Blauer Brief Nr.3 - Ultras Gelsenkirchen

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Blauer Brief Nr.3 - Ultras Gelsenkirchen
Ausgabe 03 / Saison 15/16 • SG Eintracht Frankfurt • Auflage: 1.500 / gegen freiwillige Spende
Termine
Scheiße denken,
Scheiße schreiben
26.09.2015, 18:30 Uhr
Hamburger SV - FC Schalke 04
Volksparkstadion
01.10.2015, 19:00 Uhr
FC Schalke 04 - Asteras Tripolis
Arena auf Schalke
04.10.2015, 15:30 Uhr
FC Schalke 04 - 1.FC Köln
Arena Auf Schalke
Das
bringt
nur
Fotos: UGE
Herausgeber „Blauer Brief“:
Ultras Gelsenkirchen e.V.
Daimlerstraße 6
45891 Gelsenkirchen
www.ultras-ge.de
blauerbrief@ultras-ge.de
# Refugeeswelcome
# BILDnotwelcome
V.i.S.d.P.: Zoran Stanisavljevic
Themen in dieser Ausgabe:
Einleitung +++ Rückblick FC Schalke 04 e.V. - 1.FSV Mainz 05 e.V. +++ Rückblick APOEL Nicosia - FC Schalke 04 +++ Rückblick VfB Stuttgart e.V. - FC Schalke 04 e.V. +++ Gegnervorstellung: Asteras Tripolis +++ Unter Freunden +++ Gedanken­
austausch +++ Zurück zu den Wurzeln - Italien +++ Gemischte Tüte +++
Glück auf Schalker,
mittlerweile haben wir bereits 5 Ligaspiele und das erste Europapokalspiel absolviert. Mit dem 3:0 in Nikosia
konnten wir sowohl auf dem Feld als auch auf den Rängen einen optimalen Start auf der europäischen Bühne
hinlegen. Am vergangenen Sonntag konnten wir in Stuttgart den nächsten Dreier einfahren, nachdem wir eine
Woche zuvor bereits gegen Mainz den zweiten Saisonsieg feiern durften. Am heutigen Abend geht es gegen die
Eintracht aus Frankfurt. Mit Sicherheit kein Selbstläufer, vor allem auf den Rängen haben wir einen namhaften
Gegner. Umso wichtiger ist es also, dass heute jeder alles aus sich heraus holt, den Arbeitstag hinter sich lässt,
und lautstark hinter unserer Mannschaft steht!
Das Schmierblatt mit den 4 Buchstaben hatte sich am vergangenen Spieltag wieder mal eine ganz große Aktion
ausgedacht um sich ins rechte Licht zu rücken. Nachdem in der Vergangenheit zunächst Angst gegenüber
Flüchtlingen geschürt wurde, wollte man nun sein Image mit Hilfe des Fußballs aufpolieren. Somit prangte auf
den meisten Trikots auf dem rechten Ärmel nicht die übliche Werbung eines Versandhandels sondern das Motto
der Bild Aktion. Vermutlich haben sämtliche Vereine die Heuchelei dieser Aktion erkannt, nur leider hatten die
wenigsten den Arsch in der Hose, um diese auch zu boykottiern. Leider gehört unser Verein wieder einmal nicht
dazu und beugte sich dem Druck der Presse. Nachdem wir uns bereits der Stellungnahme der Schalker Fan
Initative angeschlossen haben, folgt im nächsten Blauen Brief auch ein ausführlicher Artikel dazu in der Rubrik
“aUsGEholt - jetzt wird’s kritisch!”.
Vielleicht wurde sich der Aktion auch gebeugt weil unser Vorstand Angst vor negativer Presse hat. Wie bereits
jedem bekannt sein sollte sind Unstimmigkeiten in den Finanzen des SFCV aufgetaucht, in die vermutlich auch
der FC Schalke 04 verwickelt ist. Unser Verein hat ein unabhängiges Prüfunternehmen eingeschaltet um in
diesem Sachverhalt zu ermitteln. Wir hoffen, dass das Thema lückenlos aufgeklärt und die entsprechenden
Schlüsse daraus gezogen werden. Bis es soweit ist, gilt wie bei jedem anderen auch die Unschuldvermutung.
Kommen wir zum Inhalt der heutigen Ausgabe: Leider konnten wir unsere Ankündigung, den zweiten Teil
des Vorsänger-Interviews zu veröffentlichen, nicht einhalten, dieser wird im Blauen Brief gegen Köln aber
nachgereicht. Was wir aber einbauen konnten war der nächste Teil der Italienrubrik samt dem ersten Teil des
Interviews mit einer Gruppe von Juventus Turin. Selbstverständlich findet ihr die üblichen Rubriken samt dem
Spielbericht aus Stuttgart, dieser wurde noch unmittelbar nach dem Spiel auf der Rückfahrt im Bus geschrieben.
Desweiteren informieren wir euch über unseren nächsten Gegner in der Euro League und auch in der neuen
Rubrik “Gedankenaustausch” hat es sich ein Schreiber nicht nehmen lassen, seine Gedanken niederzuschreiben.
Viel Spaß beim lesen! Über Feedback freuen wir uns wie immer per Mail an blauerbrief@ultras-ge.de
Rückblick FC Schalke 04 e.V. - 1. FSV Mainz 05 e.V. 2:1 (1:1)
Sonntagsspiele um 17:30 rufen bei mir keine Jubelstürme hervor, da ich immer einen längeren Weg zu Heim­
spielen zurücklegen muss. Solche Terminierungen konnte man mit dem Erreichen der Euro-League aber nunmal
erwarten. So ging es für mich zu einer unchristlichen Zeit in Richtung GE, um pünktlich den Spieltagstreff an
der GAK zu erreichen, welcher heute entsprechend der Ansetzung und des Gegners durchschnittlich gefüllt
war. Erwähnenswertes passierte hier und auf dem Weg zum Stadion nichts mehr. In der Arena war heute
vonseiten des Vereins eine Aktion im Rahmen der Kumpelkiste und #stehtauf-Kampagne geplant. Hierzu lagen
im ganzen Stadion entsprechend blaue und weiße Pappschilder bereit; in der Kurve verteilten Mitglieder unserer
Gruppe diese. Die Resonanz war insgesamt ziemlich positiv. So hielt der größte Teil des Stadions zum Einlauf
mit kaum merklichen Lücken die Pappen hoch und setzte ein Zeichen für Toleranz und gegen Fremdenhass.
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Per Spruchbänder im Ober- und Unterrang übten
wir in der Nordkurve Kritik an Montagsspielen und
Spieltagszerstückelung. Ferner machten wir mit
„Steuerhinterziehung, Insolvenzverschleppung JETZT wäre der Ehrenrat gefragt“ auf die verworrene
Posse rund um den Rojek-Clan, die inzwischen sogar
zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung
des SFCV geführt hat, aufmerksam. Nach der
Ohrfeige im Verfahren gegen Axel Hefer wäre hier
die Möglichkeit für den Ehrenrat, sich wirklichen
Problemen zu widmen.
