4 Wenn das Essen das Leben bestimmt 8 Das Glück dieser Erde

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4 Wenn das Essen das Leben bestimmt 8 Das Glück dieser Erde
aspekte
Das Magazin der Vorwerker Diakonie 2 | 2015
4 Wenn das Essen
das Leben bestimmt
8 Das Glück dieser
Erde...
11 Spiel- und Sportfest
12 „Ich arbeite bei IKEA!“
Urlaub machen
trotz Pflegebedarf.
Willkommen im
Pflegehotel Travemünde!
Sie sind pflegebedürftig und möchten alleine oder mit
Ihren Angehörigen auf Reisen gehen? In Travemünde
erwarten Sie nicht nur die Reize eines Ostseebades und
der nahen Hansestadt Lübeck, sondern seit Frühjahr
2013 auch ein modernes Pflegezentrum mit integriertem
Pflegehotel.
Unsere Apartments sind barrierefrei und gemütlich
eingerichtet, verfügen über ein eigenes Badezimmer und
eine Pantryküche sowie Telefon, TV und Internetzugang.
Ein Rufsystem für den Notfall gibt Ihnen zusätzliche
Sicherheit. Gerne können Sie das Restaurant und die
sozialen Angebote des Pflegezentrums nutzen.
Die Pflegeleistungen während Ihres Aufenthaltes
koordinieren wir nach Ihrem persönlichen Bedarf.
Information und Buchung: Telefon 04502 / 302072
Vorwerker Dienste GmbH | Triftstraße 139-143 | 23554 Lübeck
editorial
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
liebe Freundinnen und Freunde der VORWERKER DIAKONIE!
Fred Mente
Geschäftsführer der Vorwerker Diakonie
5. Mai 2015 - zum 23. Mal findet der
Aktionstag zum Gleichstellungstag für
Menschen mit Behinderungen statt.
Auf dem Lübecker Markt vor dem
Rathaus machen Schülerinnen und
Schüler unserer Gisa Feuerberg Schule
gemeinsam mit dem Werkstattrat der
Vorwerker Diakone mit vielfältigen Aktionen vorbeigehende Passanten auf
diesen Tag aufmerksam.
Im Lübecker Rathaus ehrt Bürgermeister Bernd Saxe gemeinsam mit der
Sportsenatorin Kathrin Weiher Lübecker
Sportlerinnen und Sportler, Welt-, Europa- und deutsche Meister des Jahres
2014. Darunter auch zehn Goldmedaillengewinner der Vorwerker Diakonie,
die im Sommer 2014 an den nationalen
Special Olympics teilgenommen haben.
Wenige Kilometer entfernt – IKEA
in Lübeck-Dänischburg. Mitarbeitende mit Behinderungen der Vorwerker
Werkstätten, die dort im Kundenservice tätig sind, kommen ihren vielfältigen Aufgaben nach, werden dort als
‚besondere‘ Kolleginnen und Kollegen
ganz selbstverständlich akzeptiert und
geschätzt.
Wenige Kilometer entfernt – Bad
Schwartau. In einer kleinen Wohngrup-
Impressum
pe der Vorwerker Diakonie erleben
Menschen mit dem ‚Prader-Willi-Syndrom‘ ihren bis ins Detail verlässlich
durchstrukturierten Lebensalltag, der
jedem von ihnen den für ihn passenden
individuellen Rahmen bietet, sein Leben selbstbestimmt zu gestalten.
5. Mai 2015 – vier Orte, auf den ersten Blick mit kaum erkennbarem Bezug zueinander. Doch eines verbindet
sie - die gleichberechtigte Teilhabe von
Menschen mit Behinderung am Leben
in unserer Gesellschaft in unterschiedlichen Facetten.
Facetten, die deutlich machen, wie
unterschiedlich ‚Inklusion‘ jenseits von
politischen Sonntagsreden als Aufgabe
und gesellschaftliche Perspektive stattfindet. Facetten, die Mut machen und
unseren Alltag in der Vorwerker Diakonie wie selbstverständlich prägen.
Es ist schön, Sie hierbei an unserer
Seite zu wissen.
Herzlichst Ihr
Fred Mente
Titelbild
Herausgeber: Vorwerker Diakonie gGmbH, Triftstraße 139-143, 23554 Lübeck
Telefon: 0451 / 4002-0 | Fax: 0451 / 4002-50552 | Internet: www.vorwerker-diakonie.de
Zwei junge Bewohner aus dem
E-Mail: aspekte@vorwerker-diakonie.de | Druck: Druck-Kontor 2.0 der Vorwerker Diakonie
Sonnenweg in Bad Schwartau. Hier
Redaktion: Lutz Regenberg | Beirat: Gerhard Backschat, Christine Glienke, Jürgen Holznagel,
unterhält die Vorwerker Diakonie ein
Melina Ottensmeier, Judith Reincke | Fotos und Abbildungen: Vorwerker Diakonie, Gerhard
spezielles Angebot für Menschen mit
Backschat, Michael Schmerschneider | Grafik / Layout: RESULTED
Prader-Willi-Syndrom.
Spendenkonto: IBAN: DE58251205100004408044, BIC: BFSWDE33HAN, Bank für Sozialwirtschaft
(Foto: Dirk Hourticolon)
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titel
Wenn das Essen das Leben bestimmt
Eine kleine Gruppe von Menschen lebt in einer betreuten Wohneinrichtung direkt am Bad Schwartauer Naturschutzgebiet
gemeinsam: Ihr Hunger ist unstillbar. Und sie gehören zu den wenigen Menschen mit dem sogenannten „Prader-Willi-Synd
Von: Melina Ottensmeier
Ein Defekt auf Chromosom 15 ist die
Ursache des Prader-Willi-Syndroms. So
könnte man diese seltene Diagnose in
Kürze beschreiben. Betrachtet man jedoch die Menschen in der Wohngruppe im Riesebusch, merkt man schnell,
dass es dort noch so viel mehr zu verstehen und entdecken gibt. „Um halb
sechs gehe ich duschen“, sagt Leonie.
Die 24-Jährige lebt zusammen mit fünf
weiteren Menschen mit Prader-WilliSyndrom in der kleinen Wohneinheit.
