14 Februar 2014
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14 Februar 2014
NR. 17, 14. FEBRUAR 2014 DEUTSCHE AUSGABE Fédération Internationale de Football Association – Seit 1904 Ungarns Sehnsucht Der schwere Weg zurück ARON WINTER RASSISTISCHEN ANWÜRFEN GETROTZT AMERIKANISCH-SAMOA DAS MÄRCHEN VON PAGO PAGO SEPP BLATTER SCHIEDSRICHTER IN DER VERANTWORTUNG W W W.FIFA.COM/ THEWEEKLY I N H A LT 6 Ungarn: Vom Wunderfussball zum Problemfall In den 1950er-Jahren setzte die ungarische Nationalmannschaft Massstäbe. Heute befindet sie sich im freien Fall – kassierte in der WM-Qualifikation eine 1:8-Klatsche gegen die Niederlande. Lajos Detari kann als Beispiel für diese Entwicklung genommen werden. Als Spieler hochtalentiert, aber meist unter seinem Potenzial – und als Trainer mittlerweile bei Felsötarkany in der Drittklassigkeit angelangt. Eine Zeitreise zwischen einstigem Glanz und aktueller Düsternis. 16 Aufruhr in Chile Der CD Palestino hat sich mit seiner politischen Botschaft auf den Shirts angreifbar gemacht. Der von palästinensischen Migranten gegründete Klub der Primera División geht nun den Weg durch die juristischen Instanzen. 17 Spannendes Duell in Ghana In Ghanas Premier League könnte diese Saison eine alte Rivalität aufflammen: Hearts of Oak fordert Meister Asante Kotoko. Beide Klubs haben es längst zu kontinentalem Ruhm gebracht. 23 latter: Die Referees stehen in der Verantwortung B Penalty, Rote Karte, Sperre. FIFA-Präsident Blatter hat in der Dis kussion um die Dreifachbestrafung ein klare Haltung: Am Reglement darf nicht gerüttelt werden. Aber mit Fingerspitzengefühl können die Schiedsrichter das Thema entscheidend entschärfen. Tim Howard Im Interview Märchen im Südpazifik Sie waren zum Verlieren verdammt und schafften die Wende: Amerikanisch-Samoa, eine kleine Insel im Südpazifik, gewann nach 13 Jahren FIFA-Mitgliedschaft ihren ersten Ernstkampf. Die schöne Geschichte kommt im April in die Kinos. 29 D ie grössten Klubs der Welt Die bedeutendsten internationalen Titelgewinne von Benfica Lissabon liegen schon über 50 Jahre zurück. In puncto Mitgliederzahl ist der portugiesische Traditionsklub aber noch immer die Nummer 1 – dank seinen Handballern, Rollhockeyanern und Radfahrern. 30 T im Howard: “Alex Ferguson kehrt nicht zurück” Tourette-Syndrom, Manchester United, Jürgen Klinsmann: US-Torhüter Tim Howard erzählt im Interview von seiner Karriere und blickt gespannt auf die WM in Brasilien. 36 T he Sound of Football Die Instrumental-Nummer “The Liquidator” bringt heute noch Stimmung in die Stadien – insbesondere bei Chelsea. Aber was hat der Song mit Jamaika und kahl geschorenen Schädeln zu tun? 37 “ Ich war nicht bereit, aufzugeben” Aron Winter wollte 1992 in die beste Liga der Welt und unterschrieb bei Lazio Rom. Der Niederländer erzählt, wie er mit Rassismus zu kämpfen hatte und warum er beschloss, den Leuten auf dem Platz zu zeigen, dass sie mit ihrer Haltung falsch liegen. 2 Südamerika 10 Mitglieder www.conmebol.com Miguel Escalona Steht mit CD Palestino in der Kritik U-17 Frauen-Weltmeisterschaft 15. März bis 4. April 2014, Costa Rica T H E F I FA W E E K LY Blue Stars/FIFA Youth Cup 28. bis 29. Mai 2014, Zürich Cover: Helmut Wachter / 13 Photo 24 Nord- und Mittelamerika 35 Mitglieder www.concacaf.com D I E WO C H E I N D E R W E LT D E S F U S S B A L L S Europa 53 Mitglieder www.uefa.com Afrika 54 Mitglieder www.cafonline.com Asien 46 Mitglieder www.the-afc.com Ozeanien 11 Mitglieder www.oceaniafootball.com Lajos Detari In den 1980-Jahren Ungarns Hoffnungsträger NR. 17, 14. FEBRUAR 2014 DEUTSCHE AUSGABE Fédération Internationale de Football Association – Seit 1904 Ungarns Sehnsucht Der schwere Weg zurück ARON WINTER RASSISTISCHEN ANWÜRFEN GETROTZT AMERIKANISCH-SAMOA DAS MÄRCHEN VON PAGO PAGO SEPP BLATTER SCHIEDSRICHTER IN DER VERANTWORTUNG W W W.FIFA.COM/ THEWEEKLY Der schwere Weg zurück Unser Cover zum ungarischen Fussball: Im Klubhaus des von der Legende Lajos Detari gecoachten Drittligisten Felsötarkany wird Tee gekocht. Ein Freundschaftsspiel steht an, und auch die Bälle sind vorbereitet. Sepp Blatter Über die Dreifachbestrafung Getty Images Nicky Salapu Schrieb mit Amerikanisch- Samoa Geschichte Fussball-Weltmeisterschaft 12. Juni bis 13. Juli 2014, Brasilien U-20 Frauen-Weltmeisterschaft 5. bis 24. August 2014, Kanada T H E F I FA W E E K LY Olympische Jugendfussball turniere 15. bis 27. August 2014, Nanjing FIFA Klub-Weltmeisterschaft 10. bis 20. Dezember 2014, Marokko 3 A FIFA World Cup in Brazil is just like Visa: everyone is welcome. ™ TM & © 2014 Lucasfilm Ltd. All Rights Reserved. Used Under Authorization. UNCOVERED Die Melancholie des Majors Thomas Renggli pixathlon S eit 2009 verleiht die FIFA an der Ballon- d’Or-Gala den Ferenc-Puskas-Award für das schönste Tor des Jahres. Weshalb der Preis nach dem ungarischen Ausnahmekönner benannt wurde, lässt sich in Zahlen beantworten: In 85 Länderspielen traf der “Major” 84-mal (Trefferquote: 0,988). Zum Vergleich: Pelé erzielte in 92 Spielen für Brasilien 77 Treffer (Quote: 0,837). Was Puskas aber vor allem war, können selbst die Statistiken nicht ausdrücken: ein genialer Techniker, ein Virtuose am Ball und der vielleicht beste Linksschütze der Geschichte. Dabei besass Puskas der Legende nach eigentlich mehr Kraft in seinem rechten Bein. Weil er aber zu Beginn der Karriere dem gegnerischen Torhüter mit einem Gewaltsschuss alle Rippen gebrochen haben soll, zog er danach aus Nächstenliebe nur noch mit links ab. Den barmherzigen Goalgetter umweht indes auch der Hauch der Melancholie. Puskas steht für das wohl spektakulärste Scheitern in der Fussball-Historie – der 2:3-Niederlage Ungarns im WM-Finale 1954 im Berner Wankdorf gegen Deutschland. Dabei hätte er das Wunder von Bern beinahe verhindert. Puskas, der den 8:3-Sieg gegen Deutschland in der Vorrunde mit einer Fussverletzung bezahlt und zwei Spiele verpasst hatte, brachte sein Team 1:0 in Führung. Und in der vorletzten Minute traf er zum vermeintlichen 3:3. Wegen Abseits wurde der Treffer allerdings nicht anerkannt. Bis heute konnten weder Film- noch Fernsehbilder aufklären, ob die Entscheidung richtig gewesen war. Bis zu diesem Tag war Ungarn über vier Jahre und in 31 Pflichtspielen ungeschlagen. Die Aufstellung jener Wunderelf gehörte weit über die ungarischen Landesgrenzen zum Allgemeinwissen: Grosics, Buzanszky, Lorant, Lantos, Bozsik, Zakarias, Budai, Kocsis, Hidegkuti, Puskas, Czibor. Letztlich blieben den Ungarn aber nur Trostpreise: 1952 der Olympiasieg in Helsinki, 1953 der erste Erfolg einer nichtbritischen Mannschaft in England. Heute ist der Glanz des magyarischen Fussballs verblasst. Platz 46 in der Weltrangliste, seit 1986 nie mehr an einer Endrunde und in der Qualifikation zur WM 2014 auf der Zielgerade von der Niederlande beim 1:8 gedemütigt. Lajos Detari, in den 1980er-Jahren der Hoffnungsträger der neuen ungarischen Generation und 1986 in Mexiko letzter ungarischer Anfang vom Ende Ferenc Puskas (l.) und Fritz Walter vor dem WM-Finale 1954. Das Wunder von Bern beendet die ungarische Dominanz. orschütze an einer Endrunde, spricht mit T The-Weekly-Reporter Roland Zorn über den Niedergang des Fussballs in Ungarn. Detari kann quasi als Fallbeispiel für diesen Trend genommen werden. Als Spieler hochtalentiert, aber meist unter seinem Potenzial – und als Trainer nach Engagements bei den Budapester Traditionsklubs Honved und Ferencvaros mittlerweile bei Felsötarkany in der Drittklassigkeit angelangt – eine spannende Zeitreise zwischen einstigem Glanz und aktueller Düsternis. Erhellend ist dagegen die Geschichte der Fussball-Auswahl von Amerikanisch-Samoa T H E F I FA W E E K LY (S. 24), eine Gruppe Fussball-Desperados, die 13 Jahre lang immer verlor (gegen Australien in der WM-Qualifikation 0:31) und ein kleines Fussball-Märchen schrieb. Klar sind auch die Worte von Präsident Blatter in seiner Kolumne (S. 23): Der FIFA-Präsident spricht sich in aller Deutlichkeit für die Dreifachbestrafung bei Rot-würdigen Fouls im Strafraum aus. Gleichzeitig nimmt er die Schiedsrichter in die Verantwortung. Å 5 L A JOS DETARI Am 4. Juli 2014 jährt sich zum sechzigsten Mal der Tag, an dem sich Deutschland und Ungarn im WM-Finale von Bern begegneten (3:2). Die Fussball-Legende Lajos Detari sagt, was seitdem im ungarischen Fussball schiefgegangen ist. In der Provinz Coach Lajos Detari mit Felsötarkany zu Gast in Salgotarjan. Das Testspiel endete 0:3. Der Heimklub gehörte einst der höchsten Liga an. 6 T H E F I FA W E E K LY Helmut Wachter / 13 Photo L A JOS DETARI “Wir sind drittklassig. Das macht mich traurig.” T H E F I FA W E E K LY 7 L A JOS DETARI Den Blick in Richtung der zweithöchsten Liga Detaris Weg mit Felsötarkany ist steinig. Seine erste Saison hat noch nicht begonnen, und das Verhältnis zu seinem Team muss noch wachsen. Mit Lajos Detari sprach Roland Zorn, Bilder: Helmut Wachter Herr Detari, Sie sind seit 1986 der letzte ungarische WM-Torschütze. Können Sie sich vorstellen, dass noch einmal ein Endspiel Deutschland – Ungarn möglich ist? Das wäre für mich nach allem, was bei uns in Ungarn seit Jahr und Tag unterbleibt, ein Weltwunder. Daran kann ich nicht glauben. Wir wären schon froh, wenn wir uns wieder einmal für eine WM- oder EM-Endrunde qualifizieren könnten. Ungarn war 1954 letztmals in einem WM-Finale. 1954 hatten wir eine wunderbare Mannschaft, die drei Jahre lang kein einziges Spiel bis auf das eine, das wichtigste Spiel, verloren hat. Wir haben 1953 als erstes Team die Engländer in England besiegt (6:3) und ein Jahr später in Budapest gleich nochmal mit 7:1. Für viele war das Team um Puskas, Kocsis, Hidegkuti, Groscis oder Czibor eine Wundermannschaft. Ist es auch ein Teil der heutigen Misere, dass die gute alte Zeit zu lange der einzige Referenzpunkt im ungarischen Fussball zu sein schien? 8 Die Schwarz-Weiss-Bilder aus jener Zeit laufen immer noch bei uns im Fernsehen. Es war eine andere Zeit mit einem ganz anderen Fussball. Es ist ein Problem für uns, dass wir in Ungarn ein bisschen zu viel und zu nostalgisch über die grossen Zeiten mit dieser grossartigen Mannschaft gesprochen haben. Darüber hat so mancher vergessen, was es heute zu tun gäbe, um in Ungarn eine Fussball-Renaissance herbeizuführen. Wir haben unseren Fussball verloren, der mit seinem Offensivspektakel einmal beispielhaft in Europa war. 1938 und 1954 waren die Ungarn WM-Zweite, bis 1968 wurden sie dreimal Olympiasieger im Fussball. 