Das neue GmbH
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Das neue GmbH
Das neue GmbH-Recht Nach langwierigen Gesetzesberatungen tritt das neue GmbH-Recht am 01. November 2008 in Kraft. Ziele des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) sind die Erleichterung und Beschleunigung von Unternehmensgründungen, die Erhöhung der Attraktivität der GmbH als Rechtsform sowie die Bekämpfung von Missbräuchen. Die wesentlichen Änderungen des neuen GmbH-Rechts sind: 1. Finanzierung · Übersicht o Rechtsfolgen der Fremdkapitalfinanzierung durch Gesellschafter klarer geregelt (Abschaffung Eigenkapitalersatzrecht); o Finanzierungswege innerhalb von Unternehmensgruppen werden gesetzlich abgesichert (Gesellschaftsdarlehen, CashPooling); o Kapitalbindung im Zuge der Gründung oder Kapitalerhöhung wird aufgeweicht (Hin- und Herzahlen); o „verschleierte“ Sacheinlage gesellschaftsrechtlich nicht mehr sanktioniert; o neue Finanzierungsmöglichkeit durch genehmigtes Kapital bei der GmbH. · Gesellschafterfremdfinanzierung I: Insbesondere Gesellschafterdarlehen Insgesamt wird das negative Image der Gesellschafterfremdfinanzierung durch die Beseitigung des Eigenkapitalersatzrechts samt seiner teilweise praxisfernen Auswüchse verbessert. Im Hinblick auf das Erfordernis eines Rangrücktritts und die Anfechtbarkeit in der Insolvenz der Gesellschaft bleibt es jedoch bei einem Sonderstatus. Zu den Hintergründen: Den Gesellschaftern steht es grundsätzlich frei, die GmbH durch Eigen- oder durch Fremdkapital zu finanzieren. Wählen sie die Fremdkapitalfinanzierung (z.B. durch Gewährung von Gesellschafterdarlehen) unterliegt diese bisher ggf. dem Eigenkapitalersatzrecht und damit anderen Regeln, als die Finanzierung durch Dritte. Durch das MoMiG werden die bisherigen Regelungen zum Eigenkapitalersatzrecht abgeschafft. Nunmehr sind im Regelfall alle Gesellschafterdarlehen (und Forderungen aus wirtschaftlich vergleichbaren Sachverhalten) in der Insolvenz der Gesellschaft nachrangig (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO n.F.), unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt sie gewährt bzw. nicht abgezogen wurden. Trotz der gesetzlichen Nachrangigkeit bleibt ein Rangrücktritt zur Vermeidung der Überschuldung weiter erforderlich (§ 19 Abs. 2 InsO n.F.), Klarheit wurde insoweit hinsichtlich der erforderlichen Formulierung geschaffen. Eine Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen ist grundsätzlich unschädlich (§ 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F.), wenn auch anfechtbar, soweit die Rückzahlung innerhalb eines Jahres vor Stellung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO n.F.). · Gesellschafterfremdfinanzierung zende Nutzungsüberlassung II: Eigenkapitalerset- Zu Unrecht wurde die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage (z.B. je nach Einzelfall Betriebsgrundstück, Fuhrpark, Lizenzen) durch einen Gesellschafter oder eine Schwestergesellschaft an die operativ tätige Gesellschaft bisher als „insolvenzsichere“ Lösung gehandelt. Neben steuerlichen Auswirkungen solcher Betriebsaufspaltungen, stand dem Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung für die vereinbarte Dauer der Überlassung ein unentgeltliches Nutzungsrecht zu. Das MoMiG bringt hier eine Verbesserung: Mit der Abschaffung der Eigenkapitalersatzregeln durch das MoMiG ergibt sich eine völlig neue Rechtslage. Solange keine Stundung der Miet- / Pachtzinsforderungen erfolgt, wirkt sich die mietweise Überlassung eines Vermögensgegenstandes durch den Gesellschafter an die Gesellschaft vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich nicht aus. Nach Eröffnung des Verfahrens kann der Insolvenzverwalter einen für die Fortführung des Unternehmens erforderlichen Vermögensgegenstand für maximal ein Jahr (gegen Ausgleichszahlung) weiter nutzen (§ 135 Abs. 3 InsO n.F.). Es ist nach gegenwärtigem Stand zweifelhaft, ob diese Grundsätze auch bei einer Betriebsaufspaltung zwischen Schwestergesellschaften Anwendung finden. · Flexible Finanzierungsmöglichkeit: Genehmigtes Kapital (§ 55a GmbH n.F.) In Anlehnung an das Recht der Aktiengesellschaften sieht das MoMiG die Möglichkeit der Schaffung genehmigten Kapitals durch die Gesellschafterversammlung einer GmbH vor. Durch entsprechende Satzungsbestimmung kann die Geschäftsführung für maximal fünf Jahre ermächtigt werden, dass Stammkapital gegen Ausgabe neuer Anteile zu erhöhen. Auf diese Weise kann bei zukünftig entstehendem Kapitalbedarf (z.B. für den Erwerb anderer Unternehmen) schnell und flexibel Eigenkapital beschafft werden. · EURO 25.000,00 als Mindeststammkapital: Keine Änderung für die „normale“ GmbH Anders als zwischenzeitlich diskutiert, kommt es nicht zu einer Herabsetzung des Mindeststammkapitals von EUR 25.000,00 für die GmbH. Bei Neugründungen kann