Kommen wir zum Spiel: Nach vier Punkten in drei
Spielen musste heute gegen Mainz ein Sieg her. Die personell etwas veränderte Mannschaft startete gut in das
Spiel und hatte in der vierten Minute durch einen Elfmeter eine frühe Chance auf die Führung, die Huntelaar aber
vergab. Das Team blieb jedoch weiter am Drücker, dementsprechend war die Unterstützung von den Rängen in
den ersten 20-25 Minuten auch ziemlich ansprechend. Mehrmals konnten weitere Teile der Kurve mitgenommen
werden und auch die neu eingeführte Klatscheinlage rund um die 19:04. Minute konnte überzeugen. Leider
wurde die Stimmung dann zunehmend schlechter und wurde bis zur Pause, trotz zwischenzeitlicher Führung,
nie wirklich gut. Nachdem Mainz vor der Pause ausglich, war der Start der Kurve und der Mannschaft in die
zweite Halbzeit auch ziemlich schleppend. In der 61. Minute machte Huntelaar seinen Fehler aus der ersten
Spielhälfte dann wieder wett und traf zur verdienten Führung. Danach wurde es in der Nordkurve wieder lauter
und auch das restliche Stadion stieg gegen Ende noch einige Male in die Gesänge ein. Vor allem „Schalke nur
du alleine“ erzeugte eine ordentlichen Lautstärke. Insgesamt konnten auch der durchgängig gute Tifoeinsatz
und die Armeinlagen überzeugen. Das Spiel war zum Ende hin dann doch nochmal spannend, glücklicherweise
blieben die drei Punkte aber in Gelsenkirchen. Nach dem Abpfiff ging es dann wieder zurück zur GAK. Leider
verletzte sich noch ein Mitglied unserer Gruppe bei einem unglücklichen Sturz. An dieser Stelle gute Besserung!
Wir klopfen auf Holz, dass du bald wieder fit bist!
Auch wenn ich das fast vergessen hätte, gab es am
heutigen Tage einen Gegner auf den Rängen: Die
Mainzer Szene startete mit einer kleinen Aktion zum
Intro, die nicht groß im Gedächtnis bleiben wird.
Wirklich angekommen ist akustisch in der Nordkurve
nichts, ab und zu waren relativ geschlossene
Armeinlagen zu sehen und einige Fahnen wurden
auch durchgängig geschwenkt, was ein ganz gutes
Bild ergab. Letztendlich, wie erwartet, kein Auftritt,
über den man nach ein paar Tagen noch spricht, es gab
aber auch schon Schlechteres.
Leider muss man auch noch auf die negativen Begleiterscheinungen des Tages
hinweisen: Einige SV’ler bekamen neben ihrem Stadionverbot am heutigen Tage
noch ein Betretungsverbot für bestimmte Bereiche ausgesprochen. Die Sinnlosigkeit
einer solchen freiheitsbeschränkenden Maßnahme sollte außer den armseligen
Gestalten bei der Polizei ja eigentlich jedem klar sein. Niemals aufgeben Sek SV!
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Rückblick APOEL Nicosia - FC Schalke 04 e.V. 0:3 (0:2)
Schon nach der Auslosung war mir schnell klar, dass es für mich auf jeden Fall nach Zypern gehen sollte. Mitte
September, Temperaturen über 30 Grad, Meer und die Tatsache, dass ich weder 2008 noch 2011 den Weg auf
die geteilte Insel antreten durfte, ließen aber auch keine andere Entscheidung zu. Glücklicherweise wurde der
kurzfristig, natürlich erst nach dem Buchen eingereichte, Urlaubsantrag trotz ernster Ansprache des Chefs auch
von ihm genehmigt, sodass wirklich nichts mehr im Wege stand. Beim Buchen gab es eigentlich auch nur zwei
Möglichkeiten: abenteuerliche Preise oder abenteuerliche Routen. Für mich sollte es zu einem relativ günstigen
Preis von knapp über 200 Euro auf die Insel gehen. Dafür nahmen meine Mitreisenden und ich aber auch einen
fast 24-stündigen Aufenthalt in Sofia in Kauf und lernten so die bulgarische Hauptstadt kennen, worauf wir
durchaus hätten verzichten können.
Nachdem wir am frühen Donnerstagmorgen in Larnaca landeten, ging es für einen Teil der Reisegruppe nochmal
ins Bett. Der andere Teil, inklusive mir, zog es allerdings vor, ein wenig im pisswarmen Wasser zu planschen.
Anschließend ging es für die ganze Truppe zum Treffpunkt der Nordkurve Gelsenkirchen, der so gewählt war,
dass ein erneutes Bad in der riesigen Badewanne für mich drin war. Vom Treffpunkt aus wurden wir dann
mit vom Verein gestellten Bussen ins 50 km entfernte Stadion in Nikosia gebracht, das wir nach sehr laschen
Einlasskontrollen frühzeitig betraten.
Während sich die Heimkurve und die anderen Tribünen langsam im typischen orange füllten, war der Blick
durch den eigenen Block eher erschreckend. Von den 800 Karten, die Schalke zugeteilt wurden, waren zwar
600 offiziell bestellt, jedoch meldeten sich 150 Schalker von der Anwesenheitskontrolle ab und traten die Reise
somit nicht an. Dadurch war der Gästeblock leider eher spärlich gefüllt. Die Heimseite zeigte zum Einlaufen
der Mannschaften eine aus Pappen bestehende Choreographie. Die äußeren Teile der Kurve erstrahlten in den
Vereinsfarben, im mittleren Bereich wurde ein mit einem Tuch vermummtes Gesicht dargestellt. Unten prangte
dazu das Spruchband “In Nicosia you have to compromise... Here you have no ambitions...”. Zusätzlich wurden
mittels zweier Fackeln die Augen rot erleuchtet, bevor weitere Bengalen das Bild abrundeten. Anschließend
legten die Jungs auch supportmäßig gut los, wobei der Großteil der Kurve mitzog.
Der aus ca. 250 Königsblauen bestehende untere Teil des Gästeblocks sprühte vor Motivation, sodass die Gesänge,
für die Größe des Haufens, verhältnismäßig brachial vorgetragen wurden. Der Block rockte zu “Tradition aus dem
Revier” und “um die halbe Welt sind wir gefahren” gut ab und sang voller Inbrunst größtenteils oberkörperfrei
von Oppa Pritschikowski. Zwischendurch teilte sich der Block und der Kampf um die lautere Hälfte begann. Das
Ganze gipfelte dann in gegenseitigen Pöbeleinlagen a la “eure Mütter steh’n am Eierberg”. Hat definitiv allen
Beteiligten Spaß gemacht. Ein Grund mehr für knapp 150 Leute den Nichtantritt der Reise zu bereuen. ;-)
Auf dem Platz sahen wir einen deutlich besseren Kick als 2011 an gleicher Stelle. Nach einem Lattentreffer durch
Geis, netzten Matip und Huntelaar ein, sodass es mit einer komfortablen Führung in die Halbzeitpause ging.
Nach dem Wechsel ging es ähnlich weiter. Unsere Mannschaft verteidigte gut, ließ keine Chancen zu und spielte
sich vorne immer wieder frei, sodass es erst ein nicht gegebenes Abseitstor und dann den 3:0 Siegtreffer durch
den Hunter zu sehen gab.
Nach dem guten Beginn flachte die Stimmung in der Heimkurve rapide ab. In der zweiten Halbzeit war nur noch
sehr wenig Bewegung zu sehen. Die mitgereisten blau-weißen Schlachtenbummler sangen sich zu “ich hab mein
Herz verloren” und “Schalke, nur du alleine” in Ekstase. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir auch das
brachiale “Gelsenkirchen Schalke” mit Doppelklatscher, wobei das Megaphon mit der Sirene sicherlich seinen
Teil zum Spaß an dem Lied beigetragen hat. Nach dem abschließenden Gruß “who the fuck is nicosia” ging es
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entspannt mit dem Bus zurück nach Larnaca, wo wir noch einen köstlichen Grillteller zu uns nahmen und eine Weile
am Strand das Rauschen des Meeres nach einem der besten Auftritte der letzten Jahre genossen, bevor es ins Bett ging.