1972 waren sie letztmals bei einer EM-Endrunde, 1986 letztmals bei einer WM-Endrunde dabei. Es gibt noch immer viele Talente in Ungarn, aber wir machen zu viel schlecht. Wir haben zwar auch Fussball-Akademien, doch es fehlt an Konzepten und einer durchgängigen Planung vom Jugend- bis in den Profibereich. Unsere Junioren-Nationalteams scheitern reihenweise in den Qualifikationen für Europa- und Weltmeisterschaften. Aktuell ist nur die U-19 bei der Europameisterschaft T H E F I FA W E E K LY 2014 dabei – weil Ungarn als Veranstalter automatisch qualifiziert ist. Sie selbst waren in den Achtzigerjahren der letzte ungarische Profi, der international, bei Eintracht Frankfurt und Olympiakos Piräus, von sich reden machte. Inzwischen sind Sie nach erstklassigen Jahren etwa bei den Budapester Renommierklubs Honved und Ferencvaros Trainer bei dem ungarischen Drittligaklub Felsötarkany SC. Ich war immer ehrlich. Damit hatte so mancher Probleme – am wenigsten aber meine Spieler, die genau wussten, dass ich gerecht und aufrecht bin. In der dritten Liga, wo ich mich derzeit engagiere, habe ich eher das Gefühl, dass es ehrlich zugeht. Wir wollen mit Felsötarkany ruhig und behutsam etwas aufbauen und dann in die zweite ungarische Liga aufsteigen. Dieser Job macht mir Spass, weil er nicht von überzogenen Erwartungen begleitet wird. Ist Ihr Rat oder Ihre Mithilfe in der obersten Liga und beim ungarischen Fussballverband MLSZ nicht mehr gefragt? Es wäre wichtig, dass frühere Nationalspieler wie ich und andere mithelfen und L A JOS DETARI Ohne Material kein Training Detaris Spieler tragen die Tore vom Rasenplatz zum kurzen Kunstrasen-Trainingsplatz heran. Die Infrastruktur im Drittligaklub ist nicht komplett. “Alle Länder in Ost- und Mittel osteuropa sind besser geworden, nur Ungarn nicht.” Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren für unseren Sport begeistern. Wir können den jüngsten Talenten zeigen, wie ein Pass richtig gespielt, wie der Ball kontrolliert wird, wie und wann sich ein Dribbling lohnt, wie man eine Schusstechnik entwickelt. Ich verstehe nicht, dass wir kaum noch gefragt werden. Auch in unserer ersten Liga arbeiten nur sehr wenige frühere Fussballgrössen unseres Landes. Es ist eher Mode, Ausländer zu verpflichten – auch, was die Spieler angeht. Ist Ungarn noch ein Fussballland? Nicht mehr. Die Jungen wollen nicht Fussball spielen und bleiben lieber zu Hause am Computer. In Ungarn sind zwar zuletzt viele Plätze gebaut worden, und auch eine Reihe von Stadien wird renoviert oder neu errichtet, aber es gibt keinen massenhaften Andrang in den Vereinen. Wir haben 9,5 Millionen Einwohner in Ungarn, davon spielen 80 000 bis 90 000 Personen, ob männlich oder weiblich, Fussball. Das ist recht wenig. In Deutschland etwa mit seinen fast 80 Millionen Einwohnern gehören fast 7 Millionen Menschen einem Verein unter der Obhut des Deutschen Fussball-Bundes an. Was müsste geschehen, damit das Fussball- Traditionsland Ungarn wieder Anschluss an die Gegenwart findet und mit einer konkurrenz fähigen Mannschaft die grossen Turniere in Angriff nehmen kann? Wir müssten neue, zwischen dem Verband und den Vereinen abgestimmte Programme auflegen und nicht mehr nach dem Motto T H E F I FA W E E K LY “jeder gegen jeden” arbeiten. Bei uns ist vieles angefangen und nur weniges zu Ende gebracht worden. So kann kein Mannschaftssport funktionieren. Diejenigen, die bei uns entscheiden – oftmals Geschäftsleute ohne allzu engen Fussballbezug –, wären manchmal gut beraten, sich anderswo umzusehen. In den Klubs entscheiden die Präsidenten und wollen alles allein machen. Auch der Einfluss der Politik auf Verband und Vereine ist nicht gering. Sportdirektoren dagegen gibt es bei uns so gut wie gar keine. Ich habe immer gesagt, wir brauchen Fachleute in den Vereinen. Wie ist denn die Trainerausbildung in Ungarn? Die ist gut. Wir Trainer wollen immer dazulernen – darum hospitieren wir auch bei Gelegenheit bei grossen Vereinen im Ausland. Ich finde es spannend, zu erfahren, warum die Spieler etwa in Deutschland neunzig Minuten laufen können und bei uns in Ungarn nicht. Wie systematisch sollte mit den jungen Spielern gearbeitet werden? Meiner Meinung nach sollte bei uns in der Altersklasse zwischen 6 und 12 Jahren nur an der Technik gefeilt werden. Danach 9 L A JOS DETARI Eckdaten des ungarischen Fussballs 12. Oktober 1902 WM 1938 25. November 1953 1950 bis 1954 1986 Ungarn gibt beim 0:5 gegen Österreich in Wien die Länderspielpremiere. Es ist das erste Länderspiel zwischen zwei nichtbritischen Mannschaften. Dieses Duell fand bis heute über 100-mal statt. Nur A rgentinien – Uruguay wurde noch öfters gespielt. Mit stupender Leichtigkeit, technischer Klasse und einem Torverhältnis von 13:1 erreicht Ungarn das Finale. Dort scheitert die Mannschaft jedoch an Italien (2:4). Als erste nichtbritische Mannschaft gewinnt Ungarn auswärts gegen England. Der 6:3-Sieg im Wembley gilt in Ungarn noch heute als “Jahrhundertspiel”. 1954 bezwingt Ungarn die Engländer in Budapest 7:1. Es ist bis heute die höchste Niederlage Englands. Zwischen dem 14. Mai 1950 und dem 4. Juli 1954 bleibt die ungarische Mannschaft in 31 Länderspielen nach einander ungeschlagen. Dieser Rekord wurde erst fast vierzig Jahre (1991 bis 1993) später durch Argentinien egalisiert. Die ungarische Mannschaft jener Zeit ist als “Aranycsapat” (Goldene Elf) in die Geschichte eingegangen. Ungarn qualifiziert sich für die WM-Endrunde in Mexiko. Dort reicht es in der Vorrunde hinter der Sowjetunion und Frankreich nur zum 3. Platz. Das Team scheidet aus. Es ist bis heute die letzte Endrundenteilnahme der Ungarn geblieben. 1956 Nach dem ungarischen Aufstand und dem sowjetischen Einmarsch flüchten viele ungarische Fussballstars ins Ausland. Rückblickend ist es der Beginn des Zerfalls der Leistungskultur. 1964 In Tokio gewinnt Ungarn das Olympische Fussballturnier – wie auch 1952 in Helsinki und 1968 in Mexiko. Allerdings sind diese Erfolge zu relativieren. Weil die kommunistischen Länder mit ihren “Staatsamateuren” einen Wettbewerbsvorsprung besassen. Grosse Popularität In Ungarn ist der einstige Weltklassespieler Detari in bester Erinnerung. Ein Foto mit einer Bewunderin. müssten die Jungen zwischen 12 und 16 Jahren die Spielsysteme kennenlernen. Und dann ab 16, 17 Jahren geht es auch um die physischen Voraussetzungen für eine Fussballerkarriere. Wer bei diesen drei Schritten gut vorankommt, kann ab 18 Jahren eine Profikarriere in Angriff nehmen. So funktioniert das aber nicht bei uns. Wir haben unter den Kids bis zum Alter von 12 bis 14 Jahren noch immer Talente, doch die können sich nur selten richtig entwickeln. Auch in diesen Altersklassen schauen viele Trainer nur auf den kurzfristigen Erfolg. Das aber ist beim Aufbau von Jungen zu Profis von morgen uninteressant. Wichtig ist für die Trainer von U-16- oder U-17-Mannschaften allein, wie viele Spieler aus ihren Teams den Sprung in die erste Profimannschaft schaffen können. Was bei uns auch fehlt, ist eine sinnvolle sportmedizinische und sportwissenschaftliche Begleitung des Trainings. Wie die Nationalmannschaft, die in der jüngsten WM-Qualifikation für das Turnier in Brasilien wieder einmal scheiterte und im vergangenen Herbst eine 1:8-Niederlage gegen die Niederlande verdauen musste, dümpelt auch die OTP-Liga vor sich hin. 10 Auch dort spiegelt sich unsere Misere. Es ist kein sportlicher Fortschritt erkennbar, das Publikumsinteresse hält sich mit durchschnittlich 4000 Zuschauern in Grenzen, so gut wie nirgendwo gibt es einen Fussball zu sehen, der die Menschen begeistern könnte. Das Fernsehen überträgt freitags, samstags und sonntags ungefähr fünf Spiele live. Für die beste Mannschaft gibt es pro Saison an Fernsehgeldern ungefähr 500 000 Euro. Wie kann der Fussball in Ungarn endlich wieder einen Schub bekommen? Nur durch gute Konzepte für den Nachwuchs, die Liga und alle Nationalmannschaften und nur durch eine neue Gemeinsamkeit in den Klubs und im Verband. Tatsächlich passiert seit über zwanzig Jahren nichts. Wir sind derzeit nicht nur zweitklassig, sondern drittklassig. Wir sind ganz hinten in Europa. Alle anderen Länder in Ost- und Mittelosteuropa sind besser geworden, nur Ungarn nicht. Das macht mich traurig und ist unglaublich. Å 1972 11. Oktober 2006 Die ungarische Nationalmannschaft verliert im Rahmen der WM-Qualifikation 1:2 gegen Malta. 2011 Im September erreicht Ungarn mit Platz 27 die bisher beste Klassierung im FIFA-Ranking. In der aktuellen Rangliste ist das Team im 46. Rang klassiert. 11. Oktober 2013 Die ungarische Nationalmannschaft verliert in der WM-Qualifikation in den Niederlanden 1:8. Obwohl das Team noch eine theoretische Chance auf die Qualifikation besitzt, reicht National trainer Sandor Egervari den Rücktritt ein. An der EM-Endrunde in Belgien scheitert Ungarn erst im Halbfinale an der Sowjetunion. Das Spiel um Platz 3 geht gegen den Gastgeber verloren. Der 4. Platz ist das letzte grosse Lebenszeichen der ungarischen Nationalmannschaft. Name Lajos Detari Geburtsdatum, Geburtsort 24. April 1963, Budapest (Ungarn) Spielposition Offensives Mittelfeld Stationen als Spieler 1980–1987 Honved Budapest 1987–1988 Eintracht Frankfurt (Deutschland) 1988–1990 Olympiakos Piräus (Griechenland) 1990–1992 FC Bologna (Italien) 1992–1993 Ancona Calcio (Italien) 1993 Ferencvaros Budapest 1994 CFC Genua (Italien) 1994–1996 Neuchâtel Xamax (Schweiz) 1996–1998 VSE St. Pölten (Österreich) 1998–1999 Budapesti VSC 1999–2000 Dunakeszi VSE Stationen als Trainer (Auswahl) 2002 Honvéd Budapest 2002–2003 Hanoi ACB (Vietnam) 2005–2006 Panserraikos FC (Griechenland) 2011–2012 Ferencvaros Budapest T H E F I FA W E E K LY L A JOS DETARI Kein Platz Detaris Team trainiert im schnellen Wechsel. Das Feld ist zu klein für den ganzen Kader. Taktik-Training ist so nicht möglich. T H E F I FA W E E K LY 11 L A JOS DETARI Einsamer Stratege Detari hat in der dritthöchsten Liga viel Platz und viel Zeit zum Nachdenken. 