Menopausenmedizin 1. Klimakterisches Syndrom

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Menopausenmedizin 1. Klimakterisches Syndrom
Menopausenmedizin
Seit dem Erscheinen der ersten Auswertung der Women’s Health Initiative (WHI) im
Jahre 2002 und diverser Folgepublikationen der WHI-Studie im Jahre 2003/2004
sowie der One Million Women Study, gab es sehr viele negative und häufig auch
unsachliche Berichterstattungen zur Hormontherapie im Klimakterium (HRT,
Hormone Replacement Therapy), sowohl in der Laien- als auch in der Fachpresse.
Als Folge dieser kontroversen Diskussion wurden zunehmend die postmenopausalen
Frauen mit Wechseljahrsbeschwerden sowie die behandelnden Ärzte/Ärztinnen
verunsichert mit der Folge, dass viele Frauen mit Wechseljahrsbeschwerden keine
Hormone
mehr
Hormontherapie
zur
im
Therapie
einnehmen
Klimakterium
ihren
möchten.
Stellenwert
Dennoch
bei
der
behält
die
Therapie
des
klimakterischen Symptoms und zur Prävention und Therapie der Osteoporose.
1.
Klimakterisches Syndrom
Hintergrund der Problematik
Die Menopause ist ein natürliches Ereignis im Leben einer Frau. Sie tritt im Mittel mit
51 Jahren ein. Heute liegt die mittlere Lebenserwartung einer Frau bei rund 82
Jahren. Somit lebt die Frau nach der Menopause noch 30 Jahre in einem
hormonellen Zustand, bei dem im Vergleich zu den Jahren vor der Menopause ein
nachweisbares Östrogendefizit besteht. Dieses Defizit kann zu klimakterischen
Beschwerden führen, insbesondere bei berufstätigen Frauen, die in einem
städtischen
Milieu
schwerwiegenden
leben.
Das
Beeinträchtigung
klimakterische
der
Syndrom
Lebensqualität
und
kann
zu
zu
einer
beruflichen
Einschränkungen führen.
Definitionen:
Klimakterium (= Perimenopause): Lebensabschnitt, welcher
den Übergang von der fertilen zur nicht mehr fertilen Phase
kennzeichnet und bis 1 Jahr nach der Menopause andauert.
Diese Lebensphase ist häufig mit östrogenmangelbedingten
1
Ausfallserscheinungen
klimakterischen
verbunden,
Syndrom,
und
dem
sogenannten
dysfunktionellen
Blutungsstörungen.
Menopause:
Letzte
spontane
Menstruationsblutung;
erfolgt zurzeit durchschnittlich mit 51 Jahren. Die letzte
Menstruation kann erst als Menopause identifiziert werden,
wenn es über einen Zeitraum von 12 Monaten nicht erneut zu
einer Menstruation kommt.
Vorzeitige Menopause (= Klimakterium praecox): Eintritt der
Menopause vor dem 40. Lebensjahr.
Klimakterium tarda:
Menopause nach dem 56. Lebensjahr.
2
Symptome des klimakterischen Syndroms, welche bei circa 85 % der Frauen
auftreten
Tabelle 1:
Vasomotorische Symptome: Hitzewallungen (79 %)
Kopfschmerzen
Schwindel
Palpitationen
Parästhesien
Psychische Symptome:
Angstzustände
Gereiztheit (51 %)
Depressionen (76 %)
Schlaflosigkeit (78 %)
Müdigkeit
Vergesslichkeit
Nervosität (61 %)
Urogenitale Atrophie:
Libidoverlust (79 %)
Harnwegsinfekte
Kolpitis
Urininkontinenz
Dyspareunie
Pruritus vulvae
Hautveränderungen:
Trockenheit
Haarausfall
Skelettveränderungen:
Osteoporose
Das klimakterische Syndrom wird durch den kombinierten Ausfall von drei Hormonen
bewirkt:
Östrogene,
Gestagene
und
Androgene.
Die
pathophysiologischen
Mechanismen, welche bei der Auslösung des klimakterischen Syndroms wirksam
sind,
sind
teilweise
Östrogenspiegel,
die
unbekannt.
bestimmte
Eine
Hauptrolle
Zentren
der
spielen
die
Hirnbasis
erniedrigten
(Temperatur-
regulierungszentrum, Zentren zur Kontrolle des Herzrhythmus, Hypothalamus)
maßgeblich beeinflussen. Offenbar senden diese Zentren unvermittelt und
unkontrollierte Impulse aus, die einerseits kardialen Palpitationen auslösen können,
andererseits die Temperatur in der oberen Körperhälfte erhöhen, was wiederum ein
vermehrtes Schwitzen zur Folge haben können. Dieses wiederum verursacht ein
Schwitzen, während die Palpitationen ein Gefühl von Stress verursachen.
3
Das klimakterische Syndrom kann auch mit atypischen Symptomen vergesellschaftet
sein, wie myokardinfarktähnliche Symptome, Veränderungen in der Augenfunktion
und Weichteilrheuma.
Diagnose des klimakterischen Syndroms
Die Diagnose sollte die Symptomatik, wichtige Risikofaktoren sowie bestimmte
Untersuchungen
beinhalten
(Tabelle
2).
Folgende
Risikofaktoren
müssen
anamnestisch erfasst und im Dossier vermerkt werden:
Tabelle 2:
Allgemeine Diagnostik:
Symptomatik und Risikofaktoren (Ref.):
•
Symptomatik des klimakterischen Syndroms (zum Bsp. Anwendung der
Menopause Rating Scale, Ref.)
