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Hück schreibt über VW
Porsches Betriebsrats-Chef
kämpft für den Mutterkonzern
DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG, 22. NOVEMBER 2015
Broder schreibt übers G
Der Daihatsu-Fahrer probiert
den Monster-Mercedes
Seite 4/5
Schmerzhaft elegant, gefährlich schnell,
unfassbar teuer und feenhaft selten:
Ferrari sind Diven auf vier Rädern.
Und im Augenblick aufregender denn je
Seite 8
Danke für die Flut von E-Mails
an uns und die netten
Kommentare auf Facebook
zur letzten Ausgabe. Wir freuen
uns, dass unser taufrisches
Projekt nach nur einem Jahr
eine der renommiertesten
Auszeichnungen für Design
und innovativen Journalismus
erhalten hat: einen Lead Award
in Silber. Grund genug, noch
mehr Gas zu geben. Gerade in
Zeiten, in denen die Dummheit
einiger VW-Manager das Auto,
besonders das aus Deutschland,
unter Generalverdacht stellt.
Unsere Liebe zu einem GTI
oder auch GTD kann das nicht
erschüttern. Mehr als CO2 und
Verbrauchswerte interessieren
uns Drehmoment, PS, Sekunden
von 0 auf 100, Hubraum.
Wir sagen das natürlich nur
heimlich. Weil: Wir sind
supergrün. Unsere Autos
auch. Die werden nämlich nie
weggeschmissen, sondern
gehegt und gepflegt. Anders
als die öden Sparsemmeln.
Gute Fahrt!
Ihr
ULF POSCHARDT
P.S.: Kritik und Lob bitte wieder an
ulf.poschardt@welt.de
Wayne Miller/ Magnum Photos/ Agentur Focus
Alain Delon und Ehefrau Nathalie 1964 im
Ferrari 250 GT Spyder
California. Delon
besaß ihn nur zwei
Jahre, 2014 wurde
der Wagen in einer
Scheune wiedergefunden und für
14,2 Millionen Euro
versteigert
SCHÖNHEITSIDEAL
Null Follower.
Einfach mal was anderes fahren.
Der Beetle Dune. Wild. Weit. Weg.
Kommt mit einem Schlechtwegefahrwerk und verbreiterter
Spur, Sportsitzen und vielen weiteren Extras. Mehr unter:
www.volkswagen.de/wasanderesfahren
Vorverkaufsstart des Beetle Dune in der KW 47. Abb. zeigt optionale Sonderausstattung.
SEITE 3
dem Karmann Ghia weine ich keine
Träne nach. Aber bei meinem ersten
BMW werde ich sentimental. Ich werde
ihn erhalten und pflegen lassen – und
ab und zu ausfahren.
Er wohnt dem Städtchen Montecito,
ganz in der Nähe vom legendären
Highway 101 entlang des kalifornischen
Pazifiks. Eine der schönsten Küstenstraßen der Welt zwischen Ozean,
Strand und Palmen auf der einen Seite
und den Santa Ynez Mountains auf der
anderen. Atemberaubend. In seinem
Roman „Ein Freund der Erde“ hatte
T.C. Boyle diese Traumgegend in einer
nicht mehr allzu fernen Zukunft unter
Wasser gesetzt. Klimakatastrophe. El
Niño. Es gibt nicht viele Öko-Thriller,
die Konsum- und Zivilisationskritik so
brüllend komisch verpacken wie dieser.
Das ist das Markenzeichen von Boyle:
eine schwarze Heiterkeit, die nichts
und niemanden schont. Auch ihn selbst
nicht. Denn die Leute, die für alle zukünftigen Umweltschlamassel verantwortlich sind, das sind seiner Ansicht
nach auch Typen wie er. Typen, die
Komposthaufen anlegen, Altglas sammeln und Regenwasser auffangen – und
dann zu Hause fünf Autos in der Garage
stehen haben.
Der Mann mit der Vogelnestfrisur hat
kein Problem damit, Freund der Erde
und Freund der Autos zu sein. Politisch
korrekt zu sein war noch nie sein Ding.
Mr. Boyle, Sie besitzen vier BMW
und einen Chevy-Geländewagen.
Ist dieser Fuhrpark nicht selbst für
einen autoverrückten Amerikaner
ein bisschen zu groß?
Da ist was dran. Meine drei Kinder sind
längst aus dem Haus. Nur haben sie
ihre Autos nicht mitgenommen. Als
mein Sohn Milo nach New York zog,
sagte er, dort brauche er kein Auto –
und ließ seinen BMW hier stehen. Bei
meiner Tochter Kerry war es ähnlich,
als sie aus L. A. wegzog. Sie sagte damals: Ich stelle den Wagen nur kurz bei
dir ab – das ist jetzt sechs Jahre her
(lacht). Als meine Kinder noch alle bei
uns zu Hause lebten, brauchten wir
diese Autos. Und wer seinen Führerschein bestanden hatte, kriegte zunächst meinen allerersten BMW, einen
knallroten 320 IS Baujahr 1982. Den
älteren Geschwistern schenkten wir
dann jeweils einen neuen Wagen. So
kamen immer mehr Autos in die Familie: Mit dem BMW 320 S fing es an,
dann kamen ein 320 i, ein 328 i, ein 95er
M3 und zuletzt ein neuer M3 dazu. Und
noch der Chevy Yukon für besondere
Trips. Aber fahren gelernt haben alle
meine Kinder in meinem ersten BMW.
Welcher von all diesen Wagen in
Ihrem Fuhrpark ist Ihr Hauptauto?
Mein M3. Ich liebe ihn. Den fahre ich
richtig aus. Ich meine: Vollgas. Es ist
gut, so ein Auto zu besitzen.
Warum?
Nehmen wir an, irgendein verrückter
Idiot kommt an einer roten Ampel neben mir zum Stehen. Mit quietschenden
Reifen. Sagen wir: in einem Porsche.
Und dann stehen wir beide vor dieser
roten Ampel, warten darauf, dass es
grün wird und lassen die Motoren aufheulen. Das sind dann jene seltenen
Momente, in denen ich meinen inneren
Teenager wieder rauslassen kann. Sportmodus zuschalten und – abheben! Ich
komme mir dann immer so vor, als säße
ich im Millennium Falken und hätte
gerade den Hyper-Antrieb aktiviert.
Wuuush! Und innerhalb von Sekunden
ist der Porsche nur noch ein klitzekleiner Punkt in meinem Außenspiegel
(lacht). Nimm das, Porsche-Fahrer!
Von
MARTIN SCHOLZ
Für den Schriftsteller T. C. Boyle
gehören Autos zur Familie. Sie sind
Kostbarkeiten, die man nicht einfach so
weiterverkauft. Ein Gespräch über seine
Leidenschaft für rote BMW, den Rausch
der Geschwindigkeit und Radarfallen
Sind Sie für „Fast and Furious“Spielchen nicht ein bisschen zu alt?
Ich bin ein Krieger der Straße. Na ja,
zumindest war ich mal einer, in jenen
Jahren, als ich von meinem Wohnort
hier in Montecito mehrmals in der
Woche auf dem Küsten-Highway nach
L. A. fahren musste. Ich habe dort an
Schon mal auf die Idee gekommen,
ein paar der Autos, die jetzt bei
Ihnen rumstehen, zu verkaufen?
Es gab verschiedene Leute, die meinen
ersten BMW kaufen wollten. Zuletzt
war der übrigens wieder in die Hände
meiner Tochter übergegangen. Sie hat
sich energisch dagegen gewehrt, dass
der Wagen verkauft werden sollte. Sie
Olaf Heine/Agentur Focus
So weit geht Ihre Liebe zum Auto
also nicht, dass Sie solche Arbeiten
selbst machen würden?
Nee, das ist nichts für mich. Ich hasse es,
Dinge zu reparieren, ich will, dass Maschinen funktionieren. Einen Reifen- und
Ölwechsel bekomme ich hin, mehr mache ich nicht. Ein guter Freund von mir,
ein Automechaniker in L. A., hatte das
gemacht. Als er den Wagen an Spencer
übergab, sagte er: „Junge, dein Vater liebt
diesen BMW wirklich sehr. Du musst ihn
immer in Top-Zustand halten, um deinen
Vater zu ehren.“ Da war selbst ich perplex – ich hätte es nicht besser sagen
können. Mein Sohn fragte fassungslos:
„Hä, wovon redest du?“ (lacht).
fühlt sich diesem BMW sehr verbunden. Ich kann das gut verstehen, mir
geht es ja genauso.
Warum hängen Sie so an diesem
ersten BMW? Was macht ihn für Sie
so besonders?
Abgesehen davon, dass es unser Familienauto ist, war es mein erster Wagen,
der wirklich funktionierte. Alle anderen
davor waren Schrott. Mein VW Karmann Ghia beispielsweise war der
schlimmste Wagen, den ich je hatte.
Den hatte ein Freund mir gratis vermacht – das hätte mich eigentlich stutzig machen müssen. Wenn ich darin
saß, dachte ich jedes Mal, die Karre
würde augenblicklich explodieren. Der
absolute Horror. Sprang nie an, ich
musste immer anschieben. Die Fahrertür war eingedrückt und ließ sich nicht
mehr öffnen. Um sie in den Angeln zu
halten, hatte ich sie innen festgebunden
– mit einem Seil an der anderen Tür.
Warum haben Sie diese Kiste denn
nicht einfach verschrottet?
Das kann ich Ihnen heute auch nicht
mehr genau erklären. Ich wollte mir
eigentlich gleich nach einer Woche
einen neuen Wagen kaufen, habe dann
aber doch mehrere Monate in dem Ding
durchgehalten. Bei meinem Karmann
Ghia funktionierte noch nicht mal die
Bremse richtig. Die einzige Möglichkeit,
diesen Wagen zu stoppen, war ein beherzter Griff zur Handbremse. Ich bin
deshalb immer sehr langsam und nur
auf Nebenstraßen zur Arbeit gefahren.
Das war immer Stress, ein Riesenaufwand. Hat trotzdem funktioniert. Einmal bin ich mit vier komplett platten
Reifen durch den Schnee gefahren. Irre.
Dieser VW verstieß allein schon durch
seine bloße Existenz gegen jede Regel
der Verkehrsordnung. Hätte mich je ein
Polizist darin erwischt, wäre ich wahrscheinlich auf der Stelle erschossen und
der Wagen verbrannt worden. Also,
Eine Selbsteinschätzung, gerne
eine kritische: Was für eine Art Fahrer sind Sie?
Ich bin perfekt.
Kritisch!
(lacht). Okay, okay. Ich kenne hier in
der Umgebung jeden Kreisverkehr,
jedes Stoppschild. Und: Ich stoppe
immer an diesen Schildern. Viele Fahrer
werden irgendwann träge, machen das
nicht mehr – bis ihnen dann jemand in
den Wagen kracht. Ich bin ein sehr
vorsichtiger Fahrer. Aber auch extrem
ungeduldig, deshalb fahre ich sehr
schnell. Das ist vielleicht mein größter
Fehler. Obwohl ich noch nie in einen
Unfall verwickelt war und in meinem
Leben bestimmt mehr als eine Million
Meilen gefahren bin. Wissen Sie, viele
Fahrer haben keine Vorstellung davon,
was es eigentlich bedeutet, einen Wagen zu steuern. Viele wirken dabei seltsam geistesabwesend, so als würden sie
gerade ein Bad nehmen. Sie essen Pizza
beim Fahren oder sie brabbeln ständig
in ihre Smartphones. Das ist eigentlich
das Schlimmste.
„In Deep Concentration“:
T. C. Boyle in Gang Starr-Pose
Klingt, als wäre das fast eine Art
Initiationsritus?
Ich erzähle Ihnen dazu eine Geschichte! Als ich den 320er an meinen jüngsten Sohn Spencer weitergegeben hatte,
sah der Wagen schon ziemlich funky
aus, um nicht zu sagen: mitgenommen.
Meine anderen beiden Kinder hatten
ihn sehr viel gefahren. Ich habe ihn für
Spencer neu lackieren und wieder in
Schuss bringen lassen.
wacht, weil ich fahren MUSSTE. Verstehen Sie? Ich musste nach L. A., um
dort zu arbeiten. Und zwischen meinem Zuhause und dem Ziel lag eine 150
Kilometer lange Strecke, die regelmäßig
durch zu viele Autos verstopft war.
Staus und stockender Verkehr – das
musste ich überwinden. Die Lücke
finden. An einem Schnarcher vorbeiziehen. Das gelingt nur mit einer gewissen
Anspannung. Ich bin nicht so der
Schönwetterfahrer.
der University of Southern California
Creative Writing unterrichtet. Seit ich
damit aufgehört habe, fahre ich nicht
mehr so häufig.
Einfach so zum Spaß über den 101
brettern – das machen Sie nicht?
Nicht mehr so oft. Ich gehe mehr zu
Fuß, einfach nur spazieren.
Ehrlich gesagt: Es fällt mir schwer,
Ihnen das abzunehmen.
Also gut: Ich sage ja nicht, dass ich jetzt
im Kloster lebe. Wenn Sie einen Sportwagen wie den M3 besitzen, ist es ab
und zu ganz nett, sich daran zu erinnern, warum man sich so ein Geschoss angeschafft hat. Und dann bretter´ ich los wie ein Irrer, bis die Reifen
glühen. Großartige Sache. Es würde
mich schmerzen, wenn ich auf dieses
Erlebnis ganz und gar verzichten müsste. Was ich meine ist: Dieser StraßenKrieger in mir ist immer nur dann er-
Und Sie selbst machen das nicht?
Nein. Nie. In der Hinsicht bin ich fanatisch. Ich habe noch nie einen Anruf
beim Fahren angenommen, noch habe
ich selbst jemanden angerufen, während
ich am Steuer saß. Wenn ich mich ins
Auto setze, bin ich in einem Alarmzustand. Wenn ich telefonierte, würde
mich das zu sehr ablenken. Das wäre so,
als würde ich förmlich darum betteln,
Probleme zu bekommen. Ich hasse das:
All diese Leute, die mit dem Smartphone
am Ohr ständig die Überholspur blockieren, weil sie beim Reden nicht merken,
dass sie mit 70 km/h da langkriechen.
Passiert es schon mal, dass die
PS-Stärken mit Ihnen durchgehen
und Sie dann von der Highway Patrol
angehalten und verwarnt werden?
Yep, vor ein paar Jahren haben sie mir
einen Strafzettel verpasst. Da war ich
auf dem 101 nach Los Angeles zu schnell
gefahren. Es war ein wunderschöner,
sonniger Tag gewesen, ausnahmsweise
waren kaum Autos um mich herum. Die
Küste, die Berge, der Pazifik, Strand,
Palmen flogen an mir vorbei, ich sang
zur Musik – Eminem oder die Doors,
„Riders On The Storm“, ich weiß es
nicht mehr genau. 90 km/h waren erlaubt, ich fuhr 130 – und direkt in eine
Radarfalle hinein. Es war nicht völlig
unverantwortlich, weil kaum jemand
um mich herum war.
stoppen dich, kommen zu deinem Wagen, fragen dich nach deinem Führerschein und den Fahrzeugpapieren. „Ok,
ihr werdet mir jetzt einen dieser verdammten Strafzettel verpassen“, sagte
ich zu dem Polizisten. „Habt ihr schon
mal darüber nachgedacht, wer eigentlich
dafür bezahlt, dass ihr in diesen gottverdammten Wehrmachtsstiefeln herumlaufen könnt? Wer bezahlt für eure
Waffen und für das Benzin in eurem
Tank? Ich sage es euch: Ich bin das!“
Das hat Ihnen in der Situation vermutlich nicht weitergeholfen.