Während ich diese letzten Worte schreibe, sonne ich mich noch in meiner Liege am Strand, bevor ich gleich noch
ins Meer gehe und heute Abend zurückfliege. Vielleicht motiviert das ja den ein oder anderen dazu, nächstes Mal
den “Buchen”-Button zu drücken.
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Rückblick VfB Stuttgart - FC Schalke 04 e.V. 0:3 (0:2)
Als am Morgen der Wecker klingelte, fühlte es sich an wie ein Montagmorgen, doch es war zum Glück Sonntag
und Spieltag. Die nächsten Gedanken waren somit positiv, da ein Auswärtsspiel in Stuttgart für mich persönlich
eines der schöneren ist. So traten in den letzten Jahren immer viele Schalker die Reise ins Schwabenland an
und auch auf der Seite des Gegners existiert eine Fanszene, die mich sowohl optisch als auch akustisch zu
überzeugen weiß.
Nach einer kurzweiligen Fahrt erreichten wir Stuttgart, konnten die Einlasskontrollen hinter uns lassen und
positionierten uns im Block. Bis zum Anpfiff hing am Zaun ein Spruchband mit der Aussage „#BILDnotwelcome“.
Auch die Stuttgarter Fanszene teilt diese Meinung scheinbar, wie man verschiedenen Spruchbändern entnehmen
konnte. Leider schloss sich unser Verein dieser Meinung nicht deutlich an und veröffentlichte erst drei Stunden vor
Beginn des Spiels eine entsprechende Stellungnahme. In dieser teilte der Verein uns mit, dass man sich bemüht
habe einen anderen Weg zu finden, dies jedoch nicht gelang. Man wolle sich also mit den anderen Vereinen
der 1.Liga solidarisch zeigen und trug somit den entsprechenden Patch am Ärmel. Hier wäre es wünschenswert
gewesen, dass unser Verein, mit der zweithöchsten Mitgliederzahl in Deutschland, die wenigen kleinen Vereine
unterstützt und sich dem Boykott angeschlossen hätte. Schade, dass ein Verein wie der FC Schalke nicht in der
Lage ist, seine Interessen und die seiner Fans entsprechend durchzusetzen.
Mit Beginn des Spiels übernahmen die Stuttgarter auf dem Platz das Kommando und die Folgezeit erinnerte an
ein Scheibenschießen auf den Canstatter Wasn. Jedoch scheiterte der VfB entweder an Keeper Fährmann oder am
eigenen Unvermögen. Die Schalker schlossen eine der wenigen Chancen erfolgreich durch Sané ab und erzielten
den Führungstreffer, der gleichzeitig den Endstand markieren sollte. Stimmungstechnisch legte der königsblaue
Anhang einen Auftritt im oberen Bereich aufs Parkett. Ein Mix aus alten Klassikern und neuen Lieder schallte
durch das Rund und die Kurve war besonders in den Minuten nach dem Führungstreffer besonders lautstark.
Das Anfang der Saison eingeführte Lied „Tradition aus dem Revier“ scheint sich weiter in den Gehörgängen
der Schalker zu verfestigen und hat das Potential sich dauerhaft im Liedgut zu etablieren. Die Heimseite konnte
heute keinen starken Auftritt verbuchen, aber fünf Niederlagen in Folge nagen sicherlich an den Nerven.
Nach erfolgreichem Kampf gegen den Abreiseverkehr sichteten wir zügig das Gelsenkirchener Ortsschild und
lieferten den zweiten Auswärtsdreier in der Stadt der 1.000 Feuer ab.
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Gegnervorstellung: Asteras Tripolis
Noch zwei Teams liegen im Lostopf 4. Partizan Belgrad – ein Verein mit
einer der schlagfertigsten Fanszenen Europas und … Asteras Tripolis –
ein griechischer Provinzklub. Einer dieser Verein wird in die Gruppe
von Schalke kommen, der andere zu Augsburg. Der Pulsschlag
ist nun eindeutig erhöht, schließlich liegen die Chancen bei
50%, dass die wohl brisanteste Auswärtstour seit Jahren für
die Königsblauen ansteht. Die Spannung steigt, aber dann
der rasante Abfall. Schalke bekommt Asteras und Augsburg
bekommt es mit Partizan zu tun. Na toll.
Bevor es für die Schalker im Dezember auf die peloponnesische
Halbinsel gehen wird, gastiert Asteras Tripolis kommende
Woche in der Arena. Mit Korinth, Sparta und Olympia befinden
sich durchaus historisch sehr reizvolle Gegenden auf Peloponnes
- Tripoli gehört nicht dazu. Die rund 50.000 Einwohner Gemeinde ist
zwar Hauptstadt dieser Insel, bietet aber so ziemlich genau gar keine
Sehenswürdigkeiten oder nennenswerte Eigenschaften.
Obwohl Asteras schon 1931 gegründet wurde, spielt der blau-gelbe Club erst seit dem laufenden Jahrhundert
im griechischen Profifußball. In der Vitrine des Vereins finden sich lediglich regionale Titel, nennenswerte Erfolge
auf nationaler oder gar internationaler Ebene kann Asteras Tripolis nicht verbuchen. 2013 erreichte Asteras den
dritten Platz in der griechischen Super League und berechtigte sich so für die Teilnahme an der Europa League
Qualifikation, scheiterte hier jedoch an Rapid Wien. Im folgenden Jahr reichte es für die Gruppenphase in der
unter anderem Mainz geschlagen wurde.
Spielstätte wird das 1979 erbaute Stadio Theodoros Kolokotronis. Seinen Namen einem griechischen
Freiheitskämpfer verdankend fasst das Stadion keine 8.000 Zuschauer. Mag diese Zahl sehr unterdimensioniert
wirken, ist sie dies keinesfalls. Selbst bei den großen Spielen gegen Panathinaikos, Olympiakos und PAOK ist
das Stadion nicht ausverkauft. Ligaspiele vor weniger als 2.000 Zuschauern sind keine Seltenheit und auch bei
ersten Europa League Spiel dieser Saison gegen Sparta Prag fanden sich nicht einmal 3.000 Freunde des runden
Leders ein.
Aussagekräftig sollten diese Zahlen auch über die Fanszene sein. Der Club ist erst spät aus den regionalen
Gefilden aufgestiegen, dann jedoch ziemlich rasant, sodass sich hier parallel kaum etwas entwickeln konnte.
Das mangelnde Potential, das eine Gemeinde mit solch niedriger Einwohnerzahl mit sich bringt, trägt ihr übriges
dazu bei. Eine Gruppe von Supportern bemüht sich dennoch den Club zu unterstützen und nennt sich Tigers
Tripoli. Mitreisende nach Gelsenkirchen sind hier nicht zu erwarten, allenfalls ein paar Griechen aus dem Umland
und Vereinsmitarbeiter.
Wiegt bei dem ein oder anderen die Trauer über einen verpassten interessanten Gegner vielleicht noch groß, so
kann das Spiel in Griechenland zumindest als ein zusätzliches Heimspiel genutzt werden. Aller Voraussicht nach
werden wir in Griechenland die gesamte Hintertortribüne zur Verfügung haben. Rapid Wien und Mainz haben
dies für nette Auftritte genutzt und auch wir werden so versuchen es der jungen Mannschaft noch ein Stück
einfacher zu machen, als Gruppensieger in die Zwischenrunde des Europapokals einzuziehen.