•
Risikofaktoren für das Mammakarzinom
•
Risikofaktoren für Osteoporose
•
Calciumbilanzierung
Untersuchungen:
•
Die Diagnose des klimakterischen Syndroms erfolgt primär klinisch. Eine
Hormonanalyse
kann
zum
Ausschluß
anderer
Hormonstörungen
(Hyperthyreose, Hypothyreose, Diabetes mellitus) erforderlich sein: FSH, LH,
Östradiol, TSH, Prolaktin, eventuell Glukose nüchtern.
•
Gynäkologische Untersuchungen, Portiozytologie
•
Vaginalsonographie
und
Darstellung
der
Morphologie
von
Uterus
(Endometriumdicke) und Ovarien
•
Mammographie
Weiterführende Diagnostik:
•
Bei Risikofaktoren für eine Osteoporose: Osteodensitometrie mittels DEXA.
4
•
Ohne
Risikofaktoren
für
eine
Osteoporose
als
kostengünstiges
Screeningverfahren: Osteosonographie (allerdings nur zwischen 60 und 65
Jahren). Derzeit gilt die Osteosonographie weiterhin als ein umstrittenes
Verfahren,
welches
nicht
die
diagnostische
Genauigkeit
und
Reproduzierbarkeit der DEXA-Methode erreicht.
•
Beim Verdacht auf eine kardiovaskuläre Erkrankung: Überweisung an den
entsprechenden Fachspezialist (Kardiologe)
•
Bei positiver Eigenanamnese (Thrombose oder Lungenembolie während der
Schwangerschaft oder im Wochenbett) oder bei positiver Familienanamnese:
Thrombophilie-Abklärung.
Zur Thrombophilie-Abklärung sind folgende Bestimmungen empfehlenswert:
Antithrombin III
Protein C
Protein S
Faktor V-Mutation G 1691 A (sog. „Factor V Leiden“)
Prothrombinmutation G 20210 A
Plasma-Homozystein
Faktor VIII
•
Bei Harninkontinenz: urodynamische Untersuchung.
Differentialdiagnose:
- Hyperthyreose (Morbus Basedow)
- Subklinische Hypothyreose oder Thyreoiditis Hashimoto
- Diabetes mellitus
- Kardiovaskuläre Erkrankungen (Myokardinfarkt oder TIA)
- Psychiatrische Erkrankungen (Epilepsie oder Depressionen)
- Psychosomatische Erkrankungen
- Phäochromocytom
5
Therapie des klimakterischen Syndroms
1.
Hormonelle Therapien
Die Hormonsubstitution mit Hormonen ist nach wie vor die effektivste Therapie zur
Linderung resp. Beseitigung klimakterischer Beschwerden. Bei der Hormontherapie
unterscheidet man die klassische HRT mit Östrogenen und/oder Gestagenen und der
STEAR (Selective Tissue Estrogenic Activity Regulator) Tibolon:
Klassische HRT mit Östrogenen und/oder Gestagenen:
Östrogene wirken als Agonist über Östrogenrezeptoren. Gestagene wirken als
Agonist über Progesteronrezeptoren. Letztere werden verwendet, um einer
ungewollten Endometriumproliferation entgegen zu wirken. Die Effektivität einer
Behandlung des klimakterischen Syndroms mit einem Östrogenpräparat ist
wissenschaftlich bewiesen.
Obwohl Frauen in den Wechseljahren auch ohne jegliche Hormongabe gesund
bleiben und sich wohl fühlen können, sind Östrogene, Progesteron und Androgene
mitentscheidend für das Wohlbefinden, den Stoffwechsel und die Lebensqualität.
Unmittelbar nach Ausfall der ovariellen Funktion löst der Östrogenmangel bei bis zu
85 % aller Europäerinnen klimakterische Beschwerden aus, die eine medikamentöse
Behandlung notwendig machen können. Die Effektivität einer Behandlung des
klimakterischen Syndroms mit einem Östrogenpräparat ist wissenschaftlich bewiesen
(Cochrane data base).
STEAR (Selective Tissue Estrogenic Activity Regulator):
STEAR wirken als Agonist über Östrogen-Rezeptoren. Die Gewebeselektivität wird
durch eine Prä-Rezeptor-Regulation erreicht. Derzeit gibt es in dieser Gruppe nur
eine einzelne klinisch verfügbare Substanz: Tibolon.
SERM (Selektive Östrogen-Rezeptormodulator):
Derzeit gibt es noch keine klinisch-verfügbare Substanz dieser Klasse, welche für die
Behandlung von klimakterischen Beschwerden eingesetzt werden kann.
6
2.
Klassische HRT mit Östrogenen und/oder Gestagenen
In der praktischen Durchführung der Substitutionsbehandlung mit Östrogenen
und/oder Gestagenen beim klimakterischen Syndrom sind folgende Punkte zu
beachten:
1. Das Endometrium:
Die Behandlung mit Östrogenen muss mit einem Gestagenpräparat kombiniert
werden, wenn die Gebärmutter noch vorhanden ist. Eine alleinige Behandlung mit
Östrogenen bei noch vorhandenem Uterus führt zunächst zur Hyperplasie des
Endometriums und nach einer Einnahmedauer von fünf Jahren in circa 5% der Fälle
schliesslich zur Bildung eines Endometriumkarzinoms.
Bei fehlender Gebärmutter ist die zusätzliche Verabreichung eines Gestagens
kontraindiziert. Im Rahmen von prospektiv-randomisiert durchgeführten Studien
(WHI) konnte eindeutig gezeigt werden, dass bei einer fehlenden Gebärmutter die
Gabe eines Gestagens zusätzlich zum Östrogenpräparat nicht notwendig und eher
schädlich ist.
2. Die Wahl einer geeigneten Kombination:
Es existieren drei Möglichkeiten zur Kombination des Östrogen- und des
Gestagenpräparates:
•
Umgekehrte sequentielle Gabe: Kombination eines Östrogenpräparates und
eines gonadotropinstatischen Gestagens, bei der letzteres zur Unterdrückung
der endogenen Gonadotropinspiegel und damit zur Verhinderung der
Ovulation eingesetzt wird. Hier wird das Gestagenpräparat zusammen mit
dem Östrogenpräparat in der ersten Zyklushälfte verabreicht, während in der
zweiten Zyklushälfte ausschliesslich das Östrogenpräparat verabreicht wird.