12 T H E F I FA W E E K LY L A JOS DETARI Das zweifache Symbol Lajos Detari verkörpert die letzte Errungenschaft des u ngarischen Fussballs. Seine wechselhaften Karrieren verweisen allerdings auf die Strukturprobleme der Magyaren. Satter Vollspannschuss Lajos Detari in der Nummer 10 des ungarischen Nationalteams während der WM 1986 in Mexiko. Links der Franzose Alain Giresse. L Perikles Monioudis Imago ajos Detari nahm Mass, er zirkelte den Ball über die Mauer und traf. Er traf und traf, denn er legte sich so manchen Freistoss zurecht, in Budapest, Piräus oder Bologna. Aus dem Spiel traf Detari zwar auch, er, der doch für die entscheidenden Tore zuständig war. Charismatisch aber wirkte der Ungar vor allem dann, wenn er sich dem Gegner ganz allein stellte; wenn er sich – ganz der Egoist, der er auch zum Wohle der Mannschaft war – auf sich gestellt für den Torschuss vor dem Gegner sich aufbaute. Sein Freistosstreffer etwa im deutschen Pokalfinale 1988 im Shirt der Eintracht Frankfurt gegen den VfL Bochum bedeutete das siegbringende 1:0. Es war sein wichtigster, aber auch sein letzter Treffer für die Eintracht. Der Staat regelt alles Diese seine Freistösse waren Detaris Markenzeichen, und sie waren seine Unterschrift u nter die eigene Unabhängigkeitserklärung, die ihm im richtigen Leben von der Staatsmacht diktiert wurde. Der ungarische Staat besass vor der Zeitenwende in Europa die Transferrechte an Detari, um nicht zu sagen: Er besass Detari selbst. Denn der Spielmacher musste seinen westlichen Arbeitgeber hinnehmen. Seine Meinung sei nicht gefragt, sagte Detari einmal, seine Vorstellungen über seine eigene Gegenwart und Zukunft nicht relevant. Weshalb er nach seiner Zeit bei Honved Budapest (1980–87), wo der Mittelfeldspieler eben auch als Torschütze Geltung erlangte (134 Spiele, 72 Treffer), ausgerechnet zu den Frankfurtern stiess, wissen nur die Funktionäre. Dasselbe gilt für den Wechsel von Frankfurt zu Olympiakos Piräus, nur ein Jahr danach. Juventus Turin habe um ihn mitgeboten, sagte Detari später. Aber die Griechen hatten mehr Geld in die Hand genommen (17,2 Millionen D-Mark, Bundesligarekord). Wechsel um Wechsel 1986 nahm das ungarische Nationalteam letztmals an einer WM-Endrunde teil. Detari erzielte dabei den bislang letzten ungarischen WM- Treffer, ein Abstaubertor im Vorrundenspiel gegen Kanada – in der Art jenes Treffers in den Niederlanden beim 2:1-Sieg in der Q ualifikation, T H E F I FA W E E K LY fast zwei Jahre zuvor: Wenn Detari nicht auf Freistoss traf, dann oft nach mangelhafter Torhüterparade. Er war, so oder so, zur rechten Zeit am rechten Ort. Das war er spätestens nach seiner Zeit als Professional nicht immer. Er verdingte sich als Trainer bei einer Reihe von Klubs, in der Honvéd Budapest und der griechische FC Panserraikos noch herausragen. Zurzeit coacht Detari den Felsötarkany SC in der dritthöchsten ungarischen Liga – aus Prinzip, wie er im Interview in dieser Ausgabe sagt. Ihm ist um den Wiederaufbau des ungarischen Fussballs zu tun. Es will scheinen, als ob Detari – den noch heute in den Strassen Ungarns so mancher anspricht und um ein gemeinsames Foto bittet – das zu Beginn erzwungen Wechselhafte in seiner Karriere (11 Klubs in 13 Jahren) auf seine Trainerlaufbahn (14 Teams in 13 Jahren) übertragen hat. Das Symbol des ungarischen Fussballs der letzten zweieinhalb Jahrzehnte, der trickreiche Individualist Detari, symbolisiert so auch den Zustand des ungarischen Fussballs insgesamt. Detari steht nicht nur für den ungarischen Fussball, er wird von diesem auch in die Niederungen gezwungen. Å 13 BLICK IN DIE LIGEN I N S I D E Primera División Die 100-Punkte-Liga Jordí Punti ist Romanautor und Verfasser zahlreicher FussballFeatures in den spanischen Medien. Mittlerweile sind 23 Spieltage der spanischen Liga absolviert und an der Tabellenspitze liegen drei Mannschaften praktisch gleichauf: Der FC Barcelona, Real Madrid und Atlético Madrid haben allesamt 57 Punkte auf dem Konto und Barça ist nur wegen einer minimal besseren Tordifferenz Spitzenreiter. Seit 21 Jahren, genauer gesagt seit 1992/93, gab es in diesem Stadium der Saison an der Tabellenspitze keinen Gleichstand zwischen drei Teams mehr. Das Spitzenduell, das in den letzten Spielzeiten immer zwischen Barcelona und Madrid stattgefunden hatte, hat sich dieses Jahr auf das von Diego Simeone trainierte Atlético ausgeweitet, das mit attraktivem Fussball und Kampfstärke überzeugt. Im Augenblick wagt niemand eine Zukunftsprognose. Gonzalo Arroyo Moreno / Getty Images Als Real Madrids Trainer Carlo Ancelotti vor einigen Wochen auf einer Pressekonferenz auf das Tauziehen an der Spitze angesprochen wurde, erklärte er: “Man braucht 100 Punkte, um diese Liga zu gewinnen.” Sein Kollege Gerardo Martino von Barcelona schloss sich dieser Prophezeiung an. Die Klubs der beiden Trainer haben Rekordzahlen erreicht, um die letzten Meisterschaften zu gewinnen, was von einem enorm hohen Niveau zeugt. Da nun aber auch Atlético in den Kampf eingreift und sich noch weitere Gegner wie Villarreal, Athletic Club Bilbao und Valencia in Hochform präsentieren, scheint es unmöglich, an diese Zahlen anzuknüpfen. Von allen Beteiligten hat Real Madrid in den letzten Partien den vielleicht besten Eindruck hinterlassen, vor allem nach dem 3:0-Sieg gegen Atlético im Hinspiel der Copa del Rey. Allerdings haben alle drei Titelanwärter in ihren Spielansätzen durchaus auch Lücken erkennen lassen. Dieses Pokalspiel scheint Atlético ausgebremst zu haben, denn man musste feststellen, dass die Gegner das eigene Spielsystem langsam durchschauen und versuchen, den Klub mit den eigenen Waffen zu schlagen. Letzten Sonntag musste sich Atlético beispielsweise mit 0:2 gegen Almería geschlagen geben und der beste Torschütze, Diego Costa, hatte am Ende der Partie nicht einen einzigen Torschuss abgegeben. In der Hinrunde der Liga hatte Simeone ein kompaktes Team zusammengestellt, in dieser Phase der Saison scheint die Mannschaft allerdings aus den meisten Partien eher geschwächt hervorzugehen. Schweig und geniesse Der Waliser Gareth Bale nach seinem 1:0 für Real gegen den Villarreal CF (4:2). Sicher spielt hier auch die Verletzung des Aussenverteidigers Filipe Luis eine Rolle. Atlético hat das Winter-Transferfenster für wichtige Neuverpflichtungen genutzt. Hinzu kamen der Argentinier Sosa und der Brasilianer Diego, der nach zwei Spielzeiten in Wolfsburg ins Team zurückkehrt. Seine Spielübersicht und sein Organisationstalent könnten sich als entscheidend erweisen, wenn es darum geht, wieder Stabilität ins Team zu bringen. Beim FC Barcelona und bei Real Madrid läuft auch nicht alles rund, wenn ihre Spielweise sich auch von der Atléticos unterscheidet. Bei beiden Mannschaften scheinen sich der Trainerwechsel und die unvermeidlichen Änderungen, die diese mit sich bringen, noch bemerkbar zu machen, und beide füllen die Lücken im System mit den Torjägerqualitäten ihrer Stürmer. Während sich Cristiano Ronaldo und Messi weiterhin schwankend präsentieren, mit Toren, die von der Vorsehung bestimmt zu sein scheinen, und mit unbeständigen Auftritten, haben ihre Teamkameraden dieses Jahr an Bedeutung gewonnen: Cesc Fábregas, Pedro und Alexis bei Barça; Benzema und der junge Jesé – eine grosse Entdeckung – bei Real. Real baut sein Spiel rund um Modric auf, dem mit Xabi Alonso und Di Maria verlässliche Leute zur Seite stehen. Allerdings tut sich das Team schwer damit, den Spielrhythmus zu diktieren, und so ist es nicht verwunderlich, wenn am Ende die Gegner dominieren. So war es auch am Samstag gegen Villarreal, das die Madrilenen über weite Strecken unter Druck setzte. Allerdings fuhr Real T H E F I FA W E E K LY dank seiner Abschlussstärke am Ende doch den Sieg ein (4:2). Bei Barça scheint der Ball dieses Jahr langsamer zu rollen und der Spielfluss ist nicht mehr ganz so reibungslos. Durch die zweimonatige Verletzung von Messi verlor das Team eine wichtige Anspielstation und musste sich neu erfinden. Nach der Rückkehr des argentinischen Stars scheint der Klub jetzt allerdings zwischen krassen Gegensätzen zu schwanken. Innerhalb von Minuten geht das Team von Verzweiflung zu Euphorie über. Die Begegnung mit Sevilla am letzten Sonntag ist ein gutes Beispiel: Während der ersten halben Stunde kassierten die Katalanen einen Gegentreffer und wurden vom Gegner dominiert. Dann sorgten ein genialer Auftritt von Messi und ein selbstbewusster Iniesta als Impulsgeber bei den meisten Spielzügen am Ende jedoch noch für einen klaren Sieg (4:1). Auch die Zukunftsaussichten sind für Barça und Real ähnlich. Die Wiedergenesung der beiden neu verpflichteten Stars Neymar und Gareth Bale wird sich sicherlich auch auswirken. Bisher haben wir die beiden ja nur gelegentlich gesehen. Am Sonntag, nach der Partie zwischen Barça und Sevilla, fasste Gerardo Martino die Spannung, die uns nun jede Woche erwartet, treffend zusammen: “Jetzt beginnt die interessante Phase, in der man sich keine Ausrutscher leisten kann.” Ob nun 100 Punkte erforderlich sein werden oder nicht, die Liga wird wohl auf jeden Fall derjenige gewinnen, der am Ende die wenigsten Ausrutscher zu verzeichnen hat. Meine Damen und Herren, It’s Showtime! Å 15 Primera División de Chile Palestinos Shirt Sven Goldmann ist Fussball experte beim “Tagesspiegel” in Berlin. Es war der Gipfel am sechsten Spieltag der chilenischen Apertura, und beim Club Deportivo Palestino hatten sie sich einiges vorgenommen. Es ging immerhin gegen das Team von O’Higgins aus Rancagua, den Meister der letztjährigen Apertura. Von Rancagua sind es nur 70 Kilometer über die Carretera Panamericana bis zum Estadio Municipal de La Cisterna im Süden der Hauptstadt Santiago, wo Palestino seine Heimspiele ausrichtet. O’Higgins ging nach einer Stunde durch Pablo Hernández in Führung und sah schon wie der sichere Sieger aus. Kurz vor Schluss aber schaffte Miguel Escalona mit einem Kopfball noch den Ausgleich. Für O’Higgins hatte das die unangenehme Konsequenz, dass Spitzenreiter Colo-Colo aus Santiago mit vier Punkten davongezogen ist. Aber das eigentlich Spektakuläre war einmal wieder nicht das Spiel – sondern das Trikot, mit dem Palestino angetreten war. Eins so geformt wie das historische Palästina vor der Gründung des Staates Israel. Es gab einen Aufschrei in der jüdischen Gemeinde, Deportivo Ñublense legte offiziell Protest ein, worauf der Verband ANPF eine Geldstrafe in der Höhe von 1300 Dollar gegen Palestino verhängte und den Klub aufforderte, ein neues Trikot zu entwerfen. Daraufhin liess Palestino auf seiner Homepage verlauten: “Für uns wird das freie Palästina immer das historische Palästina sein und nichts anderes!” Vor drei Wochen präsentierte Palestino dann vor dem Spiel gegen Universidad de Concepción das veränderte Trikot: wieder mit den Umrissen des historischen Palästina, diesmal nicht nur auf dem Rücken, sondern auch noch auf der Brust und ganz in Gold gehalten. Jetzt meldete sich sogar die israelische Botschaft in Chile zu Wort und sprach von einer “beispiellosen Provokation”. Die Provokation wird wohl noch einige Gerichte beschäftigen. Aber sie verkauft sich gut: Palestinos Ausrüster berichtet von Bestellungen aus der ganzen Welt, der Verkauf von Trikots habe sich um 400 Prozent erhöht. Å “Bei den Rückennummern war die Ziffer Eins so geformt wie das historische Palästina.” Vor allem aber ist Palestino der Klub der palästinensischen Immigranten. Chile hat eine der grössten palästinensischen Communities jenseits des Nahen Ostens, sie zählt um die 350 000 Mitglieder, und entsprechend gross ist ihr Einfluss. Zwar spielen in der Ligamannschaft von Palestino ausschliesslich Chilenen und Argentinier. Aber die “Araber”, wie sie in Chile genannt werden, fühlen sich der alten Heimat immer noch verbunden. Das wurde deutlich, als Palestino zu Beginn dieses Jahres ein neues Trikot vorstellte. Es war wie immer in den traditionellen palästinensischen Farben