Nein, kein guter Anfang für ein Gespräch. Ich musste zahlen. Bringt
nichts, mit Polizisten zu streiten. Und
die Radarmessung sprach ja gegen
mich. Seitdem halte ich mich an die
Limits. Das Problem ist: Es gibt ja immer mehr davon. Und die HighwayPolizisten sind schon recht bedrohlich,
mit denen sollte man sich besser nicht
anlegen. Meine Tochter, damals 22, hat
mir mal erzählt, wie sie von der Polizei
nachts angehalten wurden. Ziemlich
einschüchterndes Erlebnis. Sie trinkt
nicht, nimmt keine Drogen. Aber das
Erste, was der Polizist sie fragte, war:
„Wie viel hast du getrunken?“ Das fragen sie automatisch jeden Teenager, der
zu dieser Uhrzeit unterwegs ist. Die
meisten antworten dann: „Nur ein
bisschen.“ Ganz falsch.
Was wäre die richtige Antwort?
„Ich trinke nie, ich bin Mormone.“
Sie müssen noch die ganz große
Frage beantworten: Warum lieben
Männer Autos?
Bevor es Autos gab, liebten Männer
wahrscheinlich Pferde. Und zwar aus
dem gleichen Grund, aus dem sie heute
Autos lieben. Autos sind eine Kraft, die
wir kontrollieren können, die es uns
ermöglicht, loszuziehen, Grenzen zu
überwinden. Das ist aufregend. Autos
sind die natürliche Verlängerung unserer selbst. Heute ist diese romantische
Vorstellung der Freiheit auf den Straßen leider ein Auslaufmodell. Das Lebensgefühl von Jack Kerouac, die Freiheit, von Küste zu Küste fahren zu
können, immer dem offenen Horizont
entgegen – all das ist inzwischen Vergangenheit. Ich gestehe: Ich liebe es,
durch weite offene Landschaften zu
fahren. Eine Cowboy-Fantasie. Kalifornien ist in Teilen immer noch der Wilde
Westen. Um in den vordringen zu können, um auf die Gipfel der Sierra Nevada zu gelangen, wohin ich mich regelmäßig zurückziehe, brauche ich hin und
wieder ein Vierrad-Monster wie meinen
Chevy Yukon.
Plagt Sie manchmal das schlechte
Gewissen, weil Sie ein wandelnder
Widerspruch sind?
Ich bin kein Heiliger, ganz richtig. Ich
habe aber auch nie gepredigt oder Leuten Anweisungen gegeben, wie sie leben
sollten. Ich beschreibe Widersprüche,
mit denen wir alle leben. Ich bin Satiriker, der nach allen Seiten austeilt – und
mache mich selbst zur Zielscheibe meines Spotts. Ich weiß, dass ich Teil des
Problems bin. Sehen Sie, die einzige
Art, als radikaler Umweltschützer unseren Planeten bewahren zu können,
wäre, sich auf den Komposthaufen zu
legen, mit Laub zu bedecken und dann
in den Kopf zu schießen.
Zur Person:
Wie ging es weiter?
Radarfallen sind deshalb so furchtbar,
weil du nicht diskutieren kannst, nachdem sie dich erwischt haben. Meine
kritische Haltung Polizisten gegenüber
macht die Sache auch nicht besser. Sie
Tom Coraghessan Boyle, 1948 bei New York
geboren, gehört zu den bedeutendsten zeitgenössischen US-Schriftstellern. Er veröffentlichte
rund 20 Romane, 2015 erschien von ihm „Hart
auf Hart“ (Hanser). Er lebt nahe der kalifornischen Pazifikküste in einem Haus von Frank
Lloyd Wright, ist verheiratet und hat drei
inzwischen erwachsene Kinder.
DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG, 22. NOVEMBER 2015
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S OLIDARI TÄT!
VW hat gelogen und betrogen, dennoch bleibt der Konzern ein wunderbarer
Autohersteller, der unser Mitgefühl verdient. Darum haben wir einen
Experten für Empathie um ehrliche, klare Worte gebeten. Uwe Hück ist
Amateurboxer und Betriebsratsvorsitzender von Porsche
Schwarz-Rot-Gold vorm Reichstag –
deutscher als VW geht es nicht,
auch wenn die Namen Golf, Passat
und Touareg (v.l.) anderes andeuten
SEITE 5
tinksauer war ich. Wir waren erschüttert, als wir zum
ersten Mal von den Abgasmanipulationen und auch von
den falschen Angaben bei CO2-Werten, die Volkswagen
selbst aufdeckte und veröffentlichte, gehört hatten. Wir
brauchen doch Kunden wie den Sauerstoff zum Atmen.
Betrug ist so unnötig wie ein Kropf. Einen Kunden zu
gewinnen braucht schließlich viel Zeit, einen zu verlieren
geht dagegen schnell. VW hat viel Vertrauen verloren, das mühsam aufgebaut wurde. Aber die letzten Tage zeigen auch, wie intensiv Vorstand und
Betriebsrat daran arbeiten, Transparenz zu schaffen. Es wird alles getan, um
schonungslos und schnell aufzuklären und die Schuldigen zu identifizieren.
Einen Splitter muss man schnell ziehen, sonst fängt es an zu eitern. Das
heißt: Jetzt muss schnell aufgeräumt werden, damit die 600.000 Beschäftigten und die Kunden keinen Schaden nehmen. Vorstandschef Matthias
Müller und Betriebsratschef Bernd Osterloh sind dafür genau die Richtigen.
Und beide haben dabei einen starken Partner: die Mitbestimmung.
S
Es gibt zwar keine Mitbestimmung bei der Entwicklung von Motoren –
was ich sehr schade finde. Aber es gibt Mitbestimmung immer dann, wenn
es um Menschen geht. Unsere Mitbestimmung ist das Schutzschild für
unsere Kolleginnen und Kollegen im Konzern und auch für den Konzern
selbst. Sie schützt die, die jeden Tag nichts anderes wollen als Autos bauen
und nichts für die Manipulationen können.
Es wäre fatal, jetzt alle Beschäftigten unter Generalverdacht zu stellen.
Die Hexenjagd ist in Deutschland seit Jahrhunderten vorbei. Und die Beschäftigten bei VW können froh sein, dass es bei VW eine derart starke
Mitbestimmung gibt und jemand wie mein Freund Bernd Osterloh an der
Spitze des erfolgreichen Betriebsrats steht. Unsere Mitbestimmung
schützt die Beschäftigten davor, den Mist ausbaden zu müssen, den das
alte Management angerichtet hat.
Und wie bei einem gedopten Körper, der sich umstellt und fit für Olympia macht, wird auch VW stärker als zuvor zurückkommen. Wir schaffen
einen Olympiasieg auch ohne Doping, da bin ich mir ganz sicher. Matthias
Müller und Bernd Osterloh werden alles Notwendige tun, um VW zu stabilisieren und die Kunden zufriedenzustellen. Sie werden notfalls sogar am
offenen Herzen operieren, damit VW schnell wieder in die Spur kommt.
Wir haben ein großes Vertrauen in die Verantwortlichen in Wolfsburg.
Die kommenden Wochen und Monate werden schwierig, aber VW ist
und bleibt eine superstarke Marke. Und im Konzern wird zusammen mit
den anderen Marken auch nach wie vor Geld verdient.
Jetzt gilt es, die Folgen der aktuellen Situation zu meistern und Schaden
von den Arbeitsplätzen und den Kunden abzuwenden und die Krise zu
bewältigen. Das schafft niemand bei Volkswagen alleine, nicht alleine der
Vorstand, nicht alleine der Betriebsrat und nicht alleine die Anteilseigner.
Wir schaffen das nur gemeinsam.
Wir Porscheaner und die anderen Marken des Konzerns lassen VW
jedenfalls nicht im Stich. Jetzt ist Solidarität angesagt. Und
eines muss auch mal gesagt werden: Volkswagen ist und
bleibt ein Leuchtturm der deutschen Wirtschaft.
PS
Foto
JAN FRIESE
DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG, 22. NOVEMBER 2015
SEITE 6
warmen Wasser und Stofftuch säubern,
rät ein Experte, allenfalls ein wenig
Spüli nehmen, niemals scharfe Reiniger.
Diese oberflächlichen Nachteile
nimmt in der Szene jeder gern in Kauf,
für das lustvolle Gefühl, von mehreren
nachempfunden war. Oder man nehme
ein Vintage-Exemplar aus Zuffenhausen, wo Porsche den Mut hatte, metallicfarbenes Leder zu integrieren, die
Mutter aller Raketen. Leder in Autos
gibt es schon, seitdem es überhaupt
immer aus pflanzlich gegerbtem Rindsleder ohne Oberflächenfärbung, das wie
Pferdesättel mit Hilfe von Ölen und
Fetten imprägniert war. Aber schon sehr
früh kam man auf die Idee, die ersten
kopf- oder oberflächengefärbten Glatt-
Haut, nah
Der automobile Fetisch zu Ende gedacht. Erst mit dem Leder der Sitze, der Türtafeln
und Armaturenbretter kann ein Auto zur Legende werden.
Unser Autor Ralf Eibl unternimmt eine Reise in eine ölgefettete Welt
Schichten Kuh umschlossen zu werden.
Am besten handgenäht und von Exemplaren stammend, die so freiheitlich
über die Wiese stolzieren durften, dass
ihr prachtvoller Hintern und die prallen
Oberschenkel niemals mit einem Weidezaun kollidierten und somit verschont geblieben sind von StacheldrahtBrandings oder sonstigen Tätowierungen. Für die Puristen steht in Hautsachen fest: am besten pflanzengegerbtes,
ölgefettetes Naturleder wie einst in
einem Rolls. Oder eines dieser beigefarbenen Rindsnappa, das Alfa Romeo
früher in seinen Interieurs gerne verbaute. Oder ein cinghialino, italienisch
für Frischling, das in manchen BMW
zum Einsatz kam und dessen Prägung
der Narbung eines Wildschweinleders
Vehikel gibt. Der Übergang von lederbezogenen Kutschböcken zu ledernen
Sitzpolstern in motorisierten Fahrzeugen war im besten Sinne des Wortes
nahtlos. Nur die Queen macht ihre
Ausnahme: Die Polster im Fond ihres
Bentley sind nicht etwa mit ConnollyLeder oder Tierhaut anderer edler Herkunft bezogen, sondern mit grauem
Tuch. Auch das hat Tradition: Als die
britische Krone noch mit Pferdefuhrwerken unterwegs war, saß der Kutscher
im Freien auf gegerbter Tierhaut. Die
vor Nieselregen geschützten Royals
konnten auf höherwertigen Polstern
Platz nehmen, auf gewebten Bezügen.
Zurück zu den in größerer Stückzahl
produzierten Modellen: Anfangs waren
die Bezüge des Straßenproletariats
leder zu verwenden. Diese Innovation
machte die Leder unempfindlicher
gegen die Witterung und Verschmutzungen. Der Standard der Lederszene
bis in die Eighties, danach wurden
Chromgerbungen aktuell. Heute wird
für die Nase des Puristen längst zu viel
Chemie verarbeitet – und in den meisten Fabrikationen die Kuhhaut bis zur
Unkenntlichkeit gespalten. Ledermenschen erkennen ihren geschätzten Stoff,
also oberflächengefärbt und pflanzlich
gegerbt, an dessen brauner Rückseite.
Die breitere Öffentlichkeit horchte
vor allem auf, sobald sie den Namen
Connolly hörte, jener Firma, die gut
hundert Jahre lang als Synonym für
hochwertige Lederausstattungen galt.
Nicht nur Aston Martin, Lagonda, der
DIE
GLORREICHEN
7
Tim Scott/ Courtesy of RM Sotheby
Rolls wie der Jaguar und der Bentley
trugen die Haut der britischen Manufaktur. Sondern natürlich auch die rasanten Italiener aus Modena und Maranello. Und sowohl auf den Bänken im
britischen Parlament, auf dem Piloten-
Cedric Buchet/Art Partner Licensing
E
ine Elektrobeats-Hymne
aus meiner Jugend beschreibt mit einer auf
einem Korg 700-Synthesizer erzeugten
Schlichtheit einen Autounfall, bei dem ein Paar nach
dem Aufprall und vor dem Tod
noch Sex auf ihren (kunst)lederbezogenen Autositzen hat. Das
Cover dieser ersten und einzigen
Single von The Normal,
„T.V.O.D.“ mit jener legendären
B-Seite „Warm Leatherette“,
zeigt ein Crashtest-DummyPärchen im Moment der Kollision. Mal davon abgesehen, dass
diese Scheibe (verlegt und selbst
eingespielt von Label-Boss Daniel Miller) zum Fundament der
Londoner Depeche-Mode-Plattenfirma Mute Records wurde,
nimmt ihre Optik mit Wumms
Bezug auf den 1973 erschienenen
Roman „Crash“ von James Graham Ballard. Jenem Roman also,
dem Regisseur David Cronenberg
in seinem gleichnamigen Film
ein Denkmal setzt. Oder besser:
Mit Zerstörungskraft die Anziehungskraft des Automobils
noch einmal unterstreicht, das
wie kein zweites Freiheit, Potenz,
aber auch Sex bei Knautschzone
versinnbildlicht.
Leder strahlt dabei auf PSAficionados seine Aura bis heute
unvermindert aus. Ob als automobiler Fetisch, in den Mythen
unseres Alltags, ob mit Aufprall
oder ohne: Es gibt für das CarInterior keine anziehendere
Textur, auch wenn die Kuhhautpolster bei Temperaturschwankungen ihren stoffbezogenen
Artverwandten längst meilenweit
unterlegen zu sein scheinen, wie
uns die Wissenschaft glauben
machen will. Aber einmal Leder,
immer Lederszene: „Quick, let's
make love/Before you die“,
stöhnt The Normal in seiner
holterdiepolterhaften Show für
Petrolheads. Und an wie viele
Jaguar-, Porsche- oder RomeoSeitenscheiben hat man sich als
Heranwachsender herangeschlichen, um sich die Nase platt zu
drücken und einen Blick auf die
savanna- oder tiefroten Rindslederkurven zu erhaschen? Keine
Leder-Lady, selbst mit den geschmeidigsten Roeckl-Lederhandschuhen ausstaffiert, konnte seither mit dieser Sinnessensation mithalten ... Sofern einem die Erinnerung
hier nicht doch einen Streich spielt.
