Falsche Ernährung oder „falsche“ Gene?
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Falsche Ernährung oder „falsche“ Gene?
special | Adipositas Abb. 1: 15 % der 3- bis 17-Jährigen und damit 1,9 Millionen Kinder und Jugendliche sind übergewichtig, 6,3 % (800 000 Kinder und Jugendliche) gelten als adipös (nach der am 25.09.2006 vom Robert-Koch-Institut veröffentlichten Studie KiGGS) Glossar: afferent = hier: Signalrichtung von der Körperperipherie in Richtung Falsche Ernährung oder „falsche“ Gene? Zentralnervensystem (Gegensatz: efferent) Genetische Prädisposition für Übergewichtigkeit und Adipositas Expression = die Übersetzung der genetischen Information bis zur Bildung des entsprechenden Peptids bzw. Proteins Neuropeptide = Verbindungen mit Peptidstruktur, welche als Neurotransmitter der Signalübertragung dienen, z. B. Cholecystokinin, Endorphine Nucleus arcuatus = An- In nahezu allen westlichen Industrienationen ist besonders für das letzte Jahrzehnt eine deutliche Zunahme der Adipositas zu konstatieren. Erklären lässt sich dieser Anstieg durch das Zusammenwirken von genetischer Prädisposition und „westlicher Lebensweise“. Eine genauere Kenntnis der molekularen Zusammenhänge zur Wirkungsweise und Regulation von körpereigenen, pathogenetisch relevanten Modulatoren könnte dazu beitragen, die Basis für eine individualisierte Therapie zu ermöglichen. sammlung von Nervenzellen (=Nucleus) im Bereich des verlängerten Rückenmarks (Medulla oblongata) pleiotrop = ein Gen beeinflusst die Ausbildung mehrerer Merkmale polygenetisch = mehrere Gene beeinflussen die Ausbildung eines Merkmals Proteohormone = auch Peptidhormone, aus Ketten von Aminosäuren (analog den Eiweißen) aufgebaute Klasse der Hormone. Andere Klassen sind z. B. die Steroidhormone und die von den Fettsäuren abgeleiteten Prostaglandine. D ies scheint auch zwingend erforderlich zu sein: Mit dem Anstieg der Adipositas wird allein die Zahl der Patienten mit Typ-2-Diabetes in den nächsten Jahrzehnten weltweit um 50 Millionen zunehmen. Ein Zusammenhang zwischen zunehmendem Übergewicht und erhöhter Morbidität und Mortalität ist zweifelsfrei belegt. Bei Adipositas – definiert als vermehrte Ansammlung von Körperfett – ist die Gesamtmortalität um das ein- bis zweifache gesteigert [1, 2]. Der BMI (Body Mass Index), der aus dem Quotienten des Körpergewichts und dem Quadrat der Körpergröße in Metern (kg/m2) ermittelt wird, ist zwar kein direktes Maß zur Beurteilung des Körper- fettanteils, jedoch als angemessener Parameter zur Stadieneinteilung akzeptiert (쏆Tabelle 1; nach [2, 3]); bei Adipositas (BMI >30 kg/m2) steigt der Fettanteil bei Männern von normalerweise etwa 23 % auf mehr als 29 %, bei Frauen von 35 % auf 41 % an [4]. Übergewicht und „Ernährungsrisiken“ in Deutschland Adipositas und Übergewicht sind keinesfalls nur Probleme, die man gern mit den Vereinigten Staaten und den „Fast-Food-Ernährungsgewohnheiten“ der Amerikaner in Verbindung bringt, auch wenn dort der Anstieg am dramatischsten ist. Aus der im Mai 2006 von Ernährungs Umschau | 4/07 Dr. Hans-Peter Hanssen Universität Hamburg Inst. f. Pharmazeutische Biologie u. Mikrobiologie E-Mail: hans-peter. hanssen@hamburg.de 쑺 195 special | Adipositas der Techniker Krankenkasse vorgelegten Studie „Ernährungsrisiken“ geht hervor, dass immer mehr Deutsche übergewichtig oder gar adipös sind (zit. nach [5]). Und dies trotz vielfach besseren Wissens über gesundheitsbewusste Ernährung und Lebensweise bzw. Übergewicht und die damit verbundenen gesundheitlichen Folgen. Genaue Daten sind