Keine fünf Minuten später wiederholt
sie: „Aber um halb sechs ist das Duschen dran, oder?“ Leonies Tagesablauf
hat sich leicht verändert. Das hat sie
durcheinandergebracht. Bis alles wieder seinen geregelten Gang geht, vergewissert sie sich noch etwa 30 Mal,
ob das Duschen auch wirklich um halb
sechs dran ist.
Ohne feste Struktur geht es nicht
So eine Reaktion ist bei den Menschen mit dem Prader-Willi-Syndrom
keine Seltenheit. „Neue oder unerwartete Situationen sind für unsere Bewohnerinnen und Bewohner sehr anstrengend, damit können sie nur schlecht
umgehen“, sagt Karola Gruel, Leiterin
der Wohneinheit, „deshalb ist es für sie
extrem wichtig, einen ganz klar geregelten Tagesablauf zu haben.“ Von außen betrachtet könnte man meinen, die
Regeln und Abläufe in der Prader-WilliGruppe lassen den Bewohnern keinen
Raum, um sich frei zu entfalten. Aber
genau das Gegenteil ist der Fall: Durch
die feste Struktur gewinnen die Bewohner die nötige Sicherheit, um ihren Alltag ohne Stress und Ärger zu bestreiten.
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Wann ihr Kochtag dran ist, weiß Leonie ganz genau. Zusammen mit Heilerziehungspflegerin Julia Sager und Bewohner
Denn schließlich gibt es jede Woche das Lieblingsgericht eines der Bewohner.
Unstillbarer Hunger
Ein
weiteres
charakteristisches
Merkmal der Menschen mit PraderWilli-Syndrom ist ihr unstillbarer Hunger
und das damit oft einhergehende Übergewicht. So ist es kein Wunder, dass das
Essen oft Gesprächsthema unter den
Bewohnern ist. Und außerdem in der
Wohneinheit bis ins kleinste Detail geregelt wird. „Jeder Bewohner bekommt
von seinem Arzt eine bestimmte An-
zahl von Kalorien vorgegeben, die er
pro Tag zu sich nehmen darf,“ so Gruel, „je nach seinen Vorlieben bekommt
er dann sein Mittagessen zusammengestellt – Abendessen, Frühstück und
zwei Zwischenmahlzeiten suchen sich
unsere Bewohner selbst aus, ganz eigenverantwortlich“. Die fünf Mahlzeiten
bestimmen den Tagesrhythmus in der
Wohngruppe – weiteres Essen ist nicht
erlaubt, die Küche ist für die Bewohner
tabu. Außer am Sonntag, denn dann ist
titel
t
Riesebusch. Sie alle haben eines
drom“.
wieder auch zu Handlungen, die sich
Außenstehenden oft nicht erschließen: Sie nutzen jede noch so kleine
Möglichkeit, an etwas Essbares zu
gelangen. Auch wenn es mitten in
der Nacht ist, und auch wenn dieses
Essen vielleicht schon in einem Mülleimer liegt. „Für die Menschen mit
dem Prader-Willi-Syndrom kann es
wirklich gefährlich werden, wenn sie
nicht rund um die Uhr betreut werden.
Da sie kein Sättigungsgefühl kennen,
essen sie immer mehr und mehr. Ich
habe von Fällen gehört, bei denen
sich Menschen zu Tode gegessen haben“, schildert Karola Gruel, welche
dramatischen Ausmaße das Syndrom
annehmen kann.
aggressive Phase und nächtliche Ausbrüche, um an weitere Lebensmittel zu
gelangen. „Hier kommen Eltern einfach
an ihre Grenzen und sind auf professionelle Unterstützung angewiesen“, so
Gruel. „Unsere Bewohner sind oft in
einem Moment wütend, schreien uns
an und beschimpfen uns und im nächsten Moment tut es ihnen unglaublich
leid“, erzählt Gruel weiter, „sie haben so
eine große Spanne von Charaktereigenschaften in sich vereint.“
Wohneinheit für Menschen mit
dem Prader-Willi-Syndrom
Die Wohneinheit der Vorwerker Diakonie
für Menschen mit einem Prader-Willi-
Vielfältige Charaktere
Syndrom befindet sich am Rande des
Naturschutzgebietes Riesebusch in
Tristan schaut sie sich den Plan noch einmal genau an.
Kochtag. Abwechselnd dürfen sich die
Bewohner an diesem Tag ihr Lieblingsgericht wünschen. „Dann wird zusammen eingekauft und danach gekocht.
Das ist wichtig, um einen normalen Umgang mit Lebensmitteln zu lernen“, sagt
Karola Gruel.
Gefährliche Ausmaße
Das Hungergefühl treibt Menschen
mit dem Prader-Willi-Syndrom immer
Auch intellektuell sind Menschen
mit dem Prader-Willi-Syndrom oft
nicht auf dem gleichen Stand wie ihre
Altersgenossen ohne Syndrom. Daher sind sie auf die enge Begleitung
in einer Förderschule angewiesen.
Ausnahmen, die eine Regelschule
besuchen können, sind eher die Seltenheit. „Von ihrem Charakter her
sind unsere Bewohner meist sehr
liebenswerte und soziale Menschen.
Probleme gibt es nur, wenn sie ihr
Essen einfordern wollen. Durch das
Prader-Willi-Syndrom fehlt ihnen
auch eine Impulskontrolle, wie wir sie
kennen, das kann unter Umständen
zu aggressivem Verhalten führen“, so
Karola Gruel. Gerade an diesem Verhalten verzweifeln oft Eltern von Kindern mit dem Prader-Willi-Syndrom.
Bis zur Pubertät ist meist noch alles
in Ordnung, dann beginnen aber die
Bad Schwartau. Sie umfasst sechs
Einzelzimmer, ein Wohn- und Esszimmer
sowie den Bewohnerzimmern
zugeordnete Bäder. Die Wohneinheit
ist in einer Wohnanlage der Vorwerker
Diakonie eingebettet, in der insgesamt
53 Menschen mit Behinderungen leben.
Die Selbstbestimmung jedes einzelnen
Bewohners wird hier trotz einer festen
Tagesstruktur und einer intensiven
24h-Betreuung individuell gefördert.