Die Liebe zum Material sieht großzügig über manche von dessen Befindlichkeiten im Jahresverlauf hinweg. Die
Nachteile liegen erst einmal auf der
Außenhaut: Ledersitze können in der
Sommerhitze zu heiß und schweißtreibend sein und an frostigen Wintermorgen wesentlich klammer als Exemplare aus anderen Materialien. Und
man muss seine Sitze pflegen, sofern
die nicht bald so aussehen sollen wie
die narbige Haut eines Elefantenbullen
im Okavango-Delta. Dabei hält Leder
bei richtiger und regelmäßiger Pflege
nahezu ewig. Bitte immer nur mit lau-
sitz im Spitfire-Jagdflieger wie auf Mies
van der Rohes legendärem BarcelonaChair war Connolly mit im Spiel; in der
Concorde sowieso. Aber trotz Überschallgeschwindigkeit übernahmen die
Briten sich bei einer gescheiterten Expedition in den amerikanischen Massenmarkt ziemlich. Und so wurde Connolly
2002 liquidiert, um dann unter neuem
Namen wieder ein wenig weiter zu produzieren, wesentlich schlanker, zwar
immer noch hochwertig, aber auch irgendwie dem Markt unterworfen.
Es entspricht dem Zeitgeist, dass die
Nachfrage nach „veganen“ Autos in den
vergangenen Jahren ebenfalls stetig
zugenommen hat. Mehr als ein Dutzend
Hersteller bieten mittlerweile Modelle
ohne tierische Zusätze an, wenngleich
zumeist noch bei den Kleinst- und
Kleinwagen. Und doch ist in den meisten Petrolheads noch immer der Zusatz
verhaftet geblieben, der als Synonym für
ein gutes Auto stand: Schau’ her, mein
lieber Nachbar – meiner hat Ledersitze!
Erst roch man, dann fühlte und
spürte man das echte Auto; es
gibt für den Mobilisten keine
bessere Garderobe. Wobei es ja
so ist, dass der Ledergeruch seit
Jahrzehnten schon ein synthetischer Duft ist, welcher der
obersten Schicht beigemengt
wird, dessen Haut in der industriellen Produktion gerne mal
mehrfach gespalten wird und
durch mehrere chemische Bäder
geht. Glücklich schätzen darf
sich, wer einem Sattler vertrauen kann, der mit dem duftenden Naturprodukt arbeitet.
Doch dies hat auch seinen Preis.
Wobei teuerstes Leder auch
nicht automatisch ethisch gutes
ist. Der osteuropäische LuxusAutobauer Dartz hatte vor einigen Jahren die Dinge auf die
Spitze getrieben, als man den
edelsten SUV der Geschichte
bauen wollte – wobei die gemeine Vorstellung, was edel sei,
mitunter recht zweifelhafte
Sprösslinge treibt. Die Ablagen
und Zierleisten wurden verziert
mit Diamanten, Gold war natürlich im Spiel, und die Sitze der
Fahrgastzelle sollten mit Leder
von Walpenissen bezogen werden. (Auch der griechische Mogul und Reeder Aristoteles Onassis ließ ja einst die Barhocker
seiner Yacht „Christina O.“ mit
Walpenisleder beziehen, um bei
jeder sich bietenden Gelegenheit
die gleiche Zote zu reißen: „Madame, Sie sitzen gerade auf dem
größten Schwanz der Welt!“)
Hier ist Präzisierung notwendig: Bei dem Material handelte
es sich um die Vorhaut der
Wale, aus welcher das geschmeidigste Leder der Welt
hergestellt werden kann. Eine
bemerkenswerte Volte war, dass
gerade Pamela Anderson von
Tierschützer-Seite angeheuert
wurde, um den Wal vor Tod
zwecks Beschneidung zu retten.
Zusammen mit Greenpeace und
dem WWF organisierte der
„Baywatch“-Star eine Protestaktion – mit vollem Erfolg. Der
Autobauer ruderte zurück und entschied sich, kein Walvorhaut-Leder zu
verwenden: Alle Autositze unserer mobilen Wohnlandschaft würden ab jetzt
nur noch aus synthetischen Materialien
hergestellt, beteuerte Dartz.
Dann schon lieber zurück zu „Warm
Leatherette“ und den Lederfetischisten,
die sich mitsamt all ihren Karossen in
ihren erotischen Obsessionen verfangen. Für den ultimativen Kick reicht
weder schwarzes Leder noch Sex mehr,
es muss ein Frontalunfall sein. Während Mensch und Maschine auf dem
Bildschirm in radikaler Weise verschmelzen, sitzt man in einem alten
Rover-Chair von Ron Arad. Auch dessen
Leder könnte mal wieder zur Pflege
massiert werden.
RENAULT 5 TURBOII
Oranie boven! Spektakuläres Aufeinandertreffen von Leder und
Kunststoff im knalligen Memphis-Look
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Bordeauxrotes Ding.
Ein seltenes Exemplar aus Russland.
Der Innenraum wirkt
wie ausgegossen
mit edler Tierhaut
PEGASO Z-102 BERLINETTA
interTOPICS/ mptv
Die grüne Gefahr. Das
endschicke Modell
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gekonnt zweifarbig
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Bis in die 80er war es
in der Mittelklasse
üblich, die Sitze komplett in Skai zu halten.
Oft schweißtreibend,
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320 km/h Höchstgeschwindigkeit – so lesen sich die Leistungsdaten des
neuen Cadillac CTS-V. Was hier nüchtern zu Papier gebracht wird, ist
der überzeugende Ausdruck der V-Series: die aktuell schnellste
Straßenlimousine ihrer Klasse
G
etestet wurde
die V-Series auf
der Rennstrecke,
um sich
als herausragendes
Performancefahrzeug mit
eigenem Charakter auf der
Straße zu bewähren. Hier
gibt es keine Zugeständnisse,
Ausreden oder Kompromisse.
Es geht nur um reine Power
und kraftvolle Eleganz. Der
CTS-V ist das stärkste Modell
in der 113-jährigen Historie der
Marke Cadillac.
Die klaren, eleganten Linien
und extrabreiten Kotflügel
sorgen für ein markantes
Erscheinungsbild und
berücksichtigen gleichzeitig
die die Performance
unterstützende Aerodynamik.
Jede Kurve, Kante und Linie
wurde bewusst gewählt, um
beste Ergebnisse zu erzielen.
Der exklusive V-Series
Kühlergrill und die Luftauslässe
in der Motorhaube und
an den Kotflügeln sorgen
für maximalen Luftstrom.
Und der fein abgestimmte
Vierfachauspuff kündigt Ihre
Ankunft mit einem satten
Sound an.
KEINE ZUGESTÄNDNISSE.
KEINE AUSREDEN.
KEINE KOMPROMISSE.
V-SERIES
Das schöne Äußere setzt sich im Innenraum
fort. Auch hier bietet Cadillac Leistung ohne
Kompromisse. Jedes Element des Innenraums
wurde speziell an die Bedürfnisse des Fahrers
angepasst. Optionale V-Series RECARO®-Sitze
mit Veloursleder-Akzenten, Schaltwippen aus
Magnesium und ein serienmäßiges, farbiges
Headup-Display ermöglichen optimalen
Fahrspaß. Ausreichend Platz für alle Beifahrer
und Gepäck ist selbstverständlich vorhanden.
Alles ist perfekt integriert und auf Sie
abgestimmt.
Im CTS-V wurde eine spezielle Version der
volldigitalen, hochauflösenden, 12,3-ZollInstrumentenanzeige mit der für die V-Serien
typischen Darstellung und den markanten
Rundinstrumenten realisiert.
Darüber hinaus verfügt der CTS-V – genauso
wie übrigens der ATS-V – über die neuesten
Kommunikationstechnologien von Cadillac:
CUE, die Cadillac User Experience mit
HD Navigation Standard, Bluetooth und
Spracherkennung sowie Apple CarPlay, das
Fahrern mit einem iPhone erlaubt, über den
berührungsempfindlichen Bildschirm oder
mittels Spracheingabe via Siri Anrufe zu tätigen,
Mitteilungen zu erhalten oder Musik zu hören.
Hinzu kommen das Premium Bose SurroundSound-System mit 13 Lautsprechern und
induktives (kabelloses) Laden von Mobilgeräten.
Der 6,2-Liter-V8Kompressormotor verleiht
dem CTS-V enorme Power.
Der kompakte Eaton®Kompressor mit vier
Rotorflügeln arbeitet Hand
in Hand mit dem Active Fuel
Management®. Das Ergebnis?
Tadellose Motorleistung und
Alltagstauglichkeit. Ob Sie
nun das volle Potenzial Ihrer
Fahrkünste durch Fahrdaten
in Echtzeit nutzen, den satten
Sound genießen oder die Straße
wie nie zuvor im Blick haben –
die V-Serie bietet jede Menge
fortschrittliche Technologien für
ein noch besseres Fahrgefühl.
Das V-getunte Fahrwerksystem
Magnetic Ride Control passt
sich der Umgebungstemperatur an, liest bis zu
1000-mal pro Sekunde die Fahrbahnbedingungen
ab und reagiert entsprechend. Zusammen
mit den vier wählbaren Fahrmodi erleben Sie
perfekten Fahrspaß und maximale Leistung.
Sie haben die Wahl zwischen Tour, Sport,
Rennstrecke und Schnee für ultimatives
Ansprech- und Lenkverhalten.
Mit dem optional erhältlichen Performance Data
Recorder können Sie Ihre Fahrten zur Analyse
und Weitergabe aufzeichnen. Damit können
Videos von der Strecke, Audio im Innenraum und
Fahrdaten, darunter beispielsweise 0−100 km/h,
Rundenzeit und G-Kräfte, erfasst werden. Wir
machen gute Fahrer noch besser. Und bessere
Fahrer unschlagbar.
Mehr erfahren:
www.v-series.de
CTS-V Limousine: Kraftstoffverbrauch (l/100km) innerstädtisch/außerstädtisch/kombiniert: 20 / 8.9 / 13; CO2-Emission kombiniert (g/km): 459 / 203 / 298; Energieeffizienzkategorie: G
Die gezeigten Bilder können Produktdetails enthalten, die sich auf US-amerikanische oder kanadische Fahrzeugausstattungen beziehen, welche sich möglicherweise von den in Europa erhältlichen Ausstattungen
unterscheiden. Die Informationen sind in Bezug auf den europäischen Markt so umfassend und sachgerecht wie möglich gestaltet.
Dies ist ein Angebot von Cadillac Europe GmbH, Stelzenstrasse 4, 8152 Glattpark, Schweiz.
DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG, 22. NOVEMBER 2015
SEITE 8
R
eden wir über Moral, wenn man ein Auto
fährt, das so viel kostet wie ein Einfamilienhaus in Bad Hersfeld? Bei dem man für
einmal Volltanken so viel bezahlen muss,
wie ein Lehrer in Rumänien im Monat verdient? Das als
Geländewagen für Jäger und Militärs konzipiert wurde und
heute eines der Statussymbole der städtischen Schickeria
ist? Beweist jemand, der sich ein solches Auto leistet, angesichts des Elends in der Welt nicht ein eiskaltes Herz? Was
würde Frau Käßmann dazu sagen?
Ich sitze hinter dem Lenkrad eines Mercedes-AMG G 63
wie auf einem Kutschbock, lausche dem kräftigen, aber
sehr dezenten Brummen des 5,5 Liter großen V8-BiturboMotors und frage mich etwas anderes: Was würden meine
Eltern sagen, wenn sie mich jetzt sehen könnten?
„Junge, Du hast es geschafft!“ oder doch „Junge, hast Du
es nötig?“ oder vielleicht: „Was werden die Nachbarn dazu
sagen?“ Denn das war immer ihre größte Sorge – was die
Nachbarn über mich, ihren missratenen Sohn, denken.
Noch lieber freilich würde ich an meiner alten Schule,
dem Hansa-Gymnasium Köln, das ich aus vollem Herzen
gehasst habe, vorfahren und meine ehemaligen Mitschüler
fragen: „Und was ist so aus Euch geworden?“
Ja, ein AMG G 63 ist hervorragend dazu geeignet, alte
Rechnungen zu begleichen. Es steht ja nirgendwo dran,
dass es nur ein Werkswagen ist, der dem Fahrer für ein paar
Tage zur Verfügung gestellt wurde. Übermorgen werde ich
wieder meinen Daihatsu Materia fahren, kein schlechtes
Auto, aber verglichen mit dem G 63 eine Seifenkiste.
Da heißt es, die Zeit optimal zu nutzen. Wir fahren die
Karl-Marx-Allee, die vom Alexanderplatz nach Friedrichshain führt, hin und her, umrunden den Strausberger Platz
und das Frankfurter Tor und bewundern die mächtigen
„Arbeiterpaläste“ zu beiden Seiten der Straße, die im Stil
des Sozialistischen Klassizismus errichtet wurden. So kann
man den 25. Jahrestag der Wiedervereinigung auch feiern.
Was hätte Honecker dafür gegeben, einmal in einem solchen Auto fahren zu dürfen! Alles, wovon er träumen
konnte, war ein Volvo, die Schwedenschleuder.
Dann parken wir den G 63 auf dem breiten Mittelstreifen genau zwischen dem Café Moskau und dem Kino International. Das Café Moskau hat längst zugemacht, aber
im International, das unter Denkmalschutz steht, werden
noch immer große Filme auf großer Leinwand gezeigt.
Demnächst im Programm: „Die ewige Jugend“ mit Michael
Caine, Harvey Keitel und Rachel Weisz.
Was für ein Zufall! Wenn der G 63 etwas verkörpert,
dann ist es die ewige Jugend. Oder die Unvergänglichkeit
einer Idee, die auch Ritter Sport-Schokolade zu Ruhm
verholfen hatte: „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ Es ist ein
Auto, an dem der Zeitgeist vorbeigegangen ist. Und so wie
man ein Haus aus der Dessauer Bauhaus-Schule auf den
ersten Blick erkennt, weil es Ecken und Kanten hat und auf
modische Schnörkel verzichtet, so erkennt man auch den
G 63, ohne zweimal hinschauen zu müssen. Auch für ihn
gilt das Gestaltungsprinzip: Form follows function.
Fotos
PETER RIGAUD
Die ewige Jugend
Henryk M. Broder über das Vergnügen, die G-Klasse von
Mercedes zu fahren. In der AMG-Version. Mit 571 PS
Lässig mit einer Hand
am Lenkrad oder gravitätisch auf dem privaten Feldherrnhügel
– keine Pose ist verkehrt, wenn man den
Mercedes-AMG G 63
dabei hat
Und es war ausgerechnet der iranische Herrscher, Mohammed Reza Schah Pahlavi – Ehrentitel: „Sonne der Arier“ –, der
Prunk und royalen Kitsch über alles liebte, dem die Mercedes
G-Klasse und damit letztlich auch der G 63 seine Entstehung
verdankt. Der Herr aller Perser wünschte sich ein neues Auto,
das er für die Jagd in der Wüste benutzen konnte, und das für
Patrouillenfahrten entlang der Grenze taugte. Geländetauglich sollte es sein, kräftig und pflegeleicht.