Schwarz, Weiss, Grün und Rot gehalten und hielt dazu noch eine politische Botschaft bereit. Bei den Rückennummern war die Ziffer 16 Politik und Sport Der CD Palestino wagt sich auf die Äste hinaus. T H E F I FA W E E K LY Claudio Reyes / AFP Palestino ist nicht irgendein Klub, sondern ein recht erfolgreicher, wenn auch stets ein wenig im Schatten des Serienmeisters Colo-Colo. Zweimal hat die Mannschaft die Meisterschaft gewonnen. Das letzte Mal ist schon ein wenig länger her, 1978, als das chilenische Fussball-Idol Elias Figueroa als Kapitän die Kommandos gab. Manuel Pellegrini hatte hier als Trainer gearbeitet, bevor er seinen Weg ins Ausland antrat, der ihn über Real Madrid zu Manchester City führte. Ghanas Premier League Die Vormachtstellung von Asante Kotoko Mark Gleeson ist ein südafri kanischer Journalist und Fuss “Kotoko hat die Liga in den letzten beiden Jahren dominiert.” ball-Kommentator und lebt in Kapstadt. Mehr als ein Jahrzehnt lang war Ghanas Premier League geprägt von der heftigen Rivalität zwischen Asante Kotoko und Hearts of Oak. Mittlerweile hat sich das Ganze aber zu einem eher einseitigen Rennen entwickelt, wodurch die Meisterschaft etwas an Spannung verloren hat. Kotoko hat die Liga in den letzten beiden Jahren dominiert, und zur Halbzeit der aktuellen Saison rangiert das Team wieder mit einem komfortablen Sieben-Punkte-Vorsprung an der Tabellenspitze. So einseitig ging es nicht immer zu. Zwölf Jahre lang wurde der Titel in Ghana zwischen den beiden Klubs ausgemacht, 2010 wurde das Monopol dann von den Aduana Stars durchbrochen, einem völlig unbeschriebenen Blatt, und 2011 nochmals von Berekum Chelsea. In den letzten beiden Spielzeiten war Kotoko das Glück dann wieder hold, die Formkurve der Hearts zeigte jedoch weiter nach unten. Die neue Spielergeneration konnte nicht an die Erfolge früherer Teams anknüpfen. 2012 gewann Kotoko die Liga mit 63 Punkten und war damit allein auf weiter Flur, Hearts landete mit 47 Zählern auf dem dritten Rang. Letzte Saison wurde Kotoko dann erneut zum Meister gekrönt, dieses Mal war der Abstand zu den Verfolgern jedoch nicht ganz so gross. Hearts rutschte gar auf den fünften Platz ab. In dieser Saison könnte die alte Rivalität jedoch wieder in voller Stärke aufflammen, denn der Ausgang einer der am sehnlichsten erwarteten Partien des Kontinents ist so ungewiss wie eh und je. Die beiden Teams werden im Mai am vorletzten Spieltag der Saison gegeneinander antreten. Das letzte direkte Aufeinandertreffen hatte Kotoko Ende September in Accra mit 1:0 für sich entschieden. Bei den beiden Klubs handelt es sich um die beiden Spitzenvereine des Landes mit der grössten Fangemeinde. Hinzu kommt noch, dass sie die beiden grössten Städte Ghanas repräsentieren. Kotoko ist in Kumasi beheimatet und steht unter der königlichen Schirmherrschaft des Asantehene, dem König des Volks der Aschanti. Von den eigenen Fans wird der Klub “Porcupine Warriors” (Stachelschwein-Krieger) genannt. Die Hearts stammen aus der Landeshauptstadt und ihre Anhängerschaft ist eher knallig-urban als traditionell. Dennoch handelt es sich bei dem 1911 gegründeten Klub um einen der ältesten noch existierenden Vereine des Kontinents. Beide haben es bereits zu kontinentalem Ruhm gebracht. Kotoko sicherte sich zweimal den Titel beim African Champions Cup, dem Vorgänger der Champions League, und Hearts gewann im Jahr 2000 die Champions League. Die ghanaische Liga, die im Dezember ihr 20-jähriges Jubiläum als Profiliga feierte, nahm den Spielbetrieb am letzten Wochenende nach langer Pause wieder auf. Ein Sponsorenvertrag über zehn Millionen US-Dollar sowie ein separater Fernsehvertrag gaben dem Wettbewerb wieder Auftrieb. Kotoko muss zwischen den Partien der CAF Champions League nun noch die Ligaspiele unterbringen. Dieses Wochenende steht für den Klub wieder die Champions League auf dem Programm. In der ersten Runde landete man zu Hause einen knappen 2:1-Sieg gegen Barrack Young Controllers FC aus Liberia. Nun steht das Rückspiel an. ZVG Hearts hat keinerlei Champions-LeagueVerpflichtungen und kann sich daher ganz darauf konzentrieren, den Konkurrenten einzuholen und wieder für eine spannende Rivalität zu sorgen. Å Grund zum Feiern Spieler von Asante Kotoko (Archivbild). T H E F I FA W E E K LY 17 emirates.com Tomorrow brings us all closer To new people, new ideas and new states of mind. Here’s to reaching all the places we’ve never been. Fly Emirates to 6 continents. C O U N T D O W N B R A S I L I E N 2 0 14 : N O C H 17 W O C H E N → http://www.fifa.com/worldcup Die Weltmeisterschaft erzeugt Wohlstand Die WM ist keine Ausgabe ohne Chance auf Rückzahlung. Sie ist eine Investition. Insgesamt entstehen etwa 3,6 Millionen Arbeitsplätze. Jobmaschine WM FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke (oben links) und neben ihm Minister Aldo Rebelo in Brasilia. Aldo Rebelo, Sportminister Brasilien Getty Images E s gibt sicher Menschen guten Glaubens, die sich aufgrund individueller Überzeugungen oder ideologischer Motive gegen die Ausrichtung der Fussball WM in Brasilien stellen. Es gibt intellektuell offene Kritiker, die überzeugt sind, die Investitionen der Bundesregierung würden besser im Gesundheits- und Bildungswesen ausgegeben. Daraus erwächst eine gesunde Debatte darüber, was dringend und was aufschiebbar ist, oder was wesentlich und was überflüssig ist. Aus dem radikalen Blickwinkel von Sparsamkeit, ja gar Asketentum, kann man argumentieren, dass beispielsweise Dinge wie Kunst, Museen, Philosophiekurse, Mode und auch Freizeit und Erholung überflüssig und somit aufschiebbar sind. Geistige Nahrung kann verschmäht werden, um stattdessen Verbesserungen im materiellen Bereich zu erzielen. Für die Anhänger dieser Überzeugung wäre das eine Option – für alle anderen allerdings ein falsches Dilemma. Denn in der Zivilisation kann man nicht ein Museum gegen ein Krankenhaus abwägen, nicht ein Stadion gegen eine Schule, nicht einen Liebesroman gegen ein Kilo Bohnen. Daher führen die Schrillheit und die Gewalt, mit der die Ablehnung der Weltmeisterschaft auf die Strassen getragen wird, von der eigentliche Debatte weg. Ich erkenne weder Gutgläubigkeit noch intellektuelle Offenheit bei den politischen Unterstützergruppen, die mit der Begründung zum Boykott der WM aufrufen, dass finanzielle Mittel in überflüssige oder aufschiebbare Dinge flössen, die dringend in Bildung und Gesundheit investiert werden müssten. Erstens ist die WM keine Ausgabe ohne Chance auf Rückzahlung. Sie ist vielmehr eine Investition und ein enormes soziales Vermächtnis, dem ein ungleich geringerer Mitteleinsatz für das Turnier gegenübersteht. Die Weltmeisterschaft hat einen Gesamtetat von R$ 33 Mrd. (ca. US$ 13,9 Mrd.), der sich auf Investitionen bezieht, die seit der Wahl Brasiliens zum Austragungsland im Jahre 2007 getätigt wurden. Unabhängige Beratungsfirmen rechnen zwischen 2010 und 2014 mit einem Anstieg der in der brasilianischen Wirtschaft zirkulierenden Geldmenge um R$ 112 Mrd. (US$ 47 Mrd.). Etwa 3,6 Millionen Arbeitsplätze werden T H E F I FA W E E K LY geschaffen und ein Zusatzeinkommen von R$ 63,48 Mrd. (etwa US$ 26,7 Mrd.) für die Bevölkerung generiert. Die von der Bundesregierung vorgenommenen Investitionen dienen den Menschen in Brasilien. Die Weltmeisterschaft dauert nur einen Monat, doch auch danach bleiben dem Land Flughäfen, Häfen, Viadukte, Schnellstrassen sowie Verbesserungen im Sicherheits- und Telekommunikationsbereich, die der Öffentlichkeit zugute kommen. Die von der Brasilianischen Entwicklungsbank (BNDES) für die Modernisierung und den Bau moderner, komfortabler Stadien zur Verfügung gestellten Gelder werden wie jeder andere Kredit zurückgezahlt. Zweitens steigen auch die für “dringende” und “nicht aufschiebbare” soziale Bereiche bereitgestellten Mittel stetig. Von 2007 bis 2013 wurden R$ 311,6 Mrd. (etwa US$ 131,1 Mrd.) in den Bildungssektor investiert und R$ 447 Mrd. (etwa US$ 188 Mrd.) in den Gesundheitsbereich. Die WM spielt die Kosten wieder ein, sie ist sogar profitabel und generiert Wohlstand, der bei der Lösung von strukturellen und jahrhundertealten Problemen in der brasilianischen Gesellschaft hilfreich sein wird.Å 19 First Love 20 T H E F I FA W E E K LY Ort: Dubai, Al Mafoot FC Datum: 18. Dezember 2005 Z e it : 17. 3 3 U h r Photograph by Levon Biss with support from Umbro / RPM T H E F I FA W E E K LY 21 DEBAT T E Die Dreifach-Diskussion Blutgrätsche Gianluigi Buffon zieht gegen Miroslav Klose die Notbremse. Damit ist der Arbeitstag des Juve-Hüters beendet. Thomas Renggli Foul ist, wenn der Schiedsrichter pfeift – lautet eine lapidare Weisheit. Kommt der Referee seinem Auftrag im Strafraum nach und handelt es sich beim Vergehen um das offensichtliche Verhindern einer Torchance (oder um eine Tätlichkeit), verschärft sich seine Entscheidung zur Höchststrafe für den fehlbaren Spieler: Rote Karte, Penalty, Sperre. Handelt es sich beim Täter um den Goalie, erhält die Sanktion eine weitere Dimension: Um dem Ersatzkeeper Platz zu machen, muss ein weiterer Feldspieler das Terrain verlassen. Am vorletzten Wochenende ging in der Serie A so die Siegesserie von Meister Juventus 22 Turin nach zwölf Spielen abrupt zu Ende. Torwart Gianlugigi Buffon holte gegen Lazio Rom den Deutschen Miroslav Klose von den Beinen und musste schon unter die Dusche, bevor er den ersten Schweisstropfen vergossen hatte. Noch grösser als die Konsequenz für Juventus war die Entrüstung in den italienischen Medien: “Unverhältnismässig”, “übertrieben”, “unangemessen” lauteten die meisten Kommentare. Dass der Schiedsrichter angesichts von Buffons Notbremse aufgrund der reglementarischen Grundlage keine andere Wahl hatte, wurde in den meisten Spalten grosszügig ausgeblendet. Die Diskussion über die “Dreifachbestrafung” wird mit Emotionen geführt. Das International Football Asscociation Board (IFAB) behandelte das Thema beispielsweise an einem Treffen im März 2012. Eine Entschärfung der Regel, wonach eine Rote Karte nur bei Notbremse-Fouls (bzw. der Verhinderung einer klaren Torchance) ausserhalb des Strafraums in jedem Fall gefordert ist, wurde aber nicht beschlossen – mit der Begründung, dass die Idee noch nicht ausgereift sei und dass man T H E F I FA W E E K LY eine neue Annäherung ausarbeiten wolle. Die Schlüsselfragen sind so einfach wie komplex: Was ist eine Notbremse und was die Verhinderung einer offensichtlichen Torchance? Obwohl namhafte Experten weiter insistieren, ist kurzfristig nicht mit einer Kursänderung zu rechnen. Am nächsten IFAB-Meeting am 1. März in Zürich wird das Thema nur unter “Varia” behandelt. “Wir suchen nach einer Lösung”, sagte Jonathan Ford, der General direktor des walisischen Fussballverbandes. “Aber noch haben wir keine bessere Möglichkeit gefunden.” Für