die geliebten schwestern - trailer
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Juli 2014 DIE GELIEBTEN SCHWESTERN EIN FILM VON DOMINIK GRAF www.senator.de/movie/die-geliebten-schwestern www.trailer-ruhr.de EINFACH GROSSSTADTDSCHUNGELTAUGLICH. download.plakar.de Anzeige scannen entdecken und informieren. Das Sparkassen-Girokonto: das Konto, das einfach alles kann. 16.000 Geschäftsstellen* Q 25.000 kostenfreie Geldautomaten* Q Mobile-Banking der neuesten Generation Q Mehr Informationen erhalten Sie unter: www.sparkasse.de/girokonto Keine Umstände: Das Sparkassen-Girokonto bietet die meisten Geldautomaten in Deutschland, erstklassige Beratung und komfortables Mobile-Banking. Und mit der SparkassenCard mit girogo zahlen Sie bei teilnehmenden Händlern ganz einfach kontaktlos – quasi im Vorbeigehen. Mehr Infos in Ihrer Geschäftsstelle oder unter www.sparkasse.de. Wenn’s um Geld geht – Sparkasse. * Jeweils Gesamtzahl bezogen auf die Sparkassen-Finanzgruppe. Buchungsentgelte bleiben unberührt. -ruhr.de Mehr Meinung. Service. Hintergrund. – In NRW. empfehlen | weitersagen | kommentieren Alle Texte. Ihre Stimme. Filmkritik im FORUM. Theater: Bochumer Schauspielhaus, Foto: Thomas Aurin trailer-Thema. Kino. 5 SEXUALITÄT Alternative sexuelle Orientierungen und geschlechtliche Identitäten kämpfen noch immer um Gleichberechtigung 6 Themeninterview Lilo Wanders über sexuelle Toleranz im Wandel der Epochen Bühne. 8 Ebertbad 9 Auftritt – Hans Falladas Roman „Ein Mann will nach oben“ am Bochumer Schauspielhaus 10 „Weiße Nächte“ Theater an der Ruhr 11 Komikzentrum Ruhr RuhrHochDeutsch-Festival Theater an der Ruhr – „Das Ende vom Anfang“ am Düsseldorfer Schauspielhaus 13 Theater an der Ruhr „Chaos Royal“ im GOP Essen Fünftes Soundseeing im Münsterland Tolstois „Anna Karenina“ in Essen 14 Prolog – Elfte Ausgabe der Weißen Nächte im Mülheimer Theater a. d. Ruhr Theater-Kalender Ruhr Kultur in NRW. überregional 12 Tanz in NRW – Kampf um neue Besucher Theater in NRW – Freihandelsabkommen TTIP 31 Improvisierte Musik in NRW Neues Label startet in Köln 34 Kunst in NRW Turm-Skulpturen im Arp Museum Rolandseck Musik. 32 KompaktDisk – Neu-Erscheinungen im Juli BÜHNE © Inka Meyer Komikzentrum Ruhr 11 17 18 19 20 Film-ABC/Vorspann Film des Monats – „Die geliebten Schwestern“ KritikerspiegelRuh/Kino-Kalender Ruhr Film-Kritik Gespräch zum Film – Regisseur Ralf Westhoff über seine Komödie „Wir sind die Neuen“ Foyer – „Fremd“ im Endstation Kino Bochum Roter Teppich – Christoph Maria Herbst über „Die Mamba“ und sein Humorverständnis 32 culture clubs trailer + trailer-ruhr.de Im Doppelpack mehr Service, Meinung und Hintergrund Thema 6 Die Ikone der sexuellen Aufklärung, Lilo Wanders, sprach mit trailer über die Wirkung der Sendung, wachsende Toleranz in Deutschland und bleibende Herausforderungen für die schwule, lesbische und bisexuelle Szene. Lilo Wanders Literatur. Foto: Michael Reh Film In Ralf Westhoffs „Wir sind die Neuen“ prallen Generationen regelrecht aufeinander. Im Interview spricht er über Konflikte zwischen Jung und Alt und die Aufgaben einer guten Komödie. 29 Literaturportrait – Über den Bochumer Aktionskünstler Matthias Schamp 30 Textwelten Jaron Lanier, die Lichtgestalt des Börsenvereins ComicKultur – Comic-Empfehlungen im Juli Wortwahl – Buch-Empfehlungen im Juli Ralf Westhoff Foto: Julia Zimmermann Film Christoph Maria Herbst kehrt mit der Agentenkomödie „Die Mamba“ auf die Kinoleinwand zurück. Über die Arbeit an dem Film, der zum Teil in Marokko entstand, verrät er uns im Interview mehr. Kunst. 33 kunst & gut – Bernhard Fuchs im Josef Albers Museum 34 Kunstwandel – „1914 – Mitten in Europa“ in der Essener Kokerei Zollverein 35 RuhrKunst – u.a. 50 Jahre Lehmbruck Museum 36 Sammlung – 72 Hour Interactions 37 Museumslandschaft NRW Christoph Maria Herbst Kunst trailer spezial. 4 Intro – „Mein Freund, der Baum, ist tot“ 7 Innovation – Der Energiehunger der Gebäude 26 Bochum Total – Vier Tage Wortakrobatik und mehr bei Bochum Total 32 culture club – Indoor Skydiving Bottrop 38 Auswahl – im Juli 39 Impressum KINO „Die geliebten Schwestern“ Film des Monats 18 LITERATUR © Claudia Heinrich 36 72 Hour Interactions – ein Architekturwettbewerb – findet diese Jahr in Witten statt. Für das Gespräch trafen wir Katja Aßmann, Kuratorin des weltweit ersten Architekturwettbewerbs in Echtzeit. Katja Aßmann Foto: Roman Mensing Lesen Sie mehr auf www.trailer-ruhr.de! Dieses Icon zeigt Ihnen den Weg. Portrait KUNST 29 © LVR-Industriemuseum Kunstwandel 34 Intro Juni 2009 Juni 2012 de www.trailer-ruhr. März 2013 www.trailer-ruhr.de www.trailer-ruhr.de Kino. Kultur. Ruhr. Kultur. KULTURKino.R .KINO.Ruhr. UHR. Europa gestalten. www trail www.trailer-ruhr. de September 2010 NEUE BILDER EINER ANDAUERNDEN KAIRO. OFFENE MUSEUM FOLKWANG, REVOLUTION STADT 2. MÄRZ – 5. MAI 2013 NAM JUNE PAIK MUSEUM KUNST PALAST, DÜSSELD ORF 11.9. – 21.11.20 10 e IM KUNSTMUSEUM BOCHUM REALITY CHECK IN EAST EUROPE MAI BIS 2. AUGUST 2009. VOM 23. ang.de EIN PAAR LINKER SCHUHE August 2013 www.smkp.d OFF THE ARTS NAL FESTIVAL INTERNATION BER - 30. SEPTEM 17. AUGUSTT www.museum-folkw E RUHRTRIENNAL ale.de www.ruhrtrienn WWW Nam June Paik, Mercury, 1991, © Nam June Paik Kunststiftung NRW, Düsseldorf Estate, New York, 2010, Foto: Sascha Dressler www.bochum.de/kunstmuseum www.traile r-ruhr.de DER NEUE THE BLIN www.the blingring. EIN FILM de November 2010 FILM MIT EMMA WATS ON G RING VON SOFIA („Lost in Translatio COPPOLA n“) www.trailer-ruhr.de ab 15.8. im Kino Mai 2013 www.trailer-ruhr. de KULTUR.K Europa gestalte n. INO.RUHR. www.traile r-ruhr.de Oktober 2010 DIE URAU FFÜH RUNG JEDE ME NGE KO GRILLO-TH HLE JOHNNY CASH IN BLACK THE MAN ESSEN THEATER IM RATHAUS PREMIERE: EATER ESSEN 2. OKTO BER hauspie l-essen. ER THEATER TAGE NRW 2013 www.stuecke. de 38. MÜLHEIM 11.-29. MAI www.sc STÜCKE www.theater-im-rathaus.de de 16.12.10 BIS 16.1.11 2014 – 10 JAHRE TRAILER-RUHR Kaputter Baum vor Kraftwerksruine in Datteln, Foto: Francis Lauenau TEIL 5 Foto: Sven Pacher Foto: Julian Scholten Foto: Ruhrfestspiele Zum Jubiläum erreichen uns weitere Glückwünsche. Sie sind uns Ansporn, auf dem bisherigen Weg weiter zu machen. „Liebes trailer-Magazin, im Namen des gesamten Ruhrfestspielteams gratuliere ich herzlich zu 10 Jahren anspruchsvoller Kulturberichterstattung im Ruhrgebiet. Unter dem Motto „Qualität für alle“ sprechen die Ruhrfestspiele mit ihrem facettenreichen Programm den Theaterliebhaber ebenso an wie den erstmaligen Besucher. Für das trailer Magazin könnte der gleiche Leitspruch gelten. Mit seiner qualitativ hochwertigen Berichterstattung erreicht das Magazin Fachpublikum ebenso wie „Kulturneulinge“, junge Leser ebenso wie betagtere. Es weckt Interesse für verschiedenste Kultursparten und -veranstaltungen von Bildender Kunst und Musik über Literatur und Filmkunst bis hin zu Tanz und Theater. Wir sind stolz, dabei zu sein! Ihr Frank Hoffmann“ (Intendant der Ruhrfestspiele Recklinghausen) „Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank! Die Kinowirtschaft wird seit dem Multiplexboom in den 90-igern und dem Digitalisierungswahn der 2-tausender immer mehr von den amerikanischen Hollywood-Mainstreamgiganten dominiert. Anstatt, wie alle anderen Magazine, nun auch auf das Pferd Mainstream zu setzen, Kosten einzusparen und sich von den hochbezahlten Agenturen, von der Werbemaschinerie der „Blockbuster“ Produzenten mit Werbematerial beliefern zu lassen, leistet sich die Trailer Redaktion eine eigenständige Rezension, unabhängige Kritiken geschrieben von renommierten und kompetenten Filmkritikern. Doch nicht nur das. Sie tun sich auch um im „echten“ Arthouse Segment. Avantgarde Filme junger Regisseure, Festivalgewinner und vor allem europäische Filmkultur, die tatsächlich gänzlich zu verschwinden droht, sind das Hauptziel der monatlichen Auseinandersetzung. Das dies alles möglich ist liegt vor allem an der engagierten Arbeit des guten Teams. Vielen Dank dafür und herzlichen Glückwunsch für diese erfolgreiche und wichtige Arbeit. Wir freuen uns auf die nächsten 10 Jahre. Peter Fotheringham“ (GF sweetSixteen-Kino Dortmund) „Schon 10 Jahre Trailer – erstaunlich! So lange gibt es sie also doch schon, die jungen, zugkräftigen Artikel und Ankündigungen, die große Übersicht, auch über die Kulturszene, und außerdem eine Menge Aufgeschlossenheit und Nähe zur Kultur. Als Medienpartner von Trailer hat das NRW KULTURsekretariat gute Erfahrungen gemacht, zuletzt beim langjährigen Kunst- und Künstleraustausch „Transfer“ mit Südkorea. Gern mehr davon. Am 5. September feiert das Kultursekretariat sein 40jähriges Jubiläum mit einem ganztägigen Kulturfest in der Wuppertaler Stadthalle – ich hoffe, Ihr seid dabei! Ich gratuliere einem unserer Ko-Jubilare–werdet noch viel älter und bleibt dabei jung. Das wünscht Euch und uns Dr. Christian Esch“ (Direktor NRW KULTURsekretariat Wuppertal) Mein Freund, der Baum, ist tot Nach Pfingsten musste dieses Lied von Alexandra im Plural gesungen werden. Ganze Alleen in Essen, Recklinghausen und Bochum verwandelten sich in Straßen. Tausende von Bäumen starben den Heldentod an der Klimafront. Das Jahrhundertgewitter nämlich, dem, Meteorologen zufolge, in den nächsten Jahren weitere folgen werden, ist ein Ergebnis des weltweiten Klimawandels. Ach, wäre es nicht gerecht und nett, wenn die gemetzelten Bäume nicht tot sondern untot wären? Die Entwurzelten würden sich erheben und als riesige wütende Menge durch die Straßen marodieren, aufgemotzte spritfressende Geländewagen zu Klump schlagen, Kohlekraftwerke und Konzernzentralen der Energieriesen mit Sitzstreiks lahmlegen. Mächtige Platanen würden sich auf den Weg nach Berlin machen, um dem Wirtschaftsminister Gabriel mit seinen Plänen, Sonnenenergie zu besteuern, das Fürchten zu lehren. Und natürlich würden die Bäume auch bei Ihnen und mir anklopfen und fragen, welche Schuhgröße unser individueller ökologischer Fußabdruck hat. Hab ich zu viel Splatter-Movies geguckt? Bottrop ist nicht nur Standort des größten Steinkohlebergwerks der Nation, hier residiert auch die Hochschule Ruhr-West, die aktuell computergesteuerte Systeme zur Beheizung und Belüftung von Wohnräumen entwickelt. Klimaschutz kann manchmal ganz einfach und billig sein. Um SEXUALITÄT im weitesten Sinne geht es bei unserem Themenschwerpunkt. Sind nur Rechte, russische Präsidenten und Gangsterrapper homophob? Ein Blick in die Vergangenheit wagt das Theaterstück EIN MANN WILL NACH OBEN, das im Bochumer Schauspielhaus gezeigt wird. Der Roman von Hans Fallada ist Vorlage der gut dreistündigen Aufführung. Aktuell erschienen ist die skurrile Geschichte ALPHA & OMEGA – APOKALYPSE FÜR ANFÄNGER von Markus Orths. Ein schwuler Buddha und eine sexbesessene Teilchenbeschleunigerin müssen zusammen mit einem Aktionskünstler die Welt retten. Abgedreht unterhalten werden wir auch beim Festival RUHRHOCHDEUTSCH in Dortmund, das sein historisches Spiegelzelt wieder an der B1 aufgestellt hat. An jedem Montag gibt Pommes mit Sketchen und Mayonnaise, an jedem Mittwoch Mia Mittelkötter alias LIOBA ALBUS, die prominente Gästinnen wie NESSI TAUSENSCHÖN, ANKA ZINK und LA SIGNIORA eingeladen hat. Wiederum in Bottrop, und zwar im Quadrat, wird das Werk des Fotografen Bernhard Fuchs präsentiert. Die Bilder des aus Österreich stammenden Künstlers zeigen Landschaften und Menschen aus den alpinen Highlands. Neu in den Kinos ist unter anderem DIE MAMBA. Mit Hauptdarsteller CHRISTOPH MARIA HERBST sprachen wir über diese Bond-Parodie, über die Festschreibung seiner Person durch die sich immer wieder ähnelnden Charaktere, die er spielt und über die Schwierigkeit, in einem islamischen Land eine Komödie über Terrorismus zu drehen. Der olle Schiller wird in dem Epos DIE GELIEBTEN SCHWESTERN als Ecke einer Dreiecksbeziehung dargestellt. Schon damals also war das Verhältnis zwischen Mann und Frau kompliziert, besonders, wenn es sich um zwei Frauen oder wie in diesem Fall, sogar um zwei Schwestern handelt. LUTZ DEBUS 4 Thema Reif für den Müll: überholte Vorstellungen von Geschlecht und sexueller Orientierung, Foto: Laura Schleder Mann, Frau – alles Wurst? – Homo-, Bi- oder Transsexualität sind noch immer mit vielen Vorurteilen belastet Fast musste sie auf die Bühne getragen werden. terrollen zu spielen, verschwammen die Grenzen So sehr von der Rolle war Conchita Wurst, als zwischen Frau und Mann. Wurst erscheint heutsie Ihren Song als Gewinnerin des European Song zutage fast brav im Vergleich zu dem bestrapsten Contest noch einmal vortragen sollte. Fassungs- und verruchten transsilvanischen Transsexuellen losigkeit und Tränen filmten die Kameras auf aus der Rocky Horror Picture Show. Warum gibt ihrem Gesicht. 180 Millionen Zuschauer an den es also diesen Wirbel um den Schlagersänger, der aussieht, als wäre Fernsehern reagierten trailer-Thema im Juli: er einem romantisiegespalten. Während renden Ölgemälde, auf die einen den UnterAlternative sexuelle Orientierungen und geschlechtdem Jesus als guter gang des Abendlandes liche Identitäten kämpfen noch immer um GleichHirte abgebildet ist, prophezeiten und die berechtigung. Die gesellschaftlichen Grenzen haben entsprungen? Darbietung der Kunstsich verschoben, verschwunden sind sie nicht. Das „Anything goes“ figur Wurst für künstLesen Sie weitere Artikel zum Thema auch unter: bewirkte in den letzlerisch katastrophal choices.de/thema + engels-kultur.de/thema ten Jahren eine hefoder moralisch verwerflich hielten, jubelten die anderen über den tige Reaktion derjenigen, die Angst vor dem Tabubruch und das Statement gegen Intoleranz Fremden haben. In Russland, der Türkei und anund Homophobie. „Rise Like a Phoenix“ bekam deren totalitären Staaten wird der Kampf gegen sogar von Russland fünf von zwölf möglichen das westliche Anderssein instrumentalisiert, um Punkten, nur zwei weniger als von Deutsch- der Bevölkerung einen äußeren Feind zu liefern land. In beiden Ländern drückte das Votum der und damit die Macht der jeweiligen Regierungen Fachjury die Wertung der Publikumsanrufe er- zu stabilisieren. Aber auch in Deutschland sind heblich. Sonst hätte der österreichische Beitrag nicht alle Menschen tolerant. Wenn die Kulisse sogar noch mehr Punkte erhalten. Während in nicht der Rote Teppich oder der Laufsteg ist, sonRussland die Jury quasi aus Rücksicht auf die dern das Betonghetto oder der Hinterhof, wenn offizielle, schwulenfeindliche Regierungspolitik es statt nach Parfum nach Benzin riecht, dann den Auftritt des Travestie-Künstlers abwerten gibt es auch bei uns Hass gegen das Anderssein. musste, übernahmen dies bei uns der angeb- Nicht nur Sido, auch viele andere ruppige Rapper lich geläuterte Gangster-Rapper Sido und seine predigen versteckt oder auch offen Gewalt geJury-Kollegen. Tatsächlich wurde der harmlose gen alle, die nicht knallharte Heteros sind. WähSchlagerwettbewerb zum Politikum. Nicht nur rend vor 50 Jahren noch fast alle Gewalt gegen aus Moskau, sondern auch von der Katholischen Schwule vom Staat ausging, steigt gegenwärtig die Zahl der Hate-Crimes gegen Homosexuelle. Kirche Österreichs kamen scharfe Proteste. Dabei machte der Beitrag nur deutlich, was in den Die Aufregung um Conchita Wurst verdeckt eiClubs und Boutiquen in den westlichen Metropo- nen ganz anderen Umstand. Das Ausleben selen sowieso Usus ist: Anything goes. Schaut man xueller Orientierung hat nur begrenzt mit Mode in die Glitzerwelt des Showbusiness, so bilden oder Trend zu tun. Und es geht mitnichten nur Heterosexuelle nur noch eine, wenn auch große, um die Frage homosexueller oder heterosexueller Minderheit. Schon in den 1970er Jahren, als Stars Orientierung. Die menschliche Sexualität ist viel wie David Bowie anfingen, mit den Geschlech- zu komplex, als dass man sie in nur zwei Schub- SEXUALITÄT 5 laden einsortieren könnte. In Dortmund und Hagen ist seit kurzem der Verein „TransBekannt“ aktiv. Dessen zweiter Vorsitzender, der unter dem Pseudonym Ben Anders an die Öffentlichkeit tritt, um berufliche Nachteile und gewalttätige Übergriffe zu vermeiden, glaubt, dass in einer Stadt wie Dortmund 5.000 bis 10.000 Transsexuelle leben. Diese Menschen, die schlicht in einem falschen Körper geboren wurden, würden sich selbst nicht als homosexuell bezeichnen. Trotzdem waren und sind sie ähnlichen Stigmatisierungen ausgesetzt. Früher wurden sie mit Elektroschocks und Hirnoperationen zwangsbehandelt. Exorzisten versuchten sich an ihnen. Erst in diesem Jahrtausend befasst sich medizinische Forschung wohlwollender mit Transsexualität. So belegen Studien, dass sich „männliche“ von „weiblichen“ Hirnzellen unterscheiden. Tatsächlich haben Frauen, die mit einem männlichen Körper geboren wurden, trotzdem ein Hirn mit weiblichen Hirnzellen. Lapidar gesagt, hat eine Transfrau ein weiblich ausgeprägtes Gehirn, aber einen männlichen Körper. Natürlich gibt es noch viele andere Gruppen in unserer Gesellschaft, die wegen ihrer Andersartigkeit stigmatisiert werden: Transvestiten, Metrosexuelle, Transgender. Letztlich gilt auch für diese Menschen das, was Ben Anders für den Umgang mit Transsexuellen fordert: „Vorurteile sind den Menschen anerzogen worden. Aber wir können nichts dafür, transsexuell zu sein. Vorurteile kann man ändern. Wir Transsexuelle aber können unsere Identität nicht ändern.“ LUTZ DEBUS Aktiv im Thema www.schule-der-vielfalt.de www.transbekannt.de www.schlau-nrw.de www.rosastrippe.de Thema Beim Thema Sexualität einfach mal entspannt die Füße hochlegen, Foto: Laura Schleder „Etliche hielten mich wirklich für eine Frau“ Lilo Wanders über sexuelle Toleranz im Wandel der Epochen trailer: Frau Wanders, ist die Gesellschaft be- tanzierte aber gleichzeitig freundlich-zugewandte züglich Homosexualität in den letzten zwanzig Art wichtig dabei. Wir hatten in den zehneinhalb Jahren 750 Millionen Zuschauer, wurden von IsJahren toleranter geworden? Lilo Wanders: Natürlich hat sich viel geändert. land bis Nordafrika gesehen. Die Figur Lilo WanZum einen durch die Gesetzgebung. Allerdings ders war auch eine Integrationsfigur. Wenn ich bei den Christopher-Street-Days ist eine völlige Gleichstellung auf den Wagen mitgefahren bin, von homosexuellen und hete„Bei den Christopherhaben mir alle zugewunken, ob rosexuellen Lebensformen hier Street-Days haben mir alle noch immer nicht erreicht. In der zugewunken, ob schwul, les- schwul, lesbisch oder heterosexuell. Gesellschaft hat sich durch das bisch oder heterosexuell“ Internet die Wahrnehmung stark gewandelt. Sowohl Informationen wie auch Por- Aber einen Tabubruch gab es dann doch. Sie nographie sind viel leichter zugänglich. Wenn man waren doch eine der ersten Frauen im Fernseeine Menge über Sex weiß, ist das befreiend. Und hen, die gar keine richtige Frau war. wenn eine Lebensform erst einmal akzeptiert wur- Von vielen wurde das gar nicht so wahrgenomde, ist diese Entwicklung auch schwer umkehrbar. men. Etliche hielten mich wirklich für eine Frau. Manche hielten mich auch für transsexuell und So gesehen leben wir in einem toleranten Land. fragten mich, ob ich nach meiner Operation noch geschlechtlich empfinden könne. Welche Tabus brach Lilo Wanders? Ich weiß gar nicht, ob wir Tabus brachen. Wir boten eine sehr sorgfältig recherchierte Unterhal- Welche Aufklärung brauchen wir heute? Oder tungssendung. Natürlich war meine ironisch-dis- wissen wir schon alles? Wir wissen natürlich noch nicht alles. Und es wächst ja auch immer eine Jugend nach, die nichts weiß. Es gibt Mädchen, die teilen sich die Pille. Oder Jungs benutzen zwei Kondome übereinander. Aber wenn Gummi auf Gummi reibt, werden Kondome porös. Manche Jugendlichen glauben, dass Mädchen nicht schwanger werden können, wenn sie im Stehen poppen. Wir brauchen also noch immer gute, sachliche Aufklärung. INTERVIEW: LUTZ DEBUS Lesen Sie die Langfassung unter: www.trailer-ruhr.de/thema ZUR PERSON Lilo Wanders ist das Alter Ego des Schauspielers Ernst-Johann Reinhardt (58) Foto: Michael Reh Schwule in der Schule Das Projekt „Schule der Vielfalt“ propagiert Toleranz zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften „Schwul gilt auch unter Schülern leider immer Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen. Bei noch als Schimpfwort“. Für Schulleiter Wal- der weiteren Evaluation des Themas sei deutlich ter Bald war es keine Frage, ob seine Einrich- geworden, dass das Klima an vielen Schulen von Unwissen, Ängsten, Vorurteitung eine „Schule der Viel„Lesbische, schwule, und len und feindlichen Haltungen falt“ werden sollte, als einige bisexuelle Jugendliche erlebten gegenüber Homosexualität Schüler ihm dies vorschlugen. in ihren Schulen Beschimpgeprägt sei. Im Unterricht sind So erhielt die Erich-Kästnerfungen, Beleidigungen und gleichgeschlechtliche LebensGesamtschule Ende Mai auch körperliche Gewalt“ weisen meist kein Thema, in diesen Titel – eine „Schule ohne Rassismus“ ist sie ja bereits. „Die Initiative dazu Bayern mauert die CSU-geführte Regierung daging von den Schülern aus“, betont Bald. „Wir gegen, in Baden-Württemberg unterschrieben haben natürlich homosexuelle Schüler – wie knapp 200.000 Menschen eine Petition gegen jede andere Schulen auch. Konkrete Anlässe der die Aufnahme des Themas in den Unterricht. Homophobie darüber hinaus gibt es nicht.“ Die Bochumer Gesamtschule ist die neunte Schule Schätzungen der Projektträger zufolge sind des noch jungen Netzwerks. Zurück geht das zwischen fünf und zehn Prozent aller Menschen Projekt auf eine Initiative der Landeskoordi- lesbisch oder schwul. Das wären im Schnitt ein nation der Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben und bis zwei Jugendliche pro Schulklasse und mehSchwule in NRW und SchLAu NRW im Jahr rere Lehrer pro Kollegium. Mehr als die Hälfte 2008. SchLAu NRW ist ein Netzwerk von Initia- der Schüler sei Homosexuellen gegenüber negativen, die sich der Aufklärung über Homosexu- tiv eingestellt. Zwei Drittel der Schüler verwenalität verschrieben haben. Ein Auslöser, „Schule deten „schwul“ oder „Schwuchtel“ und mehr als der Vielfalt“ ins Leben zu rufen, war die Kenntnis ein Drittel „Lesbe“ als Schimpfwort. Lesbische, von konkreten und zum Teil schwerwiegenden schwule, und bisexuelle Jugendliche erlebten in 6 ihren Schulen Beschimpfungen, Beleidigungen und körperliche Gewalt. Die Bochumer Gesamtschule scheint durch ihre Arbeit in dem anderen Netzwerk diesbezüglich kein Problem zu haben. „Aber schon aufgrund der negativen Besetzung des Wortes „schwul“ ist Aufklärungsarbeit immer wieder erforderlich“, fährt Bald fort. „Es ist aber auch wichtig, das Problembewusstsein der Schüler zu schärfen.“ Das sahen auch alle Gremien der Schule ein. Bald: „Das war allen sehr willkommen. Auch seitens der Schüler gab es keine Einwände.