Lyrik ist
1970ern Alternativkultur lebten. Schwer zu sagen, was ungewöhnnur noch in Fragmenten vorhanden. Sie soll mit ihren Schülerinnen
licher war und mehr für Aufsehen sorgte: die vielen selbständigen
auch erotische Beziehungen unterhalten haben, viele meinen in ihren
Frauen, das Alternativ-Flair oder die vielen
Gedichten Anspielungen darauf wiederzufinLesben. Es half, dass Skala Eressos schon seit
den. Ob das mit dem, was wir heute unter
Gruppenausflug, Sappho Spring Festival
den 1960ern auch als Hippie-Ort galt. In den
lesbischer Liebe verstehen, gleichzusetzen ist,
1990ern gab es nochmal einen steten Anstieg
bleibt ungeklärt.
bei den lesbischen Besucherinnenzahlen. „Es
Szenenwechsel: Heute gibt es in Skala Ereswar eine Invasion“ erinnert sich Joanna
sos mehrere Bars, die von Lesben geführt
Savva, die in Skala Eressos geboren wurde
werden, viele lesbische Exilantinnen aus der
und Sappho Travel gegründet hat. Sie selbst
ganzen Welt, die das ganze Jahr hier leben,
wusste schließlich nicht, was für ein Signal
ein großes Herbstfestival, das seit 11 Jahren
sie an lesbische Frauen sandte, als sie sich
besteht, und seit zwei Jahren auch ein klei1999 den Namen für ihr Reisebüro ausnes Frühjahrsfestival. Jede Menge Infrastrukdachte. Sappho war für sie einfach eine histur für lesbische Urlauberinnen also. Der Ort
torische Persönlichkeit. Dass Skala Eressos
besteht ja nur aus der Strandpromenade mit
über Jahrzehnte für viele lesbische Frauen
vielen Restaurants, dem langen Strand und
ein Ort war, an dem sie flirteten, sich verliebeinem zentralen Platz plus ein paar Straßen
ten, wieder entliebten, mit Freundinnen
drum herum. Während der Festivals werden
feierten, an den sie immer wieder zurückeinige der kleinen Appartementhäuser nur
kehrten, wurde ihr erst mit der Zeit klar.
an Frauen vermietet, griechische Frauen bie25
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queer travel 2 /2011
Frühjahrsfestival
Herbstfestival
Das Sappho Spring Festival fand 2011 zum zweiten Mal statt und ist
sehr familiär. Über zwei Wochen verteilt kommen um die 150 lesbische Frauen nach Skala Eressos. Das Ganze hat den Charakter einer
betreuten Gruppenreise, von der man sich aber auch separieren kann,
wenn man allein etwas unternehmen möchte. Anlaufstellen für Festivalgäste sind Sappho Garden, kleines Cafe und Open-Air-Bühne, und
die Strandbar da Luz. Im Angebot sind Beachvolleyball, Ausflüge und
jeden Abend Tanz oder ein anderes kulturelles Programm in einer anderen Location.
Der Festivalpass kostet 50 Euro, damit kann man fast alles kostenlos,
manches auch nur verbilligt besuchen. Ende Mai ist die Insel noch
sehr grün und man findet überall menschenleere Strände. Etwas für
den entspannten Urlaub, mit Lagerfeuer in internationaler lesbischer
Runde und viel Platz zum Denken und Träumen.
Infos auf: sappho-holidays.com (jetzt Infos zum Herbst)
Seit 11 Jahren existiert in Skala Eressos ein Frauen- und Lesbenfestival
mit Open-Air-Bühne, einem Filmfestival und anderen Programmpunkten, zu dem mehrere hundert Frauen kommen. Was früher
Sappho’s Pride hieß und von den Macherinnen des Reisebüros Sappho
Travel organisiert wurde, wird jetzt von einer Non-Profit-Organisation
veranstaltet und trägt den Namen International Eressos Women’s Festival. Damit verbunden ist ein Neustart. Das Festival soll seinen unkommerziellen Charakter behalten und dennoch professioneller werden. Ein Tipp für die entspannte Urlauberin, die sich auch gerne unters
lesbische Volk vor der Open-Air-Bühne drängelt. Man kann auch nur
für ein paar Tage kommen. Festivalgebühr: nicht mehr als 25 Euro.