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Unter Freunden
Komiti
Aktuelle Lage:
Vardar führt nach dem vergangenen Spieltag weiterhin die mazedonische Prva Liga vor dem Rivalen Shkendija
Tetovo an, da unsere Freunde zu Hause gegen FK Turnovo einen klaren 5:1-Sieg einfuhren.
Komiti besang die Mannschaft jedoch nur von außerhalb des Stadions, da der Verein den Kartenverkauf einstellte
und Komiti daraufhin die Kommunikation mit dem Verein unterbrach. Der Grund hierfür liegt in einer Strafe
in Höhe von 40.000 Euro für Vardar von der FIFA. Die Strafe wurde für das Spiel Vardar gegen Apoel Nikosia
ausgesprochen - bei der Partie landete Pyrotechnik auf dem Platz bzw. der Tartanbahn.
Ultras Nürnberg
Aktuelle Lage:
Was soll man dazu noch sagen? Der Glubb is a depp und verliert nach schwacher Leistung nicht unverdient
das 259. Frankenderby mit 3:2. Unsere Freunde reisten mit annähernd tausend Anhängern per Fahrrad in die
Westvorstadt, besondere Vorkommnisse gab es jedoch keine. Die Fürther-Heimkurve zeigte zu Beginn des Spiels
eine Choreo, bei der sie den anwesenden Glubberern noch einmal die schmerzliche 5:1 Niederlage vom letzten
Jahr vor Augen führten und jedes Tor als einzelne Blockfahne darstellten. Im Gästeblock gab es rot-schwarze
FCN-Fahnen sowie Fahnen mit der UN-Sonne auf weißen Grund, untermalt von einigen roten und schwarzen
Luftballons zu sehen. Insgesamt ein Tag zum vergessen für die Nordkurve Nürnberg.
Am letzten Wochenende war der SV Sandhausen zu Gast am Valznerweiher, die Partie endete 2:0 für den FCN,
gestern ging es für unsere Freunde nach Kaiserslautern. Zu beiden Spielen wird es in der nächsten Ausgabe
einen Spielbericht geben, in dem hoffentlich von einer Leistungssteigerung der Mannschaft des FCN zu lesen ist.
Vak-P
Aktuelle Lage:
Gegen den Tabellenführer aus Amsterdam ging der FC Twente völlig überraschend mit 2:0 in Führung, gab in der
letzten halben Stunde das Spiel jedoch noch aus der Hand und holte somit „nur“ den zweiten Saisonpunkt. Im
Spiel gegen Excelsior am letzten Wochenende wurde dann hoffentlich der erste Dreier eingefahren, damit unsere
Freunde endlich ein wenig Licht am Ende des Tunnels sehen können. Am Sonntag spielen die Tukker übrigens
gegen Roda Kerkrade, welche mit zehn von 15 Punkten sehr ordentlich in die Saison gestartet sind. Come on
Twente!
8
FC Twente - Ajax Amsterdam 2:2 (1:0)
Krisenstimmung in Enschede!
Der Saisonstart unserer Freunde aus Enschede verlief bisher völlig katastrophal.
Während man noch am 1. Spieltag einen Punkt in Groningen ergattern konnte, folgten im Anschluss drei
Niederlagen und man stand nach vier Spielen auf einem Abstiegsplatz. Und nun kam kein Geringerer als der
Tabellenführer Ajax Amsterdam.
Aufgrund unseres Sonntagsspiels gegen Mainz 05 war es einigen Schalkern möglich, unsere Freunde am
Samstagabend zu besuchen und zu unterstützen. Insgesamt sieben Mal UGE und viele weitere Schalker machten
sich am späten Nachmittag auf den Weg Richtung Niederlande. Im Supportershome angekommen, stimmte
man sich dann gemeinsam mit unseren Freunden auf das Spiel ein und trank das ein oder andere kühle Grolsch.
Sportlich gesehen waren die Aussichten alles andere als gut. Doch der FC Twente überraschte an diesem Abend
alle seine Anhänger. Von Beginn an spielte die Mannschaft vom FCT sehr engagiert und erspielte sich rasch die
ersten guten Chancen. In der 20. Spielminute erzielte dann Gutiérrez nach einem Eckstoß das verdiente 1:0. Ab
diesem Zeitpunkt verspürte man seit langem mal wieder die Euphorie der Anhängerschaft und die nicht ganz
ausverkaufte Grolsche Veste verwandelte sich in die berüchtigte „Hel van Enschede“. Übrigens, der sehr gut
gefüllte Gästeblock war das gesamte Spiel über sowohl optisch als auch akustisch ein Totalausfall.
Im weiteren Spielverlauf wurde die Stimmung immer
besser aufgrund der tollen kämpferischen Leistung
des Teams auf dem Rasen und so riss es bei diversen
Schlachtrufen das gesamte Stadion von den Sitzen.
Kurz nach der Pause erhöhte Ziyech per Elfmeter
auf 2:0 für den FCT und nun wusste wirklich jeder
im Stadion, dass heute wirklich etwas zu holen ist.
Doch nach dem zwischenzeitlichen Anschlusstreffer
gab es in der 82. Minute einen Foulelfmeter für
Ajax, verursacht durch den erst 18-jährigen Keeper
Drommel, der an diesem Abend sein erstes Spiel
für den FC Twente absolvierte und bis zum Elfmeter
absolut zu überzeugen wusste. Der Straßstoß wurde
daraufhin verwandelt zum 2:2.
Am Ende stand es 2:2 Remis und man konnte erkennen,
dass so ziemlich alle Zuschauer gut mit diesem Ergebnis
leben konnten, aufgrund der tollen kämpferischen
Leistung der Mannschaft vom FC Twente.
Die Leistung an diesem Abend macht Mut für eine erfolgreichere Zukunft des FC Twente Enschede in der Eredivisie,
auch wenn man nach wie vor auf einem Abstiegsplatz steht. Nach dem Spiel quatschten wir noch ausführlich bei ein
paar Bierchen über das Match, ehe es wieder zurück Richtung Heimat in die Stadt der 1.000 Feuer ging.
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Gedankenaustausch
Die dritte Ausgabe mit der neuen Rubrik „Gedankenaustausch“, viele Leser erwarten nach dem ersten Thema
„Lebensweg eines Ultra“ und den drei Antworten in der Ausgabe Nr. 2 nun sicherlich ein neues Thema in diesem
Blauen Brief hier. Ich möchte thematisch aber gerne noch beim Ausgangsthema bleiben und hier und da mal ein
paar Denkanstöße liefern.
Wer alle vier bisher erschienen Texte einmal unter die Lupe nimmt, wird merken, dass sich alle Schreiber in
einem – in meinen Augen der wichtigste – Punkt einig sind: Die Uhr eines Ultra tickt lebenslang – ob schnell
oder langsam. „Wer aufhört Ultra zu leben, war noch nie ein Ultra“ sagte einst Kristkind, damaliger Vorsänger
und jetziger Capo von Ultras Nürnberg, im Interview der DVD „Gate 8“. Dieses Zitat schallt mir seit Jahren im
Ohr und wird mich mein gesamtes Leben begleiten.
