BIS-Monitoring - Universitätsspital Basel

Transcription

BIS-Monitoring - Universitätsspital Basel
Der Bispektrale Index
Sinnvolles Monitoring
oder
unnötiger Luxus?
Vorgelegt von Matthias Klimkait
Gundeldingerstrasse 59
4053 Basel
Klimkait@swissonline.ch
April 2009
Nachdiplomweiterbildung Anästhesie
Departement Anästhesie
Universitätsspital Basel
Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Inhalt:
I.
VORWORT:
III
II.
EINLEITUNG:
1
2.1
2.2
2.3
2.4
1
1
1
2
III.
HAUPTTEIL:
3.1
3.2
3.3
IV.
V.
AUFBAU DER ARBEIT
EINGRENZUNG
METHODIK
ANMERKUNGEN
FRAGESTELLUNG
ALLGEMEINE GRUNDLAGEN
3.2.1 ANÄSTHESIE/NARKOSE
3.2.2 ÜBERWACHUNG DER NARKOSETIEFE
3.2.3 AWARENESS
3.2.4 EEG GRUNDLAGEN
3.2.5 EEG VERÄNDERUNGEN WÄHREND ALLGEMEINANÄSTHESIE
3.2.6 PROZESSIERTE EEG
DER BISPEKTRALE INDEX MONITOR
3.3.1 BIS UND !AWARENESS"
3.3.2 MEDIKAMENTÖSE EINFLÜSSE
3.3.3 BIS UND BEWEGUNGSREAKTIONEN
3.3.4 BESONDERES
3.3.5 ARTEFAKTE:
2
2
3
3
4
5
8
9
10
11
12
15
15
16
16
SCHLUSSTEIL:
17
4.1
4.2
17
17
ZUSAMMENFASSUNG
FAZIT
APPENDIX:
20
5.1
5.2
5.3
20
25
29
GLOSSAR:
LITERATURVERZEICHNIS:
ABBILDUNGSVERZEICHNIS:
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
II
Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
I. Vorwort:
Zahlreiche Parameter stehen uns zur Überwachung wichtiger Vitalfunktionen in der
Anästhesie zur Verfügung. So sind wir schon lange in der Lage Blutdruck,
Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung im Blut zu bestimmen, oder Messwerte durch
invasive Methoden, wie beispielsweise Hirndrucksonden oder Pulmonalarterielle
Katheter, zu erhalten.
Die Wirkung der verschiedenen Anästhetika direkt am Zentralen Nervensystem
(ZNS) zu messen, gelingt hingegen noch immer nicht.
Die Ursachen hierfür sind mannigfaltig und liegen nicht ausschließlich im technischen
Bereich.
Die Wirkungen und Wirkmechanismen der verschiedenen Anästhetika am ZNS sind
variabel, die Interpretation abgeleiteter Parameter (z.B. eines EEG) schwierig und
komplex.
Mit Beginn der Allgemeinanästhesien vor rund 150 Jahren hat sich die Motivation ein
„Narkosemonitoring“ zu etablieren verändert.
Mit Einführung der ersten Mononarkosen galt es Intoxikationen und somit die
schwerwiegendste Komplikation, den Exitus letalis, zu verhindern.
Aus der Zeit nach Einführung von Curare als Muskelrelaxans, in den 40er Jahren des
vergangenen Jahrhunderts, stammen die ersten Berichte unerwünschter
intraoperativer Wachheit und damit die Forderung nach einer sicheren
Quantifizierung der Anästhesietiefe.
In der modernen Medizin spielen neben der Verhinderung einer „awareness“
zunehmend auch ökonomische Aspekte eine Rolle, wie das einsparen (teurer)
Narkotika, verkürzen von Aufwachzeiten und perioperativer Verweildauer.
Nicht mehr aus der Narkose zu erwachen, oder während der Operation wach zu sein
und sich nicht bemerkbar machen zu können, sind häufig geäußerte Ängste von
Patienten vor einer Allgemeinanästhesie.
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
III
Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Darum finden die Diskussionen um „Schlafmonitore“ und „awareness“ auch in
öffentlichen Medien immer wieder Interesse, wie Berichte in der „Neuen Zürcher
Zeitung“ (10. 09.2008) und „SPIEGELONLINE“ (28.07.2008) zeigen.
Überspitzt und als Thriller verarbeitet dient die Thematik als Vorlage für den Kinofilm
„AWAKE“, der 2007 in die Kinos kam.
Mit dem Bispektralen- Index (BIS) der Firma Aspect Medical Systems steht uns ein
Monitor zur Verfügung, der mithilfe prozessierter EEG die Narkosetiefe des Patienten
in einfachen Zahlen angibt. Der Hersteller verspricht mit Einsatz des BIS u. A. die
Inzidenz von „awareness“ zu senken.
Gewählt habe ich dieses Thema weil es eines aus unserem anästhesiologischen
Alltag ist. Der BIS- Monitor ist Bestandteil definierter Standards am USB zur
Verhinderung einer „awareness“ bei Risikopatienten, aber dabei unter Kollegen nicht
ganz unumstritten. Häufig bestehen Unsicherheiten vor allem bezüglich
Zuverlässigkeit und Interpretation des BIS- Index, sowie dessen sinnvollen Einsatz.
Die Abschlussarbeit der Nachdiplomweiterbildung Anästhesie hat zum Ziel, eine
pflegerelevante Fragestellung aus dem Praxisfeld der Anästhesiologie zu bearbeiten
und somit eine Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis herzustellen.
In der vorliegenden Arbeit möchte ich versuchen Arbeitsweise und Funktion des BIS
anhand einer Fragestellung verständlich zu erklären, sowie sinnvolle
Einsatzmöglichkeiten und Limitierungen zu suchen.
Adressat ist hier vor allem in der Anästhesie tätiges Pflegepersonal.
Bedanken möchte ich mich besonders bei Herrn Prof. Strebel und Herrn Kai Monte
für die fachliche Beratung und Durchsicht der Arbeit.
Vor allem aber danke ich meiner Familie für ihre Geduld und motivierende
Unterstützung, die diese Arbeit erst ermöglichte.
Basel den 30. März 2009, Matthias Klimkait
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
IV
Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
II. Einleitung:
2.1
Aufbau der Arbeit
Aus Übersichtlichkeitsgründen wird im Text auf detaillierte Ausführungen bestimmter
Grundlagen und Funktionsprinzipe verzichtet.
Die mit einem * versehenen Begriffe können im Appendix der vorliegenden Arbeit
nachgeschlagen werden.
Im Hauptteil dieser Arbeit geht es, nach Formulierung der Fragestellung, um
allgemeine Grundlagen zur Einführung in den Themenbereich sowie der Definition
wichtiger Begriffe und Zusammenhänge.
Nachfolgend werden die wichtigsten Studien und Untersuchungen vorgestellt, die der
Bearbeitung und dem Verständnis des gewählten Themas dienlich sind.
Eine kurze Zusammenfassung und mein Fazit für die Praxis erfolgt im
Schlusskapitel, wo ich zudem auf Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der
Arbeit eingehe.