Bei Interesse oder Fragen wenden Sie
sich gern an:
Ute Kowollik
Telefon: 0451 4002-50566
Fax: 0451 4002-50343
belegungsmanagement@vorwerkerdiakonie.de
www.vorwerker-diakonie.de
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„Es ist sehr gut, ein s
Fortsetzung: Wenn das Essen das Leben bestimmt
Leben selbst gestalten
In der Wohngruppe in Bad Schwartau ist derweil Zeit für das regelmäßige Wiegen. Zwei bis drei Mal in der
Woche muss jeder Bewohner auf die
Waage, das gehört zum normalen Alltag
dazu. Genauso wie das Bewegungsprogramm: Jeden Tag ist mindestens eine
Einheit Pflicht. Das kann der Gang in ein
Fitnessstudio sein, Schwimmen oder ein
Spaziergang im Wald. Bewohner Tristan geht am liebsten ins Fitnessstudio
und tut das selbstständig, ohne Begleitung. „Ich finde es hier eigentlich ganz
entspannt zu wohnen“, sagt der 21-Jährige, der tagsüber in der Metallwerkstatt der Vorwerker Diakonie arbeitet.
„Morgens aufstehen mache ich auch
alleine, da brauche ich keine Hilfe oder
jemanden, der mich weckt.“ So führt er
in der Wohngruppe ein Leben, das er so
weit wie möglich selbst gestalten kann.
Trotzdem bekommt er die klaren Strukturen, die er dringend benötigt. „Wir
sind die einzige Prader-Willi-Einrichtung
bundesweit, die nach dem Selbstbe-
stimmungskonzept von Willem Kleine
Schaas arbeitet“, so Karola Gruel, „das
heißt, unsere Bewohner sollen selbst
nach Lösungen suchen und Entscheidungen treffen. Wir setzen den Rahmen,
aber innerhalb dieses Rahmens können
sie ihr Leben selbst gestalten.“ Erst 2011
eröffnete die Wohngruppe, nach einem
Jahr intensiver Vorbereitung. Heute ist
sie eine von nur zwei reinen Prader-Willi-Einrichtungen in Schleswig-Holstein.
Nudeln mit Tomatensoße
Leonie beschäftigt sich mittlerweile mit ihrem Lieblingsgericht: Nudeln
mit Tomatensoße. Die wird es nächsten Sonntag geben, natürlich mit genau abgezählten Kalorien. Aber das
ist für die Menschen mit Prader-WilliSyndrom kein Problem. Ohne nachzuschlagen können sie die Kalorienzahlen
der einzelnen Lebensmittel aufsagen.
Denn trotz aller Ablenkungen und geregelter Tagesabläufe bestimmen die
Gedanken an Essen ihr Leben immer zu
einem Teil mit.
Karola Gruel leitet die Wohneinheit für Menschen mit dem Prader-Willi-Syndrom - ihr ist es wichtig, dass jeder
Bewohner so viel Eigenverantwortung bekommt, wie möglich. (Foto: Dirk Hourticolon)
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Dr. Norbert Hödebeck-Stuntebeck be
55-Jährige zu den bundesweit und au
mit PWS entwickelte, griff auch sie a
Von: Lutz Regenberg
aspekte: Prader-Willi-Syndrom
– was ist das genau und wie sind
Sie mit dem Thema in Kontakt
gekommen?
Dr. Norbert HödebeckStuntebeck: Das Prader-WilliSyndrom – kurz PWS – ist eine
genetisch bedingte Behinderung,
benannt nach den Schweizer
Kinderärzten Andrea Prader, Alexis
Labhart und Heinrich Willi. Sie haben
die komplexe genetische Erkrankung
1956 erstmals beschrieben.
Statistiken gehen davon aus,
dass 4.000 bis 6.000 Personen
im gesamten Bundesgebiet
davon betroffen sind. PWS ist
gekennzeichnet durch eine leichte
bis mittlere Intelligenzminderung,
eine genetisch bedingte Esssucht
und zum Teil stark ausgeprägtes
herausforderndes Verhalten.
Oft gehen diese Merkmale
einher mit Muskelschwäche,
Verdauungsproblematiken und
Diabetes. Ich bin 1997 zum
ersten Mal mit PWS in Berührung
gekommen und zwar weil es in
der Einrichtung, in der ich tätig
war, einen Bewohner gab, der
genau diese Symptomatik zeigte
und mit dem Rahmen, in dem er
lebte, nicht gut zurechtkam. Als
ich mich daraufhin verstärkt über
PWS informieren wollte, stellte ich
fest, dass es deutschlandweit kaum
Erfahrungen gab. Da haben die
Einrichtung und ich entschieden,
uns auf den Weg zu machen und
für die Betroffenen etwas Neues zu
konstruieren.
aspekte: Was brauchen Menschen
mit Prader-Willi-Syndrom?
titel-Interview
solches Angebot im Norden zu haben!“
eschäftigt sich seit Mitte der neunziger Jahre intensiv mit dem Prader-Willi-Syndrom (PWS). Mittlerweile gehört der
uch international gefragtesten Fachleuten zu diesem Thema. Als die Vorwerker Diakonie ein Angebot für Menschen
auf die Erfahrungen des promovierten Psychologen zurück.
Hödebeck-Stuntebeck: Den Blick
auf ihre spezielle Beeinträchtigung.
Menschen mit PWS wissen nicht,
was „satt sein“ bedeutet, das
heißt sie haben ein verringertes
Sättigungsgefühl und können ihr
Essverhalten nur schwer regulieren.
Neue oder unerwartete Situationen
bringen sie schnell an ihre Grenzen.
Es fällt ihnen schwer, damit
umzugehen. Hartnäckiges, sich
wiederholendes Fragen ist dann
ihre häufige Strategie, aber auch ein
Wutausbruch kann eine Folge sein,
mit dem sich ihr Frust aufgrund ihrer
fehlenden Impulskontrolle entlädt.