In welcher Ausprägung ein Ultra letztendlich sein Fußballleben lebt, dass heißt, wie viel Energie er für die Gruppe
und den Verein aufwendet, muss jeder für sich selbst entscheiden. Es gibt kein angefertigtes Muster für den
Lebenslauf eines Ultra, jedes Individuum sollte unterschiedlich sein, wovon letztendlich auch eine Gruppe lebt.
Manchmal empfinde ich sogar leider, dass viele Charaktere erst gar nicht innerhalb einer Gruppe aufblühen –
irgendwie möchte jeder Ultra zwar zwangsläufig als Rebell der Gesellschaft gelten, aber innerhalb seiner Gruppe
dann schon irgendwie wieder einem passenden Muster – was es eigentlich gar nicht gibt – entsprechen. Eine
Gruppe braucht Ordnung, Regeln und Struktur, aber keine Menschen, die nicht sie selbst sind, nur um nicht
querzuschießen. Und die, die im Inneren zwangsläufig mit dieser Unterdrückung dann leben, entscheiden sich
irgendwann gegen einen Weg mit der Gruppe – eine klare Fehlentscheidung in meinen Augen.
Die meisten Mitglieder unter uns sind in jungen Jahren zur Gruppe hinzugestoßen. Für mich hatte Ultras GE
in den ersten Jahren in der Arena eine magische Anziehungskraft. Zunächst war mein Platz im Oberrang der
Südkurve, wo es mich aber nicht lange gehalten hat. Ich stand relativ schnell im Block N4 – wohlbemerkt
zunächst sehr weit oben im Block, die Ehrfurcht war bei mir noch zu groß. Mich haben die Aktivitäten wie
Choreos oder einfach die Gesänge wahnsinnig gemacht, ich wollte Teil des Ganzen sein und habe mich Spiel für
Spiel immer weiter in die unteren Reihen vorgearbeitet – bis ich die ersten Kontakte schloss. Ab diesem Zeitpunkt
hat Ultras GE für mich alles bedeutet – so wie über ein Jahrzehnt später, heute, jedoch habe ich damals auch jede
freie Minute in die Gruppe investiert. Ich saß damals zu Schulzeiten unter der Woche bis zu 25 Stunden summiert
– exklusive des Wochenendes – im Zug, um ein paar Stunden im Kreise von UGE zu verbringen.
Das ist heute undenkbar. Die Gruppe hat für mich keinesfalls an Wertigkeit verloren, nur es gab bei mir im Laufe
der Jahre eine spürbare Veränderung. Für mich läuft das restliche Leben eben nicht wie ein Schwarz-Weiß-Film
im Hintergrund ab, dafür habe ich auch zu viele Rückschläge erlitten, aber ich bin immer wieder aufgestanden.
Und dabei hat mir der Glaube an meine Gruppe auch sehr geholfen. Dennoch gab es bei mir persönlich eine
Interessenverlagerung. Beispielsweise die Magie der Choreos, die mich damals angezogen hat, ist abgeflacht,
hauptsächlich aber dadurch, dass ich während meiner UGE-Zeiten mehr außerhalb der Stadien als im Block
erleben musste. Für mich liegt die Begeisterung heutzutage in anderen Ausprägungen von Ultra. Ich persönlich
bin beispielsweise besonders stolz auf die Freundschaft mit unseren mazedonischen Brüdern, die unsere Gruppe
und mich persönlich unheimlich bereichert. Eine Konstellation, die ohne Ultra nahezu undenkbar ist.
Ultra ist so facettenreich und bietet so viel – aber genau deswegen ist es so wichtig, dass die eigene Gruppe
eine Vielzahl an Persönlichkeiten mit sich bringt. Jeder muss irgendwann seine Interessen und demnach Nischen
in der Gruppe finden: Tifo, Gewalt, Streetart, Vereinspolitik, Öffentlichkeitsarbeit, es gibt so viel, nur alles auf
einmal geht irgendwann nicht mehr in meinen Augen. In einer Gruppe wird niemand daran gemessen, wie viel
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er verdient oder wie viel er bisher erreicht hat, sondern wie sehr er sich in der Gruppe einbringt – und weniger
ist manchmal mehr.
Ich behaupte sogar, dass ein Leben ohne Ultra von jetzt auf gleich gar nicht möglich ist, wenn einst Ultra zuvor
jemanden völlig mitgerissen hat. Das kritische Denken, die Abkapselung gewisser sozialer Kreise, das optische
Erscheinungsbild – mir fallen zig Beispiele ein, die einen Ultra formen und fesseln. Ich möchte zumindest in
ein paar Jahren – gestochen mit dem Schriftzug „Ultras GE“ unter der Haut und über dem Herzen – nicht
ausschließlich meinen Kindern erzählen müssen, wie außergewöhnlich die damaligen Zeiten in der Nordkurve
waren, sondern wie außergewöhnlich sie waren und noch immer sind.
Es hört sich sehr paradox an, aber Ultra bedeutet für mich eine angenehme Fußfessel. Oft ist es aber leider so,
dass andere Weggefährten durch äußere Einflüsse vergessen, was mal ein Teil ihres Lebens war. Dies kann aber
jeder umgehen, indem er sich in kritischen Situationen vor Augen führt, was einst seine Ziele und Ideale gewesen
sind, die er sich auf die Fahne geschrieben hat. Nur dann werde ich auch meinen Kindern erzählen können, dass
rechts und links von mir in meiner Gruppe noch die bekannten Gesichter zu sehen sind, ergänzt durch jüngere
Generationen, die Ultras GE weiter unvergesslich machen.
Kaffee Marc
Zurück zu den Wurzeln - Italien
Drittes Heimspiel bedeutet nun tatsächlich auch die dritte Ausgabe unserer kleinen Rubrik. Wir haben die kurze
Zeit zwischen den Heimspielen genutzt und wieder zwei Teile für euch vorbereitet. Einerseits gibt es einen
Überblick über die politische Entwicklung in den Kurven Italiens, anderseits, aber durchaus verknüpfend, gibt
es das bereits angekündigte zweite Interview mit einem Ultra aus dem Mutterland unserer Bewegung. Dieses
wurde mit Massimo geführt, einst Capo der Gruppe Fighters Gruppo Roma von Juventus Turin. Wie ihr am
Namen schon erkennen könnt, handelt es sich hier um eine Art Sektion der Fighters aus Rom. Aber erwartet
nun nicht nur Geschichten einer kleinen Gruppe, denn, so viel sei schon mal vorweg genommen, die FGR fuhren
zum Teil mit eigenen Sonderzügen (!) zu den Heimspielen nach Turin. Viel wichtiger als solche Infos ist aber die
Mentalität dieser Gruppe, die Massimo unvergleichlich vermitteln kann. Ihr merkt, es steckt also vieles in diesem
Interview, was wir in mehreren Teilen veröffentlichen werden.
Politische Entwicklung in den Kurven Italiens
Fußball und Politik, dass ewige, nie endende und für viele sicher sehr leidvolle Thema. Aber es sind nun mal
zwei Dinge, die nicht von einander trennbar sind. Alles was wir machen, unser Handeln und unser Denken
ist durchgehend von politischen Motiven und Zielen geprägt. Das Ausloten von Interessen, das Abwägen von
Entscheidungen aber auch das Verhalten gegenüber anderen Menschen. Und genau so, wie wir anerkennen,
dass unser Alltag im Stadion und als Gruppe geprägt ist von Politik und wir es als selbstverständlich ansehen,
gegen bekloppte Gesinnungen zu stehen, genauso öffnet die Haltung „Politik bleibt Politik und Fußball bleibt
Fußball“ den Spinnern Tür und Tor, die man sich eigentlich nicht im Stadion wünscht. In Deutschland gibt es in der
Zivilgesellschaft eine breite Masse an aufgeklärten, antirassistischen und nicht nationalistischen Personen, auch
in der Politik können sich nationalistische, rassistische und rechtsextreme Parteien nicht so richtig behaupten.