2.2
Eingrenzung
Angestellt im Departement Anästhesie des USB obliegt mir vor allem die
Mitbetreuung erwachsener Patienten in der perioperativen Phase, weshalb ich hier
den Hauptfokus gewählt habe. Zudem beschränke ich mich auf den Aspekt der
„awareness“, um den geforderten Rahmen einzuhalten.
2.3
Methodik
Die Abschlussarbeit setzte intensive Literaturrecherche voraus.
Zur Bearbeitung waren vor allem online verfügbare Datenbanken wie „PubMed“ oder
„The Cochrane Collaboration“, und veröffentlichte Arbeiten im Internet hilfreich, die
ich mit der Suchmaschine GOOGLE ausfindig machen konnte. Wichtige Stichwörter
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
bei der Suche waren „anaesthesia awareness“, „bispectral index“, „bispectral index
and anaesthesia“ und „bispectral index and awareness“.
Zudem konnte ich die im Departement Anästhesie und in der Bibliothek des USB
ausliegende Fachliteratur einsehen, sowie die Beratung durch Fachpersonal nutzen.
2.4
Anmerkungen
BIS™ ist ein eingetragener Markenname der Firma Aspect Medical Systems.
Auf eine "weibliche Grammatik" habe ich mit Rücksicht auf die Lesbarkeit verzichtet.
Die Leserinnen bitte ich um Verständnis für dieses Konstrukt.
III. Hauptteil:
3.1
Fragestellung
Folgende Fragestellungen sollen helfen durch das gewählte Thema zu leiten:
•
Eignet sich der Bispektrale- Index bei Patienten in Allgemeinanästhesie
zur Quantifizierung der Narkosetiefe, und damit zur Prävention einer
„awareness“?
•
Welche wichtigen Limitierungen sind beim praktischen Einsatz zu
beachten?
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
3.2
Allgemeine Grundlagen
3.2.1 Anästhesie/Narkose
Die aus dem griechischen abgeleiteten Begriffe Anästhesie (Empfindungslosigkeit)
und Narkose (Lähmung) werden in der Literatur synonym verwendet.
Hossli (1987) formuliert Narkose als „(…) künstlich herbeigeführte, reversible
Änderungen im Nervensystem, die zu einer Ausschaltung des Bewusstseins führen.
Im Gegensatz zum Schlafenden ist der Anästhesierte nicht weckbar“ (Hossli &
Jenny, 1987, S. 94).
Daunderer & Schwender beschreiben „Allgemeinanästhesie (…) als die
Ausschaltung sämtlicher Wahrnehmungsleistungen und Bewusstseinsfunktionen
(…)“ (Der Anästhesist, S. 582, 2004). Diese unterliegen jedoch einer graduellen
Beeinflussung, und nicht dem „Alles- oder- Nichts-Prinzip“.
Als Anatomische Wirkorte nennt Larsen (2004) den zentralen Kortex, das retikuläre
Aktivierungssystem, Thalamus und das Rückenmark.
Eine moderne Allgemeinanästhesie setzt sich aus mehreren Komponenten
zusammen:
•
Amnesie und Ausschaltung des Bewusstseins
•
Analgesie
•
Ausschaltung und Abschwächung somatischer und autonomer Reaktionen auf
schädliche Reize
•
Muskelrelaxierung
Hervorgerufen wird dieser Zustand der Anästhesie durch intravenös und/oder volatil
zugeführte Anästhetika, kombiniert mit Opioiden zur Reflexdämpfung und Analgesie,
sowie gegebenenfalls Muskelrelaxierenden Medikamenten. Anästhetika
unterscheiden sich zum Teil im Wirkmechanismus und -ort.
Zu bedenken ist außerdem, dass Analgetika eine sedierende und Hypnotika unter
Umständen eine analgetische Komponente aufweisen können (Schmidt, Müller &
Bischoff, 2008).
Die Steuerung der Narkose bedarf einer guten Tarierung. Während eine zu
oberflächliche Narkoseführung, z.B. durch sparsamen Einsatz hypnotisch wirksamer
Substanzen, unter anderem die Gefahr einer „awareness“ in sich birgt, besteht bei zu
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
tief geführter Narkose die Gefahr der „Vergiftung“. Bemerkbar machen kann sich dies
durch Kreislaufinstabilität, gerade bei älteren oder multimorbiden Patienten.
In einer Studie mit 1064 erwachsenen Patienten, die sich nicht- kardiochirurgischen
Operationen unterziehen mussten, kamen Monk, Saini, Weldon & Sigl (2005) zu dem
Ergebnis, dass eine kumulativ tiefe Hypnose intraoperativ (BIS- Index <45) einen
wichtigen Kofaktor für eine erhöhte Einjahressterblichkeit darstellt.
3.2.2 Überwachung der Narkosetiefe
Um die Anästhetika individuell an den Patientenbedarf anzupassen dienen uns
Blutdruck, Herzfrequenz, Lakrimation, Schwitzen, Pupillengröße und -reaktion sowie
Bewegungsreaktionen als sogenannte Surrogatparameter.
Insgesamt sind sie aber nur indirekte Messgrößen der Narkosetiefe und unterliegen
dabei unterschiedlichen Einflüssen. So verschleiern z.B. ! - blockierende
Medikamente die Möglichkeit reaktiver Herzfrequenzänderungen auf schmerzhafte
Einflüsse (Schmidt, Müller & Bischoff, 2008).
Interessanterweise korrelieren intraoperative Wachheitserlebnisse häufig nicht mit
Veränderungen der beschriebenen Surrogatparameter, wie Domino, Posner, Caplan
& Cheney (1999) in einer Untersuchung zeigen konnten.
Überlegungen zur systematischen Einschätzung der Anästhesietiefe gibt es schon
lange. Bereits 1920 wurden zur
Überwachung der Äthernarkose von Güdel
die nach ihm benannten Güdelstadien*
eingeführt (siehe Abbildung 1).
Weitere Versuche waren der von Evans
entwickelte PRST- Score∗, der vegetative
Parameter beurteilt, die von Tunstall
eingeführte isolierte Unterarmtechnik* oder
die Beuteilung der Kontraktion des unteren
Ösophagussphinkters*.
Moderne Verfahren zur Quantifizierung der
∗
Abbildung 1: Güdelstadien
Gekennzeichnete Begriffe können im Glossar nachgelesen werden
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Narkosetiefe nutzen in der Regel die Prozessierung von EEG Signalen in
unterschiedlicher Art und Weise.
In der Literatur häufig erwähnt sind neben dem BIS unter anderem der Narkotrend,
Akustisch Evozierte Potentiale, Entropie und der Snap- Index (Lehmann, Thaler &
Boldt, 2001).
3.2.3 Awareness
Definition
„Awareness“, „Explicit recall“ oder „conscious awareness“ bezeichnet in der
Anästhesie die unerwünschte intraoperative Wachheit während Allgemeinanästhesie.
Unterschieden werden muss zwischen impliziter und expliziter Erinnerung, sowie der
gleichzeitig vorhandenen oder fehlenden Schmerzwahrnehmung. Jones (1991) teilte
„awareness“ in fünf Stufen, wie Abbildung 2 zeigt. Das „worst case scenario“, die
explizite Erinnerung mit Scherzwahrnehmung, ist zugleich die seltenste Form der
„awareness“.
