PDF-Dokument 1,1 MB - Hessen

Transcription

PDF-Dokument 1,1 MB - Hessen
Hessisches Ministerium
für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
www.hessen-biotech.de
Hessen-Biotech NEWS
Aus kleinen Entdeckern werden
große Forscher: Erfinderlabor
Faszination Biotechnologie
Neues aus dem Cluster Integrierte
Bioindustrie Frankfurt
Medizinischen Blutegeln
auf der Spur
Activaero ist
Hessen-Champion 2010
Startkapital vom
High-Tech-Gründerfonds
Engelhard Arzneimittel:
Phytotherapie ohne Hokuspokus
Institut für Biopharmazeutische
Technologie der Hochschule
Gießen-Friedberg
4 | 2010
Liebe Leserinnen und Leser,
das Jahr 2010 geht mit guten Nachrichten zu Ende:
Die Wirtschaft hat sich von der schweren Krise schnell
erholt; die Arbeitslosenquote ist so niedrig wie lange
nicht mehr. In Hessen hat sie im Oktober mit unter
sechs Prozent den tiefsten Oktober-Stand seit 1992
erreicht. Schon berichten Unternehmen von Schwierigkeiten bei der Besetzung von Stellen. Engagierte
Fachkräfte aber sind die Voraussetzung für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum.
Auch die hessische Biotechnologie benötigt qualifizierten Nachwuchs, um ihre Erfolgsgeschichte fortzusetzen. Deswegen freut es mich besonders, dass
sich Schüler kürzlich im „Erfinderlabor Faszination
Biotechnologie“ in Darmstadt eine Woche lang mit
biotechnologischen Fragen beschäftigen oder auf
der sechswöchigen Hessentour des fahrbaren Labors
BIOTechnikum die Welt der Biotechnologie in Praktika erleben konnten. Das hessische Wirtschaftsministerium hat beide Initiativen in Public-PrivatePartnership mit der Wirtschaft unterstützt. Denn
wenn wir junge Menschen für einen naturwissenschaftlich-technischen Beruf gewinnen, stärken wir
die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes.
Auch Hessens Fachhochschulen rüsten sich für die
Zukunft – und zwar mit erstklassiger Forschung, die
den Praxisbezug immer im Blick behält. Ein Parade-
INHALT
1
2
2.
2
Hessen-Biotech aktuell
3
Ende gut, alles gut
BIOTechnikum-Tour durch Hessen
4
Rückblick Medica 2010
4
Neue Projektleitung bei der Aktionslinie
Hessen-Biotech
5
Aus kleinen Entdeckern werden große Forscher
5
Neues aus dem Cluster
Integrierte Bioindustrie Frankfurt
6
CIB Partnering Konferenz 2010 – informieren,
vernetzen, fördern
7
timm Technologie & Innovation
Medizinregion Mittelhessen
Medizinischen Blutegeln auf der Spur
8
4
Hessen-Mix
9
5
Förderinitiative im Fokus
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
Dieter Posch
Hessischer Minister für Wirtschaft,
Verkehr und Landesentwicklung
12
Wissenschaft im Porträt
Exzellenz an der Fachhochschule
7
8
14
Wirtschaft im Porträt
Phytotherapie ohne Hokuspokus
9
BioPur – Downstream Processing nach Maß
Startkapital vom High-Tech Gründerfonds
Ich freue mich auf ein erfolgreiches neues Jahr mit
Ihnen und wünsche Ihnen und Ihren Familien eine
schöne Weihnachtszeit.
6
Rückblick Pharma Forum 2010
Industrielle Biotechnologie „Made in Germany“ –
starker Auftritt der fünf BMBF-Cluster
7
3
beispiel ist das Institut für Biopharmazeutische Technologie der Fachhochschule Gießen-Friedberg. In
dieser Ausgabe informieren wir Sie unter anderem
über die dort entwickelten Prozesse für die Kultivierung und Konservierung von Stammzellen.
Mit einer anderen Form der Kultivierung kennt sich
die Biebertaler Blutegelfarm bestens aus. Bis zu zwei
Millionen medizinische Egel schwimmen in 40 Zuchtteichen; einige Hunderttausend liefert das Unternehmen jährlich an Heilpraktiker, Ärzte und Apotheken als lebende Arzneimittel.
Schon diese beiden Beispiele zeigen die Breite der
Biotechnologie in unserem Bundesland. Mit welchen
Ideen, Erkenntnissen und Produkten werden Hessens
Unternehmer und Wissenschaftler die Biotech-Branche wohl im kommenden Jahr antreiben? Mit unserem Newsletter halten wir Sie auf dem Laufenden.
16
Hessen International
Kooperationsmöglichkeiten mit
europäischen Partnern
18
Wachstum durch Internationalisierung
18
BioFuture
„Gen- und Zelltherapien müssen kombiniert
werden“ – Frankfurter Forschungsverbund
treibt innovative Behandlungen voran
19
10
Nachrichten aus der Wirtschaft
20
11
Nachrichten aus der Wissenschaft
21
Broschürenbestellung/Faxformular
23
12
Biotechnologie im Alltag
Jeans: Stonewashed mit Enzymen
23
Termine/Impressum
24
1
Hessen-Biotech aktuell
Rückblick Pharma Forum 2010
Personalisierte Medizin – wohin geht die Reise für Pharma, Biotech, Krankenkassen und Patienten
Das diesjährige Pharma Forum 2010 im ZDF-Konferenzzentrum Mainz stand ganz im Zeichen der
Personalisierten Medizin und deren zukünftigen
Bedeutung für die Gesundheitswirtschaft.
schung in Bad Nauheim bündelt. Brüne betonte in
seinem Vortrag das Ziel des LiFF, die Lipid-SignalingForschung im Rhein-Main-Gebiet zu einer Informationsquelle für nachhaltige Arzneien auszubauen.
Fast 200 Branchenvertreter nutzen die Veranstaltung, um wichtige Kontakte zu knüpfen und um über
aktuelle Entwicklungen in der Gesundheitspolitik zu
diskutieren. Die gemeinsame Veranstaltung der Wirtschaftsministerien der Länder Hessen, RheinlandPfalz und Saarland sowie des Verbandes forschender
Pharmaunternehmen (vfa) bestand insgesamt aus
drei Präsentationsforen, in denen Wissenschaftler und
Unternehmer ihre Konzepte und Strategien vorstellten, sowie einer moderierten Podiumsdiskussion und
einer begleitenden Ausstellung.
In einem Impulsvortrag machte der hessische Biotechnologie-Beauftragte, Professor Theo Dingermann, auf die große Bedeutung der Personalisierten
Medizin aufmerksam. Er erläuterte, dass man schon
heute viele Krankheiten vor ihrem Ausbruch erkennen und Risiken für genetisch bedingte Erkrankungen abschätzen kann. Damit können Ärzte die Wahl
des geeigneten Medikaments und der besten Dosis
individuell treffen. Noch haben jedoch viele Patienten Angst vor einer dafür notwendigen Genuntersuchung, weiß Dingermann. Diese gilt es durch Aufklärung zu entkräften.
Auch das hessische Unternehmen Engelhard Arzneimittel GmbH präsentierte seine Produkte. Professor
Bernhard Brüne stellte das Lipid Signaling Forschungszentrum Frankfurt (LiFF) vor, das die interdisziplinären Expertisen der Universität Frankfurt und
des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenfor-
Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie die
Präsentationen der Referenten finden Sie im Internet
unter www.pharmaforum-sw.de. Das nächste Pharma
Forum findet im Herbst 2011 in Saarbrücken statt.
Teilnehmer informieren sich an den Ständen von bio.logis
und BioSpring
Prof. Dr. Theo Dingermann begeistert das Publikum mit
seinem Impulsvortrag zur Personalisierten Medizin.
>
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
3
Ende gut, alles gut
BIOTechnikum-Tour durch Hessen
durch Hessen. Initiiert und unterstützt wurde die Tour
durch eine Private-Public-Partnership des Hessischen
Wirtschaftsministeriums, des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Landesverband Hessen, und
der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und
Handelskammern.
Der Biotechnologiebeauftragte des Landes Hessen,
Prof. Dr. Theo Dingermann
(h. r.), und Stadtrat Rudolf
Janke (h. l.) waren begeistert
von den praktischen Einblicken in die Biotechnologie,
die das BIOTechnikum ermöglicht. (Quelle: Flad &
Flad Communication GmbH)
Schulstunden ganz nach dem Geschmack hessischer
Schülerinnen und Schüler bot die mobile Erlebniswelt BIOTechnikum auf ihrer sechswöchigen Landesreise durch Hessen. In insgesamt zwölf verschiedenen Städten konnten sowohl Schüler als auch die interessierte Öffentlichkeit die multimediale Ausstellung des Biotech-Trucks erkunden und sich mit Hilfe
von projektbegleitenden Wissenschaftlern beispielsweise auf die Spuren des Erbmaterials DNA begeben, um einen genetischen Fingerabdruck zu erstellen.
Aufgrund der positiven Resonanz rollte das BIOTechnikum in diesem Jahr bereits zum dritten Mal
Auch der hessische Biotechnologiebeauftragte Professor Theo Dingermann besuchte das BIOTechnikum und betonte: „Die Biotechnologie ist in der
Hightech-Region Hessen auf Wachstumskurs und
verspricht jungen Menschen vielversprechende berufliche Perspektiven.“ Wie wichtig es ist, Schülerinnen und Schüler bereits frühzeitig für die Technologien der Zukunft zu begeistern, hoben Gregor
Disson, Geschäftsführer des VCI Landesverbands
Hessen, sowie Detlev Osterloh von der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern hervor. Die Initiative „BIOTechnikum“ ermögliche dem Nachwuchs landesweit außergewöhnliche
Einblicke in die Biotechnologie. Die gemeinsame
Aktion sei ein wichtiger Beitrag, um dem Fachkräftemangel in den naturwissenschaftlich-technisch geprägten Berufen entgegenzutreten.
Rückblick Medica 2010
■ Miriam Schroer
Hessen-Biotech
HA Hessen Agentur GmbH
Tel.: 0611 / 774-8610
E-Mail: miriam.schroer@
hessen-agentur.de
www.hessen-biotech.de
Auch in diesem Jahr präsentierte wieder eine
Vielzahl hessischer Unternehmen und Einrichtungen ihre Produkte am Gemeinschaftsstand der
Aktionslinie Hessen-Biotech auf der Medica 2010
in Düsseldorf. Auf einer Fläche von 160 Quadratmetern zeigten die insgesamt zwölf Mitaussteller
aus der Medizintechnik-Branche ihre Produktinnovationen. Ein Schwerpunkt der Präsentation am
Hessen-Stand lag im Bereich der Diagnostik, der in
der ärztlichen Praxis zunehmend an Bedeutung gewinnt. Erstmals beteiligten sich auch zwei rheinland-pfälzische Hochschulen am Gemeinschaftsstand.
„Dass man heute Pharma, Biotechnologie und Medizintechnik als völlig unterschiedliche Wirtschaftszweige dennoch in Einklang bringen kann, beweist
die Auswahl an Unternehmen an unserem Gemeinschaftsstand“, erklärte Dr. Thomas Niemann, Projektleiter der Aktionslinie Hessen-Biotech.
Ein Highlight am Hessen-Stand war das große Gettogether am ersten Messetag, das Hessen-Biotech
zusammen mit der Außenwirtschaftsförderung des
Landes Hessen und dem Schwalbacher Unternehmen
BIT Analytical Instruments organisierte. Die Aussteller
am Stand nutzten die Veranstaltung, um wichtige
neue nationale und internationale Kontakte zu
knüpfen.
Auch im nächsten wird Hessen-Biotech wieder mit
dem Gemeinschaftsstand Medica vertreten sein.
Hessische Unternehmen, die Interesse haben, sich
als Mitaussteller zu beteiligen, wenden sich bitte an
Miriam Schroer.
4
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
Neue Projektleitung bei der Aktionslinie
Hessen-Biotech
Es gab Veränderungen in der Aktionslinie HessenBiotech. Seit September 2010 steht Dr. Thomas Niemann als Ansprechpartner und Lotse für Biotechnologie und Medizintechnik in Hessen zur Verfügung.
Nachdem er sich zwei Jahre als Clustermanager des
Bioindustrieclusters CIB Frankfurt für die Belange
der Industriellen Biotechnologie in Hessen und
Deutschland eingesetzt hat, will er sich nun als Projektleiter Biotechnologie in der Hessen Agentur für
die gesamte Biotech-Branche in Hessen stark machen. Niemann – Chemiker, Biotechnologe und Kommunikationsexperte – ist somit Nachfolger von Dr.
Detlef Terzenbach, der nach vielen Jahren der er-
folgreichen Arbeit in der Abteilung Technologie seit
August als Abteilungsleiter „Internationales und
Standortmarketing“ die hessischen Außenhandelsaktivitäten in der Hessen Agentur steuert. Dabei
wünschen wir ihm ebenfalls viel Erfolg und alles Gute.
■
Dr. Thomas Niemann
Projektleiter Biotechnologie
HA Hessen Agentur GmbH
Tel.: 0611 / 774-8646
E-Mail: thomas.niemann@hessen-agentur.de
Internet: www.hessen-biotech.de &
www.CIB-Frankfurt.de
Dr. Thomas Niemann
Aus kleinen Entdeckern werden
große Forscher
Erfinderlabor Faszination Biotechnologie in Darmstadt
Insgesamt 16 besonders begabte hessische Oberstufenschüler nutzten im November die Möglichkeit,
sich im Rahmen des „Erfinderlabors Faszination Biotechnologie“ eine Woche lang mit Fragestellungen
rund um die Biotechnologie zu beschäftigen.