3.-17. September, Infos unter: womensfestival.eu
Ewas verwirrend dieses Jahr: Auch die Macherinnen des Frühjahrsfestivals mischen mit, ihr Programm zum Herbst (Sappho Pride 1.–21.
September) findet sich unter: sappho-pride.org
Reisetipps
Flüge und Unterkunft (2er-Appartements zwischen 25 und 35 Euro pro Nacht) kann man
gut über das lesbische Reisebüro Fairlines in
Hamburg buchen, www.fairlines.de
Transfer vom Flughafen in Mytilini nach
Skala Eressos: Entweder per Taxi (um die 100
Euro) oder per Shuttle-Bus (wesentlich billiger,
ab August, anmelden unter:
sappho-holidays.com/sappho_taxi.html). Morgens fährt ein Bus von Skala Eressos (Foto)
nach Mytilini, abends fährt er zurück.
Strand bei Sigri: eine der Nachbarbuchten von
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Skala Eressos mit einem traumhaften Strand.
Wandern mit Michalis (im Sappho Garden erfragen): Michalis ist auf der Insel geboren,
kennt die schönsten Wanderwege und weiß
alles über das Ökosystem von Lesbos.
Einkaufen bei Evelyn, Old Market, am Fuße
des Bergstädtchens Molivos: Keramik, Bioprodukte, Ouzo.
Bars in Skala Eressos sind zu Festivalzeiten alle
von Lesben bevölkert, ansonsten empfehlen
sich zum Beispiel das Roots, L’Aubergine, The
Tenth Muse.
Infos auch im Reisebüro in Skala Eressos:
www.sapphotravel.com
Fotos: Gudrun Fertig, Monica Sarcina/ITA
gen. Sie mache das „nicht nur wegen der
Heute besuchen viele Engländerinnen, HolKohle“, betont sie, der Ort sei ihr ans Herz geländerinnen und auch Deutsche den kleinen
wachsen. Außer Abhängen in Skala Eressos
Ort. Doch die Besucherinnenzahlen sind
bietet Lesbos natürlich noch so manch andeetwas zurückgegangen. Vielleicht braucht es
res. Schöne Wandertouren sind auf der berginicht mehr so stark den einen lesbischen
gen Insel möglich, es gibt uralte versteinerte
Sehnsuchtsort. Vielleicht müssen die JüngeWaldreste, den sogenannten Petrified Forest,
ren aber auch erst von den neuen und alten
zu bestaunen. Die quirlige Hauptstadt Mytilini
Möglichkeiten vor Ort erfahren.
empfiehlt sich ebenfalls für einen Ausflug,
Einige von denen, die immer wiederkehren,
außerdem finden sich heiße Quellen auf der
fühlen sich mittlerweile als Einwohnerinnen
Insel, und von der Bergspitze des Touri-Ortes
auf Zeit. So Natascha Jar, eine der OrganisaMolivos hat man einen fantastischen Blick.
torinnen des Frühjahrsfestivals Sappho
Das lesbische Paradies ist dabei nicht auf der
Spring Festival, das seit zwei Jahren Angeganzen Insel ausgebrochen. Natürlich ist ganz
bote für lesbische Frauen macht. Sie verfiel
Lesbos lesbische Besucherinnen gewöhnt,
dem Ort 1998. Beim damaligen HerbstfestiDinner mit Show, Sappho Spring Festival
aber nicht überall wird man so freundlich
val seien 600 bis 800 Frauen am Strand verwillkommen geheißen wie in Skala Eressos. Macht aber nichts, dann
sammelt gewesen, schwärmt sie heute noch. Seit 2006 leitet sie den
freut man sich, abends wieder ins kleine lesbische Paradies zurückzuSappho Garden, eine Bar mit kleiner Open-Air-Bühne. Sie fühlt sich
kehren.