Und da der Schah ein paar Daimler-Benz-Aktien im
Depot hatte, ging der Auftrag, ein solches Auto zu entwickeln, an Mercedes in Stuttgart, wo man sich mit dem
österreichischen Nutzfahrzeugbauer Steyr-Daimler-Puch
zusammentat. 1979 begann die Serienproduktion in Graz.
Dort wird der Wagen bis heute hergestellt, und wann immer das Ende der Produktion angekündigt wird, protestieren die G-Klasse-Fans so laut, dass ein neues, verbessertes
Modell vom Band läuft, das nicht nur von Jägern und
Militärs, sondern auch von Feuerwehrleuten, UN-Mitarbeitern im Außendienst und Snobs geschätzt wird.
Nun ist der Wagen, zumal als G 63 mit 571 PS, für den
Gebrauch in der Stadt natürlich vollkommen überdimensioniert. So als würde man sich eine Kuh zulegen, nur um
ab und zu ein Glas frische Milch zu trinken. Für die Fahrt
zu Aldi oder um die Kinder zur Schule zu bringen würde
auch ein X5 von BMW oder ein Land Rover reichen. Deswegen suchen wir eine Stelle, an der wir den G 63 richtig
fordern können. Der Kippwinkel soll bei 38 Grad liegen, je
nach Beladung und Untergrund. Hinter Pankow finden wir
eine Brache, die so aussieht, als wäre sie für einen Härtetest ideal. So sehr ich mich auch bemühe, der Wagen will
nicht kippen. Er bricht nicht mal zur Seite aus.
Vor uns kurvt ein Smart durch das Gelände, dessen
Fahrer offenbar auch wissen will, was er seinem Auto zumuten kann. Aber auch der Smart fällt nicht um.
Zufrieden und um eine Erfahrung reicher, steuere ich den
G 63 zurück in den Westen, durch den Prenzlauer Berg, am
Alexanderplatz vorbei über die Leipziger Straße. Niemand
dreht sich um oder zeigt mir die Faust. Die DDR
gibt es nicht mehr, aber der G 63 läuft und läuft
und läuft. Es ist das reine Fahrvergnügen.
MERCEDESAMG
G 63
GELÄNDE-LEGENDEN
Was die anderen sagen: Ein rollender
Irrsinn, aber immerhin mit extrem
glaubwürdigen Offroad-Fähigkeiten.
Was wir sagen: Es leben die Emirate!
Dort wohnen Leute, die den G 63
kaufen. Oder den G 65 mit 12-Zylinder.
Leistung: 571 PS, Hubraum: 5,5 l, Motor: V8-Biturbo mit Automatik,
0-100 km/h: 5,4 s., Vmax: 210 km/h, Grundpreis: 143.216 €
Puch
G-Modell von 1979
Mercedes
G 500 von 1998
MercedesAMG G 63 von 2015
Designstudie
Ener-G von 2012
SEITE 9
K
Herr Direktor und der BMW
André M. Wyst ist genau
der Art Director, den die
PS WELT braucht, findet
Stefan Anker. Denn unser
oberster Kreativer beweist
sein Stilgefühl auch auf der
Straße: Er fährt eines
der schönsten Autos aus
den 60er- und 70er-Jahren
Besonderes Kennzeichen: Hasenzähne.
Dazu Weber-Doppelvergaser mit Hornissenaugen.
Eine Ikone des deutschen Automobilbaus
in Taigagrünmetallic
Stefan Anker (3)
urze Werbung vorneweg:
Wir machen online, auf
welt.de/motor, eine
schöne Serie: Sie heißt
„Petrolhead der Woche“,
und jeden Montag stellen wir jemanden
vor, für den ein Auto mehr ist als ein
Fahrzeug. Diese Menschen haben in der
Regel besonders sportliche oder besonders alte Autos, und als ich mich
zum Fotoshooting traf mit André M.
Wyst und seinem BMW 2002 von 1973,
da wusste ich zweierlei. Erstens: Wenn
ich mal als altes Auto wiedergeboren
werde, dann will ich zu André. Zweitens: André, der freiberufliche Buchund Magazingestalter, möge noch lange
Art Director der PS WELT bleiben.
Denn er ist kreativ und perfektionistisch, man könnte sagen: pe-ni-bel.
Nicht dass er den Wagen vorm Fotografieren nur gewaschen hätte, wie es
professionelle Sitte ist. Nein, er hat den
Wagen zum Aufbereiten gegeben. 140
Euro hat ihn das gekostet, erzählt er
mir, und er ist verblüfft darüber, dass
mich das wundert.
Es war so eine Art Liebe auf den
ersten Blick, als André seinen 2002
kaufte, vor 16 Jahren. Schuld war, wie so
oft: die Farbe. Taigagrünmetallic, allein
auf diesen Namen muss man kommen,
aber vor allem die Mischung aus Pigment und Glanz, das gleichzeitig Zarte
und Kräftige in diesem Ton, das kann
den Menschen schon verzaubern.
Wir machen ein paar Fahraufnahmen, und der zwei Liter große Vierzylinder lässt weithin hören, dass er
arbeitet. Alte Autos klingen immer ein
bisschen lauter, oft unruhiger als neue
Wagen, für diesen hier gilt das ebenso,
aber er hört sich auch – besser an. Bei
Fahraufnahmen gibt es immer viel Ausschuss, ich lasse André also ein paar
Runden drehen und genieße.
Von Hause aus sei der 2002 mit zwei
Solex-Vergasern unterwegs gewesen,
erzählt André. Wie damals oft üblich,
sei der Motor mit zwei Weber-Doppel-
vergasern aufgerüstet worden – „gekrönt mit offenen Ansaugtrichtern wie
beim Formel-Sport der 70er-Jahre“. Er
habe wohl nun 130 statt 120 PS.
André ist nicht der Typ, den man
sich mit ölverschmierten Fingern vorstellt. Aber der Eindruck täuscht. „Ich
arbeite digital, das Auto ist analog. Mal
ein Nebenaggregat austauschen, Wartungsarbeiten erledigen, Teile ersetzen
– das ist für mich ein Ausgleich. Vieles,
wofür man keine Hebebühne braucht,
kann ich selber machen.“
Für das große Foto auf der Doppelseite 4/5 hat André neulich den VW
Golf gesteuert, die Solidität und die
große haptische Qualität dieses neuzeitlichen Wagens haben ihn beeindruckt. Doch kaum ist er wieder bei
seinem 2002, weiß er, was ihm wirklich
wichtig ist: zierliche Fenstersäulen und
große Glasflächen, einfach Leichtigkeit
in Technik und Design. Darum will
André seinen BMW auch behalten,
trotz des aktuellen Trends auf dem
Markt. „Nach Jahren der Stagnation
ziehen die Preise für halbwegs originale
Exemplare deutlich an.“
Andererseits: Der Kurs für den 2002
liegt um 12.000 Euro, und selbst wenn
jemand 15.000 oder 20.000 Euro bietet
– warum soll man ihn weggeben, den
Traum in Taigagrünmetallic?
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DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG, 22. NOVEMBER 2015
SEITE 10
Einen Monat ohne – klingt wie
Fasten, ist aber Fahrverbot
Ich bin ein Raser. 130 statt 80 km/h, zum ersten Mal muss ich
den Führerschein abgeben. Erst habe ich überlegt, ob es Rechtswege für mich gibt. Aber obwohl ich mich sehr, sehr abgezockt
fühle (das Tempolimit wurde erst weit hinter der Baustelle an
einer strunzleeren Autobahn aufgehoben), habe ich beschlossen,
mich nicht zu wehren. Ich habe nicht nach den Regeln gespielt
und verloren, das muss man dann auch mal einsehen.
130 statt 80, das ist natürlich Raserei – aber nur, wenn es
mir mitten in der Baustelle passiert wäre. Das halte ich aber
für unmöglich, denn ich stelle, ganz egal, wo
auf der Autobahn ich irgendeiner Geschwindigkeitsbeschränkung begegne, den Tempomat exakt auf 15 km/h über dem Limit ein.
Ja, ich bin dann zu schnell, aber nicht so
sehr. Mir ist wichtig, dass ich an der Mehrheit
der anderen Autos vorbeiziehe, sonst könnte ich ja
gleich mit dem Zug fahren.
Das werde ich in den nächsten vier Wochen wohl öfter
machen. Auch das Fahrrad, der Bus (wie entwürdigend!) oder
einfach nur meine Füße werden mich von A nach B bewegen.
Sie können das von morgen an in unserem Blog ps.welt.de
verfolgen. Wenn Sie Spaß an depressiven Texten haben.
IMPRESSUM
Chefredakteur Jan-Eric Peters
Redaktionsleitung Dr. Ulf Poschardt (V.i.S.d.P.)
Redaktion Stefan Anker, Ralf Niemczyk
Stefan Ankers
Führerschein ist
für einen Monat
unter Verschluss
Artdirektion André M. Wyst
Bildredaktion Stefan A. Runne
Layout Katja Fischer
Schlussredaktion Bettina Schneuer
Die Reise nach Australien wurde von Land Rover unterstützt.
TO BREAK THE RULES,
YOU MUST FIRST MASTER
THEM.
UM REGELN BRECHEN ZU KÖNNEN, MUSS MAN SIE
ZUERST MEISTERN.
DAS VALLÉE DE JOUX: SEIT JAHRTAUSENDEN
WURDE DIESES TAL IM SCHWEIZER JURAGEBIRGE
VON SEINEM RAUEN UND UNERBITTLICHEN KLIMA
GEPRÄGT. SEIT 1875 IST ES DIE HEIMAT VON
AUDEMARS PIGUET, IM DORF LE BRASSUS. DIE
ERSTEN UHRMACHER LEBTEN HIER IM EINKLANG
MIT DEM RHYTHMUS DER NATUR UND STREBTEN
DANACH, DIE GEHEIMNISSE DES UNIVERSUMS
DURCH IHRE KOMPLEXEN MECHANISCHEN
MEISTERWERKE ZU ENTSCHLÜSSELN. DIESER
PIONIERGEIST INSPIRIERT UNS AUCH HEUTE NOCH,
DIE REGELN DER FEINEN UHRMACHERKUNST STETS
ZU HINTERFRAGEN.
ROYAL OAK
EWIGER
KALENDER
EDELSTAHL.
DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG, 22. NOVEMBER 2015
ROTE
WER AUTOS LIEBT, LIEBT FERRARI. OBWOHL DAS UNTERNEHMEN
NERVT – SEINE AUTOS SIND ATEMBERAUBEND, AUCH IN DER
WERTENTWICKLUNG. 2016 WIRD DAS JAHR FÜR FERRARI: IN DER
FORMEL 1, IN HOLLYWOOD, AN DER BÖRSE, BEI AUKTIONEN
SEITE 13
SONNE
AUTOR
Ulf Poschardt
Krass
gebrettert
Daniel Brühl
In „Rush – Alles
für den Sieg“
spielt Brühl den
Niki Lauda des Jahres 1976, hier sitzt
er am Steuer eines
zeitgenössischen
Ferrari 308 GTB
Thomas Rabsch/ laif
SEITE 12
DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG, 22. NOVEMBER 2015
SEITE 14
V
ielleicht hat das besondere
Verhältnis der Ferrari-Fahrer zu ihren Autos damit zu
tun, dass sie ihr Leben
gerne und oft in die Sitze
ihres Ferrari legen. Wer
einen Ferrari richtig bewegt, gelangt zügig in einen
Bereich, in dem Mut, Können und Selbstbeherrschung gut harmonieren. Seit es Ferrari gibt, sind sie zu
schnell für die Straßen, für die sie erdacht wurden. Das hat
mit ihrem Erfinder zu tun. Enzo Ferrari, 1898 als Sohn
eines Handwerkers bei Modena geboren, erfüllte sich den
Kindheitstraum, Rennfahrer zu werden. Das machte er
nicht schlecht, aber er war intelligent genug zu erkennen,
dass er ein weitaus besserer Rennleiter wäre als ein Rennfahrer. Mit der Geburt seines Sohnes Dino hängte er den
Helm an den Nagel und begann Autos zu erträumen, um
sie dann zu bauen. Die DNA all dessen, was er schuf, war
von der Raserei infiziert.
Sein Geburtsort sollte zum Geburtsort seiner Erfindungen werden. Enzo Ferrari kommt aus dem Nirgendwo im
Süden von Bologna. Maranello ist kein schöner Ort, so
sehr sich die Ferrari-Bosse Luca di Montezemolo und auch
Jean Todt Mühe gaben, mit neuer Architektur im Werk das
Rustikale der Umgebung zu brechen. Der alte Eingang der
Fabrik hat etwas Muckeliges, er erinnert ein wenig an das
Werk 1 in Zuffenhausen. Die großen Genies der Automobilkunst, Ferdinand Porsche und Enzo Ferrari, waren denkbar
uneitel und fokussiert auf das Produkt. Für Ferraristi bleibt
aber die Verwunderung beim Erstbesuch: Wie kann es sein,
dass die elegantesten Autos der Welt aus einer derart uneleganten Kleinstadt in Italien stammen? Sebastian Vettel
beschreibt das Werk in Maranello als „etwas Magisches“.
Das Haus von Enzo Ferrari ist von einer kargen Schönheit. Es steht an der Teststrecke von Fiorano, wo alle Ferrari, jene für die Straße wie die für den Grand Prix, getestet
werden. Neben dem bescheidenen Schreibtisch des commendatore steht ein kleiner Monitor, mit dem er seine Rennfahrer beim Testen beobachten konnte. Daneben ein Telefon mit wenigen Knöpfen. Im Rücken von Ferrari waren die
hellgelben Fliesen mit dem Logo des springenden Pferdes
verziert. Enzo Ferrari hat nichts von der Welt gesehen: Er
war bei keinem Formel-1-Rennen vor Ort. Die Welt musste
zu ihm pilgern, der Papst ebenso wie der italienische Staatspräsident.
Less is a bore
Justin Bieber
& Rod Stewart
Erst 21 und schon
zwei Ferrari: Der
Popstar orderte den
Hybrid LaFerrari,
den 458 Italia fährt
er schon länger.
Altrocker Rod verkaufte 2014 am
Wohnsitz L.A. seinen roten F40, nun
führt er die Gattin
im 458 Spider aus.
In der britischen
Heimat bevorzugte
er den Ferrari Enzo
und den Testarossa
(und einen Lamborghini Murciélago)
Schon den ersten Ferrari, der 1947 unter diesem Namen
produziert wurde, gab es in drei Versionen. Als Sport, als
Competizione und als Gran Premio. Sie stehen für drei
Arten der Raserei: die zivile, die rennsportliche und die der
Formel 1. In allen drei schlagen das gleiche Herz und die
gleiche Seele. Werden aus dem „Anderthalbliter“-Zwölfzylinder für den Hausgebrauch 72 PS und eine Spitze von
175 km/h angepeilt, hat der Grand-Prix-Wagen „ca. 300“ PS,
wie die ersten PR-Texte in Deutschland erklären. Damit
sollte der 125 dank eines Leergewichts von nur 650 Kilo gut
280 km/h schnell sein. Die Rennversion des 125er gewinnt
sogleich den Großen Preis von Rom, am 25. Mai 1947.