Wie kann man gentechnisch die Zellkerne einer
Pflanze verändern? In den Laboren der Technischen
Universität (TU) Darmstadt konnten die jungen Forscher in kleinen Teams praxisnah und unter Anleitung der jeweiligen vier Arbeitsgruppen der TU die
Lösung auf diese und weitere Fragen finden.
„Das Erfinderlabor Biotechnologie macht wirklich
Lust auf mehr“, freut sich Calvin Roth von der MaxPlanck-Schule in Groß-Umstadt. „Hier können wir
unser Wissen praktisch anwenden. In der Schule reicht
die Zeit für Experimente nur selten aus. Hier experimentieren wir den ganzen Tag und es macht sehr viel
Spaß, die Ergebnisse auszuwerten.“
Seit fünf Jahren existiert die Initiative Erfinderlabor
mit dem Ziel, Schülern Einblicke in die neuste Forschung zu ermöglichen und den hochbegabten
Schülern, den Weg zu den Naturwissenschaften zu
eröffnen. Der Andrang dabei ist groß, aber auch die
Anforderungen: Die teilnehmenden Schülerinnen
und Schüler wurden nach strengen Leistungskriterien aus 90 hochqualifizierten Bewerbern ausgewählt. Partner des diesjährigen Biotechnologie- Erfinderlabors sind die TU Darmstadt, Merck, das Hessische Wirtschaftsministerium mit seiner Aktionslinie
Hessen-Biotech, das Hessische Kultusministerium
sowie die BRAIN AG und der VCI Hessen.
Am Ende des einwöchigen Erfinderlabors präsentierten die Schüler bei Merck in einem festlichen
Rahmen ihre Ergebnisse Angehörigen, Vertretern
der Schulen sowie Gästen aus Hochschule, Politik
und Wirtschaft. Der im Wirtschaftsministerium für
Technologie zuständige Abteilungsleiter, Axel Henkel, äußerte sich in seiner Rede sehr erfreut über die
Fähigkeiten und die Begeisterung der jungen Forscher an der Biotechnologie: „Wir brauchen junge
Leute wie Sie, die sich heute für ein natur- oder ingenieurwissenschaftliches Studium entscheiden, um
im Strukturwandel von der Chemischen zur Biologischen Industrie erfolgreich zu sein.“
Aufgeteilt in kleine Arbeitsgruppen, experimentieren
die Oberstufenschüler in den
Laboren der TU Darmstadt.
Zum Abschluss präsentierten
die Schüler ihre Ergebnisse
in einem festlichen Rahmen
bei Merck den geladenen
Gästen aus Politik, Schule,
Hochschule und Wirtschaft
sowie Angehörigen.
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
5
2
Neues aus dem Cluster Integrierte Bioindustrie Frankfurt
BioPur – Downstream Processing nach Maß
Bei der Herstellung von pharmazeutischen Wirkstoffen und Feinchemikalien werden 50 – 90 Prozent der Herstellungskosten durch die Aufreinigung, dem sogenannten „Downstream Processing“, verursacht. Durch die Einführung von Biogenerika und dem zu erwartenden Wegfall von
Blockbuster-Medikamenten nimmt der Druck auf
die Minimierung der Herstellungskosten weiter
zu. Die Entwicklung neuer und kostengünstigerer
Verfahren zur Aufreinigung von Chemikalien und
Pharmaprodukten ist auch die Thematik in dem
durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt BioPur. Über die Chancen und Herausforderungen in diesem Projekt
sprachen wir mit Professor Thomas Herget, Head
of Processing Technologies bei der Merck KGaA
in Darmstadt.
?
Was macht die Aufreinigung in der biotechnologischen Produktion zu einer solchen
Herausforderung?
Die Herstellung von Bioprodukten ist in zweierlei
Hinsicht eine große Herausforderung. Auf der einen
Seite müssen die biologischen Produktionssysteme
so maßgeschneidert sein, dass sie den entsprechenden Wirkstoff in seiner korrekten Funktionalität
in hohen Mengen herstellen. Auf der anderen Seite
bedarf es effizienter Aufreinigungsmethoden, um
diese Wirkstoffe aus einem komplexen Gemisch zu
isolieren. Durch die Fermentation der Mikroorganismen oder Säugetierzellen entsteht eine Brühe, in der
neben den gewünschten Substanzen auch eine Vielzahl anderer Beiprodukte zu finden ist. Hier fehlen
noch immer kostengünstige chromatografische Reinigungsverfahren, die auf die strukturellen und funktionellen Eigenschaften des Zielmoleküls abgestimmt sind und eine effiziente Abtrennung von
Fremdproteinen und anderen Verunreinigungen
erlauben.
?
Richtig. Ziel dieses Vorhabens ist die Entwicklung
einer Technologieplattform, die es ermöglicht, für
ausgesuchte Zielmoleküle maßgeschneiderte Liganden zu gewinnen und diese sowohl zur affinitätschromatografischen Aufreinigung als auch zur prozessbegleitenden Analytik einzusetzen. Solche Liganden sind bislang nur für wenige biotechnisch interessante Produkte bekannt. Oft sind diese Liganden
auch sehr teuer oder zum Beispiel wegen einer zu
starken oder zu schwachen Bindung nicht optimal für
die gegebene Trennaufgabe. Wir suchen daher nach
„schaltbaren“ Liganden, die für die Aufreinigung
ausgesuchter chiraler Feinchemikalien und Pharmaprodukte geeignet sind und bei denen nicht nur die
Bindung, sondern auch die Freisetzung des Zielmoleküls unter möglichst physiologischen Bedingungen stattfindet.
?
6
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
Können Sie bereits erste Erfolge vorweisen?
Das Projekt läuft seit Ende 2010 in Zusammenarbeit
mit der Arbeitsgruppe von Professor Kolmar an der
Technischen Universität Darmstadt. Zunächst haben
wir damit begonnen, Bibliotheken von potenziellen
Bindeproteinen als Liganden herzustellen. Diese
Proteine sind recht klein, sehr resistent gegenüber
Proteasen und stabil gegenüber pH-, Salz- und Temperaturveränderungen. Ferner können sie kostengünstig in Bakterien oder Hefezellen hergestellt
werden. Solche Bibliotheken konnten bereits hergestellt und exemplarisch an einem Biotherapeutikum
erfolgreich getestet werden. Dieses Beispiel ist ein
sehr schöner Beweis für die Validität des von uns gewählten Konzeptes. Momentan arbeiten wir daran,
die Prozesse zu vereinfachen und zu optimieren.
Dies ist wichtig, da nach unseren Berechnungen weit
über zehn Millionen dieser Miniproteine getestet
werden müssen, um einen geeigneten Liganden für
das Zielmolekül zu identifizieren.
■
Prof. Dr. Thomas Herget
Und solche Verfahren entwickeln Sie im
Rahmen des Projektes „BioPur“?
Prof. Dr. Thomas Herget
Head of Processing Technologies
Merck KGaA
E-Mail: thomas.herget@merck.de
CIB Partnering Konferenz 2010 –
informieren, vernetzen, fördern
Am 29. September 2010 fand die jährliche Partnering
Konferenz des CIB Frankfurt nun bereits zum dritten
Mal statt. Insgesamt 14 Referenten aus Wissenschaft
und Wirtschaft präsentierten aktuelle Forschungsergebnisse sowie Herausforderungen und Potenziale der Industriellen Biotechnologie. „Besonders erfreulich war die Teilnahme neuer Akteure wie Unternehmen Mykomax, W.C. Heraeus, Bayer Technology
Services, Taros und Edecto“, sagte Dr. Thomas
Niemann, Clustermanager von CIB Frankfurt und
Initiator der Veranstaltung. „Wir sind zuversichtlich,
dass sich schon bald erfolgversprechende Partnerschaften für neue Projekte der Industriellen Biotechnologie ergeben werden.“
Aus den CIB Partnering Konferenzen sind bereits
zahlreiche geförderte F & E Verbundprojekte hervorgegangen. Ob Pharma, Kosmetik, Chemie oder
Lebensmittel – mit Unternehmen wie Sanofi-Aventis,
Merck, BASF oder Symrise sind namhafte Vertreter
aus den unterschiedlichsten Anwenderindustrien in
BMBF-geförderten Projekten aktiv. Hinzu kommen
zahlreiche kleine und mittelständische Enzym- und
Biokatalyse-Spezialisten (zum Beispiel BRAIN, NZyme Biotec, C_LEcta) sowie Forschungseinrichtun-
gen und Hochschulen mit Fokus auf bioindustrielle
Anwendungen. Auf besonderes Interesse ist auch
der zweite Teil der Veranstaltung gestoßen, bei dem
die Kollegen von WiBank (Förderberatung der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen), LOEWE 3Projektförderung des Hessischen Wissenschaftsministeriums und Enterprise Europe Network (EEN) die
verschiedenen Fördermöglichkeiten von Land Hessen, Bund und EU vorgestellt haben. „Insbesondere
die Förderprogramme, die von der Europäischen Union angeboten werden, waren den meisten Teilnehmern offenbar nicht hinreichend bekannt“, sagte Dr.
Niemann.
Den Tagungsband und die Vorträge stehen im Internet unter www.cib-frankfurt.de als Download zur Verfügung.
■
Dr. Thomas Niemann
Cluster Integrierte Bioindustrie Frankfurt
HA Hessen Agentur GmbH
Tel.: 0611 / 774-8646
Fax: 0611 / 774-8620
E-Mail: thomas.niemann@hessen-agentur.de
Internet: www.CIB-Frankfurt.de
Auf der CIB Partnering Konferenz in Frankfurt präsentierten
Referenten aus Wirtschaft und
Wissenschaft ihre aktuellen
Forschungsergebnisse sowie
Herausforderungen und Potenziale der Industriellen Biotechnologie.
Industrielle Biotechnologie
„Made in Germany“ – starker Auftritt
der fünf BMBF-Cluster
BioIndustrie 2021 auf der EFIB 2010 in Edinburgh
Vom 19. bis zum 21. Oktober präsentierten sich die
fünf Gewinnercluster des Bioindustrie2021-Wettbewerbs mit einem Gemeinschaftsstand auf dem European Forum for Industrial Biotechnology (EFIB),
das dieses Jahr zum dritten Mal stattfand. Mehr als
350 Teilnehmer folgten der Einladung zur führenden
Fachtagung der Industriellen Biotechnologie ins
schottische Edinburgh, um über Innovationen, politische Rahmenbedingungen und neue Verfahren zur
Produktion von Wertstoffen und Energie aus nachwachsenden Rohstoffen zu diskutieren.
Unter dem Titel „The German bioindustry clusters industrial biotechnology along the entire value chain“
präsentierte Dr. Ralf Grote von der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH), stellvertretend
für die fünf Bioindustrie2021-Cluster die Ziele, die individuellen Stärken und die Erfolge der Gewinnercluster. Bei CIB Frankfurt steht man der einheitlichen
Außendarstellung der Industriellen Biotechnologie
„Made in Germany“ positiv gegenüber: „Wir möchten auf nationaler und auf internationaler Ebene dafür sorgen, dass die Industrielle Biotechnologie in
Deutschland als stark und innovativ wahrgenommen
wird“, sagte Dr. Thomas Niemann, Clustermanager
von CIB Frankfurt. „Mit der Präsenz auf der diesjährigen EFIB ist uns dies gelungen.“ Durch strategische
Kooperationen auf Projektebene mit den anderen
Clustern sollen weitere Synergien genutzt und so die
Industrielle Biotechnologie in Deutschland nachhaltig gestärkt werden.
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
7
3
timm Technologie & Innovation Medizinregion Mittelhessen
Medizinischen Blutegeln auf der Spur
Auf 650.000.000 Jahre Innovation und Entwicklung
zurückblicken kann der Hirudo medicinalis, der medizinische Blutegel, der bereits seit der Antike zu
therapeutischen Zwecken eingesetzt wird. Bis zu 2
Millionen dieser Tiere schwimmen in den 40 Zuchtteichen der Biebertaler Blutegelzucht (BBEZ) bei
Gießen.
Im Speichel der Egel finden sich über
zwanzig bekannte, medizinisch wirksame Wirkstoffe. Die Leitsubstanz ist das
Hirudin, das für die Hemmung der
Blutgerinnung sorgt, erklärt Michael
Aurich, Mitarbeiter der Blutegelfarm.
Abnehmer für die Egel sind Heilpraktiker, Ärzte und Apotheken. Die bei
der Behandlung etwa fünf Zentimeter
langen Egel werden an schmerzende
Der Medizinische Blutegel (Hirudo medicinalis).
Gewebestellen des Patienten angeDie Tiere sind vom deutschen Gesetzgeber als
Fertigarzneimittel eingestuft.
setzt. Die Tiere senken ihre drei sternförmigen Zahnreihen mit sägenden
Bewegungen in die Haut des Wirtes. Dabei werden
aus Drüsen zwischen den Zähnen über den Speichel
betäubende Substanzen und entzündungshemmende Enzyme ausgeschüttet, sodass die Anwendung
schmerzfrei ist. Die Blutegel haben durch die über
den Biss eingebrachten Wirkstoffe einen sehr breiten Indikationsbereich. So werden die Egel bei rheumatischen Erkrankungen, Entzündungen von Organen und Geweben, bei Tinnitus oder Durchblutungsstörungen nach Gewebetransplantation erfolgreich eingesetzt. Zahlreiche Studien belegen die
Wirksamkeit der Blutegeltherapie in der Human- und
Veterinärmedizin.