Diese Behandlung eignet sich sowohl für prämenopausale Frauen mit
klimakterischen Beschwerden als auch zur Therapie im ersten Jahr nach der
vermeintlichen Menopause.
7
•
Sequentielle Behandlung: Kombination eines Östrogenpräparates mit einem
Gestagenpräparat, bei der letzteres mindestens 10 Tage maximal 12 Tage pro
Monat verabreicht wird. Das Gestagenpräparat bewirkt die sekretorische
Umwandlung des Endometriums und schützt so vor einer Hyperplasie oder
vor einem Endometriumkarzinom. Das Östrogenpräparat wird fortwährend,
also ohne Unterbrechung wie bei einem Ovulationshemmer, verabreicht. Nach
Beendigung
der
Einnahme
des
Gestagenpräparates
kann
mit
einer
menstruationsähnlichen Blutung gerechnet werden. Dieses Schema eignet
sich für die Behandlung der Frau in den ersten drei Jahren nach dem Eintreten
der Menopause.
•
Kontinuierlich-kombinierte
Gabe:
das
Östrogenpräparat
und
das
Gestagenpräparat werden parallel und kontinuierlich (ohne Unterbrechung)
verabreicht. Das verabreichte Gestagen wirkt als Antimitotikum auf das
Endometrium und verhindert so die Bildung einer Endometriumhyperplasie
bzw. eines Endometriumkarzinoms. Bis auf eine leichte Schmierblutung in den
ersten drei Monaten der Anwendung sollte dieses Schema mit einer
Amenorrhoe einhergehen. Dieses Schema eignet sich vorwiegend für die
Frau, welche sich seit ungefähr drei Jahren in der Postmenopause befindet.
Dieses Behandlungsprotokoll ist allerdings durch mehrere Studien mit einem
erhöhten Mammakarzinomrisiko negativ behaftet worden.
Bei der Behandlung mit Tibolone ist eine zusätzliche Gabe eines Gestagens
überflüssig.
3. Wahl eines geeigneten Östrogenpräparates
Es stehen verschiedene Östrogene zur Auswahl, welche sich aufgrund des
Verabreichungsmodus und der hepatischen Metabolisierung unterscheiden (Tabelle
3):
8
Tabelle 3:
Substanz
Äquivalenzdosis
Äquivalenzdosis
bei klim. Beschwerden
bei Osteopenie
Konjugierte equine Östrogene
0.625 mg täglich, oral
0.3 mg tägl., oral
Mikronisiertes Östradiol
2 mg täglich, oral
1 mg täglich, oral
Transdermales Östradiol
50 µg pro ½ Woche
25 µg/½ Woche
Östradiolvalerat
2 mg täglich, oral
1 mg täglich, oral
Die Dosis richtet sich nach dem Beschwerdebild der Patientin. Wenn eine
längerfristige Therapie geplant ist, kann man von Anfang an mit der Patientin eine
spätere Dosisreduktion vereinbaren, wenn das Beschwerdebild dies zulässt.
Bei chronischen Lebererkrankungen sowie bei Verdacht auf Thrombophilie sollte die
transdermale Verabreichung bevorzugt werden.
4. Wahl eines geeigneten Gestagenpräparates
Zur Auswahl des geeigneten Gestagenpräparates stehen verschiedene Gestagene
zur Verfügung, die sich nicht nur in der Art der Applikation und der Äquivalenzdosis,
sondern auch hinsichtlich der Partialwirkung unterscheiden. Unter dem Begriff
Partialwirkung werden die unterschiedlichen Nebenwirkungen verstanden, welche
aufgrund der Positionierung der Gestagene am Ursprung der Metabolisierung
sämtlicher Steroide entstehen.
Tabelle 4:
Substanz
Applikation
Dosierung
Partialwirkung
Mikronisiertes Progesteron
Medroxyprogesteron
Levonorgestrel
Dydrogesteron
Norgestrel
Norethisteronazetat (NETA)
oral
oral
transdermal
oral
oral
oral
transdermal
oral
100-200 mg/d
5-10 mg/d
1.5 mg/Pfl.
10-20 mg/d
0.5 mg/d
1 mg/d.
2.7–4.8 mg/d
2 mg/d
antimineralocorticoid
eher neutral
eher neutral
neutral
neutral
androgen
androgen
antiandrogen
Cyproteronazetat
9
Für die Auswahl des geeigneten Gestagenpräparates sind daher zusätzliche
Symptomkomplexe (wie Hirsutismus, Akne, Seborrhoe und androgenetische
Alopezie)
oder
anamnestische
Auffälligkeiten
(Libidomangel
oder
Ödeme)
entscheidend.
5. Wahl eines geeigneten Kombinationspräparates
Die
pharmazeutische
Hormonkombinationen
Industrie
hat
bereitgestellt,
eine
ganze
welche
Reihe
die
von
vorgefertigten
Durchführung
der
Substitutionsbehandlung erheblich vereinfacht hat. Meistens handelt es sich um
kontinuierlich-kombinierte Schemata.
2.