Wenn sie jetzt einen Ausflug machen
möchten, dann meinen sie auch jetzt
und nicht später. Sie überwinden in
der Regel nicht den Egozentrismus
eines vier- oder fünfjährigen
Kindes, das seiner Mutter an der
Supermarktkasse einen Schokoriegel
abschwatzen möchte, quengelt
und sich im Zweifel auf den Boden
wirft. Diesen Beeinträchtigungen
begegnen professionelle
Einrichtungen, indem sie vor allem
Sicherheit vermitteln.
aspekte: Wie passiert das genau?
Hödebeck-Stuntebeck: Der
Tagesablauf ist strukturiert und
verlässlich, Verabredungen und
Versprechen werden eingehalten,
die Mitarbeitenden sind sehr gut
untereinander abgestimmt, bis
zu sechs kleinere Mahlzeiten –
Frühstück, Mittag, Abendessen
und weitere Zwischenmahlzeiten
– sind Teil dieses Tagesablaufs. Und
wenn Veränderungen, die nicht zu
verhindern sind, eintreten, werden
sie von den Mitarbeitenden mit
hoher Transparenz vermittelt.
Dr. Norbert Hödebeck-Stuntebeck ist Fachmann für das Prader-Willi-Syndrom.
aspekte: Dabei spielt Essen dann
eine herausragende Rolle?
Hödebeck-Stuntebeck: Eigentlich
muss das Ziel sein, dass Essen keine
herausragende Rolle spielt. Damit
das gelingt, muss den Betroffenen
auch beim Thema Essen sehr viel
Sicherheit vermittelt werden. Essen
darf nicht ständig zugänglich sein,
denn der Esssüchtige kann es nicht
stehen lassen. Lange Wartezeiten
bis zur nächsten Mahlzeit, die beim
Betroffenen den Drang auslösen,
sich ums Essen kümmern zu müssen,
müssen verhindert werden. Das war
aber auch schon alles – wenn man
zusätzlich berücksichtigt, dass Essen
auch nicht als Belohnung eingesetzt
werden darf: Also beispielsweise die
Möglichkeit, einen schönen Tag mit
einem Ausflug in ein griechisches
Speiselokal abzurunden.
aspekte: 2011 hat die Vorwerker
Diakonie ein spezielles Angebot für
Menschen mit PWS gestartet. Wie
bewerten Sie dieses Angebot?
Hödebeck-Stuntebeck: Es ist
sehr gut, ein solches Angebot
im Norden zu haben. Mir hat
von Anfang an gefallen, dass die
Vorwerker Diakonie an Kooperation
interessiert war und daran, von den
Erfahrungen anderer zu profitieren.
So ist von Beginn an mehr als nur
ein tragfähiges Konzept realisiert
worden. Richtig gut an dem Konzept
hier ist auch, dass Wohn- und
Arbeitsangebote im Zusammenhang
gesehen werden. Insofern nimmt
das Angebot der Vorwerker
Diakonie sogar eine Vorreiterrolle
ein. Vorbildhaft finde ich außerdem
die kontinuierliche Bereitschaft zur
Weiterentwicklung des Angebots
unter der Fragestellung, wie man
den Bedürfnissen von Menschen mit
PWS noch gerechter werden kann.
Was mich ebenfalls freut – auch weil
es leider nicht selbstverständlich
ist – ist, dass die Vorwerker Diakonie
andere Einrichtungen an ihren
Erfahrungen teilhaben lässt. Sie sorgt
für einen entsprechenden Wissenssowie Erfahrungstransfer und hat so
inzwischen eine wichtige Stimme in
der PWS-Szene.
7
Spenden
„Das Glück dieser Erde...
...liegt auf dem Rücken der Pferde.“ Das heilpädagogische Reiten ist für viele Menschen in der Vorwerker Diakonie ein
wahres Glück.
Von: Vanessa Warnk
„Hey Kathrin, kannst du dich bitte um
Amaranth kümmern?“, ruft Julia Wieser,
Reitpädagogin in der Reithalle der Vorwerker Diakonie. Ganz selbstverständlich schnappt sich Kathrin Schelle den
Striegel, bürstet Amaranths glänzendes
Fell und kümmert sich liebevoll um das
Pferd. Danach nimmt die 34-Jährige Heu
aus einem Ballen zwischen ihre Handflächen und drückt zu. Sie spürt, dass
es weich und blattreich ist. Das mag
Amaranth gerne. Kathrin Schelle füttert
ihn. Es herrscht eine große Vertrautheit
zwischen Tier und Mensch. Amaranth
ist ganz ruhig. Der Haflinger weiß genau, dass seine Reiterin fürsorglich mit
ihm umgeht. Kathrin ist glücklich. „Sei
mutig, damit dein Pferd auch mutig sein
kann, sagt Julia uns immer“, erzählt sie.
Neuen Mut und neue Lebenskraft fin-
bekommen insgesamt über 60 Menschen
die Chance, in der Ulrich-Gabler-Halle der
Vorwerker Diakonie mit den Pferden zu
arbeiten und zu lernen. Die Menschen mit
geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen sind zwischen sieben und 65 Jahren alt. Der Schwerpunkt der Arbeit in der
Reithalle ist dabei für jeden Teilnehmer
und jede Teilnehmerin ein anderer. „Das
Reiten ermöglicht mir, ein Gefühl für Nähe
Nähe und Distanz
und Distanz zu bekommen. Amaranth hilft
Seit einem halben Jahr reitet Kathrin mir, mich selbst wahrzunehmen und ein
in der Mittwochsgruppe. „Ich bin schon eigenes Körpergefühl zu entwickeln“, beimmer gerne mit Pferden zusammen schreibt Kathrin Schelle ihre Erfahrungen.
gewesen. Deswegen habe ich mich sehr „Manchmal wird Amaranth unruhig. Dann
über das Angebot gefreut“, erzählt die merke ich, dass ich mir und auch ihm zu
junge Frau. Ihr Vorwissen bereichert die viel zumute. Ich lerne, auf meinen Körper
gesamte Gruppe und sie gibt es gerne an zu achten. Und genau diese Erfahrung ist
die anderen weiter. Dabei erfährt sie viel sehr wichtig für mich.“ Amaranth ist eins
Wertschätzung. Das stärkt ihr Selbstbe- von fünf Pferden in der Reithalle der Vorwusstsein und stabilisiert sie. Jede Woche werker Diakonie. Jedes Tier hat besondere
det Kathrin Schelle zurzeit in der Beruflichen Rehabilitation für Menschen mit
psychischen Beeinträchtigungen der
Vorwerker Diakonie. Ziel dieser Rehabilitation ist, die Teilnehmer zu stabilisieren,
ihre Belastbarkeit und Selbsthilfekompetenzen zu steigern. Das Reiten unterstützt
dies und ist oftmals ein Türöffner.