Ursprünglich war die Farm aus einem ZAUG Projekt
(Zentrum Arbeit und Umwelt Gießen) entstanden.
Dr. Manfred Roth pachtete die Gärtnerei in Biebertal, um Langzeitarbeitslosen eine neue Perspektive
zu bieten. 2004 erhielt die BBEZ die Zulassung als
Arzneimittelherstellungsbetrieb. Im gleichen Jahr
wurden in Deutschland Blutegel vom Gesetzgeber
als Fertigarzneimittel eingestuft.
Vier Jahre später übernahmen die drei leitenden
Mitarbeiter die BBEZ und firmierten als GmbH.
„300.000 Blutegel haben 2009 die Egelfarm verlassen. Der Umsatz ist erstmals auf über eine Million
Euro gestiegen. Wir wollen unsere Aktivitäten stetig
ausbauen und mit dem medizinischen Blutegel auch
internationale Märkte erobern“, so Geschäftsführer
8
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
Harald Galatis. Die BBEZ ist momentan die einzige
Blutegelzucht in der Europäischen Union mit einer
arzneimittelrechtlichen Herstellungserlaubnis. Zurzeit beschäftigt das Unternehmen 24 Mitarbeiter. Im
vergangenen Jahr erhielt die BBEZ den Hessischen
Gründerpreis in der Kategorie „Geschaffene Arbeitsplätze".
Harald Galatis, Geschäftsführer Biebertaler Blutegelzucht
GmbH vor den Blutegel-Zuchtteichen
„Wir arbeiten mit renommierten Kliniken und Forschungseinrichtungen wie der Charité in Berlin, der
Rheumaklinik Bad Endbach und der Universität Gießen zusammen, um der Biologie des medizinischen
Blutegels weiter auf die Spur zu kommen“, erklärt
Galatis. Ziel ist es, den Therapeuten und Patienten
immer fundierteres Wissen über das Tier zur Verfügung zu stellen. Daher ist es der BBEZ wichtig, in Kooperation mit der Wissenschaft, weitere Indikationsgebiete für die natürliche Blutegeltherapie und die
entsprechenden Wirkmechanismen zu untersuchen.
Außerdem möchte die BBEZ die eigene Produktpalette um Salben und Gele mit den therapeutisch
relevanten Wirkstoffen des Blutegels erweitern. „Die
Nähe zu den Hochschulen Gießen und Marburg und
zu regionalen Netzwerken der Medizinwirtschaft
wird uns die Intensivierung bestehender und das
Knüpfen neuer Kooperationskontakte erleichtern“,
bestätigt Galatis.
Regelmäßig finden Seminare zur Blutegeltherapie für
Ärzte und Heilpraktiker bei der BBEZ statt. Darüber
hinaus bietet die Biebertaler Egelfarm Besichtigungen an. „Wir freuen uns, damit zum Abbau von Vorurteilen beizutragen und Interessierten die Anwendungsgebiete und die Biologie des medizinischen
Blutegels zu vermitteln", so Galatis.
■
Biebertaler Blutegelzucht GmbH
Tel.: 06409 / 661400
E-Mail: blutegel@blutegel.de
Internet: www.blutegel.de
4
Hessen-Mix
Hessen-Champions 2010
Activaero Gewinner des Sonderpreises „Neue Produkte und Entwicklungen“
Im Wettbewerb Hessen-Champions 2010 um die
Auszeichnung der erfolgreichsten, besten und innovativsten hessischen Unternehmen hat Activaero aus
Gemünden/Wohra den Sonderpreis „Neue Produkte
und Entwicklungen“ gewonnen.
Der Preis wurde Activaero für die Entwicklung eines
Inhalationssystems verliehen. Das Spezialgerät zur
Behandlung schwerer Lungenerkrankungen ermöglicht es, einen sehr hohen Anteil der oft sehr teuren
Medikamente in die Lunge zu bringen. Mit dem neuen hocheffizienten Inhalationssystem können bis zu
85 Prozent des eingesetzten Wirkstoffs in die Lunge
gebracht werden, anstatt der bisher durchschnittlichen 15 Prozent. Dr. Gerhard Scheuch, Gründer der
Activaero sagte bei der Preisverleihung in Wiesbaden: „Activaero hat sich immer bemüht, wissenschaftliche Spitzenforschung in medizinische Produkte mit einem Mehrwert für Patienten umzusetzen. Wir freuen uns sehr über diesen Preis und betrachten ihn als Anerkennung unserer Bemühungen,
die Inhalation für Patienten und Ärzte effektiver,
schneller und besser kontrollierbar zu machen und
dabei auch noch Einsparungen bei teuren Medikamenten zu ermöglichen.“
Dr. Gerhard Scheuch und Axel
Fischer von Activaero nehmen
die Auszeichnung HessenChampions in der Kategorie
„Neue Produkte und Entwicklungen“ entgegen.
(Quelle: VhU)
Mit der Preisverleihung startet gleichzeitig der Wettbewerb „Hessen-Champions 2011“. Neben den Kategorien Weltmarktführer und Jobmotor wird dann
auch die dritte Kategorie Innovation fest in den
Wettbewerb integriert. Damit soll zusätzliches Interesse auf die Innovationspotenziale in der hessischen
Wirtschaft gelenkt und gleichzeitig auf die große
Bedeutung der Innovatoren hingewiesen werden.
Bewerben können sich alle Unternehmen mit Sitz in
Hessen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sind eingeladen, sich am Wettbewerb HessenChampions zu beteiligen.
Die Bewerbungsunterlagen finden Sie im Internet
unter www.hessen-champions.de.
Merck weiht neues Chemie-Forschungszentrum in Darmstadt ein
Das Pharma- und Chemieunternehmen Merck hat an
seinem Stammsitz in Darmstadt ein neues Forschungszentrum in Betrieb genommen. Die zwei
sechsgeschossigen Gebäude sowie das ReinraumTechnikum bieten auf insgesamt 11.000 Quadratmetern Nutzfläche Platz für 340 Mitarbeiter. 50 Millionen
Euro hat der Neubau gekostet und ist damit die
größte Einzelinvestition der Forschung und Entwicklung von Merck im Unternehmensbereich Chemie.
An der feierlichen Einweihung des Gebäudes nahmen neben zahlreichen geladenen Gästen auch
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel sowie der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier teil.
Dr. Karl-Ludwig Kley, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Merck KGaA betonte, dass Innovationen
das Lebenselixier des Unternehmens seien. „Das,
was uns heute stark macht, sind die Innovationen unserer Vorgänger.“ Viele dieser Erfolge hätten ihren
Ursprung in Darmstadt, so Kley. „Partnerschaft und
Vernetzung waren immer eines unserer Kennzeichen. Aber Darmstadt war immer dabei. Das soll so
bleiben. Und daher haben wir uns dafür entschie-
Das neue Research Center besteht aus zwei
Laborgebäuden sowie einem ReinraumTechnikum. (Quelle: Merck)
Bundeskanzlerin Angela Merkel bei
der offiziellen Einweihung des MerckForschungszentrums. (Quelle: Merck)
den, diese große Investition hier zu tätigen.“ Im vergangenen Jahr habe Merck insgesamt mehr als 1,3
Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Die Eröffnung des neuen Chemie-Forschungsgebäudes bezeichnete Kley „als einen weiteren Schritt zur Sicherung unserer Zukunftsfähigkeit“.
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sagte:
„Unternehmen, die konsequent auf Innovation und
Forschung setzen, werden mit Erfolg belohnt. Das ist
gut für das Unternehmen, für seine Mitarbeiter und
natürlich auch für Hessen.“
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
9
CSL Behring nimmt neue Biotechnologie-Produktionsanlage in Betrieb
Hinter einer Mauer aus Styropor-Bausteinen verbarg sich der Eingang zur
neuen Biotechnologie-Produktionsanlage von CSL Behring in Marburg.
Den ersten Stein daraus entfernte
Dr. Brian McNamee, Geschäftsführer
von CSL Limited, der Muttergesellschaft von CSL Behring.
Rund 20 Millionen Euro hat das Unternehmen CSL Behring in eine hochmoderne
biotechnologische Produktionsanlage zur
Aufreinigung und Formulierung von rekombinanten Proteinen investiert. „Die Einweihung dieser neuen Anlage ist ein Meilenstein für die Entwicklung unserer rekombinanten Proteine“, erklärte CSL Behring
Geschäftsführer Dr. Roland Martin bei der
feierlichen Einweihung in Marburg. „Das
flexible Nutzungskonzept erlaubt es auch,
dass verschiedene biologische Produkte in
der gleichen Produktionsanlage zu klinischen Prüfungen und zur Markteinführung
hergestellt werden können.“
In Laborversuchen gelang es CSL Behring,
die Verweildauer von therapeutischen Gerinnungsfaktoren in der Blutzirkulation deutlich zu steigern. Die nun für die klinischen
Studien benötigten Therapeutika werden
ab Januar in der neuen Anlage hergestellt,
aufgereinigt, formuliert und im Anschluss in einer im
vergangen Jahr eingeweihten Anlage abgefüllt und
gefriergetrocknet.
Geschäftsführer der CSL Muttergesellschaft, Dr.
Brian McNamee, der zur Einweihung der Anlage aus
Melbourne angereist war, freut sich über diese Innovation: „Die Anlage und auch das Präparat ist das
beste Beispiel für die hervorragende Zusammenarbeit zwischen CSL in Marburg und Australien.“
Mit der Inbetriebnahme der nach neusten GMPKriterien errichteten Biotech-Anlage erreicht CSL
Behring nach einer Bauzeit von achtzehn Monaten
eine wichtige Stärkung des Marburger Standortes.
„Wir sind sehr stolz darauf, dass diese Anlage in
Marburg steht. Das ist ein Ausdruck des Vertrauens
von unserer Muttergesellschaft CSL in die Expertise
und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter von CSL
Behring in Marburg und spricht gleichzeitig auch für
die guten Rahmenbedingungen, die der Pharmastandort Hessen und Marburg bietet“, freut sich
Martin.
Cluster Individualisierte ImmunIntervention (CI3)
Die individualisierte Medizin gilt als Schlüssel zu
einer effektiven, verträglichen und kostengünstigen
Behandlung. In der Rhein-Main-Region beschäftigen
sich eine Vielzahl von Unternehmen, Hochschulen
und außeruniversitären Forschungseinrichtungen
mit diesem Thema. Die Immunintervention, also die
Beeinflussung des Immunsystems zur Behandlung
von ernsthaften Krankheiten, hat großes Potenzial
als Inkubator für die Durchbrüche im Bereich individualisierte Therapie zu fungieren. Daher wurde in
diesem Jahr der Verein „Cluster Individualisierte Immunintervention (CI3)“ e. V. mit dem Ziel gegründet,
die Individualisierte Immunintervention in der Region
voranzubringen und die Akteure zu vernetzen. Dazu
fördert CI3 insbesondere Wissenschaft, Forschung,
Entwicklung und Anwendung im Bereich der Biotechnologie, Medizin und anderer mit der Individualisierten Immunintervention in Zusammenhang
stehende Arbeitsfelder, insbesondere durch die Koordination, Vernetzung, Bewertung, Begleitung und
Unterstützung von Projekten. CI3 plant außerdem
eine Beteiligung am Spitzenclusterwettbewerb des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung, um
damit Fördermittel für Projekte der individualisierten
Medizin in die Rhein-Main-Region zu holen.
10
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
CI3 ist auf dem Weg, sich als international wettbewerbsfähige „Schmiede für individualisierte Immunointervention“ zu etablieren und innovative, auf den
Patienten angepasste Diagnostika und Immuntherapeutika in den Indikationen Krebs, Autoimmunität
und Infektion verfügbar zu machen. Der Cluster integriert dazu die maßgeblichen CI3-Akteure dieses
Sektors in der Rhein-Main Region und bildet das integrative Element über die gesamte Innovationsund Wertschöpfungskette. Damit verfügt der Cluster
über hohe Problemlösungskompetenz in den Bereichen Technologie, Innovation, Umsetzung, Vermarktung und Vertrieb.
Die Vision ist es, die Clusterregion Rhein-Main im
Hinblick auf individualisierte immuntherapeutische
Arzneimittel und Behandlungsansätze sowie Biomarker-Diagnostika an die internationale Spitze zu
führen.
■
Dr. Rainer Wessel
Cluster für Individualisierte ImmunIntervention
(CI3) e. V.