STEAR
Tibolon ist ein künstliches Hormon, das durch die Metabolisierung in der Leber in
hormonwirksame Metabolite umgewandelt wird. Tibolon gehört zur Wirkstoffklasse
STEAR (Selective Tissue Estrogenic Activity Regulator), das je nach Gewebe eine
selektive östrogene Aktivität, jedoch lokal auch gestagene oder androgene
Wirkungen aufweisen kann. Tibolon ist derzeit die einzige, klinisch verfügbare
Substanz dieser Gruppe. Es ist wirksam bei der Bekämpfung des klimakterischen
Syndroms und bei der Vorbeugung der Osteoporose. Auf das Endometrium hat diese
Substanz keinerlei proliferierende Wirkung, so dass uterine Blutungsstörungen unter
Einnahme von Tibolon sehr selten sind. Zudem erhöht es, im Gegensatz zu den
herkömmlichen östrogenhaltigen Präparaten, die mammographische Dichte der
Brustdrüse nicht. Mastodynie ist unter Tiboloneinnahme selten. Aufgrund der
androgenen Partialwirkung kann es libidosteigernd wirksam sein. Im Gegensatz zur
herkömmlichen
HRT
hat
Tibolon
eine
eher
günstige
Wirkung
auf
die
Gerinnungsparameter.
Tibolon ist damit geeignet bei
•
Der Behandlung des klimakterischen Syndroms
•
Bei Uterus myomatosus oder bei Adenomyosis uteri und klimakterische
Beschwerden
10
•
Als Addback Therapie bei einer langfristigen Down-Regulation mit einem
langwirkenden GnRH-Agonisten.
3.
Kontraindikationen
für
eine
Substitutionsbehandlung
mit
einem
östrogenhaltigen Medikament
Tabelle 5:
Absolute Kontraindikationen für eine Substitutionsbehandlung:
- Akute Thrombo-embolie
- Aktuelles Mammakarzinom
- Aktuelles Endometriumkarzinom
- chronische und akute Lebererkrankungen
Relative Kontraindikationen für eine Substitutionsbehandlung:
Verifizierte Thrombophilie
Unter Abwägung der Risiken und des Beschwerdebildes der Patientin kann eine
transdermale Substitution oder eine nicht-hormonale Therapie eingesetzt werden.
Erhöhtes Mammakarzinomrisiko
Bei positiver Familienanamnese hinsichtlich dem Mammakarzinom kann die
herkömmliche Östrogensubstitution restriktiv und nur nach eingehender Information
der Patientin indiziert werden. Ein- oder zweijährige Mammographiekontrollen sind
unerlässlich.
Status nach Mammakarzinom
Eine Behandlung mit einem Östrogenpräparat nach Mammakarzinom geht mit einem
erhöhten
Rezidivrisiko
einher
(HABITS-Studie).
Daher
müssen
alternative
Behandlungsmöglichkeiten bei der Beseitigung des klimakterischen Syndroms
11
ausgeschöpft werden. Innerhalb der ersten 5 Jahre kann eine klassische Oestrogensubstitution nur in absoluten Ausnahmefällen und nach eingehender Information der
Patientin erfolgen.
Koronare Herzkrankheit
Bei einer bekannten koronaren Herzkrankheit sollte keine Hormonsubstitution
eingeleitet werden. Bei der Diagnosestellung einer koronaren Herzkrankeit und bei
gleichzeitigem
Bestehen
von
klimakterischen
Beschwerden
kann
eine
Substitutionsbehandlung hingegen weitergeführt werden, da sie eine schützende
Wirkung auf das Myokard ausübt.
Hypercholesterinämie
Vor Beginn einer HRT sollte ein Lipidprofil erstellt werden. Die Resultate des
Lipidprofils können für die Wahl des Hormonpräparates mitentscheidend sein. Bei
einer Hypercholesterinämie ist eine orale Substitutionsbehandlung empfehlenswert.
Als Gestagen Progesteron oder Dydrogesteron verwenden. Jährliche Lipidkontrollen
sind dringend erforderlich.
Hypertriglyzeridämie
Die transdermale Substitution oder Tibolon sind bevorzugt. Regelmässige jährliche
Kontrollen des Lipidprofils sind auch hier notwendig!
Endometriose
Tibolon ist geeignet zur Add-Back-Therapie bei einer langfristigen Down-Regulation
mit GnRH-Analoga. Die kontinuierlich-kombinierte Hormonsubstitution ist auch bei
Zustand nach Hysterektomie empfehlenswert.
Chronische Hepatopathie
Bei
schwerer
Leberschädigung
liegt
aufgrund
der
ungenügende
Metabolisierungskapazität der Leber häufig eine chronische Hyperöstrogenämie vor.
12
Wenn eine Hormonverabreichung notwendig ist, sollte nur eine transdermale
Verabreichung erfolgen.
4.
Nebenwirkungen
einer
Substitutionsbehandlung
mit
einem
östrogenhaltigen Präparat
Tabelle 6:
Symptome
Vorgehen
Persistierende Wallungen
Östrogendosierung
Symptomatik
erhöhen
sistiert.
Östrogendosierung
sollte
bis
Bei
die
die
erhöhter
Dauer
der
Einnahme auf 6 Monate reduziert werden.
Zyklusunregelmässigkeiten
Während den ersten 3-6 Einnahmemonaten:
Abwarten!
Patientinnen sind vor Substitutionsbeginn über
die Möglichkeit von uterinen Blutungsstörungen
und deren Verlauf zu informieren!
Meno- und Metrorhagien
- Unter HRT und bei Endometriumsdicke >6
mm: fraktionierte Curettage
- Ohne HRT und bei Endometriumsdicke <6
mm: Hydrosonographie
Bei Unregelmässigkeiten des Endometriums:
fraktionierte
Curettage
und
histologische
Abklärung der Endometriumstruktur.
Bei unauffälligem Endometrium und erneuter
unerwarteter Blutung ist auf jeden Fall eine
histologische
Abklärung
nach
fraktionierter
Curettage nötig.
13
Gewichtszunahme
1-2 kg sind durch hormonbedingte Natriumresp. Wasserretention möglich.