Der erste Ferrari hat die Schönheit und Extravaganz
guter italienischer Küche. Sie ist auch dort virtuos, wo sie
das Einfachste arrangiert. Zum 60. Geburtstag der Marke
verbrachte der Autor dieser Zeilen einen Tag mit den berühmtesten Ferrari der Geschichte und mit Michael Schumacher in Fiorano. Der älteste Testfahrer von Ferrari (damals 69 Jahre!) ließ für mich den winzigen Zwölfzylinder
mit seinem fast lächerlichen 1,5-Liter-Hubraum an. Es
schepperte und röhrte, aber schon nach 30 Sekunden sang
der Motor mehr, als dass er lärmte.
Italien ist auch das Land der Oper. Vorsichtig, mit fast
kindlichem Respekt, kletterte der beste Rennfahrer aller
Zeiten in den 125 S. Der alte Testwagenfahrer gab Schumacher ein paar Tipps. Der Motor müsse ständig hochgedreht
werden, sonst gehe er aus. Als der 38-jährige Kerpener nach
der zweiten Runde den Wagen verstanden hatte, jagte er
ihn in einem Höllentempo über den Kurs. Die fünf Gänge
mussten mit Zwischengas geschaltet werden. Die unglaublich leichte Schüssel drehte problemlos bis 7000 Touren.
Der Ursprung von Ferrari im klassischen Rot verbreitet
als Miniatur jene Aura der Sportlichkeit, die seither bestimmend blieb. Eigentlich hat sich seither nichts geändert. Der Wahnsinn war von Anfang an schön, betörend,
aufreizend, die Grenzen der Physik bemühend. Beim Blick
unter die Motorhaube staunte der Experte: Einen kleineren
Zwölfzylinder wird es wohl nie mehr geben. Michael Schumacher hat damals gestanden, dass ihn alte Autos nicht
wirklich interessieren. Den 125 S liebte Schumacher trotzdem. Er hat ihn wieder fliegen lassen.
Den Namen erhielt der 125er vom Volumen jedes einzelnen Zylinders, der es auf 124,73 Kubikzentimeter brachte.
Eine technoide Kennzeichnung, die jenes Produkt purer
Leidenschaft semantisch abkühlte. Diese Tendenz sollte
bleiben, auch wenn sich die Namen – wohl anfangend mit
dem California, gipfelnd im Dino und rührend im Enzo –
weithin romantisierten.
action press
DER ERSTE FERRARI
Ferrari waren und sind Waffe und Spielzeug in einem,
Skulptur und Ingenieurskunst zugleich. Die Idee des deutschen Idealismus, dass das Wahre auch das Schöne und Gute
sei, sollte ebenso stimmen wie das klassizistische Ebenmaß,
das in Italien Palladio-Villen mit der unaufgeregten Eleganz
von Armani oder Loro Piana verband. Nur in den hyperhedonistischen 80er-Jahren verließ Ferrari diese vornehme
Tradition mit dem Testarossa und seinem kleinen achtzylindrigen, etwas zerknautschten Bruder, dem 348er, für jene
Show, die Ferrari eigentlich nie nötig hatte – und gerne den
geschmähten Kollegen in Sant’Agata überließ. Als Enzo Ferrari 1988 starb, war seine Marke ein wenig manieristisch und
exzentrisch geworden – und die Qualität wenig überzeugend.
Ein Jahr bevor Luca di Montezemolo Boss von Ferrari
wurde, hatte er sich einen Traum erfüllt. Als Belohnung für
die Kärrnerarbeit als Generaldirektor des Organisationskomitees der Fußball-WM 1990 in Italien hatte er sich den
neuen Ferrari 348 bestellt, doch die Freude währte kurz.
Der achtzylindrige Mittelmotorsportwagen war eher Pein
als Prämie. Montezemolo, von klein auf ein Ferrari-Fan,
pilotierte ein Fahrzeug, das in nahezu keiner Hinsicht dem
Mythos der wohl leidenschaftlichsten Sportwagenschmiede entsprach. Sein Entsetzen behielt er für sich. Erst Jahre
später, nachdem er den Laden aufgeräumt hatte, gab er in
einem Interview zu, wie enttäuscht er damals war: „Das
war das schlechteste Produkt, das Ferrari in langer Zeit
geschaffen hatte.“
Das hatten auch andere bemerkt. Autotester bemängelten, dass die angegebenen Beschleunigungs- und Höchstgeschwindigkeitswerte eher optimistische Fantasien waren
als harte Fakten. Die Schaltung hakte, das Blech schep-
perte, das Design erinnerte an einen zu heiß gewaschenen
Versace-Anzug. Selbst wenn Ferrari in der Vergangenheit
stets als liebenswerte Mängelprodukte verführt hatten, war
die Dimension der Produktenttäuschung zu groß. Auch
weil andere Sportwagenhersteller aufgeholt hatten. Das
Understatement und die Zuverlässigkeit der Porsche hatten Standards geschaffen, und nun war es ausgerechnet
eine japanische Flunder, die Ferraristi weltweit schockierte. Der Honda NSX jagte den Ferrari nicht nur auf Autobahnen von der Überholspur.
Als Fiat-Pate Gianni Agnelli in dieser Zeit Montezemolo
fragte, ob er Ferrari übernehmen und damit retten wollte,
sagte der schnell zu. Ferrari hatte nicht mehr viel Zeit. Die
Verkäufe waren eingebrochen. Statt 4000 Autos im Jahr
1990 verkauften die Italiener ein Jahr später nur mehr
knapp 2200 Stück. Die miese Lage des Unternehmens
erleichterte radikale Reformen. Alle Mitarbeiter wussten,
dass es so nicht weitergehen konnte. Mit preußischem Elan
ging der Piemonteser daran, die Firma umzukrempeln. Sie
sollte wieder mehr werden wie er: nobel, elegant und verlässlich. Und damit auch des Gründers der Firma würdig.
Montezemolo hatte Enzo Ferrari schon als Student derart
verehrt, dass er Anfang der 70er-Jahre in einer Radiosendung
über die damalige Krise bei Ferrari anrief, um den Gründer,
das Unternehmen und den Motorsport zu verteidigen. Obwohl nicht als Initiativbewerbung geplant, wurde dies der
Anfang einer wunderbaren Freundschaft. Der 74-jährige
Ferrari hatte die Sendung gehört und schickte umgehend
seine Biografie mit Widmung dem jungen Mann zu. Wenige
Monate später wurde Montezemolo persönlicher Assistent,
dann Leiter der Rennsportabteilung. Der Einserjurist war zu
„NIEMAND
ERINNERT
SICH DARAN
WER
ZWEITER
WURDE – UND
DAS WERDE
ICH NIEMALS
SEIN.“
*
SEITE 15
In den ersten drei
Minuten von
„Somewhere“ (2010)
spielt dieser
360 Modena die
Hauptrolle, danach
wird er in Sofia
Coppolas ArthouseFilm über einen
lebensgelangweilten
Schauspieler, der
ziellos durch Hollywood düst, zum
supporting actor
Studienzeiten selbst Autorennen auf Fiat und Lancia gefahren und konnte nun Leidenschaft und Manager-Ehrgeiz
einsetzen: für eine der ruhmreichsten Aufgabe des italienischen Sports, direkt nach der Squadra Azzurra.
Die Scuderia Ferrari hatte 1973 ihren absoluten Tiefpunkt
erreicht, das Team war das Gespött der Formel 1. Montezemolo ließ in dem heruntergewirtschafteten Rennstall keinen Stein auf dem anderen. Und wurde zügig belohnt. Mit
Niki Lauda wurde Ferrari drei Mal Weltmeister. Danach galt
Montezemolo, 30-jährig, als Legende. Als Heilsbringer verklärt, musste er in den 90er-Jahren beweisen, dass er kein
one-hit wonder war. Bei den Straßenfahrzeugen beendete er
die manieristisch-exotische Phase, in der fragwürdige technische Lösungen in groteskem Design serviert wurden. Die
vornehme Noblesse der Mailänder Oberschicht und die
Anmut von Comer-See-Anwesen waren einer lauten Vulgarität gewichen. Letztere bewährte sich als dramaturgisches
Detail für amerikanische Fernseh-Cops wie bei „Miami
Vice“, nicht aber als daily driver für die Vertreter europäischer Königshäuser oder stilsicherer Mittelständler aus
dem Rheinland, die neben den wunderbaren Porsche vor
allem Ferrari fuhren. Unter Montezemolo wurde in rasanter
Geschwindigkeit der Futurismus durch Klassizismus ersetzt
und die Anfälligkeit der Technik reduziert.
Aus dem verbeulten Klassiker, zu dem Ferrari geworden
war, machte Montezemolo wieder jenes Auto, das es in seinen Träumen stets war: die aufregendste und schönste Sache der Welt. Der Nachfolger des kleinen, missratenen 348er
war ein Wiedergänger der superklassischen 308- und 328Modelle, die wiederum nur eine Weiterführung der Dino
waren. Die beiden 12-Zylinder-GT, der 456 und der Maranello,
erinnerten an die große Tradition der Frontmotor-GT vom
250er bis zum Daytona. Mit der neuen alten Noblesse kam
nun eine technische Ausgereiftheit und Solidität zum Tragen, die man bei Ferrari lange, viel zu lange vernachlässigt
hatte. Ein Ferrari war vor Montezemolo eine fragile Diva,
stets der Nervenkrise näher als der pannenfreien Raserei.
Ende der 90er-Jahre wurde er ein nahezu preußisch verarbeiteter Luxusgegenstand. Montezemolo hielt sie rar.
D
DER NEUESTE
FERRARI
Bislang folgt auch der neue
Chef, Fiat-Tycoon Sergio
Marchionne, der Logik der
Verknappung. Ferrari ist eine
Art Monarchie. Und der Rücktritt Montezemolos, der eigentlich eine Entlassung war, zeigt, wie der einst übermächtige
König von einem Fiat-Boss im Pullover vom Hof gejagt wird.
Doch bislang hat der erste Nicht-Petrolhead an der Spitze dieses Unternehmens noch kein Unheil anrichten können. Vor wenigen Wochen wurde in Fiorano eine limitierte
Renn-Version des sowieso schon brachial motorisierten
Spitzenmodells F12 vorgestellt, der F12tdf – und alle Ferraristi wissen, was diese erratische Abkürzung bedeutet:
Tour de France. Damit verbeugt sich Ferrari einmal mehr
vor der eigenen Geschichte, die vor allem eine Geschichte
von Rennerfolgen ist.
Die Siege bei Grand Prix in Frankreich in den 50er-Jahren mit dem F250 führten zu Tour-de-France-Modellen, die
stets versuchten, das Rennerbe denkbar kompromisslos auf
die Straße zu bringen. Der F12tdF hat 780 PS, herausgekitzelt aus 6,3-Liter Hubraum und zwölf Zylindern. Von null
auf hundert springt dieser Ferrari in unter drei Sekunden.
Er ist leichter und hat sogar einen virtuell verkürzten Radstand, was ebenfalls eine Hommage an die Geschichte der
tdf-Modelle ist. Was sich wie ein Marketing-Gag anhört, ist
technisch betrachtet nichts anderes als eine mitlenkende
Hinterachse. Beim Einlenken in Kurven folgt der F12tdf
williger, spurtreuer und lässt höhere Kurvengeschwindigkeiten zu. Das ging früher eben nur durch einen verkürzten
Radstand. Ungeübte seien aber gewarnt: Bei abgeschalteten
elektronischen Fahrhilfen verlässt der Wagen die Haftungsgrenzen in Kurven so vehement, dass nur extrem schnelle
Fahrerreaktionen einen Abflug verhindern.
Den neuen F12tdf wird es nur 799 Mal geben, alle Exemplare sind längst verkauft – und das für je 451.000 Euro. Das
zahlen Sammler, die neuen Rendite- und Garagengold-Jäger
ebenso wie jene die-hard-Fans, die es sich erlauben könnten.
Mit viel Detailarbeit ist der F12tdF zu einem der extremsten
Ferrari der Markengeschichte gewachsen, was seine hohe
Begehrlichkeit erklärt. Dass die starke Perforierung der
Außenhaut durch neue Luftkanäle und Flaps verhindert,
dass er den Schönheitspreis gewinnt, wird die HardcoreFans und Beschleunigungsjunkies nicht interessieren.
In Deutschland, immerhin einem der größten Märkte für
Ferrari weltweit, gibt es knapp 7000 Autos mit dem
ddp images/ Tobis Film
Car Porn
Stephen Dorff
schwarzen springenden Pferd auf gelbem Hintergrund. Von
denen wohl gut die Hälfte ihr Leben komplett in der Garage verbringt und die andere Hälfte bestenfalls sporadisch
ausgeführt wird. Bei insgesamt über 43 Millionen zugelassenen Fahrzeugen eine wahrhaft feenhafte Existenz.
Diese seltenen Anblicke eines echten Ferrari werden
kontrastiert mit der medialen Omnipräsenz dieser Sportwagen. Natürlich dank der Formel 1, und jener besonderen
Verbindung deutscher Fahrer wie Wolfgang Berghe von
Trips, dann Michael Schumacher und nun schließlich Sebastian Vettel. Auch junge Menschen, die mit Autos eigentlich nicht mehr viel am Hut haben wollen, drehen den
Kopf um, wenn ein Ferrari vorbeifährt, weil die Marke in
den angesagten Computerspielen ebenso prominent vertreten ist wie in Lego-Spielsets und Hollwoodfilmen. Justin Bieber fährt eben auch am liebsten Ferrari, Paris Hilton
sowieso, und Rod Stewart kann auch nicht anders.
DER AKTUELLE HYPE
Wer Autos liebt, kommt am Ende an Ferrari nicht vorbei.
Im Augenblick nimmt die Liebe rauschhafte Züge an: Wer
alte Autos liebt, kommt auch an alten Ferrari nicht vorbei.
Der High End-Bereich des Vintage-Handels und der Versteigerungen wird im Augenblick dominiert und fast monopolisiert durch das hochpreisige Verschieben von handgemachten Raritäten aus Maranello. Der 250 GTO ist das
im Augenblick teuerste Auto der Welt: 35 Millionen Dollar.
Doch auch die Young- und Newtimer von Ferrari erleben
gerade eine Nachfrage, die selbst jene überrascht, die sich
DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG, 22. NOVEMBER 2015
SEITE 16
„Tower Heist“,
US-Komödie, 2011:
250 GT Lusso
„The Man with
Bogart’s Face“,
US-Film, 1980
Alain Delon im 250 GT, um 1964
„Ferris macht blau“
US-Komödie, 1986: 250 GT
„Miami Vice“,
US-Serie, 1988:
Testarossa
Steve McQueen mit dem Geburtstagsgeschenk
von seiner Frau, einem 250 GT Lusso, um 1966
„La lune dans le caniveau“,
französisches Drama, 1983
MOVIES, MYTHEN
& TV-LEGENDEN
„Magnum“, US-Serie,
ab 1980: 308 GTS
Daft Punk: „Elektroma“, 2011
® Auf Google gibt es über 290 Millionen Einträge zum Thema Ferrari. Mercedes hat immerhin 419 Millionen, Sex knapp 1,7 Milliarden.