Hölderlinstraße 8
55131 Mainz
Tel.: 06131 / 62305-81
E-Mail: mail@ci-3.de
Internet: www.ci-3.de
Hohe Auszeichnung für Professor Theo Dingermann
Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft verleiht ihrem ehemaligen Präsidenten
die Carl-Mannich-Medaille
ist Dingermann als Lehrbuchautor
Für seine hervorragenden Leistunund engagierter Vortragender begen in den pharmazeutischen Wiskannt. Er ist Chefredakteur der Mitsenschaften erhielt der Frankfurter
gliederzeitschrift der DPhG „PharmaPharmazeut und hessische Biotechzie in unserer Zeit“. Für seine innovanologie-Beauftragte Professor Theo
tiven Lehrmethoden wurde DingerDingermann die Carl-Mannich-Memann 2007 mit dem ersten Preis des
daille. Dies ist die höchste Auszeich1822-Universitätspreises für exzelnung der Deutschen PharmazeutiProf. Dr. Theo Dingermann
lente Lehre ausgezeichnet; 2009
schen Gesellschaft (DPhG), benannt
wählte ihn das Magazin „Unicum Beruf“ zum Profesnach einem ihrer langjährigen Präsidenten. Auch
sor des Jahres. Professor Manfred Schubert-Zsilavecz,
Dingermann war von 1996 bis 1999 zunächst VizeVizepräsident der Goethe-Universität und derzeit
präsident und dann Präsident der DPhG (2000 bis
Präsident der DPhG würdigte die Leistungen seines
2003). Er hat sich in vielfältiger Weise für sein Fach
Kollegen: „Theo Dingermann ist nicht nur ein exzelengagiert: Von 2005 bis 2010 war er Mitglied der
lenter Wissenschaftler, der durch seine mehrfach
Deutschen Arzneibuch-Kommission, seit 2005 ist er
preisgekrönte universitäre Lehre hervorsticht. Er hat
hessischer Biotechnologiebeauftragter im Technolodurch seine Auftritte in der Öffentlichkeit auch entgiebeirat der Hessen Agentur und seit 2007 ist er Mitscheidend zur Verbesserung des Images der Apoglied des wissenschaftlichen Beirats des Bundesintheker und der Pharmazie beigetragen.“
stituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
Studierenden und Apothekern in ganz Deutschland
Unternehmensbereich Nutrition & Health der BASF zieht nach Lampertheim
Der neu gegründete Unternehmensbereich Nutrition
& Health der BASF wird seinen weltweiten Sitz im
südhessischen Lampertheim haben. Zum Jahresbeginn 2011 werden rund 150 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter Büroräume in Lampertheim beziehen.
„Der Standort Lampertheim bietet uns kurzfristig die
Möglichkeit, das Team von Nutrition & Health, das
derzeit an verschiedenen Orten in Ludwigshafen und
Limburgerhof tätig ist, zusammenzubringen. Dabei
werden wir von der guten Infrastruktur am Standort
Lampertheim profitieren. Gleichzeitig wird sich aber
auch die geografische Nähe zum Unternehmenssitz
in Ludwigshafen, wo wir viele unserer Produktionsanlagen und Labore betreiben, positiv auswirken",
so Walter Dissinger, Leiter des Unternehmensbereichs Nutrition & Health.
Neben dem neuen Unternehmensbereich bleibt
Lampertheim Sitz der BASF Lampertheim GmbH,
die für den Unternehmensbereich Performance Chemicals unter anderem hochwertige Kunststoff- und
Lackadditive herstellt. Außerdem befinden sich in
Lampertheim Teile der Performance ChemicalsVertriebsorganisation.
Zu den Kernarbeitsgebieten des Unternehmensbereichs Nutrition & Health gehören die Bereiche
Human- und Tierernährung sowie Pharma. Wichtige
Ernährungsprodukte sind Vitamine, Carotinoide und
Enzyme. Für Kunden aus der Pharmaindustrie werden Wirkstoffe wie Koffein und Ibuprofen, aber auch
Hilfsstoffe und kundenspezifische Syntheseprodukte
hergestellt. Darüber hinaus produziert der Unternehmensbereich Aromachemikalien für die Aromaund Duftstoffindustrie.
Die Arbeitsgebiete des Unternehmensbereichs Nutrition & Health gehörten bis zu seiner Gründung in
diesem Sommer zum Bereich Care Chemicals der
BASF. Der neue Unternehmensbereich wurde zur
Vorbereitung der Integration der Cognis-Aktivitäten
gegründet. Der Kauf der Cognis Holding Luxembourg S.à r.l. unterliegt noch der Zustimmung der zuständigen Behörden. Es ist beabsichtigt, einen Teil
der Cognis-Aktivitäten in den Unternehmensbereich
Nutrition & Health zu integrieren.
Der neu gegründete BASF-Unternehmensbereich Nutrition &
Health wird zukünftig seinen weltweiten Sitz in Lampertheim
haben. (Quelle: BASF)
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
11
5
Förderinitiative im Fokus
Startkapital vom High-Tech Gründerfonds
Public-Private-Partnership zur Seed-Finanzierung wird 2011 fortgeführt
Nach dem Platzen der Dotcom-Blase vor zehn Jahren haben sich private Investoren und Beteiligungsgesellschaften fast vollständig aus der Gründungsfinanzierung von Start-ups zurückgezogen. Es erscheint ihnen zu riskant, Jungunternehmer zu unterstützen, die zwar eine Idee, aber noch kein marktfähiges Produkt vorweisen können. Diese Lücke füllt
seit fünf Jahren der High-Tech Gründerfonds, eine
Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums zusammen mit der KfW-Bankengruppe und den Unternehmen BASF, Deutsche Telekom, Siemens, Daimler,
Robert Bosch und Carl Zeiss. Mit einem Gesamtvolumen von 272 Millionen Euro – 240 Millionen Euro
davon stammen aus dem Bundeshaushalt – unterstützt der Fonds kleine Technologieunternehmen in
der frühen Startphase. Die ursprünglich geplante
sechsjährige Investitionsphase endet Mitte 2011.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hat aber
bereits einen Anschlussfonds angekündigt, der sich
am ersten Fonds orientieren wird.
der Roten Biotechnologie und 20 Prozent aus der
Diagnostik. Das erste vom High-Tech Gründerfonds
unterstützte Biotech-Unternehmen war der Leipziger
Enzymspezialist c-LEcta. In Hessen beteiligte sich
der Fonds unter anderem an dem auf Zöliakie fokussierten Biotech-Unternehmen Zedira aus Darmstadt.
Ein Anfang 2010 erschienener Evaluierungsbericht,
den das Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag
gegeben hatte, bescheinigt dem High-Tech Gründerfonds, „der in Deutschland mit Abstand wichtigste
Seed-Investor in seinem Marktsegment“ zu sein. Die
für die Evaluierung befragten Jungunternehmer bewerteten die Initiative durchweg positiv und bezeichneten sie als „einzige Chance, an Risikokapital
zu kommen“ oder als den „perfekt passenden Partner auf dem undurchsichtigen Seed- und Venture
Capital Markt“.
Wichtigster Seed-Investor in seinem
Marktsegment
Doch es gab auch Kritikpunkte: Die ursprünglich
festgelegte Finanzierungsgrenze von einer Million
Euro je Unternehmen sei für die forschungsintensive
Pharma- und Biotech-Branche zu niedrig, heißt es in
dem Evaluierungsbericht. Sie wurde daher kürzlich
auf insgesamt zwei Millionen Euro angehoben. Davon werden nach wie vor 500.000 Euro als Startkapital eingesetzt. Mit dieser Summe sollten die Jung-
Der High-Tech Gründerfonds hat bislang 250 Beteiligungsverträge geschlossen, 55 davon mit Unternehmen aus der Life-Science-Branche. Die meisten
(43 Prozent) der in diesem Bereich finanzierten Startups stammen aus der Medizintechnik, 31 Prozent aus
Finanzierungskapazität kürzlich
verdoppelt
Die Finanzierungskonditionen auf einen Blick
• In der ersten Finanzierungsrunde gewährt der
High-Tech Gründerfonds rund 500.000 Euro als
nachrangiges Darlehen und erwirbt 15 Prozent
Gesellschaftsanteile zum Nominalwert.
• Das Darlehen hat eine Laufzeit von sieben Jahren.
• Die Zinsen (aktuell zehn Prozent) werden für vier
Jahre gestundet.
• Die Gründer müssen 20 Prozent (in den alten
Bundesländern und Berlin) beziehungsweise
zehn Prozent (in den neuen Bundesländern) zur
Finanzierung beitragen. Die Hälfte davon dürfen
weitere Investoren stellen.
12
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
• Zu weiteren Finanzierungsrunden kann der Fonds
bis 1,5 Millionen Euro beisteuern.
• Investiert der High-Tech Gründerfonds in einem
Konsortium, in dem sich ein privater Investor
mindestens in derselben Höhe beteiligt wie der
High-Tech Gründerfonds, können die Konditionen flexibel gestaltet werden und vom Standardmodell abweichen. Möglich ist dann zum Beispiel
auch eine rein offene Beteiligung.
Weitere Informationen finden Sie im Internet
unter www.high-tech-gruenderfonds.de.
„Wir sind mehr als ein Investor“
Dr. Michael Brandkamp, Geschäftsführer der High-Tech
Gründerfonds Management GmbH, im Gespräch
unternehmer einen wertstiftenden Meilenstein erreichen, etwa die Fertigung eines Prototypen in der
Medizintechnik oder einen In-vitro-Wirkungsnachweis
in der Pharmaforschung. Für die Anschlussfinanzierung werden je Unternehmen weitere 1,5 Millionen
Euro bereitgehalten.
Vom Einreichen des Businessplans bis zur Beteiligungszusage vergehen üblicherweise zwei bis drei
Monate – eine Zeit, in der die Gründer und ihre Geschäftsidee gründlich geprüft werden. Fast 2.900
Start-ups haben sich bislang beim High-Tech Gründerfonds um Mittel beworben, 250 durften sich über
eine Beteiligungszusage freuen.
■
High-Tech Gründerfonds Management GmbH
Ludwig-Erhard-Allee 2
53175 Bonn
Tel.: 0228 / 82300-100
E-Mail: info@high-tech-gruenderfonds.de
Internet: www.high-tech-gruenderfonds.de
Die erste Investitionsphase des High-Tech Gründerfonds endet
bald. Wie geht es weiter?
Aus der ersten Auflage des High-Tech Gründerfonds wird noch bis Mitte
2011 investiert und wir hoffen, dass wir dann den zweiten Fonds am Start
haben. Er wird sich von der Struktur und auch vom Volumen her am ersten Fonds orientieren, wir streben auf jeden Fall wieder eine PublicPrivate-Partnership an. Unsere jetzigen Industriepartner haben sich
größtenteils schon positiv geäußert und so hoffen wir, dass sie wieder
als Investoren dabei sein werden.
Wie beantragt ein Jungunternehmen Geld beim High-Tech
Gründerfonds?
Die Unternehmensgründer wenden sich mit einem Businessplan an uns,
entweder direkt oder indirekt über unser Netzwerk von Coaches. Vor allem wenn der Businessplan noch nicht hundertprozentig steht, ist ein
Coach sehr hilfreich. Wir schauen uns dann den Businessplan an, lassen
ein externes Gutachten erstellen und laden das Team ein, um die Gründer persönlich kennenzulernen. Ich empfehle den Jungunternehmern
immer, ihre Stärken durchaus deutlich hervorzuheben, aber die Schwächen nicht ganz unter den Teppich zu kehren. Probleme sollten sie besser ansprechen, um zusammen mit dem Gründungsinvestor nach Lösungen zu suchen.
Wer entscheidet über die Anschlussfinanzierung?
Für die Anschlussfinanzierung holen wir nochmals ein externes Gutachten ein. Wir bringen das Unternehmen mit anderen Investoren in Kontakt und investieren bei Bedarf auch selbst. Der High-Tech Gründerfonds
ist nicht nur ein Investor, der die schwierige Gründungsphase überbrückt. Wir unterstützen die Start-ups auch mit einem leistungsfähigen
Netzwerk beim Unternehmensaufbau und beim Einwerben von weiteren
Geldern.
Netzwerk knüpfen und Investoren treffen: Zu diesem Zweck lädt
der High-Tech Gründerfonds jährlich zum Family Day (links) und
zur Partnering Conference nach Bonn ein.
(Quelle: High-Tech Gründerfonds)
Ist es wieder einfacher geworden, Investoren zu finden?
Die Venture-Capital-Industrie hat nach wie vor große Probleme, aber es
gibt auch gegenläufige Tendenzen. Immer mehr ausländische VCInvestoren – etwa aus Frankreich, den Benelux-Ländern, aus der Schweiz
oder Skandinavien – kommen nach Deutschland und übernehmen die
Anschlussfinanzierung, nachdem wir die Seed-Phase überbrückt haben.
Auch private Investoren investieren verstärkt in Unternehmen. Zusammen mit uns gehen sie mit Beträgen um die 100.000 bis 300.000 Euro
teils schon in die Seed-Phase. Da sie noch Kapazitäten für die Anschlussfinanzierung haben, ist das Modell ideal für Privatinvestoren: In der ganz
frühen risikoreichen Phase setzen sie nur relativ wenig Geld ein. Und
wenn sie etwas klarer sehen, können sie nachlegen.
Positiv sehe ich auch Beteiligungen von Industrieunternehmen. Ein Beispiel ist Zedira aus Darmstadt, an dem sich jetzt das mittelständische
Diagnostik-Unternehmen R-Biopharm beteiligt. Auch dieser Trend wird
sich zukünftig noch verstärken.
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
13
6
Wissenschaft im Porträt
Exzellenz an der Fachhochschule
Bioprozesse, Membranverfahren und WirkstoffFormulierungen: das sind die Forschungsschwerpunkte am Institut für Biopharmazeutische Technologie (IBPT) der Fachhochschule Gießen-Friedberg.
So schnell kann es gehen: Bei einem Unwetter im
Juni 2006 flog den Mitarbeitern des Instituts für Biopharmazeutische Technologie, kurz IBPT, der Fachhochschule Gießen-Friedberg das Dach auf den
Kopf – und schon im Herbst 2007 bezogen sie ihr
neues Quartier in Gießens Gutfleischstraße. Ein
Neubau beherbergt die Laborräume, nebenan in
einem renovierten Altbau befinden sich die Büros
der drei IBPT-Professoren Peter Czermak, Frank Runkel und Stephanie Gokorsch.