nicht einfach zu erhalten: Im Mikrozensus von 2003 wurden 36 % aller Erwachsenen als übergewichtig, 13 % als adipös eingestuft; diese Daten beruhten jedoch auf Befragungen und sind somit wenig repräsentativ [2]. Bereits vier Jahre zuvor war eine Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass mehr als 31 % aller Frauen und fast 50 % aller Männer als übergewichtig gelten. Der Anteil adipöser Personen belief sich hierbei auf etwa 21 % bzw. 19 %. Gleichzeitig war eine Zunahme der entwickelt hat, das dem Erhalt der Homöostase sowie der Energiespeicher bei wechselndem Nahrungsangebot und Energieverbrauch dient [2]. Bei unlimitiertem Nahrungsangebot und Verminderung der körperlichen Aktivität können diese Erbanlagen zur „Fett-Falle“ werden. Nahrungssuche und Homöostase der Energiespeicher Die Rolle des Gewebehormons Leptin In Zeiten begrenzter Nahrungsressourcen ist es sicherlich ein Selektionsvorteil in der Entwicklungsgeschichte des Menschen gewesen, dass eine vermehrte Nahrungszufuhr mit einem verminderten Energieumsatz sowie einer Energiespeicherung in Form von Fett einherging [8]. Es ist somit nicht verwunderlich, dass sich im Laufe der Evolution ein komplexes, genetisch fixiertes Regelsystem Appetit MC4R PC 1 POMC Adipositas um 7 % innerhalb eines Jahrzehnts ermittelt worden [6]. Ob tatsächlich „drei Viertel aller Deutschen zu viele Kilos auf die Waage bringen“ ist noch zu belegen. Erschreckend ist allerdings, dass 16 % aller Kinder in Deutschland als übergewichtig gelten [7; 쏆 Abbildung 1). -MSH Hypothalamus Stoffwechsel Leptin Ghrelin Insulin Gastrointestinaltrakt Fettgewebe afferente Signale Bauchspeicheldrüse efferente Signale Abb. 2: Regulation der Energiehomöostase (nach Slawik u. Beuschlein [2] und Farooqi u. O’Rahilly [10]) 196 Ernährungs Umschau | 4/07 Die Entdeckung des Gewebehormons Leptin in den 1990er Jahren löste eine wahre Euphorie aus: das Proteohormon wird von Fettzellen (Adipozyten) im Fettgewebe gebildet und in das Blut sezerniert. Der Serumspiegel von Leptin korreliert dabei mit der Masse an Körperfett [8]. Die Vorstellung, mit Leptin einen Botenstoff, der den Appetit hemmt, in der Hand zu haben und Übergewichtigkeit durch bloße Leptin-Gaben in den Griff zu bekommen, war faszinierend. Es stellt sich jedoch relativ schnell heraus, dass sich bei Adipositas zwar häufig hohe LeptinWerte finden, diese aber nicht zu einer Hemmung des Appetits führen. Dieses Phänomen wird als „Leptinresistenz“ bezeichnet. Immerhin führte die Leptin-Forschung zur Aufklärung eines komplexen Regulationssystems, das den Erhalt der Homöostase sowie der Energiespeicher bei wechselndem Nahrungsangebot und Energieverbrauch steuert, und auch zur Charakterisierung zahlreicher Erkrankungen, die auf Störungen dieses Systems zurückzuführen sind. Die Hauptaufgabe des Leptins ist es, dem Hypothalamus durch Bindung an spezifische Rezeptoren den Zustand der Energiereserven des Körpers zu melden. Das Steuerungszentrum für Hunger und Sättigung findet sich im lateralen bzw. medialen Teil des Hypothalamus. Im Hypothalamus aktiviert Leptin, das durch das obese(ob)-Gen kodiert wird, nach Bindung an seinen Rezeptor (db) eine Signalkaskade, die schließlich zu einer erhöhten Produktion des α-Melanozyten-stimulierenden Hormons (α-MSH), zusammen mit CART (co- caine and amphetamine related transcript), eines weiteren Transmitters, führt. Vorstufe von α-MSH ist das Polypeptid Proopiomelanocortin (POMC), dessen Bildung dadurch stimuliert wird, dass Leptin im Nucleus arcuatus spezifische Nervenzellen aktiviert. Die