Doch was wäre, wenn wir in einem Land leben würden, in dem die politische Aufklärung und Sensibilisierung
der Weltkriegsschuld nicht in dem Maße, wie es nach 1968 stattgefunden hat, betrieben worden wäre? Wenn
Kriegsrevisionismus Gang und Gäbe wäre? Was wäre, wenn wir nicht durch die Gefahren eines aufkommenden
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Nationalismus sensibilisiert wären und was wäre, wenn stumpfe Sprüche, billige Meinungsmache auf dem
Rücken von Einwanderern, Farbigen oder anderen Minderheiten betrieben werden würde, ohne, dass sich da
jemand großartig dran stören würde?
Das soll nicht heißen, dass alles bei uns Gold ist was glänzt. Aber mit dem Blick auf die italienische Gesellschaft
und vor allem Ultra Szene wird dem Betrachter schon komisch, bei so viel purem Hass, der einem da entgegen
kom mt.
Die Ursprünge der italienischen Ultras liegen bekanntermaßen in den linken, sozialistischen Studentenbewegung
der späten 1960er Jahre. Dies bedeutet, dass Ultra nicht nur aus dem Willen des Supports entstanden ist,
sondern als politische Bewegung in die Stadien kam. Viele Ultras waren also in ihrer Gründung höchst politischen
Motivationen und Zielen unterlegen, während die Entstehung der deutschen Ultraszene bei weitem nicht solch
einer politischen Brisanz entspringt.
Die linken Studentenbewegungen ebbten jedoch irgendwann ab. Verschiedene politische Strömungen führen
heute noch zu internen Streitigkeiten, links bedeutet nicht gleich links. Auch unter vermeintlich sozialistischen
Anhängern finden sich Rassisten, Faschisten und Nationalisten. Auf Grund ihrer stets politischen Haltung
und des politischen Selbstverständnisses vieler italienischer Ultra Gruppen blieb es zwangsweise nicht aus,
dass neben vermeintlich „linken“ Gruppen auch rechtsradikale Fuß fassten. Vor allem vor dem Hintergrund
des Personenkultes um den ehemaligen faschistischen Führer Italiens Mussolini, einer fehlenden politischen
Aufklärung in der breiten Masse der Gesellschaft und der damit einhergehenden politischen Sensibilisierung,
einer zunehmenden Politikverdrossenheit sowie turbulenten wirtschaftlichen Jahren, erscheint der rechte Weg
für viele einfacher, salonfähiger und hipper geworden zu sein in den letzten Jahrzehnten.
Das italienische Innenministerium geht von etwa 41.000 Ultras in Italien aus, die sich in fast 400 Gruppen
organisiert haben. Allein in der Serie A gibt es laut der Erhebung 17 und in der Serie B 18 Gruppen, die einen
stark ausgeprägten rechtsextremen Weg gehen. Dagegen werden in beiden Ligen zusammen nur sieben Gruppen
als „linksextrem“ eingestuft. Auch die Wahlergebnisse der letzten Jahre spiegeln diese politische Entwicklung
in Italien wider. Es gibt zwar Gesetze, die das Tragen und Zeigen von faschistischen Symbolen und Gesten
unterbinden sollen, doch ist die Umsetzung des 1993 erlassenen Gesetzes „Legge Mancino“ sehr schwammig,
wenn in einer Saison gegen 15 Personen in der ganzen italienischen Liga wegen des Verdachtes auf rassistische
Äußerungen ermittelt wurde. Spieltag für Spieltag hängen Keltenkreuze, der rechte Arm wird gehoben, farbige
Spieler werden mit Affenlauten beleidigt und es scheint immer weniger Menschen zu stören. Mittlerweile ist die
politische Macht der rechtsradikalen Ultras so stark, dass sie als eine der drei tragenden Säulen des italienischen
Neofaschismus betrachtet wird.
„Ausschnitt aus 11 Freunde.de:
(Einige) Rechte Fankurven
Lazio Rom:
Die Fanszene von Mussolinis Lieblingsverein wird noch heute von rechten Ultras, den „Irriducibili“, dominiert.
Auch nach dem Abgang ihres Lieblingsspielers Paolo di Canio – und den ausbleibenden Führergrüßen – sorgen
die „Irriducibili“ weiterhin regelmäßig für negative Schlagzeilen.
Hellas Verona:
Die Ultra-Gruppe „Brigate Gialloblu“ erarbeitete sich in den 80er-Jahren einen besonders schlechten Ruf. Bei der
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Polizei und den gegnerischen Fans wurden sie als brutale Schläger gefürchtet. Heute gehört vor allem die Gruppe
„Curva Sud“ zur rechten Szene.
Piacenza Calcio:
Die Ultras der „Legione Gotica“ zeichnen sich nicht nur durch ihre rechte Gesinnung, sondern auch durch ihre
Fanfreundschaft mit Juventus Turin aus. Leider sind sie nur in ihrer Verbundenheit zur „Alten Dame“ die Einzigen
in Italien.
Triestina Calcio:
Der Hass der rechten „Ultras Trieste“ richtet sich vor allem gegen die Polizei – viel stärker als bei anderen FanGruppen. Ihr Märtyrer ist Stefan Furlan, ein Ultra, der 1984 von Polizisten erschlagen wurde. Sein Foto prangt
noch heute auf ihren Bannern. Die „Ultras Trieste“ pflegen eine enge Freundschaft mit den Anhängern von Hellas
Verona.“
(Einige) Linke Fankurven
Livorno Calcio:
In der Wiege der italienischen Arbeiterbewegung zelebrieren auch die Fans den Marxismus. Besonders die Ultras
der „Brigate Autonome Livornese“ sind bekennende Antifaschisten und Kommunisten.
FC Genua:
Die größte Ultra-Gruppe heißt „Fossa die Grifoni.“ In ihrem Umfeld gibt es auch viele antirassistische Skinheads.
Sie hauen drauf, wenn es gegen den Rivalen Sampdoria oder den drohenden Zwangsabstieg geht.
Ternana Calcio:
Auch wenn der Verein aus der umbrischen Stadt Terni nur in der dritten Liga spielt, die linken „Freak Boys“
unterstützen ihren Klub immer noch zahlreich. Die Ultra-Gruppe besteht schon seit Mitte der 70er Jahre.
Ancona Calcio:
Die große antifaschistische Ultra-Gruppe heißt „Colletivo.“ Bei den Duellen gegen den Nachbarverein Ascoli
Calcio liefern sich beide Anhängerschaften vor allem abseits des Spiels einen heftigen Schlagabtausch. Der
Hauptgrund: die sehr unterschiedlichen politischen Ansichten.