Stephanie Gokorsch, die seit 2007 eine Arbeitsgruppe am IBPT leitet, konzentriert sich auf die Lehre und ist zudem Studiendekanin des Fachbereichs
„Krankenhaus- und Medizintechnik, Umwelt- und
Biotechnologie“, zu dem das IBPT gehört. Daneben
untersucht sie zusammen mit einer Mitarbeiterin
Moose als Bioindikatoren für Luftverschmutzungen.
Runkels Arbeitsgruppe für Biopharmazie und Pharmazeutische Technologie zählt zwölf Leute, in Czermaks Arbeitsgruppe für Bioverfahrenstechnik, Membrantechnologie und Zellkulturtechnik arbeiten 23
Personen. Beide Professoren betreiben Wissenschaft in einer Form, die man sonst eher von Universitäten als von Fachhochschulen kennt. „Bei uns sitzt
aber immer ein industrieller Partner mit im Boot“,
sagt Czermak, der auch Geschäftsführender Direktor
des IBPT ist.
Professor Peter Czermak
(Mitte) und seine Mitarbeiter
Christian Weber (links) und
Pablo Pino Grace mit einem
Bioreaktor für die Kultivierung von Stammzellen.
(Foto: FH Gießen-Friedberg)
14
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
Im Fokus: Bioprozesse und
Keramikmembranen
Gefragter Partner ist Czermak zum Beispiel bei der
Entwicklung von industrietauglichen Kulturtechniken
für Stammzellen (siehe Kasten) oder Viren. Mit Pharmaunternehmen wie Boehringer Ingelheim und dem
Konzern Merck kooperiert er bei der Virenproduktion für Veterinärimpfstoffe. Zusammen mit dem
Paul-Ehrlich-Institut in Langen wiederum arbeiten
die Gießener Forscher seit einem Jahr an einem Prozess, der Masernviren für die Tumortherapie liefern
soll. Da müsse man sich verfahrenstechnisch schon
etwas einfallen lassen, betont Czermak, denn die
Proteinhülle der Masern-Viren verschmilzt mit der
Membran der Wirtszelle. Das erschwert die Gewinnung der Viren. Zudem wollen die Forscher bei der
Prozessentwicklung einige Randbedingungen erfüllen: Medien mit Kälberserum sind tabu, und eine
den Prozess begleitende Online-Analytik soll von
Beginn an integriert werden. „Unsere Stärke in diesen Kooperationen ist eindeutig die Entwicklung des
Expansionsprozesses“, unterstreicht Czermak. Seine
Mitarbeiter kümmern sich weder um die molekularbiologische Modifikation der Zellen noch um klinische Prüfungen. Das ist Sache der Partner.
Eine weitere Spezialität von Czermaks Arbeitsgruppe
sind Membranverfahren. „Unsere Kompetenz liegt
besonders auf keramischen Membranen“, erklärt
Mehrdad Ebrahimi, Leiter der Membrantechnologie.
„Die Anwendungen sind hier so vielfältig wie die
Membranen selbst.“ Sie reichen von der Virusfiltration bis zur Endotoxin-Abtrennung aus Dialysewasser. Auch an Membranverfahren zur Lignin-Gewinnung aus Bleichwasser der Zellstoffindustrie wird in
Gießen gearbeitet. Das Lignin soll anschließend
energetisch oder stofflich verwertet werden.
Ein „ganz heißes Eisen“ ist laut Czermak auch die
Membrantechnik zur Reinigung von sogenanntem
Produktionswasser aus der Ölförderung. Die Menge,
die davon weltweit täglich anfällt, schätzt Ebrahimi
auf 60 Millionen Kubikmeter: „Das sollte zumindest so
aufbereitet werden, dass man es zur Bewässerung
nutzen kann.“ Auch dafür entwickeln die Gießener
Wissenschaftler ein Verfahren. Da Keramikmembranen gegen Hitze und Säuren stabiler sind als die
gängigeren organischen Membranen, lassen sie sich
einfacher und kostengünstiger reinigen. Membranreaktorsysteme zur kontinuierlichen Herstellung von
Mit Keramikmembranen lässt sich Wasser reinigen, das bei
der Ölförderung anfällt: Links das ungereinigte Produktionswasser, in der Mitte eine aufbereitete Zwischenstufe, rechts
das gereinigte Wasser. (Foto: Uta Neubauer)
Zusätzen für Lebensmittel bilden einen weiteren
Schwerpunkt. Hier arbeitet Czermaks Team unter anderem an der enzymatischen Synthese von Oligosacchariden für Functional Food.
Modellsysteme für Viren: Mit diesen suspendierten SilicaTeilchen werden Membranen für die Virusfiltration validiert.
Die Teilchen im linken Röhrchen haben einen Durchmesser von
300 Nanometern, die im rechten messen nur 50 Nanometer
und sind wegen ihrer geringen Größe durchsichtig.
(Foto: Uta Neubauer)
Dank der regen Forschung erhält das IBPT Mittel aus
der Landesoffensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) des Hessischen Wissenschaftsministeriums und konnte sein
Budget damit um einige Millionen Euro aufstocken.
Der Charme der Ergänzung
In seinem Institutskollegen Frank Runkel, einem
Pharmazeuten, hat der Bioverfahrenstechniker Czermak einen komplementären Partner gefunden.
„Frank Runkels Gruppe arbeitet eher stofforientiert,
wir hingegen konzentrieren uns auf die Prozessentwicklung. Das macht den Charme der Ergänzung
aus“, sagt Czermak. Runkels Team untersucht beispielsweise, in welcher Zubereitung ein neuer Wirkstoff gegen entzündliche Hautleiden am besten in
die relevanten Zellen gelangt. Parallel dazu entwickelt Czermaks Gruppe Membranverfahren zur Herstellung der dafür benötigten Emulsionen.
Runkels Fokus liegt auf dem Transport von pharmazeutischen Wirkstoffen durch die Haut. Um das Eindringen der Moleküle in tiefere Hautschichten zu erleichtern, entwickeln er und seine Mitarbeiter verschiedene Wirkstoff-Zubereitungen, darunter Wasser/Öl/Wasser-Emulsionen oder Emulsionen mit
Nanoteilchen. Seit kurzem werden am IBPT auch ionische Flüssigkeiten als Zusatzstoffe getestet. Das
sind Salze, die schon unterhalb der Raumtemperatur
schmelzen und die Aufnahme von schlecht löslichen
Wirkstoffen erleichtern könnten.
Zusammen mit der Philipps-Universität Marburg und
dem Marburger Biotechnologie-Unternehmen sterna biologicals arbeitet Runkel an enzymatisch wirkender DNA, DNAzym genannt, die Hilfe etwa gegen
Neurodermitis verspricht. Auch in dieser Kooperation untersuchen die Gießener Forscher, in welcher
Zubereitung die Wirkstoffe am besten in die Zielzellen gelangen. Die Eindringtiefe von fluoreszenzmarkierten DNAzymen verfolgen sie dabei unter
dem Mikroskop. Als Hautmodell dienen Schnitte aus
Schweinehaut.
Dr. Uta Neubauer
■
Institut für Biopharmazeutische Technologie – IBPT
Fachhochschule Giessen-Friedberg
Wiesenstraße 14, 35390 Gießen
Tel.: 0641 / 309-2650
E-Mail: info@ibpt.de
Internet: www.fh-giessen-friedberg.de/ibpt/
Preiswürdige Stammzellforschung
Für ein Verfahren zur Produktion von Stammzellen erhielt Peter Czermak im November den
„Forschungspreis der Hessischen Hochschulen
für Angewandte Wissenschaften“. Er und seine
Mitarbeiter haben einen Festbettreaktor entwickelt, mit dem sich sämtliche Schritte vom Animpfen bis zur Ernte der Zellen automatisieren
lassen. Über eine Online-Messung des Sauerstoffgehalts wird die Zellzahl im Reaktor bestimmt. Im Labormaßstab ist es bereits gelungen, die Zellen mit hoher Vitalität zu ernten. Anschließend werden sie mit Alginat verkapselt,
um Immunreaktionen zu verhindern. Kooperationspartner ist das Biotech-Unternehmen Cellmed aus Alzenau, das die Stammzellen als Implantat bei Schlaganfallpatienten einsetzen
möchte. Im Körper der Patienten exprimieren die
Stammzellen ein therapeutisches Protein. Da
das Zellpräparat auf Vorrat hergestellt werden
muss, hat Czermaks Team zusammen mit einem
Industriepartner auch eine Anlage für die Kryokonservierung entwickelt. Der Clou daran: Die
verkapselten Stammzellen werden in Einwegspritzen gefüllt, weiter kultiviert und dann in speziell angepassten Halterungen eingefroren. Sowohl der Kulturprozess als auch die Gefrierkonservierung entspricht den Anforderungen der
Good Manufacturing Practice (GMP).
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
15
7
Wirtschaft im Porträt
Phytotherapie ohne Hokuspokus
Engelhard Arzneimittel GmbH & Co. KG: Schwerpunkt auf pflanzlichen Wirkstoffen und
Medikamenten für Kinder
Das erste Produkt:
Halspastillen mit Wirkstoffen
aus Isländisch Moos.
(Foto: Engelhard Arzneimittel)
Engelhard Arzneimittel in
Niederdorfelden: Im Jahr
2000 zog das Unternehmen
vor die Tore Frankfurts.
(Foto: Engelhard Arzneimittel)
16
Früher wurden sie bis an den Hof des Zaren
verschickt, und sogar Luciano Pavarotti
soll sie gelutscht haben: Halspastillen mit
Wirkstoffen aus der Heilpflanze Isländisch
Moos, hergestellt von Engelhard Arzneimittel. „Anfangs hat die Familie meines UrUr-Großvaters die Pastillen noch per Hand
eingepackt“, erzählt Richard Engelhard, der das
1872 in Frankfurt gegründete Unternehmen zusammen mit seinem Bruder, seinem Großonkel und seinem Onkel führt.
Vor rund zehn Jahren zog der Familienbetrieb, der
heute 260 Mitarbeiter beschäftigt, vor die Tore
Frankfurts nach Niederdorfelden. Hier werden die
Lutschpastillen Isla Moos, das Hustenmittel Prospan,
die Zeckenschutz-Lotion Zanzarin, das Wundgel
Tyrosur und 14 weitere Produktlinien hergestellt.
Engelhard Arzneimittel vertreibt seine Präparate in
75 Ländern weltweit. Am Umsatz, der im Geschäftsjahr 2009/2010 über 70 Millionen Euro betrug – fünf
Jahre zuvor waren es 40 Millionen –, hat Deutschland
einen Anteil von 45 Prozent. Die wichtigsten Märkte
außerhalb Europas sind Südkorea, Lateinamerika sowie die Golfregion.
„Unsere lange Historie gibt Halt und Sicherheit“,
sagt Engelhard. „Aber das hält uns nicht auf, auch
neue Wege zu gehen.“ Die Produktpalette umfasste
einst Hunderte Präparate, doch seit der Nachkriegszeit wurde das Portfolio nach und nach schlanker.
Von den Penicillinen trennte man sich erst Mitte der
1990er-Jahre. „Mit der Entwicklung des GenerikaMarktes nahm der Wettbewerb zu und fielen die
Preise“, erklärt Richard Engelhard die Entscheidung.
Auch die regulatorischen Anforderungen seien im
Laufe der Jahre immer größer geworden, sodass
man sich jetzt auf bestimmte Marken konzentriere.
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
Heilpflanzen entschlüsseln
Der Fokus des Unternehmens liegt traditionell auf
pflanzlichen Wirkstoffen. Der Verkaufsschlager noch
vor den Isla Moos-Pastillen ist das Hustenmedikament Prospan mit einem Extrakt aus Efeublättern.
Sechzig Prozent des Umsatzes erzielt der Familienbetrieb mit dem Mittel, das Richard Engelhards
Großvater einst für seine an Keuchhusten erkrankte
Tante entwickelt hat. Erst vor einigen Jahren wurden
die Wirkstoffe von Prospan, so genannte Saponine,
in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern von
der Universität Bonn entschlüsselt. „In der Phytotherapie kennt man die Wirkung oft schon lange, aber
einen einzelnen Wirkstoff – wenn es ihn überhaupt
gibt – herauszufiltern, ist sehr schwierig“, erklärt
Dr. Manuela Stauss-Grabo, Leiterin der Klinischen
Forschung.
Mit wissenschaftlichen Untersuchungen zur Phytotherapie breche man auch eine Lanze für pflanzliche
Arzneien, die eben nicht aus dem Reich der Sagen
und Märchen kämen, betont die Biologin. Derartige
Studien sind für das Unternehmen außerdem wichtig, um dem Vergleich mit synthetisch-chemisch hergestellten Medikamenten standhalten zu können.
„Sonst landen wir schnell in einem esoterisch angehauchten Bereich“, fürchtet Engelhard. Es sei zudem
wichtig für jede Erkrankung, eine ihrem Schweregrad entsprechende Arznei einsetzen zu können.
Deswegen beschränkt sich die Produktpalette nicht
auf pflanzliche Mittel. Bei Halsschmerzen beispielsweise bietet das Unternehmen neben den milden
Isla Moos-Pastillen auch die nicht-pflanzlichen Präparate Citramin und Trachisan an.