“ Projektschulen führen Projekttage, Filmnachmittage und Workshops durch, die Homepage des Projekts stellt Unterrichtsmaterialien, ausgewählte Filme und Literatur sowie Ideen für Projektstunden vor. Das Logo des Projekts muss sichtbar im Eingang der Schule hängen, eine Selbstverpflichtungserklärung unterschrieben werden. Die ErichKästner-Schule begann am 28. Mai mit einem Projekttag. „Weitere Projekte werden sich anschließen“, versichert Bald. KLAUS BUNTE e ün Gr Innovation en it Se 14 20 Schützenswerte Altbau-Fassaden verbieten den Einsatz von Styropor-Dämmplatten. In Bottrop arbeiten Forscher an billigeren Alternativen, Foto: Tom Jost Gebündelte Haus-Technik contra „flächendeckende Vermummung“ Um den Energiehunger von Gebäuden zu senken, ist Fassadendämmung kein Allheilmittel So einfach wie in den 90ern wird es nie wieder: Als Deutschland dem Kyoto-Protokoll beitrat, war die zugesicherte Reduzierung von Treibhausgasen (21 Prozent gegenüber 1990) fast nur noch Formsache. Den größten Teil der verlangten Einsparung hatte man längst durch das De-Industrialisieren der fünf neuen Bundesländer „geschafft“. Doch jetzt werden die Ziele anspruchsvoller. Minus 40 Prozent bis 2020, minus 70 Prozent gar bis 2040 hat sich die Bundesregierung offiziell als Wegemarken gesetzt. In der Wirklichkeit steigen die Emissionen aber seit vier Jahren wieder an, wie es das Umweltbundesamt auf seinen Webseiten ausweist. cken und neuerdings jenen mit Wärmepumpen – heizt schon mit Strom? Dabei fällt im Gebäudebereich seit Jahrzehnten der größte energetische Einzelposten an: 40 Prozent des Gesamtaufkommens verballern die Deutschen, um es in Heim und Büro hell und vor allem warm zu haben. Was also tun? Die Debatte um Ablösung fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien hat unter solchen Gesichtspunkten weiterhin Konjunktur, kann aber die drängendsten Fragen nicht allein beantworten. Zwar wird Strom aus Wind, Sonne und Wasserkraft schnell günstiger. Aber: Wer – außer Eigner von Uralt-Nachtspeicherblö- Eigentlich eine riesige Einsparquelle, die seit Jahren von Regierung und Bauhandwerkern gleichermaßen beworben wird. „Gebäudedämmung“ heißt das gültige Zauberwort – das man allerdings inzwischen da und dort als Allheilmittel in Frage stellt. Die FAZ veröffentlichte im Mai eine nette Stoffsammlung gegen die „flächendeckende Vermummung“ von Häusern: Styropor-Außendämmung könne a) abbrennen, b) von Kindern und Spechten beschädigt werden, sorge c) für Schimmelgefahr im Haus und erziele d) nur im seltenen Fall die erhoffte Wirtschaftlichkeit. Außerdem sei sie bei ansehnlich gestalteten (und womöglich denkmalgeschützten) Fassaden ohnehin ein „No-Go“. Prof. Grinewitschus: „Bei den Verschwendern ist energetisch am meisten zu holen.“ Foto: Tom Jost „Die Kritik am Dämmen ist wie ein Pendel. Die Frage ist, ob es für alle Situationen und alle Gebäude gilt“, relativiert Prof. Viktor Grinewitschus von der Hochschule Ruhr-West in Bottrop. Und liefert gleich seine Antwort: „Wenn man ein Haus mit einer funktionierenden Fassade dämmt, ist es eigentlich immer unwirtschaftlich. Das war 1991 so – und daran hat sich nicht viel geändert.“ Mit seinem Team arbeitet Grinewitschus gleichermaßen im Kontext der „Innovation City Ruhr“ wie auch des „SusLab.eu“, das für „Sustainable Laboratory“ steht. Nachhaltige Gebäudewirtschaft ist ein wesentlicher Forschungsaspekt zwischen London, Rotterdam, Bottrop und Göteborg und soll hier „vorzugsweise niedrig-investive Maßnahmen zur Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz im Gebäude“ entwickeln. Denn: „Einer muss das bezahlen – die Gesellschaft, der Mieter, der Steuerzahler. Und wir müssen aufpassen, dass man nicht die bezahlbaren Wohnungen wegmodernisiert.“ Vorher hat er übrigens das Duisburger InHausZentrum des Fraunhofer-Instituts aufgebaut – will heißen: Der Mann verfügt über 20 Jahre einschlägige Erfahrung. Wie Energieersparnis auch mit billigen, aber 7 wirksamen Methoden funktioniert, will der Lehrbeauftragte für „Technische Gebäudeausrüstung“ an der Emscher demonstrieren. Vernetzte HausIT enthält beispielsweise der kleine SeefrachtContainer, in den sich die Forscher eingenistet haben. Die misst den CO2-Gehalt in der Raumluft und öffnet bei Bedarf kurz die Fenster – worauf die Heizung pausiert. Auch diese wird per Tablet oder Smartphone-App auf die Anwesenheit der „Bewohner“ abgestimmt. Oder auf den Umstand, ob sie wachen oder schlafen. Ist doch eine Selbstverständlichkeit für die Heizungssteuerung – oder? Leider nein, sagt Grinewitschus: „Viele der 100 Gebäude, die wir in Bottrop vermessen haben, verfügen nicht einmal über eine Nachtabsenkung.“ Oder wenn der Schornsteinfeger Wärmeverluste zwischen drei und acht Prozent feststelle: „Beides liegt im Rahmen – aber die fünf Prozent Differenz machen auch was aus.“ Viele kleine Möglichkeiten ergeben einen größeren Brocken, ist die zentrale These. Vor allem, wenn man die Technik (und das Bewohnerverhalten) in einem Mehrfamilienhaus anpackt. Das sei zwar nicht einfach. Bei einem aufmerksamen Mieter werde auch mit „Home Automation“ nicht viel zu optimieren sein, ist Grinewitschus überzeugt: „Aber die Realität sieht anders aus. Bei den Verschwendern ist noch viel zu holen.“ Und das mit relativ geringem Aufwand. Im Bottroper Projekt werden hauptsächlich Komponenten eingesetzt, die wenige hundert Euro kosten. Manche brauchen bloß zwei bis drei Jahre, um sich zu rentieren. „Home Automation“ – vielleicht liegt hier der Ansatz für viele Alt-Gebäude. Übrigens durchaus kombinierbar mit klugen Dämm-Maßnahmen, die erschwinglich sind und die Mieten nicht hochtreiben. „Am Abend, nachdem der Handwerker schon einen Teil der Kellerdecke isoliert hatte, bin ich auf Socken durch die Wohnung gelaufen“, berichtete meine Erdgeschoss-Nachbarin vergnügt im vorletzten kalten Winter. „Und weißt Du was? Ich habe den Unterschied zwischen den Räumen sofort gemerkt.“ TOM JOST Kleine Bühne, große Künstler! Ebertplatz 4 · 46045 Oberhausen · Tel. 0208 /20 54 024 · Fax 0208 /20 54 027 www.ebertbad.de m u a r T en d e b e l r E ! n e g vom Flie Auftritt Ein Bruch im Aufstieg ist der Erste Weltkrieg. Karl ist gerade heimgekehrt, Foto: Thomas Aurin Die Eroberung der Berliner Luft Hans Falladas Roman „Ein Mann will nach oben“ am Bochumer Schauspielhaus Nun fuhr er wirklich in die Welt hinaus. Und die Welt lag in den 20er Jahren in Berlin. Der 16-jährige Karl Siebrecht kommt nach dem Tod seiner Eltern in die Hauptstadt. Im Kopf den amerikanischen Traum, im Koffer nur ein paar Anziehsachen. Schon am Bahnhof fällt er den Taschendieben in die Hände, doch die Berliner Göre Rieke Busch rettet seinen schmalen Besitz. Der Bahnhof ist auf der großen Bühne des Bochumer Schauspielhauses eine schwarze Fläche, ein paar Metallstreben mit Neonröhren lassen die für die damaligen Verhältnisse futuristischen Hallen erahnen. Intendant Anselm Weber hat Hans Falladas Roman „Ein Mann will nach oben“ dramatisiert (Textfassung: Weber und Sabine Reich) und in seiner eigenen Inszenierung ziemlich filettiert, ohne das Wesen des damaligen Lebensgefühls zu kappen. Wie in Peter Zadeks historischer Version von „Kleiner Mann – was nun?“ arbeitet auch Weber mit revuehaften Metaphern. Lässt Statisten in historischen Kostümen flanieren, der Zeitungsverkäufer sucht auf der Straße für die internationale Presse seine Kunden, Gassenhauer erklingen und die Revuegirls steppen. Klar, das ist für Karl eine eher surreale Welt, ganz anders als die dörfliche Uckermark. Aber für diese Welt braucht man Geld, um sich das Leben und die Sehnsüchte auch finanzieren zu können. Auf der rotierenden Drehbühne prallt er schnell mit dem reichen Baulöwen Kalubrigkeit über die menschenunwürdigen Lebensumstände auf seinen Baustellen zusammen, doch er lernt auch dessen zynischen Schwager Bodo von Senden kennen, der ihm auf dem Weg an die Spitze behilflich sein will. Karl will nach oben, will Berlin erobern, will Einfluss und Geld – und, ja, das weiß er eigentlich selbst noch nicht, denn in der Sehnsucht nach Glück steckt immer auch das Unglücklichsein. Oben auf der Pyramide ist es einsam, und von Senden stellt die entscheidende Frage: „Was wirst du tun, wenn du Berlin erobert hast?“, eine Frage, die sich durch das ganze Stück zieht und immer wieder über die Bühne hallt. Weber inszeniert abwechslungsreich, die Zeit verfliegt, immer wieder durchbrechen historische Fetzen die Handlung, erklingen Lieder der Zeit, und Berliner Szenen flimmern über die Rückwand. 9 Für Karl geht es tatsächlich aufwärts. Er hat großartige Ideen und mit Rieke, bei der er wohnt, einen ansehnlichen Rückhalt. Er lernt den Matrosen Kalli kennen, nimmt ihn auf, das Trio wird sich gemeinsam durch zwei Jahrzehnte deutscher Zeitgeschichte kämpfen. Man baut ein Transportgeschäft auf, revolutioniert das Gepäckwesen der Bahn, ganz modern mit Automobilen. Das Geld bleibt knapp, doch die Zukunft wirkt rosig, der erste Weltkrieg beendet das abrupt. Fallada vermengt geschickt politische und persönliche Geschichte, zeigt den Fortgang der Industrialisierung und das gleichzeitig stattfindende menschenfressende Deutschtum. Berlin wird öde, Karl ist im Krieg, zuhause finden sich fast aus Not Kalli und Rieke. Hier setzt Weber einen entscheidenden Bruch, springt fast unmerklich in der Zeit, immerhin inszeniert er ja keine 13-teilige Fernsehserie wie in den 70ern. Er muss die epischen Teile des Romans durch seine Schauspieler transportieren, und dieser verbale Klappmechanismus funktioniert perfekt. Nach dem Krieg rückt die Regie den legendäre Berliner Nachtclub „Weiße Maus“ auf der Bühne ins Zentrum, Karl hat Rieke geheiratet, steht mit der Gleichheit von Kind und neuen Ideen auf Kriegsfuß. Sein Ideal ist die Ehe nicht, aber das merkt er zu spät zwischen den leicht bekleideten Tänzerinnen, die ihm Mischa Spolianskys „Alles Schwindel, überall wohin du guckst“ um die Ohren hauen, während er in der unbegabten Sängerin Maria Molina, die den alten von Senden ehelichen will, um endlich auch „einen Fuß auf der Leiter“ zu haben sein ideelles Alter Ego wahrnimmt. „Was wirst du tun, wenn du Berlin erobert hast?“ Die Frage stellt sich am Ende gar nicht mehr. Der einflussreiche Karl, längst von Rieke geschieden, von der einst geliebten Hertha angeödet, geht ins Dunkel. Der Ausgang bleibt offen, die einstigen Träume und Hoffnungen dreier junger Menschen haben sich in der Berliner Luft aufgelöst. Großartiges Theater. PETER ORTMANN „Ein Mann will nach oben“ | R: Anselm Weber | So 6.7. 18 Uhr Schauspielhaus Bochum | 0234 33 33 55 55 THEATER AN DER RUHR THEATERBÜRO | KULTURBETRIEB MÜLHEIM AN DER RUHR 9. BIS 13. JULI 2014 IM RAFFELBERGPARK | EINTRITT FREI EINE KOOPERATION VON: GEFÖRDERT VON: 10 Komikzentrum Ruhr Theater Ruhr Philipp Weber kann erklären, wie man seinen „Durst“ stillt, Foto: Inka Meyer „Das Ende vom Anfang“, Foto: Sebastian Hoppe Fee verzaubert Herzdame Behäbige Eskalationsspirale Sonnenklar: Unsere Leibspeise ist Currywurst mit Pommes. Und zwar nicht nur montags. Obwohl: Beim RuhrHochDeutsch-Festival im Spiegelzelt an den Dortmunder Westfalenhallen wird sie just an diesem Wochentag kredenzt. Zusammen mit einem Kleinkünstler. Der kann von überall herkommen. Zum Beispiel aus Amorbach, Tübingen oder München, dort, wo Philipp Weber seinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen hat. Für schlappe 16 Euro gibt es intelligente Aufklärung von Deutschlands radikalstem Verbraucherschützer („Stille Wasser sind nicht tief, sondern teuer“): „Durst – Warten auf Merlot“ heißt sein Programm, in dem es am 7. Juli um bierernste Fragen und leckere Getränke geht, von denen eines im Eintrittspreis enthalten ist. Das musste dokumentiert werden: Zur Premiere von Sean O’Caseys „Das Ende vom Anfang“ war der Zuschauerraum des Großen Hauses des Düsseldorfer Schauspielhauses prall gefüllt, so dass sich eine Journalistin bemüßigt fühlte, ein Handyfoto zu schießen. Man kann ja nie wissen, wie schlimm es nach dem Schuldenskandal der Bühne noch kommt. Die Euphorie des Publikums war nach der Premiere jedenfalls schon wieder verpufft: Es hagelte Buhs, und das zu Recht. Ensemblemitglied Michael Abendroth, ansonsten ein überzeugender Charakterdarsteller, hatte den komischen Einakter derart altbacken inszeniert, dass man sich in längst vergangene Theaterzeiten versetzt sah. Genau eine Woche später, am 14. Juli, wird’s zu denselben Konditionen schön bunt: Die Mixshow mit Markus Krebs & Sebastian 23 verspricht jedenfalls jede Menge Abwechslung. Bodenständiger Krebs contra hintersinniger Poetry Slammer. Am 21. behauptet der in Deutschland lebende Amerikaner John Doyle einfach mal: „Die Welt ist eine Bandscheibe“. Hinter ihm liegt ein Martyrium aus Schmerzen, Diagnosen und Therapien. Darüber kann man sich an diesem Abend zusammen mit ihm freuen. Einen komplett anderen Humor hat Jess Jochimsen entwickelt. Texte, Songs und Dias zur allgemeinen Lage der Nation will er am 28. vorstellen – unter dem Titel „Für die Jahreszeit zu laut“. Wobei nicht zuletzt die Aufnahmen aus der deutschen Provinz vor anspielungsreicher Absurdität nur so strotzen. Sein fotografischer Streifzug durchs städtische Hinterland erzählt von den schaurig schönen Orten, in denen Menschenhand abstruse Spuren hinterlassen hat. Eine weitere Reihe des Festivals, die im Juli im Zwei-Wochen-Rhythmus stattfindet: „HerzDame sticht – Die Highlights der Komikerinnen-Zunft zu Gast bei Mia Mittelkötter“ heißt der von Lioba Albus präsentierte weibliche Schlagabtausch, der regelmäßig vom Besuch der aus Lübeck kommenden, ganz und gar zauberhaften Liedermacherin Fee Badenius gekrönt wird. Als erste Gästin betritt Anka Zink am 2. Juli die Bühne. Die Humor-Dienstleisterin schlüpft in die Rolle einer All-Inclusive-Touristin, die es in ein Museum verschlägt, weil die Klimaanlage im Hotel nicht funktioniert („Das Klima ist kaputt“): ein personifiziertes Klischee, das wohl jeder so oder ähnlich kennt. Das alles ist gut beobachtet, gespickt mit Ironie und bissigen Kommentaren, die die Distanz der Akteurin zu den merkwürdigen Auswüchsen des Tourismus unterstreicht. Und sie vermittelt einen nachhaltigen Eindruck von ihren Begegnungen mit den Einwohnern Ecuadors, wo sie Salsa tanzen gelernt hat. Schon die Platzierung des Dreipersonenstücks im Großen Haus erwies sich als Fehler. Abgehängt mit schwarzen Schals steht Paul Lerchbaumers kleiner Guckkasten im riesigen Portal. Eine Küche simuliert Ärmlichkeitsrealismus mit Kruzifix, Geschirrbuffet, Sessel, Herdofen, Küchentisch – das ist das Reich von Lizzie Berrill (Marianne Hoika). Mit Sinead O’Connors „Nothing Compares 2 U“ fegt sie in Kittelschürze und vier Lockenwicklern durch den Haushalt, während ihr schlabberbehoster Mann Derry (Wolf Aniol) eher als klotziges Störmoment im Weg steht. Ein Küsschen auf den nackten Schädel signalisiert Restbestände an Vertrautheit, die aber in einem Streit über den Wert von Feldarbeit und Haushaltsarbeit untergehen. Dann geschieht, was geschehen muss: Er kriegt die Kittelschürze, sie die Schiebermütze, und perfekt ist der Rollentausch. Während Lizzie mit frühsowjetischer Planeffizienz den Traktor über den Acker jagt, demontiert Derry mit tätiger Hilfe seines kurzsichtigen Freundes Barry (Winfried Küppers) nihilistisch-blödsinnig Heim und Herd. Beim RuhrHochDeutsch-Festival ist fast alles möglich „Das Ende vom Anfang“ am Düsseldorfer Schauspielhaus Vierzehn Tage später (am 16.) wird Nessie Tausendschön durch „die wunderbare Welt der Amnesie“ führen: wobei die herzerwärmend singende und improvisierende Künstlerin inzwischen – wie Anka Zink seit geraumer Weile – als Grande Dame des Kabaretts gehandelt wird, eine reife Erscheinung im mädchenhaften Outfit, die genau weiß, wie man das Publikum auf seine Seite bringt. Was ebenfalls für das Ruhrgebiets-Eigengewächs La Signora gilt, die sich am 30. den verbalen Spitzfindigkeiten von Frau Mittelkötter stellt – natürlich mit Dutt, Denkerstirn und erotischer Dominanz. Da das Stück inzwischen kaum mehr als vorhersehbare Pointen bietet, muss entweder die Komödienmaschinerie auf wahnsinnige Hochtouren getrieben werden oder eine waghalsige neue Deutung an ihren Platz treten. In Düsseldorf findet weder das eine noch das andere statt. Da wird mit dem Staubfeudel das Geschirr gespült, mit Tellern Frisbee gespielt; Mehl und Nudelpackungen geben ihren Inhalt preis, eine Scheibe geht zu Bruch – all das ist beschaulich, hat aber mit dem Slapstick, der O’Casey als Vorbild diente, nichts zu tun. Hier droht nicht die Verselbstständigung der Dinge, hier entzieht sich die Welt nicht ihrer Beherrschbarkeit, sondern hier machen nur zwei alte Männer in ihrer Selbstüberschätzung dämliche Fehler. Dass Hypochondrie, Gehässigkeit und Wehleidigkeit bei beiden durchschimmert, geschenkt. Es fehlt schon schlicht an einer Eskalationsspirale des Absurden, die die Irrsinns-Schraube anzieht, bis alles in Trümmern liegt. Stattdessen frönt der gerade einmal 75 Minuten dauernde Abend einem fast gemütlichen Tempo. Man wähnt sich in einer geriatrischen Sittenkomödie und nicht in einer Farce. Sollte dies ein Menetekel für die Interimsintendanz von Günther Beelitz sein, muss Schlimmstes befürchtet werden. HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN ANNE NÜME „Das Ende vom Anfang“ | R: Michael Abendroth | Mi 2.7. 19.30 Uhr Düsseldorfer Schauspielhaus | 0211 36 99 11 11 Tanz in NRW Helping Hand Chloe Albaret und David Ledger, Foto © Joris Jan Bos Über Vermittlung will der Tanz neue Besucher gewinnen Von Thomas Linden Warum ist es so viel schwerer Menschen zum Tanz zu locken, als ins Theater? „Weil die Leute viele Jahre fast nur Schrott gesehen haben“, sagt Klaus Dilger, der gemeinsam mit Achim Conrad das Tanzfestival „Flow“ für Köln und Bonn aus der Taufe gehoben hat. Tatsächlich ist das Publikum in der Vergangenheit nur zu oft mit leeren Tanzgesten abgespeist worden. Die Egozentrik der Künstler vereinte sich da nicht selten mit schwach ausgearbeiteten Konzepten oder fehlender Dramaturgie. „Dass es in Köln keinen „Weil die Leute viele Jahre fast festen Ort für den Tanz gibt, fördert nur Schrott gesehen haben“ auch nicht gerade das Vertrauen der Menschen in die Tanzkunst, denn man kann sich nicht auf ein Programm mit einem verbürgten Qualitätsstandard wie im Tanzhaus in Düsseldorf verlassen“, meint Achim Conrad. Dennoch, die Zeiten haben sich geändert, die Choreographen der freien Szene in NRW genießen internationale Anerkennung. Wo sie im Ausland gastieren, sind die Säle voll. Nur in der Heimat bleibt das Publikum skeptisch und beschränkt sich im Umfang oftmals auf den Kreis der Szene. Aber Tänzer sind pragmatisch, und so kämpft man nun mit anderen Mitteln um das Verständnis des Publikums. Einführungen, Weiterbildung und Kommunikation sollen helfen. Mit einem Mal bieten Slava Gepners TanzFaktur ebenso wie das Michael Douglas Kollektiv in der Orangerie und Silke Z. im Studio 11 Vermittlung für Tanzinteressierte an. Das Festival „Flow“ stellte Spezialisten ab, die Besucher beim Blick in die Produktionen begleiten, Konzepte erklären und das Publikum buchstäblich an die Hand nehmen. Die lit.Cologne hat gezeigt, wie man Kultur über große Namen und die Sogkraft eines Festival-Events belebt. „Man muss das Feuer der Neugierde schüren“, sagt Achim Conrad, und die stets ausverkauften Tanz-Gastspiele in Oper und Schauspiel mit den Stars der Tanzwelt beweisen, dass auch Massen angelockt werden können. Die Bühnen der Stadt lieferten dem „Flow“ Festival mit dem Gastspiel „Lo Real“ des Spaniers Israel Galvan denn auch gleich den Veranstaltungsrahmen für den Eröffnungs-Event. Bisher mochte das Publikum den Schritt vom Opernparkett in die Hallen der Szene nicht vollziehen. Vielleicht ändert sich daran etwas, wenn man in Bonn und Köln registriert, dass die Tanzkunst Erlebnisse beschert, die sich tief in die Erinnerung einschreiben und einen perfekten Ausgleich zur zweidimensionalen digitalen Welt darstellen, in die wir einen großen Teil des Tages eingebunden sind. Mit einer Plakataktion, die attraktive Tanzfotos im Stadtbild von Bonn und Köln auch in Zukunft verankern soll, wollen Dilger und Conrad die Wahrnehmung für den Tanz schärfen. Der Fotograf Joris Jan Bos macht es vor, wenn er die Brennweite seiner Kamera auf die Wimpern der Tänzerin Chloe Albaret vom Nederlands Dance Theater einstellt und so pointiert die Gestik ihres Körpers in den Blick rückt. „Der Moderne Tanz verlangt offenbar nach einem besonderen Zugang, um erkennen zu können, dass sich mitunter in einer einzigen Bewegung eine ganze Welt an Bedeutung öffnet, die sich zu entdecken lohnt“, erklärt Klaus Dilger. Man Thomas Linden wird also in Zukunft mehr Nähe zu seinem Publikum aufJournalist und Jurymitglied des Kölner Kinder- bauen müssen, um über den Blick in die Werkstatt die u. Jugendtheaterpreises Faszination für das Kunstwerk Tanz zu erzeugen. Theater in NRW Es wird hart verhandelt! Szene aus „Habe die Ehre“ am Schauspiel Köln, Foto: David Baltzer Zeit der neoliberalen Strippenzieher Der Bühnenverein warnt vor dem Freihandelsabkommen TTIP Von Hans-Christoph Zimmermann Seit etwa einem Jahr wird im Nebel gestochert. Von den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA (TTIP) dringt kaum etwas nach außen. Geheim, geheimer, TTIP muss wohl die Steigerungsform „Ziel des TTIP ist die heißen. Es ist die Stunde der neoliberalen Schaffung eines transLobbyisten und Strippenzieher. Immeratlantischen Marktes“ hin: Seit drei Politiker der Grünen das geheime Verhandlungsmandat der europäischen Delegation geleakt haben (www.ttip-leak.eu), wissen wir wenigstens, wie widersprüchlich dieses Mandat ist. Die clandestinen Machenschaften der Delegationen sorgen vor allem im Kultursektor für Nervosität. Im Februar hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters Filmproduzenten vor einer sogenannten „Liberalisierungsverpflichtung der Kultur“ gewarnt, kurz darauf verbündeten sich so unterschiedliche Akteure wie das Netzwerk Attac und der Deutsche Kulturrat. Gerade hat der Deutsche Bühnenverein, der Lobby- und Arbeitgeberverband der Orchester und Theater, auf seiner Jahreshauptversammlung vehement vor einem Ausverkauf der öffentlichen Kulturförderung gewarnt. Ziel des TTIP ist die Schaffung eines transatlantischen Marktes, der größten Freihandelszone der Welt durch Abbau von Zöllen und Vereinheitlichung von Regulierungsstandards. Diese Vereinheitlichung greift vor allem soziale, ökologische oder kulturelle Standards in Europa an. Für die Kultur könnte dies beispielsweise bedeuten, dass die öffentliche Subventionierung von Museen und Theatern, dass Filmförderung oder Buchpreisbindung, im gravierendsten Fall sogar der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Frage gestellt wären. Die Amerikaner wünschen sich nichts lieber, als ihren Giganten Amazon, Apple und Google eine Bresche in den geschützten Kultur- und Medienbereich zu schlagen. So könnte die öffentliche Förderung deutscher Orchester und Theater als unzulässige Subvention genauso gekippt werden wie die Buchpreisbindung. Die Verhandlungsposition der EU ist dabei mehr als ambivalent. Einerseits will man angeblich die öffentliche Kulturförderung bewahren, andererseits sollen in Zukunft Zuschüsse über 50 Millionen Euro an ein Theater oder Orchester in einem Notifizierungsverfahren in Brüssel auf ihre subventionsrechtliche Unbedenklichkeit geprüft werden. Der billige Witz am TTIP: Zum Freihandelsabkommen gehört ein Investorenschutzabkommen, das Konzernen ermöglichen soll, vor einem Schiedsgericht einen Staat auf entgangene Gewinne zu verklagen. Zu denken gibt dabei, dass die USA bis heute die Unesco-Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt nicht unterschrieben haben. Und dass das angeblich ausverhandelte Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada CETA bis heute nicht veröffentlich ist. Was im TTIP für die Kultur grundsätzlich zur Debatte steht, ist die Frage, ob der Staat für eine kulturelle Grundversorgung seiner Bürger einstehen darf. Ob jeder das Recht auf bezahlbare Kultur hat oder nicht. Dass sich die Gegner des TTIP ins Zeug legen, hat einen schlichten Grund: Nach Verhandlungsschluss 2015 will die EU-Kommission die MitgliedsHans-Christoph staaten nicht mehr über den Vertrag abstimmen lassen. Zimmermann Wer jetzt nicht gegen TTIP mobil macht, hat die Kultur Journalist und Theaterkritiker bereits preisgegeben. 