Folge einer α-MSH-abhängigen Aktivierung des MelanocortinRezeptors 4 (MC4R) wiederum ist eine zentrale Appetithemmung. Neben diesem so genannten Melanocortin(MC)-Weg, gibt es weitere Signalwege, die die Nahrungsaufnahme steuern können; so wird z. B. die Expression des Neuropeptids Y (NPY), das die Nahrungsaufnahme stimuliert, durch Leptin reduziert. Ein weiteres Neuropeptid mit orexigener (appetitanregender) Wirkung, AGRP (agouti-related protein), ist ein potenter Antagonist der Melanocortin-Rezeptoren 3 und 4 (MC3R bzw. MC4R). Die Bildung von NPY und AGRP wird wiederum durch das Peptid Ghrelin stimuliert, das hauptsächlich in Epithelzellen des Magenfundus, aber auch in anderen Geweben wie Darm, Pankreas oder Nieren synthetisiert wird. Das komplexe Regulationssystem umfasst somit eine Kombination von längerfristigen afferenten Signalen des Fettgewebes (Leptin) und der Bauchspeicheldrüse (Insulin) zusammen mit kürzerfristigen afferenten Signalen aus dem Verdauungstrakt. Diese werden in Abhängigkeit von der Nahrung ausgesandt und können hemmend (wie Cholecystokinin) oder stimulierend (wie Ghrelin) wirken. Im Gehirn werden diese Signale v. a. im Hypothalamus verarbeitet; efferente Signale steuern daraufhin das Hungergefühl und das gesamte Verhalten während der „Nahrungssuche“ (2; 쏆 Abbildung 2). Die Kartierung der menschlichen „Übergewichts“-Gene Verschiedene Untersuchungen an Zwillingen sowie Familien- und Adoptionsstudien haben in den letzten 20 Jahren belegt, dass interindividuelle 1. Adipositasformen, die sich auf eine genetisch bedingte Störung des Leptin-Signalwegs aufgrund einzelner fehlender Komponenten zurückführen lassen Störung / Enzymdefekt Bemerkungen angeborene Leptindefizienz Leptinrezeptordefizienz Proopiomelanocortin (POMC)-Defizienz Melanocortin-Rezeptor 4 (MC4R)-Defizienz Prohormonkonvertase-1(PC 1)-Defizienz, das intakte Enzym katalysiert die Umwandlung von POMC zu α-MSH (Melanocytenstimulierendes Hormon) 2. Pleiotrope Syndrome: Erkrankungen, bei denen eine Adipositas zusammen mit mehreren anderen Symptomen auftritt Syndrom Bemerkungen Bardet-Biedl-Syndrom: Autosomal-rezessives Syndrom, das sich auf Mutationen in mindestens 8 Genloci zurückführen lässt, wobei offensichtlich mindestens 2 BBS-Gene und eine weiteres Nicht-BBS-Gen involviert sind neben Adipositas kommt es u. a. zu Fehlbildungen der Extremitäten (Polydaktylie = Anlage zusätzlicher Finger), der Netzhaut (mit Erblindung), der Geschlechtsorgane und verminderter geistiger Leistungsfähigkeit Cohen-Syndrom: Autosomal-rezessives Syndrom, auf Mutationen des Gens COH 1 auf Chromosom 8 zurückführen Symptomatik ähnlich der bei Prader-WilliSyndrom (Fehldiagnosen häufig?) Alström-Syndrom: Autosomal-rezessives Syndrom, auf eine Mutation des Gens ALMS 1 zurückzuführen neben Adipositas kommt es u. a. zu Diabetes mellitus, Netzhautdegeneration, Innenohrtaubheit und beeinträchtigter Nierenfunktion Prader-Willi-Syndrom (PWS): Zurückzuführen auf den Verlust eines Teils oder des gesamten väterlichen Chromosoms 15 bei zwei mütterlichen Homologen Häufigstes genetisch bedingtes AdipositasSyndrom mit einer Prävalenz von etwa 1:25 000 Geburten, weitere Symptome sind u. a. Minderwuchs, verminderte Muskelspannung, schwache Pigmentbildung und allgemeine Entwicklungsverzögerung WAGR-Syndrom: Deletion von Teilen des Chromosoms 13 Syndrom-Komplex mit Wilms-Tumor, Aniridie (fehlende Netzhaut), Anomalien der Genitalien, mentaler Retardierung Tab. 1: Beispiele für genetisch bedingte Adipositasformen (nach [10]; vgl. auch 쏆 Abb. 2) Unterschiede