Von Hustenzäpfchen bis zu OmegaFettsäuren bei ADHS
Eine weitere Besonderheit des Mittelständlers ist die
Entwicklung und Herstellung von Medikamenten für
Kinder, einem eher schwierigen Geschäftsfeld, das
viele große Konzerne scheuen. Zu den Vorteilen eines familiengeführten Unternehmens zählt für Engelhard, dass man nicht an die Börse berichte: „Wir
können selbst entscheiden, wann sich ein Projekt
rechnen muss.“ Prospan beispielsweise wurde für
Abfüllung von Hustensaft: Prospan ist das umsatzstärkste Präparat
des Arzneiproduzenten Engelhard. (Foto: Uta Neubauer)
Geschäftsführer Richard Engelhard
(Foto: Engelhard Arzneimittel)
Dr. Manuela Stauss-Grabo, Leiterin
der Klinischen Forschung.
(Foto: Uta Neubauer)
„Wir sind ein großer Befürworter von Kooperationen“
Richard Engelhard, Geschäftsführer von Engelhard Arzneimittel,
und Dr. Manuela Stauss-Grabo, Leiterin Klinische Forschung, im Gespräch.
alle Altersgruppen klinisch geprüft. Als Zäpfchen
gibt es das Mittel sogar für Säuglinge. „Klinische
Studien mit den Allerkleinsten bedeuten zwar einen
Aufwand, der über den Ertrag hinausgeht, aber wenn
wir das nicht machen würden, gebe es für diese
Altersstufe gar kein adäquates Hustenmittel“, sagt
Richard Engelhard.
Die neuste Entwicklung für Kinder ist Esprico, ein
Produkt mit Omega-3-Fettsäuren, Magnesium und
Zink, das in Form von Kaukapseln oder als Suspension gegen das Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) eingesetzt wird. Da sich
das Unternehmen aus Niederdorfelden keine große
Forschungsabteilung leisten kann, sind in wissenschaftliche Arbeiten immer auch externe Spezialisten eingebunden. Esprico beispielsweise wurde
zusammen mit dem Kinder- und Jugendpsychiater
Michael Huss, ADHS-Experte und Professor an der
Universität Mainz, sowie dem Ernährungswissenschaftler Andreas Hahn von der Universität Hannover entwickelt. Erste Beobachtungen von Kinderärzten an fast neunhundert Patienten deuten auf einen
positiven Effekt bei ADHS hin. Jetzt soll das Produkt
in die klinische Prüfung gehen.
Seit Anfang 2009 kooperiert Engelhard Arzneimittel
auch mit dem Biotech-Unternehmen sterna biologicals aus Marburg (siehe Interview). Das Start-up will
ein enzymatisch wirkendes DNA-Molekül, ein so
genanntes DNAzym, für die Therapie von Asthma
weiterentwickeln und hat dafür als Partner „ganz bewusst einen Mittelständler gesucht, damit das Projekt nicht in der Schublade landet“, so Engelhard.
Schnelle Entscheidungen auf kurzem Weg – auch
das hat Tradition in dem Familienunternehmen aus
Niederdorfelden.
Dr. Uta Neubauer
■
Engelhard Arzneimittel GmbH & Co KG
Herzbergstraße 3
61138 Niederdorfelden
Tel.: 06101 / 539-300
E-Mail: info@engelhard-am.de
Einige Produkte haben Sie schon Jahrzehnte im
Programm. Forschen Sie daran trotzdem noch?
Stauss-Grabo: Ja, für alle Produkte laufen derzeit Untersuchungen. Die Messmethoden verfeinern sich ständig, auch
die Möglichkeiten in der klinischen Forschung. Mit neuen
bildgebenden Verfahren können wir jetzt zum Beispiel noch
besser schauen, wie eine Verletzung bei Behandlung mit unseren wundheilenden Präparaten heilt. Wir erheben aber
nicht den Anspruch, alle Weisheit im Haus zu haben. Bei allen
Produkten und Indikationen arbeiten wir mit externen Klinikern und Wissenschaftlern zusammen.
Welche Bedeutung haben Kooperationen für ein
mittelständisches Unternehmen?
Engelhard: Als Mittelständler müssen wir uns auf gewisse
Dinge fokussieren. Wir sind daher ein großer Befürworter
von Kooperationen insgesamt, übrigens nicht nur von Forschungspartnerschaften. Wir sind auch Mitbegründer der
Einkaufskooperation Pharmaplace, die mittlerweile auch Service-Dienstleistungen für pharmazeutische Unternehmen
anbietet und ein Benchmarking zu Themen wie Einkauf oder
Vertrieb. Da kann man sich sehr gut austauschen und mit den
Mitbewerbern messen, natürlich anonymisiert.
In der Forschung ist es ideal für uns, wenn Hochschulgruppen
oder Biotech-Unternehmen die wissenschaftlichen Grundlagen erarbeiten und wir unsere Expertise dann bei der Entwicklung der Darreichungsform und beim klinischen Programm einbringen. Aktuelles Beispiel ist unsere Zusammenarbeit mit sterna biologicals zum DNAzym. Da sind wir Investor und Co-Entwickler. Das Projekt passt vom Indikationsfeld
Asthma perfekt zu uns.
Welche Funktion übernehmen Sie in dieser Partnerschaft?
Stauss-Grabo: Wir helfen etwa beim Konzipieren der klinischen Tests, beim Dialog mit Behörden oder auch bei der
Analytik. Außerdem üben wir die Funktion eines „Leuchtturmwärters“ aus. Ein Start-up fokussiert sich meistens auf
ein bestimmtes Projekt – mit allen Vor- und Nachteilen. Wenn
man, so wie wir, aber viele Prozesse und Produkte betreut,
hat man gelernt, möglichst fokussiertes Projektmanagement
zu betreiben, um sich nicht zu verzetteln.
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
17
8
Hessen International
Kooperationsmöglichkeiten mit
europäischen Partnern
Durch Technologie-Kooperationen können Unternehmen Innovationssprünge erzielen und neue
Marktfelder erschließen. Das Enterprise Europe
Network (EEN) bietet verschiedene Wege, um
Technologien international zu vermarkten und innovative Technologien zu finden. Aktuell befinden sich über 1.100 Partnergesuche in der Datenbank des Netzwerks, zum Beispiel:
Entwicklung von Multi-Biomarker Bluttests
zur Krebsdiagnostik
EEN-2010-4-1
■ Nicole Jansen
Enterprise Europe Network
Hessen
HA Hessen Agentur GmbH
Tel.: 0611 / 774-8633
E-Mail: nicole.jansen@
hessen-agentur.de
Ein israelisches Diagnostik-Unternehmen will einen Bluttest zur Früherkennung, Prognose und Beobachtung von
Krebserkrankungen entwickeln. Dieser Test soll auf
neuen Tumorbiomarkern basieren. Das Unternehmen sucht dazu industrielle Partner aus dem Bereich
In-Vitro-Diagnostik oder klinische und akademische
Institutionen, die Expertise in der Krebsdiagnostik
und bei der Entwicklung von Biomarkern haben.
Technologie für eine frühe, nicht-invasive
Bestimmung von Herzerkrankungen
EEN-2010-4-3
Ein britisches Unternehmen hat eine
neue Technologie entwickelt, mit der
frühzeitig und nicht-invasiv Herzerkrankungen bestimmt werden können: Eine neuartige
Analyse von Elektrokardiografie-Signalen liefert qualitativ hochwertige, dreidimensionale Bilder aus
Messwerten, die normalerweise im Grundrauschen
verschwinden würden. Die Werte werden nur an den
Hand- und Fußgelenken abgenommen. Dadurch
können die Patienten einfach und vollständig bekleidet untersucht werden. Das Unternehmen sucht
Medizinproduktehersteller zur Lizensierung der Technologie.
Interessenten, die das vollständige Profil der oben
genannten Angebote wünschen oder mit den Anbietern Kontakt aufnehmen möchten, wenden sich
an Nicole Jansen vom EEN Hessen. Weitere Technologieprofile finden Sie unter www.een-hessen.de/
153.0.html.
Wachstum durch Internationalisierung
Internationale Messen in 2011
Messe
Ort
Termin
Branchenschwerpunkte
Arab Health
Dubai, Vereinigte
Arabische Emirate
Mumbai, Indien
24. – 27.01.2011
Der Erfolg vieler hessischer Unterneh-
Dubai, Vereinigte
Arabische Emirate
New Delhi, Indien
07. – 10.03.2011
Medizintechnik, Gesundheit, Pharmazie,
Dentalmedizin
Chemie, Petrochemie, Biotechnologie,
Pharmazie
Optik, Labortechnik, Biotechnologie,
Wissenschaft und Forschung
Medizintechnik, Gesundheit, Pharmazie
Ho-Chi-Minh-Stadt,
Vietnam
07. – 09.04.2011
Optik, Labortechnik, Biotechnologie,
Wissenschaft und Forschung
sische kleine und mittlere Unternehmen
Almaty, Kasachstan
11. – 13.05.2011
Medizintechnik, Gesundheit, Pharmazie
Medizintechnik besteht dabei die Mög-
Kanton, China
18. – 20.05.2011
Optik, Labortechnik, Biotechnologie,
Wissenschaft und Forschung
lichkeit, von Gruppen- und Einzelförde-
Washington, USA
27. – 30.06.2011
Weitere Informationen zum internatio-
Bangkok, Thailand
14. – 16.09.2011
Optik, Labortechnik, Biotechnologie,
Wissenschaft und Forschung
Medizintechnik, Gesundheit, Pharmazie
Sao Paulo, Brasilien
20. – 22.09.2011
Optik, Labortechnik, Biotechnologie,
Wissenschaft und Forschung
Shanghai, China
Oktober 2011
Medizintechnik, Gesundheit, Pharmazie
Möglichkeit, sich an Gemeinschaftsstän-
CHEMTECH & Pharma WorldExpo
ARAB LAB Conference
MEDICAL FAIR INDIA
Internationale Fachmesse für Diagnostik und Medizintechnik
analytica Vietnam
Internationale Fachmesse für analytische Instrumente,
Biotechnologie, Labortechnik und Dienstleistungen
KIHE
Internationale Medizin- und Dentalmesse
CECIA
China Exhibition & Conference on Instrumental
Analysis & Biotechnology
BIO
Technology Exhibition
MEDICAL FAIR THAILAND
International Hospital, Pharmaceutical & Medical &
Rehabilitation Equipment & Supplies Exhibition
ANALÍTICA Latin America
International Exhibition of Laboratory Technology,
Analysis, Biotechnology and Quality Control
CHINA PHARM
China International Pharmaceutical Industry Exhibition
analytica Anacon India
Internationale Fachmesse für analytische Instrumente,
Biotechnologie, Labortechnik und Dienstleistungen
ZDRAVOOKHRANENIYE
Internationale Fachmesse für das Gesundheitswesen,
Medizintechnik und Arzneimittel
18
23. – 26.02.2011
25. – 27.03.2011
men beruht auf einer stärker werdenden
Exportorientierung. Eine Plattform, um
sich jenseits der Grenzen zu präsentieren, sind internationale Messen. Für hesaus den Bereichen Biotechnologie und
rungen durch das Land zu profitieren.
nalen Messeprogramm Hessen finden
Sie unter www.hessen-agentur.de.
Auch der Bund bietet Unternehmen die
Mumbai, Indien
12. – 14.10.2011
Optik, Labortechnik, Biotechnologie,
Wissenschaft und Forschung
den auf internationalen Messen zu betei-
Moskau, Russland
05. – 09.12.2011
Medizintechnik, Gesundheit, Pharmazie
aus den Bereichen Biotechnologie und
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
ligen. Die Übersicht zeigt eine Auswahl
Medizintechnik für das Jahr 2011.
9
Bio Future
„Gen- und Zelltherapien müssen
kombiniert werden“
Frankfurter Forschungsverbund treibt innovative Behandlungen voran
Die Goethe-Universität Frankfurt, das Frankfurter
Forschungsinstitut Georg-Speyer-Haus, das MaxPlanck-Institut für Herz- und Lungenforschung in
Bad Nauheim, der Blutspendedienst Hessen und
das Paul-Ehrlich-Institut in Langen haben ein
LOEWE-Zentrum für Zell- und Gentherapieforschung gegründet. Der Forschungsverbund wird
im Rahmen der Landesoffensive zur Entwicklung
wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE)
für zunächst drei Jahre mit 16,2 Millionen Euro
gefördert. Über das neue LOEWE-Zentrum sprachen wir mit Professor Andreas Zeiher, Direktor
der Fachklinik für Kardiologie des Universitätsklinikums Frankfurt.
Welche Erfahrungen bringen Sie und Ihre
Partner in das LOEWE-Zentrum für Zell- und
Gentherapieforschung ein?
Das neue LOEWE-Zentrum ist ein ideales Konglomerat von Gruppen, die schon auf dem Gebiet der
Zell- und Gentherapien aktiv sind. In der Hämatoonkologie des Universitätsklinikums Frankfurt wurden
weltweit die ersten gentherapeutischen Studien an
Patienten mit einer Immunabwehrschwäche durchgeführt. Auch die Kinderklinik arbeitet bereits mit
Stammzelltransplantationen und anderen Zelltherapien, etwa mit Immunzellen zur Tumorbekämpfung.
Und wir in der Kardiologie beschäftigen uns schon
seit neun Jahren mit der Stammzellen-Behandlung
von Patienten nach einem großen Herzinfarkt. Das
Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung
in Bad Nauheim wiederum, mit dem wir viel zusammenarbeiten, betreibt Grundlagenforschung mit induzierbaren pluripotenten Stammzellen. Auch der
Blutspendedienst, dessen Leiter volles Mitglied unserer Fakultät ist, ist unverzichtbar für das LOEWEZentrum, weil dort die Zell- und Genpräparate unter
den Bedingungen der Good Manufacturing Practice
hergestellt werden können.