Explizit erinnerbare, bewusste Wachheit und
Erleben von Schmerz (Conscious awareness
with explicit recall and with severe pain)
Explizit erinnerbare bewusste Wachheit ohne
Schmerzerlebnis (Conscious awareness with
explicit recall but no complaint of pain)
Bewusste Wachheit mit möglicher impliziter
Erinnerung (Conscious awareness without
explicit recall and possible implicit recall)
Unbewusste Wachheit mit möglicher
Anästhesie Tiefe
impliziter Erinnerung (Subconscious awareness
without explicit recall and possible implicit recall)
Keine Wachheit (No awareness)
Abbildung 2: „awareness“ Klassifizierung nach Jones
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Nur ein kleiner Teil der betroffenen Patienten berichtet von sich aus über
Wachheitserlebnisse bereits im Aufwachraum (Ghoneim, Block, Haffarnan &
Mathews, 2009).
Zur Abschätzung der expliziten Erinnerung werden in der Regel postoperativ in
definierten Zeitabständen standardisierte Interviews durchgeführt.
Die Implizite Wahrnehmung herauszufiltern ist gleichsam schwieriger und benötigt
aufwändigere Testverfahren. Als Beispiel sei die Publikation von Schwender, Kaiser
& Klasing (1994) beschrieben: Während der Operation wurde den Patienten die
Geschichte von Robinson Crusoe und seinem Helfer Freitag über Kopfhörer
vorgespielt.
Postoperativ wurde dann das Reizwort „Freitag“ abgefragt. Als Hinweis auf eine
implizite Erinnerung wurde die Assoziation „Robinson Crusoe“ gewertet.
Folgen dieser expliziten oder impliziten intraoperativen Wahrnehmung können sich in
leichten Beeinträchtigungen des Patientenbefindens äußern, bis hin zum
posttraumatischen Belastungsstörung mit der Notwendigkeit psychologisch oder
psychatrischer Behandlung (Daunderer, et al., 2004).
Risikofaktoren
Größter Risikofaktor ist der Einsatz von Muskelrelaxantien, da hier die Möglichkeit
der spontanen Bewegung des Patienten auf schmerzhafte Stimuli wegfällt, die sonst
als sicheres Zeichen einer zu flachen Narkoseführung gewertet werden könnten.
Als Risikogruppen werden in der Literatur vor allem Konstellationen beschrieben, in
denen mit dem Einsatz hypnotische wirksamer Substanzen gespart werden muss:
•
Bei Sectiones in Allgemeinanästhesie
•
In der Herzchirurgie (vor allem unter kardiopulmonalem Bypass)
•
Bei erheblicher Einschränkung der kardialen Pumpfunktion (z.B. EF
<30 %; cardiac index <2·1 L/min per m2)
•
Bei traumatologischen Eingriffen und Hypovolämie
(Daunderer & Schwender, 2004; Myles, Leslie, McNeil, Forbes & Chan, 2004).
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Einen nicht zu unterschätzenden Risikofaktor für „awareness“ stellt der Anästhesist
selbst da, wie Domino, Posner & Caplan (1999) in einer Untersuchung von 61 Fällen
abgeschlossener Schadensersatzansprüchen in den USA herausfanden.
Medikamentenverwechselungen, paravenöse Verabreichung, falsche Dosierung oder
falsche Etikettierung von Spritzen waren häufig genannte Ursachen, die zu einer
„awareness“ führten.
Inzidenz
In einer Untersuchung zur Patientenzufriedenheit in einem australischem Spital (alle
operativen Disziplinen außer Pädiatrie und Geburtshilfe), konnten Myles, Williams,
Hendrata, Anderson & Weeks (2000) eine „awareness“ Inzidenz von 0,11 %
feststellen, bei einer Population von 10.811 Patienten.
Sebel, Bowdle, Ghoneim, Rampil, Padilla, Gan & Domino (2004) kamen in den USA
zu einem ähnlichen Ergebnis, mit einer Inzidenz von 0.13 %, auf der Basis von
19.575 untersuchten Allgemeinanästhesien.
Aus den gewonnenen Daten rechnen die Autoren mit einer Gesamtzahl von 26.000
„awareness“ Fällen pro Jahr in den USA, was etwa 100 Fällen pro Tag entspricht!
Ein Vergleich mit Untersuchungen anderer Länder zeigte keine signifikanten
geographischen Differenzen.
Erstaunlicherweise kommen Pollard, Coyle, Gilbert & Beck (2007) in einem Review
mit 211.842 Patienten in Allgemeinanästhie zu einem ganz anderen Ergebnis: Sie
konnten in 6 Fällen eine Awareness feststellen, dies entspricht lediglich 0,0068 % der
durchgeführten Anästhesien.
Die von den Autoren aufgestellte Hypothese, es müsse ein deutlicher Unterschied
zwischen „Academic center“ und „community hospital“ bestehen konnte in dieser
Studie nicht bestätigt werden, da auch in dem teilnehmenden Lehrkrankenhaus die
Gesamtinzidenz lediglich bei 0,0095 % lag.
Trotzdem wirkt es eher beunruhigend bedenkt man dass die Studien mit höherer
Inzidenz an Universitäts- und Lehrkrankenhäuser stattfinden.
In den 1970er Jahren war der Anteil an unerwünschter Wachheit während einer
Allgemeinanästhesie deutlich höher als heute. So finden sich in der Literatur
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Angaben von bis zu 9 % solcher Ereignisse bei Herzoperationen, für geburtshilfliche
Operationen werden zwischen 2- 4% angegeben.
Ursächlich dafür sind die damaligen Narkosetechniken anzusehen, so war es z.B.
üblich zur Sectio nach Einleitung mit einem Barbiturat lediglich ein N2O/O2- Gemisch
plus Muskelrelaxans zu verwenden, ohne ein zusätzliches volatiles Anästhetikum
(Ghoneim 2007).
Erheblichen Anteil an der Reduktion von „awareness“ wird der Tatsache
zugeschrieben, dass Sectiones mittlerweile überwiegend in
Regionalanästhesieverfahren durchgeführt werden, aber auch nötigenfalls
durchgeführte Allgemeinanästhesien durch modernere Konzepte ersetzt wurden.
3.2.4 EEG Grundlagen
Kurz nach der ersten EEG Aufzeichnung vom Menschen beschrieb Hans Berger
bereits 1929 intraoperative EEG von Patienten unter Chloroformanästhesie.
Mit der Entwicklung besser steuerbarer Anästhetika fand das EEG ende der 1980er
Jahre wieder Interesse in der Anästhesiologie, nachdem lange Zeit der Einsatz
stagnierte.
Probleme gab es vorrangig aufgrund der geringen Praktikabilität. Intraoperative
Ableitungen waren aufwändig, die Informationen mussten mühsam aus dem EEGPapierstreifen herausgelesen werden und die Unterstützung durch
leistungsschwache Rechenleistung damaliger Computer war gering (Wilhelm, 2007).
Mit dem EEG lassen sich kollektive Potentialschwankungen des Kortex von der
Kopfhaut ableiten, vor allem exzitatorische postsynaptische Potentiale. EEG Wellen
entstehen am Kortex, zum Teil aber auch in tiefer gelegenen Hirnregionen die ihre
Signale dem Kortex „aufzwingen“.