Amazon.com listet 11.836 Einträge unter FerrariBüchern, Mercedes: über 12.000, Sex: rund
318.000.
® Enzo Anselmo
Ferrari kam am
18. Februar 1898 in
Modena zur Welt.
Sein offizielles
Geburtsdatum ist
aber der 20.
Februar – weil es
derart stark
schneite, konnten
ihn seine Eltern
Alfredo und
Adalgisa, geborene Bisbini, erst zwei Tage später an-
melden. Auch sein Tod am 14. August 1988
wurde der Öffentlichkeit erst zwei Tage später
bekannt gemacht.
® Enzo hatte einen
älteren Bruder, Alfredo
(der 1916 an einer Grippe
starb, aus dem gleichen
Grund und im gleichen
Jahr wie sein Vater). Er
heiratete Laura Dominica Garello im Jahr 1923,
sie gebar ihm 1932 einen
Sohn, Alfredo, besser
bekannt als Dino. Mit seiner Geliebten Lina
Lardi degli Adelardi hatte er 1945 einen zweiten
Sohn, Piero, den er erst 1978, nach dem Tod von
Laura, anerkennen konnte und der heute VizePräsident von Ferrari ist sowie 10 Prozent der
Aktien besitzt. Diese sind seit dem Börsengang
am 23.10.2015 rund eine Milliarde Euro wert.
® Sein erstes Rennen sah Enzo im Alter von
zehn Jahren in Bologna, es gewann Felice Nazzaro; damals beschloss er, Rennfahrer zu werden.
Mit 13 lernte er fahren, sein erster Start erfolgte 1919 am Steuer eines C.M.N., ein Bergrennen
von Parma auf den Poggio di Berceto:
Ferrari wurde Vierter in der Klasse bis drei Liter.
Insgesamt bestritt er 47 Rennen, als wertvollstes Resultat darf aber sein zweiter Rang bei
der Targa Florio 1920 gewertet werden.
® Seine Mutter Adalgisa und seine Gattin Laura
konnten einander
nicht ausstehen.
Trotzdem kaufte
Enzo den beiden
in Modena eine
riesige Villa, die
sie je zur Hälfte
bewohnten.
® Zwar wurde Enzo Ferrari später gerne als
il commendatore betitelt, doch in seiner Zeit bei
Alfa Romeo hatte er einen anderen Beinamen:
il drago, der Drache. Er war anscheinend schon
damals ein unangenehmer Vorgesetzter.
Mauro Forghieri, viele Jahre Chefkonstrukteur bei Ferrari, sagte einmal über seinen
Chef: „Als Konstrukteur ein Genie, als
Mensch eine Null.“
„Bad Boys II“
US-Actionfilm,
2003: 550
® Fast 20 Jahren lang arbeitete Enzo Ferrari für
Alfa Romeo, ab 1920 als Werksfahrer, später als
Leiter der Rennabteilung. Die außergewöhnlichste Maschine, die er von seinen Ingenieuren
einforderte, war der Bimotore, je ein Kompressor-Achtzylinder vorne und hinten, Allradantrieb, 540 PS. Es funktionierte allerdings nicht.
® Das erste von Enzo Ferrari
konstruierte Fahrzeug
stammte aus seiner
eigenen Firma Auto
Avio Costruzioni: der
AAC 815 aus dem Jahre
1940. Alberto Ascari fuhr
den
Wagen mit einem 72 PS starken
1,5-LiterReihenachtzylinder erstmals bei der Mille Miglia
1940, kam aber nicht ins Ziel. Zwei Exemplare
wurden produziert, eines existiert heute noch.
® 1943 zog Ferrari von Modena
nach Maranello um,
dies mit Unterstützung von Mussolini.
Die Fabrik wurde 1944 von den Engländern
zerbombt, 1946 wieder aufgebaut. Der erste
Ferrari war ein Jahr später der 125 S mit einem
von Aurelio Lampredi konstruierten 1,5-LiterV12-Motor.
® Der erste Ferrari-Rennsieg geht auf das Konto
von Franco Cortese, in Rom 1947. Den ersten
internationalen Sieg für Ferrari schaffte Alberto
Ascari beim Großen Preis der Schweiz 1949.
Unterdessen hat Ferrari über 900 Formel-1Rennen bestritten (Rekord), 16 Mal den Konstrukteurstitel gewonnen (Rekord), 15 Mal den
Fahrer-Titel für sich holen können (Rekord),
223 Rennen gewonnen (Rekord), 208 PolePositions, 232 schnellste Runden geschafft (Rekord). Außerdem gewann Ferrari neun Mal die
24 Stunden von Le Mans (kein Rekord, den hält
Porsche mit 17 Siegen).
® Es stimmt nicht, dass Ferrari an allen Formel-1-Rennen teilgenommen hat. Beim allerersten Grand Prix in Silverstone am 13. Mai 1950
war Ferrari nicht dabei. Am 18. Juli 1959 fehlten
Wayne Miller/Magnum Photos/Agentur Focus; Chester Maydole/intertopics; NBC Universal/Getty Images; A.P.L. All Star Picture Library; Mute Records; action press (7)
„Can‘t buy me love“,
US-Komödie, 1987: 328 GTS
die Italiener beim GP von Großbritanien – weil
die Fahrer streikten. In den 60er-Jahren mussten
einige Übersee-Rennen aus Geldmangel ausgelassen werden, und ab Saisonmitte 1973 blieb
das Team Ferrari daheim in Maranello, weil man
keinen Blumentopf gewinnen konnte.
® Der Tod seines Sohnes Dino 1956 war der
schlimmste Moment im Leben von Enzo Ferrari –
und danach setzte er seine Sonnenbrille nicht
mehr ab. Doch entgegen der oft gehörten Meinung, dass er seine Rennfahrer nicht gut behandelte, hatte er sehr wohl eine sehr enge Beziehung zu einigen von ihnen. Der Tod von Alberto
Ascari ging ihm sehr nahe; und von Gilles
Villeneuve, der am 8. Mai 1982 verstarb, hängte
er ein Bild neben das Foto seines Sohnes Alfredo.
® Ferrari fuhr nur selten eines seiner
eigenen Autos, „ich kann mir das
nicht leisten“, sagte er gerne. Dafür
bewegte er in Modena und Maranello jahrzehntelang ein Motorrad
der britischen Marke Rudge.
SEITE 17
hauptberuflich damit auseinandersetzen. So wie der Händler
Dr. Ralf-Hendrik Steinkühler, der sich vor zwei Jahren mit
der charmanten Idee selbstständig machte und dafür seinen
gut bezahlten Job als Manager im Maschinenbau verließ, um
„günstige“ Einstiegsferrari zu verkaufen. Die waren bislang
vom Markt eher vernachlässigt worden. Doch die angebotenen Modena, Maranello, 355er und 400i haben sich in den
vergangenen eineinhalb Jahren von Gebrauchtwagen zu
Klassikern von morgen verwandelt. Mit Wertentwicklungen,
die kaum ein Aktiendepot oder ein Fonds anzubieten hat.
Der im Ton eher nüchterne, im Umgang mit den Autos
angenehm penible Steinkühler hat sich schon in früher
Jugend in Italien und Ferrari verliebt. Dazu gehörten Urlaube mit den Eltern, der erste Alfa Romeo, den er zu Studienzeiten fuhr und schließlich die Formel 1. In Steinkühlers
Kindheit war das Team Ferrari der einzige Autohersteller,
der nicht nur Motoren lieferte, sondern der gleich ein komplettes Fahrzeug konstruierte und es mit einem eigenen
Team einsetzte. „All das hat mich fasziniert und mich mit
dem Ferrari-Virus infiziert. Bestimmte Modellautos in der
Kindheit spielten sicherlich auch eine Rolle.“
Die Geschäftsidee zu Emilia Auto war dann nur eine Frage
der Zeit. Viele Gespräche mit anderen Ferraristi und die
eigene Erfahrung bei der Suche nach geeigneten Fahrzeugen
haben den promovierten Kaufmann überzeugt, dass am
Markt vieles nicht dem entspricht, was man sich unter einem zuverlässigen und gepflegten Exemplar vorstellt. „Das
hat mich in meinem Wunsch bestärkt, hier anzusetzen und
eben diesen Service anzubieten: mit einer genauen Analyse
des Marktes und einer gehörigen Portion Leidenschaft just
die Wagen zu finden, die den zukünftigen Besitzern genau
die Faszination vermitteln, wie ich sie empfinde.“
Wie alle Ferraristi kennt Steinkühler auch die Schattenseiten. „Worüber meine Töchter heute noch schmunzeln:
Als wir an einem lauen Sommerabend in einem kleinen Ort
vor einem italienischen Restaurant liegen blieben. Kein
technischer Defekt, nein, die etwas eigenwillige Tankuhr
meines Mondial t. Zum Glück war die nächste Tankstelle
nicht weit. In der Zwischenzeit nutzte der italienische
Koch die Zeit für ein paar Schnappschüsse und erinnert
sich heute noch an mich. Nicht die Art von Aufmerksamkeit, die man sich als Ferrari-Besitzer wünscht.“
Aber dennoch: Selbst eine Panne wird mit dem Ferrari
etwas Unvergessliches. Wenig charmant ist es, dass der
Norddeutsche als Ferrari-Fahrer schon mehrfach die Beifahrerin bitten musste, vor dem Überqueren eines Bordsteins oder einer Rampe das Auto zu verlassen, um durch
die Gewichtsentlastung die Bodenfreiheit auf das nötige
Maß zu erhöhen. Auch diese Art von Irrsinn gehört zum
Alltag mit einem Ferrari dazu. Wer etwas anderes will,
kann ja einen Jaguar, Bentley oder Mercedes kaufen.
An seine Kunden mailt Steinkühler stets seine genauen
Marktbeobachtungen. Und er staunt selbst ein wenig über
die Dynamik bei einigen gebrauchten Ferrari. Im ersten
Halbjahr 2015 hat sich der Markt für klassische Fahrzeuge
und speziell für Ferrari und andere italienische Sportwagen
weiterhin sehr dynamisch entwickelt, und einzelne Modelle
haben gehörige Preissprünge gemacht. Besonders die jüngeren Modelle wie F355, 550/575M Maranello und Testarossa
sowie 512 TR und M waren begehrt und haben preislich weiter zulegen können. Im Vorjahresvergleich sind die heute
gezahlten Preise oft mehr als doppelt so hoch.
Im dritten Quartal 2015 hat sich die Entwicklung etwas
beruhigt und die Aufwärtstendenz sich nicht bei allen Modellen fortgesetzt. Die Preise blieben seitdem eher stabil,
außer bei Modellen, bei denen der Markt zur Zeit sehr eng
ist, wie zum Beispiel beim Ferrari F355 GTS. Wir gehen davon aus, dass sich der positive Trend der Preise jedoch fortsetzen wird. Dies gilt vor allem für Exemplare mit besonderen Eigenschaften wie lückenlos nachvollziehbarer Historie,
besonderen und seltenen Ausstattungen – und speziell für
Versionen, die in sehr geringer Stückzahl produziert wurden.
HOLLYWOOD LIEBT FERRARI
Dazu passt, dass 2016 auch Hollywood in einem ungewöhnlichen Doppelschlag und ohne wirklichen aktuellen Anlass
zwei Ferrari-Filme drehen und in die Kinos bringen will.
Angeführt werden die Projekte von zwei Legenden. Auf der
einen Seite Robert de Niro, der Enzo Ferrari selbst spielen
will, in einem Biopic, das die Lebensgeschichte des commendatore nacherzählen soll. Deutlich petrolheadiger könnte es
in dem Film von Michael Mann werden, dessen FerrariLeidenschaft in seinem Werk schon markante Spuren hinterlassen hat und die italienische Sportwagenmarke zu einer
Hauptdarstellerin in der Fernsehserie „Miami Vice“ gemacht
hatte. Während in den ersten beiden Staffeln noch eine Re-
® Der Sieg von Phil Hill
beim Großen Preis von
Italien 1960 in einem Dino
246 war der letzte Triumph
eines Formel-Rennwagens
mit Frontmotor.
® Ein unschönes Kapitel: die Palast-Revolution
im Herbst 1961. Vertriebsleiter Girolamo Gardini hatte ein Problem mit Laura Ferrari, die
großen Einfluss auf Enzo und die Verkaufsstrategien hatte. In der Folge musste Gardini
gehen – und mit ihm nahmen der Direktor der
Prototypen-Entwicklung, Giotto Bizzarrini,
Entwicklungschef Carlo Chiti, der Rennleiter
Romolo Tavoni, Fausto Galasi und Enzo Selmi
ihre Hüte. Bizzarrini und Chiti waren herbe
Verluste: Beide hatten maßgeblich zur Entwicklung des 250 SWB und des 250 GTO beigetragen – und ärgerten Ferrari in der Folge mit
starker Konkurrenz: Chiti bei Alfa Romeo und
mit Autodelta, Bizzarrini bei A.T.S., Iso und
Lamborghini.
plika mit Corvette-Basis das wertvolle Daytona-Cabrio mimen musste, drohte Ferrari den Produzenten mit einer Klage, falls diese Produktfälschung weiter so liebevoll inszeniert
würde – und bot freundlicherweise zwei Testarossa an, die
ab der dritten Staffel zum Dienstwagen für den UndercoverCop Sonny Crockett (Don Johnson) werden sollte. Zuckerbrot und Peitsche auf Italienisch.
Als Mann 2006 ein Kino-Update der zum Klassiker gereiften TV-Serie drehte, war klar, dass auch der FerrariDienstwagen in die Gegenwart transformiert werden musste. Heraus kam ein 430 Spider, der praktisch mit den ersten
Szenen zum Dingsymbol eines abenteuerlichen, wenig
beamtenartigen Lebensstils werden sollte. Wie auch in der
Fernsehserie ist dieser Sportwagen ein blechernes Double
seiner Piloten. Er ist der Held als Auto.
Wie melancholisch und zerbrechlich man sich diesen
Helden vorstellen muss, davon erzählte Sofia Coppola in
ihrem leider etwas übersehenen Meisterwerk „Somewhere“
aus dem Jahr 2010, das das späte Erwachsenwerden eines
kindlich egoistischen Hollywoodstars erzählt, der durch die
intensiven Tage und Wochen mit seiner Tochter Abstand
von seinem ebenso hohlen wie glamourösen Leben gewinnt. Der Film startet mit Aufnahmen auf einem racetrack,
auf dem ein schwarzer 360 Modena einsame Runden dreht,
in seiner Sinnlosigkeit so arrangiert wie ein Beckett-Theaterstück. Es endet knapp 100 Minuten später mit einem
Helden, der seinen Ferrari (die Analogie zum schwarzen
Hengst des Cowboys) am Straßenrand mitten im kalifornischen Nirgendwo stehen lässt, die Schlüssel stecken
noch, und grinsend losmarschiert. Ein neues Leben wartet
auf ihn. Dafür muss er aber seinen Ferrari zurücklassen.