?
Arbeiten Sie auch mit der Biotech- und
Pharmaindustrie zusammen?
Ja, in unsere Kooperation sind drei Biotech-Unternehmen eingebunden, eins davon ist t2cure, das wir
gegründet haben. Außerdem ist Sanofi-Aventis als
Partner dabei. Allerdings wissen wir noch nicht, ob
Pharmakonzerne auf die Zell- und Gentherapie ansprechen. Das ist für die Industrie etwas ganz Neues,
da können nicht einfach Pillen verschickt werden.
?
Stattdessen müssen Zellpräparate mit einer ganz anderen Logistik dahinter hergestellt werden. Hier sind
neue Modelle gefragt, zum Beispiel, dass Blutspendedienste mit Krankenhäusern Verträge zur Aufbereitung
der Zellen schließen. So etwas fädeln wir gerade ein.
Welche Ziele verfolgen Sie sonst noch mit
der Gründung des LOEWE-Zentrums?
Wir hoffen, dass wir damit auch hochkarätige Nachwuchsforscher anziehen. Deswegen haben wir mehrere Professuren ausgeschrieben, eine davon am
Max-Planck-Institut in Bad Nauheim, fünf am Universitätsklinikum Frankfurt und die Hauptprofessur am
Georg-Speyer-Haus, die sich mit induzierbaren
Stammzellen, also mit der Reprogrammierung, befassen wird. Aus dem Georg-Speyer-Haus soll über
das LOEWE-Zentrum ein Leibniz-Institut entstehen.
Von der Leibniz-Gesellschaft gibt es schon positive
Signale.
?
Noch ist keine gentherapeutische Behandlung
zugelassen. Wie sehen Sie die Zukunftschancen?
Unser Ziel ist, die innovativen Therapien bis zur Zulassungsstudie voranzutreiben. Für die Zulassungsstudien selbst müssen dann aber wegen der hohen
Kosten Partner aus der Industrie einspringen. Die
Kombination von Gen- und Zelltherapien ist sicher
die Zukunft schlechthin in der regenerativen Medizin. Wenn man chronisch Kranke mit körpereigenen
Zellen therapieren möchte, sind die Zellen oft funktionsgestört. Von der genetischen Modifikation der
Zellen verspricht man sich daher viel. Bestes Beispiel
ist die Studie an Patienten mit Immunschwäche: Hier
werden Stammzellen aus dem Knochenmark entnommen, mit funktionierenden Genen transfiziert
und dann dem Patienten zurückgegeben.Die regenerative Medizin wird in Zukunft noch an Bedeutung
gewinnen. Und wir sind zuversichtlich, dass wir uns
mit dem LOEWE-Zentrum in den nächsten drei Jahren so aufstellen, dass wir dann, wie man so schön
sagt, Leuchtturmcharakter haben.
Professor Andreas Zeiher
(Foto: Klinikum der GoetheUniversität)
?
Multipotente Stammzellen
nach der Aktivierung eines
Rezeptors: Auch Grundlagenforschung fließt in das neue
LOEWE-Zentrum ein.
(Bild: MPI für Herz- und
Lungenforschung)
Das Interview führte Dr. Uta Neubauer
■
Professor Dr. Andreas Zeiher
Klinikum der Johann-Wolfgang GoetheUniversität, Medizinische Klinik III / Kardiologie
Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main
Tel.: 069 / 6301-5789
E-Mail: Zeiher@em.uni-frankfurt.de
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
19
10
Nachrichten aus der Wirtschaft
Deutscher Gründerpreis für
Professor Ludwig Georg Braun
Fresenius Biotech für Arzneimittel-Innovation
ausgezeichnet
Melsungen / Berlin – Professor Ludwig Georg Braun, Vorstandsvorsitzender der B. Braun Melsungen AG, ist mit dem Deutschen
Gründerpreis 2010 für sein Lebenswerk geehrt worden. Der
Preis wurde von den Partnern stern, Sparkassen, ZDF und Porsche ausgelobt.
Bad Homburg v. d .H – Der trifunktionale Antikörper Removab
von Fresenius Biotech ist mit dem diesjährigen Galenus-vonPergamon-Preis in der Kategorie „Specialist Care“ ausgezeichnet worden. Die Jury würdigte den neuartigen Wirkmechanismus und die medizinische Relevanz in der Indikation maligner
Aszites. Die Preisverleihung unterstreicht den besonderen Stellenwert unter den innovativen Therapeutika in der Onkologie.
Der von der „Springer Medizin Ärzte Zeitung“ gestiftete Galenus-von-Pergamon-Preis honoriert Spitzenforschung und innovative Arzneimittelentwicklungen in Deutschland. Eine unabhängige Jury vergibt den Preis jährlich in den Kategorien
„Primary Care“ sowie „Specialist Care“.
Die Jury ehrte Braun „für seine herausragende unternehmerische
Leistung“. Durch konsequente Internationalisierung und ständige Innovationen habe er das 1839 als Apotheke gegründete
Familienunternehmen zu einem internationalen Marktführer in
Pharma und Medizintechnik entwickelt. Braun habe eine Unternehmenskultur geschaffen, in der Kommunikation im Mittelpunkt
stehe. Die Jury hob auch die Ausbildungskultur des Unternehmens als vorbildlich hervor. Mit dem gleichen Engagement sei
er stets ein geschätzter Ansprechpartner für Wirtschaft und Politik. Nicht zuletzt habe er sich auch für Förderung von Existenzgründern engagiert.
Braun führt das Familienunternehmen in der fünften Generation. Er formte die 3000-Mann-Firma zu einem global aufgestellten Unternehmen mit 123 ausländischen Standorten und
fast 40.000 Mitarbeitern.
■
Dr. Christian Schetter, Geschäftsführer von Fresenius Biotech:
„Die Auszeichnung mit dem Galenus-von-Pergamon-Preis ist
eine große Bestätigung für unsere Arbeit. Derzeit bereiten wir
Studien vor, die die Wirksamkeit des Antikörpers in weiteren Indikationen sowie bei intravenöser Verabreichung untersuchen
sollen.“ Removab ist mit seinem trifunktionalen Wirkprinzip der
erste Antikörper einer neuen Generation.
■
www.fresenius-biotech.de
www.bbraun.de
Neuer Geschäftsführer bei Sanofi-Aventis
Deutschland
DSM und BRAIN kooperieren bei der
biotechnologischen Produktion wasserlöslicher
Vitamine
Zwingenberg / Grenzach-Wyhlen – Die Kooperation mit BRAIN
ermöglicht der DSM Nutritional Products einen im Bereich der
wasserlöslichen Vitaminproduktion umfassenden Zugriff auf die
breite Technologieplattform der BRAIN und erweitert damit die
DSM Ressourcen in diesem Feld. „Der Zugriff auf diese einzigartige Vielfalt an neuartigen Enzymen und mikrobiellen Synthesewegen wird es uns ermöglichen, neue Produktions-Stoffwechselwege zu entwickeln, um so die Vitamin-Produktion noch
effizienter zu gestalten“, erklärt Dr. Hans-Peter Hohmann, Principal Scientist bei DSM Nutritional Products. Wir freuen uns,
dass das Projekt im Rahmen des BioIndustrie2021-Förderprogramms der Bundesregierung über den Cluster Integrierte
Bioindustrie Frankfurt gefördert wird. Dies unterstreicht die wissenschaftliche Qualität des Vorhabens, betonen beide Partner.
In der Kooperation plant die BRAIN vollständig neue Hochleistungsproduzenten zur fermentativen Herstellung von Vitaminen
zu konstruieren.
■
20
www.brain-biotech.de
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
Frankfurt am Main – Professor Jochen Maas ist neuer Geschäftsführer Forschung & Entwicklung der Sanofi-Aventis
Deutschland GmbH. Er tritt damit die Nachfolge von Professor
Werner Kramer an, der nach 25 Jahren im Unternehmen zum
Ende des Jahres ausscheidet.
Jochen Maas ist ein international erfahrener Wissenschaftler
und seit 1992 im Unternehmen tätig. Er arbeitete nach seinem
Arbeitseinstieg in der Forschung & Entwicklung des Bereichs
Pharma der Hoechst AG. Zuletzt war Maas Vice President der
globalen Forschung & Entwicklung der Diabetes Division sowie
Vice President F&E Europa von sanofi-aventis. Als Professor an
der Technischen Universität Gießen-Friedberg gibt er zudem
Vorlesungen in Pharmakokinetik und Arzneimittelverabreichung.
■
www.sanofi-aventis.de
11
Nachrichten aus der Wissenschaft
Ivan Dikic erhält Deutschen Krebspreis 2010
Frankfurt am Main – Professor Ivan Dikic, Direktor des Instituts
für Biochemie II sowie des Instituts für Molecular Life Sciences
an der Universität Frankfurt, erhielt für seine herausragenden
Arbeiten zur Rolle von Ubiquitin bei der Entstehung von Krebs
den Deutschen Krebspreis 2010. Den mit 22.500 Euro dotierten
Preis teilen sich drei Wissenschaftler aus drei Bereichen Grundlagenforschung, translationale Medizin und Klinik. Dikic hat
durch mehrere wegweisende Entdeckungen das Verständnis
von den molekularen Abläufen der Ubiquitin-basierten Signaltransduktion in der Zelle geprägt, deren Relevanz für krebserzeugende Prozesse demonstriert und die Grundlage für die
Entwicklung neuer therapeutischer Wirkstoffe gelegt. Einen Teil
des Preisgeldes (2.000 Euro) will Dikic an eine Organisation in
seinem Heimatland Kroatien spenden, die Ferienlager für Kinder nach und während einer Krebstherapie veranstaltet.
■
www.uni-frankfurt.de
„2013 Ziel“ – Wissenschaftler verabschieden
Resolution zur biologischen Vielfalt in Europa
Gießen – Über 500 Wissenschaftler aus 34 Nationen haben auf
der Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie Deutschlands,
Österreichs und der Schweiz (GfÖ) in Gießen über die Zukunft
der biologischen Vielfalt diskutiert. Professor Volkmar Wolters,
Gastgeber der Tagung und Präsident der GfÖ zeigte sich besorgt darüber, dass das von den Unterzeichnerstaaten der Biodiversitätskonvention verabschiedete 2010-Ziel für die Biodiversität nicht erreicht wurde. Es sei nicht gelungen, die Zerstörung der Biodiversität entscheidend aufzuhalten. Im Gegenteil:
Ökosysteme, Arten und genetische Informationen gingen immer rascher verloren, in Europa meist durch nicht nachhaltige
Landnutzung. Nach Überzeugung der Wissenschaftler bietet
die Verabschiedung des nächsten Haushalts der Europäischen
Union 2013 eine große Chance für ein Umsteuern der Politik
zum Nutzen der biologischen Vielfalt. Insbesondere weil der
neue Haushalt eine umfassende Agrarreform beinhalten soll,
welche die Biodiversität Europas langfristig beeinflussen wird.
■
www.gfoe-giessen-2010.de
Algorithmus entschlüsselt Gene
Kassel – Genetisch bedingte Krankheiten leichter identifizieren –
das ermöglichen erste Ergebnisse des Forschungsprojekts
Model Checking Unleashed, das Martin Lange, Juniorprofessor
für Theoretische Informatik an der Universität Kassel leitet. Für
die Bioinformatik entwickelten Lange und sein Team einen
Suchalgorithmus, der beim Vergleich von DNA verschiedener
Individuen gemeinsame Sequenzen besser findet.
Somit wird ein Rückschluss auf genetisch bedingte Krankheiten
erleichtert. Für sein Forschungsvorhaben bewilligte ihm die
Europäische Forschungskommission für fünf Jahre ein Fördergeld von rund 1,36 Millionen Euro im Rahmen des Programms
„Starting Independent Researcher Grants“. Ziel des Forschungsprojekts ist die in den 1980er Jahren entwickelte Technik Model
Checking auf neue Problemfelder zu übertragen und für verschiedene Gebiete der Informatik nutzbar zu machen. Model
Checking bezeichnet ein vollautomatisches Verfahren, bei dem
ein spezifischer Algorithmus überprüft, ob ein Computerprogramm sich korrekt ausführt. Lange konnte aufzeigen, wie solche Model-Checking-Algorithmen auf typische Problemstellungen der Informatik angewandt werden können.
■
www.uni-kassel.de
Der Wirkung von Placebos auf der Spur
Marburg – Professor Winfried Rief ist
Sprecher einer neuen Forschungsgruppe, die Placebo- und NoceboEffekte untersucht. Das hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft entschieden, die das Vorhaben finanziell
fördert. Unter dem Titel „Erwartun- Der Marburger Psychologe
gen und Konditionierung als Basis- Professor Dr. Winfried Rief
prozesse der Placebo- und Nocebo- leitet die neuen Forschungsgruppe zu Placebo- und
Reaktion: Von der Neurobiologie zur Nocebo-Effekten. (Quelle:
klinischen Anwendung“ geht es um Pressestelle der PhilippsUniversität Marburg)
neurobiologische und neuropsychologische Mechanismen, denen Nebenwirkungen zugrunde liegen, für die es keine erkennbare medizinische Ursache gibt. Das
Forscherteam will diese Mechanismen analysieren und das resultierende Wissen über die Phänomene gezielt nutzen, um
therapeutische Wirkungen zu unterstützen und Nebenwirkungen zu verringern. Hierfür erhalten die Wissenschaftler circa
zwei Millionen Euro in drei Jahren. In Marburg werden diese
Mittel auch für ein Kooperationsprojekt mit der Herzchirurgie
eingesetzt, das unter der Leitung von Professor Rainer Moosdorf steht.