Einkäufe nach Hause. Das Glück liegt
in den kleinen Dingen. Hier ist es so.
Die kleine Geste des Jungen macht
den alten Mann glücklich. Auf dem
Foto, welches auch abgedruckt war,
strahlte er entspechend.
kürzlich las ich in der Zeitung
über einen 18-jährigen jungen
Mann. Er arbeitet neben der Schule
in einem Supermarkt. Einmal fragte
ihn ein älterer Herr, ob er ihm
behilflich sein könne. Seitdem trägt
er dem 95-Jährigen jede Woche die
8
Auch in der Reithalle liegt das
Glück in den kleinen Dingen. Das
Füttern und Streicheln der Pferde,
oder der Besuch bei ihnen, erfreut
viele Menschen. Denn ein Pferd
schenkt Trost und versteht sie ohne
Worte. Die positiven Erfahrungen,
die sie mit und bei den Pferden
machen, nehmen sie mit in ihren
Alltag. Das ist wichtig für ihre
persönliche Entwicklung und stärkt
sie. Jetzt benötigt der Bereich jedoch
Unterstützung, damit auch zukünftig
viele andere dieses Angebot
wahrnehmen können. So müssen
bald Sättel und auch der Boden
erneuert werden. Daher bitte ich Sie
hier um Ihre Unterstützung. Schon
jetzt herzlichen Dank! Ich wünsche
Ihnen einen wunderbaren Sommer!
Sie möchten helfen - nutzen
Sie bitte den beiliegenden
Überweisungsträger. Ihre Fragen
beantworte ich Ihnen gerne unter:
0451 4002-50136, E-Mail: spenden@
vorwerker-diakonie.de
Spendenkonto
IBAN: DE58251205100004408044
BIC: BFSWDE33HAN
Bank für Sozialwirtschaft
spenden
Findet mich das
Glück?
In der letzten Ausgabe der
„aspekte“ baten wir Sie um eine
Spende für das Theaterprojekt
der Vorwerker Diakonie. Mit Ihrer
Unterstützung sind fast 3.000 Euro
für dieses Projekt zusammengekommen. Vielen herzlichen
Dank für Ihre Spende!
Das Ensemble des Theaterprojekts der
Vorwerker Diakonie.
Gemeinsam versorgen Kathrin Schelle und Benjamin Vogt Amaranth mit Futter.
Fähigkeiten und kann individuell für den fester Bestandteil meiner Arbeit“, erklärt
einzelnen Klienten ausgewählt werden. Sven Röckendorf. Er arbeitet in den WerkDie Pferde sind sehr feinfühlig und rea- stätten für Menschen mit Behinderungen
gieren auf die Bedürfnisse des jeweiligen der Vorwerker Diakonie und ist ebenfalls
Teil der Mittwochsgruppe. Pflichtbewusst
Menschen.
kümmert er sich um jedes einzelne Tier.
„Pferde sind nicht nachtragend, sie geben
Offen für alle
mir so viel zurück, wie ich versuche, ihnen
Die Reithalle ist Treffpunkt für viele zu geben.“
Menschen, auch von außerhalb. Der BeReithalle braucht Unterstützung
reich ist offen und lockt Gäste an. „Wir
freuen uns über jeden interessierten Besucher“, sagt Reitpädagogin Wieser und
In der Reithalle bestärkt und hilft jeergänzt: „Bewohner der Vorwerker Dia- der jedem. Die Teilnehmer profitieren von
konie, Nachbarn, Pferdeliebhaber und vor den Pferden und der gemeinsamen Arbeit,
allem Kindern kommen gerne, um unsere aber auch voneinander. „Wenn ich hier
Pferde zu besuchen und zu streicheln. Das war, geht es mir einfach gut“, sagt Kathrin
macht die Arbeit hier so lebendig“. Leider Schelle. „Dieses Glücksgefühl begleitet
werden die Pferde aber auch immer wie- mich dann auch in meinem Alltag.“ Damit
der von Besuchern oder Spaziergängern auch viele andere dieses Glücksgefühl ergefüttert. „Wir wissen, dass sie es nur gut fahren und das Angebot nutzen können,
mit ihnen meinen, aber das Füttern ist bittet das Team der Reithalle herzlich um
gefährlich für unsere Pferde. Nicht jedes Ihre finanzielle Unterstützung.
Pferd darf alles essen. Sie können dadurch
sogar sterben“. Auch das richtige Füttern Mehr zum Thema unter:
wird in der Reithalle gelernt. „Das ist ein www.vorwerker-diakonie.de/spenden
Werden Sie Jahresspender
Viele Leserinnen und Leser
unterstützen uns regelmäßig mit
Spenden - dadurch können wir
wichtige Projekte realisieren.
Wenn Sie dazu gehören,
haben wir einen Vorschlag:
Werden Sie „Jahresspender“.
Das bedeutet: Sie spenden
weiterhin, wann und wie Sie
möchten. Sie erhalten aber nur
einmal pro Jahr Post mit Ihren
Zuwendungsbestätigungen.
So sparen wir Porto und
Verwaltungskosten - und jeder
gewonnene Cent kommt den
Menschen zu Gute, die wir
begleiten!
9
AKTUELL
Vorwerker
Notizen
Ehrung langjähriger Mitarbeitender
Über 100 Mitarbeitende mit und
ohne Behinderungen mit 10, 20, 25
und mehr Dienstjahren wurden im
März 2015 von Fred Mente und HansUwe Rehse, den Geschäftsführern der
Vorwerker Diakonie, geehrt. „Danke,
bilare, das haben sich alle Anwesenden
hier wirklich verdient. Und letztendlich
sind die vielen Jubilare ja auch ein Zeichen dafür, dass das Klima hier bei uns
einfach stimmt.“
Ebenfalls geehrt wurden Kolleginnen und Kollegen, die die Vorwerker Diakonie verlassen haben und in
den Ruhestand gegangen sind. „Ich
hoffe, es bleiben Ihnen vor allem gute
Erfahrungen in Erinnerung“, gab Rehse
ihnen mit auf den Weg.