Gudrun Fertig
inspiriert von Sappho und möchte ihren Geist auf der Insel weitertra-
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Von wegen: Akropolis, ade! Akropolis, wir
kommen! Athen bietet auch inmitten der Krise
vieles, vor allem Gastfreundschaft
GESCHICHTE und Clubkultur
Krisengebeutelt, macht Athen derzeit allein Schlagzeilen mit Demonstrationen. Doch die schwullesbische
Szene feiert weiter – nur weniger. Bestandsaufnahme in einer Stadt, wo jede Nacht Wochenende ist
d
Die griechische Hauptstadt, benannt nach der Göttin des
Krieges, beherbergt in seinem Ballungsraum fast die
Hälfte aller Einwohnerinnen und Einwohner Griechenlands, nämlich fünf der insgesamt elf Millionen. In den
eigentlichen Stadtgrenzen leben allerdings nur 800.000
Menschen. In den Zeiten der heftig tobenden Finanzkrise
Griechenlands und des stetigen Protests erboster Bürgerinnen und Bürger ist Athen im Jahr 2011 allerdings
eher die Hauptstadt der Demonstrationen. Seit dem
Frühjahr 2011 versammeln sich täglich hunderte bis
tausende auf dem zentralen Syntagma-Platz vor dem Parlamentsgebäude, um ihrer Empörung über falsche Schuldenpolitik und die daraus resultierenden Sparmaßnahmen Ausdruck zu verleihen.
Während in anderen Ländern ein Finanz-Crash im alltäglichen Leben der Menschen oft wenig Auswirkungen hat,
muss der Athener neuerdings doppelt so viel für seinen
Feierabend-Wein in der Kneipe bezahlen und die hungrige Athenerin doppelt so viel für ein Abendessen im
Restaurant. Nur doppelten Verdienst hat leider keiner
von ihnen. Das Durchschnittseinkommen in Griechenland beläuft sich weiterhin auf ungefähr 700 Euro. Die
Krise wirkt sich natürlich auch massiv auf die schwullesbische Szene aus, denn, so erzählen Lesben und Schwule
vor Ort, wer früher fast täglich ausging, sei heute nur
noch ein- bis zweimal die Woche unterwegs.
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QUEER TRAVEL ist mit dem lesbischen Gesicht Athens unterwegs: mit Maria Cyber. Sie organisiert nicht nur das seit fünf
Jahren bestehende schwullesbische Filmfestival Outview, die
griechische Lesben-Webseite
lesbian.gr sowie das schwule
Maria Cyber
Portal gayathens.gr, sie ist auch
Partyorganisatorin, Fotografin
und Initiatorin von Griechenlands erstem hörergenerierten Radiosender Mind Radio – neben vielen anderen Aktivitäten. Wen könnte man also besser fragen als Maria,
was Athen für die lesbische Besucherin und den schwulen Besucher reizvoll macht? „Die Gastfreundlichkeit
eines südeuropäischen Landes, seine orientalischen
Schönheiten, wundervolle Strände und viel Tsipouro“
(Τσίουρο, ein starker Tresterbrandwein, Grappa-ähnlich) weiß sie zu empfehlen. Und die Feierfreundlichkeit:
„Hier ist jede Nacht Wochenende“, und in der Tat kann
man früh zu Bett gehen in Athen getrost vergessen!