D
DAS UNTERNEHMEN
NERVT
Ferrari ist im Kontakt ein
mitunter furchtbares
Unternehmen. Auch in
Vorbereitung dieser Geschichte war die Kommunikation mit Ferrari,
ob in Deutschland oder in Italien, eine ziemliche Katastrophe. Eigentlich so dysfunktional, wie man das von keinem
anderen Unternehmen kennt, von Sekten abgesehen. Das
passte ein wenig zu dem, was Chris Harris, der wunderbare
englische Autoblogger, so erlebt hat und so lange erlebt hat,
bis er sich entschied, auszupacken: auf Jalopnik, dieser Website für Autoverrückte. Auszupacken über den Kontrollwahn,
die Manipulation, die Gängelung des Journalisten, den Versuch, Tests so zu drehen, dass am Ende in jedem Fall Ferrari
gewinnt – oder aber es gibt keinen Ferrari zum Test. Harris
kotzte sich aus, verkaufte seinen 575 Maranello und wollte
kein Ferrari-Besitzer mehr sein. Er hatte genug. Das war 2011.
Er hielt es nicht lange aus, weil er die Firma zwar noch
immer nicht mochte, aber es so sehr vermisste, Ferrari zu
fahren. Deswegen kaufte er sich wenig später einen 599 GTB
und wurde von Ferrari begnadigt. Seitdem berichtet er wieder
begeistert, wie es sich anfühlt, diese grandiosen, irre schnellen Rennwagen für die Straße zu fahren. Wir hier bei der
PS WELT stehen immer noch unter Schock über eine wirklich einzigartige Mischung aus Chaos, Volatilität und dem
Versuch, den Journalisten von seinem Vorhaben über Ferrari
abzuhalten. Wir sind so etwas – kurzum – nicht gewohnt.
Die drei berühmtesten Motorjournalisten der Welt, Jeremy Clarkson, James May und Richard Hammond, sind allesamt Ferrari-Fans, -Käufer, -Fahrer, aber auch sie staunen
manchmal über Ferrari. Zuletzt auch über die Neigung der
Firma, ihr Label auf Aftershaves und carbonfolierten Helmen
zu verkaufen, die mit der Farbe jenes Ferrari abgestimmt
sind, den die wenigsten Helm- oder Aftershavekäufer haben.
Das Merchandising hat die Neigung, das Label zu vulgarisieren, anstatt dessen endlose Eleganz und Designtradition
nachhaltig weiterzuentwickeln. Die konsumistische Phänomenologie des Neureichen wird ebenso bedient wie jene des
protzenden Ehrgeizlings, der vor allem bluffen will. Bis zum
Kohlefaser-Schachspiel für 1600 Euro ist alles dabei.
Auch die Aktie hat ein wenig den Ruch des Lauten. Bemerkenswert ist das Börsenkürzel RACE, unter dem das
Unternehmen an der Wall Street gelistet ist. Fiat hatte zehn
Prozent seines Anteils zu 52 Dollar an die Börse gebracht
und will den Rest auch noch verkaufen, um Geld für die
anderen Marken zu haben. Das Unternehmen bringt 10,1
Milliarden Dollar auf die Börsenwaage und hat im vergangenen Jahr netto 282 Millionen Dollar verdient. Ferrari
22
Fakten über
Maranello
Von PETER RUCH
® Bizzarrini hatte 1958
einen kleinen Vierzylinder mit 1-LiterHubraum konstruiert.
Der Wagen hätte eigentlich als Ferrarina verkauft
werden sollen, doch Enzo Ferrari verbot es. Als
ASA 1000 GT kam der Wagen mit 97 PS trotzdem auf den Markt, wahrscheinlich 120 Stück
wurden gebaut. Oder vielleicht auch nur 52 ...
® Es gab aber auch Rennwagen mit VierzylinderMotoren, der berühmteste war der 500 Mondial
von 1953, der auch der erste von Scaglietti
eingekleidete Ferrari war. Sechszylinder gab es
mehr, zumeist unter der Bezeichnung Dino.
® Ferruccio Lamborghini war ein guter Kunde
bei Ferrari. Er besaß auch einen 250 GT, mit dem
er 1962 Ärger mit der Kupplung hatte. Er fuhr
immer wieder nach Maranello, wo der Wagen
wird damit mit dem 35-fachen seines Gewinns bewertet,
was sehr hoch ist, auch wenn man in diesem Jahr durch
den Verkauf von 7700 Autos deutlich mehr verdienen will.
Immerhin liegt die operative Marge mit 14 Prozent deutlich über dem Branchenschnitt von 4,7 Prozent. Die Aktie
gehört wegen der hohen Bewertung zu den Lieblingen der
shortseller, das sind jene Menschen, die auf einen fallenden
Preis spekulieren. Ablesen lässt es sich daran, dass 78 Prozent der verfügbaren Aktien verliehen sind. Durch die
shortseller ist die Aktie bereits von über 60 auf aktuell
53,71 Dollar gefallen. Autoaktien sind im Durchschnitt mit
einem KGV von zehn bewertet, Ferrari als Luxusanbieter
würde ich die doppelte Bewertung zutrauen. Dafür müssen
aber ordentliche Zahlen her. Für Experten ist die Aktie
kein Kerninvestment, sondern eher ein Liebhaber-Stück
für jemanden, dem der Party Talk über den Besitz der
Aktie wichtiger ist als die bloße Rendite.
MARANELLO UNDERGROUND
„ICH HABE
EINEN ZWÖLFZYLINDERMOTOR
GEHEIRATET
UND MICH NIE
SCHEIDEN
LASSEN.“
*
dann für mehrere Stunden in der
Werkstatt verschwand. Doch das
Problem konnte nie zur Zufriedenheit von Lamborghini gelöst werden.
Er fand dann heraus, dass Ferrari jene
Kupplung beim gleichen Hersteller bezog wie er
die für seine Traktoren, und maßte sich nicht nur
an, eine stärkere Variante in seinen Ferrari
einzubauen, sondern die auch noch in Maranello
vorführen zu wollen.
® 1963 hatte Ford genug von den dauernden
Ferrari-Siegen in Le Mans – und bot damals
unglaubliche 18 Millionen Dollar für den ganzen
Betrieb. Doch Ferrari wollte die Herrschaft über
den Rennbetrieb behalten, so kam der Deal nicht
zustande. Die Amerikaner bauten dann mit Hilfe
von Lola den GT40, der die Siegesserie beim
legendären 24-Stunden-Rennen 1966 beendte.
1969 verkaufte Ferrari 40 Prozent seiner
Firma an Fiat.
® Es gab nie einen echten Viersitzer im ModellProgramm von Ferrari. Am nächsten noch im
Dazu passt auch ein wenig die offizielle Markenpflege in
den Klubs. Die möglicherweise stets etwas Prätentiöses
haben, bei Ferrari aber oft genug wie ZDF-FernsehspielVariationen des Lebens der oberen Zehntausend anmuten.
Da bekommt das Ferrari-Fahren dann etwas Gediegenes,
was eigentlich dem athletischen Individualismus der Autos
widerspricht. Das Internet ist voll mit Videos jener Parvenüs, die äußerst ungeschickt und tumb ihre nagelneuen
Geschosse gegen Bäume, Häuserwände oder über den Fuß
eines Polizisten setzen.
Der Ferrari-Fahrer als Aufschneider, der an allen gut
besuchten Verkehrskreuzungen von Metropolen quietschende Ampelstarts und lächerliche Stop-and-go-Manöver
praktiziert, ist ebenfalls gut dokumentiert. Dort wird der
Ferrari-Fahrer eine Art unansehnliche Karikatur, laut und
ordinär. Käufer von Secondhand-Ferraris lernen eigenwillige Menschen kennen, die auf fast rührende Weise ihren
letzten Euro zusammengekratzt haben, um sich einen
Traum zu erfüllen, der ihren Lebensstil überfordert oder
eine ziemlich fragwürdige Existenz aufwerten soll. Der
amerikanische Autoblogger Doug DeMuro hat sehr lustig
beschrieben, wie es ist, einen Ferrari zu suchen und zu
kaufen, und wie schwierig es ist, einen zu verkaufen. Das
mag bei anderen Labels auch nicht anders sein, doch die
Extreme bei Ferrari sind besonders. Ganz zu schweigen
von den Händlern, die sich mit Ferrari schmücken.
Natürlich war Ferrari eigentlich das Auto der Könige
und Weltstars, der Intellektuellen und Playboys. Künstler
wie Frank Stella wurden und werden von ihren Kindern
aufgezogen, weil sie das ganze, viele Geld in Rennpferden
und Ferrari anlegen. Auch Andreas Gursky bekennt sich,
wenn auch in der für ihn so typisch stillen und bescheidenen Art, zum Ferrari-Fahren, indem er es nicht versteckt
oder daraus ein Geheimnis macht. Ob hyperinnovative
Werber oder Internet-Start-up, die kreativen Eliten lieben
Ferrari, wenn sie es sich leisten können. Sie verkörpern
auch eine Art Idee des Ferrari-Fahrers.
Elvir Omerbegovic, der Selfmade-Rap-Mogul aus Düsseldorf, kann mit Gediegenem wenig anfangen. Der ehemalige
Basketball-Profi, hochgewachsen und sichtbar durchtrainiert, wirkt mit seinen Tattoos denkbar untypisch für die
Typologie des Ferrari-Fahrers. In seiner Garage stehen ein
Ferrari und ein Porsche. Eine durchaus übliche Dreiecksbeziehung unter Petrolheads. Für den Multimillionär bedeutet Ferrari „in erster Linie Freude, es wird quasi ein Instantlächeln auf das Gesicht gezaubert. Ferrari ist in jedem
Fall dazu in der Lage, die komplette Bandbreite an Emotionen abzurufen.“ Um dann zu ergänzen: „Angst ist dabei
weniger geil, aber kommt zumeist beim Bremsen.“ Lachen.
Seinen Porsche 911 Turbo S liebt er wie seine Ehefrau. „Stets
einsatzbereit, smart und dennoch ein super Sportwagen.
Der perfekte Begleiter. Der 458 Spider ist die rassige Sommergeliebte. Wenig rational, aber so verführerisch irrational, dass man bei gutem Wetter nicht von ihr lässt.“
Omerbegovic steht für einen neuen Typus Ferrari-Fahrer, so wie Hank Moody mit der US-Serie „Californication“
sexsüchtig, punkig und zynisch einen neuen Typus Porsche-Fahrer prominent machte. Auch Thomas Marecki,
Skateboarder, Snowboarder, Verleger, Designer verkörpert
einen new-school-Ferraristo. Er hat zwei alte Ferrari, einen
Dino 308 GT4 und einen Mondial t, mit denen er medial
schon jede Menge Aufmerksamkeit erhalten hat. Warum?
Weil das so gar nicht zu jener gediegenen Etabliertheit der
Neuwagenkunden passt. „Zuviel Statusgebaren im Habitus“, vermutet Marecki, „aber so wird das Auto nun mal
verkauft.“ Was für ihn, den Styler mit polnischen Wurzeln,
Ferrari von allen anderen Marken unterscheidet, ist, dass
Prototyp Pinin von
Pininfarina im Jahr
1980. Enzo verbot
die Serienproduktion.
® Der 308 GT4 von 1973 war in verschiedener
Hinsicht ein außergewöhnliches Fahrzeug für
Ferrari. So war er das erste Serienprodukt aus
Maranello, das von
Bertone gezeichnet
wurde. Eigentlich
sollte die Karosserie aus Fiberglas
bestehen. Die
ersten Prototypen vibrierten so stark, dass die
Anbauteile wegflogen. Im letzten Moment wurde
die Produktion auf Stahl umgestellt.
® Der Mondial war Nachfolger des 308 GT4 –
und wurde wieder von Pininfarina gezeichnet.
Das zwischen 1980 und 1989 gebaute Modell, das
anfangs nur gerade 214 PS stark war, gilt als
langweiligster Ferrari aller Zeiten. Entsprechend
tief sind die Preise heute.
® Der erste Ferrari mit Automatik-Getriebe war
der 400GT im Jahre 1976. 400er Ferrari mit
manueller Schaltung erreichen heute doppelt so
hohe Preise wie diese Automaten. Ferrari hatte
auch die halbautomatische Schaltung in die
Formel 1 eingeführt, Nigel Mansell gewann den
Großen Preis von Brasilien im Jahr 1989 gleich
beim ersten Auftritt.
® Die 38,115 Millionen Dollar, die im August
2014 für einen Ferrari 250 GTO auf einer Bonham's-Versteigerung in den USA bezahlt wurden,
sind als offizieller Weltrekord für ein Automobil
eingetragen. Es gilt aber als sicher, dass Ende der
80er-Jahre sowie im vergangenen Jahr auch
schon über 50 Millionen für einen GTO bezahlt
wurden. Nettes Detail: Der englische Rennfahrer
Alain de Cadenet hatte 1966 einen GTO für 2500
Pfund gekauft, fuhr ein Jahr Rennen damit – und
verschacherte ihn danach, in erbärmlichem
Zustand, wie er selber sagte, für 1500 Pfund.
DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG, 22. NOVEMBER 2015
SEITE 18
He’s gotta
have it!
Einer unserer Autoren plünderte
vor über einem Jahr sein Sparkonto,
um einen 575 Maranello zu kaufen.
Jetzt will er – mehr. Und findet gute
Gründe dafür
Auf ps.welt.de können Sie noch dieses Jahr lesen, was es
denn für einer geworden. Oder wenn falls Sie einen loswerden wollen: an ps@welt.de mailen.
Bulls / Bauer Griffin
D
er Ferrari 575 M war das beste Invest in
meinem Leben. Als ich ihn im September des vergangenen Jahres zum Preis
eines bescheidenen Audi A6 Avant kaufte, folgte ich einer Laune und einem
alten Impuls, der aus der Zeit rührte, als ich als junger
Mann kein schöneres Auto kannte. Da ich schon vorher
einmal einen Ferrari besessen hatte, behaupteten einige
Freunde, ich wäre rückfällig geworden. Jetzt, nach gut
einem Jahr, kann ich nur sagen: Wenige Dinge – abseits
meiner Familie und dem Job – machen mehr Freude.
Nichts hat innerhalb von 15 Monaten eine vergleichbare
Wertentwicklung genommen. Heute dürfte so ein topgepflegter Maranello, zweite Hand mit gut 39.000 Kilometern, über 100.000 Euro teuer sein und die Tendenz
ist weiter steigend.