12 Theater Ruhr Reckakrobatik von Goga in „Chaos Royal“ Klangmodule von Ralf Schreiber, Foto: Soundseeing „Anna Karenina“, Foto: Birgit Hupfeld Am Schlappseil Den Ohren misstrauen Teddy und Autoscooter Wenn überdrehte Witzbolde auf leicht exzentrische Persönlichkeiten treffen, dann kreieren sie ein wohlgeordnetes Durcheinander auf der Bühne des GOP-Varieté-Theaters in Essen. Die neue Show dort heißt „Chaos Royal“, ein temporeiches Rendezvous mit dem Chaos zwischen rasanter Hula-Hoop-Kunst und waghalsiger Schlappseil-Darbietungen. Alles wirkt dabei vermeintlich zufällig und augenscheinlich unbeabsichtigt, es wird ein bisschen anarchisch, bleibt aber immer charmant. „Jede Nation versteht Spaß auf eine ganz eigene Weise und gerade dieses Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Formen von Humor macht diese Show so bunt“, sagt Regisseur Ulrich Thon. Johnny Filion ist Kanadier. In 25 Jahren Bühnenerfahrung entwickelte er eine wirklich beeindruckende Verbindung aus Musik, Magie und Zirkusartistik. Bei seiner ganz eigenen Art von Physical Comedy jongliert er dabei mit allem, was er zu fassen bekommt und nebenbei musiziert er auch noch. Ganz anders „Pippa the Ripper“. Mit ihren weiblichen Kurven und ihrer rasanten Hula Hoop-Darbietung wickelt sie die Zuschauer schnell um den Finger, gilt aber in der Zirkusszene als Serienmörderin. Immer hinterlässt die Kanadierin ein emotionales Chaos und arbeitet dennoch konsequent an einem neuen Weltrekordversuch. Der charismatische Italiener Giulio Lanzafame absolvierte eine Ausbildung zum Clown und Jongleur. Beim „Golden Circus Festival“ in Rom konnte er so 2010 auch die Jury von seinem Talent überzeugen. Neben der Balljonglage präsentiert er bei „Chaos Royal“ die schwierige Schlappseil-Artistik und zeigt auf einem durchhängenden Seil waghalsige Sprünge. Die zeigen auch die brasilianischen Cascadeure, die Mustache Brothers, die auch die Liebe zu Schnurrbärten teilen. Ihr einziges Requisit ist ein Tisch. Über den rollen, fliegen und springen sie in einem wahnsinnigen Tempo und immer gepaart mit einer gehörigen Portion Slapstick. Im November 1992 wurde der traditionsreiche Georgspalast in Hannover, kurz GOP, von der Familie Grote als Varieté-Theater wiedereröffnet. Nach über 20 Jahren sind daraus sechs Spielstätten geworden, darunter diese in Essen, und wer wollte das bezweifeln, sie alle sind erfolgreich. Klangkunst-Event in der Provinz? Mitnichten. Bei der fünften Auflage der Klangkunstreihe „Soundseeing“ treffen national und international renommierte Künstler zusammen. Elf Kooperationspartner von Ahlen bis Bocholt, von Bentlage bis Dülmen und natürlich in Münster haben sich auch in diesem Jahr zusammengeschlossen, um mit neuen Klangkunsterlebnissen nicht nur die Ohren zu reizen. Zu sehen gibt es auch etwas. Hans W. Koch, Tilmann Küntzel, Claus von Bebber und Erwin Stache zeigen Soloperformances im Textilwerk Bocholt und auf der Burg Vischering in Lüdinghausen. Die Ausstellungen werden Anfang September eröffnet und zeigen neben fliegenden Ventilatoren auch die Saiten-Matrix von Erwin Stache, bestehend aus 64 klangvollen Schubladen. Den Rest des Jahres prallen auch an anderen Orten neuartige Instrumente, elektronische und instrumentale Musik aufeinander, die Werke entstehen speziell für die Orte und nehmen direkten Bezug auf inhaltliche und formale Aspekte. Kurator dieses erfolgreichen Projekts rund um Klänge und Geräusche ist Stephan Froleyks, der seit 2000 als Professor für Schlagzeug und Perkussion an der Musikhochschule Münster lehrt. Er begleitet die Klangkunstreihe seit ihren Anfängen im Jahr 2009. Viel zu sehen gibt es im September auch bei Christian Faubel und seinen Workshops in Heek und Münster. Der Wissenschaftler und Künstler interessiert sich dafür, wie autonome Verhaltensweisen aus der Interaktion einfachster Systeme emergieren. In seiner künstlerischen Arbeit experimentiert er mit elementarsten Schaltkreisen und primitiven Robotern, die wundervoll komplexe Muster erzeugen. Nicht verpassen sollte man auch das Konzert von Tefiton. Ausgehend vom musikalischen Selbstverständnis eines Schlagzeugers und eines Gitarristen definieren Claus van Bebber und Erhard Hirt in ihrem Duo ihre Rollen neu: Schallplatten sind das Ausgangsmaterial für den Einen – Mischpult und Klangprozessoren Mittel für den Anderen um dichte, assoziative GeräuschKlanglandschaften und energetische Hörbilder zu erschaffen. Die beiden treffen im Rahmen von Soundseeing auf den niederländischen Stimmakrobaten Jaap Blonk. PETER ORTMANN Wo ist mein Morphiumfläschchen? Wo ist mein Leben? Am Schluss findet Anna Karenina das Loch zwischen den zwei Waggons des einfahrenden Zuges. Da wird es dunkel und die Schuldgefühle sind Geschichte. Thomas Krupa inszeniert in Essen eine recht aufwendige Tolstoi-Fassung mit modernem Formenspiel. All inclusive sozusagen, mit Drehbühne, Lichterscheinungen, etwas Sex und einem blinkenden Autoscooter. Weit entfernt also vom russischen Realismus des späten 19. Jahrhunderts. Die Parameter Ehe, Moral, Selbstfindung und Lebensgier haben sich bis heute gehalten, daraus strickt Krupa mit der Armin-Petras-Fassung eine fast allgemeingültige Geschichte über Lebensentwürfe, in denen Heirat keine Lösung mehr zu sein scheint und das Leben an sich ultra-viele Fallen stellt. „Anna Karenina“ ist in Essen eine Existenz, in der nicht nur täglich das Murmeltier grüßt, sondern sich die Welt auch mal im Kreis dreht. Und die Menschen um sie herum kreisen um das Leid wie sie. So golden diese Welt auch scheint, im Innern ist sie erkaltet, trotz der Menge an Liebesschwüren. Ein Funke springt nicht über, die Figuren bleiben blass wie Marionetten, die von unsichtbarer Hand geführt werden. Auch die Choreografie bringt keine Spannung hinter dem Drehgerüst mit durchsichtiger Spiegelfront. Es ist kein verlorener Abend, aber nach des gehörnten, biederen Karenins (Stefan Diekman) Schmunzler: „Ich bin nicht eifersüchtig“ passiert irgendwie nicht mehr viel. Der Tolstoi rollt dahin, mit zahlreichen von den Spielern mitgesprochenen Situations-Erklärungen aus dem Roman, klar heute wäre Annas (Janina Sachau) Haltung fast gesellschaftskonform, auch die Konsequenzen Kind oder Liebhaber haben sich verschoben, dennoch fehlt der Inszenierung die letzte Brisanz. Auch die Alternativen mit Kitty (erst aufmüpfig, dann heiratswillig: Silvia Weiskopf) und Lewin (ganz blass, aber verliebt: Sven Seeburg) oder dem unglücklichen, aber „wir bleiben gnadenlos verheiratet“ Ehepaar (Evamaria Salcher und Matthias Breitenbach) können nicht überzeugen. Souverän nur der Teddybär, aber der ist ja aus Wolle. „Chaos Royal“ im GOP Essen PETER ORTMANN „Chaos Royal“ | R: Ulrich Thon | 16.7. 20 Uhr, 18.7. 19 Uhr, 19.7. 18/21 Uhr, 20.7. 14/17 Uhr u.a. GOP Theater Essen | 0201 247 93 93 Fünftes Soundseeing im Münsterland „Soundseeing V: Klänge zum Ankucken“ bis 25.10. | div. Orte im Münsterland soundseeing.net Tefiton | So 21.9. 20 Uhr cuba-cultur, Münster | 0251 548 95 13 Tolstois „Anna Karenina“ in Essen PETER ORTMANN „Anna Karenina“ | R: Thomas Krupa Fr 27.6. 19.30 Uhr | Grillo-Theater, Essen 0201 812 22 00 Prolog Theater-Kalender Ruhr = Premiere = trailer-Empfehlung auf den Auswahlseiten Die Theater-Übersicht der Region Weiße Nächte, Foto: A. Köhring Memory Effect of a Free Festival Elfte Ausgabe der Weißen Nächte im Mülheimer Theater a. d. Ruhr Wenn im Juli in Mülheim die Sonne langsam hinter dem Horizont verschwindet, dann sind die Weißen Nächte im Raffelbergpark nicht weit. Im Grunde ist es eine Hommage an das Publikum, aber auch eine Verbeugung vor der schieren Grenzenlosigkeit einer Theaterbühne, wenn das Stück stimmt und die Schauspieler echte Schauspieler sind. Selbst das Wetter spielt dann keine große Rolle mehr, hoffen wir das zwischen dem 9. und 13. Juli das Klima mild, der Regen fern und die Fußball-Hysterie zuhause bleiben mag. Dann gönne man sich einen oder mehrere kostenlose Seelenmassagen des Theaters an der Ruhr. Lausche dem musikalischen Woyzeck, höre zu beim bösen Kaspar oder grinse bei einem abgedrehten Gott. Dabei ist Roberto Ciullis „Woyzeck“ zum ersten Mal unter freiem Himmel zu sehen. Da sitzt ein ganzes Blas- und Streichorchester auf der Bühne und untermalt die Handlung über eine Gesellschaft, in der kaum etwas möglich war, die aber eben jenen Woyzeck am 27. August 1824 wegen Mordes hinrichtete. Weil er aber geistige Anomalien aufwies, wurde posthum ein Gutachten erstellt. In diesem beurteilt ein Dr. Clarus Woyzeck als moralisch verkommen, keineswegs aber als verwirrt. Zwölf Jahre später greift Georg Büchner diesen Fall auf und seziert das Verhalten dieses Bürgertums mikroskopisch und entdeckt mit Schrecken die Groteske dieser Welt. Ebenso grotesk wie hintergründig ist Woody Allens Stück „Gott“, in dem sich ein Autor und ein Schauspieler ungefähr 500 Jahre v. Chr. über den Ausgang eines Stücks streiten, das sie beim Athener Dramen-Festival aufführen möchten. Da sie jedoch nur in einem anderen Stück spielen, in dem von Woody Allen, begeben sie sich bald in einen Dialog mit dem Publikum, das sich auch als erfunden erweist. Fiktion und Wirklichkeit sind derart miteinander vermittelt, dass beide in ihrem Anspruch, Kunst beziehungsweise Realität zu sein, bestritten werden. Die Lösung ist nur noch technisch möglich: ein Erfinder bietet dem Autor, welchem auch immer, eine Schlussmaschine an, mit der Zeus stets am Ausgang der Stücke einfliegt. Da jedoch die Maschine, die auf dem Höhepunkt des Dramas eingesetzt wird, versagt, stranguliert sich der einschwebende Zeus – Gott ist tot. Neben den Inszenierungen des Theater an der Ruhr unter freiem Himmel wird auch 2014 bei den Weißen Nächten ein musikalisches Rahmenprogramm geboten – jeweils vor den Theateraufführungen. Zu erleben sind dann neben dem Cologne World Jazz Ensemble auch UWAGA!, ein Quartett aus einem klassischen Violinist mit Vorliebe für osteuropäische GipsyMusik, einem Jazzgeiger mit Punkrock-Erfahrung, einem Akkordeonist mit Balkan-Sound im Blut und einem Bassist, der sich in Sinfonieorchestern ebenso zu Hause fühlt wie in Jazzcombos. Die Dritten im Bunde sind Cats n Fruits mit Katy Sedna und dem Geiger Martin Weber. Sie singt in den Sprachen der Länder, in denen sie gelebt hat. Er greift in seinen Arrangements zu Geige, Akkordeon, Bass, Percussion, Mini-Piano und elektronischen Loops. Gemeinsam schütteln die beiden togoische Lieder, portugiesische Fados und indische Ragas durch. PETER ORTMANN STADTTHEATER MUSIKTHEATER SCHAUSPIELHAUS BOCHUM 0234 33 33 55 55 AALTO MUSIKTHEATER ESSEN 0201 812 22 00 Vor Sonnenaufgang Do 3.7. 20.00 Othello Sa 5.7. 20.00 Ein Mann will nach oben So 6.7. 18.00 Carmen Sa 5.7. 19.00 Madame Butterfly So 6.7. 18.00 THEATER DUISBURG 0203 300 91 00 MUSIKTHEATER IM REVIER GELSENKIRCHEN 0209 409 72 00 Death in Venice Fr 4.7. 19.30, So 6.7. 18.30 Ballett am Rhein – b.09 Sa 5.7. 19.30 Schwanensee Do 3.7. 19.30 Cabaret Do 3.7. 19.30, Sa 5.7. 19.30 Pique Dame Fr 4.7. 19.30, So 6.7. 18.00 THEATER ESSEN (GRILLO) 0201 812 22 00 OPER DORTMUND 0231 502 72 22 Manderlay Mi 2.7. 19.30 Das Geheimnis der schwarzen Spinne Mi 2.7. 11.00/18.00, Do 3.7. 11.00 Aschenputtel (La Cenerentola) Do 3.7. 19.30 Die Entführung aus dem Serail Fr 4.7. 19.30 Carmen Sa 5.7. 19.30 VARIÉTÉ & BOULEVARD Foto: Martin Kaufhold Lucky Happiness Golden Express Fr 4.7. 19.00 PTAH III – Junge Choreographen Fr 4.7. 19.30 THEATER HAGEN 02331 207 32 18 GOP THEATER ESSEN 0201 247 93 93 Lipstick Mi 2.7., Do 3.7. je 20.00, Fr 4.7., Sa 5.7. je 18.00/21.00, So 6.7. 14.00/17.00 Chaos Royal Mi 16.7. 20.00, Fr 18.7. 19.00, Sa 19.7. 18.00/ 21.00, So 20.7. 14.00/17.00, Mi 23.7., Do 24.7. je 20.00, Fr 25.7. 19.00, Sa 26.7. 18.00/21.00, So 27.7. 17.00, Mi 30.7., Do 31.7. je 20.00 Otello Mi 2.7. 19.30 Lola rennt Do 3.7. 19.30 Der Schrank der Georgi Fr 4.7. 19.30 Die acht Frauen Sa 5.7. 19.30 THEATER OBERHAUSEN 0208 857 81 84 Die Schöne und das Biest Di 1.7. 15.00 „Chaos Royal“, Johnny Filion THEATER IM RATHAUS ESSEN 0201 245 55 55 Heiße Zeiten Do 17.7., Fr 18.7., Sa 19.7. 19.30 FREIE SZENE Angela Falkenhan, Eike Weinreich, Foto: Birgit Hupfeld Die Orestie Mi 2.7. 19.30 THEATER AN DER RUHR MÜLHEIM 0208 96 09 60 Weiße Nächte 2014 Mi 9.7.-So 13.7. WESTF. LANDESTHEATER CASTROP-RAUXEL 02305 97 80 20 Tschick Di 1.7. 11.00 Alk. Außer Kontrolle Mi 2.7. 9.00/11.30 Tomte Tummetott Mi 2.7. 15.30 Let’s Spend the Night Together – Die Stones Show Mi 2.7., Do 3.7., Fr 4.7., Sa 5.7., So 6.7., Do 10.7. je 20.00 Weiße Nächte | 9.-13.7. | Theater an der Ruhr, Mülheim | Eintritt frei 14 CONSOL THEATER GELSENKIRCHEN 0209 988 22 82 !STAGE XII – Abschlusspräsentation des 12. Jahrgangs Sa 5.7. 20.00, So 6.7. 18.00 EBERTBAD OBERHAUSEN 0208 205 40 24 Pommes Do 3.7., Sa 5.7. je 20.00, So 6.5. 19.00 THEATER IM DEPOT DORTMUND 0231 982 23 36 Das Schloss Do 3.7. 20.00 Die Elenden nach Victor Hugo Sa 5.7., So 6.7. 20.00 THEATER TOTAL BOCHUM 0234 9731673 Viel Lärm um nichts Do 3.7., Sa 5.7. 19.30, So 6.7. 17.00 www.trailer-ruhr.de MONSIEUR CLAUDE UND SEINE TÖCHTER EIN FILM VON PHILIPPE DE CHAUVERON www.monsieurclaude.de ab 24.7. im Kino Urbane Künste Ruhr präsentiert: p j FR 23.05. SA 24. 05. 20 Uhr SO FR SA DI 19 Uhr 20 Uhr 20 Uhr 18.0 5. 30.0 5. 3 1.0 5. 20.05. 20 Uhr 20 Uhr MI 5. DO 21.0 03. 07. 20 20 Uhr Uhr Edda mag nicht PENG - von größeren und und Sinnlichke Tanztheaterstück über Sinn kleineren Katastrophen beim Essen TheaterWerkstatt Westfalenkolleg THEATER IM Der Patient PREMIERE Tanztheater Komödie Draußen nur Kännchen Verfl eerflüchtigungtt TiD Theaterwerkstatt ine ne inklusive Theaterperformance Eine PROGR AMM 07–014 Sexistenz: Nahverkehr PREMIERE Theaterprojekt Das Schloss über Sexualität und Behind Nach dem Roman von Franz PENG - von größeren und Kafka FR 23.05. 20 Uhr SA 24. 05. 20 Uhr kleineren Katastrophen Westfalenkolleg SA 05. 07. 20 Uhr TheaterWerkstatt Die Elenden SO 06. 07. 19 Uhr Nach dem Roman von Victor Hugo FR 30.0 5. 20 Uhr PREMIERE SA 1.0 W I R 3W Ü N5.S C20 H EUhr N I H NDraußen E N E I N E N nur S C H Kännchen ÖNEN SOMMER U N D F R E U E N U N S A UTheaterwerkstatt F I H R E N B E S U C H TiD ZUR NEUEN T H E AT E R S A I S O N 2 0 1 4 / 1 5 A B D E M 2 3 . A U G U S T ! 72 HOUR INTERACTIONS INTERVENTIONEN SPAZIERGÄNGE GESPRÄCHE SPIELE Eine Weltmeisterschaft für spielbare Architektur 23. 27.7. Witten 72 Hour Interactions.com SA 23.08. 20 Uhr Moby Dick Nach dem Roman von H. Melville SO 24.08. 19 Uhr Das Produkt Schauspiel von Mark Ravenhill FR 29.08. SA 30.08. DO 25.09. 20 Uhr PREMIERE TheaterprojekTheaterprojek 20 Uhr Container Love 20 Uhr Theatergruppe glassbooth Grugahalle: alles ist möglich. 11 Freunde – Die WM-Arena 30 | 06 | od. 01 | 07 | 2014 * 04 | 07 | od. 05 | 07 | 2014 * 08 | 07 | od. 09 | 07 | 2014 * 12 | 07 | 2014 * 13 | 07 | 2014 * 11 | 07 | 2014 – 20 | 07 | 2014 Sommerfest 18 | 07 | 2014 WDR 4 Kultnacht 27 | 08 | 2014 Sascha Grammel 27 | 09 | 2014 Subergs Ü-30 Party 11 | 10 | 2014 Kipelov 02 | 11 | 2014 CD- und Schallplattenbörse $FKWHOÀQDOH 9LHUWHOÀQDOH +DOEÀQDOH Spiel um Platz 3 Finale nal * Optio dem aus an der Grugahalle Verlegt Essen Stadion Die größten Stars mit ihren Hits „Keine Anhung!“ Mehr als eine Party Autumn Tour 2014 im Foyer Terminstand: Juni 2014 . Änderungen vorbehalten . info@grugahalle.de . www.grugahalle.de Ticket-Hotline: MESSE ESSEN GmbH Geschäftsbereich Grugahalle Norbertstraße . D-45131 Essen Telefon: +49.(0)201.7244.0 Telefax: +49.(0)201.7244.500 Montag bis Freitag 10.00 – 18.30 Uhr 02 01.72 44 290 Film-ABC Vorspann Finding Vivian Maier, s.S. 21 KULTUR.KINO.RUHR. Juli 2014 FILMKRITIK-ÜBERSICHT FILMSTART-TERMINE 26.6. 3.7. 10.7. 17.7. 24.7. 21 2 Automnes 3 Hivers – 2 Herbste 3 Winter 23 Beste Chance 20 Der wundersame Katzenfisch 18 Die geliebten Schwestern 24 Die große Versuchung – Lügen bis der Arzt kommt x 25 Die Karte meiner Träume x 23 Die Mamba 23 Drachenzähmen leicht gemacht 2 21 Eine ganz ruhige Kugel 21 Feuerwerk am Hellichten Tag 21 Finding Vivian Maier 22 Große Jungs x 23 Jack und das Kuckucksuhrherz x Mädelsabend x x x 31.7. x x x x x x 24 Monsieur Claude und seine Töchter 25 Otto ist ein Nashorn 23 Qissa – Der Geist ist ein einsamer Wanderer x 23 Rico, Oskar und die Tieferschatten x 25 Tammy 25 Transformers – Ära des Untergangs 23 Unter Beobachtung 24 Viel Lärm um nichts 20 Violette 25 Wacken 3D 23 Wie der Wind sich hebt x 22 Wir sind die Neuen x 22 Wüstentänzer – Afshins verbotener Traum von Freiheit x x x x x x x x x Wird im Sommer auch mal draußen bleiben: Lisa Mertens Unter Hochofen und Sternen Sommerkino mit Charakter zum Liebhaben Erster Satz? „Is deer geil!“ Nummernschild? DO-PE 69. Für Liebhaber des Films lächerlich einfache Fragen. Sie können schließlich alle Dialoge mitsprechen. Einige (positiv) Verrückte haben sogar Szene für Szene nachgedreht und ihre Meisterleistung auf die Leinwand gebracht. Die Rede ist von Peter Thorwarths Ruhrgebietskomödie „Bang Boom Bang“, die zum Kultstreifen avancierte. Seit dem Erscheinungsjahr 1999 läuft der Film jeden Freitagabend im UCI Bochum. Stets ausverkauft. In Dortmund führt regelmäßig die Bang Boom Bang-Tour stilsicher mit dem nötigen Equipment zu den Spielorten. Fans des BVB vereinnahmten den Spruch des schmierigen Videothekenbesitzers Franky für sich: 90 Minuten Hardcore, echte Gefühle. Und der eigentliche Star des Films, Ralf Richter alias Kalle Grabowski, räsoniert neuerdings im Radio über K**k-Vereine und Vereine mit Charakter zum Liebhaben, natürlich nicht ohne sein typisches „Mann, doh!“. Kein anderer Film wird im Ruhrgebiet so gefeiert wie der erste Teil der Thowarthschen Unna-Trilogie. Im August richtet das UCI zum 15. Geburtstag des Films eine Party mit großem Staraufgebot aus und muss sich wie vor fünf Jahren wohl kaum um die Kartenabnahme sorgen. Wem die Wochen bis dahin zu lang erscheinen, der kann am 11. Juli die Gelegenheit ergreifen, sich die Kultkomödie im Westfalenpark Dortmund auf der Leinwand der Seebühne zu Gemüte zu führen. Denn ja, es ist Sommer. Die optimale Zeit für Kino unter freiem Himmel. Und an Angeboten mangelt es im Ruhrgebiet keineswegs. Unweit der pittoresken Kulisse im Westfalenpark in der Nachbarstadt Hagen lädt das kleine Kino Babylon im Hinterhof zum romantisch anmutenden „Kino unterm Sternenhimmel“ ein und zeigt ab dem 18. Juli Komödien wie „Paulette“ oder Dramen wie „American Hustle“. In Bochum-Langendreer läutet das Endstation Kino am 19. Juli die Freiluftsaison mit einem „7 Psychos“-Gastspiel auf dem Rasen des BV Langendreer 07 ein und erinnert an Picknickdecken für ein gemütliches Beisammensein. Die hiesige Brauerei Bochums hält neben Kassenschlagern wie „Fack Ju Göhte“ mit der Dokumentation „Wacken“ sogar eine Preview für ihr Open Air bereit. Die Stadt Herten besinnt sich auf demokratische Werte, indem sie die Zuschauer die Filme für ihr Sommerkino wählen lässt und das Kino Filmwelt Herne wartet mit historischer Atmosphäre im Innenhof von Schloss Strünkede auf. Jüngeren Jahrgangs ist der Königlich Preußische Bahnhof zu Kupferdreh, wo das in der Empfangshalle beheimatete Lukas die neuesten Arthouse-Produktionen präsentiert. Ebenfalls einen Eisenbahnhintergrund weist die Spielstätte in Mülheim auf. Der Ringlokschuppen, nun ein Zentrum für die Kulturszene, räumt am 31. Juli mit „00 Schneider im Wendekreis der Eidechse“ beim Ruhrsommer Open Air Kino dem bekanntesten Kind der Stadt einen Platz ein. Jedoch die vermutlich eindrucksvollste Kulisse und das Symbol für den Strukturwandel im Ruhrgebiet schlechthin darf das Stadtwerke Sommerkino für sich behaupten. Das Filmforum Duisburg lässt in Kooperation mit dem Landschaftspark Duisburg-Nord 40 Tage lang großes Kino in der Gießhalle eines ehemaligen Hochofens laufen. Höhepunkt dieses Jahres wird der Auftritt der Duisburger Philharmoniker zu Charlie Chaplins Stummfilm „Lichter der Großstadt“ sein, aber auch die Komödie „Nicht mein Tag“ wird am 31. Juli gezeigt. Regisseur? Peter Thorwarth. LISA MERTENS Wertung unter den Filmkritiken: 1( ) bis 6 ( ) 6 Punkte = Höchstwertung Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … 17 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Film des Monats Caroline, Friedrich und Charlotte in zugeneigter Dreisamkeit Was gilt die Liebe bei einem Künstler? „Die geliebten Schwestern“ von Dominik Graf Dominik Graf erzählt von der Liebe Friedrich Schillers zu zwei sehnsuchtserfüllten Schwestern. C Beseeltes Liebesdrama Im Jahre 1787 lernt der damals 28-jährige Friedrich Schiller die Schwestern Charlotte von Lengefeld und Caroline von Beulwitz kennen. Er verliebt sich in beide Frauen gleichermaßen, und die sind Schiller ähnlich zugeneigt. Regisseur Dominik Graf wurde von seiner Produzentin Uschi Reich auf diese wahre Dreiecksgeschichte gestoßen. Eine auf Tatsachen beruhende Menage zu dritt, bei der jeder der Beteiligten für die anderen beiden nur das Beste will. Wie geht das? Geht das gut? Ging das gut? Das Drama erzählt von dem eigenwilligen Beziehungsgeflecht, das Schiller (1759-1805) in seiner zweiten Lebenshälfte begleitete. Detailliertere Überlieferungen zu der Dreier-Konstellation und deren Höhen und Tiefen gibt es nicht. Caroline, die später nach erneuter Heirat unter dem Namen Caroline von Wolzogen literarisch wirkte, hatte sich nach Schillers Tod bemüht, alle Spuren zu verwischen und fast alle Dokumente, die auf die geschwisterliche Liaison verwiesen, vernichtet. Dies gestattet Dominik Graf, innerhalb der tatsächlichen Ereignisse dramaturgisch Hand anzulegen. Der Regisseur dichtet den drei Beteiligten einen regen Briefwechsel an. Das geschriebene Wort, frei heraus oder codiert, geschrieben oder vorgetragen, rahmt dieses aufregend beseelte Drama. Männliche Maitresse Im Jahr 1787 unterhält Friedrich Schiller (Florian Stetter) seit nunmehr drei Jahren eine leidenschaftliche Affäre zu der verheirateten Charlotte von Kalb. Wegen ihr zieht er schließlich nach Weimar. Eben dorthin hat es auch die junge Charlotte (Henriette Confurius) verschlagen, die am Hofe ihrer Patentante in Sitte und Etikette geschult werden soll. Ihr Vater ist tot, das Vermögen der Familie darbt dahin, Charlottes ältere Schwester Caroline (Hannah Herzsprung) wurde aus der materiellen Not heraus bereits mit dem vermögenden Freiherrn von Beulewitz verheiratet. Charlotte ist schon bald einigermaßen angeödet von dem höfischen Umgang, bis eines Tages Schiller vorm Fenster steht und sie nach dem Weg fragt. Es folgt ein zögerlicher Briefwechsel, schon bald ist Caroline involviert. Und dann wächst sie heran, die Leidenschaft, die beide Schwestern, seit der Jugend durch einen Schwur tief miteinander verbunden, schwesterlich teilen. Da Caroline schon verheiratet ist, gelten Schillers offizielle Avancen Charlotte. Die Mutter aber zeigt sich wenig erfreut über den bis dahin noch wenig erfolgreichen Verfechter der Aufklärung und künftigen Vertreter der Weimarer Klassik. „Was gilt die Liebe bei einem Künstler, einer männlichen Maitresse?“, fragt sie sich vielmehr, die www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Mutter Louise (Claudia Messner). Doch die Zuneigung der Liebenden bleibt bestehen. Und als Schillers kreativem Potenzial endlich finanzielle Zuwendung zugestanden wird, hält dieser um Charlottes Hand an. Regisseur Dominik Graf hat sich in den letzten Jahren rar gemacht auf der großen Leinwand, blieb aber umtriebig und arbeitete erfolgreich fürs Fernsehen („Im Angesicht des Verbrechens“). „Die geliebten Schwestern“ nun sind wieder kinoreif. Sein Ansatz mag Assoziationen wachrufen an Philipp Stölzl, der im Jahre 2010 Schillers Zeitgenossen Johann Wolfgang von Goethe einen Spielfilm über dessen Schaffens- und Liebesleben („Goethe!