Störende Gewichtszunahme >2 kg:
Häufig bedingt durch den anabolen Partialeffekt
des Gestagens. Gestagen mit geringerem
androgenem Partialeffekt wählen (Progesteron
oder Dydrogesteron)
Mastodynie
Häufig nur vorübergehend (3-6 Monate) bei
Status nach langjährigem Oestrogenmangel.
Bei
stark
störender
Mastodynie:
Oestrogendosierung reduzieren oder Wechsel
auf Tibolon.
5.
Nicht-hormonelle Therapien
Für die Behandlung des klimakterischen Syndroms können auch nicht-hormonale
Wirkstoffe verwendet werden. Schwach wirksam sind folgende Substanzen:
1.
SSRIs (Selektive Serotonin Reuptake Inhibitoren):
Unter den Antidepressiva Venlafaxin und Fluoxetin kann es innerhalb von vier
Wochen im Vergleich zu einem Placebo zur mässigen Linderung der
klimakterischen Beschwerden (Hitzewallungen) kommen. Diese Substanzen
sind eher indiziert, wenn das klimakterische Syndrom auch mit einer
antidepressiven Stimmung einhergeht.
2.
Clonidin, ein Antihypertonikum (0,1mg täglich): ein α-adrenerger Agonist ohne
gleichzeitige Wirksamkeit auf Blutdruck und Herzrhythmus. Clonidin beeinflusst
günstig die Zentren der Hirnbasis einschließlich den Hypothalamus und
verringert
die
zirkulierende
Konzentration
des
Noradrenalins,
welches
massgeblich an der Entstehung der Hitzewallungen beteiligt ist. Clonidin ist
weniger wirksam als eine herkömmliche Behandlung mit Hormonen
14
3.
Phytotherapeutika, gewonnen aus pflanzlichen Zutaten wie Cimicifuga
racemosa, können bei sehr leichten klimakterische Beschwerden verwendet
werden. Grosse, randomisierte placebo-kontrollierte Studien zur Wirksamkeit
fehlen. Die Langzeitwirkung von Phytotherapeutika auf Brust und Blutgerinnung
sind weitgehend unklar.
6.
Praktische Empfehlungen
1. Jede Gabe von hormonell wirksamen Präparaten braucht eine klare
Indikationsstellung und muss individuell entschieden werden. Die Behandlung
des klimakterischen Syndroms und die Verbesserung einer östrogenmangelbedingten schlechten Lebensqualität sind die Hauptindikationen für eine
Hormontherapie (HRT). Die HRT bleibt die wirksamste Therapiemöglichkeit.
Bei leichteren Beschwerden stehen Alternativen zur Verfügung (Kapitel 12).
2. Vor
Beginn
der
Therapie
müssen
die
Vorteile
und
Risiken
einer
Hormontherapie mit der Patientin besprochen werden. Die Entscheidung zur
Therapie erfolgt zusammen mit der voll informierten Patientin.
3. Eine Behandlung mit einem östrogenhaltigen Präparat wegen klimakterischen
Beschwerden sollte zunächst über einen Zeitraum von circa 12 Wochen
eingesetzt werden. Später kann sie, unter Abwägung der Vor- und Nachteile,
der Therapie über einen Zeitraum von maximal fünf Jahren durchgeführt
werden. Klimakterische Beschwerden können allerdings bereits vor dem
Eintritt der Menopause auftreten und länger als 5 Jahre nach der Menopause
andauern. Daher sollte mit der Patientin bereits zu Beginn der Therapie mit
einem
östrogenhaltigen
Präparat
über
eine
spätere
Dosisreduktion
gesprochen werden. Eine Hormontherapie sollte nicht länger fortgeführt
werden,
als
eine
Indikation
gegeben
ist.
Eine
Langzeittherapie
ist
gerechtfertigt bei Frauen, deren Symptome nur mit Östrogenen beherrscht
werden können, bei symptomatischen Frauen mit erhöhtem Osteoporoserisiko
und zur Osteoporoseprävention, wenn keine Alternative infrage kommt. Bei
der
Entscheidung
für
eine
längerfristige
Behandlung
mit
einem
östrogenhaltigen Präparat müssen die Vorteile der Behandlung gegenüber
den Nachteilen abgewogen werden und dieses mit der Patientin erörtert
15
werden. Die Gründe für eine initiale Behandlung sowie für eine längerfristige
Behandlung müssen jeweils schriftlich im Dossier festgehalten werden.
4. Die Resultate von WHI und HERS dürfen nicht auf Frauen mit früher (40-50
Jahre) oder vorzeitiger (<40 Jahre) Menopause sowie auf symptomatische
peri- und früh-postmenopausale Frauen mit zeitgerechter Menopause
übertragen werden.
5. Eine HRT bessert urogenitale Beschwerden und trägt durch die Behandlung
der Dyspareunie zur Erhaltung einer positiv gelebten Sexualität bei.
Randomisierte
Studien
zeigen,
dass
eine
Östrogengabe
urogenitale
Beschwerden (Dyspareunie, atrophe Kolpitis, vulvovaginaler Pruritus, atrophe
Urethrozystitis) verbessern. Fehlt eine Indikation für eine systemische
Östrogengabe, kann auch eine lokale Östrogengabe mit Östriol erfolgen. Bei
einer lokalen Östrogenapplikation ist eine zusätzliche Gestagengabe nicht
erforderlich.
6. Die Wirkung einer Östrogentherapie auf die Libido ist umstritten, doch liegen
Daten für den günstigen Effekt bei der Gabe von Tibolon oder von
Androgenen vor. Für letztere Therapie fehlen heute noch die geeigneten
Präparate.
7. Unter Hormontherapie bessern sich unspezifische peri- und postmenopausale
Gelenk- und Gliederschmerzen. Haut- und Schleimhäute sowie Bindegewebe
sprechen günstig auf Östrogene an. Die Wundheilung kann durch eine
Östrogenbehandlung
beschleunigt
verlangsamt,
nicht
aber
werden.
aufgehalten
Die
werden.