des BMI genetisch festgelegt sind. So ist der BMI adoptierter Kinder nicht mit dem der Adoptiveltern, jedoch eng mit dem der biologischen Eltern korreliert [2, 8]. In Vergleichsstudien mit monozygoten (eineiigen) und dizygoten (zweieiigen) Zwillingen zeigte sich darüber hinaus, dass „für das Ausmaß der Fettmasse eine Erblichkeit von 40–70 % mit einer Konkordanz von 0,7–0,9 bei monozygoten und 0,35–0,45 bei dizygoten Zwillingen besteht“ [2]. Alle diese Studien kommen zu dem Ergebnis, dass Körpergewicht und Fettmasse beim Menschen zu 60– 84 % polygenetisch bestimmt sind. Auf der Suche nach neuen Therapiemöglichkeiten ist daher in den vergangenen Jahren intensiv und gezielt nach möglichen „Kandidaten-Genen“ gefahndet worden, die für eine Prädisposition für Übergewichtigkeit und Adipositas (mit)verantwortlich sein könnten. Die Auflistung aller dieser Gene wird in Form der human obesity gene map jährlich in einem Report dokumen- Ernährungs Umschau | 4/07 197 쑺 special | Adipositas tiert, der 2006 zum zwölften Mal veröffentlicht wurde [9]. Die aktuelle Übersicht berücksichtigt Forschungsergebnisse, die bis Oktober 2005 sowohl bei tierexperimentellen Untersuchungen als auch bei Fallstudien gewonnen wurden. Dabei ließen sich 176 Fälle von Fettleibigkeit auf Mutationen zurückführen, die jeweils ein Gen von insgesamt elf verschiedenen Genen betrafen. Die Zahl der Genvarianten, die eine Verbindung zwischen veränderter DNA-Sequenz und Übergewichtigkeit nahe legen, ist entsprechend deutlich höher: Es gab 426 Nachweise, die 127 verschiedene „Kandidaten“-Gene betreffen, wobei 22 Gene durch jeweils fünf positive Studien bestätigt wurden. Monogenetische Erkrankungen Obwohl in den meisten Fällen polygenetische Ursachen für Adipositas verantwortlich sind, konnte in der jüngsten Vergangenheit für viele Erkrankungen auch ein monogenetischer Hintergrund nachgewiesen werden. Dabei ist zwischen Erkrankungen zu unterscheiden, die sich auf eine Störung des Leptin-Signalwegs zurückführen lassen, und pleiotropen Syndromen, bei denen eine schwere Adipositas neben anderen Symptomen auftritt ([10]; 쏆 Tabelle 1). Häufig handelt es sich bei dem defekten Genprodukt um ein intrazelluläres Protein mit bislang nicht bekannter Funktion. Was bringen Medikamente und Diäten ? Bei den meisten „Schlankheitspillen“ ist offensichtlich, dass sie lediglich den Geldbeutel abnehmen lassen. Zur Behandlung von Übergewichtigen und Adipösen standen bislang zwei verschreibungspflichtige Medikamente für eine Therapie zur Verfügung: der Appetitzügler Reductil® (Sibutramin), ein Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, und Xenical® (Orlistat), ein Lipasehemmer, der dafür sorgt, dass etwa 30 % des Nahrungsfettes im Dünndarm nicht verdaut werden und somit nicht als Nahrungsenergie zur Verfügung stehen (Herstellerangaben). Die unerwünschten Arzneimittelwirkungen dieser Medikamente sind nicht unerheblich. 198 Ernährungs Umschau | 4/07 Zusammenfassung Falsche Ernährung oder „falsche“ Gene? Hans-Peter Hanssen, Hamburg Im Laufe der Evolution hat sich durch Selektionsdruck ein komplexes, genetisch fixiertes Regelsystem entwickelt, das dem Erhalt der Homöostase und der Energiespeicher bei wechselndem Nahrungsangebot und Energieverbrauch diente. Dies war in Zeiten von Nahrungsknappheit und Hungersnöten durchaus sinnvoll. In Zeiten des Nahrungsüberflusses und der Bewegungsarmut können diese Erbanlagen allerdings zur „Fettfalle“ werden. Es wird geschätzt, dass Körpergewicht und Fettmasse zu 60–84 % polygenetisch bestimmt sind. Rationale