Interview Fighters Gruppo Roma
Massimo empfängt uns in seinem Restaurant in Deutschland, es läuft über einen Beamer die Séria B. Wir sind die
einzigen deutschsprechenden Gäste und die Wände sind bedeckt mit Schals von italienischen Ultragruppen und
anderen kleinen Erinnerungen an den alten italienischen Fußball. Eine schon fast skurrile Situation. Man fühlt
sich, als ob man mit dem Betreten der Tür Deutschland verlassen und Italien betreten hätte. Es wird Rotwein
aus einem Wasserglas gereicht und bevor wir mit dem Interview beginnen können, fängt Massimo schon an
zu erzählen. Er möchte das Interview vor Beginn einleiten, damit wir wissen, wie er zur aktuellen Entwicklung
der Ultras steht. Er bemängelt den fehlenden Respekt zwischen den Menschen der verschiedenen Szenen und
schildert uns eigens erlebte Situationen der Neuzeit. All das empfindet er nicht mehr als die Mentalita Ultrá, die
er selbst vor 40 Jahren begonnen hat, mit aufzubauen. Eine Tatsache, auf die er immer wieder in den nächsten
90 Minuten zurückkommen wird.
Magst du zu Beginn kurz was zu dir sagen, wie du heißt und in welcher Gruppe du aktiv warst?
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Ich heiße Massimo. Ich war besonders in den 70er und 80er Jahren aktiv. Meine Gruppe waren die ersten und
bis heute existierenden Ultras von Juve in Roma, die Fighters Gruppo Roma. Wir sind keine besonders politisch
aktive Gruppe, obwohl wir die linke Fahne tragen. Klar waren wir antirassistisch, aber das musst du für diese Zeit
der 70er und 80er Jahre nicht extra erwähnen, weil die linke Seite sowieso auch im Stadion präsent war. Es war
nicht so, dass man sagen musste “Ich bin links, was bist du?”, das war selbstverständlich damals. Erst langsam,
ab Mitte, Ende der 80er Jahre kam diese neue rechte Welle. Was besonders in der Zeit nach Brüssel Heysel, wo
ich auch mit vielen Leuten dabei war, deutlich wurde. Das war wahrscheinlich die erste große Wende, mit der
dann auch die erste große Sicherheitswelle in den Stadien einher ging. Die zweite Welle war dann 92/93, mit der
sich dann fast alle italienischen Szenen nach rechts bewegten.
Was ist genau in dieser Zeit passiert?
Mit Beginn der erste Live-Übertragungen und der ersten Trikotwerbung begann die, wie ich sie nenne,
Gentrifizierung des Fussballs und da sind wir leider nicht mehr raus gekommen. Immer mehr Geld floss und
gleichzeitig gab es immer mehr unnötige Schlägereien zwischen Fans, die damals zu unnötig und bekloppt
waren, und das hat alles dazu beigetragen, dass die Stadien immer leerer wurden. Gleichzeitig begannen Polizei
und das Innenministerium damit, die Eintrittskarten und Dauerkarten zu nummerieren und die Tessera del Tifoso
war dann eigentlich nur der letzte Tropfen beziehungsweise der letzte Schlag auf die alte Fankultur.
Ihr wart ja eine Gruppe von Juve-Fans in Rom, wart ihr eine Sektion oder eine eigene Gruppe?
Ja gute Frage, wir wollten uns damals nicht Sektion nennen. Wir haben uns dann langsam ohne Absicht “Gruppo
Roma” genannt. Dieser Name hat natürlich bei einigen Fragen aufgeworfen aber wir haben immer gesagt,
“Klar wir sind Juve, aber wir sind auch Roma”. Roma war für uns kein Grund, uns zu schämen. Roma war eine
eigene Gruppe, die aber natürlich auch viele Verbindungen zur Hauptgruppe hatte. In erster Linie waren wir
die Fighters, als die wir geboren sind, hatten Kontakt mit allen, aber wir waren insbesondere auch die JuveFans aus Roma. Wir hatten zu dieser Zeit 500 Mitglieder, alle aus Rom. Wir haben uns in der Zeit immer in
einem Sozialzentrum getroffen. Viele unserer Mitglieder leben inzwischen in Deutschland. Früher hat man sich
im Sozialzentrum getroffen, heute hier. Das Zentrum hieß Centro Intifada, heute am ehesten wohl mit der Roten
Flora zu vergleichen. Dort haben wir uns auch mit anderen Fans getroffen, aus Deutschland zum Beispiel mit den
Fans vom FC St. Pauli aber auch mit Ultras aus Venezia, Bologna und anderen Vereinen, die damals auch aktiv
waren. Wir hatten damals viele politische Aktivitäten, die auch auch in diesem Zentrum stattfanden.
Ihr als Ultra Gruppe?
Ja, zum Beispiel kurz nach der Wende, als der Balkankrieg begann, haben wir die Nationalmannschaft von
Bosnien-Herzegowina eingeladen, kurz nach der Bombardierung von Sarajevo. Zusammen mit der Caritas haben
wir dann die Leute dort einquartiert. Quasi wie heute Flüchtlinge, auch wenn sie damals noch nicht so genannt
wurden. Vereine wie Lazio hatten ihre Hilfe da schon abgesagt. Sie sagten: “Massimo was sollen wir machen?”,
ich sagte, “Könnt ihr euch kein Freundschaftsspiel vorstellen?” In Italien sagt man, Fußball ist Brückenbau.
Wir haben in wenigen Tagen ein Freundschaftsspiel organisiert, da kamen wirklich 20 Leute aus Sarajevo, die
zukünftige Nationalmannschaft von Bosnien, die nur zu diesem Zeitpunkt noch nicht anerkannt war. Diese haben
dann gegen eine Mannschaft aus Spielern unserer Gruppe und gegen Lazio Fans mit ehemaligen Akteuren
gespielt. Auch das Fernsehen war da und das Interesse und die Resonanz stieg. Zwei Tage später wurden dann
alle in das Trainingszentrum von AS Rom eingeladen und so konnten mit meiner Unterschrift immer mehr
Flüchtlinge nach Rom geholt werden. Ein paar Jahre später begannen weitere Bombardierungen. Dann haben
wir Jugoslawien unterstützt, witzigerweise dann das Krankenhaus von Belgrad, also “die andere Seite”, und
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dann auch ein Freundschaftsspiel für Jugoslawien organisiert, wieder in Rom. Da haben zum Beispiel die VeneziaLeute unter ihrem Transparent großartig mitgeholfen. Auch Fiorentina- und Crotone-Fans waren dabei und viele
Gruppierungen haben Geld gesammelt. Es gibt aus dieser Zeit viele, viele Bilder mit mir und verschiedenen
Spielern, alles war friedlich. Es ging damals nicht um rechts oder links, sondern darum die Menschen zu
unterstützen. Schließlich haben sich sogar die Menschen aus Montenegro und dem Kosovo gemeldet. Sie hätten
gehört, dass wir schon dem Krankenhaus in Belgrad geholfen haben und dass die Spannungen zwischen den
Ländern ihnen egal seien. Sie waren begeistert von unserer Hilfe und dass es hier nicht um den Konflikt ginge,
sondern nur um die humanitäre Hilfe. So kam es schließlich, dass der Fußballverband vom Kosovo mich als
Sportler des Jahres vom Kosovo ernannte. Könnt ihr euch vorstellen, dass bisher nur zwei Italiener im Ausland
zum Sportler des Jahres ernannt worden sind? Einer war Zola in seiner Zeit bei Chelsea und der andere bin ich.