“) widmete. Eine gefällige, romantische Komödie mit Ausrufezeichen im Titel, die unseren bekanntesten Dichter einem jungen Publikum nahbringen wollte, damit aber wenig Wahrhaftiges hinterließ. Graf zeigt sich ungleich reifer, bewahrt aber die Leichtigkeit. Sein Erfahrungsschatz wirkt nie routiniert. Weder „Goethe!“ noch Sissi Grafs Film ist authentisch ausgestattet, aber kein Kostümfilm. Grafs Schiller ist weder „Goethe!“ noch Sissi noch verkopftes Kammerspiel. Die Story greift, die Hauptdarsteller sind brillant besetzt. Sanft, traurig, sinnlich, frei folgt der Regisseur und Drehbuchautor seiner Geschichte, setzt mit Kameramann Michael Wiesweg inszenatorisch inspirierte Pausen und vollzieht nebenbei in hübschen Aufnahmen die bedeutungsvolle Entwicklung des Buchdrucks nach. Das Drama nimmt sich Zeit. Zeit für die innere Reise und für die Stationen, die die Protagonisten räumlich beschreiten. Graf hatte den Film auf die tatsächlichen 140 Minuten veranschlagt. Zugleich montierte er noch eine dreißig Minuten längere Festival-Fassung. Dabei wirkt die Kinoversion nie gerafft, bleibt intensiv und stellt laut Graf weniger einen Kompromiss dar „als vielmehr einem Rhythmus-Wechsel“. „Die geliebten Schwestern“ ist ein Drama über die Worte der Liebe, und es ist ein Drama über die Liebe. Keiner der drei Protagonisten erlebt die Liebe gleich. Bei der einen Geliebten erlebt man Weisheit, bei der anderen Glut. Liebe spiegelt Sehnsucht, Verlangen, Verzicht. Und Abschied. Und damit schließen wir mit Friedrich Schiller daselbst: „Das süßeste Glück für die trauernde Brust, nach der schönen Liebe verschwundener Lust, sind der Liebe Schmerzen und Klagen.“ Och Mann. HARTMUT ERNST DIE GELIEBTEN SCHWESTERN Bayerischer Filmpreis 2014: Beste Kamera, Michael Wiesweg D/A 2013 - Drama - 171 Min - Regie: Dominik Graf mit: Florian Stetter, Hannah Herzsprung, Henriette Confurius Start: 31.7. BO: Metropolis/Casablanca, Union, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, OB: Lichtburg 18 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Kritikerspiegel Ruhr Juli 2014 Die häufigsten Nennungen Sebastian Ko WDR Ingrid Bartsch ARD 1 LIVE Morgenmagazin Herausragend Wie der Wind sich hebt von H. Miyazaki Die geliebten Schwestern von Dominik Graf Die Karte meiner Träume von J.-P. Jeunet Bemerkenswert Die Karte meiner Träume von J.-P. Jeunet Wüstentänzer von R. Raymond Finding Vivian Maier von C. Siskel & J. Maloof Die Karte meiner Träume von J.-P. Jeunet Monsieur Claude und seine... von P. de Chauveron Sascha Westphal WAZ EPD-Film R.-Ruediger Hamacher film-Dienst Best of Comedy 2 automnes 3 hivers von S. Betbeder Wir sind die Neuen von R. Westhoff Monsieur Claude und seine... von P. de Chauveron Best of Drama Die geliebten Schwestern von Dominik Graf Wie der Wind sich hebt von H. Miyazaki Der wundersame Katzenfisch von C. Sainte-Luce Finding Vivian Maier von C. Siskel & J. Maloof Violette von M. Provost Besondere Erwähnung Finding Vivian Maier von C. Siskel & J. Maloof Christian Meyer choices Susan Vahabzadeh Süddeutsche Zeitung Verena Lueken Kultur.Kino.Köln. FAZ Die geliebten Schwestern von Dominik Graf Daniel Kothenschulte Frankfurter Lars-Olav Beier Spiegel Katja Nicodemus Die Zeit Rundschau (Urlaub) Frank Brenner trailer Kultur.Kino.Ruhr. Wie der Wind sich hebt von H. Miyazaki (Urlaub) Monsieur Claude und seine... von P. de Chauveron Die geliebten Schwestern von Dominik Graf Cristina Nord taz Finding Vivian Maier von C. Siskel & J. Maloof Die geliebten Schwestern von Dominik Graf Die Karte meiner Träume von J.-P. Jeunet Wir sind die Neuen von R. Westhoff Die Mamba von A. Samadi Ahadi 2 automnes 3 hivers von S. Betbeder Die geliebten Schwestern von Dominik Graf Viel Lärm um Nichts von J. Whedon Finding Vivian Maier von C. Siskel & J. Maloof Wir sind die Neuen von R. Westhoff Kino-Kalender Ruhr PREVIEWS, FILMREIHEN, FESTIVALS & SONDERVORFÜHRUNGEN 1./2.7., 10 Uhr SCHUSSWECHSEL, sweetSixteen Dortmund Über Fotografen in Krisengebieten. Für Schulklassen. Mit Fotoausstellung 16.7., ab 17 Uhr TRANFORMERS DOUBLE FEATURE, UCI Bo/Du Im Doppelpack inklusive Preview von Ära des Untergangs 1.7., 19.30 Uhr ALPHABET, StudienKreis Film Bochum Dokumentarfilm von Erwin Wagenhofer über Bildungssysteme weltweit 16.7., 20 Uhr ANGST ESSEN SEELE AUF, Union Kino Bochum Fassbinders vielfach ausgezeichnetes Melodram beim Arthaus-Filmfest 2.7., 14.30 Uhr DER BUTLER, UCI Bo/Du Kino Café Lee Daniels thematisiert die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung. Präsentiert von trailer 19.7., ab 21.30 Uhr 7 PSYCHOS, Endstation Bochum Beginn der open.air-Reihe auf der Wiese des BV Langendreer 07. Mit Picknick. Eintritt frei 2.7., 19 Uhr STAHLBRAMMEN UND PFIRSICHE, Endstation Bochum In der Eve Bar, mit Einführung. Eintritt frei 20.7., 18.30 Uhr WER HAT ANGST VOR VAGINA WOLF, Schauburg DO Ausgez. Dramödie mit trockenem Humor in der homochrom-Filmreihe 2.7., 19 Uhr STEPPING FORWARD, Endstation Bochum In der Reihe „Flucht über das Mittelmeer“. Regisseur Benjamin Wiedenbruch im Anschluss zu Gast „Der Butler“ 20.7., 14 Uhr DRACHENZÄHMEN LEICHT GEMACHT 2, CineStar Dortmund Kinderfest mit dem Computeranimationsfilm als Preview 3./4.7., 20 Uhr JACKIE – WER BRAUCHT SCHON EINE MUTTER, Kino im U, Dortmund. Gewinner des trailer-Publikumspreises beim IFFF 2013 20.7., 13 Uhr HANNAS REISE, Casablanca Bochum Ehrgeizige Studentin findet in Israel Spuren ihrer Familiengeschichte. Sektmatinée 2.7., 20.30 Uhr TAMMY, Filmwelt Herne Preview der Komödie mit Humorbombe Melissa McCarthy 21.7., 14.30 Uhr FRAU ELLA, Casablanca Bochum Nach dem gleichnamigen Roman von Florian Beckerhoff. Kino-Café 3.7., 11.30 Uhr WIR SIND DIE NEUEN, Lichtburg Oberhausen Der Kampf der Generationen als Vorpremiere im Kino-Café 23.7., bei Dunkelheit WACKEN 3D – DER FILM, Fiege Kino Open Air Preview der Doku über das international bekannte Metalfestival 3.7., 14 Uhr DER BLINDE FLECK, Filmpassage Mülheim Über den rechtsextremen Anschlag auf das Oktoberfest. Kaffeeklatsch 24.7., 20 Uhr DIE GELIEBTEN SCHWESTERN, Lichtburg Essen Ménage-à-trois mit Friedrich Schiller. Vorpremiere 5.7., 15 Uhr RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN, Apollo Gelsenkirchen Verfilmung des ausgez. Kinderbuchs von Andreas Steinhöfel. Vorpremiere „ Außer Atem“ 24.7., 14 Uhr MONSIEUR CLAUDE UND SEINE TÖCHTER, Lichtburg Essen Französiche Komödie über Vorurteile. Clash of Cultures im Seniorenkino 6.7., 17.45 Uhr AUSSER ATEM, Union Kino Bochum Godards Klassiker beim Arthaus-Filmfest (26.6.-23.7.) 25.7., 20 Uhr THE PURGE: ANARCHY, CineStar Dortmund Zum 2. Mal herrscht einmal im Jahr die totale Anarchie. CineScream Preview 10.-12.7., 22 Uhr CITY LIGHTS, Stadtwerke Sommerkino Duisburg (Open Air) Die Duisburger Philharmoniker begleiten Charlie Chaplins Stummfilm 25./26.7., 22.30 Uhr DARJEELING LIMITED, Casablanca Bochum Erster Film der Wes-Anderson-Reihe im Kult-Corner 11./12.7., 22.30 Uhr BLUTGLETSCHER, Casablanca Bochum Im Kult-Corner furchteinflößendes Genrekino aus Österreich 28.7., 20 Uhr MISTAKEN FOR STRANGERS, Walzenlager Oberhausen Filmportrait über The National in der Reihe Summer of Music 14.7., 20.30 Uhr REINE MÄNNSERSACHE, Schauburg Dortmund Schwules „American Pie“ in der Reihe homochron 29.7., 20 Uhr 22 JUMP STREET, Cinemaxx Essen Vorpremiere mit den zwei infantilen Cops Channing Tatum und Jonah Hill 15.7., 18./20.30 Uhr AUGE UM AUGE, Schauburg Gelsenkirchen Christian Bale vs Woody Harrelson. Kommunales Kino mit der Reihe Filmjahr International Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … „City Lights“ 19 29.7., 20 Uhr DER WUNDERSAME KATZENFISCH, Filmstudio Essen Spielfilmdebüt der mexikanischen Regisseurin Claudia Sainte-Luce. OmU „7 Psychos“ „Wacken“ „Die geliebten Schwestern“ www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Film-Kritik Annäherung zweier Künstlerseelen Die Bitternis des Lebens „Violette“ von Martin Provost Drama über die kreative Schaffensphase der französischen Autorin Violette Leduc. C Künstlerdrama Zögerlich entdeckt Violette Leduc (1907-1972) Ende der 30er Jahre ihr literarisches Talent. Von dem französischen Schriftsteller Maurice Sachs motiviert, später von Simone de Beauvoir gefördert und von Albert Camus, Sartre und Genet gewürdigt, veröffentlicht sie bis in die 60er Jahre hinein ihre autobiografisch gefärbten Romane, mit denen sie an Tabus kratzt. Regisseur Martin Provost erzählt von Violettes schicksalsgeprägter Selbstsuche und ihren literarischen Wanderjahren, in deren Mittelpunkt er die Freundschaft zu Simone de Beauvoir stellt. „Ich erdrücke das Licht.“ Die bewusst farblos gestalteten Bilder dieses Frauen- und Künstlerdramas suchen, das Innenleben seiner Protagonistin, ihre Trübsal, ihren Selbsthass und ihren Groll über fehlende Anerkennung visuell zu spiegeln. Gelungen besetztes Drama. HARTMUT ERNST VIOLETTE Filmfestival Haifa 2013: Bes. Erwähnung, Emmanuelle Devos F/B 2013 - Drama / Biographie - 139 Min - Regie: Martin Provost mit: Emmanuelle Devos, Sandrine Kiberlain, Olivier Gourmet Start: 26.6. E: Filmkunsttheater Vereint auf Reisen Begegnungen „Der wundersame Katzenfisch“ von Claudia Sainte-Luce Eine junge Frau begegnet einer schicksalsgeprüften Familie. C Alltägliches, bewegendes Drama Claudia ist 22 und lebt einsam zurückgezogen in einer mexikanischen Kleinstadt. Als sie wegen einer Blinddarmoperation ins Krankenhaus muss, lernt sie dort Martha kennen, eine an AIDS erkrankte Mutter dreier Kinder. Martha lädt Claudia zu sich ein, wo diese mit den Kindern die zunehmend schwächelnde Martha unterstützt. Dieses wundervolle Drama ist ein Kleinod. Begnadet souverän, in alltäglichen und ebenso poetisch entrückten Bildern, erzählt Regiedebütantin Claudia Sainte-Luce von einer schicksalhaften Begegnung. Bis hin zu den Kinderdarstellern spielen alle Beteiligten ungeschminkt lebensnah und stemmen die berührende Geschichte, die sich mal herzerwärmend, mal trostlos, und dabei keine Sekunde verkitscht zwischen Trauer und Hoffnung bewegt. Ein in vielerlei Hinsicht beeindruckendes Debüt. HARTMUT ERNST DER WUNDERSAME KATZENFISCH Preis Toronto Film Festival 2014 MEX/F 2013 - Drama - 89 Min - Regie: Claudia Sainte-Luce mit: Ximena Ayala, Lisa Owen, Sonia Franco Start: 10.7. BO: Endstation www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino 20 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Arman (Vincent Macaigne) und Amélie (Maud Wyler) unterwegs ins Leben Vivian Maier im Selbstportrait Vom Schicksal geschubst Ich bin eine Art Spion „2 Automnes 3 Hivers – 2 Herbste 3 Winter“ von Sébastien Betbeder „Finding Vivian Maier“ von John Maloof und Charlie Siskel Gleich mehrere Schicksalsschläge verbinden Arman und Amélie. C Tragikomische Liebesgeschichte Nach Jahrzehnten werden Straßenfotografien einer unbekannten Künstlerin entdeckt. C Aufregendes Portrait einer zu Lebzeiten unentdeckten Künstlerin Arman will mit 33 sein Leben ändern. Als erstes beginnt er mit dem Joggen und stößt im Park mit Amélie zusammen. Kurz darauf landet Arman im Krankenhaus, und bald erleidet auch sein langjähriger Freund Benjamin einen Schicksalsschlag. Regisseur Betbeder beobachtet in unzähligen Episoden die Entwicklungen seiner Protagonisten um die 30, die ziellos und vom Schicksal geschubst durchs Leben wandeln. Die Geschichte ist zwar ereignisreich, in seiner episodenhaften Form aber immer etwas distanziert. Das gilt für die gesamte Inszenierung, die mit vielen visuellen Einfällen, direkter Ansprache der Figuren an den Zuschauer und Off-Kommentaren sehr charmant erzählt. Bild- und Textebene kommentieren sich permanent. Das ist bei aller Künstlichkeit nicht nur kurzweilig, sondern auch sehr berührend. CHRISTIAN MEYER Durch Zufall ergattert der amerikanische Filmemacher John Maloof Unmengen an herausragenden Straßenfotografien. Sie stammen von dem amerikanischen Kindermädchen Vivian Maier. Die war nicht nur außerordentlich talentiert, sondern geradezu besessen von der Fotografie des Alltags. Ihr Werk, das sie mit ihrer zweiäugigen Rolleiflex einfing, bildet vielseitig und pointiert das Leben ab auf den Straßen New Yorks und Chicagos der 50er und 60er Jahre. John Maloof richtet sein Augenmerk nicht nur auf das bisher unveröffentlichte Werk, sondern begibt sich zugleich auf Spurensuche, die nicht nur die Kinderliebe einer geheimnisvollen Frau und ihren tiefen Groll auf Männer offenbart, sondern auch skurrile Rätsel aufgibt und Abgründe erahnen lässt. Eine aufregende, angeregt erzählte Reise. HARTMUT ERNST 2 AUTOMNES 3 HIVERS – 2 HERBSTE 3 WINTER FINDING VIVIAN MAIER Palm Springs 2014: John Schlesinger Preis, Maloof /Siskel F 2013 - Komödie / Lovestory - 93 Min - Regie: Sébastien Betbeder mit: Vincent Macaigne, Bastien Bouillon, Maud Wyler Start: 3.7. BO: Endstation USA 2014 - Dokumentarfilm - 84 Min - Regie: John Maloof, Charlie Siskel mit: John Maloof, Mary Ellen Mark, Phil Donahue Start: 26.6. BO: Metropolis/Casablanca, E: Filmkunsttheater, OB: Lichtburg Gestrandet im Schnee: Ex-Cop Zhang Zili (Liao Fan) Die Kugel zum Glück? Fahles Licht Tempo, Spaß und Seele „Feuerwerk am helllichten Tag“ von Yi'nan Diao „Eine ganz ruhige Kugel“ von Frédéric Berthe Nach verpatzten Ermittlungen stürzt ein Polizist in eine Sinnkrise. C Chinesischer Film-Noir Zwei Boule-Spieler treten an zum großen Wettkampf. C Freche, kurzweilige Sommerkomödie Zhang Zili ermittelt in einem makaberen Mordfall. Als man die mutmaßlichen Täter fasst, sterben sie und zwei von Zhang Zilis Kollegen bei einer Schießerei, er selber wird schwer verletzt. Fünf Jahre später arbeitet der vom Dienst Entlassene als Wachmann und ist Alkoholiker. Doch der Fall lässt ihm keine Ruhe und er heftet sich an die Fersen der Witwe des Opfers. Die Sonne scheint nie in Yi'nan Diaos Provinzstadt. Stattdessen sieht man den toughen Alltag in der Arbeiterstadt. Neben diesem Realismus in fahlem Licht entfaltet der Film aber immer wieder überraschende Szenen – sowohl in Bezug auf das Setting als auch mit ungewöhnlichen Schlenkern in der Handlung mit surrealen Höhepunkten. Der diesjährige Berlinale-Gewinner ist nicht leicht zu Kategorisieren und dadurch umso nachhaltiger irritierend. CHRISTIAN MEYER Selbst harmlose Kurzweil kann auf der Leinwand großen Spaß machen, solang sie ihr Anliegen charmant herüberbringt. Diesem Film gelingt eben dies. „Eine ganz ruhige Kugel“ ist eine leichthändig inszenierte, sommerliche Komödie, die neunzig Minuten zum Lächeln einlädt, ohne nachhaltig in Erinnerung bleiben zu müssen. Unterm Strich handelt es sich um einen Sportler-Film: Zwei sympathische, kleinkriminelle Boule-Spieler (Gérard Depardieu, Atmen Kelif) wollen bei einer Weltmeisterschaft antreten, begegnen dabei jedoch allerlei Missgunst, Intrigen und Vorurteilen. Figuren und Inszenierung setzen nostalgisch entrückt auf einen 70er-Jahre-Charme, in dem Tempo und Sprüche souverän auf Logik und Tiefgang pfeifen. Dass so etwas auch mit Seele funktioniert, das beweisen die Franzosen alle Jahre wieder. HARTMUT ERNST FEUERWERK AM HELLLICHTEN TAG Berlinale 2014: Goldener Bär CHN 2014 - Drama - 106 Min - Regie: Yi'nan Diao mit: Fan Liao, Lunmei Kwai, Wang Xuebing EINE GANZ RUHIGE KUGEL Start: 24.7. F 2013 - Komödie - 99 Min - Regie: Frédéric Berthe mit: Gérard Depardieu, Atmen Kelif, Virginie Efira Start: 3.7. BO: Metropolis/Casablanca, DO: Cinestar, Roxy, E: Filmkunsttheater Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … 21 www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Film-Kritik Afshin und Elaheh, vereint im verbotenen Tanz Heiner Lauterbach, Gisela Schneeberger und Michael Wittenborn in Aufbruchstimmung Ohne Regeln Junge Säcke, alte Hüpfer „Wüstentänzer“ von Richard Raymond „Wir sind die Neuen“ von Ralf Westhoff Ein iranischer Tänzer setzt sich über das Verbot hinweg und gründet eine Tanzgruppe. C Biografisches Drama Alten-WG trifft auf Studenten-WG, dass es kracht. C Turbulenter Generationen-Clash Afshin Ghaffarian liebt das Tanzen. In seinem Heimatland aber, der Islamischen Republik Iran, ist Tanzen in der Öffentlichkeit verboten. Als kleiner Junge setzt es dafür in der Schule noch Prügel. Vorübergehend findet Afshin ein Refugium bei dem weltoffenen Lehrer Mehdi in der Saba Arts Academy, in der junge Menschen tanzen, malen und schauspielern. Doch auch diese kreative Oase muss bald den strengen Sittenwächtern weichen. 2009 ist Afshin (Reece Ritchie, „In meinem Himmel“) erwachsen und studiert in Teheran. Als er in den versteckten Mikrokosmos der Untergrund-Partys eintaucht, wo westliche Musik gespielt wird, aber auch harte Drogen kursieren, erwacht in ihm die Leidenschaft erneut. Und eine neue Hoffnung. Ralf Westhoff löst sich von seinem Liebesanbahnungsthema („Shoppen“) und wagt den Spagat zwischen den Generationen: Aus finanziellen Gründen ziehen drei Mitglieder einer 35 Jahre zurückliegenden Studenten-WG wieder zusammen. In ihrer jugendlichen Aufbruchsstimmung freuen sie sich auf die Bewohner der darüber liegenden Studenten-WG. Doch die sind im Lernstress und um Effizienzoptimierung ihres Lebens bemüht. Das passt so gar nicht zu den Erinnerungen der drei Alten aus den 70er Jahren. Der Konflikt ist vorprogrammiert. Westhoffs Komödie arbeitet mit auf den Kopf gestellten Klischees. Das Timing stimmt und die Schauspieler überzeugen durch die Bank. In deutschen Komödien lacht man nicht häufig so viel. CHRISTIAN MEYER Verborgen vor den Augen der allgegenwärtigen Sittenwächter gründet Afshin gemeinsam mit gleichgesinnten Kommilitonen eine Tanzgruppe, die sich heimlich trifft und eine heimliche Aufführung vor einem ausgesuchten Publikum in der Wüste plant. Schon bald stößt die talentierte Elaheh (Freida Pinto, „Slumdog Millionär“) dazu, die den Tänzer im Tanze verführt, aber zugleich von einer tragischen, selbstzerstörerischen Vergangenheit geprägt ist. Während sich in Teheran der Protest mobilisiert und die grüne Welle lostritt, rückt der Tag der verbotenen Aufführung näher. Heute lebt und tanzt Afshin Ghaffarian im Westen. Als der britische Filmemacher Richard Raymond auf dessen Lebensgeschichte stieß, verwirklichte er mit dieser Grundlage sein Regiedebüt. Ein Plädoyer für „Willenskraft und den Kampf für Recht und Freiheit“, so beschreibt er sein Anliegen. Die ambitionierte Prämisse prägt den Spielfilm spürbar, sei es in der Art der Inszenierung, sei es dramaturgisch. Ein wenig wie ein Märchen, ein wenig wie ein abstrakter Ausdruckstanz, hier eine Spur zu glatt, dort etwas melodramatisch, gestaltet sich das auf wahren Begebenheiten beruhende Drama. Doch der Seele bleibt Raymond in jeder Einstellung treu. Afshin wird nicht zum politischen Freiheitskämpfer stilisiert. Afshin will tanzen. Nicht mehr und nicht weniger. Und dieses schlichte Streben macht die Geschichte so sympathisch und universell zugleich. Es ist der emotionale Ansatz, der dieses Drama trägt. Ein Ansatz, den Raymond am besten vermittelt sieht durch die Tänze, über die Afshin seinem Freiheitsdrang und jener geheimnisvollen Elaheh begegnet. Der englische Choreograf Akram Khan zeichnet für die Choreografien verantwortlich, die immer Ausdruck sind des Seelenlebens der Protagonisten. Sei es im unterdrückten Freiheitsdrang, sei es in der stummen Sehnsucht, sei es in der Leidenschaft der Zweisamkeit. Dies sind die großen Momente dieses Films, die einen nachdenklich zurücklassen. Und die Rückschlüsse ziehen lassen auf das Verhältnis von Tanz und Freiheit, auf die Bedeutung von individuellen Nischen und auf den Irrwitz kompletter Zensur und Unterdrückung. Und damit ist dieses Drama am Ende doch politisch. HARTMUT ERNST WÜSTENTÄNZER – AFSHINS VERBOTENER TRAUM VON FREIHEIT GB 2014 - Drama - 104 Min - Regie: Richard Raymond mit: Reece Ritchie, Freida Pinto, Tom Cullen WIR SIND DIE NEUEN D 2014 - Komödie - 92 Min - Regie: Ralf Westhoff mit: Gisela Schneeberger, Heiner Lauterbach, Michael Wittenborn Start: 17.7. BO: Metropolis/Casablanca, DO: Cinestar, E: Lichtburg, GE: Schauburg, OB. Lichtburg Gespräch zum Film mit Ralf Westerhoff: trailer-ruhr.de/gespraech-zum-film Mid-30 und Mid-50 in der Krise Monsieur braucht was, das ihn verjüngt „Grosse Jungs“ von Anthony Marciano Debütfilm über Männer, die nicht erwachsen werden wollen. C Romantische Buddy-Komödie Max ist als Musiker erfolglos und muss verzogenen Popgören die Bühne überlassen. Sein Schwiegervater Gilbert ist von 30 Ehejahren so frustriert, dass er auszieht. Um ihrer Mid-30/Mid-50-Krise zu entkommen, lassen es die beiden zusammen ordentlich krachen und ziehen den Ärger ihrer Frauen auf sich. Regisseur Anthony Marciano, der zusammen mit Hauptdarsteller Max Boublil das Drehbuch schrieb, erzählt mit viel Witz vom Kind im Manne und nimmt nebenbei westlichen Weltverbesserungswahn und die Musikbranche aufs Korn (Gastauftritt von Iggy Pop!). Auch wenn die Story recht durchgeknallt ist, steckt im Kern Wahres: Es geht um unerfüllte Träume und die Sehnsucht nach dem wahren Leben. Tolle Darsteller, derbe Sprüche und politisch inkorrekter Humor ergeben eine charmante Chronik über Männer in der Krise. NINA HEINRICHS GROSSE JUNGS Start: 3.7. F 2013 - Komödie - 98 Min - Regie: Anthony Marciano mit: Alain Chabat, Max Boublil, Sandrine Kiberlain BO: Metropolis/Casablanca, E: Cinemaxx, Mül: Cinemaxx BO: UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino 22 Start: 3.7. Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Unter Beobachtung Qissa – Der Geist ist ein einsamer Wanderer GB/USA 2012 - Thriller - 96 Min - Regie: John Crowley Start: 26.6. D/IND/NL/F 2013 - Drama - 105 Min - Regie: Anup Singh Start: 10.7. Eine Autobombe explodiert in London und hinterlässt über hundert Tote. Der Angeklagte (Denis Moschitto) wird von Anwalt Martin Rose (Eric Bana) verteidigt. Dessen Kollegin Claudia (Reb. Hall) arbeitet derweil an einem anderen Fall. Der verbietet ihr jeglichen Kontakt zu Martin. Schon bald kommen die beiden einer gefährlichen Intrige auf die Spur. Verschwörungsthriller. HE 1947. Indien wird geteilt, Familien umgesiedelt, religiöse Minderheiten schikaniert. Unter ihnen der Sikh Umber Singh, der sich einen männlichen Nachfolger und Erben wünscht. Als seine vierte Tochter zur Welt kommt, wird diese im Glauben herangezogen, ein Mann zu sein. Als Erwachsener soll Kanwar (Irrfan Khan, „Life of Pi“) ein Mädchen von niederer Kaste heiraten. Bewegende Fabel. HE BO: UCI, DU: UCI BO: Metropolis/Casablanca, Endstation Wie der Wind sich hebt J 2014 - Trickfilm / Drama - 126 Min - Regie: Hayao Miyazaki Jack und das Kuckucksuhrherz Start: 17.7. F 2013 - Trickfilm - 93 Min - Regie: Mathias Malzieu, Stéphane Berla Start: 3.7. Die Zeichentrickfilme des Japaners Hayao Miyazaki („Prinzessin Mononoke“, „Chihiros Reise ins Zauberland“) sind wunderschön und auch ein wenig düster. Das gilt wohl auch für seinen jüngsten Film über einen Flugzeugingenieur in Japan. Der Filmtitel war prophetisch, die Pressevorführung am Tag nach dem Unwetter in NRW konnten unsere Autoren wg. Sturmschäden nicht erreichen. CM Ende des 19. Jh. in Schottland: Jack wird geboren, allerdings mit einem gefrorenem Herz. Die Hebamme rettet ihn, indem sie dem Todgeweihten stattdessen eine Kuckucksuhr einsetzt. Allerdings verträgt Jack von nun an weder Wut noch Liebe. Eines Tages aber verliebt er sich. Weiß Filmzauberer Georges Méliès Rat? Ansprechend nostalgisch gestaltetes Animationsabenteuer. HE BO: Endstation BO: Metropolis/Casablanca Die Mamba Interview mit Christoph Maria Herbst: trailer-ruhr.de/roter-teppich A/D 2014 - Komödie - 96 Min - Regie: Ali Samadi Ahadi Start: 3.7. Nach „Salami Aleikum“, „The Green Wave“ und dem letzten Pettersson und Findus Abenteuer zieht Regisseur Ali Samadi Ahadi jetzt das Agentengenre durch den Kakao. Ein biederer Ehemann wird darin mit einem internationalen Top-Terroristen verwechselt und gerät in eine turbulente Jagd durch Europa, wo er weiblichem Fan und bewaffnetem Feind begegnet. Freche Verwechslungskomödie. HE E: Cinemaxx, GE: Apollo, MÜL: Cinemaxx Beste Chance D 2014 - Komödie - 102 Min - Regie: Marcus H. Rosenmüller Start: 26.6. Nach „Beste Zeit“ und „Beste Gegend“ schließt Marcus H. Rosenmüller mit „Beste Chance“ seine Heimat-Trilogie ab. Ausgangspunkt ist wieder die oberbayerische Gemeinde Tandern. Jo allerdings lebt inzwischen in Indien. Und als ihre beste Freundin Tati beängstigende Nachrichten aus jener Ferne vernimmt, schultert auch sie den Rucksack. Drama über Herz, Verstand und Heimat. HE BO: Union, E: Filmkunsttheater Rico, Oskar und die Tieferschatten Drachenzähmen leicht gemacht 2 D 2014 - Kinderfilm / Abenteuer - 95 Min - Regie: Neele Leana Vollmar Start: 10.7. USA 2014 - Trickfilm / Fantasy - 102 Min - Regie: Dean Deblois Der zehnjährige Rico (Anton Petzold) ist nicht gerade der Hellste. Das ist seinem hochbegabten Kumpel Oskar (Juri Winkler) egal. Gemeinsam jagen die Freunde in ihrer Freizeit Verbrecher. Als sie den ominösen Mister 2000 im Visier haben, verschwindet Oskar. Rico begibt sich auf die Suche. Leichtfüßiges Jugendabenteuer mit Karoline Herfurth, Anke Engelke und Axel Prahl. HE In seinem ersten Abenteuer gelang es dem aufbrausenden Wikingersohn Hicks, den Streit zwischen Drachen und Wikingern zu befrieden. Fünf Jahre später sind Hicks und sein Nachtschatten-Drache Ohnezahn dicke Freunde. Auf einem gemeinsamen Ausritt durch die Lüfte entdecken die beiden einen Haufen wilder Drachen. Eine Gefahr für den Frieden? Gut gelauntes Animationsabenteuer. HE BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, OB: Lichtburg BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, Lichtburg, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, OB: Lichtburg Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … 23 Start: 24.7. www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Film-Kritik Murray versucht, sich den Doktor zu angeln Multikultureller Austausch im Zeichen der Liebe Fingierte Gastfreundschaft Wunderbare Welt der Vorurteile „Die große Versuchung“ von Don McKellar „Monsieur Claude und seine Töchter“ von Philippe de Chauveron Eine von Arbeitslosigkeit geplagte Gemeinde setzt sich originell-verschroben zur Wehr. C Kauzige Komödie Die Toleranz eines Großbürgers wird durch seine Schwiegersöhne auf die Probe gestellt. C Feelgood-Komödie um die Liebe in multikulturellen Zeiten Im Jahr 2003 erzählte der kanadische Regisseur Jean-Francois Pouliot die schrullige Geschichte einer von Arbeitslosigkeit geplagten Gemeinde an der französischsprachigen Küste Kanadas, die sich auf irrwitzigste Art und Weise Arbeitsplätze und damit eine Zukunft in Würde sichert. Filmemacher Don McKellar adaptiert die Geschichte nun für den englischsprachigen Markt. Jahrzehntelang lebte das Inselörtchen Tickle Head vor Neufundland von der Fischerei. Doch das war einmal, mittlerweile leben die meisten Einwohner von der Sozialhilfe. Einer von ihnen ist Murray French (Brendan Gleeson, „The Guard – Ein Ire sieht schwarz“), ein schrulliger Kauz, dem die Langzeitarbeitslosigkeit sichtlich zu Gemüte schlägt. Er fühlt sich nicht erfüllt, das Leben ergibt keinen Sinn. Zu allem Überfluss erhält seine Gattin ein Jobangebot auf dem Festland. Und sie nimmt es an. Die alkoholgeschwängerten Tage werden noch trüber, doch dann bahnt sich eine neue Hoffnung an: Ein Ölkonzern erwägt, in Tickle Head eine Fabrik zum Recyceln petrochemischer Abfälle zu errichten. Der ganze Ort horcht auf, doch zuerst müssen mehrere Hürden genommen werden. Zum einen gilt es, ein ordentliches Schmiergeld aufzutreiben, das die Konzernchefs bei der Auswahl des Standorts gnädig stimmt. Zum anderen muss die unzureichende Einwohnerzahl künstlich gepuscht werden. Vor allem aber fehlt der Insel ein niedergelassener Arzt. Das Schicksal zeigt sich gnädig: Ein koksender Schönheitschirurg (Taylor Kitsch, „Savages“) wird für einen Monat nach Tickle Head verdonnert. Den Einwohnern bleiben also vier Wochen, um den Arzt zum Bleiben zu überreden. Der Beginn einer wundersam fingierten Gastfreundschaft. „Rat mal, wer zu Essen kommt?“, hieß es einst im gleichnamigem Film. Dann trat der farbige Freund der Tochter über die Schwelle der weißen Familie. Was 1967 eine Provokation war, ringt einem heute nur ein müdes Lächeln ab. Es sei denn, man ist Monsieur Claude und muß sich mit vier ungewollten Schwiegersöhnen herumschlagen: einem Chinesen, einem Muslimen, einem Juden und einem Schwarzen. Trost geht schnell verloren, als der Vater des Bräutigams seine 400-köpfige Sippe einlädt und Claude die Vorhaut seines Enkels rituell begraben soll. Regisseur de Chauveron macht sich mit seinem geradezu spielwütigen Ensemble über jedes erdenkliche Vorurteil her, geht dabei aber immer respekt- und liebevoll mit seinen Figuren um. ROLF-RUEDIGER HAMACHER Die Wiederverfilmung bemüht sich gar nicht erst um neue Akzente, denn das ist schlichtweg nicht nötig. Böse Zungen könnten der Geschichte eine zynische, arbeitgeberfreundliche Haltung unterstellen: Arbeit ist hier des Menschen größtes Glück, wer den Job verliert, der verliert Stolz und Lebenswille. Und um seinen Stolz zurückzubekommen, werden Zahlungen immenser Schmiergelder an korrupte Firmenbosse geduldet und hingenommen. Zugleich spiegelt die Komödie die Sehnsucht nach Routine und Tageswerk nachvollziehbar. Und im Fokus stehen ja vor allem die schrulligen Bemühungen der Küstenbewohner, dem Arzt aus der Großstadt das Leben in der Provinz mehr als schmackhaft zu machen. Und wie sich die Menschen dafür verbiegen, ist so pfiffig wie bauernschlau und höchst unterhaltsam. So interessiert sich die Gemeinde plötzlich bemüht wohlwollend für Kricket und Jazz, poliert die Idylle des Orts auf oder lauscht den mitunter intimen Telefonaten des Arztes mit seiner Freundin daheim. Dr. Lewis bewegt sich in einer Art „Truman Show“ ohne Kameras. Geradezu jede Begegnung, jedes Gespräch und jede Schicksalsfügung ist konstruiert und choreografiert. Und das ist noch nicht alles. Als die Firmenleitung einfliegt, gilt es nicht mehr nur, den Doktor zu täuschen. Eine schelmische Komödie mit Herz, gebettet in wundervolle Bilder der nordamerikanischen Küstenregion. HARTMUT ERNST trailer verlost 1 Weinpaket von Vinello. E-Mail bis 27.7. an verlosung@trailer-ruhr.de, Kennwort: Monsieur Claude MONSIEUR CLAUDE UND SEINE TÖCHTER F 2014 - Komödie - 97 Min - Regie: Philippe de Chauveron mit: Christian Clavier, Chantal Lauby, Ary Abittan Start: 24.7. BO: Metropolis/Casablanca, UCI, DO: Roxy, E: Filmkunsttheater; GE: Schauburg Shakespeare im Pool Liebesreigen „Viel Lärm um nichts“ von Joss Whedon Shakespeares Komödie, versetzt in die Gegenwart. C Charmante Shakespeare-Verfilmung Wie schon Kenneth Branagh vor 20 Jahren verwendet Buffy-Erfinder Joss Whedon die Originaltexte aus Shakespeares Liebeskomödie. Die Handlung ist in die Gegenwart versetzt, und im Gegensatz zu Branaghs Bilderreigen wählt Whedon inszenatorischen Minimalismus, der sich nicht zuletzt in den schlichten, schwarzweißen Bildern äußert. Zwischen Dreh und Schnitt des Blockbusters „The Avengers“ hat Whedon zusammen mit seiner Frau und Freunden an 12 Tagen in seinem Haus diese Komödie gedreht, die ganz unspektakulär ist, mit seiner Machart aber subtil auf die zeitlose Komik der Vorlage verweist. Hat man sich erst mal in das schräge Bild zwischen Reimschema und Smartphone – der Bruch wird nie kommentiert – eingewöhnt, macht Whedons Experiment richtig Spaß. CHRISTIAN MEYER DIE GROSSE VERSUCHUNG – LÜGEN, BIS DER ARZT KOMMT Genie Awards 2014: Bester Nebendarsteller, Gordon Pinsent CDN 2013 - Komödie - 115 Min - Regie: Don McKellar mit: Brendan Gleeson, Taylor Kitsch, Gordon Pinsent VIEL LÄRM UM NICHTS Start: 10.7. USA 2012 - Komödie / Lovestory - Regie: Joss Whedon mit: Amy Acker, Alexis Denisof, Clark Gregg BO: Union, E: Cinemaxx, GE: Apollo, MÜL: Cinemaxx BO: Metropolis/Casablanca www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino 24 Start: 24.7. Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet Tammy USA 2014 - Komödie - 96 Min - Regie: Ben Falcone Start: 3.7. Schlechte Zeiten für Tammy: Ihr Auto hat sie geschrottet, den Job hat sie verloren und den Liebsten in flagranti erwischt. Jetzt will sie nur noch abhauen. Gemeinsam mit Oma Pearl und deren Auto sucht sie das Weite. Der Beginn einer abgedrehten Reise durch die Staaten. Road Movie mit Frauen am Steuer. HE Ein kleiner, hochbegabter Junge begibt sich auf eine Odyssee durch die USA. C Phantasievoll gezeichnetes Bilderbuchkino Transformers: Ära des Untergangs Start: 17.7. Rumms Knarz Quietsch Klong: Sie sind zurück, die Megaroboter, die sich mit der Menschheit verbrüdern oder deren Untergang vorantreiben, die kämpfen, quatschen und sich fleißig transformen. Shia LaBeouf wird von Mark Wahlberg abgelöst, ansonsten bleibt alles beim alten: Eine so hirnlose wie leinwandsprengende und atemberaubende Nonstop-Special-Effects-Schlacht in 3D. HE BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, Postkutsche, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Apollo, Schauburg, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, OB: Lichtburg Wacken 3D D 2014 - Dokumentarfilm / Musik - Regie: Norbert Heitker Start: 24.7. „Full Metal Village“ portraitierte 2006 charamant die Einwohner der kleinen Gemeinde Wacken, die alljährlich das größte Heavy Metal Festival der Welt ausrichtet. „Wacken 3D“ taucht nun ein ins Festival selbst. Zum diesjährigen 25. Jubiläum begleitet Regisseur Norbert Heitker und sein Team Fans und Bands auf der Bühne, davor und in die Zeltstadt. Festivaltrip. HE BO: Metropolis/Casablanca, E: Cinemaxx, Filmkunstth., GE: Apollo, HE: Filmwelt Otto ist ein Nashorn DK/D 2013 - Trickfilm / Komödie - 73 Min - Regie: Kennetz Kainz Start: 26.6. Das darf doch wohl nicht wahr sein: Der zehnjährige Topper malt ein Nashorn an die Wand seines Kinderzimmers, und auf einmal und nanu erwacht das Tier zum Leben! Der Anfang einer abenteuerlichen Freundschaft. Ein liebevoll verschroben gezeichneter Trickfilm aus Dänemark, der sich der mitunter arg synthetischen Ästhetik der großen Hollywoodstudios inspiriert entgegenstellt. HE E: Cinemaxx, GE: Apollo, MÜL: Cinemaxx Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait … Perpetuum Mobile „Die Karte meiner Träume“ von Jean-Pierre Jeunet BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, DU: UCI, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemaxx, OB: Lichtburg USA 2014 - Action / Science Fiction - 157 Min - Regie: Michael Bay T.S. macht seine Hausaufgaben 25 Jean-Pierre Jeunet will nicht nur Geschichten erzählen, er will immer auch verzaubern, was ihn unweigerlich in die Nähe zu Wes Anderson oder Michel Gondry rückt. Eigenwillig vereinen sich hier visueller Fantasiereichtum, skurriler Humor, die Liebe zum Kino, vor allem aber das Kind im Manne. Jeunet erreicht vielleicht nicht die Tiefen, in denen sich Anderson und Gondry mitunter bewegen. Doch allesamt sind sie begnadete Märchenerzähler für Erwachsene. Jeunets Karriere begann mit „Delicatessen“ bis hin zum dritten Alien-Sequel vergleichbar düster. Dann aber zelebrierte er 2001 mit „Die fabelhafte Welt der Amélie“ schlichtweg alles Glück dieser Welt. Zwei weniger spektakuläre Werke später setzt er mit „Die Karte meiner Träume“ eben dort wieder an. Jeunets zweitem Ausflug nach Amerika liegt das Buch „The Selected Works of T.S. Spivet“ von Reif Larsen zugrunde, ein Roman, der Seite um Seite ergänzt wird durch ein buntes Sammelsurium an wissenschaftlichen Illustrationen und Notizen seines jungen Helden. Eine Steilvorlage für den französischen Kinofantasten, der mit dieser Adaption auch erstmals in 3D dreht und diese dritte Dimension wundervoll einzubeziehen vermag. Jeunet erzählt die abenteuerliche Geschichte des zehnjährigen T.S. Spivet, der auf der Ranch seiner Eltern in Montana aufwächst. Während sein Bruder zu Papas Liebling, sprich zum Cowboy erwächst, wandelt T.S. eher auf den Pfaden seiner Mutter, einer Insektenforscherin. Die Leidenschaft des hochbegabten Jungen ist die Wissenschaft, sein Streben gilt nichts Geringerem als der Erfindung des Perpetuum Mobiles. Mit derlei Ambitionen jedoch kann er im amerikanischen Hinterland nur wenig punkten. Doch Neugier, Erfindungsgeist und Hartnäckigkeit bescheren dem kleinen Genie eines Tages eine Einladung von einem Institut in Washington. T.S. büxt aus und begibt sich auf große Fahrt gen Osten. Ein Abenteuer, auf dem er Landstreichern begegnet und Polizisten entwischt. Das Institut derweil erwartet alles außer einen kleinen Jungen. Dem jungen Hauptdarsteller Kyle Catlett mag es etwas an Charisma fehlen, der Spannungsbogen dieses Road Movies stünde etwas mehr Zug gut, und die einen oder anderen Konflikte, die gegen Ende plötzlich aufbrechen, sind insgesamt zu wenig gegenwärtig. Zugleich funktioniert der Film geradezu Genresprengend als Kinderabenteuer ebenso gut wie als gewitzte Satire auf Medien, Forscher und, ja, auf Erwachsene. Jean-Pierre Jeunet indes geht es wohl in erster Linie um die visuelle Gestaltung. Und die geht vollends auf. Der Filmemacher verweist wiederholt auf sein ästhetisches Vorbild, das Pop-upBilderbuch. Es ist beeindruckend, mit welcher Liebe, mit welchem Gespür und Detailreichtum Jeunet hier Bild um Bild gestaltet. Ähnlich wie die literarische Vorlage flechtet er allerlei Schauwerte und Staunebilder ein, die dem Betrachter frech, aber unaufdringlich ins Auge springen. Eine Überbordende visuelle Reise durch eine durch allerlei Farbfilter romantisch entrückte USA. Ein Märchen, nicht nur für Erwachsene. HARTMUT ERNST trailer verlost 1x2 Karten und 1 Notizbuch zum Film von Leuchtturm 1917. E-Mail bis 13.7. an verlosung@trailer-ruhr.de, Kennwort: Karte DIE KARTE MEINER TRÄUME F/CDN 2013 - Drama - 105 Min - Regie: Jean-Pierre Jeunet mit: Helena Bonham Carter, Judy Davis, Callum Keith Rennie Start: 10.7. BO: Metropolis/Casablanca, UCI, DO: Cinestar, Roxy, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo, OB: Lichtburg www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino Wortschatzbühne Reger Andrang an der trailer-Wortschatzbühne, Fotos: Benjamin Seim Die Kleinkunst-Bühne bei Bochum Total Weltmeisterschaft der Wort-Virtuosen Singer-Songwriter, Bestseller-Autoren und Wortakrobaten unterhalten an vier Tagen bei Bochum Total Bochum Total ist groß. Bochum Total ist laut. Eine Stadt steht für vier Tage im Juli Kopf. Über 500.000 Musikfans tummeln sich Jahr für Jahr ums Bochumer Bermudadreieck. Manch einem mag der ganze Trubel schon mal zu viel des Guten sein. Zwar sorgt die Stadt Bochum in diesem Jahr mit dem Glasverbot rund um die Partymeile erneut für fast schon barfußfähiges Geläuf. Wer nicht nur Füße, sondern auch einmal die Ohren schonen möchte, für den bietet das Festival ebenfalls ein Refugium. Dort, wo die Bässe nicht ganz so laut wummern, wo sich die bedächtigen Klänge einer Akustikgitarre mit den schnellen Wortsalven eines PoetrySlammers abwechseln, wo intelligente Witze für fröhliches Gelächter und spannende Lesungen für entspannte Gemüter sorgen. Dort steht die trailer-Wortschatzbühne und heißt all jene willkommen, die mal eine Auszeit vom wildem Straßenpogo brauchen und sich in gechillter Atmosphäre der Kleinkunst widmen wollen. DONNERSTAG – GESAMMELTE FUßBALLWEISHEITEN Das diesjährige Festival in Bochums Innenstadt steht zweifelsfrei ein wenig im Schatten der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien (bei einem möglichen Viertelfinale mit deutscher Beteiligung gibt es übrigens Public Viewing im Westpark). Folgerichtig hat man sich dieser Großwetterlage angepasst und das Programm auch auf der trailer-Wortschatzbühne an Tag 1 stark fußballerisch eingefärbt. Den Auftakt macht am Donnerstag (3.7.) um 17.45 Uhr ein Lokalmatador. Der Bochumer und VfLEdelfan Ben Redelings ist der wahrscheinlich fleißigste Zitatesammler der Republik. Die meisten davon hat er in als Bücher getarnte Klolektüren gepresst (Aktuell: „Ben Redelings WM-Album“), einige davon wurden zu Bestsellern. Über die Jahre hat sich Redelings im Rahmen seiner Scudetto-Abende zudem zum beliebten Bühnen-Entertainer gemausert. Eine Kostprobe davon serviert er auf Bochum Total nun auch all jenen, die ihn noch nicht live erlebt haben. Mit Fred Ape folgt im Anschluss (19 Uhr) ein Liedermacher, der nicht nur schöne Songs über den Ballsport („Die Fußballbraut“) geschrieben hat, sondern auch selbst jahrelang das Tor seines Dortmunder Heimatvereins FC Brünninghausen hütete. Bei Bochum Total ist Ape die eine Hälfte des kongenialen Duos Ape & Feuerstein, die andere stellt mit Guntmar Feuerstein ein echter Folk-Tausendsassa aus Bochum. Wenn das Gitarrenduo loslegt, geht es textlich schon mal sarkastisch bis bitterböse zu, musikalisch hingegen meint man meist das nicht vorhandene Lagerfeuer knistern zu hören. Zur Einstimmung auf die WM-Viertelfinalspiele an den Folgetagen kommt zum Abschluss (20.15 Uhr) einer der erfolgreichsten FußballBlogger des Landes um ganz analog aus seinem (Netz-)Werk zu vorzulesen. Gestern war der Duisburger noch ein Geheimtipp, inzwischen ist Trainer Baade durch diverse Fachmagazine und Webseiten geadelt und zumindest in fußballinteressierten Kreisen eine oft gegoogelte Stimme: Sein Blog ist vielfältig, Fachsimpelei erhält ebenso Platz wie Kuriositäten, internationale Fundstücke werden genauso berücksichtigt wie der Bezirksligist um die Ecke. Das gemeinsame Band ist stets die Leidenschaft für den Kampf ums runde Leder. FREITAG – POP, POETRY UND POLITIK Das Wochenende wird eingeläutet (17.45 Uhr) von Christian Schwarz, dem Frontmann der Band Porter, der bei seinem Solo-Auftritt nur von sich selbst auf der Gitarre begleitet wird. Melodiös-melancholisch ist der Grundton der Ape & Feuerstein Ben Redelings, Foto: Andreas Molatta Benjamin Eisenberg, Foto: Sebastian Mölleken Stücke des per Crowdfunding finanzierten Albums „Wolkenstein“. Weiter geht’s (19 Uhr) mit dem wortgewandten Poetry-Artisten Marco Jonas Jahn, dem Mann der schneller spricht als sein Schatten. Schon im letzten Jahr war Jahn auf der trailer-Wortschatzbühne mit dabei, nun darf man gespannt sein, welche neuen bissigen Lyrik-Ergüsse der Oberhausener diesmal im Gepäck hat. Endgültig politisch wird es danach (20.15 Uhr) mit Benjamin Eisenberg und seinem aktuellen Progamm „Im Visier“. Der Polit-Kabarettist aus Bottrop verarbeitet die Ungehörigkeiten und Ungerechtigkeiten auf der Welt mit äußerst spitzer Zunge zu einer humorigen Anklagerede gegen die, die es verdienen, und bringt nebenbei noch die eine oder andere Parodie unter. Nach scharfen Attacken wird es wieder etwas smoother mit The Rang Gang (22 Uhr). Das Quintett um den Bochumer Jungen Ingmar Kurenbach (bekannt aus dem Johnny-Cash-Tribute) kredenzt eine raffinierte, stark an Folk und Blues erinnernde Stilmischung und würzt diese mit osteuropäischen Einflüssen. In Anlehnung an das amerikanische Roots-Amalgam Americana nennt die Combo ihre Musik Europicana. tierfreudig sind die Freedes in jedem Fall und lassen an den Ergebnissen auch gerne andere Menschen teilhaben. Englisch textet, dazu klassischen Gitarrenrock der schönsten Sorte macht und deren starke Stimme schon mal für Gänsehaut beim Zuhörer sorgt. Für den Ausklang des Festivals auf der trailer-Wortschatzbühne sorgt das literarische Dark-Wave-Urgestein Klaus Märkert in einer gemeinsamen Show mit dem Synth-Wave-Duo Mängelexemplar. Entgegen des manchmal etwas dunklen Gebarens des Autors lautet das Motto der Show „Sunny 80s“, in der Märkert aus seinem überarbeitetem Roman „Hab Sonne“ zitiert. SAMSTAG – KLAVIER-KABARETT UND LESENDES LEHRERKIND SONNTAG – DUNKLE LITERATEN UND GESCHMEIDIGER AKUSTIK-ROCK Am letzten Tag wird zunächst das Publikum gefordert. Die Improvistationstheater-Gruppe POTTpourri setzt nämlich auf die Ideen der Zuschauer, die es auf extrem witzige und kreative Weise umsetzt. Mit nur wenigen Stichworten ausgestattet, basteln die Impro-Künstler sich spontan immer wieder neue Theaterstücke, die auch ohne Skript bestens funktionieren und unterhalten. Um 15.50 Uhr kommt mit Marek Firlej ein Avantgardist der Literaturszene. Seine Lese-Show „Science, Drugs & Rock’n’roll“ ist eine wilde Mischung aus Bildung, Rausch und Lärm. Ofeua (17.45 Uhr) knüpft an den dunklen Stil von Firlej an, wirkt dabei aber eher melancholisch als wild. Der ruhige Liedermacher, der eigentlich Frank Bottke heißt, hat sowohl eigene Songs im Repertoire, häufig mit morbidmakabrer Textung, als auch Interpretationen berühmter Künstler wie Franz Josef Degenhardt. Gitarristisch geht es im Anschluss (19 Uhr) auch weiter mit Franzi Rockzz, einer jungen Vollblutmusikerin aus Wuppertal, die auf Die trailer-Wortschatzbühne bietet vier Tage lang ein abwechslungsreiches Potpourri zahlreicher kreativer Disziplinen, bei dem sich bei weitem nicht alles um König Fußball dreht. Fußballjunkies kommen ebenso auf ihre Kosten wie Sportverdrossene, denen ein Monat WM-Geschehen längst zu den Ohren rauskommt. Nun denn, lasst die Kleinkunst beginnen! Matthias Reuter, Foto: Simone Bandurski The Rang Gang, Foto: Thomas Solecki BENJAMIN SEIM Laufende News zur trailer-Wortschatzbühne: www.trailer-ruhr.de/news Ein alter Bekannter eröffnet am Samstag (19 Uhr) die trailer-Wortschatzbühne: Matthias Reuter, der kreative Klavier-Kabarettist aus Oberhausen, war bereits in den letzten Jahren stets mit von der Partie. Reuter, der erneut allerlei Skurriles zu erzählen hat und sich dabei selbst rhythmisch auf dem E-Piano begleitet, ist ein virtuoser Musiker und einfallsreicher Freigeist. Folgen wird ihm um 20.15 Uhr mit Bastian Bielendorfer das wohl bekannteste Lehrerkind der Republik. Ein relativ gewöhnliches Schicksal, sollte man meinen, doch Bielendorfer hat darüber ein Buch geschrieben („Lehrerkind – Lebenslänglich Pausenhof“), das zum Bestseller wurde. Inzwischen hat er sogar ein zweites Werk nachgelegt und ist damit nicht weniger erfolgreich. Zum Ausklang des Tages (22 Uhr) bringen Die Freedes einen ganz eigenen Sound auf die Bühne. Psychedelisch-spacig bis progressive-jazzig ist nur ein Versuch, diesen zu beschreiben. ExperimenMarco Jonas Jahn, Foto: Sebastian Mölleken Bochum Total Wortschatzbühne Das Programm Donnerstag, 3.7. Trainer Baade 17.45-18.15 Uhr 19.00-19.30 Uhr 20.15-20.45 Uhr Bochum Total bietet eine große musikalische Bandbreite Ben Redelings Ape & Feuerstein Trainer Baade Freitag, 4.7. The Voice of Porter 17.45-18.15 Uhr 19.00-19.30 Uhr 20.15-20.45 Uhr 22.00-23.00 Uhr The Voice of Porter Marco Jonas Jahn Benjamin Eisenberg The Rang Gang Samstag, 5.7. Bastian Bielendorfer, Foto: Michael Herdlein 19.00-19.30 Uhr 20.15-20.45 Uhr 22.00-22.30 Uhr Matthias Reuter Bastian Bielendorfer Die Freedes Sonntag, 14.7. POTTpourri 14.00-15.00 Uhr 15.50-16.10 Uhr 17.45-18.15 Uhr 19.00-19.30 Uhr 20.15-20.45 Uhr Zuckersüß bis knüppelhart Jupiter Jones POTTpourri Marek Firlej Ofeua (Frank Bottke) Franzi Rockzz Klaus Märkert und Mängelexemplar Laufende News zur trailer-Wortschatzbühne: www.trailer-ruhr.de/news Wenn sich die Bochumer Innenstadt um das Bermuda3eck vom 3. bis 6. Juli zum 29. Mal in das größte Umsonst & Draußen-Festival NRWs verwandelt, ist das musikalische Spektrum breit aufgestellt, lokale und internationale Bands vermischen sich ebenso wie alte Bekannte und neue Gesichter. Zu den Frischlingen zählen die Finalisten des Campus RuhrComer-Festivals, die nach Vorrunden in vier Ruhrgebietsstädten in der Rotunde auftreten werden (3.7. ab 19 Uhr). Als Stammgäste dürfen sich Jupiter Jones bezeichnen. Die ehemals dem Punkrock zugeneigten und nun mit poppigen Indie-Rock liebäugelnden Jungs aus der Eifel sind mit neuem Sänger unterwegs (5.7. 