statt einer „normalen“ GmbH eine Unternehmergesellschaft mit einem Mindeststammkapital von EUR 1,00 errichtet werden. Ziel ist eine Annäherung an die Rechtsform der Ltd., die jedoch aufgrund der geringen Kapitalausstattung einem erhöhten Insolvenzrisiko ausgesetzt ist. Die Zweckmäßigkeit einer Unternehmergesellschaft ist daher im Einzelfall sorgfältig zu prüfen. · Verschleierte Sachgründung/-kapitalerhöhung: Gesellschaftsrechtlich entschärft Betroffen sind insbesondere Fälle, in denen bei Gründung oder Kapitalerhöhung die Ausgabe von Geschäftsanteilen gegen Barleistung beschlossen wird, der Gesellschaft dann aber (z.B. über einen Kaufvertrag mit dem Gesellschafter) im Ergebnis eine Sache zugeführt wird. Bisher war auf diese Weise eine Erfüllung der Einlageschuld nicht möglich und die Übereignung der Sache an die GmbH unwirksam. Das MoMiG schafft hier zumindest vordergründig eine Verbesserung: Die Einlageverpflichtung besteht fort, die Vereinbarung über die Leistung der Sache und deren Erfüllung ist jedoch wirksam und der Wert der gewährten Sachleistung wird auf die Bareinlageverpflichtung des Gesellschafters angerechnet (§ 19 Abs. 4 GmbHG n.F.). Ein Wertgutachten ist zu Beweiszwecken dennoch geboten, überdies ist die ver- schleierte Sacheinlage ggf. mit erheblichen steuerlichen Risiken behaftet. des Rückgewähranspruchs ab, ob ein Hin- und Herzahlen zweckmäßig ist. · Hin- und Herzahlen von Einlagen: Einlageleistung nicht zwingend unwirksam Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, dass die vereinbarten Einlageleistungen nach Gründung oder Kapitalerhöhung wieder zurückzuzahlen sind, führten nach der bisherigen Rechtslage dazu, dass die Einlageverpflichtung als nicht erfüllt galt. · Ausschüttungsverbot: Entschärfung bei Gesellschaftsdarlehen und Cash-Pooling Bisher liefen insbesondere Fälle von Darlehensgewährungen an Gesellschafter oder nahe stehende Personen und konzerninterne Cash-Poolsysteme Gefahr, gegen die strengen Rechtsprechungsregeln zum Ausschüttungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. zu verstoßen. Nach dieser Vorschrift darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Nach neuem Recht hindert eine Vereinbarung über die Rückzahlung der Einlage die Erfüllung der Einlageverpflichtung nicht, wenn ein vollwertiger, fälliger Rückgewähranspruch der Gesellschaft entsteht und die Vereinbarung in der Anmeldung zum Handelsregister offen gelegt wird (§ 19 Abs. 5 GmbHG n.F.). Es hängt insbesondere von der zukünftigen Praxis der Registergerichte bei der Prüfung der Vollwertigkeit Nach der Neuregelung durch das MoMiG liegt ein Verstoß gegen das Ausschüttungsverbot jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag oder ein vollwertiger Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter besteht (§ 30 Abs. 1 GmbHG n.F.). 2. Geschäftsführer · Übersicht o Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen an Gesellschafter, die zur Zahlungsunfähigkeit führen mussten (Existenzvernichtungshaftung für Geschäftsführer); o Gesteigerte Sorgfaltsanforderungen an Gesellschafter bei der Auswahl der Geschäftsführer. · Zahlungen an Gesellschafter bei angespannter Liquiditätslage Bisher trafen den Geschäftsführer ggf. Ersatzansprüche bei Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung) und bei Zahlungen auf eigenkapitalersetzende Darlehen. Mit dem Fortfall des Eigenkapitalersatzrechts nach dem MoMiG wird die zuletzt genannte Haftungsgrundlage entfallen. Indes können nach neuem Recht Ersatzansprüche auch entstehen, wenn der Geschäftsführer vor Eintritt der Insolvenzreife Zahlungen an Gesellschafter leistet und dadurch die Zahlungsunfähigkeit eintreten musste (§ 64 Abs. 2 Satz 3 GmbHG n.F.). Insgesamt wird damit dem Geschäftsführer (und nicht mehr nur den Gesellschaftern) eine Existenzsicherungspflicht für die Gesellschaft auferlegt. Aufgrund bestehender Unklarheiten gibt das neue Recht dem Geschäftsführer jedoch keinen Handlungs- maßstab an die Hand, bei dessen Einhaltung er vor Haftungsinanspruchnahme sicher ist. Insbesondere die sorgfältige Aufstellung und Einhaltung von Zahlungsplänen kann hier ggf. entlastend wirken. · Auswahl von Geschäftsführern Das MoMiG verschärft die gesetzliche Regelung, wonach nicht zum Geschäftsführer bestellt werden kann, wer wegen bestimmter Delikte verurteilt worden ist. Darüber hinaus kann die dennoch erfolgte Bestellung solcher Personen eine Haftung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft auslösen (§ 6 Abs. 5 GmbHG n.F.). In der Praxis wird v.a. fraglich sein, ob die geforderte grobe Fahrlässigkeit für die Gesellschafter bereits dann angenommen werden kann, wenn sie sich nicht durch die Vorlage entsprechender Unterlagen (Führungszeugnisse o.ä.) von der Eignung des in Frage stehenden Geschäftsführers überzeugt haben. © Dr. Ingo Janert, 2008