Weil Fußball braucht keine Begrenzung, Ultras brauchen keine Begrenzung. Egal welche Religion, welche Sprache
du sprichst, egal welche Farbe du hast. Es geht um Kompromissbereitschaft und um Verständnis. Klar, wir wollen
natürlich keine Nazis und auch keine Kriegsverbrecher. Aber der gemeinsame Weg ist Fußball. Natürlich, es gibt
auch Rivalitäten, das war schon immer so und ist auch gut so. Über Bengalos können wir reden, im Stadion
perfekt, ich möchte am liebsten bei jedem Spiel Bengalos sehen. Aber halt im Stadion! Und nicht mit einem Wurf
auf den Kopf eines Rivalen. Das ist nicht mehr Ultra. Dieser Respekt, so etwas nicht zu tun, fehlt seit mittlerweile
mehr als 17 Jahren in den italienischen Szenen. Diese Respektlosigkeit möchte ich auch nicht mehr als Ultra
bezeichnen. Dieses Verhalten hat dann nebenbei diese ganze Sicherheitspanik verschärft.
Es gab doch aber auch in deiner Zeit in Rom Rivalitäten und auch Randale? Wo ist der Unterschied?
Das ist eine gute Frage und auch berechtigt. Wir hatten auch Auseinandersetzungen, aber Messer waren nicht
dabei. Heute sieht das leider anders aus. Zum Beispiel Inter und Hellas Verona, die Nazi-Vereine Nr. 1 in Italien,
waren die Ersten, die die Messer benutzt haben, später dann fast alle. Die Respektlosigkeit hat damals nicht
gefehlt, die Schlägereien waren fair, fast idyllisch, und ohne Waffen. Die Bengalos waren dazu da, Choreographien
zu machen. Ich kann mich erinnern, wie man bis zu 20 Minuten kein Spiel sehen konnte, da alles voller Nebel und
Rauch war, aber das war das, was wir wollten. Klar wollten wir das Spiel sehen, aber das Adrenalin war genauso
gut. Wir haben die Schals vorher in Wasser getränkt, damit wir in der Kurve bei dem Rauch im Stadion atmen
konnten. AS Rom hat damals hunderte Bengalen gezündet, Napoli hat Raketen geschossen, aber in die Luft!
Nicht so wie heute auf Augenhöhe, das siehst du, wie ich höre, sehr oft, das ist Krieg! Wir sind linksorientiert, wir
wollen Frieden haben. Wenn eine Rakete auf Augenhöhe geschossen wird, ist das Krieg und das ist auch nicht
mehr Ultra. Choreographie ist das eine, aber Bengalen zu werfen, Raketen zu schießen und Messer zu benutzen
ist einfach nur Krieg und das ist nicht mehr Ultra. Das ist der Unterschied.
Gemischte Tüte
Mönchengladbach:
Nachdem wir euch in unserer letzten Ausgabe bereits von den Umständen rund um den Boykott des Rheinderbys
von Seiten der Fanszene Gladbachs berichtet haben, gibt es nun Neuigkeiten zu vermelden. Auch die Südkurve
des 1. FC Köln protestiert mittels Stimmungsboykott unter dem Motto “Fußball ohne Fans ist wie Köln ohne
Dom” gegen die Repressionen und Einschränkungen beim Derby. Auch auf optische Stilmittel soll hierbei
verzichtet werden. Die Entscheidung, eine solche Form des Protests bei Spielen mit Kontingentbegrenzungen
oder personalisierten Tickets durchzuführen sei im Rahmen der 12:12-Proteste gefallen. Dies ist laut der
Stellungnahme der Südkurve auch unabhängig vom Spiel beziehungsweise des Gegners. Auch auf Seiten der
Kölner gab es Kritik des Vereins an dem Vorgehen der Fans.
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Für den Boykott der Gladbacher gibt es mittlerweile ein konkreteres Programm: Geplant ist ein Besuch des
Abschlusstrainings am Donnerstag vor dem Spiel. Am Spieltag selber soll das Spiel gemeinsam in der Altstadt
von Gladbach geschaut werden, da dies im Borussia-Park nicht möglich ist. Außerdem wurde vermeldet, dass
1.800 der 3.500 Gästetickets zurückgingen. Beim Spiel war der Gästeblock zum Großteil leer und eine mehr als
deutliche Lücke sichtbar. Hoffen wir, dass dies bei den Verantwortlichen als mahnendes Beispiel gesehen wird,
dass personalisierte Karten absolut keine akzeptable Lösung sind.
Frankfurt:
In Zeiten, in denen immer mal wieder von verschiedenen Seiten die Abschaffung der Stehplätze zur Lösung aller
angeblichen Probleme im Fußball angesehen wird, geht der Verein Eintracht Frankfurt einen ganz anderen Weg.
So bestehen Pläne den Stehplatzbereich von 9000 Plätzen auf 18.000 Plätze zu erhöhen, um jugendlichen Fans
den Besuch von Bundesligaspielen zu ermöglichen. Dabei möchte der Bundesligist dies auch unabhängig von der
möglichen Vergabe der EM 2024 nach Deutschland prüfen.
Italien:
Leider haben wir wieder einmal schlechte Infos aus Italien. Dieses Mal schlug die berüchtigte Repressionskeule
in Rom zu. Die Curva Sud im Stadio Olimpico wurde Anfang der Saison mittig von einer Ordnerkette getrennt,
wenige Tage später stand plötzlich an selbiger Stelle ein Zaun, um den Ultras der Roma auf den Sack zu gehen
und ein gemeinsames mittiges Platzieren in der Curva zu verhindern. Klingt das schon nervig genug, folgte der
Höhepunkt nach dem Heimspiel gegen Juventus. Hier wurden mit dem ebenfalls neuinstallierten Kamerasystem
42 “Täter” identifiziert, die in der Fankurve nicht an dem Platz standen, der auf ihrem Ticket steht. Nummerierte
Tickets für inoffizielle Stehplatzbereiche sind uns ja aus dem Europapokal bekannt, ein pikanter Unterschied liegt
aber noch darin, dass es in vielen italienischen Stadien auch in den reinen Sitzplatzbereichen absolut unüblich
ist, sich an dem offiziellen Platz auf dem Ticket zu orientieren. Das System der freien Platzwahl ist dort weitaus
gängiger.
Die beschuldigten Roma-Fans erhielten Geldstrafen von je 167 Euro. Wird die Summe nicht binnen zweier Monate
gezahlt, erhöht sie sich auf 500 Euro. Fallen die Täter erneut auf, droht sogar ein Stadionverbot.
Informationen, die einfach nur zum Kopfschütteln führen und die handelnden Personen als strunzdumme
Vollidioten entlarven. Heute wird so ein Schwachsinn abgezogen und morgen wird sich wieder gewundert,
warum die Stadien in Italien noch leerer bleiben als das von Wolfsburg bei einem Champions League Heimspiel.
Rostock:
Zwei Hansa-Anhänger haben Anfang Juli einen Bescheid des Polizeipräsidiums bekommen, dass ihre Handys in
einem Zeitraum von elf Tagen abgehört wurden. Dieser Zeitraum lag jedoch schon über drei Jahre zurück. Die
Blau-Weiß-Rote Hilfe berichtet darüber hinaus, dass ihr ein Vermerk eines Polizeibeamten vorliege, dessen einzige
Aufgabe es sei, Informationen über Hansa-Fans via Facebook zu eruieren. Demnach können Facebookfreunde,
Interessen, Arbeitgeber, Fotos, sowie “Gefällt mir”-Angaben belastend benutzt werden. Diesen Vorfall sollte
ein jeder für sich selbst auf jeden Fall nochmals nutzen, um seinen Umgang mit den “sozialen Medien” zu
überdenken. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat ihre Informationsgeilheit schon ebenso wie ihre Begeisterung
für rechtlich fragwürdige Mittel bewiesen.
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