Hautalterung
Durch
kann
exzessive
Sonnenexposition gesetzte Hautschäden werden durch Östrogene nicht
rückgängig gemacht.
8. Kognitive Funktionen können durch Östrogene verbessert werden. Eine
endogene Depression wird durch Östrogene alleine nicht beeinflusst. Eine
depressive Verstimmung findet sich oft zusätzlich im Rahmen des
klimakterischen Syndroms und kann durch eine Östrogensubstitution effektiv
behandelt werden.
9.
Die Osteoporose- und Frakturprävention ist einer der gesicherten Nutzen einer
Östrogengabe. Allerdings stehen heute für die Therapie der Osteoporose
alternative, gar wirksamere Substanzen zur Verfügung, so dass bei einer
alleinigen Osteoporose eine Substitutionsbehandlung mit einem Östrogen
16
nicht mehr Therapie der ersten Wahl ist. Eine anamnestische Erfassung der
Risikofrakturen für Osteoporose und der Zusammensetzung der Ernährung,
sowie
eventuell
auch
ein
messtechnisches
Screening
der
Osteoporosegefährdung sind weiterhin Bestandteil der ärztlichen Betreuung
einer peri- und postmenopausalen Frau. Für die Osteoporoseprophylaxe
können auch niedrigere Östrogendosierungen angewendet werden als die,
welche bei der Behandlung des klimakterischen Syndroms verwendet werden.
Allerdings fehlt hinsichtlich der Wirksamkeit der niedrigen Östrogendosierung
noch
die
notwendige
wissenschaftliche
Evidenz
(keine
Knochenfrakturstudien). Eine Östrogensubstitution ist ohne zusätzliche Gabe
von Calcium und Vitamin D sinnlos.
10. Herz- und Kreislauferkrankungen stellen bei der älteren Frau die häufigste
Todesursache dar. Obwohl die günstige Auswirkung einer Östrogengabe auf
das Lipidprofil und auf die Gefässwand eindeutig sind, besteht heute keine
Indikation für eine Behandlung mit Östrogenen zur kardiovaskulären
Prävention (Primärprävention). In den ersten Anwendungsjahren kommt es zu
einem Anstieg des Thromboserisikos (circa 1 bis 2 zusätzliche Erkrankungen
bei 5000 bis 8000 Frauen), welche bei einer vorbestehenden Atherosklerose
zu lokalen Thrombosen und Embolien führen kann. Daher ist der Beginn einer
Östrogenbehandlung
bei
bereits
bestehender
atherosklerotischer
Gefässerkrankung (zum Beispiel nach einem Insult) oder nach einem akuten
Myokardinfarkt oder bei Angina pectoris kontraindiziert.
Nach einem koronaren Ereignis dürfen Frauen, die bereits zuvor unter einer
Östrogentherapie standen, Östrogene weiterhin einnehmen, da in dieser
Situation das Thromboserisiko durch die Östrogenbehandlung nicht weiter
erhöht wird.
11. Frühe
Menarche,
späte
Menopause
und
Adipositas
erhöhen
das
Mammakarzinomrisiko messbar. Eine Östrogenbehandlung erhöht nach einer
Anwendungsdauer von mindestens fünf Jahren das Risiko an einem
Mammakarzinom zu erkranken signifikant. Darüber hinaus erhöht die
Einnahme
von
östrogenhaltigen
Präparaten
das
Risiko
für
abklärungsbedürftige Veränderungen in der Mammographie. Daher sollten
mindestens alle zwei Jahre Mammographiekontrollen durchgeführt werden, da
17
mit der Mammographie maligne Veränderungen im Brustdrüsengewebe
frühzeitig nachgewiesen werden können.
12. Bei der Behandlung des klimakterischen Syndroms gibt es zu den
herkömmlichen östrogenhaltigen Präparaten nur zwei wirksame hormonelle
Alternativen:
•
Tibolon, ein STEAR (“Selective Tissue Estrogenic Activity Regulator”)
(Livial)
•
Gestagene,
wie
Medroxyprogesteronazetat
(Prodafem)
oder
Megestat
Schwach wirksam, jedoch wirksam, sind auch folgende Substanzen:
•
Venlafaxin, ein Antidepressivum (Efexor) und Serotonin-UptakeInhibitoren: es kann mit einer 50 % Reduktion der Hitzewallungen
innerhalb von sechs Wochen gerechnet werden. Besonders wenn die
depressive Komponente des klimakterischen Syndroms im Vordergrund
steht, sind diese Substanzen indiziert.
•
Clonidin, ein Antihypertonicum (Catapresan, 0.1mg täglich): ein αadrenerger Agonist ohne gleichzeitige Wirksamkeit auf Blutdruck und
Herzrhythmus. Clonidin beeinflusst die Zentren in der Hirnbasis
einschließlich
den
Hypothalamus
günstig
und
verringert
die
zirkulierende Konzentration des Noradrenalins, welches massgeblich
an der Enstehung der Hitzewallungen beteiligt ist. Clonidin ist weniger
wirksam als eine Behandlung mit Östrogenen.
Zur Osteoporoseprophylaxe kann eine Behandlung mit Raloxifen, ein SERM
(selektiver Östrogen-Rezeptormodulator) (Evista), durchgeführt werden.
Allerdings ist Raloxifen nur bei Osteoporose der Wirbelsäule wirksam jedoch
nicht
bei
klimakterischer
Beschwerden.
Raloxifen
ist
auch
bei
Thromboserisiken kontraindiziert.
Die Risiken einer langfristigen Anwendung dieser Alternativsubstanzen bei der
Therapie des klimakterischen Syndroms sind nicht bekannt.