eine Änderung der Regeln bedarf es einer Dreiviertel-Mehrheit im achtköpfigen Gremium. Å Die Weekly-Debatte. Was brennt Ihnen unter den Nägeln? Über welche Themen wollen Sie diskutieren? Ihre Vorschläge an: feedback-theweekly@fifa.org. Paolo Bruno / Getty Images Penalty, Rote Karte, Sperre. Die Höchst strafe für NotbremseFouls im Strafraum sorgt für Diskussionen. DEBAT T E Schiedsrichter machen Fehler und viele Rote Karten sind Ermessensfragen. Ein Team auf diese dramatische Weise zu bestrafen, ohne Fehler in Betracht zu ziehen, wäre eine Missachtung der Interessen von Fans, Spie lern und des Sports insgesamt und ganz sicher kein Fairplay. In einigen seltenen Fällen könnte es aber dennoch angemessen sein, um Gewalttätigkeiten zu verhindern. PRESIDENTIAL NOTE Die Dreifachbestrafung kann so angepasst werden, dass das Fairplay mehr Raum bekommt. Die Sperre sollte sich nur auf das betreffende Spiel beziehen und sich nicht auf weitere Partien erstrecken. Eine drohende Rote Karte sollte die Spieler vorsichtig werden lassen. Der Elfmeter müsste in einen Freistoss umgewandelt werden. Philbad, Nigeria Domi2901, Deutschland Die Bestrafung ist völlig in Ordnung. Wir müssen uns um das Problem der Schwalben kümmern. In Nordamerika wird Fussball wegen all den vorgetäuschten Verletzungen oft verlacht. Man sollte den Videobeweis nutzen und bei Schwalben sofort Rot zeigen. Adham_1010, Kanada “Dreifach bestrafung ist zu hart.” Die Spieler müssen durch die Regeln geschützt werden! Nicht nur körperlich, sondern auch sportlich. Fouls und jeder regelwidrige Versuch, eine Torchance zu verhindern, müssen hart bestraft werden. Die hohe Kunst der Spielleitung Lucasjeha, Brasilien Ich bin mit diesen Bestrafungen nicht einverstanden. Denn die Rote Karte und der Elfmeter sind ja die Entscheidungen des Schiedsrichters in einer bestimmten Spiel situation. Manchmal wird dadurch ein Team bevorzugt und man kann in den Wiederholun gen sehen, dass die Entscheidung falsch war. Der Spieler, der das Foul begangen hat, sollte eine Rote Karte (oder eine zweite Gelbe) sehen, ersetzt und gesperrt werden. Ich habe noch keinen Spieler gesehen, der nach einer Sperre seine Lektion gelernt hätte, insbeson dere in der spanischen Liga. Es sollten sogar noch härtere Sperren verhängt werden. Beim Fussball gibt es nicht viel Schutzausrüstung. Die Spieler sind in Zweikämpfen mit aggressi ven Spielern gefährdet. G.R., Honduras Die Frage ist doch, ob eine Anpassung der Spielregeln zu einer Verbesserung des Spiels und zu mehr Authentizität beiträgt. Derzeit bekommt ein Spieler bei einem Regelverstoss im Strafraum sportliche, disziplinarische und administrative Sanktionen gegen sich ausge sprochen. Die administrative Sanktion bezieht sich dabei auf ein noch nicht ausgetragenes Spiel. Somit ist der Grundpfeiler der gleichen Ausgangslage beeinträchtigt. Daher denke ich, dass die Sperre abgeschafft werden sollte. Die Dreifachbestrafung ist zu hart! Insbe sondere wenn man bedenkt, dass der Treffer, der durch das Foul verhindert werden sollte, in der grossen Mehrzahl der Fälle dann eben vom Elfmeterpunkt aus erzielt wird. Wie wäre es mit einer Roten Karte, die nur dann gezeigt wird, wenn der Strafstoss verschossen wird? Ich mag Rote Karten auch dann nicht, wenn der Verteidiger der letzte Mann ist. Rote Karten müssten schweren Fouls vorbe halten bleiben, die die körperliche Unver sehrtheit eines Spielers gefährden und sie sollten offenen Aggressionen entgegenwirken. Adjvfun, Griechenland Lorousa, USA “Die Spieler müssen durch die Regeln geschützt werden.” T H E F I FA W E E K LY D er Ausdruck Dreifachbestrafung ist ein Missverständnis. Denn er suggeriert, dass ein Spieler für ein Vergehen dreimal be straft wird – und ignoriert, dass die Fussball regeln eigentlich keinen Ermessensspielraum lassen. Unter Punkt 12 sind jene zehn Vergehen aufgeführt, die mit einem direkten Freistoss geahndet werden – vom Tritt gegen den Gegner über dessen Anrempeln bis zum absichtlichen Handspiel. Im gleichen Passus ist festgelegt, bei welchen Vergehen ein Platzverweis fällig ist. Unter anderem sind das: grobes Foulspiel, Tätlichkeit, Anspucken des Gegners, das Ver hindern eines Tores oder Vereiteln einer offen sichtlichen Torchance durch absichtliches Handspiel oder durch ein anderes Vergehen. Wird das Foul im Strafraum begangen, muss der Schiedsrichter anstelle eines Frei stosses einen Penalty aussprechen. Das ist der einzige Unterschied zu einer Roten Karte sonst wo auf dem Feld. Anders gesagt: Eine Rote Karte führt überall auf dem Spielfeld a) zu einem Freistoss, b) zum Ausschluss des Spielers und c) zu einer Spielsperre – im Strafraum wird der Freistoss zum Penalty. Es ändert am Tatbestand (und an der erfor derlichen Sanktion) auch nichts, ob der fehl bare Akteur Feldspieler oder Torhüter ist. Die Regeln sind für alle gleich. Deren Auslegung erfordert allerdings Fin gerspitzengefühl. Denn nicht zwangsläufig jedes Foul im Strafraum erfordert einen Platz verweis. Genau diesem Trugschluss scheinen die Schiedsrichter gelegentlich aber zu unter liegen. Mit einer situativen Interpretation des Reglements könnten die Referees die leidige Diskussion über die Dreifachbestrafung ein für alle Mal beenden. Diese Differenzierung ist die hohe Kunst der Spielleitung. Ihr Sepp Blatter 23 Das Märchen von Pago Pago Idyllisches Filmplakat In “Next Goal Wins” steht der Zusammenhalt von Amerikanisch-Samoa im Mittelpunkt – der erste Sieg der Nationalmannschaft soll her. 13 Jahre lang verlor das Nationalteam von Amerikanisch-Samoa jedes Spiel. Dann trat ein unbekannter Holländer auf den Plan – und machte aus den Fussball-Desperados eine Siegermannschaft. Eine Filmcrew hat die schöne Geschichte dokumentiert. Der Film “Next Goal Wins” kommt nächsten April in die Kinos. W er gerne Fussballfeste feiert und auf der Insel Amerikanisch-Samoa wohnt, läuft nicht Gefahr, als Party löwe in die Geschichte einzugehen. Eine Meisterschaft gibt’s nicht. Und die Erfolge der Nationalmannschaft aus Pago Pago sind sehr überschaubar. Statistiken werden lieber verschwiegen. Irgendwo auf der langen Liste steht auch das niederschmetternde 0:31 gegen Australien aus dem Jahr 2001. Es ist die höchste Niederlage, die ein Nationalteam je in einem Ernstkampf hinnehmen musste. Es gibt schönere Erinnerungen. Der Torhüter ist heute noch traumatisiert. 24 56 000 Menschen leben auf der Vulkaninsel im Südpazifik. Das hört sich idyllisch an. Aber das Land hat an verschiedenen Fronten zu kämpfen. Die Wirtschaft ist am Boden und stark von den USA abhängig. Die Weltmacht muss sein Aussengebiet mit Subventionen unterstützen, denn dort liegt die Arbeitslosenquote bei 30 Prozent. Die Einwohner singen und essen gern, nur ihre Lust an körperlicher Aktivität hält sich in Grenzen. Nirgendwo leben so viele übergewichtige Menschen wie in Amerikanisch-Samoa. Vor zweieinhalb Jahren nun lachte auch noch die Fussballwelt über den Kleinstaat. Es war der Tiefpunkt der Nationalmannschaft: letzter Platz im FIFA-Ranking. In 13 Jahren Mitgliedschaft gingen alle Spiele verT H E F I FA W E E K LY loren. Zwei Tore hat Amerikanisch-Samoa in dieser Zeit zustande gebracht. Eines davon aus abseitsverdächtiger Position. Ein harter Filmeinstieg Vielleicht hat da ein auswärtiger Fan mal ein Kärtchen in die Südsee geschickt. Inhalt: “Kopf hoch. Lasst euch nicht unterkriegen. Wir haben auch mal klein angefangen.” Aber es gibt auch Fussballbegeisterte wie Mike Brett und Steve Jamison aus England. Das sind zwei Männer aus dem Filmbusiness. Ihnen sind im Sommer 2011 die Projekte ausgegangen. Und weil die beiden aufstrebenden Regisseure lieber arbeiten, statt sich auf dem Strandtuch zu räkeln, wurden sie hellhörig bei der Meldung Next Goal Wins / Archer’s Mark Alan Schweingruber AMERIK ANISCH-SAMOA NEX T GOAL WINS “Nex t Goal Wins” ist eine Produktion von Agile Films und Archer ’s Mark. Der 92- minütige Dokumentar film läuf t ab April 2014 weltweit in den Kinos. Der T itel lehnt an die Schulhof - Regel, bei der aus Fairness und Zeitnot das nächste Tor über Sieg oder Nieder lage entscheidet – unabhängig vom Zwischenstand. “Nex t Goal Wins” wurde von den britischen Regisseuren Steve Jamison und Mike Brett realisier t. Ein Jahrzehnt nach dem Tiefpunkt kommt ein Trainer, der an sie glaubt. Mentales Doping Das Nationalteam verinnerlicht dank Coach Thomas Rongen eine neue Siegermentalität. über die Amateurmannschaft von Amerikanisch-Samoa. Das war filmreifer Stoff. “Es ging uns nicht darum, die Nation lächerlich zu machen”, sagt Steve Jamison. “Es sollte ein Dokumentarfilm werden, der zeigt, dass Wunder möglich sind.” Der Einstieg in den Film “Next Goal Wins” ist nichts für burnoutgefährdete Torhüter. Ein fünfminütiger Zusammenschnitt zeigt die 31 Gegentore im Spiel gegen Australien. Im Mittelpunkt: Nicky Salapu, der Mann zwischen den Pfosten. Er hechtet mal links, mal rechts, greift nach unhaltbaren Bällen, streckt sich, stapft durch den Fünfmeterraum, schreit, flucht, weint. Es ist dem Torhüter für die Filmpremiere in London anzuraten, eine Taschen- lampe mitzunehmen und etwas verspätet in die Vorführung zu gehen. Die James-Dean-Formel Nach dieser ersten Sequenz folgt ein Interview mit Salapu, das zehn Jahre nach der hohen Niederlage geführt wurde. Es zeigt, wie das Erlebnis den Torhüter belastet. Salapu ringt um Fassung. Er schämt sich. Er, die Legende des nationalen Fussballs. Er, der stolze Familien vater. 31 Gegentore. Was für eine Demütigung. Es ist die alte James-Dean-Formel aus Hollywood: Kein Film funktioniert ohne seine Helden. Mit einem zweistelligen Millionen- Budget aus Kalifornien durften die beiden Engländer nicht haushalten. Aber Brett und T H E F I FA W E E K LY Jamison haben mit wenig Geld die Grund regeln des Filmemachens eingehalten und starke Charaktere geschaffen. Die des Tor hüters. Aber auch die der Verteidigerin Jaiyah Saelua, eine Fa’afafine. Saelua kam als Junge zur Welt und wuchs in der Mädchen- und Frauenrolle auf. Auf Samoa werden Fa’afafines als drittes, eigenständiges Geschlecht behandelt. Die Interviews mit der zarten Persönlichkeit berühren. Jamison sagt: “Wir von der Filmcrew haben alle gehofft, dass wir auf interessante Charaktere treffen. Sonst wäre der Film vielleicht nicht zustande gekommen.” 