Die Potentialschwankungen variieren in Frequenz und Amplitude (Despopulus &
Silbernagel, 2007).
Aufgezeichnet wird das EEG im Bereich zwischen 10 und 50µV (Zum Vergleich: Ein
EKG Ausschlag hat wenige mV).
Während für die Registrierung des konventionell diagnostischen EEG 12 bis 24
Kanäle gewählt werden, nutzen EEG Monitore im anästhesiologischen Bereich oft
eine reduzierte Kanalanzahl.
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Die Ableitung des Roh EEG erfolgt über Elektroden aus verschiedensten Materialien
(Gold, Stahl, Platin, Zinn, Silber/Silberchlorid) und Form (Einmal Klebe-, Nadel-,
Napfelektroden).
Die Signalqualität hängt im Wesentlichen vom Elektroden/Hautwiderstand ab,
angestrebt werden Werte im Bereich von
5 k".
Ein Analog- Digital- Wandler erfasst die
kontinuierlichen Potentialschwankungen
des EEG und gibt sie zur weiteren
Prozessierung in diskreten Zahlen wieder
(Schultz, Grouven & Bokelmann, 2005).
Abbildung 3: Roh- EEG
In der Anästhesie interessiert uns vor allem
die Frequenz der Schwingungen und Amplitude im EEG, dargestellt in Abbildung 2.
Die Frequenz wird beschrieben als Anzahl der Potentialschwankungen pro Sekunde,
und wird in sogenannte Frequenzbereiche bzw. Frequenzbänder zusammengefasst.
# (alpha)- Wellen dominieren beim gesunden, entspannten, wachen Erwachsenen
mit geschlossenen Augen. Bei Öffnung der Augen kommt es zu einer
Frequenzänderung mit Auftreten von Wellen im ! (Beta)- Bereich. Im Schlaf treten
unterschiedliche Frequenzen auf. Während der REM- Phase ein wach- ähnliches
EEG abgeleitet wird, treten während der Tiefschlafphase langsame $ (delta)- Wellen
auf (Schmidt, et al., 2008).
3.2.5 EEG Veränderungen während Allgemeinanästhesie
Während wie oben beschrieben im Wachzustand eines Erwachsenen #- und !Aktivität im EEG vorherrschen, ändert sich dies durch Zufuhr der meisten
Anästhetika (Ausnahme z.B. Ketamin) wie folgt:
Geringe Anästhetikadosen führen zu einer Desynchronisation im Sinne der
Exzitation. Hier überwiegt ein hochfrequenter ! - Rhythmus.
Mit zunehmender Anästhesietiefe und abnehmender Vigilanz kommt es wieder zu
einer Synchronisation mit Frequenzabnahme, die in einem Auftreten von % (theta)Wellen resultieren, um dann in einen langsamen $ (delta)- Rhythmus überzugehen.
Parallel mit der Frequenzreduktion kommt es zu einer Zunahme der Amplituden im
EEG.
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Bei weiterer Vertiefung der Narkose
kommt es zu den sogenannten „BurstSuppression- Mustern“. Diese sind
charakterisiert durch isoelektrische EEG
Phasen („Suppression“) die durch kurze
Aktivitätsphasen („Bursts“) unterbrochen
sind.
Durch eine weitere Dosissteigerung der
Anästhetika kommt es schließlich zum
kompletten Nulllinien EEG, man spricht
auch von „cortical silence“ (Wilhelm,
2007).
Abbildung 4: EEG unter Anästhesie
3.2.6 Prozessierte EEG
Grundlage prozessierter EEG ist die Fast Fourier Transformation (FFT)*, dargestellt
in Abb. 5. Das Roh- EEG (a) wird mit der FFT in seine einzelnen
Frequenzkomponenten zerlegt (b). Als Resultat der FFT ergibt sich das Power- oder
Leistungsspektrum* (c), welches eine visuelle Erfassung der Frequenzverteilung
erlaubt. Spektrale Eckfrequenz (SEF)*, Medianfrequenz* und Peakfrequenz* dienen
als sogenannte
Monoparameter zur
Beurteilung
intraoperativer EEG,
während die
„compressed spectral
array*“ zeitliche
Veränderungen des
Powerspektrums
darstellt.
Abbildung 5: Fast Fourier Transformation
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Die genannten Monoparameter unterliegen einigen Limitierungen, die von Bruhn
(2003) für die SEF beschrieben wurden, und hier beispielhaft aufgeführt werden. Es
ergeben sich zwei Problemphasen:
Zum einen die Exzitation, bei der es zu einer Zunahme der Frequenz und damit der
SEF kommt, und nicht wie zu erwarten zu einer Abnahme.
„Burst Suppression Muster“ bedingen die zweite Problemphase. Hier liegt das
Problem in den „Bursts“, bei denen es zu einer paradoxen Zunahme der SEF kommt.
Auswirkung dieser Fehlinterpretation können eine weitere Vertiefung der Narkose
sein, obwohl der Patient bereits in der „Burst Suppression“ ist (Bruhn zitiert in
Schmidt & Bischoff, 2005, S44).
3.3
Der Bispektrale Index Monitor
Der seit 1992 kommerziell verfügbare BIS- Monitor leitet seinen Namen von der
mathematischen Methode der Bispektralanalyse* ab. Diese berücksichtigt und
analysiert neben der Frequenzkomponente auch die Phasenbeziehungen im EEG.
Von der „Food and drug administration“ (FDA) ist der BIS Monitor der bisher einzig
zugelassene Monitor zur Messung der Narkosetiefe.
Nach dem „Aspect 1000“ und dem Folgemodell „Aspect- 2000“ ist „BIS VISTA“, mit
der Erweiterungsmöglichkeit „BILATERAL“ zur Beurteilung beider Hemisphären, das
neuste Modell.
Erhältlich ist das Gerät als „Stand alone“ Monitor oder Einschubmodul für
verschiedene Anästhesiesysteme (z.B. Datex Ohmeda, Spacelabs Healthcare,
Draeger).
Die Roh- EEG Aufnahme erfolgt über
spezielle BIS- Elektroden*, z.B. BISQuatro, die nach Reinigung der Haut mit
Alkohol auf der Stirn des Patienten
platziert werden.
Nach einer Digitalisierung des analogen
Signals wird geräteintern, nach
durchlaufen verschiedener Filter und
Artefakterkennungen, der BIS- Index
Abbildung 6: BIS Algorithmus
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
nach einem bestimmten Algorithmus* ermittelt (Abbildung 6).
Der ermittelte Wert wird als dimensionslose
Zahl zwischen 0 und 100 auf dem Monitor
dargestellt, wobei 100 dem wachen
Patienten, 0 einer isoelektrischen
Hirnaktivität entspricht (Abbildung 7).
Neben Informationen zur Signalqualität
Abbildung 8: BIS Algorithmus
lassen sich zudem EMG- Aktivität, Roh- EEG
und andere Parameter, abhängig vom
verwendeten Modell, anzeigen.
Der exakte BIS- Algorithmus wurde bislang
als Firmengeheimnis nicht offengelegt, so
beruhen die Angaben in der Literatur zum
Teil auf Vermutungen.