Auszeichnung der Olympioniken
Im altehrwürdigen Audienzsaal des
Lübecker Rathauses hat Bürgermeister
Bernd Saxe am 5. Mai 2015 gemeinsam mit Sportsenatorin Kathrin Weiher Lübecker Sportler ausgezeichnet,
die 2014 besonders erfolgreich abge-
Neue Kletteranlage
Die Jubilare der Vorwerker Diakonie feierten im
März im Festsaal.
dass Sie sich seit so vielen Jahren für
uns einsetzen, das ist ein unglaublich
wertvolles Geschenk“, so Rehse.
Bei der Jubiläumsfeier kommen traditionell Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit und ohne Behinderungen im
Festsaal auf dem Zentralgelände der
Vorwerker Diakonie zusammen. „Die
Mitarbeitenden sind das wertvollste
Kapital jedes Unternehmens, das können wir gar nicht genug wertschätzen“, so Mitarbeitervertreter Rüdeger
Jaeschke. „Das ist heute der Tag der Ju-
Die Integrative Kindertagesstätte
Haus Barbara hat eine neue Kletteranlage bekommen. Sekunden nach der
Freigabe durch Kita-Leiterin Michaela
Hartwig kletterten schon mehr als 20
Kinder auf der nagelneuen Holzkonstruktion und ihren Kletterpfählen,
Seilnetzen und Schwebehölzern.
Zwei Monate lang hatten die Kinder
bis dahin dem Bau der Anlage ungeduldig zugeschaut. Dann hatte das
Warten zum Glück ein Ende. „Die Bauarbeiten waren zuletzt immer wieder
ins Stocken geraten, weil sich auf der
Baustelle soviel Wasser gesammelt
hatte“, so Hartwig. „Aber: Um so größer war jetzt auch die Freude.“
Christian Stahl (re.) bei der Ehrung durch Bürgermeister Saxe und Senatorin Weiher.
schnitten haben. Unter einer ganzen
Reihe von Welt-, Europa- und Deutschen Meistern wurden auch zehn
Goldmedaillengewinner der nationalen Special Olympics geehrt.
„Dass hier und heute Sportler mit
und ohne Behinderungen gemeinsam
geehrt werden, finde ich prima“, freute
sich Sönke Dethleff, der die Sportler
der Vorwerker Diakonie zu den Special
Olympics und jetzt auch zur Ehrung
begleitete, über den inklusiven Ansatz
der Veranstaltung.
PKW-, LKW- und Bus-Vermietung
an Selbstfahrer
Walderseestraße 9-11 · 23566 Lübeck
Telefon 04 51/ 6 88 18
10
AKTUELL
Erfolgreiches Spiel- und Sportfest
Zum zweiten Mal veranstalteten die Werkstätten für Menschen mit Behinderung der Vorwerker Diakonie im April 2015
ihr Spiel- und Sportfest. Insgesamt wirkten mehr als 400 Menschen als Teilnehmer oder Helfer an der großen und
bunten Veranstaltung mit.
derungen begegnen sich“, so Dethleff.
„Ich helfe beim Basketball mit“, erzählt
Isabel Lourenco Macedo, die gerade
eine Ausbildung zur Heilerzeihungspflegerin an der Gisa Feuerberg Schule
macht. „Ich betreue die Mannschaften,
sage die Spiele an und springe auch
mal als Schiedsrichterin ein.“
Action beim Kleinbahn-Ziehen
Legten sich ordentlich ins Zeug beim Kleinbahn-Ziehen: Das Team der Elisabeth-SelbertGemeinschaftsschule aus Bad Schwartau.
Von: Melina Ottensmeier
Bereits zum zweiten Mal hat sich
das Gelände der Vorwerker Diakonie Ende April 2015 in einen riesigen,
bunten Sportplatz verwandelt. Sönke
Dethleff, zuständig für den Sport in der
Vorwerker Diakonie, und sein Team
haben nach zwei Jahren erneut zum
Spiel- und Sportfest für Menschen mit
Behinderungen eingeladen. Knapp
300 Menschen mit Behinderungen
aus 18 verschiedenen Einrichtungen in
Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg waren ihrer
Einladung gefolgt und hatten vor allem
eins: Spaß. „Wir wollten besonders die
Sportler erreichen, die aufgrund ihrer
Beeinträchtigung selbst an Regelturnieren für Sportler mit Behinderungen
nicht teilnehmen können“, meint Dethleff. „Und allen so ein sportliches Erlebnis ermöglichen, von dem niemand
ausgeschlossen ist.“ Das gelang ihm
und seinem Team bei strahlendem
Sonnenschein trotz einstelliger Temperaturen perfekt.
Die ungewöhnlichste Disziplin war
auch bei diesem Spiel- und Sportfest
wieder das Kleinbahn-Ziehen, bei dem
die Sportler einen Waggon der grünen
Vorwerker Kleinbahn in fünf Sekunden
möglichst weit über die Schienen ziehen mussten. Normalerweise werden
die Waggons von einer Diesellok über
das Gelände der Vorwerker Diakonie
gezogen. Bei dieser besonderen Disziplin legte sich das Team der ElisabethSelbert-Gemeinschaftsschule aus Bad
Schwartau so richtig ins Zeug und ließ
den Waggon meterweit rollen.