25 AMERIK ANISCH-SAMOA Und alles gibt. Grätsche mit Stil Der ehemalige Ajax-Spieler macht vor, wie man sich auf nassem Terrain den Ball zurückholt. Auch sein letztes Hemd. Als der Film auf der Kippe stand Die britische Kreativmannschaft hatte den Dreh bis zum diesem Zeitpunkt grandios gemeistert. Wunderbare Story, schöne Landschaftsbilder, richtige Protagonisten. Damit lässt sich auf jeden Fall ein netter Film produzieren. Dass dann aber ganz unverhofft ein Mann auf dem Set auftauchte, den niemand auf dem Plan hatte, machte aus dem vermeintlich “netten” Film ein kleines Meisterwerk. Der Mann hiess Thomas Rongen, 55 Jahre alt, Holländer und im ersten Moment kein Mensch, mit dem man einen Antarktis-Trip unternehmen möchte. Grimmiges Gesicht, drahtiger Körper, kräftige Stimme. Der US-Fussballverband hatte ihn auf Anfrage von Amerikanisch- Samoa geschickt. Rongen ist ein Trainer alter 26 Schule, ein Schleifer. Das machte Regisseur Jamison zuerst Angst: “Als wir von seiner Verpflichtung gehört haben, dachten wir: Jetzt ist unser Film kaputt. Ich habe im Internet gelesen, was für ein Typ das ist. Was, wenn Rongen uns nicht filmen lässt?” Rongen bringt frischen Wind Rongen liess filmen. Und er selbst machte seinem Namen vom ersten Trainingstag an alle Ehre. “Wenn du nicht tust, was ich verlange, dann werde ich dich ersetzen! Dann spielst du nicht mehr für das Team”, schreit er einen Verteidiger an. Sein Stimmorgan alleine wäre ein Hörspiel wert. Rongen benutzt es, um zu korrigieren, zu motivieren, zu erklären. Er macht im Film vor, wie man auf nassem Terrain einem Gegner den T H E F I FA W E E K LY Ball vom Fuss grätscht. Etwas, so scheint es, das die Spieler zum ersten Mal aus der Nähe sehen. Bei aller Autorität wirkt nichts aufgesetzt bei Rongen. Er ist in der Fussballschule von Amsterdam gross geworden und hat mit Johan Cruyff zusammengespielt. Rongen polarisiert in “Next Goal Wins”. Er ist der Star. Beim gemeinsamen Abendessen zeigt sich der Holländer von seiner sensiblen Seite und zerrt noch den Letzten auf seine Seite. Rongen erzählt von seiner Tochter, die mit 18 Jahren tödlich verunfallte und appelliert an die Ehre der Spieler. “Ihr seid alle jung. G eniesst den Moment! Schätzt es, was ihr habt.” Der erste Sieg als Happy End Der Plot geht auf. Happy End inklusive. Der Tag, auf den die Filmcrew, der Trainer und sein Next Goal Wins / Archer’s Mark Pause Auch bei einer entspannten Teamrunde im Meer bleibt die Filmcrew dran. AMERIK ANISCH-SAMOA Für den grössten Sieg ihres Lebens. Der Countdown Amerikanisch-Samoa beim Einschwörungsritual vor dem Spiel gegen Tonga. 23-Mann-Kader einen Monat hingearbeitet hatten, war der 22. November 2011: Amerikanisch-Samoa tritt im WM-Qualifikationsspiel gegen Tonga an und siegt in einer hart umkämpften Partie 2:1. Es ist der erste Erfolg in einem FIFA-Spiel überhaupt. “Woman of the Match” ist Jaiyah Saelua, die Verteidigerin. Sie hat zweimal ein Gegentor verhindert. Die K ameras laufen, Tränen fliessen, die Spieler ringen um Worte. Und ganz zum Schluss, kurz vor dem Abspann, findet auch Nicky Salapu, der Torhüter, wieder zu einem Lächeln. “Alles ist wieder gut”, sagt er. “Aber eines Tages möchte ich nochmals gegen Australien spielen. Nur einmal. Das möchte ich.” Å Verband Football Federation American Samoa Ranking 196. Platz Beitritt zur FIFA 1998 Erstes Länderspiel 1983 Bilanz seit 1983 41 Spiele, 2 Siege, 1 Unentschieden, 38 Niederlagen T H E F I FA W E E K LY 27 game onor game over all in or nothing adidas.com/worldcup © 2014 adidas AG. adidas, the 3-Bars logo and the 3-Stripes mark are registered trademarks of the adidas Group. W E E K LY T O P 11 FREE KICK Vereine mit den meisten Mitgliedern Mit Händen und Füssen Perikles Monioudis F ussball war nicht immer ein verbindlich reglementierter, taktischer und bisweilen – etwa in den untersten Amateurligen oder im Jugendbereich – idyllisch lautloser Sport, den man als Zuschauer in Ruhe ge niessen wollte. Vielmehr rührte seine Fas zination daher, dass man selber mitmachte, sich dabei die Lunge aus dem Halse schrie und mehr oder minder unkontrolliert Kraft und Gewalt einsetzte. Spielformationen waren im 10. Jahrhundert noch völlig unbekannt, wie selbst das Spielfeld und die Tore jede Grösse annehmen konnten. Die Mannschaften bestanden nicht selten aus der gesamten männlichen Dorfbevölkerung der unteren Ränge, etwa aus Bauernjungen und Gesellen. Als Tore dienten tatsächliche Tore – die der Stadtbefestigungen. Ziel aller Bemühun gen bei diesem Volksspiel war es, den Ball vor Anbruch der Dunkelheit ins gegnerische Dorf zu tragen, zu kicken, zu rollen, zu werfen. Erlaubt war soweit alles, niemand kümmerte es, dass geprügelt wurde, gebissen und geschlagen. Spätestens mit der Industrialisierung kam den tieferen Ständen der “Fussball” abhanden. Die reglementierte Fabrikarbeit liess ihnen keine Zeit für derlei Vergnügungen. Die Bürger und die Aristokratie nahmen sich in der Folge des Spiels an. In den englischen Public Schools, in denen sie die Kinder der tieferen Stände unter wiesen, wandelte sich das urtümliche Volks spiel zum Sportspiel mit (zu Beginn noch unein heitlichem) Regelwerk, bei dem die Tugenden Selbstdisziplin und Durchsetzungsvermögen im Vordergrund standen – mithin die Einübung ins Militärische. 1863 erfolgte in London die Gründung der Football Association, der die Rugbyklubs f ernblieben. Der Ball verliess spätestens dann die Hände und gehörte ganz den Füssen. In Amerika kam der Ball bis vor kurzem nie richtig zum Fuss. Es fehlte zu Beginn die Aris tokratie, die verhindert hätte, dass der Ball mit den für die Lohnarbeit so wertvollen Händen gespielt wurde. American Football schlug so den Weg des Rugby ein und wandte sich von dem ab, was man heute Soccer nennt. Von den amerikanischen Sportarten geht der Reiz des Taktilen aus. Vor allem Basketball und Golf hatten in Europa, von Eishockey abge sehen, schon viel an Boden gewonnen, bevor die europäischen Fussballligen aus ihrem Dornrös chenschlaf erwachten. Mit der Premier League als Vorreiterin eines modernen, die Spielfreude als Erfolgsfaktor begreifenden Fussballs wandel te sich in Europa das alte Kick-and-Rush-Caten nacio-Manndeckungsspiel zum flüssigen, den kompletten Fussballer erfordernden Lauf- und Kombinationsspiel. Die Niederländer bei Arsenal (etwa Dennis Bergkamp, von 1995 bis 2006 ein “Gunner”) sowie – ausgerechnet ein Italiener – Gianfranco Zola beim Chelsea FC (1996 bis 2003) standen am Anfang dieser Entwicklung. Der englische Fussball hatte seine einstige Strahlkraft wiedererlangt. Bergkamp und Zola muss man als Oberrektoren der Public Schools sehen. Ohne sie hätten wir alle wohl schon bald nur noch den amerikanischen Basketball ver folgt. Å Die wöchentliche Kolumne aus der The-FIFA-Weekly-Redaktion T H E F I FA W E E K LY 1 Benfica Lissabon Mitglieder: 235 000 Sportarten: Fussball, Basketball, Handball, Rad, Rollhockey, Rugby, Volleyball, Tischtennis (u.a.) 2 FC Bayern München Mitglieder: 223 985 Sportarten: Fussball, Basketball, Handball, Schach, Tischtennis, Turnen 3 FC Barcelona Mitglieder: 177 246 Sportarten: Fussball, Baseball, Basketball, Eishockey, Eiskunstlauf, Handball, Hockey, Leichtathletik, Rollhockey, Rollstuhlbasketball, Rugby 4 Manchester United Mitglieder: 151 079 Sportart: Fussball 5 FC Arsenal Mitglieder: 130 000 Sportart: Fussball 6 FC Schalke 04 Mitglieder: 119 040 Sportarten: Fussball, Basketball, Handball, Leichtathletik, Tischtennis 7 Juventus Turin Mitglieder: 111 100 Sportart: Fussball 8 Inter Mailand Mitglieder: 110 000 Sportart: Fussball 9 SC Internacional (Porto Alegre) Mitglieder: 100 135 Sportart: Fussball 10 Boca Juniors Mitglieder: 100 000 Sportarten: Fussball, Aerobic, Basket ball, Futsal, Gewichtheben, Judo, Karate, Kunstturnen, Leichtathletik, Rhythmische Sportgymnastik, Ringen, Taekwondo, Ringen, Volleyball 11 Borussia Dortmund Mitglieder: 95 000 Sportarten: Fussball, Boxen, Handball, Leichtathletik, Tischtennis Gibt es noch grössere Vereine? Ihre Meinung an: feedback-theweekly@fifa.org 29 DAS INTERVIEW “Das Tourette-Syndrom gibt in der Kabine zu lachen” Einst von Manchester United vertrieben, ist Tim Howard beim FC Everton unverzichtbar geworden. Jetzt will der 34-Jährige mit den USA Geschichte schreiben. Howard über die schwere WM-Gruppe, das Tourette-Syndrom und sein legendäres Tor aus 100 Metern. Tim Howard, Sie haben vor sieben Jahren Manchester United im Ärger verlassen. Heute scheint es Ihnen bei Everton besser zu gefallen als anderswo. Sie haben als junger Torhüter vier Jahre bei den Metro Stars in New York gespielt. Auch als Ersatz von Amerikas Soccer-Legende Tony Meola. Wie war er? Tim Howard: Ja, es gefällt mir wirklich gut beim FC Everton. Die Stadt Liverpool, die Fans. Die Zeit bei Manchester United war eine schöne Erfahrung. Aber eben, dann hat der Klub 2005 Edwin van der Sar verpflichtet, kurz nachdem ich den Vertrag verlängert hatte. Das hat mich zuerst verärgert. Heute habe ich kein Problem mehr damit. So ist das Geschäft. Und der FC Everton ist toll. Tony war mein Mentor und ist ein wunderbarer Mensch. Von ihm habe ich viel gelernt, durch ihn bin ich in den Profifussball reingekommen. Seine offene und ehrliche Art, die vielen Gespräche, das hat mir alles geholfen als junger Spieler. Wir telefonieren heute noch regelmässig. Gerade letzte Woche hat er mich angerufen. Er arbeitet heute fürs US-Fernsehen. Zumal es Manchester United schlecht läuft. Haben Sie Kontakt zu Ihrem alten Klub? Soccer hat in den USA einen geringen Stellenwert. Wie empfinden Sie dies als Spieler? Ich lebe immer noch in Manchester. Aber einen besonderen Kontakt zum Klub habe ich nicht. Der US Soccer steht auf sehr gesunden Beinen. Da ist eine gute Basis vorhanden. Und die Fankultur stimmt auch. Unser Fussball hat Zukunft, auch wenn er nicht als die Nummer eins im Land gilt. Glauben Sie, Sir Alex Ferguson könnte an die Seitenlinie zurückkehren bei ManU? Nein, das denke ich nicht. Er hatte eine fantastische Zeit bei Manchester United und hat sich dort verewigt. Aber er geniesst nun seine Pension. Ich habe ihn als Mensch und Trainer sehr geschätzt. Es war eine Ehre, unter ihm zu spielen. Auf Youtube gibt’s eine wunderbare Spielszene von Everton gegen Bolton. Sie spielen darin die Hauptfigur. Sie meinen das Tor vor zwei Jahren? Genau. Das vierte Torhüter-Tor in der Geschichte der Premier League. Auf den Treffer werde ich oft angesprochen. Es war ein windiger Abend in Liverpool. Ich kicke den Ball in der zweiten Halbzeit aus meinem Elfmeterraum, er setzt zwanzig Meter vor dem gegnerischen Tor auf, springt über Boltons Torhüter und landet irgendwie im Netz. Da war keine Absicht dabei. Und es tat mir auch leid für Bogdan, den Torhüter von Bolton. Ich habe so ein Tor selber schon kassiert. Kein schönes Gefühl. 