■
www.uni-marburg.de
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
21
Durchbruch in der Adipositas-Forschung
Starrer Riegel hält Proteine in Form
Gießen – Adipositas ist eine Gesundheitsstörung, die durch eine
Vielzahl von Faktoren ausgelöst wird. Neben zu hoher Kalorienaufnahme spielen auch genetische Komponenten eine Rolle.
Die Arbeitsgruppe um Professor Thomas Walther am Excellence
Cluster Cardio-Pulmonary System der Universität Gießen mit
Dr. Wolf Siems vom FMP in Berlin zeigen, dass das Enzym Neprilysin (NEP) eine herausragende Rolle in der Regulation der
Nahrungsaufnahme und Fetteinlagerung spielt.
Marburg – Marburger Chemiker
haben ein Aminosäure-Imitat für
die Synthese künstlicher Proteine
hergestellt, deren räumliche Gestalt sich präzise vorhersagen
lässt. Proteine bestehen aus Ket- Scharfe Kurve: Wie das Bänderten von Aminosäuren. In der Na- modell zeigt (links), zwingt die
tur finden 20 Aminosäure-Typen künstliche Aminosäure Hot=Tap
(Mitte) das Protein (grau) in die
Verwendung. Künstlich herge- Form einer Schleife. Rechts das
stellte Formen könnten jedoch Ergebnis der Kristallstruktur-Untersuchung. (Quelle: AG Essen/
zu Proteinen mit speziell er- Philipps-Universität Marburg)
wünschten Eigenschaften führen. Eine von Professor Armin Geyer und seinen Kollegen beschriebene Verbindung geht Wechselwirkungen mit benachbarten Strukturen innerhalb des Proteins ein, in das sie eingebaut wird, und bestimmt damit dessen dreidimensionale Form.
Die Forscher beobachteten bei Mäusen, denen NEP komplett
fehlt, eine erhöhte Nahrungsaufnahme und einen Anstieg des
Körpergewichtes durch Fetteinlagerungen. Das Phänomen
konnte auch bei Labormäusen festgestellt werden, denen der
synthetische NEP-Hemmer Candoxatril ins Trinkwasser gegeben wurde. Aus diesem Ergebnis kann geschlossen werden,
dass die genetische und pharmakologische Inaktivierung der
NEP zu einem Anstieg der Körperfettmenge führt. Das Adipositasmodell ist ein neuartiger Ansatzpunkt zur Untersuchung
der molekularen Mechanismen, die zur Entstehung und zum
Voranschreiten der Adipositas beitragen.
■
www.uni-giessen.de
Wie Eisen zum Eiweiß findet
Gießen – Eisen ist ein unverzichtbarer Bestandteil vieler lebenswichtiger Verbindungen. So sorgt es im Hämoglobin dafür, dass
Sauerstoff gebunden werden kann. Bislang wusste man nicht,
wie Eisen innerhalb der
Zelle dorthin transportiert wird, wo es benötigt
wird. Die Wissenschaftler
um Professor Robert Lill
und Dr. Ulrich Mühlenhoff
von der Universität Marburg konnten anhand von
Zellforscher Professor Dr. Roland Lill
(links) und Privatdozent Dr. Ulrich
Untersuchungen an HefeMühlenhoff (Quelle: Philipps-Universizellen feststellen, dass
tät Marburg/AG Lill)
die Glutaredoxine 3 und
4 (Grx3/4) eine entscheidende Rolle für den Transport von Eisen
zu dessen eigentlichem Zielort in der Zelle spielen. So sind die
Hefezellen nicht in der Lage, eisenhaltige Proteine herzustellen,
wenn das Enzym Grx3/4 ausgeschaltet wird. Die Transportfunktion von Grx3/4 beruht auf einem Eisen-Schwefel-Zentrum, wie
die Zellforscher belegen konnten. Die zentrale Bedeutung von
Grx3/4 für den innerzellulären Eisentransport könnte erklären,
warum diese Proteinfamilie bei allen Organismen mit echtem
Zellkern vorkommt.
■
www.uni-giessen.de
Die Wissenschaftler nahmen sich ein synthetisches MinimalProtein vor und ersetzten zwei seiner herkömmlichen Aminosäuren durch ein Imitat, das die Gestalt einer Haarnadelkurve
hat. Das Imitat hält die benachbarten Aminosäureketten in einer vorhersagbaren Form fest. Als stabile Oberflächenstrukturen können sie ganz bestimmte Antikörper binden, vergleichbar einem Schlüssel, der nur in ein Schloss passt. Während ein
Protein normal seine Gestalt ändern kann wie ein Gummiball,
sorgt das Imitat für eine feste Form – Voraussetzung für spezifische Interaktionen, wie sie von Präparaten erwartet wird, die
keine unerwünschten Nebenwirkungen hervorrufen. Für planbare Architekturen von Aminosäureketten besteht großer Bedarf. Die Wissenschaftler haben sich zuerst die AlzheimerKrankheit vorgenommen.
■
Duales Studium für künftige Fach- und
Führungskräfte – Kriterienkatalog
Wiesbaden – Für Studiengänge unter der Marke „Duales Studium Hessen“ gelten künftig feste Anforderungen. So sind der
Wechsel zwischen Studien- und Praxisphasen und die Inhalte
der Praxisphasen in Grundzügen in einem Vertrag zwischen
Hochschule und Bildungsanbieter festzuhalten. Zudem muss
der Praxisanteil mindestens 30 Prozent der gesamten Ausbildungs- und Studiendauer ausmachen. Eine entsprechende Deklaration haben Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann,
Wirtschaftsminister Dieter Posch und die Anbieter dualer Studiengänge unterschrieben.
Posch lobte die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft
und Landesregierung; dies habe der Kombination aus praktischer Berufsausbildung und wissenschaftlichem Studium zum
Durchbruch verholfen.
■
22
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
www.uni-marburg.de
www.hessen.de
FAX 0611 / 774-8620
>
Einfach kopieren oder ausschneiden und per FAX senden an:
HA Hessen Agentur GmbH • Aktionslinie Hessen-Biotech
Hessen-Biotech NEWS:
Bitte schicken Sie mir die zukünftigen Ausgaben
der Hessen-Biotech NEWS (kostenlos).
per Post
per E-Mail (pdf-Datei)
BESTELLUNG
Beratung und Service:
Wir interessieren uns für Informationen zu folgenden
Themen und bitten um Kontaktaufnahme:
Projektförderung
Beratung zu europäischen Förderprogrammen
Möglichkeiten zur Beteiligung an Messe-Gemeinschaftsständen
Publikationen der Aktionslinie Hessen-Biotech:
Bitte senden Sie mir die Broschüre (kostenlos):
Ansprechpartner
„Hessen – Gateway to Clinical Research in Europe“
Firma/Institution
„Hessen – das Tor zum europäischen Diagnostikmarkt“
„Nanomedizin – Innovationspotenziale in Hessen“
Straße
„Medizintechnik in Hessen – Strukturen und Potenziale”
„Aktionslinie Hessen-Biotech“
PLZ/Ort
„Biotechnologie-Standort Hessen: Facts & Figures“
„Chemical Parks in Hessen“
Telefon
„Industrielle Biotechnologie in Hessen“
„Raum für Innovation – Biotechnologiestandort Hessen“
E-Mail
✁
...........................................................................................................................................
12
Biotechnologie im Alltag
Jeans: Stonewashed mit Enzymen
Fast zwei Milliarden Jeans gehen jährlich über den Ladentisch, viele davon mit dem beliebten Stonewashed-Effekt.
Zum Glück lässt sich der verwaschene Look heute mit Enzymen statt mit Steinen erreichen. Das schont die Umwelt und
schützt das Gewebe.
Als Stonewashed-Jeans Anfang der 1980er-Jahre
in Mode kamen, wurden sie ihrem Namen noch
gerecht. Durch Waschen mit Bimssteinen sahen
sie wie getragen aus. Eine neue Mode war geboren, doch umweltfreundlich war der Prozess nicht.
Die Stonewashed-Hosen mussten anschließend
mit viel Wasser gespült werden, um den Steinstaub zu entfernen. Pro Hose fiel mehr als ein halbes Kilogramm Steinabrieb an, der teuer entsorgt
werden musste. Außerdem litten die IndustrieWaschmaschinen unter der Steinwäsche. Auch der Jeans-Stoff
wurde durch den Prozess geschädigt, denn die Steine rieben
das gefärbte Gewebe ab, bis die helle Baumwollfaser zu sehen
war. Prozesse mit chemischen Bleichmitteln sind keine Alternative, da dabei umweltbedenkliche Abwässer anfallen.
Dank der modernen Biotechnologie gibt es StonewashedJeans heute ohne all diese Nachteile. Um das abgenutzte Aussehen zu erreichen, werden mittlerweile Cellulasen und Laccasen eingesetzt. Das sind Enzyme, die den Jeans-Stoff schonend
und umweltfreundlich bleichen, bei Bedarf auch nur an bestimmten Stellen. Cellulasen bauen Cellulose zum Zucker Glucose ab. Beim Jeansbleichen greifen sie die Cellulose der
Baumwolle an und zersetzen so die gefärbte äußere Faserschicht. Laccasen sind kupferhaltige Enzyme, die in vielen Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen vorkommen. Sie sind noch
sanfter zu den Jeans, da sie den Indigo-Farbstoff durch Oxidation entfärben und das Gewebe dabei überhaupt nicht schädigen. Die Jeans sehen dann zwar getragen aus, halten aber so
lange wie neue, unbehandelte Jeans.
Geringe Mengen an Enzymen erzielen dabei dieselbe Wirkung
wie mehrere Kilogramm Steine. Für die Hersteller hat das auch
den Vorteil, dass sie viel mehr Jeans auf einmal bleichen können. Der enzymatische Prozess spart außerdem Zeit, Abfall und
Kosten.
Dr. Uta Neubauer
Hessen-Biotech NEWS 4/2010
23
Veranstaltungen/Termine
18. – 19. Januar 2011
Frankfurt am Main
Systems Biology: Between Science and Application
■
www.dechema.de
22. – 23. Februar 2011
Frankfurt am Main
Healthcaretag 2011
■
Die Aktionslinie Hessen-Biotech ist eine Maßnahme des
www.healthcaretag.de
23. – 25. Februar 2011
Amsterdam
Industrial Biotech World
■
www.terrapinn.com/2011/industrial-biotech-world-europe/
24. Februar 2011
Frankfurt am Main
Mechanische Flüssigkeitsabtrennung in der Biotechnologie
■
www.dechema.de
24. Februar 2011
Gießen
NanoSurface – Nanotechnologie für Mensch, Ernährung
und Umwelt
■
www.hessen-nanotech.de
Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und
Landesentwicklung
Jens Krüger
Kaiser-Friedrich-Ring 75
D-65189 Wiesbaden
Telefon: 0611/815-2493, Fax: 0611/815-492493
E-Mail: jens.krueger@hmwvl.hessen.de
Internet: www.wirtschaft.hessen.de
Projektträger ist die
HA Hessen Agentur GmbH
Dr. Thomas Niemann (Projektleiter), Miriam Schroer
Abraham-Lincoln-Straße 38–42
D-65189 Wiesbaden
Tel.: 0611/774-8610, Fax: -8620
E-Mail:
thomas.niemann@hessen-agentur.de
miriam.schroer@hessen-agentur.de
Internet: www.hessen-biotech.de
www.hessen-agentur.de
Impressum
14. – 15. März 2011
Marburg
Fachsymposium Synthetische Mikrobiologie
■
www.hessen-biotech.de
23. – 24. März 2011
München
Internationaler Kongress mit Ausstellung „Forum Life Sciences“
■
Toronto (Canada)
World Congress on Industrial Biotechnology and
Bioprocessing
■
www.bio.org/worldcongress/
27. – 30. Juni 2011
Washington (USA)
BIO International Convention
■
Düsseldorf
Hessischer Gemeinschaftsstand auf der Medica 2011
■
Foto
Titelbild: BASF
Druck
Werbedruck GmbH Horst Schreckhase
Dörnbach 22, 34286 Spangenberg
Erscheinungsweise
4-mal pro Jahr (kostenlos)
Auflage
2.800 Exemplare
convention.bio.org
16. – 19. November 2011
Redaktion
Miriam Schroer, HA Hessen Agentur GmbH
Gestaltung
Piva & Piva, Studio für visuelles Design, Darmstadt
www.bayern-innovativ.de
08. – 11. Mai 2011
Herausgeber
Aktionslinie Hessen-Biotech
HA Hessen Agentur GmbH
Abraham-Lincoln-Str. 38–42
D-65189 Wiesbaden
www.hessen-biotech.de
Newsletter-Abonnement
www.hessen-biotech.de
Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, die Genauigkeit und die Vollständigkeit der Angaben
sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter. Die in der
Veröffentlichung geäußerten Ansichten und Meinungen
müssen nicht mit der Meinung des Herausgebers übereinstimmen.
Hessen-Biotech wünscht
frohe Weihnachten und
ein erfolgreiches Jahr 2011.
24
Hessen-Biotech NEWS 4/2010