Vereinfachte Regeln
Spaß im Vordergrund
Für das Fest haben er und seine
Mitarbeitenden Sportarten abgewandelt oder auch neu entwickelt. „Wir
haben Regeln vereinfacht“, so Dethleff. „Und auch Disziplinen angeboten,
die es sonst bei keinem Sportevent
gibt, wie zum Beispiel ein Wikingerschachturnier.“ Außerdem haben sie
sich Unterstützung geholt. Schülerinnen und Schüler der Gisa Feuerberg
Schule, Fachschule für Heilerziehungspflege, der Elisabeth-Selbert-Gemeinschaftsschule aus Bad Schwartau und
der Schule Tremser Teich standen als
Helfer zur Verfügung. „Hier können
die Schüler Erfahrungen sammeln
und Menschen mit und ohne Behin-
Mit Feuereifer waren aber nicht nur
die Helfer dabei, sondern vor allem die
Sportler. „Dadurch, dass wir so viele
verschiedene Spiel- und Sportarten
angeboten haben, war wirklich für
jeden etwas dabei, ob Ballsportarten
oder ein Parcours für Rollstuhlfahrer“,
so Dethleff. Und die gute Stimmung
war bei allen deutlich zu spüren, egal
ob auf den vorderen Plätzen oder etwas weiter hinten. „Gewinnen und
verlieren ist heute in den Hintergrund
gerückt. Beim Spiel- und Sportfest
geht es allein um den Spaß an Bewegung und Teamgeist“, fasst Dethleff
zusammen.
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menschen
„Ich arbeite bei IKEA!“
Seit Frühjahr 2014 gibt es in Lübeck eine Filiale des schwedischen Möbel-Riesen IKEA. Vom ersten Tag an kooperieren
die IKEA-Veranwortlichen mit der Vorwerker Diakonie. Im Ergebnis haben zehn Menschen mit Behinderungen dort
einen begleiteten Arbeitsplatz gefunden.
Von: Lutz Regenberg
Wer IKEA kennt, kennt auch die
großen gelben Kunststofftaschen, die
jedem Kunden zur Verfügung stehen;
und ebenfalls die Informationspunkte
mit Bleistiften, Notizzetteln und Papiermessbändern. „Aber die wenigsten
wissen, wie die Dinge dort hin kommen“,
meint Susanne Kruse. Die 48-Jährige ist
eine von zehn Mitarbeitenden mit geistigen, körperlichen oder psychischen
Beeinträchtigungen, die in der Lübecker IKEA-Filiale tätig sind. Sie arbeitet
im sogenannten Kundenservice und die
IKEA-Kunststofftaschen, Bleistifte und
Papiermessbänder spielen in ihrem Arbeitsalltag eine große Rolle. „Mein Tag
beginnt damit, dass ich einen Einkaufswagen mit Nachschub fülle“, sagt sie.
„Dann ziehe ich von Informationspunkt
zu Informationspunkt und fülle Bleistifte,
Notizzettel und Messbänder nach.“ 30
bis 40 Minuten dauert eine Runde durch
das Geschäft. „Wenn richtig was los ist
bei uns, reicht eine Runde am Tag auch
nicht aus“, ergänzt sie.
Susanne Kruse beim Auffüllen der Bleistiftbehälter in der Lübecker IKEA-Filiale. Sie ist hier im Kundenservice tätig.
Kissen an die richtige Stelle kommen,
hat sie Bilder zur Orientierung zur Verfügung. „Ohne diese Hilfe ginge es nicht,
die vielen Möglichkeiten kann man sich
nicht merken.“ Arbeiten bei IKEA hat für
Susanne Kruse einen hohen Stellenwert.
„Ich habe vorher in der Töpferei der VorHunderte Decken und Kissen
werker Diakonie und im Verkaufsladen
gearbeitet“, erzählt sie. „Das war auch
Auch die gelben IKEA-Kunststoffta- schön, doch hier ist es noch besser.
schen gehen durch ihre Hände. Sie und Denn auch wenn die Arbeiten sich imihre Kollegen holen sie aus den Sam- mer wieder ähneln, so ein Arbeitstag
melkörben, dann werden die Taschen geht rasend schnell vorbei.“
neu gefaltet und schließlich wieder in
Möbelmontage
den Ausgabekörben platziert. „Die Kunden finden es einfach besser, wenn die
Ihr Kollege Gernold Senf fühlt sich
Taschen ordentlich gefaltet bereit liegen
und nicht nur irgendwie und zusam- ebenfalls pudelwohl bei IKEA. Anders
mengeknüllt.“ In der warmen Jahreszeit als Susanne Kruse ist er nicht im Kundekoriert sie außerdem die Gartenmö- denservice tätig, sondern in der Möbelbelausstellung im Außenbereich. „Da montage und in der IKEA-Fundgrube.
sind über hundert Kissen und Decken Hier werden vor allem defekte oder
auszulegen“, berichtet sie. Damit alle zurückgegebene Möbel zusammenge12
baut und dann für einen günstigen Preis
in der Fundgrube angeboten. „Das ist
spannend und abwechslungsreich“, sagt
der 38-Jährige. „Stühle, Tische, Kommoden oder Kleiderschränke - es sind immer andere Dinge, die wir zusammenbauen müssen. Und dann müssen wir
die Sachen in der Fundgrube natürlich
auch ordentlich präsentieren.“
Hilfe bei Problemen und Sorgen
Nicht nur die Arbeit gefällt Gernold
Senf, auch das Drumherum. „Die Kantine ist echt gut, die Kollegen sind alle
nett und bei Fragen gibt es ja Herbert.“
Gemeint ist Herbert Brehmer, der als
hauptamtlicher Mitarbeiter der Vorwerker Diakonie ebenfalls bei IKEA vor
Ort ist und die Menschen mit Behinderungen unterstützt, anleitet sowie bei
Problemen und Sorgen zur Seite steht.
Das sorgt für Sicherheit in der IKEA-Welt.
Baustein für das Miteinander
Daneben steht und fällt das Projekt
mit IKEA selbst. „Seitdem ich bei IKEA
tätig bin, bin ich damit vertraut, dass an
meinem Arbeitsplatz auch Menschen
mit Behinderungen um mich herum
sind“, sagt Susanne Lentföhr, die in der
Lübecker IKEA-Filiale für das Thema
‚Personal‘ zuständig ist. „Entsprechend
war es letztes Jahr auch schnell klar,
dass wir für unseren Lübecker Standort einen Partner suchen, mit dem wir
eine Beschäftigung von Menschen mit
Behinderungen realisieren können. Den
haben wir dann mit der Vorwerker Diakonie gefunden.“ Sie beschreibt den Umgang mit den ‚besonderen‘ Kolleginnen
und Kollegen als selbstverständlich.