Abbildung 7: BIS Range
3.3.1 BIS und !awareness"
Gibt man in der Datenbank „PubMed“ die Begriffe „BIS AND Anaesthesia“ ein, erhält
man 1007 Suchergebnisse (Stand: 16.02.2009).
In der Trefferliste finden sich Arbeiten zu den verschiedensten Themenbereichen,
häufig wird der BIS ähnlich wie Herzfrequenz und Blutdruck als Begleit- oder
Vergleichsparameter genutzt.
Trotz dieser großen Anzahl an Publikationen sind nur wenige zur Beantwortung der
eingangs gewählten Fragestellung geeignet.
Hauptproblem in allen Untersuchungen zur Verhinderung von „awareness“ ist die
(mittlerweile) geringe Inzidenz. Um statistisch signifikante Resultate zu erhalten
benötigt man riesige Patientenpopulationen.
Myles, et al. (2004) lösten die Problematik im „B-Aware randomised controlled trial“
indem sie ausschließlich Patienten mit einem „awareness“- Risikoprofil in die Studie
aufnahmen. Zu den Risikofaktoren zählen die Autoren, wie bereits erwähnt, unter
anderem Sectio in Allgemeinanästhesie, „high- risk“ kardiovaskuläre Erkrankungen
und akute Traumata mit Hypovolämie.
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Erstmals wurde in dieser Studie die Inzidenz von „awareness“ bei Patienten in
Allgemeinanästhesie prospektiv untersucht.
Eingeschlossen wurden insgesamt 2463 Patienten, randomisiert in BIS- (1225
Patienten) und Kontrollgruppe (1238 Patienten).
In der BIS- Gruppe wurden intraoperativ BIS- Werte zwischen 40 und 60, für die
Hautnaht zwischen 55 und 70 angestrebt.
In der Kontrollgruppe gab es keine Vorgaben, die Dosierung der Medikamente
erfolgte hier nach Einschätzung des betreuenden Anästhesisten. Insgesamt lag der
Anteil total intravenöser Anästhesien in der BIS- Gruppe bei 43 %, in der
Kontrollgruppe bei 42 %.
Standardisierte Interviews wurden jeweils nach 2- 6 Stunden, am ersten und am 30.
Tag postoperativ durchgeführt.
Während es in der Kontrollgruppe zu 11 Fällen einer „awareness“ kam, konnten in
der BIS- Gruppe lediglich 2 Fälle dokumentiert werden.
Bei einem Patient wurde ein BIS- Wert um 80 während der Einleitung während einer
schwierigen Intubationssituation keine Beachtung geschenkt.
Im zweiten Fall lag der BIS Wert an der Grenze des oberen Zielbereiches, zwischen
55 und 59.
Daten über BIS- Werte während der Wachphasen in der Kontrollgruppe liegen nicht
vor, da das Studiendesign keine Dokumentation „blinder“ BIS- Werte vorsah.
Eine zweite Arbeit auf die sich auch Aspect Medical Systems in ihrer
Produktwerbung gerne bezieht, ist eine in Schweden durchgeführte Vergleichsstudie
von Ekman, Lindholm, Lennmarken & Sandin (2004). Verglichen werden die
Ergebnisse aus einer prospektiven Untersuchung mit denen einer historischen
Studie, die vier Jahre zuvor publiziert wurde.
Das Kollektiv der prospektiven Studienteils umfasst 4945 BIS gesteuerte
Allgemeinanästhesien.
Als Zielbereich wurden auch hier BIS- Wert zwischen 40 - 60 empfohlen.
Standardisierte Interviews erfolgten postoperativ vor Verlassen der „post anaesthesia
care unit“, dann wieder nach 1-3 Tagen und 7-14 Tagen.
Bei zwei Patienten, entsprechend 0,04 %, kam es zu einer „awareness“ während der
Intubation. Die dokumentierten BIS- Werte liegen über dem angegeben Zielwert von
60 (in einem Fall sogar über 70), während einer Dauer von 4 Minuten und länger. Auf
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
der anderen Seite wurden auch andere Patienten herausgefiltert, bei denen
intraoperativ BIS- Werte >60 dokumentiert wurden, ohne Erinnerung für diesen
Zeitraum.
Der Anteil volatiler Anästhesien wird mit 99 % angegeben.
Die historische Untersuchung von Sandin, Enlund, Samuelsson & Lennmarken
(2000) schloss insgesamt 7826 Patienten ein.
Hiervon erlitten 0,18 % der Patienten eine „awareness“, bei einem Anteil volatiler
Narkosen von 80 %.
Verglichen mit der historischen Kontrollgruppe wurde das Auftreten einer
„awareness“ in der BIS- Gruppe um 77 % reduziert.
Auch in einem Review für „The Cochrane Collaboration“ kommen die Autoren zur
„Incidence of intraoperative recall awareness“ zu dem Ergebnis, das aus dem
Einsatz des BIS bei Hochrisikopatienten eine signifikante Reduktion der „awareness“
resultiert (Punjasawadwong, Phongchiewboon & Bunchungmongkol, 2009).
Mit einem Patientenkollektiv von 1941 Patienten unter volatiler Allgemeinanästhesie
veröffentlichten Avidan et al. (2008) eine Studie in „The New England Journal of
Medicine“, die auch unter dem Titel „B-Unaware“ bekannt wurde.
Randomisiert wurde in eine MAC*- und eine BIS- Gruppe, mit jeweils angegebenen
Zielwerten.
In beiden Patientengruppen trat jeweils bei zwei Patienten ein Fall von „awareness“
auf.
Damit ist zwar die Gesamtinzidenz unter BIS- Monitoring geringer als in der Literatur
angegeben, jedoch gilt dies auch für die nach MAC durchgeführten Anästhesien.
Diese Publikation wird allerdings in Fachkreisen sehr kontrovers diskutiert, so
werden unter anderem statistische Ungenauigkeiten, reduzierte Risikofaktoren in der
Population und unübliche Vorgehensweisen bei der Steuerung der Narkosen in der
Kontrollgruppe bemängelt (Kelley, Manberg & Sigl; Myles, Leslie & Forbes; Bo, Li &
Deng, 2008).
Neben den erwähnten Studien finden sich immer wieder publizierte Fallberichte.
Ein Beispiel hierfür ist der „Case report“, bei dem ein Patient postoperativ über
Erinnerungen an das Testen der Sterniotomiesäge und über das Eröffnen des
Thorax bei einer kardiochirurgischen Operation klagte.
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Während der Wachphase liegt ein dokumentierter BIS Wert von 47 vor. 15 Minuten
vor dem Ereignis lag der BIS- Index bei 20 und stieg, 15 nach dem Ereignis, bis auf
70.
Aufgrund von Ungenauigkeiten in der Dokumentation (Abgleich Uhr Operationssaal
vs. BIS Monitor) konnte eine abschließende Bewertung nicht erfolgen (Mychaskiw,
Horowitz, Sachdev & Heath, 2001).
3.3.2 Medikamentöse Einflüsse
Der Bis- Index korreliert gut mit den hypnotischen Eckpunkten der wichtigsten
Hypnotika wie Propofol, Midazolam und Isoflurane (Glass, Bloom, Kearse, Rosow,
Sebel & Manberg, 1997), und der Kombination mit Propofol/ Remifentanil (Bruhn,
Bouillon, Radulescu, Hoeft, Bertaccini & Shafer, 2003).