Therapieformen für Adipositas, in vielen westlichen Industrienationen die häufigste ernährungsmitbedingte Erkrankung, lassen sich möglicherweise durch eine genauere Kenntnis der genetisch fixierten Regelsysteme entwickeln. Die bislang durch Medikamente und Diäten erzielten Ergebnisse sind eher ernüchternd. Ernährungs Umschau 54 (2007) S. 195–199 쎱 Zahlreiche neue Pharmaka zur Behandlung der Fettsucht sind in der Entwicklung. Ein neues Medikament, Rimonabant (Acomplia®), hemmt CannabinoidRezeptoren vom Subtyp CB1 im Endocannabinoid-System (EC-System). Diese Endocannabinoide stimulieren die Cannabinoid-Rezeptoren. Eine erhöhte Aktivität des EC-Systems ist mit Übergewicht und exzessiver Nahrungsaufnahme assoziiert. Ein therapeutischer Ansatz zur Senkung des Körpergewichts könnte somit die Blockade des EC-Systems durch Antagonisten des CB1-Rezeptors sein, einem Subtyp, der in hoher Dichte im ZNS vorkommt. In Vergleichsstudien zeigte sich, dass Patienten, die mit Rimonabant behandelt wurden, im Vergleich zur Behandlung mit einem Placebo 8–10 % ihres Körpergewichts verloren [11]. Welchen Erfolg haben DiätProgramme? Über den Erfolg von Diät-Programmen, vor allem aber über den längerfristigen Bestand der Gewichtsreduktionen liegen verschiedene Untersuchungen vor, wobei Gruppentherapien mit Diät die besten Ergebnisse zeigten (27 % im Vergleich zu den Vergleichsgruppen; der Gewichtsverlust musste mindestens 9–11 kg betragen, die Nachuntersuchung erfolgte nach 3 Jahren). Für kommerzielle Programme konnte keine erfolgreichen Daten vorgelegt werden: die Beste von drei Überprüfungsreihen, die Weight Watchers vorlegte, zeigt einen durchschnittlicher Gewichtsverlust von 3,2 % nach 2 Jahren [12]. Was bringt die (nahe) Zukunft? COPE und ALLISON konstatieren, dass kein Medikament, das derzeit von der FDA1 zugelassen ist, deutlich bessere Ergebnisse gezeigt hat als Rimonabant. Durch das Medikament ist zurzeit ein Gewichtsverlust von 8–12 % zu erreichen [12]. Ein wesentlicher Fortschritt bei der Suche nach molekularen Ursachen genetisch bedingter Adipositas war die Entdeckung der Bedeutung von Mutationen des Melanocortin-Rezeptors 4 (MC4R) sowie die Erkenntnis, dass angeborene Leptindefizienz durch Leptin-Therapie behandelbar ist. Immer wieder geben spektakuläre Befunde der Molekulargenetik Anlass zu der Hoffnung, dass sich daraus Therapien gegen Übergewicht entwickeln lassen, so zuletzt der Nachweis, dass das „UhrenGen“ Per2 auch für die Steuerung der Essenszeiten verantwortlich ist [13]. Fazit Die dramatische Zunahme der Adipositas als weltweit zu beobachtendes Phänomen kann so erklärt werden, dass genetische Prädisposition und „adiposigene“ Lebensweise für viele Personen eine unausweich1 FDA = Food and Drug Administration, die Behörde für die Lebens- u. Arzneimittelaufsicht der USA liche Falle ist [2]. „Adiposigen“ steht dabei synonym für „westlich“, d. h. reichliches Nahrungsangebot bei geringer körperlicher Aktivität. Menschen, die genetisch bedingt resistent gegen Adipositas sind, werden auch bei dieser Lebensweise nur gering übergewichtig, während Individuen mit einer Neigung dazu stark an Gewicht zunehmen. Eine langfristige Änderung der Lebensweise, die vor allem durch mehr Bewegung und Änderung der Ernährungsgewohnheiten gekennzeichnet sein muss, wird daher der entscheidende Ansatz zur Umkehr dieser Entwicklung sein. Literatur 왎 1. Calle EE et al. (1999) Body-mass index and mortality in a prospect cohort of U.S. adults. N Engl J Med 341, 1097–1105 2. 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