„Vielleicht hängt das auch mit unseren
schwedischen Wurzeln zusammen. In
Skandinavien ist der Umgang mit dem
Thema einfach entspannter“, meint die
40-Jährige. „Gleichzeitig ist die Kooperation aber auch ein wichtiger Baustein im
gesamten Miteinander aller Kolleginnen
und Kollegen hier im Haus.“
» Hilfen für Menschen im Alter
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und Psychotherapie
miteinander füreinander
Vorwerker Diakonie | Triftstraße 139-143 | 23554 Lübeck | Telefon 0451 / 4002 0 | www.vorwerker-diakonie.de
S
Integration und Außenarbeit
Arbeits- und Praktikumsangebote für
Menschen mit Behinderungen außerhalb
der eigentlichen Werkstätten in
‚externen‘ Betrieben sind ein wichtiges
Anliegen der Vorwerker Diakonie.
Mittlerweile gibt es dazu Kooperationen
mit zahlreichen kleineren und größeren
Unternehmen. Dabei entstehen einzelne
Arbeitsplätze oder auch Möglichkeiten
für mehrere Beschäftigte, die dann vor
L(i)ebe deine Stadt.
Gut für Lübeck.
Ort ständig fachlich begleitet werden.
Kontakt: 0451 4002-50151
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Aktiv
Letzte
Meldung
Vorwerker
Tipp
Leitziele in leichter Sprache
Die Leitziele der Vorwerker Diakonie gibt es ab sofort in leichter Sprache.
Die Vorwerker Diakonie begleitet
und fördert Menschen und reicht ihnen
vor allem in schwierigen Lebenslagen
eine helfende Hand. „Das geschieht natürlich vor dem Hintergrund sich ständig wandelnder Rahmenbedingungen“,
sagt Hans-Uwe Rehse, Geschäftsführer
der Vorwerker Diakonie. „Deswegen
bedarf es fester Grundpfeiler als Basis
unserer Arbeit.“
Die Vorwerker Diakonie besitzt mit
dem christlichen Glauben ein stabiles
Fundament, auf das insgesamt zehn
Leitziele aufbauen. Diese sind jetzt in
leichter Sprache neu formuliert und auf
der Webseite der Vorwerker Diakonie
veröffentlicht worden.
„Es ging uns nicht darum, unsere Leitziele neu zu formulieren, sondern sie
in Worten und Sätzen darzustellen, die
möglichst barrierefrei sind und daher
beispielsweise auch von Menschen mit
Behinderungen nachvollzogen werden
können“, erläutert Rehse. „Das heißt
unter anderem, kein schwieriger Satzbau und Verzicht auf Fremdwörter - also
insgesamt leicht und gut verständlich.“
Die Leitziele in leichter Sprache findet
man ab sofort unter www.vorwerkerdiakonie.de/überuns.
Wichtige Termine
29. August 2015:
Drachenbootfestival im Lübecker Klughafen die Vorwerker Diakonie nimmt teil mit
einem integrativen Drachenbootteam
unter dem Motto „Küss mich“.
15. September 2015,
15 Uhr:
Gottesdienst der Vorwerker Diakonie für
Seniorinnen und Senioren im Dom zu Lübeck.
6. bis 8. November 2015:
33. Martinsmarkt der Vorwerker
Diakonie auf dem Zentralgelände an der
Triftstraße 139-143, 23554 Lübeck.
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Mehr Platz für Obdachlose
Es war im zurückliegenden
Winter wieder eng geworden im
Bodelschwinghhaus, einer Einrichtung der Vorwerker Diakonie.
Seit Dezember stapelten sich die
Matratzen auf den Fluren der Einrichtung am Meesenring in Lübeck. „Wir haben 33 reguläre Plätze für wohnungslose Männer ab
18 Jahren, beherbergten zuletzt
aber auch nach Ende des Winters
deutlich mehr Bewohner“, berichtet Geschäftsbereichsleiterin
Heike Raddatz-Kossak.
Intensive Gespräche mit der
Hansestadt Lübeck hatten Ende
Februar zur Erweiterung der Kapazität geführt. „Direkt an unsere
Einrichtung grenzten leerstehende Räumlichkeiten der Hansestadt Lübeck“, sagt Raddatz-Kossak, „die ohne großen Aufwand
für unsere Aufgabe umgewandelt werden konnten.“
Die
Nutzungsgenehmigung
lief zunächst bis Ende April 2015.
„Wir befürchteten schon, die Bewohner auffordern zu müssen,
die Räume wieder zu verlassen
und auf die Flure des Bodelschwinghhauses
zurückzuziehen“, so Raddatz-Kossak. Doch
wenige Tage vor Ablauf der Frist
signalisierte die Hansestadt erneut Unterstützung. „Stand jetzt
ist, dass wir die Räume weiter
nutzen können, mindestens bis in
den Herbst hinein und ich hoffe,
auch darüber hinaus.“ Denn mit
dem dann kommenden Winter
wird die Zahl der Nutzer sicherlich nicht sinken.
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Tintoretto: Der Sündenfall, um 1550.
„Erst wollte ich meine Schuld verschweigen. Dann
entschloss ich mich, Dir meine Verfehlungen zu bekennen. Und du hast mir vergeben!“ (Psalm 32,5)
Zuerst: Schweigen!
Nichts sagen, nichts hören;
kein Bekenntnis und keine Anklage.
Nichts kommt raus,
alles bleibt verborgen.
Keine Scham und keine Schande
Das Schweigen schont!
Aber dann: Reden!
Sich öffnen, sich stellen,
aussprechen, was unsagbar war.
rauslassen, was das Herz beschwert.
Die Worte geben preis,
machen angreifbar
nehmen die Deckung.
Doch das Verschwiegene
richtet sich ein
im Innersten.
Es bohrt und nagt,
an Selbstbild und Fassade.
Stille, die beunruhigt!
Aber: Reden befreit!
Denn wer spricht, wird hören:
die Klage und den Zorn – gewiss.
Aber dann die Worte,
die lossprechen von Versagen und Schuld:
„Dir ist vergeben!“
Dann bist Du frei!
Hans-Uwe Rehse
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