Auch wenn die Krise schwer wiegt, noch ist das
Nachtleben in Athen nicht erstorben, vor allem im angesagten Szeneviertel Gazi. Über ausländischen Besuch ist
man hocherfreut und sehr entgegenkommend. Auch
sollte man versuchen auf eine private Party eingeladen
Antik: Siegesgöttin Nike
im Akropolis-Museum
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queer travel 2/2011
Athen im Zeichen der Proteste: Seit Mai 2011 versammeln sich viele
junge Leute wie hier auf dem Syntagma-Platz
Fotos: istockphoto/sborisovin, privat, Acropolis Museum/Nikos Daniili, istockphoto/vasiliki
zu werden, denn hier kann es durchaus passieren, dass eine fröhliche
Meute – ganz wie im Film – plötzlich Sirtaki und andere Volkstänze
aufs Parkett legt.
Dank der Olympischen Spiele im Jahr 2004 wurde die Infrastruktur
Athens erheblich verbessert und die enge, verwinkelte Stadt konnte
sich ein bisschen vom Image des verdreckten, smoggeplagten
Verkehrschaos-Molochs befreien. Es gibt eine U-Bahn, bessere
Straßen, bessere Beschilderung und hier und da auch eine Grünfläche. Und über allem thront natürlich die faszinierende Akropolis,
die – obwohl Touristenmagnet Nummer eins – einfach auf dem Plan
eines Athen-Besuchs stehen muss. Empfehlenswert ist auch das neue
Akropolis-Museum, in dem man verblasste Geschichtskenntnisse inmitten toller Architektur aufpolieren kann. Auch Maria Cyber empfiehlt als schönsten Platz der Stadt den Weg zur Akropolis, im Besonderen die verschlungenen Pfade, die in den 1950er-Jahren von
Dimitris Pikionis auf dem Philopappos-Hügel gestaltet wurden.
Und stolpert man morgens um 5 Uhr aus einer der vielen Lokalitäten,
so kann man mit der U-Bahn in nur 20 Minuten nach Piräus, dem
berühmten Hafen, fahren und für nur zehn Euro eine Fähre zu
nächsten Insel nehmen – am Strand bei Sonnenaufgang lässt es sich
wunderbar romantisch ausnüchtern und ein bisschen „Ein Schiff wird
kommen“ von Melina Mercouri trällern.
Manuela Kay
LESBISCH AUSGEHEN
Disko: Noiz, Evmolpidon 41, Gazi, www.noizclub.gr.
Café, Restaurant und Kneipe: Myrovolos, Giatrakou 12, Metaxourgeio. Angesagte Bar: Mayo, Persefonis 33, Gazi.
Alternative homofreundliche Kneipe: Booze Cooperativa,
Kolokotroni 57, www.boozecooperativa.com.
GEMISCHT AUSGEHEN
Blue Train, Konstantinoupoleos 84, Gazi, dazugehörend im gleichen
Gebäude: schwuler Club Kazarma und Terrassencafé El Cielo.
Schwullesbische Disko: Almaz, Triptolemou 12, Gazi, www.almaz.gr.
SCHWUL AUSGEHEN
Berühmtester Club: Sodade, Triptolemou 10, Gazi.
Cruising-Bar: Fcuk, Keleou 3, Gazi, www.fc-uk.gr, im gleichen
Gebäude auch Leder- und Bärenclub Fou, www.fouclub.gr
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queer travel 2/2011
Einfach UNBEZAHLBAR
Schulden hin oder her, die Griechen sollen ihre Inseln bloss nicht verkaufen, sondern behalten
und uns lieber weiterhin an ihrer Gastfreundschaft teil haben lassen. Die TOP 10 für Hellas-Inselhopper
Klein, aber fein. In der Zentralägäis gelegen. Einsame Strände,
so weit das Auge reicht. Erholung pur, nicht nur für Aussteiger.
Von D bis Z: das Listing erfolgte alphabetisch.
Hier der alte Hafen von Mykonos und die
malerische City im Hintergrund
Rhodos
Klassiker! Viele antike,
venezianische, osmanische
Bauten. Hier eröffneten
die ersten Hotelanlagen
Griechenlands in den früher 60er-Jahren; auch die
erste schwule Bar. Die
heute einzige schwule Bar
der Insel heißt „Bar Berlin“
und wird von einem Deutschen betrieben. Beliebter
FKK-Strand in Faliraki. Malerische Kulisse in Lindos.
