Erfahrungsbericht: Auslandsemester an der Warsaw School of
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Erfahrungsbericht: Auslandsemester an der Warsaw School of
Erfahrungsbericht: Auslandsemester an der Warsaw School of Economics in Warschau / Polen Philipp Berkel berkel.philipp@googlemail.com Heimathochschule : DHBW Stuttgart Studiengang : International Business Studienzeitraum: 2010-13 Gasthochschule: Warsaw School of Economics (http://www.sgh.waw.pl/index_en.html) Aufenthaltszeitpunkt: 4. Semester / Februar bis Juni 2012 „Die beste Entscheidung meines Studiums!“ Vorbereitung Wo soll es hingehen? Zwischen Faktoren wie Qualität der Hochschule, neue Erfahrungen sammeln, fremde Kultur kennen lernen, langfristig wertvolle Kontakte und Verbindungen aufbauen, Spaß haben, möglichst keine Schulden machen und noch einigen anderen, bin ich zu dem Entschluss gekommen mein Auslandssemester in Warschau (Polen) zu verbringen. Mit Hilfe des DHBW Auslandsamts war der Papierkram leicht erledigt und eine Vorauswahl der Kurse wurde im Learning Agreement fixiert. Man sollte sich auf einige erstaunte Blicke einstellen, wenn man Freunden und Bekannten erklärt, wo den die große Reise zum Auslandssemester hingeht. Ich bin mittlerweile froh, dass mich diese Reaktionen nicht abgeschreckt haben. Nachdem der Papierkram erledigt war, musste erstmal nur eine Wohnung her. Ich habe etwa zwei Monate vor meiner Ankunft bereits ein Zimmer in einer WG angemietet, was ich niemandem empfehlen kann. Umso kurzfristiger man sich was sucht, desto besser sind meist die Angebote. Klingt zwar komisch, ist aber so. Auch mit dem Studentenwohnheim sollte man sich mal auseinandersetzen. In einem der Wohnheime, „Sabinki“, ist immer was los. Es gab in meinem Semester eine oder zwei Personen, für die das belebte Wohnheimleben zu viel war, so dass sie dann schnell wieder ausgezogen sind. Alle anderen haben die niedrige Miete (ca. 100 €), viele Partys, Grillsessions, Unmengen an Gesellschaft usw. sehr genossen. Ich war jede Woche vielfach im Sabinki und habe zum schlafen meine ruhigere WG gehabt. Bereits vor der Ankunft wird das Erasmus Student Network (ESN) (studentischer Verein) auf einen zukommen und einen mit wichtigen Infos, sowie einer Einladung für die Facebook Gruppe versorgen. Die Leute vom ESN organisieren während des kompletten Semesters Veranstaltungen aller Art. Partys, Sport, Kultur, Wochendausflüge, Fussballstadion, Fundraisers u.v.m.. Man bekommt von ESN auch einen Buddy zugeteilt, der für Fragen und Hilfe vor und während der ersten Woche bereit steht. Zuletzt kauft man sich dann noch ein Zugticket für den sehr empfehlenswerten Nachtzug oder nimmt schnell den Flieger. Aus der Kurswahl sollte man vor der Anreiße auf keinen Fall eine Wissenschaft machen. In den ersten zwei Wochen des Semesters kann man alle Kurse die einen interessieren besuchen und danach seine finale Wahl treffen. Es hat sich bei jedem den ich kenne noch sehr viel verändert, deshalb sollte man vor dieser „Einführungsphase“ das Thema nicht zu ernst nehmen. Los gehts. Die ersten Tage In der Regel sollte man von seinem Buddy oder irgendwem von ESN am Flughafen oder Bahnhof abgeholt werden, so dass man erstmal leicht seinen Weg zur Wohnung und Uni findet. Am ersten Tag der Einführungsveranstaltung kriegt man auch direkt eine Sim-Karte, so dass man dann auch weiterhin seinen Buddy wegen jedem Gedankenblitz nerven kann. Es gibt nur eine U-Bahn Linie in der Stadt, was die Orientierung leichter macht. Die alten Leute sprechen oft weder Englisch noch Deutsch, aber wenn man sich ein wenig nach jungen ordentlich gekleideten Leuten umschaut, findet man schnell einen Englishsprecher der einem sehr gerne hilft. Während der Einführungsveranstaltungen kriegt man dann noch die ganzen kleinen Details fürs tägliche Leben mitgegeben. Stadtplan, kulturelle Besonderheiten u.s.w. Das Studium Das Studium, zumindest in meinem Fall, ging mit drei Tagen Einführungsveranstaltungen los (Mi-Fr). Diese sind ganz nett, aber auf keinen Fall notwendig, wenn man die Semesterunterlagen einmal ordentlich durchliest. Das oben schon erwähnte ESN Team hat die Einführungswoche bereits am Montag mit dem Motto „7 Days, 7 Nights, 7 Parties“ gestartet. Wenn man hierfür bereit ist, kennt man nach der ersten Woche schon genug Leute, damit