In älteren Untersuchungen fand man heraus, dass unter Monoanästhesie mit
Ketamin falsch hohe BIS- Werte angegeben werden, die nicht mit dem tatsächlichen
Narkosestadium korrelieren.
Der Einfluss von „Low- Dose Ketamin“ auf den BIS Index wurde in einer neueren
Studie untersucht.
Nach erreichen eines stabilen BIS- Wertes von ca. 40 unter Remifentanil/Propofol
Anästhesie, ohne chirurgische Stimulation, wurde ein Ketaminbolus von 0,2 mg/kg
Körpergewicht oder ein Placebo gegeben. Daraufhin wurden die Veränderungen des
BIS bei insgesamt 30 Patienten untersucht.
Ein signifikanter Unterschied zwischen Placebo- und Ketamingruppe konnte nicht
festgestellt werden. Allerdings bleibt festzuhalten, dass die Untersuchungen ohne
chirurgische Stimuli durchgeführt wurden (Faraoni, Salengros, Engelman, Ickx &
Barvais, 2009).
3.3.3 BIS und Bewegungsreaktionen
Welchen Einfluss die Hypnose auf Reflexbewegungen hat, wurden von Sebel et al.
(1997) in einer Studie an 300 Patienten untersucht.
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Reflexbewegungen aufgrund ungenügender
Analgesie durch den BIS zwar reduziert werden, trotzdem lässt sich eine etwaige
Reaktion nicht sicher voraussagen.
3.3.4 Besonderes
Eine besondere Arbeit stellten Messner, Beese, Romsto, Dinkel & Tschaikowsky
(2003) vor, mit dem Ziel den Einfluss der Muskelaktivität auf den BIS zu zeigen.
Allerdings wurde ein Aspect 1000 genutzt, der im Gegensatz zu den neueren
Versionen wie der XP Plattform, keine EMG Erkennung nutzt.
Im Selbstversuch ließen sich die Autoren wach 2 mg Alcuronium, und zwei Minuten
später 1,5 mg/kg Succinylcholin intravenös injizieren.
Hypnotika oder Sedativa wurden nicht verabreicht! Der nicht- Injektionsarm wurde
durch ein Tourniquet dem Einfluss des Relaxans entzogen, so dass später im Sinne
der isolierten- Unterarmtechnik eine Bewusstseinsüberprüfung stattfinden konnteAlcuronium zeigte keinen Effekt auf das BIS. Nach Injektion von Succinylcholin kam
es nach Faszikulation und Sistieren der spontanen Atmung zu einer Reduktion des
BIS auf Werte bis 33. Mit Einsetzen der Muskelkraft nach 5 Minuten erholte sich
auch der BIS wieder auf stabile Werte um 97.
3.3.5 Artefakte:
Artefakte lassen sich in technische und patientenbezogene unterteilen.
Zu den patientenbezogenen Artefakten gehören Augen-, Lidschlag-, EKG- sowie
Muskelartefakte. Auch EEG Veränderungen aufgrund von Schwitzen, Hämatomen
der Kopfschwarte oder Knochendefekten werden den patientenbezogenen
Artefakten zugerechnet.
Technische Artefakte treten auf durch gerätebedingte Störungen, oder durch externe
elektromagnetische oder elektrostatische Felder.
50-Hz-wechselstromstörungen haben ihren Ursprung in der Stromversorgung, und
können von allen mit dem Patienten angeschlossenen Geräten stammen.
Diagnostik- und Therapiegeräte wie Röntgen oder Elektrokauter können
Hochfrequenzstörungen verursachen.
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Elektrodenartefakte könne patientenbezogen oder technischer Natur sein (Schultz et
al., 2005).
IV. Schlussteil:
4.1
Zusammenfassung
Die Quantifizierung der Allgemeinanästhesie mit allgemein üblichen
Surrogatparametern unterliegt diversen Beschränkungen, z.B. durch Beta- Blockade
oder vasoaktiver Substanzen.
Resultierend aus einer zu flachen Narkose ergibt sich die Gefahr einer
intraoperativen (expliziten oder impliziten) Erinnerung, die mit einer Inzidenz von 0,10,2% in der Literatur angegeben wird, für Risikogruppen durchaus höher.
Wichtige Risikofaktoren sind der Einsatz von Muskelrelaxantien, sowie alle
Allgemeinanästhesien bei denen Hypnotika reduziert eingesetzt werden müssen.
Um „awareness“ bei Risikopatienten zu verhindern, wird am USB unterstützend der
BIS- Monitor eingesetzt.
Der BIS- Index setzt sich aus verschiedenen Parametern zusammen, die aus dem
Roh- EEG des Patienten abgeleitet und nach einem bestimmten Algorithmus
behandelt werden.
Ein isoelektrisches EEG wird mit einer 0 auf dem Monitor wiedergegeben, ein wert
von 100 bei einem wachen Patienten. Während einer Allgemeinanästhesie werden in
der Regel Werte zwischen 40 und 60 angestrebt.
4.2
Fazit
Herausfordernd beim Verfassen der Arbeit war das immense Volumen an
Publikationen, Fallberichten und Artikeln zum BIS. Hier die wichtigsten und
wesentlichen Arbeiten herauszufiltern, fiel mir nicht immer leicht.
Eine weitere Herausforderung war das Erarbeiten der mathematisch- physikalischen
Grundlagen der BIS-Methode. Ein gutes Verständnis hierfür schien mir notwendig für
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
eine adäquate Beurteilung der Methode. Gleiches galt auch für die Themen
„awareness“ und Narkosetiefe, die letztendlich einen Grossteil der Arbeit einnehmen.
Rückblickend auf die eingangs gestellte Frage zur Reduktion einer möglichen
„awareness“ kommen die hier vorgestellten Studien zu einem eindeutigen Ergebnis:
Mit dem BIS lässt sich die Inzidenz bei Risikopatienten signifikant senken (Myles et
al., 2000; Ekman et al., 2004) und das in der Literatur angegebene „normale Risiko“
von 0,1- 0,2% auch für diese Gruppe erzielen).
Ein unkritischer Einsatz hingegen schein nicht sinnvoll, wie auch einem “Practice
Advisory for Intraoperative Awareness and Brain Function Monitoring” der American
Society of Anesthesiologists (2006) zu entnehmen ist.
Empfohlen wird hier den Einzelfall individuell zu prüfen und nach Risikofaktoren zu
beurteilen. Vor allem soll dem Überprüfen des vorhandenen Equipments anhand
Checkliste vor jeder Anästhesie Beachtung geschenkt werden, um
Gerätefehlfunktionen und Mängel als Ursache auszuschließen.