20.45 Uhr). Ebenfalls wiederholt vor Ort sind Susanne Blech (3.7. 19.30 Uhr), die ihr neues Album „Welt verhindern“ in die Meute schleudern und das Barometer auf Ekstase stellen werden, bevor Frida Gold ein Heimspiel (3.7. 20.45 Uhr, alle 1Live-Bühne) absolvieren, wuchs Sängerin Alina Süggeler doch in Hattingen auf. Der elegische Indiepop von MarieMarie (4.7. 17 Uhr, 1Live-Bühne) wird von zarten Harfenklängen gekrönt und klingt, als würde man Björk mit bassigen Synthie-Rhythmen Beine machen. Ähnlich fließende Melodien liefern die Intergalactic Lovers aus Belgien (6.7. 19.30 Uhr, Sparkassen-Bühne). Zu wilderen Verrenkungen animieren die diversen Ska-Formationen. Die kürzeste Anreise dürften The Outer Space Association (5.7. 21 Uhr) haben. Neben Wisecräcker (4.7. 22 Uhr, beide Rotunde) stehen aber vor allem Rantanplan (6.7. 20.45 Uhr, Ring-Bühne) für erstklassigen Ska-Punk. Tanzbar sind auch die Bands der Kategorie Weltmusik, darunter z.B. die acht Argentinier von Rosario Smowing (3.7. 17 Uhr) und ¡Más Shake! (3.7. 18.15 Uhr, beide Sparkassen-Bühne) mit ihrer südamerikanischen Beat-Explosion. Härtere Töne schlagen die Bands der Punkfraktion an. Mit Montreal (3.7. 20.45 Uhr), Marathonmann (4.7. 18.15 Uhr), Kmpfsprt (4.7. 19.30 Uhr), Captain Planet (5.7. 19.30 Uhr, alle Ring-Bühne) oder Findus (5.7. 23 Uhr, Rotunde) sind verschiedene Spielarten des Deutschpunks vertreten. Im melodischen Punkrock angesiedelt, aber gesanglich härter und englischsprachig sind Idle Class aus Münster (4.7. 21 Uhr). Wer es noch heftiger und mit einer Portion Shouten wünscht, sollte den Metalcore von To the Rats and Wolves (4.7. 20 Uhr, beide Rotunde) nicht verpassen. (Hard)Rock in seiner progressiven bis alternativen Variation bieten z.B. Eat the Gun (5.7., 17 Uhr), The Intersphere aus Mannheim (3.7. 19.30 Uhr) oder die schwedische Supergroup Viktor & The Blood (5.7., 20.45 Uhr, alle Ring-Bühne). Wer es dann doch wieder etwas unaufgeregter mag, kann sich bei Singer-Songwritern wie dem Niederländer Tim Vantol (3.7. 20.45 Uhr) oder Jaimi Faulkner (5.7. 19.30 Uhr, beide Sparkassen-Bühne) entspannen. In Sachen musikalischer Stilwanderung gepaart mit Skurrilität heben sich der Porno-Metal von Eskimo Callboy (4.7., 20:45 Uhr, Ring-Bühne), der lyrische Nonsens von Whats(r)apper MC Fitti (4.7. 20.45 Uhr) und Bilderbuch (5.7. 18.15 Uhr, beide 1Live-Bühne) innovativ ab. Als Geheimtipp bieten die Off-Stage-Termine kleine, intimere Konzerte. Highlights dürften dabei der lässige Auftritt der Folk, Blues und Rock’n’RollElemente verbindenden The Smigx (3.7. 22 Uhr, Mandragora), der Doppelgig von Goodbye Fairground und Versus You in der Trompete (4.7. 22 Uhr) und der deutschsprachige Glam-Punk von Hotel Energieball (6.7. 22 Uhr, Mandragora) sein. MAXI BRAUN 28 Literatur-Portrait Die von Schamp in Tüten hineingerufene „Buh!“-Rufe kann man kaufen. Jedes „Buh!“ kostet 20 Euro, Fotos: Claudia Heinrich Kein schlechtes Versteck Der Bochumer Aktionskünstler Matthias Schamp nistet sich zwischen Buchdeckeln ein Er war schon der weiße Querbalken in einem Stoppschild, ein Dampfschiff-Schornstein, eine Markise und eine Comic-Figur: Der Bochumer Autor und Künstler Matthias Schamp bricht in seinen Performances und Aktionen Erwartungshaltungen, verwischt augenzwinkernd Grenzen zwischen Kunsttheorie und –Parodie. Sein „Mythos-Grill“ bringt Frittierdünste in Museen, seine Fotoreihe „Schlechte Verstecke“ wurde in der Satirezeitschrift Titanic abgedruckt. Nun ist ihm ein besonderer Coup gelungen: Als Romanfigur steht er vor keiner geringeren Aufgabe, als die Welt zu retten… Der Schamp rettet die Welt! Nun wäre es ein leichtes, sich selbst in einen Roman hineinzuschreiben, zumal, wenn man wie Matthias Schamp nicht nur als Bildender Künstler, sondern auch als Autor tätig ist. Doch in diesem Fall hat sich ein Bestsellerautor der Aufgabe angenommen: Markus Orths, dessen satirischer Schulroman „Lehrerzimmer“ zur Pflichtlektüre zu eben diesen zählen dürfte und der in Klagenfurt 2008 mit dem Telekom-Austria-Preis ausgezeichnet wurde, beschwört in seinem neuesten Buch die Apokalypse herauf und stellt dem Weltuntergang eine Handvoll kuriose Helden entgegen. Ein schwuler Buddha und eine sexbesessene Teilchenbeschleunigerin zählen ebenso dazu wie ein mutiger Performancekünstler, niemand geringerer als „der Schamp“… Markus Orths und Matthias Schamp kennen sich bereits seit einigen Jahren. „Wir haben uns bei einer gemeinsamen Lesetournee kennengelernt und gleich bestens angefreundet“, erinnert sich Schamp, „Sechs Lesungen am Niederrhein, organisiert vom Literaturbüro Düsseldorf. Ich glaub 2000 war‘s.“ Orths präzisiert: „Ich hatte damals meinen ersten Vertrag unterschrieben für ‚Wer geht wo hinterm Sarg?‘ und Matthias sein Buch ‚Hirntreiben.EEG. Ein Westernroman‘ veröffentlicht. Bei der Reise haben wir uns sehr gut kennen gelernt. Mit jedem Abend und jedem Bier besser…“ Seitdem kreuzen sich ihre Wege regelmäßig; wenn Orths auf einer Lesereise im Ruhrgebiet Station macht, lässt man nach Möglichkeit den Abend gemeinsam ausklingen. Wer passt in einen Roman? Doch wie kommt man auf die Idee, einen Freund zur Romanfigur zu machen? „In dem Roman treffen sich eine Menge ungewöhnlicher Men- schen“, erläutert Orths, „Ich dachte, wenn ich darüber hinaus einen finde, den es in Wirklichkeit gibt und der ins Romanszenario passt, dann wäre das wunderbar irritierend. Man würde sich fragen: Wenn dieser Mensch existiert, dann vielleicht auch die anderen?“ Mit Sicherheit ist es zudem von Vorteil, dass dieser Künstler Grenzen aufweicht und sich mit Projekten befasst, die vielen Menschen noch weniger greifbar erscheinen dürften als die Beuys‘sche Fettecke. „Ich bin großer Fan von den Performances von Matthias Schamp“, erläutert Orths, „aber auch von seinen Texten und den Hörspielen. Wir sind seit langem befreundet. In manchen Dingen ticken wir sehr ähnlich. Irgendwie sind immer alle, denen ich von den Ideen des Schamp erzähle, total begeistert. Insofern dachte ich schon länger: Das will ich für einen Roman fruchtbar machen. Ich habe ihm sehr früh davon erzählt. Denn hätte er Nein gesagt, hätte ich das auch verstanden. Er war aber gleich Feuer und Flamme.“ Als Freund und Romanfigur hatte der Schamp durchaus auch Mitspracherecht: „Matthias hat den Roman dreimal gelesen, in drei verschiedenen Fassungen. Er hat sehr viele gute Fragen an den Text gestellt, die mir beim Schreiben und Bearbeiten enorm geholfen haben, hat immer streng auf die Glaubwürdigkeit der Figuren geachtet, die tatsächlich angesichts der wahnsinnigen Handlungsstränge sehr wichtig ist, und er hat auch die eine oder andere tolle zusätzliche Idee gehabt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.“ Abgetaucht im Orths-Kosmos Doch wie fühlt es sich an, eine Romanfigur zu sein? Erfahrungen als Comicfigur hat Schamp schließlich bereits, denn gemeinsam mit dem hier als Zeichner fungierenden Künstler Gilbert Geister hat er eine Trilogie konzeptueller Kunstcomics mit den Hauptfiguren Schampman und Geisterman entwickelt. Eine gewisse Erfahrung als Superheld kann er also durchaus vorweisen. Doch die Weltrettung im Roman stellt andere Herausforderungen dar: „Ja, das Dasein als Romanfigur ist schon eine gänzlich neue Erfahrung. So eine Art ‚Urlaub vom Ich‘, ein Tauchgang in Gefilde, die ich mir vorher nicht mal hab‘ vorstellen können. Der Orths-Kosmos ist ja eine echte Wunderkammer. Dass mir hier Zugang gewährt wurde, sehe ich als großes Privileg und echten Luxus an“, schwärmt Schamp und erläutert weiter: „Die dazu notwendige fiktionale 29 Ausstülpung von ‚dem Schamp‘ ist in der Tat sehr anders als bei der Comicfigur Schampman – bei der ja die Steuerung in meinen Händen lag. Im Orths-Kosmos werde ich noch wirklich überrascht. Ich habe Erlebnisse, die ich mir nicht mal hab‘ vorstellen können. Und so ganz nebenbei auch ein bisschen zur Rettung der Welt beitragen zu können, ist ja auch schön.“ Dichtung und Wahrheit Der Roman erscheint am 8. Juli und dann können die Leser den Schamp nicht nur zwischen den Buchdeckeln kennenlernen, sondern auch ganz real – denn einen Teil der Lesungen werden die beiden gemeinsam als Lesungs-Performance bestreiten. Bei solch einer Präsenz einer Romanfigur, die sozusagen neben ihrem Autor die Bühne betritt, besteht da keine Angst, dass die anderen Figuren aus dem Focus des Publikums verschwinden? Der Autor macht sich da keine großen Sorgen: „Bei den Lesungs-Performances wird sicher die Figur Matthias Schamp auch textlich im Mittelpunkt stehen. Das ergibt sonst keinen Sinn. Da der Roman aber viele verschiedene ‚Helden‘ hat, die eine große Rolle spielen, muss ich ohnehin bei jeder Lesung auswählen. Und auch bei Solo-Lesungen werden dann viele andere Figuren zwangsläufig durchs Raster fallen. Aber eine Lesung soll ja nur Appetit machen. Und die anderen Figuren kann dann jeder still für sich lesend entdecken.“ Schamp freut sich über die gemeinsame Zeit, die die Lesungen mit sich bringen werden, aber eine gewisse „Angst“ vor einer ganz bestimmten Situation gesteht er letztlich dann doch ein: „dass ich, das heißt der leibhaftige Schamp, irgendwann mal Markus gegenüber sitze und etwas erzähle und Markus denkt dann die ganze Zeit, dass irgendwas nicht stimmt, denn ‚der Schamp‘ müsste doch eigentlich in dieser Situation was ganz anderes sagen...“ FRANK SCHORNECK Markus Orths: „Alpha & Omega – Apokalypse für Anfänger“ | Schöffling & Co. | 528 Seiten | 24,95 € Leseperformances sind auch im Ruhrgebiet in Vorbereitung Textwelten ComicKultur Toughe Typen und Sinnsuche Über Kriegsheimkehrer, Kriminelle und kommunistische Kinder Digitaler Frontkämpfer Jaron Lanier, Foto: © Lena Lanier Jaron Lanier, die Lichtgestalt des Börsenvereins Die Liste der Preisträger, die mutig gegen Unterdrückung und Totalitarismus kämpften, ist lang. Letztes Jahr erhielt Swetlana Alexijewitsch den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für ihre Reportagen über jene Menschen, die in Putins Russland zu den Opfern absurder Großmachtambitionen gehören. Ihre Vorgänger Liao Yiwu und Boualem Sensal prangerten den staatlichen Terror in China und Algerien an. Nun erhält der in New York geborene Jaron Lanier den Preis. Ein Computertüftler, der 3D Kameras entwickelte und die ersten Avatare erschuf. Aber der Börsenverein bleibt sich treu, auch Lanier stemmt sich gegen eine Form des Totalitarismus, deren Vorboten wir im Moment als mediales Gezänk wahrnehmen. John Green, der die Teenager auf unserer Schulen spätestens seit seinem Megaseller „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ hinter sich weiß, prangert an der Seite von James Patterson und Joanne K. Rowling die Geschäftsmethoden an, mit denen Amazon in den USA und Europa die Buchverlage attackiert. Lanier warnte schon vor 15 Jahren vor der Macht-Akkumulation von Konzernen wie Amazon und Google, deren Erfolge mit dem Fortschritts-Optimismus der Digitalisierung verschmolzen waren. Ein Entwickler, der zum Warner mutierte, wie vor ihm schon Joseph Weizenbaum und Clifford Stoll. Jaron Lanier prägte den Begriff des „digitalen Maoismus“. Gemeint ist eine Praxis diktatorischer Regime, bei der die Masse den Einzelnen ausstellt, um mit Hilfe seiner abschreckenden Zerstörung den inneren Zusammenhalt der Gruppe zu festigen. Zugleich warnte Lanier in seinen Büchern „Gadget, warum die Zukunft uns noch braucht“ und „Wem gehört die Zukunft?“ vor jenem Wunschdenken, das den Ausbau des Internets mit einer Verbreitung des Wissens gleichsetzt. Zwar ist der leichte Zugang zur Information ein Fortschritt, aber mit ihm ist das Wissen noch nicht erworben. Dass Google den Wissensschatz der Menschheit hortet, heißt noch nicht, dass wir über ihn verfügen. Wer die aufgereihten Informationen liest, die Wikipedia in seinen tastenden Formulierungen feilbietet, hat noch kein Wissen verinnerlicht. Immerhin glaubt heute niemand mehr – wie noch zur Jahrtausendwende – dass mit dem Internet die Schulen überflüssig werden würden. Die Auszeichnung erfolgt zu einem interessanten Zeitpunkt. Denn inzwischen weicht die Skepsis gegenüber den digitalen Errungenschaften pragmatischen Haltungen, mit denen sich ein Widerstand gegenüber den Machtbastionen der amerikanischen Konzerne organisieren lässt, die heute weltweit die Kommunikation kontrollieren. Laniers Überlegung, dass die Ausbeutung der unentgeltlichen Arbeit von Wissenschaftlern und Autoren letztlich dazu führt, dass der Wissensquell verödet, ist nicht neu. Aber sie stellt im Zusammenhang mit der Forderung, Nutzer sollten für die Verwendung ihrer Daten einen Betrag erhalten, ein Statement dar, das vom Börsenverein nicht besser hätte formuliert werden können. Mit seinen Dreadlocks, den publikumswirksamen Auftritten als Musiker neben Ornette Coleman und Yoko Ono wird mit Jaron Lanier nicht nur ein Kontrahent der OpenSource-Bewegung bekränzt, sondern auch ein populäres Zeichen im Ringen um das Freihandelsabkommen gesetzt, bei dem die Stimme des Börsenvereins von der Politik überhört zu werden droht. THOMAS LINDEN Der Franzose Olivier Morel beantragt gerade seine US-Staatsbürgerschaft, als er für seine Kriegsheimkehrer-Reportage recherchiert: „Die Rückkehrer – Wenn der Krieg im Kopf nicht endet“ erzählt von traumatisierten Soldaten aus dem Irakkrieg. Maëls Zeichnungen tragen die desillusionierte Atmosphäre, während Morel intensiv Betroffene zu Wort kommen lässt. Ein bewegendes und kluges Werk (Carlsen). Wie häufig bei autobiografischen Comics, gelingt die Dramaturgie auch bei „Hexenblut“ von Suskas Lötzerich nur bedingt. Suska wird als Mädchen geboren, möchte aber ein Junge sein. Der Comic erzählt von einer Kindheit und Jugend voller Irritationen und Kämpfe um Selbstbestimmung. Eine ergreifende Biografie, die auch spannend und mitreißend erzählt wird, mit ihrem episodenhaften Aufbau aber auch etwas ungelenk wirkt (Luftschacht). Auch Mawils „Kinderland“ ist autobiografisch geprägt. Fast 300 Seiten lang ist die Geschichte aus den letzten Tagen der DDR geraten. Dramaturgisch sind die Erlebnisse des Mirco Watzke einfacher zu fassen als bei „Hexenblut“, weil die Handlung nur wenige Wochen umfasst. Dafür geht Mawil bei einigen Szenen über die Planung eines großen Tischtennisturniers an der Schule stark ins Detail. Selten war deutlicher, dass er zeichnerisch so sehr von dem Franzosen Baru beeinflusst ist (Reprodukt). Noch ein autobiografisches Werk: Nach „Das Spiel der Schwalben“ erzählt Zeina Abirached das zweite Mal aus ihrer Kindheit in Beirut: „Ich erinnere mich“ lautet der programmatische Titel des Bandes, der eine Kindheit im Bürgerkrieg schildert. Gekonnt setzt Abirached den kindlich-naiven Blick der jungen Ich-Erzählerin ein, um die absurden Alltagssituationen in der umkämpften Stadt zu schildern. Die Zeichnungen mit ihren starken, ornamentalen Schwarzweiß-Kontrasten sind schön wie im Vorgänger-Band, aber mit der additiven Phrase „Ich erinnere mich“ mag sich kein rechter Erzählfluss einstellen (avant verlag). Ein Erlebnisbad außer Rand und Band: Einst war hier Weideland, jetzt umschließen riesige Glaskuppeln ein großes Badeparadies. Aber Marine Blandin erzählt mit „Eine nautische Fabel“ von den Abgründen einer solchen Wasserwelt, in der sich Untiefen auftun, Fabelwesen umherziehen und das soziale Gleichgewicht langsam außer Kontrolle gerät. Die als Funny gezeichnete Fabel entfaltet zunehmend düstere, aber auch poetische Momente (Carlsen). Ebenfalls fiktiv und auch mit tierischen Protagonisten besetzt ist „Rezzo und Elisabeth“ von Till Thomas. In stilisierten Zeichnungen erzählt er ein großes Drama von Liebe, Eifersucht, Macht und Gewalt. Unerbittlich lässt er seine Protagonisten ins Unglück laufen und nur die Stilisierung macht den ganzen Schlamassel erträglich (avant verlag). Toughe Typen: Ein klassischer Noir-Thriller ist „Parker – Das Syndikat“ von Darwyn Cooke. Es ist bereits Cookes zweite Adaption eines Richard-Stark-Krimis, die sich auch zeichnerisch vollkommen an den 60er Jahren, der Handlungszeit der Vorlage, orientiert (Eichborn). Mit „Namen und Orte: Namen“ wird der letzte der vier Teile von Stéphane Heuets Adaption von Marcel Prousts „Unterwegs zu Swann“ veröffentlicht. Nach den beiden Alben zu „Im Schatten junger Mädchenblüte“ liegen nun die ersten sechs Bände von Marcel Prousts sieben Bände umfassenden Hauptwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ als Comicadaption vor. Hier nun erinnert sich der Erzähler an eine erste Jugendliebe, die unerwidert blieb. Sentimental sinniert der Erzähler über die Hoffnungen des Verliebten und das Vergehen der Zeit. Heuet lässt Prousts Werke in wunderschönen Zeichnungen auferstehen (Knesebeck). CHRISTIAN MEYER 30 Improvisierte Musik in NRW Saiten geschabt Brave Brüder von KLAENG Neues Label startet in Köln Von Olaf Weiden Wer in Odonien feiert, der bekennt sich damit zur freien Kunst. KLAENG, das sagenhafte Klangkollektiv der freien Kölner Jazzszene, feiert jetzt zum zweiten Mal in diesem Kunstdschungel in Kölns beliebter Bordellstraße, die den witzigen Namen Hornstraße trägt. Ganz so abwegig ist diese Adresse üb„Probehören ist bei dieser rigens nicht, weil Freunde des Horizonexperimentellen Musik talgewerbes in der Vergangenheit heiß obligatorisch“ begehrte Treffen zwischen erotischer Bühnenshow und hitzigem Jazz inszenierten – selbst die Musikbeamten der WDR Big Band wurden bereits in diesem Veranstaltungszirkel beobachtet. Hier ergoss sich ein wahrlich prall gefülltes Wunderhorn nicht nur musikalisch – auch die Getränke waren inklusive. Nicht so in Odonien, dem von der Stadt mehrfach bekämpften und bedrängten Kunsthort, der wegen fehlender Fluchtwege und Brandschutzauflagen eigentlich schon nicht mehr existieren dürfte und wo das Public Viewing zur Weltmeisterschaft noch Rudelgucken heißt. Aber die Kunst und seine Streiter sind manchmal nicht unterzukriegen. Das ist unser Thema auch bei KLAENG, die ihrem konzertant verbundenen Kollektiv nun noch eine weitere Musiker-Emanzipationswaffe hinzugefügt haben: Es erschienen die ersten drei CD-Produktionen aus dem erlesenen Kreis der Jazzjünger auf dem eigenen brandneuen Label. Was diese junge künstlerische Freiheit dabei hervorgebracht hat, besitzt radikalen Tiefgang. „Tiefgang“ heißt denn auch der erste Schritt auf den Tonträger, ein Album des Bassisten Robert Landfermann, der sein ganzes Kollektiv und Gäste miteinbezieht. Dunkel ist die Grundstimmung dieser atmosphärischen Klangbilder mit reichlich Bassgebläse aus der Holzabteilung und dem ostinaten Sägeton des Kontrabasses. Die CD trägt so reichlich Herbststimmung, dass sie eigentlich einen Beipackzettel für Depressive benötigt. Wer Schönheit und Besonnenheit in tiefem Schwarz sucht, ist hier gut aufgehoben. Probehören vor dem Kauf ist bei dieser experimentellen Musik obligatorisch. So auch bei einer weiteren bassigen Veröffentlichung von vier Kontrabassisten unter dem Titel BASZ, die ihren Instrumenten intensiv auf den Korpus rücken. Hier wird so ekstatisch gefiddelt und geschrammelt, dass man eine Empfehlung aussprechen darf: nur für Bass-affine Extremhörer. Die CD „11 Famous Songs Tenderly Messed Up“ stammt vom Gitarristen Tobias Hoffmann, der Werke von Jazzgrößen wie Gershwin, Mingus, Miles oder Shorter aufmischt oder besser gesagt entkernt. Shorters „Iris“ swingt recht einsam und alleingelassen auf der Banjosaite, während Songs von Hendrix oder der berühmte „Albatross“ von Peter Green mit grotesk verzerrten Sounds zur Landung in einer neuen, etwas traurigen Gestalt ansetzen. Wer das kompromisslos Olaf Weiden Besondere liebt, sollte sich sowohl über das Fest als auch Musiker und Musikkritiker über das neue Label schlau machen. Summer KLAENG-Festival | So 6.7. 12-24 Uhr | Odonien, Hornstraße 85 klaengkollektiv.de 31 KULTUR.KINO.RUHR. Europa gestalten. Kompakt Disk culture club culture club präsentiert: Skydiving präsentiert: Kino-Café Psychotische Volksmusik Neue Musik zwischen Rückbesinnung und Revision Zum Finale der WM erscheint Sébastien Telliers CD „L‘Aventura“, die mit einer Hommage an die brasilianische Bossa-Psychedelic der frühen 70er Jahre eröffnet und dann den frankophilen Pop der späten 70er und 80er Jahre in Erinnerung ruft. Dabei kennt der ESC-Teilnehmer zwischen experimentierfreudigem Blick auf Mainstream und „La Boum“-Schmalz keine Schamgrenze (Record Makers). Dass das Solo-Akustik-Projekt des Melvins-Gitarristen und -Sängers Buzz Osborne nicht bei Liedermacherei landet, war absehbar. Und dennoch ist man dann froh, auch akustisch Osbornes wuchtige Kanten wiederzuerkennen. „This Machine Kills Artists“ quengelt und drängelt genauso wie der über drei Jahrzehnte erprobte gepresste Hardcore der Melvins. Insofern ist das Album vielleicht eher eine Variation als eine Innovation, aber Letzteres haben die Melvins in den 80er und 90er Jahren zur Genüge vollbracht (Ipecac). Das Fire! Orchestra erinnert an opulente Jazz-Kollektive der frühen 70er Jahre wie Keith Tippets „Centipede“, Carla Bleys „Escalator Over the Hill“ oder Charlie Hadens „Liberation Music Orchestra“. Das 28-köpfige norwegische Kollektiv um Saxophonist Mats Gustafsson wütet auf vier langen Stücken zwischen Powerrock, Free Jazz und Noise, dass die Splitter fliegen. „Enter“ heißt das Album, und… ja... es geht ab (rune grammofon). Das Folgende ist nicht nur Volksmusik im Sinne der vielen Menschen, die beteiligt sind, sondern auch, weil es musikalisch auf ältere Traditionen als Jazz und Rock zurückgreift: Immerhin auch 15 Musiker aus fünf Bands, allesamt aus INDOOR SKYDIVING SAVING MR. BANKS Der geflügelte Ausspruch „Nur fliegen ist schöner“ wird beim Indoor Skydiving in Bottrop in die Tat umgesetzt. Der weltweit modernste Windkanal verspricht einen puren Andrenalinkick und nahezu schwerelose Glücksmomente. Ein regelrechtes Airlebnis. Die Geschichte hinter der Geschichte des Filmklassikers „Mary Poppins“ nach dem gleichnamigen Buch von P.L. Travers. Der Film beleuchtet den Streit zwischen der britischen Schriftstellerin, dem Hollywood-Mogul Walt Disney (Tom Banks) und dessen Autorenteam um die künstlerischen und vertraglichen Details der lang geplanten Verfilmung. Indoor Skydiving Bottrop Prosperstraße 297 46238 Bottrop Tel.: 02041 37 37 30 trailer verlost 3x1 Gutscheine Airlebnis M bis 3.8. E-Mail an verlosung@trailer-ruhr.de Kennwort: „Airlebnis“ ganzjährig einlösbar unterschiedlichen, eigentlich verfeindeten Ethnien aus der Kasai-Region des Kongos, bilden die Kasai-Allstars. Sie spielen E-Gitarren, verstärkte Daumenklaviere, Xylophon und diverse Perkussion-Instrumente. Das alles aber auf eine aggressiv-rohe Art, die ihre langen, repetitiven und tranceartigen Stücke permanent nach vorne treiben. Über 100 Minuten auf zwei CDs: „Beware the Fetish“ erscheint als fünftes Album der CongotronicsReihe, in der zuvor bereits Platten des vergleichbar rauen Kollektivs Konono No.1 erschienen sind (Crammed Discs). Das schwedische Duo The Knife veröffentlicht mit dem digital-only Release „Shake Up Versions“ acht Stücke aus seiner Diskographie in neuen Versionen, die dem aktuellen, nervösen Sound der Band entsprechen. Wild perkussiv und psychotisch geben sich die neu arrangierten Elektronikstücke, darunter die großartigen Tracks „Pass This On“ und „Birds“ (Pias). Lange nicht mehr einen so schönen Promotext gelesen. Alle Bonmots sind schon da – warum also mühsam neue erfinden? Verknappt ist da über „Rückverzauberung 9“, die im Auftrag des Festivals „Doofe Musik, Lieder zum Träumen, Betäuben und Vergessen“ erschienene CD von Wolfgang Voigt zu lesen: „Narkotische Bläserloops … taumeln Richtung Unendlichkeit … Egerländern auf Valium. Programmatische Langeweile … berauschter Glückseeligkeit … (pop)ambienter Entrücktheit“. So ist es, und es ist gut so: Schwindsüchtiger Blaskapellen-Ambient (Profan). Nochmal Ambient, aber analog: Dylan Carlson von Earth hat den Soundtrack zu Thomas Arslans Western „Gold“ mit Nina Hoss beigesteuert und liegt recht nah an Neil Youngs Tonspur zu Jim Jarmuschs „Dead Man“: Langgezogene, schwer verzerrte staubige Gitarrenriffs und Drones prägen die atmosphärischen Stücke (self released). UCI Kinowelt Ruhr Park Am Einkaufszentrum, Bochum Karten: 0234 239 02 34 UCI Kinowelt Duisburg Neudorfer Straße 36-40 Karten: 0203 301 91 91 trailer verlost 3x2 Karten bis 27.7. E-Mail an verlosung@trailer-ruhr.de Kennwort: „Saving Mr. Banks Bochum“ oder „Saving Mr. Banks Duisburg“ Mi 6.8. 