einem niemals langweilig wird. Aber auch tagsüber gibt es in der Einführungswoche neben Infoveranstaltungen zum Semester auch interkulturelle Workshops zum kennenlernen. Nach der Einführungswoche geht die „Einführungszeit“ los. Zwei Wochen hat man Zeit um alle interessanten Kurse auszuprobieren und entsprechend zu wählen. Das International Office rund um Ewa Zurawek ist dabei immer sehr hilfbereit. Auch wenn es offiziell abgelehnt wird, sollte man bei Bedarf darum bitten Master-Kurse zu belegen. Das wird zwar zuerst abgelehnt, aber mit ein wenig Argumentation doch zugelassen und kann für ein sauberes Learning Agreement oder eine spannende akademische Erfahrung sehr hilfreich sein. Der Alltag Das Studium ist im Vergleich zur DHBW weniger Vorlesungsintensiv, erwartet allerdings dafür ein wenig mehr Selbststudium und ein paar Prüfungsleistungen (Homework, Paper, Presentation) während des Semesters. Die Gesamtworkload war in meinem Fall bei 27 ECTS um einiges geringer als in Stuttgart. Da ich diese Zeit allerdings zum Teil nutzen konnte, um den gelernten Stoff mal in Ruhe zu reflektieren, war mein Lerneffekt im Rückblick aufs Semester trotzdem weit höher als zu Hause. Die Qualität der Dozenten ist, wie man es auch an allen anderen Universitäten hört, gemischt. Allerdings gab es für mich einige herrausragende Professoren, die einen rießigen Spaß an komplizierten Themen in mir geweckt haben. Man bedenke, die Warsaw School of Economics ist die beste Business School in Polen und eine der drei besten im mittelosteuropäischen Raum. Viele Professoren sitzen in den Aufsichtsräten von Polens größten Unternehmen, beraten die örtliche, nationale, sowie europäische Politik, haben Gastprofessuren in Harvard und Oxbridge oder schreiben Bestseller für die ökonomische Literatur. Wenn man sieht, wie diese Leute arbeiten und was sie erreicht haben, kann man leicht Motivation für sein eigenes Studium daraus ziehen. Die englischsprachigen Vorlesungen sind meist nur zur Hälfte mit polnischen Studenten besetzt. Dies schafft immer wieder spannende Diskussionen, wenn fünf oder zehn verschiedene Nationen anwesend sind und ihre Erfahrungen zu einem Thema austauschen. Besonders die Euro-Schulden-Debatte mit ein paar Mädels aus Athen war sehr intensiv. Wie bereits genannt, werden neben den Abschlussklausuren in fast jedem Kurs andere Leistungen (Papers, Presenations, Homework) erwartet. Diese nehmen sehr oft bis zu 50% der Gesamtnote ein. Ob dies besser oder schlechter ist, muss jeder für sich entscheiden. Was die Infrastruktur betrifft, ist die Uni sehr gut eingerichtet. Beamer und PCs in jedem Vorlesungsraum. Umfangreiche und gemütliche Bibliothek, Cafeteria, Schwimmbad, Fitnesscenter, Clubs, Vereine und sogar eine Sauna stehen zur Verfügung. Das Leben Der Alltag in Polen ist sehr flexibel und kann nach eigenen Bedürfnissen angepasst werden. Man kann sich mit anderen internationalen, polnischen oder deutschen Studenten anfreunden. Jeden Abend feiern gehen, oder jedes Wochenende eine andere Stadt bereisen (besonders Busreisen sind sehr günstig). Man kann viel Sport treiben, viel lernen oder auch mal viel schlafen. Neben dem „Must-Do“ in der Uni bleibt genug Zeit auch mal selbst Prioritäten zu setzen. Da die Lebenshaltungskosten in Polen niedriger sind als in Deutschland war es mir möglich ein aktiveres Leben mit weniger Geld als in Stuttgart zu führen. Im Winter ist es schon sehr kalt. Deshalb mussten die ersten Stadtausflüge meist nach 30 Minuten in irgendeinem Café abgebrochen worden. Aber sobald es nach ein paar Wochen wärmer wird und die vielen Parks langsam grün werden, ist Warschau eine wirklich hübsche Stadt. Es ist mit Sicherheit keine wünderschöne Bilderbuchstadt, aber Sie hat spannende Geschichten zu erzählen, wenig Touristen, entsprechend wenig „Touristenfänger“, viele internationale und freundliche Einwohner und vieles vieles mehr zu bieten. Ich kann euch nicht versprechen, dass ihr in Polen glücklich werdet. Aber ich kann euch sagen, dass ich mein Studium in Polen am liebsten weiterführen würde. Ich kann euch sagen, dass viele meiner Erasmus Freunde die ich kennengelernt habe mir gerne dabei Gesellschaft leisten würden. Und ich kann euch sagen, wenn ich Warschau vermisse, dann bin ich in zwei Stunden und 50 € später wieder in meiner neuen zweiten Heimat.