Efficiency
Postulated incidence
50 % Reduction
90 % Reduction
1/100
2.000
1.111
1/500
10.000
5.556
1/1.000
20.000
11.111
1/5.000
100.000
55.556
1/10.000
200.000
111.111
1/20.000
400.000
222.222
Abbildung 8: Cost of Preventing a Single Case of Awareness
Postulated incidence 50 % Reduction
90 % Reduction
1/100
4.071
1.045
1/500
20.470
5.245
1/1.000
40.969
10.495
1/5.000
204.960
52.498
1/10.000
409.949
105.002
1/20.000
819.927
210.009
1/50.000
2.049.860
525.031
Abbildung 9: Sample Size needed to show incidence
Auch eine weitere Untersuchung stellt den unkritischen Einsatz in Frage, und
betrachtet dies auch aus wirtschaftlichem Blickwinkel. Auf Grundlage der „Closed
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Claim Analysis“ und anderen Untersuchungen berechnen die Autoren Kosten und
Aufwand, jeweils abhängig von der veranschlagten „awareness“ Inzidenz.
Im Ergebnis zeigt sich auch hier, dass der Einsatz des BIS bei hohem Risiko effizient
zu sein scheint, bei unüberlegten Einsatz Kosten und Aufwand dafür enorm sind.
In Abbildung 8 und 9 können die jeweils verursachenden Kosten und die benötigte
Population, nach Inzidenz und Effektivität des BIS, nachgeschaut werden.
(Connor, Daves, Tung, Cook, Thisted & Apfelbaum, 2001).
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Zeitpunkt der „awareness“. Häufig findet diese im
BIS freien Intervall statt, während der Einleitung.
(Domino, et al., 1999).
Es gilt: Ein aufmerksamer und wacher Anästhesist ist der beste „awareness“
Schutz!
Wegen seiner Limitierungen ist es wichtig, dass der BIS- Index kritisch als einen von
vielen anderen uns zur Verfügung stehenden Parameter betrachtet werden muss,
und nicht isoliert zur Beurteilung einer optimalen Narkosetiefe gewertet werden darf.
Generell scheinen die üblicherweise verwendeten Hypnotika gut mit hypnotischen
Eckpunkten zu korrelieren, mit wenigen Ausnahmen wie z.B. Ketamin.
Bewegungsreaktionen oder ungenügende Analgesie lassen sich mit dem BIS nicht
voraussagen.
Artefakte durch Wechselstromstörungen, Elektrokauter oder Warm- Air Geräte sind
möglich.
Im Zweifel müssen Roh- EEG oder andere Parameter in die Beurteilung mit
einfließen.
Die neben der Reduktion einer möglichen „awareness“ für den BIS häufig
angegebenen Effekte wie das Einsparen von Narkosemitteln, Verkürzen der
Aufwachzeiten und des perioperativen Aufenthaltes, spielen meiner Meinung im USB
als Ausbildungs- und Lehrspital eine untergeordnete Rolle. In ihrem Review kommen
Punjasawadwong et al. (2009) zu folgenden Ergebnissen: Die Zeit zur Extubation
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
konnte mit BIS um 3,05 Minuten und die Gesamtaufenthaltszeit auf der „post
anaesthesia care unit“ um 6,83 Minuten vermindert werden.
V. Appendix:
5.1
Glossar:
Güdelstadien
Entwickelt 1920 von Guedel:
1. Analgesie, 2. Exzitation, 3. Toleranz (Planum I bis IV), 4. Asphyxie. Diese
Einteilung wurde für die Äthernarkose entwickelt und ist heute aufgrund der
Kombination verschiedener Medikamente zur Anästhesie nicht mehr anwendbar.
PRST-Score
Evans entwickelte den PRST-Score der die Änderung vegetativer Zeichen bewertet.
„Pressure“, „heart Rate“,“Sweating“ und „Tear produktion“ werden mit Punkten von 0
bis 2 bewertet. Ein PRST über 2 Punkten wird als zu flache Narkose bewertet. Die
Bewertung vegetativer Zeichen ist aufgrund verschiedener
Medikamenteninteraktionen und z.B. kardialer Vormedikationen mit Betablockern
nicht zur Bewertung der Narkosetiefe anwendbar.
Isolierte Unterarmtechnik
Die von Tunstall eingeführte „isolierte Unterarmtechnik“ ist ein Verfahren, bei dem
vor Injektion des Muskelrelaxans an dem Nicht- Injektionsarm ein Tourniquet
durchgeführt wird, um die Ausbreitung des Relaxans dort zu verhindern. Intraoperativ
wird der Patient aufgefordert die Hand zu drücken, was bei Erfolg als zu flache
Narkose gewertet wird.
Bis 1990 als Goldstandard zur Überwachung der Narkosetiefe, eignet sie sich heute
dafür nicht mehr. Vor allem durch die Zeitliche Limitierung des Tourniquets, der
Ischämie nach kurzer Zeit (und damit der Bewegungseinschränkung), und aufgrund
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
unkontrollierten Bewegungen des Armes, die nicht mit intraoperativer Wachheit
korrelieren.
MAC
Die MAC (minimale alveoläre Konzentration) eines volatilen Anästhetikums, ist
definiert als der Wert bei dem 50% aller Patienten auf Hautschnitt nicht mehr
reagieren.
Bewegungen des Patienten bedeuten indes nicht, dass er wach ist. Vielmehr ist die
Bewegung eine Reaktion auf Schmerzreiz der durch das Rückenmark gesteuert wird,
wie Versuche am Ziegenmodell durch Antognigni et al zeigten.
Kontraktion des unteren Ösophagussphinkter:
Ein weiterer Versuch bestand in der Messung der spontanen Kontraktion des unteren
Ösophagussphinkters mit einem Manometer, da dieser nicht durch
Muskelrelaxantien, aber dosisabhängig durch Halothan, Isofluran und Propofol
beeinflusst wird.
Fehlplazierungen, Art des Narkotikums sowie Bewegungen und diverse
Medikamente verändern aber das Ergebnis, so dass sich dieses Verfahren nicht
bewährt hat.
Fast- Fourier- Transformation
Die FFT ist ein mathematisches Verfahren, mit dem die zu analysierende EEGEpoche in die einzelnen Frequenzkomponenten zerlegt wird.
Die FFT beruht auf der Annahme, dass die zu analysierende Epoche in Sinus- und
Kosinusschwingungen zerlegt werden kann. Diese besitzen eine bekannte
Wellenlänge, z.B. 0,5 – 30 HZ. Für jede einzelne Wellenlänge kann jetzt die
Übereinstimmungen anhand Korrelationsanalysen überprüft werden, daraus ergibt
sich dann die Kovarianz.
Aus der Summe der Sinus- und Kosinusfunktionen ergibt sich die Information über
Amplitude und Phasenlage der analysierten EEG- Epoche.
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Powerspektrum
Als Resultat der FFT ergibt sich das sogenannte „Powerspektrum“
(Leistungsspektrum), welches eine visuelle Erfassung der Frequenzverteilung des
EEG erlaubt.
Eine Möglichkeit das Powerspektrum in einen Zahlenwert darzustellen gelingt mit der
Berechnung der Fläche des Powerspektrums für die einzelnen Frequenzbänder
(Alpha, Beta, …). Diese kann als absolute Zahl (µV²) angegeben werden, oder
Prozentual (%) in Bezug auf die Gesamtaktivität.
Medianfrequenz
Die Medianfrequenz ist die Frequenz des Powerspektrums, unter der 50 % der
elektrischen Aktivität liegen.
Klinisch eingeführt wurde sie 1980, für chirurgische Eingriffe werden Frequenzen
zwischen 2 und 3 Hz als Zielwert empfohlen.