14.30 Uhr culture club LQK¸UGHVHLW DQGHUVFKODQNHQPDWKLOGH GRUWPXQG WHO ID[ PRIUXKU VDXKU LPZHE GHUQHXHRQOLQHVKRS ZZZWUDQVIHUGRUWPXQGGH LQIR#WUDQVIHUGRUWPXQGGH PRVRXKU CHRISTIAN MEYER präsentiert: Live-Show THE LAST NIGHT OF MONTY PYTHON Die berühmteste Comedy-Truppe Englands, die u.a. mit „Monty Pythons fliegender Zirkus“ weltweite Erfolge feierte, trifft in „The Last Night of Monty Python“ am 20.7. noch einmal zusammen. Cinemaxx Essen und Mülheim übertragen die Veranstaltung live. Cinemaxx Essen Berliner Platz 4/5 45127 Essen Cinemaxx Mülheim Humboldtring Parkplatz 4 (im Rhein Ruhr Zentrum) 45472 Mülheim trailer verlost 2x2 Karten. E-Mail bis 10.7. an verlosung@trailer-ruhr.de Kennwort: „Monty Python Essen“ oder „Monty Python Mülheim“ 32 So 20.7. 20 Uhr kunst & gut Bernhard Fuchs, Thurnerschlag, Winter 2012, © B. Fuchs, courtesy Josef Albers Museum Quadrat Bottrop Annäherung auf Abstand Bernhard Fuchs im Josef Albers Museum in Bottrop Den fotografischen Reihen von Bernhard Fuchs wird man nur gerecht, indem man sie sehr behutsam und mit aufmerksamem Blick abschreitet – oder dementsprechend durchblättert: im Buch, welches Fuchs als eigenes künstlerisches Medium versteht und das zum Abschluss jeder Bilder-Folge publiziert wird. Im Museum Quadrat in Bottrop hängen die Farbfotografien im moderaten, fast intimen Format in gleichen Abständen nebeneinander. Ausgestellt sind die „Waldungen“, rund fünfzig Fotografien, die Bernhard Fuchs in den letzten dreieinhalb Jahren in seiner Heimat, dem ländlichen Mühlviertel in Oberösterreich, aufgenommen hat. Sie konzentrieren sich auf die Landschaft im Übergang zum Wald. Menschen sind keine zu sehen; selten, dass Wege die Wiesen und Felder queren. Der Waldsaum ist oft auf Abstand gerückt; im Hintergrund erheben sich Anhöhen, auf denen sich der Baumbestand dicht zusammenschließt. Der Horizont setzt meist erst im oberen Drittel des Bildes ein. Bei einigen der Fotografien liegt die Natur unter einer Schneeschicht oder im Nebel; der Himmel ist milchig und unterscheidet sich dann kaum vom Weiß auf der Erde. Bernhard Fuchs beobachtet in seinen Fotografien sachlich, konzentriert. Das Ereignis ist die Natur selbst. Dazu wechseln die Jahreszeiten und damit die Lichtverhältnisse, auch wenn Fuchs – wie er berichtet – immer um die gleiche Tageszeit und beim Spazieren auf den gleichen Routen fotografiert hat. Auch wenn da nichts ist, was uns überraschen könnte, so verbindet die Bilder doch eine besondere Grundstimmung. Darüber hinaus: Diese Aufnahmen, die so gleich und doch immer wieder anders sind, erinnern uns an eigene Erfahrungen, auch unserer Kindheit. Bernhard Fuchs vergleicht die Folge seiner Aufnahmen mit einer – persönlich abgefassten – Erzählung. Er unternimmt eine Annäherung an die Gegend mit ihrer Landschaft. 1971 ist er im oberösterreichischen Haslach geboren und in der Umgebung aufgewachsen, ehe er zum Fotografie-Studium an die Kunstakademie Düsseldorf (bei Bernd Becher) und an die Hochschule 33 für Grafik und Buchkunst nach Leipzig (zu Timm Rautert) gewechselt ist. Anschließend ist er wieder nach Düsseldorf gezogen, wo er bis heute lebt. Zweifelsohne ist die Spannung zwischen der Großstadt und der gering besiedelten Heimat für seine Fotografie wichtig. Damit tritt Fuchs erstmals Mitte der 90er Jahre in Erscheinung: mit Porträts der Bevölkerung im Mühlviertel, die er bei ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit aufgenommen hat: die Frauen mit Kopftuch und Kittelschürze, die Männer mit Hut und Stiefeln, auch die Kinder. Alle hielten kurz für die Fotografie inne, blickten aber kaum in die Kamera. Parallel dazu nahm Fuchs Pkw‘s auf, die auf Parkplätzen oder am Straßenrand, immer aber in unbelebten Gegenden abgestellt waren – schon bei diesen beiden Werkgruppen war das Format klein, die Darstellung ausgewogen, unspektakulär. Einen weiteren Schritt zu den heutigen Bildern stellt die Werkgruppe der „Straßen und Wege“ dar, die ebenfalls 2009 in Bottrop ausgestellt war und genau das zeigt, was der Titel mitteilt. Die Orte liegen ebenfalls im Mühlviertel, der Wald ist im Wechsel mit den Feldern zugegen. – Aber die Perspektive der neuesten Bilder ist eine andere, Fuchs liegt gerade an den feinen Verschiebungen. Und er fängt enorm viel von der Landschaft ein, das betrifft schon die Farben. Dabei formuliert er ein Grundvertrauen in die Natur; der fotografische Blick wird Teil der Landschaft. Dass Heinz Liesbrock als Direktor des Bottroper Museums Bernhard Fuchs jetzt, bereits nach fünf Jahren, wieder zu einer Ausstellung eingeladen hat, erklärt er mit seiner hohen Wertschätzung dieser fotografischen Bilder – das Kompliment ist berechtigt. THOMAS HIRSCH „Bernhard Fuchs – Waldungen“ | bis 10.8. Josef Albers Museum Quadrat Bottrop | 02041 297 16 Kunstwandel Kunst in NRW Bearbeitung von Geschützrohren in der Abteilung Sterkrade © LVR-Industriemuseum C. Kubisch, audiovisuelle Installation, © VG Bild-Kunst, Bonn, Foto: Mick Vincenz, Arp Museum Vorwärts und nicht vergessen Hohe Türme Vom Kruppschen Hochofen in den Krieg und dann auf die Gedenktafel. So einfach ließe sich die Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“ beschreiben, wenn da nicht auch diese geballte Masse von 2500 Objekten zu sehen wäre. Also rein in die Mischanlage auf der Kokerei Zollverein. Vom Wiegeturm geht es hoch über den Parkplatz, 150 Meter weit am Stahlseil in die vierte Etage. Den Wolken nah noch übers Dach, als hätte es keinen Strukturwandel gegeben, rauchen am Horizont die Schornsteine, nur der nah gekommene Wald irritiert den Blick übers Revier. Durch die Stahltür geht’s in die Ausstellung. Erster Eindruck eine Werbung für den „Vorwärts“ für 1 Mark 10, inklusive martialischem Bergmann mit freiem Oberkörper. Gleich daneben Hugo Höppeners Lebensreform-„Lichtgebet“ von 1894 und zu der gleichen Zeit, in der Marsianer („Krieg der Welten“, 1898) zu Dystopien anregten, malte Ludwig Meidner eine apokalyptische Zukunft, wie sie dummerweise dann auch Realität wurde. Hinunter geht’s in den „Aufbruch in die Moderne“. An Rhein und Ruhr am Vorabend des ersten Weltkriegs. Die Verteilerebene im 3. OG ist schon selbst ein Zeugnis dieses Aufbruchs und schnell wird klar, welche Macht diese Industrieregion zu dieser Zeit verbarg. Konzerne, Kartelle, die riesigen Fabrikanlagen und immer noch herrschte der Kaiser in Deutschland, obwohl das Elektromobil „Runabout“ (1903) längst erfunden war. Die Kapitäne sorgten für ihre Arbeiter, die sich zwar Karl Ernst Osthaus` Tafelbesteck nicht leisten konnten, aber von der Gartenstadt-Bewegung profitierten. Dass es den Staublungen nicht half wissen wir, dennoch war es auch eine knallharte, innovative Zeit, missverständlich genannt Belle Époque. Man handelte längst global (!) schuf Netzwerke und die Schnellfotografie, aber auch Schreib- und Rechenmaschinen und natürlich allerlei Kriegsgerät. Was daraus werden sollte ist im Mischtrichter der Kokerei allgegenwärtig: Originalaufnahmen von Gemetzel in den Stellungen, aber man muss ja nicht reinschauen. Der im Kaiserreich beliebte „Kieler Matrosen Anzug“ für die Jüngsten ist da viel netter, während die älteren wahrscheinlich lieber nach Köln zur Fa. Allright blickten, die dort Fahrräder, aber auch das ausgestellte 680er Zweizylinder Motorrad von 1910 produzierten. Aber schon bald wehte die Reichskriegsflagge neben der Fahne des Deutschen Kaiserreichs. „Gott mit uns“, diese Losung hat man gründlich missverstanden. Die Flotte wollte schließlich produziert sein, die Gasmasken und der Rest der Kriegsausrüstung auch. Sehr degeneriert passt dazu in Essen das großformatige Ölgemälde „Giftgas-Versuch zur Erprobung von Gasmasken auf der Wahner Heide in Köln“ (um 1915), das (wer auch sonst?) die Bayer AG bei Otto Bollhagen in Auftrag gab. Dann ging das Schlachten los. Die schwere Feldhaubitze M1913 von 1918 steht quasi auf einem Sockel, dahinter flimmern wieder die grässlichen Schwarzweiß-Bilder. Nach der Fronterfahrung half auch die Propaganda nichts mehr. Was blieb sind zersägte Denkmäler aus Bochum und die Gedenktafeln des Bildhauers Joseph Enseling für die 2841 Werksangehörigen der Gussstahlfabrik Friedrich Krupp (1926). Doch der nächste Demagoge streckte schon seine Finger nach dem Rest der Belegschaft aus. Von Thomas Hirsch Es passt. Zur Landschaft, zum Ausstellungsort, zu dessen Konzeption. Am Rhein bei Remagen befindet sich das Arp Museum, das sich dem Werk von Hans Arp widmet, der mit seinen abstrakt organischen Bildern und Skulpturen weltberühmt wurde. Oberhalb des dortigen – als Ausstellungs- und Konzertgebäude legendären – Bahnhofs Rolandseck ragt auf 40 m Höhe der Neubau von Richard Meier über „Mit den goldenen den Mittelrhein mit seinen Bergen und Haaren der Rapunzel“ Schlössern. Die aktuelle Ausstellung zum Motiv des Turms macht also besonders Sinn. Sie wendet sich vor allem der Gegenwartskunst zu. Selbst wenn die Kunstwerke frei assoziativ angelegt sind wie Arps Bronzeplastik „Turmmensch Trier“ (1961), die nur 11 cm hoch ist, so handelt es sich doch fast immer um vertikal gestreckte Konstruktionen. Mag sein, dass in der Ausstellungshalle zunächst der Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen ist und dies etwa dem 3,40 m hohen „Golden Tower“ des still pathetischen James Lee Byars schadet. Indes reagieren die Werke gut aufeinander. Neben Urformen und eigenen Erfindungen liegen konkrete Bezüge vor, etwa zum Fernsehturm am Berliner Alexanderplatz, zum Eiffelturm oder – besonders originell – zum Schiefen Turm von Pisa. Es gibt auch Gemälde: mit dem Turm der Rapunzel (von Markus Lüpertz) und dem Turmbau zu Babel (von Jan Brueghel d.J.). Thematisiert ist der Anschlag auf das World Trade Center in einer Installation von Malachi Farrell, aber gerade diese aufwändige Arbeit ist zu sehr auf Effekte aus. Überzeugender ist da schon die winzige Bronze „Happy Hour (Manhattan)“ von Peter Sauerer, bei der sich die Hochhäuser besoffen zur Seite biegen – oder ist es nur der Blick auf diese? Ein Erlebnis sind die filigranen Arbeiten von Thomas Virnich (der derzeit eine Einzelausstellung im Museum DKM in Duisburg hat), welche sich selbst gegen die bunten Menschentürme von Jörg Immendorff und die edel puristische Türmung weißer Absperrgitter von Bettina Pousttchi behaupten. Mit Francesco Bertos‘ „Allegorie der Weinlese“ aus der Mitte der 18. Jahrhunderts ist weitere ältere Kunst – zumal aus der im Museum beherbergten Sammlung Rau – berücksichtigt, ebenso wie die Ausstellung den Blick auf liturgische Geräte früherer Jahrhunderte lenkt. Deutlich wird, dass über das Architektonische mit den Motiven des Aus- und Überblicks, des Markierens, Schützens und Wohnens hinaus total verschiedene Bedeutungen, Verweise und symbolische Ebenen möglich sind und dass der Turm in unserem geschichtlichen und körperlichen Bewusstsein fest verankert ist. Welche Rolle dabei gerade die Sagen und Märchen spielen, zeigt die vielleicht erstaunlichste Arbeit: eine Klanginstallation von Christina Kubisch, in Szene gesetzt mit den goldenen Haaren der Rapunzel, die zusätzlich für die Höhe sensibilisiert und den Bahnhof mit dem Neubau verbindet. Und ein Weiteres passt so gut: Während also am Mittelrhein die Türme hoch aufragen, sind auf Schloss Moyland am Niederrhein Beispiele für den flachen Horizont zu sehen. Dort zeigt die Ausstellung „Der Himmel so weit“ Landschaftsdarstellungen zu dieser Region seit dem 17. Thomas Hirsch Jahrhundert. Vom einen Ende NRWs zum anderen ändert Kunsthistoriker, Kurator und Journalist sich einiges: in der Landschaft und in der Kunst. „1914 – Mitten in Europa“ in der Essener Kokerei Zollverein PETER ORTMANN „1914 – Mitten in Europa“ | bis 26.10. Mischanlage der Kokerei Zollverein, Essen | 0201 24 68 14 44 Turm-Skulpturen im Arp Museum Rolandseck „Rapunzel & Co. Von Türmen und Menschen in der Kunst“ | bis 31.8. Arp Museum Bahnhof Rolandseck | 02228 942 50 34 RuhrKunst Abb. 1 Abb. 2 In Zeiten des Krieges Skulptur Unter den vielen Ausstellungen, die in diesem Jahr an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs erinnern, ragt „Weltenbrand“ im Osthaus Museum in Hagen mit seiner präzis verorteten Thematik heraus. Die Schau konzentriert sich auf die Ereignisse in Hagen selbst und veranschaulicht den damaligen Zustand der Stadt und Gesellschaft. Sie ist kulturgeschichtlich angelegt, ohne aber die Kunst zu vernachlässigen, schließlich befand sich ein vorzüglicher Bestand an Kunstwerken im damaligen Folkwang-Museum, das Karl Ernst Osthaus 1902 gegründet hatte. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg hatte sich Hagen als prosperierende Großstadt mit fast 100.000 Einwohnern etabliert, ehe der Krieg alles änderte. Davon berichtet die Ausstellung, die weitgehend aus den Beständen des Osthaus Museums, des Stadtmuseums und Stadtarchivs Hagen zusammengestellt wurde. Etliche Objekte und Dokumente sind überhaupt zum ersten Mal zu sehen. Die Schau demonstriert die Leistungen der Stadt und sie rekonstruiert, im vergleichenden Sehen, einen Schützengraben wie auch die Umriss-Figur des „Eisernen Schmied“ (1915) von Friedrich Bagdon, der Sinnbild für die heimische Eisenindustrie war und zu Spenden an die Kriegswitwen und Waisen animieren sollte. Gleichberechtigt finden sich „richtige“ Kunstwerke, etwa von Max Beckmann, Otto Dix, Grosz oder Käthe Kollwitz. Zu sehen sind auch die Blätter von vergessenen Künstlern wie Carl Grimm mit seinen Zeichnungen von Rüstungsarbeitern und Hans Slavos mit seiner Holzschnittfolge „Weltkrieg und Revolution“. Wiederentdeckt wird der Maler Walther Böttcher, der von Karl Ernst Osthaus gefördert wurde und im Krieg gefallen ist – also auch die Schicksale der Künstler spricht diese Ausstellung an. Und dann kommt in Hagen noch etwas anderes hinzu: Die Schau integriert einzelne Positionen von Künstlern unserer Tage, die sich auf verschiedene Aspekte des Krieges beziehen. Sie zeigt Fotografien aus fernen Krisenregionen, Zeichnungen zum Thema Kriegsverweigerung und Aquarelle zu Verdun von Bernd Schwarzer, und auch das ist sehr, sehr sehenswert. Roter Teppich vor dem Lehmbruck Museum im Duisburger Kantpark. Das Museum feierte sein 50-jähriges Jubiläum mit der Wiedereröffnung nach seiner Renovierung standesgemäß. „Standesgemäß“ heißt in Zeiten, in denen kaum Geld zur Verfügung steht: Das Museum rekonstruiert seine Geschichte und besinnt sich auf die eigenen Werte, die Sammlung. Es ist der Verdienst von Söke Dinkla als Direktorin, nun die Qualitäten des Museums herauszuarbeiten. Einst ist dieses Ausstellungsinstitut mit dem Anspruch angetreten, ein relevantes Zentrum der Skulptur zu werden, mit dem Nachlass des berühmten expressionistischen Bildhauers Wilhelm Lehmbruck als Basis. Nun zeigt das Museum Einblicke in seine Bestände zur Skulptur. In der Fenstergalerie dominieren die Plastiken von Hans Arp und Max Ernst, in der Halle zum Park hin sind Meisterwerke der Klassischen Moderne zu sehen, darunter Bellings „Dreiklang“, Laurens‘ „Clown“, platziert auf einem Sockel mit langsam drehender Auflagefläche, und natürlich Constantin Brancusis „Négresse blonde“. Vertreten sind auch die ZERO-Künstler Mack und Uecker, wobei die Ausstellungsarchitektur mit Tischen und Vorhängen die Skulpturen übertrieben separiert. Auch der Lehmbruck-Flügel, 1964 gebaut vom Sohn von Wilhelm Lehmbruck, wirkt leer, nüchtern. Aber hier steckt ein tieferes Konzept dahinter, und wir sehen die Rekonstruktion der damaligen Eröffnungsausstellung. Lehmbrucks Hauptwerke sind hier im Übrigen sämtlich ausgestellt. Gleich am Eingang, im Glaskubus aber hat Söke Dinkla dem Performancekünstler Tino Seghal freie Hand gelassen. Er lässt hier ein Paar körperbetont interagieren in Korrespondenz zu von ihm ausgewählten Skulpturen der Sammlung. Wenn Seghal nur etwas zu den Kunstwerken zu sagen hätte! Weder funktioniert seine Auswahl noch die Präsentation dieser Skulpturen. Geniale Künstler müssen nicht auch geniale Kuratoren sein. Und doch, insgesamt gelingt Söke Dinkla zur Eröffnung ein Statement – es ist ein ernsthafter Beginn unter schwierigen Verhältnissen. „1914“ in Hagen 50 Jahre Lehmbruck Museum THOMAS HIRSCH THOMAS HIRSCH „Weltenbrand – Hagen 1914“ | Osthaus Museum Hagen | bis 10.8. | 02331 207 31 38 „Eine große Idee – 50 Jahre Lehmbruck Museum“ bis 18.1.15 | Lehmbruck Museum Duisburg 0203 283 26 30 Abb. 1: Hans Slavos, aus der Mappe „Erster Weltkrieg und Revolution“, um 1918/20, Holzschnitt (Ausschnitt), Osthaus Museum Hagen © Nachlass Hans Slavos, Osthaus Museum Hagen Abb. 2: Ausstellungsansicht Lehmbruck – Flügel – Rekonstruktion der Ausstellung von 1964, Wilhelm Lehmbruck, im Vordergrund: Mutter und Kind, 1907, © Foto: Lehmbruck Museum 35 Blick auf Technik Abb. 3 „Käfer, Crash & Capri-Batterie“ Sind Technik und Kunst tatsächlich Antipoden, deren Berührungen sich nur im Handwerkszeug des jeweiligen Produzenten manifestieren, oder gibt es angesichts der „glorreichen“ Technifizierung der Welt im 20. Jahrhundert weitere Sichtachsen, die bedeutsam sein könnten? Der Ingenieur Hans Peter Schiffer hat diese Bedeutung gesammelt und versucht so, der Themen- und Motivwelt der Technik in der Kunst nach 1945 nachzuspüren. Beheimatet im Kunstmuseum Heidenheim zeigt nun das Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr diese Sammlung unter dem Titel „Käfer, Crash & CapriBatterie – Wie Künstler Technik sehen“. Zwei ganze Räume füllen die rund 80 Arbeiten von Fotografie, Grafik, Zeichnung und Objektkunst bis hin zu kinetischen Installationen wie Lorenz Lachauers „Rad der Zeit“ (Metall, Holz, Stein, Gummi, 2007), das mechanisch immer wieder aufgezogen werden muss, aber auch schon mal aussetzt. Zu Beginn stehen die Standard-Fotografien einer jeden Schau im Ruhrgebiet, Bernd und Hilla Bechers Industriefotos. Gleich siebenmal zwischen „Zwei Fördertürme“ (1971) und „Wassertürme“ (2007). Nach dem DNS-Wasserturm folgen noch Thomas Struth (Sting Handling, Solar World, 2011), aber auch zwei Schiffe von Dirk Brömmel. Seine Spezialität. „Kopfüber“ (2013) heißen sie, denn das Kameraobjektiv hing damals senkrecht von den Rheinbrücken, um die mächtigen Frachtschiffe abzulichten und später digital freizustellen. Im nächsten Raum die Objekte. Wieder große Namen mit kleinen Arbeiten. Darunter Man Rays Bügeleisenobjekt „Cadeau“ von 1921, aber als Replika von 1974. Nebenan, auch mit Bügeleisen, Klapphecks „Die Schwiegermutter“-Litho und gleich dahinter Günther Ueckers Multiple „Kurzer Weg“, ein auf Holz genageltes Schlauchstück von 1983. Ein bisschen Druckgrafik-Popart zwischen Rauschenberg (Arena II, 1969) und Lichtenstein (Girl with Spray Can, 1964) und dann bleiben nur noch Beuys‘ titelgebende Capri-Batterie-Multiple von 1985 und natürlich Marcel Duchamps (18871968) Autoreliefplattenspieler (Dual 1219, produziert von Juni 1969 bis Mai 1972). Im Gehen dann noch ein Blick auf Horst Pommerenkes Kritzelmaschine. Naja. PETER ORTMANN „Käfer, Crash & Capri-Batterie“ | bis 17.8. | Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr | 0208 455 41 38 Abb. 3: Günther Uecker, „Kurzer Weg“, 1983 © VG Bild-Kunst, Bonn 2014 Sammlung „Spaß am öffentlichen Raum haben“ Der weltweit erste Architekturwettbewerb in Echtzeit in Witten ste. Im Moment Fußball in Brasilien, im näch- Wir haben uns ganz bewusst für die Ränder des sten Monat die WM für spielbare Architektur in Ruhrgebiets interessiert. Ich habe mit den KünstWitten. Werden da Brücken weit geworfen oder lergruppen eine Bereisung gemacht, wir haben wird gegen Häuser getreten? uns diese Peripherie angeschaut und wollten dort Katja Aßmann: Das Ganze ist natürlich etwas urbane Brüche und Problemstellungen in Angriff komplexer. Wir werden neue Architektur bauen, nehmen. Wir sind dann bei fünf Städten gelandet: und jede Architektur ist dazu gedacht, dass man Hagen, Herdecke, Witten, Wetter und Hattingen. mit ihr spielen kann. Spielerisch Diese fünf sind in die Endauswollen wir auch das Thema wahl gekommen, und wir haben „Ein Stück weit ist das auch Stadt angehen und Orte zu be- ein anarchischer Eingriff in die dann eine Online-Kampagne gesonderen, neuen Orten kreieren. startet. Die Anwohner konnten öffentliche Ordnung“ Da kommen dann aus aller Welt sich mit Ideen das Kunstfestival 50 Architekten, Designer und Computerspiel-Ent- quasi in die eigene Stadt holen. In Witten waren wickler, die gemeinsam diese spielbare Architektur die allerbesten und coolsten Vorschläge, was die entwickeln. Das heißt, wir werfen nicht, wir treten Künstler alles machen könnten, und somit hat sich nicht, sondern wir bauen tolle neue Sachen. die Jury am Ende für Witten entschieden. Und das soll auch ein Projekt gegen globale Langeweile sein? Ganz genau. Das ist aus dem Gedankengut der beiden beteiligten Künstlergruppen entwickelt worden. Das ist zum einen Invisible Playground aus Berlin, die sich mit Computerspiel-Entwicklungen beschäftigen, die auch im Realraum zu spielen sind. 72 Hour Urban Action ist eine Gruppe aus Tel Aviv, und die haben sich ganz intensiv damit beschäftigt, wie man wieder Spaß am öffentlichen Raum haben kann, wie man Spaß daran haben kann, die Stadt zu benutzen. Und wie man die Langeweile in manchen Städten mit eher langweiliger internationaler Architektur besiegen kann und dazu aktiv in die Stadt hineingreift. ZUR PERSON Die Architektin Katja Aßmann ist seit Anfang 2012 die künstlerische Leitung von Urbane Künste Ruhr. Zuvor war sie u.a. Leiterin des Programmbereichs „Stadt der Möglichkeiten“ der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010. Foto: Roman Mensing 72 Hour Interactions ist weltweit der erste Architekturwettbewerb in Echtzeit. Innerhalb von drei Tagen und drei Nächten entwerfen und realisieren internationale Teams Projekte im öffentlichen Raum, die auf die städtischen Bedürfnisse vor Ort eingehen. Die Mannschaften arbeiten und schlafen vor Ort und entwickeln ihre Interventionen innerhalb einer engen Zeitvorgabe, kleinem Budget und begrenztem Raum. Der erste Wettbewerb fand im September 2010 im Rahmen des Bat-Yam Biennale of Landscape Urbanism in Israel statt. Nach weiteren Stationen 2012 in Terni (Italien) und Stuttgart wurde der Wettbewerb zuletzt 2013 auf dem dänischen Roskilde-Festival durchgeführt. Nun findet er in Witten statt. trailer sprach mit der Architektin und Kuratorin Katja Aßmann, die seit 2012 auch die Urbanen Künste Ruhr leitet. trailer: Eine Weltmeisterschaft jagt die näch- Kann künstlerische Nutzungsänderung auch als anarchischer Eingriff in die öffentliche Ordnung gesehen werden? Natürlich wollen die Künstler alles auf den Kopf stellen. Wenn man sich jetzt die Diskussionen anschaut, dann wir sind ja seit Monaten mit der Stadt und auch mit den genehmigenden Behörden im Gespräch. Da geht es immer wieder darum, wie wir die Regeln etwas ausdehnen können oder wie wir sie ein bisschen anders interpretieren können, um einmal für 72 Stunden etwas ganz Besonderes in der Stadt zu machen. Ein Stück weit ist das auch ein anarchischer Eingriff in die öffentliche Ordnung. Was ist wichtiger: die Theatralik der Bauhandlungen oder das skulpturale Ergebnis? Na ja, es gibt ja diese Kooperation zwischen den Computerspielern und den Architekten. Und manche Ergebnisse werden ja gar nicht gebaut, sondern nur gespielt. An manchen Stellen wird es also gar keine skulpturalen Ergebnisse geben. An einigen schon, aber in erster Linie sind die Sachen temporär gedacht und auch deshalb temporär, um einmal die Kommunikation innerhalb der Stadt zu erhöhen, und vielleicht auch, um städtebaulich nicht so gelungene Orte mit neuem Schwung zu versehen. Warum findet das in Witten statt? 