18
Grundlagen der Osteoporose
Um die Zeit der Menopause beschleunigt sich bei manchen Frauen der Verlust der
Knochenmasse, so dass sich nach einigen Jahren eine Osteoporose entwickelt,
welche mit einem höheren Risiko für Knochenfrakturen einhergehen kann.
Definition Osteoporose
Die Osteoporose ist definiert als eine systemische Skeletterkrankung, die infolge
verminderter
Knochenmasse
und
Qualität
durch
eine
verminderte
Widerstandsfähigkeit des Knochens charakterisiert ist, welches wiederum mit einem
erhöhten Frakturrisiko einhergeht.
Prävention der Osteoporose
Die Prävention der Osteoporose sollte alle Maßnahmen umfassen, die verhindern,
dass die Krankheit Osteoporose auftritt, insbesondere, dass Frakturen durch diese
Erkrankung entstehen. Sie umfasst alle Maßnahmen, die dahin zielen, den
größtmöglichen Wert für die maximale Knochenmasse im jugendlichen und jungen
Erwachsenenalter zu erreichen oder den physiologischen Abbau nach der
Menopause und im Alter zu verlangsamen sowie den pathologischen Knochenverlust
und das Auftreten von Frakturen zu verhindern.
Erfassung der Risikofaktoren für die Osteoporose
1.
Anamnestische Erfassung der Risikofaktoren
Tabelle 7: Risikofakturen für Osteoporose
Relatives Frakturrisiko (R.R.) 1-2
Relatives Frakturrisiko (R.R.) ≥ 2
Östrogenmangel
Alter ≥ 70 Jahre
Endogene Östrogenexposition < 30 Jahre Frühzeitige Menopause < 45 Jahre
Calciumzufuhr < 500 mg/Tag
Klimakterium praecox
Primärer Hyperparathyreoidismus
Status nach osteoporotischer Fraktur
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Rheumatoide Arthritis
Femurhalsfraktur
bei
Verwandten
1.
Grades
Morbus Bechterew
Kortikosteroidtherapie
Therapie mit Antiepileptika
Chron. Gastrointestinalerkrankung
Hyperthyreose
Erhöhter Knochenabbau
Diabetes mellitus
Anorexia nervosa
Nikotinabusus > 10 Z. tgl.
BMI < 18 k/m2
Alkoholabusus
fehlende physische Aktivität
Chronische Niereninsuffizienz
Organtransplantation
Eine Bestimmung der Knochendichte mittels DEXA ist gerechtfertigt wenn:
•
1 Risikofaktor mit R.R. ≥ 2 vorliegt
•
2 Risikofakoren mit R.R. 1-2 vorliegen
2. Osteosonographie
Die quantitative Ultraschalluntersuchung ist als Screeningmethode gegenüber den
radiologischen Methoden eine kostengünstigere (allerdings auch umstrittene)
Alternative zur Osteodensitometrie. Nicht nur die diagnostische Genauigkeit sondern
auch die Reproduzierbarkeit der Bestimmungen ist gegenüber DEXA viel geringer.
Daher ist die Osteosonographie nicht für die Diagnose der Osteoporose geeignet,
wenn ein oder mehr Risikofaktoren für eine Osteoporose vorliegen.
Sie ist lediglich als Screeningmethode bei Frauen zwischen dem 60. und dem 65.
Lebensjahr geeignet. Bei einem negativen T-Score ist zur Bestätigung des Befundes
eine Osteodensitometrie mittels DEXA indiziert.
Die Osteosonographie ist ebenfalls zur Verlaufskontrolle nicht geeignet.
3. Osteodensitometrie
mittels
DEXA
(Doppel-Energie
Röntgenabsorptiometrie)
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Die Patientinnen der Hormonsprechstunde der Universitätsfrauenklinik Basel
erhalten die indiziert DEXA-Untersuchung.
Obwohl die Interpretation der Resultate durch den Osteologen erfolgt, sind Einblicke
in die Beurteilung der Ergebnisse der Osteodensitometrie auch für den Gynäkologen
unerlässlich, damit eine ganzheitliche Beratung (auch unter der Berücksichtigung
eventueller klimakterischer Beschwerden) erfolgen kann.
21
Tabelle 8: Technische Details der DEXA-Methode
Messorte:
LWS und Femur
Messstruktur:
Spongiosa und Corticalis
Reproduzierbarkeit (%):
1-2 %
Genauigkeit (%):
3-5 %
Stralenexposition (mSv):
<0.05
Messdauer (Min.):
circa 10
T-Score:
Der
T-Score
drückt
die
Abweichung
eines
Messwertes
in
Standardabweichungen (SD) vom Mittelwert der durchschnittlichen
maximalen Knochendichte aus („peak bone mass“), die im jungen
Erwachsenenaler von 25 bis 40 Jahren gemessen wird.
Z-Score:
Der
Z-Wert
drückt
die
Abweichung
eines
Messwertes
in
Standardabweichungen (SD) vom Mittelwert der durchschnittlichen
Knochendichte einer gleichalrtigen Population aus. Die Z-Score wird
für die Osteoporosediagnostik nicht mehr verwendet.
Normal
Knochendichtewert (BMD) innerhalb einer Standardabweichung vom
Mittelwert junger Erwachsener (T-Score > -1)
Osteopenie
Knochendichtewert (BMD) innerhalb einer Standardabweichung
junger Erwachsener, aber weniger als 2.5 Standardabweichungen
unterhalb des Wertes (T-Score –1 bis –2.5)
Osteoporose
Knochendichtewert (BMD) 2.5 SD oder mehr unterhalb des
Mittelwertes für junge Erwachsene (T-Score > -2.5)
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4. Erfassung der täglichen Calciumeinnahme in der Prävention und
Behandlung der Osteoporose
Eine anamnestische Erfassung der täglich eingenommenen Menge Calcium ist für
die Erfassung des Osteoporoserisikos unerlässlich. Die Menge des tatsächlich
eingenommen Calciums muss in Relation zu den Bedürfnissen gesetzt werden,
welche je nach Lebenssituation unterschiedlich sein kann.