Ikaria
Eine der grünsten, alternativsten und linksten Inseln
– den Bürgermeister stellt
hier die Kommunistische
Partei. FKK ist nirgends ein
Problem. Das ganze Jahr über
finden Festivitäten statt, bei
denen alle Touristen eingeladen
sind. Hinter Lesbos die zweitbeliebteste Insel bei griechischen Lesben.
Kreta
bevölkern ihn kurze Zeit später die
Heteros.
Santorin
Größte griechische Insel! FKK bei Matala und Komos
(tolle Unterkünfte in Pitsidia aufsuchen, damit man dicht dran ist).
Vielfältig: antike Stätten in Knossos und Kultur in Heraklion (Nordkreta). Bergwandern in Zentralkreta. Spaziergänge in malerischer
Hafenkulisse in Rethymnon (Westkreta). Nachtleben und schwule
Bars in Malia (Ostkreta).
Schönster Sonnenuntergang im Mittelmeer!
Atemberaubende Kulisse mit Krater, dunklem Vulkangestein und ultraweißen Häuschen. Forscher vermuten hier das
sagenhafte Atlantis. Etwas nervig: die Massen an US-Touristen, die
zwischen Mai und September Santorin in exakt vier Stunden entdecken müssen. Die Insel hat mehr Zeit verdient. Muss für Weinliebhaber, denn der Wein wächst hier in Vulkangestein.
Korfu
Tilos
Auf den Spuren von Schwulenikone Königin Sisi, hier erholte sie
sich in einer prächtigen Residenz. Unglaubliche Mixtur aus griechischer, italienischer und russischer Kultur. Sehr gut erhaltene Altstadt. Berühmt für ihre kulinarische Tradition.
So klein, dass man hier alle Inselbewohner nach zwei Wochen beim
Namen kennt. Der weltoffene Bürgermeister ließ hier aus Protest
die erste griechische Homoehe zelebrieren – die wurde später annulliert, machte aber die Insel bekannt. Gelungenes Beispiel für die
Entwicklung von Ökotourismus in Griechenland.
Lesbos
Die haben’s erfunden! Ein Muss für jede Lesbe, attraktiv auch für
Schwule. Kulturell dreht sich hier alles um Sappho. Im Mai und
September große Lesbenfestivals (siehe Seiten 24–26).
Zakynthos
Mykonos
Zwischen Griechenland und Italien gelegen. Alljährlich ausgezeichnet für das sauberste Badewasser im Mittelmeer. Karibische Zustände
und Traumstrände. Bekanntester Strand Griechenlands namens
„Navagio“ („gestrandetes Schiff“). Ideal zum Tauschen und Fischen.
Toll, teuer, abgehoben! Hier haben Rucksacktouristen nichts verloren – wollen sie auch nicht. Traumkonstellation: goldene Sonne und
weiße Häuser, Himmel und Wasser sind blau. Im September: Homoparadies auf Erden. Tagsüber an den schwulen Stränden, abends
sind die Gassen der Altstadt voll mit schwulen Partygängern.
Und: kaum „entdecken” Schwule einen einsamen Strand für sich,
Zusammenstellung: Petros Prontis, Grieche & Wahldeutscher, sein Tipp:
Einfach in den Flieger steigen, nach Athen reisen und von dort mit der
Fähre weiter. Die besten Unterkunfts-Schnäppchen lassen sich vor Ort bei
Ankunft machen. Sein Tipp für Fans von Pauschalurlaub: lieber direkt zur
jeweiligen Insel fliegen.
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Foto: Petros Prontis
Donoussa
MY K O N OS A CCOMMODATI ON CE NTER
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Ticketing für nationale und internationale Fluggesellschaften
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Wir sprechen und schreiben Deutsch und haben viele Infos auf Deutsch auf unserer
Website: www.mykonos-accommodation.com info@mykonos-accommodation.com
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