Spektrale Eckfrequenz (SEF)
Die SEF, 1983 erstmals beschrieben, wird nicht einheitlich in der Literatur
angegeben. Einige Autoren beschreiben sie als die Frequenz, unter der 90 %
(SEF90), andere als die Frequenz unter der 95 % (SEF95) der Gesamtaktivität
liegen.
Hier werden Zielwerte zwischen 8 und 12 Hz für chirurgische Eingriffe angegeben.
Peakfrequenz
Die Peakfrequenz ist die Frequenz mit der größten Power im Powerspektrum.
Compressed spectral arry
Anhand der „compressed spectral array“ ist es möglich, zeitliche Veränderungen des
„Powerspektrums“ visuell darzustellen. Hierfür werden die einzelnen „Powerspektren“
hintereinander dargestellt, und können somit verglichen werden. Hohe Amplituden
können allerdings vorangegangene Powerspektren überdecken.
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Bispektralanalyse
Die Bispektralanalyse ist ein kompliziertes mathematisches System, das hier nur in
seinen Grundlagen kurz skizziert werden kann. Ursprünglich wurde sie von
Geophysikern für den Einsatz in der Ozeanographie und Seismologie entwickelt.
Grundlage der Bispektralanalyse ist das sogenannte Bispektrum.
Hier werden neben der Frequenzkomponente zusätzlich Phasenbeziehungen
analysiert, d.h. inwieweit eine Kopplung der Phasenwinkel verschiedener
Frequenzen besteht (Phasenwinkel vs. Frequenz). Um herauszufinden ob eine
Kopplung der Phasenwinkel besteht, muss eine größere Anzahl EEG- Epochen
untersucht werden. In nur einer Epoche könnte es sich um zufällige
Phasenbeziehungen handeln.
Das Bispektrum ist also sowohl von der Amplitude (Powerspektrum), als auch von
der Phasenkopplung (Phasenspektrum) abhängig.
Die Bikohärenz beschreibt das reine Maß der Phasenkopplung.
BIS Sensoren
Für das BIS System sind zur Ableitung des ROH- EEG spezielle Elektroden
erforderlich, erhältlich als „Semi Reusable Sensor“ (SRS) oder Einmalelektroden in
verschiedenen Ausführungen.
Das EEG wird jeweils über drei Sensoren abgeleitet, wobei die Elektrode Nr. 2 die
Erdungselektrode darstellt.
Bei dem SRS handelt es sich um Klebeelektroden, die mit einem speziellen SRSKabel verbunden werden. Dieses muss alle 100 Anwendungen ausgetauscht werden
(Integrierter Kabel Fallzähler).
Einzelkomponenten sind nicht erhältlich, Kabel und Elektroden werden als Paket
verkauft.
Zu der Gruppe der Einmalelektroden zählen BIS- Standard-, BIS- Quatro-, BISExtend- und die BIS- Pädiatrie Sensoren.
Alle Sensoren nutzen die von Aspect patentierte Silber- /Silberchlorid- Elektroden mit
selbstklebender Zipprep- Technologie und patentgeschütztem Anschluss. Außerdem
sind sie Latex- und PVC frei und können zur Ableitung der rechten oder linken
Hemisphäre genutzt werden.
Mit dem „BIS- Bilateral- Sensor“ lassen sich beide Hemisphären gleichzeitig ableiten,
wenn die Gerätetechnischen Vorraussetzungen gegeben sind.
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
Am USB werden die Quatro Elektroden genutzt, mit 4. Elektrode über der
Augenbraue zur Artefaktdetektierung und verlängertem Ende für die Bauchlage.
BIS Algorithmus
•
Zunächst erfolgen eine Hoch- und Tiefpassfilterung des digitalisierten EEGSignals, und die Einteilung in Epochen von 2 Sekunden.
•
EKG-, Schrittmacher- und Augenbewegungsartefakte werden aufgrund ihrer
spezifischen form durch Kreuzkorrelation mit vorgegebenen Musterformen
erkannt.
•
EKG- und Schrittmacherartefakt werden entfernt und durch Interpolation ersetzt.
•
Augenbewegungsartefakte werden komplett von der weiteren Analyse
ausgeschlossen.
•
Bei wandernder Grundlinie wird ein zusätzlicher Filter eingesetzt, zum Ausschluss
niedriger Frequenzen.
•
Daneben erfolgt noch ein allgemeiner Artefakterkennungsalgorithmus:
Für jede Epoche wird die Varianz des Signals berechnet. Weicht sie deutlich von
der mittleren Varianz der vorherigen Epochen ab, wird diese Epoche jeweils von
der Analyse ausgeschlossen. Trotzdem geht sie in die weiter Berechnung der
mittleren Varianz ein, welche bei weiterer Abweichung eine langsame Anpassung
erfährt.
•
Die korrigierten oder artefaktfreien Epochen werden dann auf „Burst-SupressionMuster“ untersucht, ggf. die „Burst-Supression.-Ratio“ berechnet.
•
Nach dem Einsatz eines speziellen Filters (Blackmann-Fenster) erfolgt die FFT,
und damit die Berechnung eines Bispektralen und Spektralen Subparameters.
•
Nun folgt die Gewichtung dieser Parameter anhand einer bisher nicht
veröffentlichten Formel. Schlussendlich wird daraus der BIS Wert ermittelt.
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
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Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
5.2
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Analgesia, 84, 891-899.
Silbernagel, S., Despopulus, A. (2007). Taschenatlas Physiologie. Stutgart:
Georg Thieme.
Spiegelonline. (28.07.2008). Phänomen Awareness - Patienten erleben Operation
bei vollem Bewusstsein. [Zugriff 15.01.2009 auf
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W. Bruhn, J. & Kreuer, S. (Hrsg.), Überwachung der Narkosetiefe. Grundlagen
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Überwachung der Narkosetiefe. Grundlagen und klinische Praxis. Köln:
Deutscher Ärzteverlag. (Seite 3-4).
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
28
Der Bispektrale Index ! Sinnvolles Monitoring oder unnötiger Luxus?
5.3
Abbildungsverzeichnis:
Titelbild: Quelle: BIS VISTA- Monitorsystem Bedienungsanleitung, 2008.
Abbildung 1: Quelle:
http://www.gesundheit.de/roche/index.html?c=http://www.gesundheit.de/roche/ro250
00/r26061.000.html
Abbildung 2: Nach: Jones, J.G. (1994). Perception and memory during general
anaesthesia. British Journal of Anaesthesia, 73, 31-37.
Abbildung 3, 4, 6, 7: Quelle:
http://www.aspectmedical.com/assets/documents/pdf/complete_bis_handbook.pdf
Abbildung 5: Schmidt, G.N., Müller, J. & Bischoff, P. (2008). Messung der
Narkosetiefe. Der Anaesthesist, 57(1), S. 13.
Abbildung 8, 9 : Aus: O`Connor, M.F., Daves, S.M., Tung, A., Cook, R.I., Thisted, R.
& Apfelbaum, J. (2001). BIS Monitoring to Prevent Awareness during General
Anesthesia. Anesthesiology, 94(3), S 521.
Matthias Klimkait ! Abschlussarbeit Nachdiplomweiterbildung Anästhesie - April 2009
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