36 Was passiert mit den Interventionen nach der Weltmeisterschaft? Können die dann vor Ort auch erworben werden? Also wir enden mit dem Festival am Samstagabend, dann kommt die Jury und die Siegerehrung. Den ganzen Sonntag haben die Wittener Zeit, mit den Arbeiten zu spielen, sie sich anzueignen oder sich nur anzuschauen. Wir hoffen, dann eben auch mit den Bürgern und den Politikern entscheiden zu können, ob etwas bleibt oder nicht. Dann müssen die Bürger die Skulptur allerdings nicht erwerben, sondern wir würden sie ihnen schenken, so lange sie sich verpflichten, für einen festgelegten Zeitraum diese Skulptur zu pflegen und zu erhalten. INTERVIEW: PETER ORTMANN 72 Hour Interactions – Eine Weltmeisterschaft für spielbare Architektur | 24.-27.7. | Witten www.72hourinteractions.com Ist das eine urbane Skulptur oder doch ein Platz zum Verweilen? Foto: Mor Arkadir Lesen Sie die Langfassung unter: www.trailer-ruhr.de/sammlung Museumslandschaft NRW KÖLN – Skulpturenpark www.skulpturenparkkoeln.de KölnSkulptur #7 bis Mai 2015 Skulpturale Positionen der Gegenwartskunst in landschaftlicher Umgebung und im Dialog mit den hier kontinuierlich präsentierten Werken LEVERKUSEN – Museum Morsbroich www.museum-morsbroich.de Blinky Palermo bis 11.1.15 Ein Überblick über das grafische Werk von Blinky Palermo (1943-77), der zu den wichtigsten Vertretern einer abstrakten farbbezogenen Malerei gehört NEUSS – Langen Foundation www.langenfoundation.de Otto Piene bis 15.8. Der 1928 geborene Mitbegründer der ZERO-Bewegung mit einer Lichtinstallation und seinen schwebenden Objekten, die die Besiedlung des Weltraums thematisieren OBERHAUSEN – Ludwiggalerie www.ludwiggalerie.de Eve Arnold bis 7.9. Die amerikanische Fotografin mit ihren sozialkritischen Aufnahmen, ihren Reisereportagen und Porträts von Schauspielern wie Marlene Dietrich und Marilyn Monroe NEUSS – Langen Foundation www.langenfoundation.de Molestina Architekten, Computeranimation zum Entwurf der Neuordnung der Zentralachse der RUB, 2009, © Molestina Architekten, Köln/Madrid; Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum: gestern die stadt von morgen Museumslandschaft NRW BEDBURG-HAU – Schloss Moyland DÜSSELDORF – Museum Kunstpalast HAGEN – Osthaus Museum www.moyland.de www.smkp.de www.osthausmuseum.de Der Himmel so weit bis 24.8. Das flache Land und der tiefe Horizont als Motiv der Kunst am Niederrhein mit Fotografien, Malereien und Druckgraphiken vom 17. Jahrhundert bis heute Kunst und Alchimie bis 10.8. Beispiele aus der Kunst- und aus der Kulturgeschichte, welche das Thema der Metamorphose und der chemischen Veränderung symbolträchtig aufgreifen Sammlung De Leeuwenhoeve bis 3.8. Ein konzentrierter Einblick in die holländische Privatsammlung mit Werken von Künstlern wie Karel Appel, Dennis Oppenheim und Vladmir Nemuchin BIELEFELD – Kunsthalle DÜSSELDORF – K21 HAGEN – Emil Schumacher Museum www.kunsthalle-bielefeld.de www.kunstsammlung.de www.esmh.de Das Glück in der Kunst bis 17.8. Meisterwerke des Expressionismus und der Abstraktion aus den Jahren um 1914: als Gegenentwurf, Reaktion oder Dokumentation des Ersten Weltkriegs Unter der Erde bis 10.8. Keller, Höhlen und Erdreich als Motiv der Kunst im 20. Jahrhundert, u.a. mit Werken von Henry Moore und Martin Kippenberger Schumacher: Schwarz sehen bis 16.8. Schwarze Gouachen aus den 80er und 90er Jahren des expressiv informellen Malers, die sich zwischen lichterfüllter Abstraktion und Landschaft verhalten BOCHUM – Campus Ruhr-Universität DUISBURG – Museum DKM KÖLN – Museum Ludwig www.kusa-rub-moderne.de www.museum-dkm.de www.museum-ludwig.de gestern die stadt von morgen bis 7.9. Ein Projekt mit dem Museum Glaskasten Marl und Kunstmuseum Mülheim zur städtischen Architektur der 1960er und 70er Jahre und ihrer heutigen Realität Thomas Virnich bis 25.8. Ein konziser Werküberblick mit spielerischen, dabei präzisen Aneignungen und Verwandlungen gefundener Holzkonstruktionen in filigrane Architekturen Unbeugsam und ungebändigt bis 5.10. Serien wichtiger Fotografen, die um 1979 aufgenommen wurden und gesellschaftliche und politische Zustände festhalten BONN – Bundeskunsthalle www.kah-bonn.de Afrikanische Meister bis 5.10. Die Kunst der Elfenbeinküste: Ein Einblick in 200 Jahre westafrikanische Kunst mit vierzig individuellen Bildhauern aus sechs Kunstregionen Westafrikas DUISBURG – Museum Küppersmühle www.museum-kueppersmuehle.de Willi Baumeister International 4.7.-5.10. Der deutsche Hauptvertreter der abstrakten Malerei zur Mitte des 20. Jahrhunderts mit seinen „Mauerbildern“ und gegenstandsfreien Konstellationen aus Farbflächen BONN – LVR-LandesMuseum www.landesmuseum-bonn.lvr.de Ulrike Rosenbach bis 5.10. Ein Überblick über 30 Jahre Schaffen der Pionierin der Videokunst, die mit diesem Medium auch Objekte entwickelt und Performances durchgeführt hat ESSEN – Museum Folkwang www.museum-folkwang.de (Mis)Understanding Photography bis 17.8. Befragt wird das Medium der Fotografie aus seiner Geschichte und seiner Faktizität heraus: als Objekt oder Abbild und mit Manifesten der Künstler selbst BOTTROP – Josef Albers Museum www.quadrat-bottrop.de Bernhard Fuchs bis 10.8. Der 1971 geborene Fotograf mit seiner aktuellen Werkgruppe „Waldungen“, welche die Landschaft im oberösterreichischen Mühlviertel fokussiert KÖLN – Museum für Ostasiatische Kunst www.museen.koeln.de Von Istanbul bis Yokohama bis 7.9. Fotografien des 19. Jahrhunderts, die die Reiserouten und Ziele der Europäer nach Arabien und nach Fernost vorstellen, aus der Sammlung des Museums www.ruhrmuseum.de Chargesheimer bis 18.1.15 1957 hat Chargesheimer für ein Buch mit Heinrich Böll das Ruhrgebiet und seine Menschen fotografiert 37 PULHEIM – Synagoge Stommeln www.synagoge-stommeln.de Gregor Schneider bis 26.10. Eine Installation an und mit der alten Synagoge, welche Gregor Schneider sozusagen zum Verschwinden bringen möchte RATINGEN – Museum www.museum-ratingen.de Barbara Heinisch bis 14.9. Die 1944 geborene Künstlerin, die mit ihren Malperformances bekannt wurde und mit ihrer expressiv gestischen Malerei (weibliche) Figuren auf der Leinwand bannt REMAGEN – Museum Rolandseck www.arpmuseum.org Leibhaftig bis 25.1.15 Szenenwechsel in der Sammlung Rau mit Meisterwerken der Malerei und Skulptur, die den menschlichen Körper zwischen Stolz und Schmerz, Eros und Tod zeigen SIEGEN – Museum für Gegenwartskunst www.mgk-siegen Was Modelle können bis 12.10. Dreidimensionale architektonische Modelle im wechselnden Zustand zwischen Entwurf und Vollendung als filigranes, wandlungsfähiges Medium von Künstlern SOLINGEN – Kunstmuseum KÖLN – Photographische Sammlung www.kunstmuseum-solingen.de www.sk-kultur.de Bergische Kunstausstellung bis 27.7. Eine Zustandsbeschreibung der jungen Kunst im Bergischen Land und im Rheinland; den diesjährigen Hauptpreis hat der Maler Stefan Ettlinger erhalten August Sander bis 3.8. Zum 50. Todesjahr sind teils unbekannte Werkgruppen des lange in Köln ansässigen Fotografen zu sehen, der mit berufsständischen Porträts bekannt wurde KÖLN – Kolumba www.kolumba.de ESSEN – Ruhr Museum Otto Piene bis #10.8. Der wichtige Pionier der Avantgarde der 1950er und 1960er Jahre und Mitbegründer der ZERO-Gruppe mit seinen aufblasbaren Skulpturen der Sky Art zeigen verhüllen verbergen bis 25.8. Die Jahresausstellung widmet sich mit kulturgeschichtlichen Beispielen aus der Liturgie und mit alter und neuer Kunst dem Mysterium, das im Schrein entzogen ist WUPPERTAL – Von der Heydt-Museum www.von-der-heydt-museum.de Menschenschlachthaus bis 27.7. Hochkarätige deutsche und französische Kunst, die für das Schreckliche des Ersten Weltkriegs mit seinen Begleiterscheinungen besonders an der Front sensibilisiert Empfehlungen von Thomas Hirsch Auswahl Auswahl RUHRGEBIET VIDEO-WETTBEWERB „WIE IST DAS HIER? 21+1“ bis 8.9. 22. blicke filmfestival Wenn vom 19. bis 23. November das 22. blicke filmfestival des ruhrgebiets stattfindet, werden erstmals zehn ausgewählte Filme eines Online-Sonderwettbewerbs Blicke in den Pott eröffnen. Unter dem Motto „Wie ist das hier? 21+1“ können ab sofort Filme eingereicht werden, die das Ruhrgebiet von seiner besten, schlechtesten oder einfach einer noch nie betrachteten Seite zeigen. Ebenso vielfältig wie das Format (Einreichungen auf DVD, CD, Download-Link oder per Handy) darf auch die Form gestaltet werden. Aber ob dokumentarisch oder fiktional, real, animiert oder experimentell: Für alle Filme gilt eine exakte Länge von 22 Sekunden. Der Geburts- oder Wohnort der FilmemacherInnen muss außerdem im Ruhrgebiet liegen. Ab dem 15. Oktober werden alle eingereichten Filme auf den Webseiten des blicke-Festivals sowie auf do21.tv und LABKULTUR.TV zu sehen sein. Auf dem Festival selbst werden zehn zuvor von einer Jury ausgewählte Beiträge gezeigt. Per Publikumsvoting werden dann die beiden besten mit je 500 € dotiert. Info: www.blicke.org BOCHUM KUNSTMUSEUM 5.7.-24.8., Di-So 10-17, Mi 10-20 Uhr Additionen der Gegenwart mer Sammlung ist der figürliche Realismus in der Kunst der Gegenwart. Zu den Künstlern gehören Justine Otto und Gil Shachar. Die vorgestellten Malereien und Plastiken sind ironisch und ernsthaft, formal gebrochen und sachlich präzise, und sie vermitteln ein Bild unserer Gesellschaft aus der Perspektive der jungen Generation. Info: 0234 910 42 30 MATRIX Fr 11.7. 20 Uhr insbesondere auf die Probleme der Globalisierung, auf die Deindustrialisierung und auf die Verbindung von Bochum mit Detroit aufmerksam machen. Beide Städte verbinden nämlich eine industrielle Vorgeschichte und wirtschaftliche Kämpfe. So ist es Etchells Ziel, dass sein Publikum anfängt, über Fragen nach Verantwortungsübernahme und gesellschaftlichen Wandel nachzudenken. Info: 0234 33 33 0 gearbeitet hat, geht er stets von den gleichen formalen Bestimmungen aus. Albers hat in ein quadratisches Format weitere Quadrate, teils versetzt, in jeweils einem eigenen Farbton platziert. Er untersucht damit, wie sich Farben gegenseitig beeinflussen. Die Gegenstellung des ersten und des letzten Bildes dieser Serie ist eine Sensation! Info: 02041 297 16 THEALOZZI DINSLAKEN Mi 2.7. 20 Uhr The Winery Dogs Urban Wedding Band Foto: Paradise Artists Mit ihrer erst dreijährigen Existenz sind The Winery Dogs eine ziemlich junge Band. Von Brooklyn aus beschloss das Hardrock-Trio alias Mike Portnoy, Billy Sheehan und Richie Kotzen, mit ihrer Musik die Welt zu erobern. Im Juli 2013 war das erste Album mit dem Titel „The Winery Dogs“ in den Läden erhältlich. Die Songs waren während der intensiven Zusammenarbeit im August 2012 entstanden; lediglich „Damaged“ und „Regret“ sind zwei Songs, die von Gitarrist und Sänger Richie Kotzen schon aus der früheren Beschäftigung mit Musik in das Album einflossen. Jetzt entert das Hardrock-Trio Europa, im Gepäck natürlich das erste eigene Album. Info: 0234 292 102 Angesichts der politischen Lage und der reichlich angespannten Situation zwischen West und Ost ist es umso schöner, einer Band zuzuhören, die diese strikten Trennungen überwindet. Anfang der 2000er fanden Roman Babik und der Kiewer Saxophonist Dimitrij Markitantov sich zunächst als Duo zusammen, bevor sich Babik dann 2012 dazu entschloss, die Urban Wedding Band zu gründen. Mit Modern Jazz, Folklore und Beats, die richtig Stimmung machen, verschwimmen die Grenzen – nicht nur im musikalischen, sondern auch politischen Sinne. So sammelte Babik neben dem Kiewer Saxophonspieler Markitantov Bodek Janke (Schlagzeug, Percussion) und Martin Gjakonovski (Bass) um sich. Info: 0202 243 220 Schon den ganzen Juni hindurch sind Wolfgang Niedeckens kölsche MundartRocker BAP unterwegs – vornehmlich natürlich zwischen Rhein und Ruhr. Mit der Freilichtbühne im Burgtheater Dinslaken haben sie sich für die Region eine besonders schöne Spielstätte ausgesucht. BAPs aktuelle Tour besticht durch ein besonderes Konzept: Sie spielen unplugged, also unverstärkt, und vor einem für ihre Verhältnisse kleinem Publikum. Beste Voraussetzungen für eine schön intime Atmosphäre. Info: 0921 746 006 58 DORTMUND JOSEF ALBERS MUSEUM QUADRAT Die Elenden bis 10.8., Di-Sa 11-17, So 10-17 Uhr Homage to the Square – First & Last How Love Could Be In seiner losen Reihe von Sammlungspräsentationen des Ruhrgebietes zeigt das Kunstmuseum Werke aus dem Besitz von Frank Hense. Thema dieser Bochu- BAP DEPOT Di 1.7. - Sa 5.7. Gregor Gaida, Kind und Schüssel, 2006, © G. Gaida, VG Bild-Kunst, Bonn Fr 25.7. 19 Uhr BOTTROP SCHAUSPIELHAUS Tim Etchells ist Theatermacher, Bildender Künstler und Autor. Eigens für das Fördergerüst des Deutschen Bergbaumuseums entwarf er ein LED-Plakat, auf dem weithin lesbar „How Love Could Be“ steht. Dieser Satz stammt aus dem Jahre 1961 und zwar von The Miracles. Deren erste Single „Bad Girl“ wurde von dem Plattenlabel Motown aus Detroit vertrieben. Etchells installiert den Satz im Deutschen Bergbaumuseum in einem ganz neuen Diskurs und möchte damit BURGTHEATER Josef Albers, Homage to the Square „A“, 1950, Öl/Hartfaser, 77x77 cm, The Cartin Collection / Homage to the Square, 1976, Öl/Hartfaser, 61x61 cm © The Josef and Anni Albers Foundation, VG Bild-Kunst, Bonn Mit seiner Serie von Malereien „Homage to the Square“ hat der aus Bottrop stammende, ehemalige Bauhaus-Künstler Josef Albers, Weltruhm erlangt. Bei dieser Werkgruppe, an der er über 25 Jahre 38 So 6.7. 20 Uhr Jean Valjean, Cosette, Javert und Fantine – nach dem Welterfolg im Kino erobert die Geschichte von Victor Hugo auch die Theaterbühnen. Vor dem Hintergrund der Französischen Revolution 1789, entwickelte Hugo eine Geschichte um Heldenmut, Liebe und Freundschaft. Während die einen auf den Barrikaden sterben, finden die anderen endlich zusammen. Rache geht einher mit Vergebung, die Schrecken revolutionärer Ereignisse mit Menschen, die einen unverdienten Tod sterben. In der Inszenierung der AStATheater AG der TU Dortmund entwickeln die Schauspieler ihre Figuren und erwecken sie auf der Bühne zum Leben. Eine derart emotional aufgeladene Geschichte kann gar nicht genug unterschiedliche Inszenierungen und Ansätze verfolgen. Info: 0231 90 08 06 Auswahl FZW Mi 16.7. 20 Uhr Darkside Wer zwischen den ganzen Festivals des Juli-Monats zur Abwechselung Lust auf eine Clubshow hat, sollte sich Darkside dick im Kalender markieren. Das Duo, an dem der bekannte New Yorker Produzent Nicolas Jaar beteiligt ist, hat mit seinem letztes Jahr erschienenen Debütalbum „Psychic“ für einen der spannendsten ElectronicaEntwürfe der letzten Monate gesorgt. Und auch die Show der beiden ist mit seinen farbenfrohen Visuals absolut sehenswert. Info: 0231 286 808 910 FZW So 27.7. 20 Uhr Reel Big Fish Nach der Tour ist vor der Tour – so könnte man das Motto von Reel Big Fish beschreiben. Seit 2012 sind die sechs Musiker aus Kalifornien unterwegs. Was andere Musiker in mehreren Jahren packen, schafft diese Band innerhalb eines Jahres. 2013 spielten sie zum Beispiel die komplette Vans Warped Tour in den Staaten, eine US-Tour mit Goldfinger und eine UK-Tour mit Less Than Jake und Zebrahead. Reel Big Fish überzeugen mit New Wave Pop und Ska, gepaart mit einer großen Portion Freude am Performen auf der Bühne – und das seit den neunziger Jahren. Info: 0231 286 808 910 WESTFALENPARK Sa 26.7. 12 Uhr Juicy Beats Das Juicy Beats ist ein Festival, das schon lange eine Strahlkraft weit über das Ruhrgebiet hinaus besitzt. Das liegt zum einen am wunderschönen Westfalenpark mit seinen vielen kleinen, versteckt gelegenen Bühnen, zum anderen an der großen stilistischen Bandbreite, die das Line-up bereit hält. Von Gitarren über Reggae, HipHop und Electro gibt es auf dem Juicy Beats alles zu sehen – in durchweg hoher Qualität. 2014 sind u. a. Weekend, Milky Chance, Frittenbude, Calexico und Boys Noize dabei. Info: 0231 12 04 666 stellung, die frühere Projekte fortsetzt, möchte auf die Veränderung der urbanen und landschaftlichen Umgebung durch die Autobahn aufmerksam machen und reagiert auf die zunehmende Aneignung des Raumes durch den Straßenverkehr. Neben „klassischen“ Positionen etwa mit Allan Kaprow und Wolf Vostell, sind auch Werke direkt für den jeweiligen Ort entstanden. Info: 0211 15 92 76 23 ESSEN CAFÉ NORD Fr 25.7. - Sa 26.7. Nord Open Air Schon seit Jahren gelingt es dem in direkter Nähe der Universität gelegenen Essener Café Nord immer wieder, Perlen aus Punkrock und Hardcore ins Ruhrgebiet zu lotsen. Das ist bei der diesjährigen fünften Ausgabe des Open-Air-Festivals nicht anders. Biohazard und Sick of It All sind schließlich wahre Legenden des New Yorker Hardcore. Bands wie D.A.D., The Real McKenzies und Peter Pan Speedrock liefern das passende punkrockige Kontrastprogramm. Info: 0201 231 207 Königlich chaotisch geht es auf der Bühne des GOP-Varietés zu, denn die Künstlerinnen und Künstler werden ab kommender Woche alles geben, um mit ihrer Show zu überzeugen. Dabei geht es auf keinen Fall gesittet zu, denn das Motto von Chaos Royal verspricht gute Laune und verrückte Witze. Gewürzt wird dies mit einem Hauch Exzentrik und Anarchismus. Eine recht explosive Mischung also, die Unterhaltung vom Feinsten verspricht. Die leicht verrückten, aber sehr charmanten Schausteller geben daher alles, um Spaß und Freunde zu verbreiten. Info: 0201 247 93 93 GRILLO-THEATER Manderlay Willi Baumeister International bis 7.9., ganztägig B1 | A40 – Die Schönheit der großen Straße Entlang der A40 von Duisburg nach Dortmund ist derzeit an einzelnen Stellen Kunst zu entdecken. Die Freiluft-Aus- Provinz ist da, wo ich bin Der ewige Kampf zwischen Großstadt und deren kleineren Ausführung, sprich der Kleinstadt: Nichts scheint sich geändert zu haben, zumindest nicht für die Stadt Essen, die sich auch vier Jahre, nachdem sie zur Kulturhauptstadt ernannt worden war, immer noch gegen die Großen behaupten muss. Das Sago Künstlerduo blickt daher noch einmal in die Vergangenheit und stellt sich die Frage, ob es denn tatsächlich so schlimm sei, eine Kleinstadt zu sein. Wahre Größe, das wissen alle, wird nicht in Maßeinheiten gemessen. Mit Chansons, Theater und Musik macht sich das Duo auf die Suche nach dem, was von „Kulturhauptstadt 2010“ geblieben ist. Info: 0201 806 88 01 www.cd-andrä.de Dortmund . Essen . Duisburg . Münster 14.-17.08.2014, Köln Celebrate the games ! gamescom.de MÜLHEIM KUNSTMUSEUM bis 24.8., Di-So 11-18 Uhr Chaos Royal 4.7.-5.10., Mi 14-18, Do-So 11-18 Uhr URBANE KÜNSTE RUHR / MARKUS AMBACH PROJEKTE Fr 4.7. 20 Uhr Mi 16.7. - So 7.9. MUSEUM KÜPPERSMÜHLE Willi Baumeister (1889-1995), der als Professor an der Stuttgarter Kunstakademie eine ganze Künstlergeneration prägte, gehörte zu seiner Zeit zu den einflussreichsten und engagiertesten Vertretern der abstrakten Malerei in Deutschland. Vor allem die „Mauerbilder“ und die „Montaru“-Serie zählen zum Kanon der abstrakten Kunst. Baumeister schuf amorphe Gestaltungen im Farbgrund, die Figürlichkeit umspielen, begrifflich sich aber nicht fassen lassen. Die Ausstellung stellt Baumeister zudem als Netzwerker der Kunstszene vor. Info: 0203 30 19 48 10 SAGO HINTERHOFTHEATER gestern die stadt von morgen GOP-VARIETÉ Mi 2.7. 19.30 Uhr DUISBURG immer mehr zu einer Herrscherin und sieht sich am Ende selber von ihrem eigenen Rassismus korrumpiert. Info: 0201 81 22 200 IMPRESSUM Niklas Goldbach, The World, 2012, HD Video, 13 min., Videostill, © Niklas Goldbach Die Ausstellung im Museum und beim Forum City-Center fragt, was aus den städtebaulichen Entwürfen und Zukunftsvisionen der 1960er- und 1970er-Jahren geworden ist. Neben dokumentarischen Innenstadt-Modellen und Architekturfotografien präsentiert sie Videoprojektionen und Installationen von jüngeren Künstlern, die dem Scheitern der Utopien nachgehen. Sie ist Teil eines Ausstellungsprojekts von Urbane Künste Ruhr und des Netzwerkes der RuhrKunstMuseen; Kooperationspartner sind die Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum und das Skulpturenmuseum Glaskasten Marl. Info: 0208 455 41 38 SCHLOSS BROICH Sa 5.7. - So 6.7. Castle Rock Foto: Martin Kaufhold Besitzt der Mensch die Fähigkeit, seine Freiheit sinnvoll zu nutzen? In der Inszenierung von Hermann SchmidtRahmer wird das Publikum mit auf die Baumwollplantage Manderlay genommen. Obwohl es die Sklaverei schon seit Jahren nicht mehr gibt, muss die Protagonistin Grace erkennen, dass Manderlay diesbezüglich keine Fortschritte gemacht hat. Sie schafft es die versklavten Arbeiter zu befreien, hat aber nicht bedacht, dass diese mit ihrer neuen Lebenssituation nichts anfangen können. Als Manderlay droht im Chaos zu versinken, beschließt Grace den ehemaligen Sklaven Nachhilfe in Sachen Demokratie zu geben, wenn notwendig, auch mit Gewalt. So entwickelt sie sich 39 Ruhrgebiet, Land der Sommerfestivals: Das Castle Rock hat sich mittlerweile auf Anfang Juli und im Mülheimer Schloss Broich positioniert und setzt auf ein Lineup zwischen Gothic Rock, Folk Metal und Dark Wave. Für solche Stile passt das Schloss als Spielstätte natürlich wie die Faust aufs Auge. Mit dabei sind Bands wie Ensiferum, Delain und Crematory – alles Bands, die in heimischen Szene-Magazinen, wie dem Sonic Seducer, in den höchsten Tönen gelobt werden. Info: www.castlerock-festival.de ZUSAMMENGESTELLT VON: THOMAS HIRSCH, ANNA LENKEWITZ, CHRISTIAN STEINBRINK Veranstalter-Infos an: auswahl@trailer-ruhr.de Herausgeber: trailer Verlag Joachim Berndt, Büro Bochum Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum Tel: 0234-94191-0, Fax: -91 E-Mail: info@trailer-ruhr.de www.trailer-ruhr.de Redaktion: Maxi Braun (v.i.S.d.P.), Christian Meyer Mitarbeit an dieser Ausgabe: Klaus Bunte, Lutz Debus, Hartmut Ernst, Sanje Gautam, Rolf-Ruediger Hamacher, Nina Heinrichs, Thomas Hirsch, Tom Jost, Anna Lenkewitz, Thomas Linden, Jules Lux, Karsten Mark, Lisa Mertens, Christian Meyer, Anne Nüme, Peter Ortmann, Jan Schliecker, Frank Schorneck, Benjamin Seim, Christian Steinbrink, Stefan Turiak, Olaf Weiden, HansChristoph Zimmermann Projektleitung: Birgit Michels Grafik: Amélie Kai, Dominik Empl, Thomas Müller Anzeigenverwaltung: BERNDT MEDIA Joachim Berndt Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum Tel. 0234-94191-0, Fax -94191-91 E-Mail: info@berndt-media.de www.berndt-media.de Druckerei: Graphischer Betrieb Henke GmbH Engeldorfer Straße 25 50321 Brühl Buchhaltung: Karin Okniewski Alle nicht gesondert gekennzeichneten Bilder sind Pressefotos. trailer wird d auf 10 00 % Reecyyclingpapieer gedrruckkt CINQUE STORES | Düsseldorf – Benrather Straße 12 | Mönchengladbach – Am Kämpchen 9–13 | Oberhausen – Centroallee 233a Berlin – Leipziger Platz (coming soon) | cinque.de