30 Die Amerikaner gehen gerne mal in die Offensive. Wird vom US Team der Titel erwartet in Brasilien? Nein, so ist das nicht. Wir fahren da alle hin und freuen uns extrem, die USA zu vertreten. Was daraus wird, werden wir sehen. Der Viertelfinal-Einzug an der WM 2002 hat unsere Fans damals richtig mitgerissen. Klar: So etwas will jeder wieder erleben. Wie ist es, mit Jürgen Klinsmann zu arbeiten? Fantastisch. Es ist unglaublich, wie Klinsmann mit seinen Ideen und seiner inspirierenden Art die Nationalmannschaft bereichert hat. Es macht grossen Spass, mit ihm zu arbeiten. Wir müssen von seiner WM-Erfahrung profitieren. Das können wir in unserer Gruppe mit Deutschland, Ghana und Portugal gebrauchen. Sie leiden seit Ihrer Kindheit unter dem Tourette- Syndrom. Wie äussert sich die Krankheit? Ich habe Zuckungen, manchmal im Arm oder im Nacken. Das ist unterschiedlich. Aber T H E F I FA W E E K LY glücklicherweise äussert sich die Krankheit nicht im Verbalen – so wie bei anderen Menschen mit dem Tourette-Syndrom. Ich muss hin und wieder auch husten. Oft wenn ich nervös bin. Wie beeinträchtigt das Ihre Leistung auf dem Feld? Gar nicht. Wenn ich mich konzentriere und der Gegenspieler sich nähert, dann bleiben die Zuckungen komplett aus. Die Ärzte können sich das auch nicht erklären. Es ist, als ob meine Konzentration stärker als das Tourette-Syndrom ist. Ist Ihre Krankheit in der Mannschaft ein Thema? Alle wissen Bescheid, aber niemand hat damit ein Problem. Im Gegenteil. Wir lachen in der Kabine gemeinsam drüber, wenn ich mal wieder mit dem Arm zucke. Mit Tim Howard sprach Alan Schweingruber Name Tim Howard Geburtsdatum, Geburtsort 6. März 1979, North Brunswick Position Torhüter Vereine North Jersey Imperials, Metro Stars, Manchester United, Everton Nationalteam 96 Spiele für die USA, 2 WM-Teilnahmen Grösste Erfolge Simon Bruty / Sports Illustrated / Getty Images US-Fussballer des Jahres 2008 FA-Cup-Sieger 2004 T H E F I FA W E E K LY 31 ZEITSPIEGEL T H E N Caracas, Venezuela König Pelé. Der Weg an die WM-Endrunde in Mexiko führt Brasilien nach Venezuela. Dort wird Edson Arantes do Nascimento – Pelé – von den jugendlichen Fans begeistert empfangen. Der Ausnahmefussballer kennt keine Berührungsängste, auf dem Fussballplatz später aber auch keine Gnade. Zum 5:0 gegen Venezuela steuert er zwei Tore bei. In Mexiko gewinnt er seinen dritten persönlichen WM-Titel. “1970 habe ich meinen besten Fussball gespielt”, sagt er rückblickend. 32 T H E F I FA W E E K LY Global Photo / fotoglori (2) 1969 ZEITSPIEGEL N O W São Paolo, Brasilien 2012 Prinz Neymar. Wie Pelé wird Neymar da Silva Santos Júnior in der Nachwuchsabteilung des FC Santos gross – und er begeistert die Jugend ebenso wie 43 Jahre zuvor sein grosses Idol. Es ist eine der letzten Trainingseinheiten mit seinem brasilianischen Klub. Im Gegensatz zu Pelé wechselt Neymar nach Europa. Die Brasil-Boys halten die Begegnung mit ihrem Idol per Handykamera fest. Auch das ist ein Unterschied zu Pelés grosser Zeit: Mit Drehscheibentelefonen liess sich nicht fotografieren. T H E F I FA W E E K LY 33 www.kia.com Einzigartiges Design. Zur Perfektion gebracht. Der neue Kia *Ausstattung kann länderspezifisch variieren Kraftstoffverbrauch in l/100 km: kombiniert 7,2-4,9; innerorts 9,6-5,7; außerorts 5,9-4,4. CO2-Emission: kombiniert 168-129 g/km. Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen neuer Personenkraftwagen können dem „Leitfaden über den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen und den Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen“ entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der DAT Deutsche Automobil Treuhand GmbH, Hellmuth-Hirth-Straße 1, 73760 Ostfildern (www.dat.de) unentgeltlich erhältlich ist. DAS FIFA-R ANKING Rang Team 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 18 20 21 22 23 24 25 26 27 27 29 30 31 32 33 34 35 35 37 38 38 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 62 64 65 66 67 68 69 70 70 72 73 74 75 75 77 Rangveränderung Punkte Spanien Deutschland Argentinien Portugal Kolumbien Schweiz Uruguay Italien Brasilien Niederlande 0 0 0 1 -1 2 -1 -1 1 -1 1506 1314 1255 1219 1211 1159 1157 1135 1125 1122 Belgien Griechenland USA Chile England Kroatien Bosnien und Herzegowina Ukraine Frankreich Dänemark Mexiko Russland Elfenbeinküste Ecuador Schweden Algerien Slowenien Kap Verde Serbien Armenien Tschechische Republik Panama Rumänien Schottland Costa Rica Venezuela Ghana Ägypten Iran Honduras Peru Türkei Österreich Ungarn Tunesien Kamerun Nigeria Island Paraguay Japan Wales Montenegro Australien Slowakei Albanien Israel Usbekistan Vereinigte Arabische Emirate Mali Norwegen Republik Korea Burkina Faso Guinea Südafrika Finnland Senegal Republik Irland Libyen Jordanien Polen Bolivien Bulgarien Sierra Leone Marokko Sambia Saudiarabien Trinidad und Tobago 0 0 1 1 -2 0 2 0 2 5 0 0 -6 -1 1 1 2 8 1 8 -3 4 0 3 -3 4 -13 -7 -4 3 1 3 4 2 -1 4 -6 1 2 -2 4 0 3 6 1 7 8 5 -19 -1 -8 -4 -1 -10 1 2 0 -6 3 7 -1 2 3 0 -6 -2 1 1117 1084 1044 1038 1032 966 919 917 917 907 887 862 841 831 821 819 799 799 775 771 760 754 746 742 734 734 733 729 729 716 704 703 678 673 656 626 616 613 603 601 598 594 576 574 571 570 569 565 561 557 556 554 554 550 540 529 528 523 514 494 494 486 484 454 450 450 444 Rang Sept. 2013 Okt. 2013 Nov. 2013 → http://de.fifa.com/worldranking/index.html Dez. 2013 Jan. 2014 Feb. 2014 1 -41 -83 -125 -167 -209 78 79 80 80 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 91 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 111 113 114 115 116 117 118 118 120 121 122 123 124 124 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 Platz 1 Aufsteiger des Monats El Salvador Haiti Oman Jamaika Belarus EJR Mazedonien Uganda Nordirland Kongo Gabun VR China Neuseeland Togo DR Kongo Estland Aserbaidschan Botsuana Angola Liberia Benin Kuba Katar Simbabwe Äthiopien Litauen Georgien Niger Zentralafrikanische Republik Bahrain Moldawien Kenia Kuwait Tadschikistan Lettland Dominikanische Republik Kanada Irak Malawi Tansania Neukaledonien Mosambik Äquatorial-Guinea Luxemburg Libanon Zypern Sudan Namibia Burundi Guatemala Philippinen Kasachstan Turkmenistan Myanmar Malta Suriname Syrien Ruanda Grenada DVR Korea Gambia Afghanistan Lesotho Tahiti St. Vincent und die Grenadinen Belize Vietnam Hongkong T H E F I FA W E E K LY 10 0 -1 1 1 1 3 5 -1 -2 4 2 -19 -10 2 1 3 -6 1 2 2 2 5 -6 1 -1 0 2 4 -11 1 -3 3 5 3 -2 1 2 2 4 2 -10 2 2 3 -4 1 0 -14 0 0 4 -1 -1 0 2 -4 -1 -1 1 0 -1 1 14 10 0 -7 Absteiger des Monats (Togo) Absteiger des Monats (Mali) 436 430 426 426 423 402 400 397 393 386 380 378 376 373 373 372 360 356 354 335 334 331 330 329 326 325 316 310 308 305 300 299 285 282 282 275 269 268 254 252 251 251 247 243 240 236 234 234 229 219 214 203 200 199 197 196 195 194 191 190 184 182 179 177 176 172 170 144 146 147 148 148 150 150 150 153 154 154 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 172 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 184 186 187 187 189 190 190 190 193 194 194 196 196 198 198 200 200 202 203 204 205 206 207 207 207 Palästina Antigua und Barbuda Thailand St. Lucia Kirgisistan Liechtenstein Singapur Malaysia St. Kitts und Nevis Indien Guyana Laos Puerto Rico Indonesien Mauretanien Guam São Tomé und Príncipe Tschad Malediven Bangladesch Pakistan Dominica Nicaragua Barbados Nepal Chinese Taipei Sri Lanka Aruba Färöer Salomon-Inseln Bermuda Seychellen Mauritius Curaçao Vanuatu Mongolei Fidschi Samoa Guinea-Bissau Swasiland Bahamas Jemen Madagaskar Montserrat Kambodscha Brunei Darussalam Osttimor Tonga Amerikanische Jungferninseln Cayman-Inseln Papua-Neuguinea Britische Jungferninseln Amerikanisch-Samoa Komoren Andorra Eritrea Macau Südsudan Somalia Dschibuti Cook-Inseln Anguilla Bhutan San Marino Turks- und Caicos-Inseln -2 -2 1 -2 -2 6 -1 4 -3 2 -3 -3 -1 3 -14 2 -1 2 0 0 7 1 -8 -2 3 -3 -2 -2 -2 -2 0 0 0 0 0 1 1 1 1 2 1 -6 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 -1 0 0 0 0 0 0 0 170 164 158 155 155 152 152 152 150 149 149 146 141 135 127 123 122 121 120 116 107 103 102 101 98 97 90 87 87 86 83 67 66 65 55 49 47 45 43 40 40 39 33 33 30 26 26 26 23 21 21 18 18 17 17 11 11 10 8 6 5 3 0 0 0 35 THE SOUND OF FOOTBALL DAS OBJEK T Perikles Monioudis Hanspeter Kuenzler Angesichts seiner Leidenschaft für den Fussball muss man es Bob Marley als eine Unterlassungssünde ankreiden, dass er nie ein Lied zu diesem schönen Thema komponiert hat. Aber auch ohne sein Gesang schlägt die Verbindung von Reggae und Fussball indes tiefe Wurzeln. Tatsächlich waren mit As ton “Family Man” Barrett (Bass) und seinem Bruder Carlton “Charlie” Barrett (Drums) zwei spätere Wailers-Mitglieder mit von der Partie, als der in Kingston ansässige Produzent Harry “J” Johnson 1969 die Instrumentalnummer “The Liquidator” einspielte. Damals rief der Begriff “Skinhead” noch nicht die üblen, rassistischen Assoziationen der späteren 70er-Jahre hervor. Im Gegenteil: Der kahlgeschorene Schädel von 36 weissen, britischen Jugendlichen war eine Absage an die Hippies und ein Zeichen der Bewunderung für die Kultur der jungen Jamaikaner, die inzwischen in England lebten. “The Liquidator” schaffte es sogar in die vorderen Ränge der Hitparade. Der Sprung in die Fussballstadien war denn ein kurzer. Die Supporter von Wolverhampton Wanderers, Chelsea, West Bromwich Albion, Yeovil Town, Wycombe Wanderers und Northampton Town behaupten alle, zu dem Stück als erste ihre Parolen in den Regen hinaus gebrüllt zu haben. Der Stadion-DJ der Wolves musste allerdings bald wieder aufhören damit: Zu obszön waren die Texte, die sich die Fans dazu einfallen liessen. Dafür gehört beim Chelsea FC an der Stamford Bridge “The Liquidator” fünf Minuten vor dem Anpfiff noch heute zum Stimmungsritual. Auf Umwegen ist Bob Marley doch noch zu musikalischen Fussball-Ehren gekommen. “Tribute to the Reggae Boyz” hiess ein Album, das d iverse Fussballlieder zusammenführte, die Künstler wie Jimmy Riley, Mega Banton und General Tree anlässlich der einmaligen WM-Teilnahme von Jamaika im Jahr 1998 aufgenommen hatten. Wie es sich gehörte, enthält das Album auch ein Lied von Bob. Im Zusammenhang mit Fussball erlangte der Text des Liedes “Small Axe” allerdings eine eher dubiose Doppelbedeutung: “If you are a big tree, we are the small axe, sharpened to cut you down ...” Dennoch fielen die Jamaikaner – die “Reggae Boyz” – an der WM nicht durch eine ruppige Spielweise auf. Æ T H E F I FA W E E K LY Sion Ap Tomos Stimmung mit “The Liquidator” Fussball besteht – zumindest im wörtlichen Sinne – aus Fuss und Ball. Während der Fuss als menschliche Extremität im Allgemeinen die Aufmerksamkeit bekommt, die ihm als solche zusteht, fristete der Ball lange Zeit ein Dasein als notwendiges Übel. Er wendete dabei die üble Not, die darin bestand, dass – schon und gerade in den Anfängen – ohne ihn kein Fussballspiel möglich war. Das scheint nicht viel, und doch ist es alles. Wie gesagt: ohne Ball kein Fussball. Das oben abgebildete Exemplar – ein Artefakt aus der FIFA-Sammlung – stammt von den Schottland vorgelagerten Orkney-Inseln und ist auf eine Weise zweifarbig, dass er, in luftiger Höhe fliegend, gewissermassen blinkt, wenn er sich schnell dreht. Man mag sich heute zu Recht fragen, ob ein solcher Lederball überhaupt sehr weit in die Luft gekickt werden kann – besonders bei Regenwetter saugt er sich doch voll, könnte man denken. Vermutlich liegt man damit gar nicht so falsch. Und muss ein Ball denn wirklich blinken? Reicht es nicht, wenn er sein Ziel in stiller Bescheidenheit findet? Ja, natürlich reicht das – wenn auch die offi ziellen Fussbälle der vergangenen und der künftigen Weltmeisterschaften, der Adidas Tango etwa oder der Adidas Brazuca, bemalt bzw. bedruckt sind, schwarz der eine, bunt der andere. Ihre Farbe wechselt deshalb noch lange nicht, wenn sie in den Lüften unterwegs sind. Sie bekommen ihre Farbe durch die Spieler, die auch für die Farbe des Spiels verantwortlich zeichnen. Ein farbiges Spiel kommt – unabhängig vom Endresultat – bei den Leuten gut an. Und doch ist ein Ball nur dann ein guter Ball, wenn mit ihm Siege herausspringen. So einfach ist das Wesen des Fussballs. Å TURNING POINT “Ich war nicht bereit, aufzugeben” Als erster dunkelhäutiger Spieler von Lazio Rom hatte Aron Winter in Italien mit Rassismus zu kämpfen. Er beschloss zu bleiben und bereut keine Minute in der Serie A. Lukas Maeder / 13 Photo W ie vermutlich jedes fussballbegeisterte Kind habe ich auf den Strassen meines Viertels die ersten Gehversuche mit dem Ball am Fuss gemacht. Ich träumte immer davon, ein Fussballstar zu sein. Das waren aber alles Träumereien, nie hätte ich damals gedacht, dass ich es tatsächlich schaffen würde. Mit 19 Jahren unterschrieb ich bei Ajax Amsterdam. Mit Johan Cruyff als Coach gewannen wir 1987 den KNVB-Pokal und den Europapokal der Pokalsieger. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Es lief alles perfekt. Im gleichen Jahr gab ich mein Debüt in der niederländischen Nationalmannschaft. Es war eine Ehre für mich, Teil dieses Teams zu sein. Und natürlich ging ein riesiger Traum in Erfüllung, als ich 1988 für die EM in Deutschland nominiert wurde. Ich war der jüngste Spieler im Kader und auch wenn ich kein einziges Spiel absolvierte, war es grossartig, Teil dieser Gruppe zu sein, den Titel zu gewinnen, diese Freude mit meinen Mitspielern zu teilen: Davon träumt jeder Fussballer. Es waren wundervolle Momente. 1992 gewannen wir mit Ajax den UEFA-Cup und mir war klar, dass ich in den Niederlanden das Maximum erreicht hatte. Jede Liga hat ihre Grenzen. Ich wollte mich in der besten Meisterschaft der Welt beweisen. Das war damals eindeutig Italien. Als ich das Angebot von Lazio erhielt, musste ich nicht überlegen. Man muss sich auch vor Augen führen: Damals waren gerade mal drei Ausländer pro Team erlaubt. Und mich hatte man auserwählt, einer von diesen zu sein. Was mich in Rom erwarten sollte, darauf war ich nicht vorbereitet. Als ich das erste Mal einlief, war es ein Schock. Ich wurde aus gepfiffen. Und zwar nicht, weil ich schlecht spielte, sondern weil ich dunkelhäutig bin! Erschwerend kam hinzu, dass ich mit Vorname Name Aron Mohamed Winter Geburtsdatum, Geburtsort 1. März 1967, Paramaribo (Suriname) Position Mittelfeld Vereine Ajax Amsterdam, Lazio Rom, Inter Mailand, Sparta Rotterdam (Leihe) Nationalteam Niederlande 84 Einsätze, 6 Tore Aron heisse (ein ursprünglich jüdischer Name) und von Ajax kam – dem Klub, der mit dem Judentum assoziiert wird. Normalerweise hätte sich jeder gesagt: “Nicht mit mir.” Ich war aber nicht bereit, aufzugeben. Ich wollte diesen Menschen zeigen, dass sie falsch liegen, ich wollte auf dem Platz beweisen, dass die Hautfarbe keine Rolle spielt. Rassismus darf und kann nie ein Weg sein, Probleme zu lösen. Ich habe viel Unterstützung vom Team und dem Verein genossen und auch die Fans haben schnell gemerkt: Der Winter kann was. Sie schlossen mich in ihr Herz. Prägend waren für mich auch die Begegnungen mit meinen Mitspielern. Paul Gascoigne beispielsweise. Er war einer der besten englischen Fussballspieler der Geschichte und ein grossartiger Mensch. Und natürlich auch die grossen italienischen Stars, mit denen ich bei Inter gespielt habe: Baggio, Bergomi, Pagliuca ... Ich war wirklich sehr glücklich in Italien und hätte auch T H E F I FA W E E K LY meine Karriere dort beendet, wäre nicht meine Mutter krank geworden. Für mich war klar, dass ich zurück nach Hause muss. Ich hatte verschiedene Angebote, habe mich aber für meinen Klub entschieden und bin zurück zu Ajax. Fussball ist nach wie vor mein Leben. Ich habe mich als Trainer engagiert, war in Kanada und habe da eine spannende und lehrreiche Zeit erlebt. Was die Zukunft bringt? Ich weiss es nicht. Fussball wird darin aber eine Rolle spielen, so viel steht fest. Sei es als Coach, in der Vermarktung oder ganz einfach als Botschafter dieses wunderbaren Sports. Å Aufgezeichnet von Sarah Steiner Persönlichkeiten des Fussballs erzählen von einem wegweisenden Moment in ihrem Leben. 37 EVERY GASP EVERY SCREAM EVERY ROAR EVERY DIVE EVERY BALL E V E RY PAS S EVERY CHANCE EVERY STRIKE E V E R Y B E AU T I F U L D E TA I L SHALL BE SEEN SHALL BE HEARD S H A L L B E FE LT Feel the Beauty BE MOVED THE NEW 4K LED TV “SONY” and “make.believe” are trademarks of Sony Corporation. The FIFA Weekly Eine Wochenpublikation der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) FIFA - R ÄT SEL - CUP Internet: www.fifa.com/theweekly Ein paar Tränen, ein neuartiges Trikot und Hilfe aus der Flasche – raten Sie mit! Herausgeberin: FIFA, FIFA-Strasse 20, Postfach, CH-8044 Zürich Tel. +41-(0)43-222 7777 Fax +41-(0)43-222 7878 Präsident: Joseph S. Blatter Generalsekretär: Jérôme Valcke 1 N L G F Direktor Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit: Walter De Gregorio Chefredakteur: Thomas Renggli Art Director: Markus Nowak Was haben die vier Herren gemeinsam? Sie ... ... führen derzeit die Torschützenliste ihrer Liga an. ... spielten alle früher für Manchester United. ... sind alle Sternzeichen Jungfrau. ... dürfen bei der WM in Brasilien nicht mitspielen. Mal wieder ein Spieler aus La Liga – aber wie so oft kein Spanier. Wie lange ist es her, seit zuletzt ein spanischer Staatsbürger den Ballon d’Or gewonnen hat? 2 Redaktion: Perikles Monioudis (Stv. Chefred.), Alan Schweingruber, Sarah Steiner A 0 –5 Jahre O 15 – 50 Jahre Ständige Mitarbeiter: Jordi Punti, Barcelona; David Winner, London; Hanspeter Kuenzler, London; Roland Zorn, Frankfurt/M.; Sven Goldmann, Berlin; Sérgio Xavier Filho, São Paulo; Luigi Garlando, Mailand Bildredaktion: Peggy Knotz, Andreas Wilhelm 3 Produktion: Hans-Peter Frei (Leitung), Richie Krönert, Marianne Bolliger-Crittin, Mirijam Ziegler, Susanne Egli, Peter Utz I 5 – 15 Jahre U 50 – 500 Jahre In welchem Fussballstadion ist der Sauerstoffgehalt der Luft am geringsten? DMaracanã TWembley RAztekenstadion M Überall etwa gleich Korrektorat: Nena Morf Redaktionelle Mitarbeit in dieser Nummer: Mark Gleeson, Aldo Rebelo 4 Redaktionssekretariat: Loraine Mcdouall Übersetzung: Sportstranslations Limited www.sportstranslations.com Projektmanagement: Bernd Fisa, Christian Schaub Druck: Zofinger Tagblatt AG www.ztonline.ch Getty Images Kontakt: feedback-theweekly@fifa.org Der Nachdruck von Fotos und Artikeln aus dem The FIFA Weekly, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung der Redaktion und unter Quellenangabe (The FIFA Weekly, © FIFA 2014) erlaubt. Die Redaktion ist nicht verpflichtet, unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos zu publizieren. Die FIFA und das FIFA-Logo sind eingetragene Warenzeichen. In der Schweiz hergestellt und gedruckt. Brasilien spielt auf den Briefmarken um den WM-Titel – leider im falschen Trikot! Wann? E 1950 I 1958 O 1970 U 1998 Das Lösungswort des Rätsel-Cups aus der Vorwoche lautete: BALE (ausführliche Erklärungen auf www.fifa.com/theweekly). Inspiration und Umsetzung: cus Bitte senden Sie Ihre Lösung bis zum 19. Februar 2014 an die E-Mail feedback-theweekly@fifa.org. Die richtigen Einsendungen aller Rätsel bis am 11. Juni 2014 nehmen an der Verlosung von zwei Eintrittskarten für das WM-Finale am 13. Juli 2014 teil. Vor der Einsendung ihrer Antworten müssen die Teilnehmenden die Teilnahmebedingungen des Gewinnspiels sowie die Regeln zur Kenntnis nehmen und akzeptieren, die unter folgendem Link zur Ansicht bereit stehen: http://de.fifa.com/aboutfifa/organisation/the-fifa-weekly/rules.pdf T H E F I FA W E E K LY 39 FR AGEN SIE DIE FIFA! UMFR AGE DER WOCHE Braucht es ein Videourteil? Ich frage mich schon lange, woher das Wort “Soccer” stammt. Können Sie mir da bitte weiter helfen? Rupen Boyadjian, Jerewan Antwort von Chefredakteur Thomas Renggli: Der Ausdruck ist vor allem in Ländern geläufig, in denen andere Formen von “Football” gespielt wird – beispiels weise in den USA (American Foot ball), Kanada (Canadian Football) oder Australien (Australien Rules Football). “Soccer” wird vom Wort Association abgeleitet – und bezieht sich auf jenes Spiel, das nach den Regeln der (engli schen) Football Asscociation gespielt wird. Association Foot ball tauchte erstmals in den 1880er-Jahren in Oxford auf. Heute wird er in Grossbritannien normalerweise als Football bezeichnet. Schweizer Super League, Spitzenkampf, Basel gegen Young Boys: Der Basler Taulant Xhaka streckt seinen Gegenspieler Alexander Gerndt nieder. Für den YB-Schweden ist die Saison wegen einer schweren Fussverletzung vorbei. Xhaka wurde mit einer Gelben Karte belohnt. Müsste die Liga das Strafmass nachträglich erhöhen? Meinungen an: feedback-theweekly@fifa.org Wird Atlético Madrid Meister? 24% JA NEIN DAS KRISENMAHL Andreas Meier / freshfocus, Getty Images 76+24 ERGEBNIS DER LETZTEN WOCHE: DIE STEUEROASE 76% DER TORGAR ANT 8 50 113 1/ 2 Tore erzielte Rogério Ceni bisher in seiner Karriere – Millionen Euro zahlte die als Torhüter. Der Keeper AS Monaco dem französi des FC São Paolo ist ein schen Profiverband, damit begnadeter Freistossschütze. sie den Steuersitz im Knapp die Hälfte seiner Fürstentum behalten darf. Treffer erzielte er vom Die Investition lohnt sich: Elfmeterpunkt. Im Ran Die Zeitung “Le Parisien” king der treffsichersten rechnete vor, was die Goalies belegen der Topklubs Monaco und Paris Saint-Germain für ihre Stars Paraguayer José Luis Chilavert (mit 62 Toren) Stunden dauerte die Krisensitzung des Hamburger zahlen. Falcao (mit einem und der Kolumbier SV nach der 0:3-Niederlage gegen Hertha Berlin. Monatssalär von 1,2 Million René Higuita (41) die Resultat: nichts. Der einzige Bundesligaklub, der im Euro) kostet Monaco Plätze 2 und 3. seit der Liga-Gründung 1963 ununterbrochen brutto 1,27 Millionen Euro. erstklassig ist, hängt nach sechs Niederlagen in Ibrahimovic belastet die Serie am Abgrund. Auch bei der Verpflegung PSG-Rechnung mit 2,33 nähert man sich der Zweitklassigkeit: An besagter Millionen pro Monat – ob Sitzung liess Klubboss Carl Edgar Jarchow wohl er nur 807 000 Euro Kartoffelsalat mit Würstchen servieren. kassiert. 40 T H E F I FA W E E K LY