Tabelle 9: Calciumbedarf und –zufuhr:
Lebensphase
mg / Tag
Kinder ab 1 Jahr
800
Adoleszente
1200 bis 1500
Frauen in der reproduktiven Lebensphase
1000
Postmenopausale Frauen mit HRT
1000
Postmenopausale Frauen ohne HRT
1000 bis 1500
Frauen > 65 Jahre
1500
Schwangere und stillende Frauen
1000 bis 1200
Die Bioverfügbarkeit von Calcium aus Milch und Milchprodukten ist höher als
diejenige aus pflanzlichen Nahrungsmitteln. Daher stammt der grösste Teil des
Nahrungscalciums idealerweise aus der Milch. Empfehlenswert sind drei bis vier
Portionen täglich, z.B. ein Glass Milch, ein Becher Joghurt und 1 Stück Käse.
Calcium-reiche Mineralwasser können ebenfalls empfohlen werden.
Neben einer genügenden Calciumzufuhr ist eine adäquate Versorgung mit Vitamin
D wichtig. Bei einer Calcium- und Vitamin D-Supplementation treten vor allem bei
Personen im Altersheim weniger Frakturen auf. Eine Calcium- und Vitamin DSupplementation allein hält den hormonmangelbedingten Knochensubstanzverlust in
der Menopause nicht auf.
Umgekehrt ist eine adäquate Östrogenbehandlung ohne ausreichende Versorgung
mit Calcium für den Erhalt der Knochenreserve nicht effektiv.
23
5.
Vitamin D in der Prävention und Therapie der Osteoporose
Neben der Gewährleistung einer adäquaten Calciumsupplementation in der täglichen
Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme sollte genug Vitamin D zur Verfügung gestellt
werden.
Vitamin D
800 Einheiten / Tag
300000 Einheiten / Jahr
Bei ungenügender Sonnenexposition müssen diese Mengen in der Nahrung oder
medikamentös bereitgestellt werden.
4.
Empfehlungen zur Prävention oder Therapie bei einem vorhandenen
Risiko für eine Osteoporose
1. Rolle der Hormonsubstitution mit einem östrogenhaltigen Präparat
Eine Hormonbehandlung mit einem östrogenhaltigen Hormonpräparat kann den
menopausebedingten Knochensubstanzverlust aufhalten und das Risiko einer
osteoporotischen Fraktur senken. Die für den Erhalt der Knochensubstanz benötigte
Östrogendosis ist niedriger als die, die für die Beseitigung von klimakterischen
Beschwerden erforderlich ist. Nach Absetzen des Östrogenpräparates setzt der
Knochensubstanzverlust
wieder
ein.
Daher
ist
für
eine
adäquate
Osteoporoseprophylaxe eine langfristige Verabreichung eines östrogenhaltigen
Präparaten erforderlich. Diese muss individuell unter Berücksichtigung der
Risikofaktoren für das Mammakarzinom und kardiovaskuläre Komplikationen
evaluiert und mit der Patientin besprochen werden. Östrogenhaltige Präparate sind
kostengünstiger
als
die
alternativen
Behandlungsmöglichkeiten
und
die
Langzeitrisiken sind ebenfalls besser bekannt. So behält die Gabe eines
östrogenhaltigen Präparates bei der Vorbeugung und Behandlung der Osteoporose
einen hohen Stellenwert.
Derzeit wird zur Prävention der Osteoporose folgendes Vorgehen empfohlen:
24
•
Eine Therapie mit HRT sollte zunächst für einen Zeitraum von 5 Jahren
erfolgen.
•
Die adäquate Zufuhr mit Calcium und Vitamin D muss sichergestellt werden
•
Jährliche gynäkologische Kontrolluntersuchung mit Brustpalpation, Messung
von Grösse und Gewicht
•
Mammographie alle zwei Jahre
•
Nach Absetzen einer HRT, welche über einen Zeitraum von fünf Jahren
durchgeführt wurde, sollte etwa 3 Jahre später eine Osteodensitometrie
mittels DEXA durchgeführt werden.
•
Nach einer Einnahmedauer von fünf Jahren, Auslassversuch oder Umstellung
auf eine niedrigere Dosierung des Östrogenpräparates
•
Falls jedoch beim Auslassversuch oder bei der Anwendung der niedrigeren
Östrogendosierung erneut klimakterische Beschwerden auftreten, sollte die
bislang wirksame Östrogendosierung beibehalten werden.
•
Beim
Auftreten
einer
osteoporotischen
Fraktur
(Knochenbruch
trotz
minimalem Trauma, akute Grössenabnahme > 2 cm) muss eine osteologische
Abklärung veranlasst werden.
2.
SERM´s (selektive Oestrogenrezeptormodulatoren)
Bei einer Osteoporosegefährdung im Bereich der Wirbelsäule ist Raloxifen (Evista,
60 mg täglich) eine geeignete Therapie, insofern eine genügende Suplementierung
mit Calcium und Vitamin D zur Verfügung gestellt wird.
Bei einer manifesten Osteoporose wird eine Osteodensitometrie mittels DEXA nach
einer Behandlungsdauer von zwei Jahren empfohlen.
Als Kontraindikationen gelten:
•
Klimakterisches Syndrom
•
Thrombose und/oder Lungenembolie in der Vorgeschichte
•
Familiäre Thrombophilie
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Bei einer Osteoporose im Femurhalsbereich sind Biphosphonate den Vorzug zu
geben, da SERM‘s bei einer Osteoporose im Femurhalsbereich als weniger wirksam
gelten.
Prof. Ch. De Geyter
Abt. Gyn. Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Frauenspital
Universität Basel
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