In der britischen Oldtimer-Bibel „Classic Car“ wird
bei den Kauftipps für 2016 bloß ein einziges Auto zweimal empfohlen, der Maranello, sowohl der 550er als
auch der 575. Nur ganz kurz: Deswegen habe ich diesen
benzinschluckenden GT nicht gekauft, es hilft nur,
sicherzustellen, dass der Wahnsinn mit der Hauptidentität der hart arbeitenden schwäbischen Hausfrau nicht
kollidiert. Im Gegenteil, in Nullzins-Zeiten sind Bluechip-Oldtimer wie Mercedes, Porsche oder Ferrari hervorragende Wertanlagen, die darüber hinaus ihre Rendite in Euphorie, Endorphinen, Abenteuern und ästhetischer Erziehung auszahlen.
Meine Fahrt in den nördlichsten Norden der Republik, frühmorgens an einem Samstag hin und frühmorgens an einem Sonntag zurück auf komplett leeren
Autobahnen, hat verdeutlicht, wie gut und sicher der
Maranello auch über Tempo 300 auf der Straße liegt.
Ganz ohne Spoiler. Schreiend, jubelnd saß ich, die Hände sehr fest am Lenkrad, als der Motor bei Tempo 280
nochmals richtig lospolterte. Kultiviert, samten, brachial, zwölfzylindrig, einzigartig. Nur beim Tanken, dem
häufigen, habe ich gemerkt, dass knapp sechs Liter
Hubraum dann doch Zeit kosten – an der Zapfsäule.
Dieser Maranello in seiner ausgereiftesten Version als
575 M bietet mit dem Fiorano-Paket (das für sportliche
Fahrer unerlässlich ist und extrem zu empfehlen) einen
ziemlich einzigartigen Fahrgenuss. Verpackt in einer
megadezente Hülle.
Irgendwann im Laufe des vergangenen Jahres ist mir
klar geworden, dass ich noch einen weiteren Ferrari
will. Den Maranello könnte ich mir jetzt nicht mehr
leisten, die anderen Ferraris steigen und steigen. Sie
werden – so verriet mir das PS WELT-Team – eher
teurer werden. Also habe ich mit der Bank telefoniert,
meine alte Schweizer Uhr verkauft und sonstige Wertsachen im Haus via Ebay und Secondhand versilbert. Ja,
es sind klare Anzeichen einer Sucht. Nein, ich will nicht
therapiert werden. Aber Treffen der Anonymen FerrariFahrer würde ich gerne besuchen – wenn sie denn ein
wenig Anreise über Landstraße erfordern.
Seit gut zwei Monaten suche ich und eigentlich wollte ich meinen Lesern erzählen, welcher es geworden ist.
Am nächsten kam ich dem 360 Modena, den ich in
Brüssel vom Parkplatz eines Global Players zu einer
Testfahrt abholte. Zuerst mit dem verkaufenden Topmanager am Steuer, dann – etwas widerwillig – mit mir.
Und auf der Autobahn und zügig in Kurven. Aber am
Ende war es nicht die richtige Farbe, in den Details gab
es zu viele Minizeichen von Verwahrlosung. Ich sagte
schweren Herzens ab, denn der kultivierte Mann war
als solcher einer der wenigen Verkäufer mit Bildung
und Manieren. Ansonsten herrscht ein Alptraum aus
Halbkompetenz, miesem Umgang, bitteren Viertelwahrheiten, undurchsichtigen Historien, quälenden Telefonaten, Laune zerstörendem Autismus. Kurzum: FerrariKauf ist Vertrauenssache. Und nachdem der nächste der
dritte sein würde, habe ich schon einiges gelernt. Beim
leisesten Zeichen von Unseriosität lasse ich die Finger
davon. Das wird sonst immer zu kostspielig. Wer günstig Ferrari kauft, bezahlt teuer.
Der Maranello hatte bislang keine Probleme, bis auf
einen geplatzten Kühlschlauch, aber ich habe selten
einen ADAC-Abschlepper so strahlen sehen wie bei
dieser Fahrt. Selbst ein lädierter Ferrari erweckt Emotionen, die so aus der vernünftig pragmatischen Gegenwart
verschwunden scheinen. Wer es sich irgendwie leisten
kann, investiert in die Nichtalltäglichkeit des Alltags. Im
Kopf behalten muss man aber, wie kostenintensiv die
Wartung eines Blechkunstwerks aus Maranello ist. Doch
jeder Tag mit ein paar Minuten am Steuer eines Ferraris
kann schon nicht mehr schlecht werden.
dieser Wagen vom Papst gesegnet ist. Ein klassischer Marecki-Joke. Ob er die Autos jetzt, wo sie wertvoller werden,
in der Garage lässt? „Nein, dass kann ich mir nicht leisten.“
Ein weiterer Marecki-Joke.
In seinem Umfeld geht das Gerücht, dass er mit Gleichgesinnten einen Klub gründet für jene Ferrari-Fahrer, die eher
Nike-Dunks tragen als Prada-Turnschuhe, niemals eine
Hublot-Uhr anziehen würden und sich in ausgewaschenen
Shorts und verbeultem schwarzem T-Shirt wohler fühlen als
im Boutiquenallerlei der Statussymbole. Denen es ums
Fahren geht und nur darum. „MU“ soll das Ganze heißen,
Maranello Underground. Spricht man Marecki auf dieses
Gerücht an, wiegelt er ab. „Der ‚MU’ ist nur ein Phantom.“
Marecki wie Omerbegovic sind ganz Kinder der Popkultur und haben doch eine Heidenehrfurcht vor den Klassikern. Würde ihnen eine Fee einen Wunsch erfüllen, parkte
beim Rap-Manager in seiner schicken Garage in DüsseldorfOberkassel „der 275 GTB/4, so wie er in Maranello im Museum steht“. Bei Marecki wären es ein F40 und ein 512 BBi.
Anders als bei Porsche, wo die Autos als Intellektuellen-,
Architekten- und Künstlerbegleiter berühmt geworden sind
und längst die eigene blecherne Banalität ins Magische
transzendiert haben, ist die kulturelle und subkulturelle
Valorisierung des Ferrari noch Mangelware. Phänomene wie
die „R Gruppe“ oder „Luftgekühlt“ in Kalifornien, die eine
militant unangepasste Klientel von bohemians und Akademikern in Porsche-Geheimwelten versammelt, und die
durch unzählige Blogs und Aktivitäten lebendig gehalten
wird, fehlen bei Ferrari fast vollständig. Ein „MU“ wäre
dringend notwendig.
DIE ALTEN ORGINALE
Vorbei sind ein wenig die Zeiten, als Exzentriker und Verrückte die Ferrari-Welt prägten, als diese Sportwagen noch in
homöopathischen Dosen produziert und verkauft wurden. An
diese Zeiten erinnerte eine Figur wie Reinhard Schürer, der
bis in die Nuller-Jahre hinein in München die Ferrari-Gemeinde, die denkbar buntscheckigste, um seine Werkstatt
versammelte. Heute führt die Werkstatt jemand anders. Aber
die Begegnung des Autors mit Schürer Anfang der Nuller
Jahre ist unvergesslich. Der damals schon ältere Herr definiert
jene Kauzigkeit, die in der Ferrari-Szene verloren gegangen ist.
„AERODYNAMIK
IST FÜR
LEUTE,
DIE KEINE
MOTOREN
BAUEN
KÖNNEN.“
*
Wenn er zu erzählen begann, polterten die Anekdoten nur so
heraus. Die mit Enzo Ferrari zum Beispiel: Wie so oft pilgerten
die Schürers gemeinsam mit anderen Ferraristi nach Maranello,
um am Geburtsort der Fahrzeuge mit dem springenden Pferd
im Emblem ein wenig zu wallfahren. Und weil die oberbayrische Fahrgemeinschaft so ausgemachte Preziosen an den Ort
ihres Ursprungs mitbrachte, durfte sie auf der Werksteststrecke
in Fiorano ihre Runden drehen. „Da haben wir es dann richtig
krachen lassen“, wie Herr Schürer erinnerte. „Ich bin am 365er BB
hinterher, der ja mindestens dreiß’g PS mehr und eine bessere
Straßenlage hatte. Aber der is’ mir net auskommen.“
Die Rundenzeiten wurden immer kürzer, und Herr Schürer
jagte seinen Daytona auch mal über die Streckenränder hinaus, bis ein kleiner, zorniger Mann im Trenchcoat schreiend
zur Ziellinie hampelte und den oberbayrischen Raser als
„grande bandite, grande bandite“ beschimpfte. Es war Enzo
Ferrari, und das Rennen war vorbei. Warum? Weil der Firmengründer Angst um die Kameras bekam, die er am Ein- wie
Ausgang der Kurven hatte einbauen lassen, um die Technik
seiner Formel-1-Fahrer zu studieren. Und er hatte wohl Angst,
dass sie der unglaublich schnelle Daytona mit dem Münchner
Kennzeichen durch den um sich fliegenden Schotter zerstören
könnte. Die Kameras blieben heil, nicht jedoch der Daytona,
bei dem die Steine die Keilriemen zerschossen hatten.
Die Biografie von Schürer ist voll solcher Anekdoten – aber
erst, seit er die Liebe seines Lebens gefunden hatte: Ferrari.
Aufgewachsen ist Reinhard Schürer, geboren 1942, im niederbayerischen Eggenfelden. Mit 23 Jahren hörte er bei Auto
König in der Gabelsberger Straße in Schwabing zum ersten
Mal den Klang eines Ferrari-Zwölfzylinders, und da war es
um ihn geschehen. Er wurde Experte und Fan in Personalunion. Wenig später lernte er seine Frau Christa kennen und
die mit ihm die symphonischen Qualitäten einen Ferrari
250 GT SWB. Holte er nämlich seine Geliebte zu Hause ab,
erkannte die am Singen und Raunen des Dreilitermotors, dass
ihr Galan nicht mehr weit sein konnte. So stand sie dann
meist strahlend am Gartentor, wenn das silbergraue Coupé
mit grünen Sitzen um die Ecke bog. Der seltene Ferrari hat
eine lange Hinterachse und fährt mit dieser Übersetzung im
ersten Gang 90, Spitze 300 Stundenkilometer.
Ein Ferrari, das war selbst im wohlhabenden München Mitte der 60er-Jahre eine Rarität. Fünfzehn Stück gab es, erinnert
sich Herr Schürer, und heute, „ja, circa 500“. Für Schürer
SEITE 19
Der Tod fährt mit
Schöne Frauen, smarte Anzüge und ein gesplittertes Holzlenkrad.
Porfirio Rubirosa war einer der letzten großen internationalen
Playboys. Er liebte seine Ferrari über alles. Eine Leidenschaft, die ihm
ein tragisches Ende hinter dem Steuer bescherte. Sein wildes Leben
hat der Italien-Aficionado Andreas Zielcke kenntnisreich seziert.
Ein Mann als Mythos
Sie beschreiben die damalige Zeit als ein elegantes
Abenteuer: Welche besondere Stellung hatte der
Ferrari für die Aufregungen der Playboys?
Eleganz und Abenteuer, das sind in der Tat die beiden
Koordinaten in dem zweidimensionalen Leben der
Playboys. Zu Rubirosa passten nicht zufällig auch die
Flügeltüren des Mercedes 300 SL. Doch Ferrari war
noch mondäner, vor allem aber bot es
die Wahl zwischen den beiden Dimensionen: Für das Rennabenteuer zum
Beispiel den 500 Mondial Spider PF, den
Rubirosa auf der Carrera Americana oder
in Sebring fuhr. Für den stilvollen Auftritt hingegen konnte sich kein Auto mit
der unvergleichlichen Eleganz des 250
Pininfarina II messen. Ausgerechnet mit
diesem noblen Gefährt, nicht mit dem
ungestümen Rennauto verunglückte
Rubirosa dann tödlich.
Malibu Girl:
Paris Hilton
Im California, passend zum Outfit
lackiert, shoppt die
als It-Girl getarnte
Geschäftsfrau seit
vier Jahren. Allerdings steigt sie
eventuell bald um?
Der neue Austroboyfriend schenkte
ihr gerade einen
AMG, twitterte sie.
Ansonsten stehen
in ihren Garagen
noch McLaren 650S
und Lexus LFA
genossen schon. Leute, die sagen, „Ich baue Siedlungen,
keine Häuser.“ – „Beese Leid“, wie Schürer weiß. Zuhälter?
„Na, I woas ned. Nachtklubbesitzer, logisch. James Grasser,
der Playboy, hoad an ghoabd.“
Manche der geschäftigen Unternehmer und Ärzte, die
Ferrari fahren, rauchen – und dann muss der Schürer
schon mal ein Auto abholen, wo der Aschenbecher überquillt und „Tod un Deifel“ rumfliegt. Das stört ihn weniger
als wenn Leute beim Einsteigen ihre Füße nicht heben und
das Einstiegsblech zerkratzen. Oder die Sünde, mit einem
Testarossa durch die Waschstraße zu fahren. Die Konsequenzen sind enorm. Wenn Schürer am Samstagmittag
in der Werkstatt ist, und das Telefon klingelt, dann weiß er,
was los ist. Wieder einer durch die Waschstraße, und wieder einer mit heftigem Schaden an der Motorelektronik.
„Wissen Sie, wia des klingt, wenn a Testarossa nur noch
auf nein Zylinder laaft?“ Dem Ohr von Schürer entging
kein Defekt. Es war – wie bei einem erfahrenen Arzt – sein
bestes Diagnosegerät.
Auf dem Schreibtisch seiner Werkstatt lag ein Herzschrittmacher, den ihm einer seiner Kunden geschenkt
hatte, seines Zeichens Herzchirurg. Das innige Verhältnis
von Reinhard Schürer zu seinen Kunden lebte vom engen
Verhältnis der Kunden zu ihren Autos, die wie Familienmitglieder umsorgt wurden. Und Herr Schürer als Hausarzt gehörte damit zur Familie, noch mehr, wenn er sonntags zum Kaffeetrinken eingeladen wird. „Mit dem Daytona“, wie die Einladenden flehen. Schürer tat’s gut gelaunt, die Frau weniger. Denn sie weiß, spätestens nach
dem zweiten Bier ihres Mannes musste sie sich die Lederhandschuhe anziehen und das riesige Volant ergreifen, mit
der Kupplung und den Schaltwegen kämpfen, um den
gelben Ferrari nach Hause zu bringen. Nur seine Frau durfte den fahren, gleichwohl einige Gastgeber darauf spekulierten, den Gast nach Hause chauffieren zu dürfen.
Die Filme werden toll, Vettel wird Weltmeister, die Preise
für ältere Ferrari steigen, einige fallen. Wir freuen uns auf ein
spannendes F-Jahr. Jeder gefahrene Kilometer in einem Auto
aus Maranello wird ein gesegneter sein. Enzos Traum ist
lebendiger denn je. Seine Autos sind in den letzten 20 Jahren
so einzigartig geworden wie selten zuvor.
Mitarbeit: Holger Zschäpitz und Jürgen Zöllter
Gehört das Spiel mit dem Leben zur
Urgeste des Verführers und Betörers?
Nicht in allen Epochen. Casanova musste
um Freiheit und Leben allenfalls fürchten, wenn er sich Mächtige zum Feind
machte, deren Ehefrauen er verführte,
oder schlicht, weil er Spielschulden nicht
beglich. Zu den Playboys des 20. Jahrhunderts aber gehörte die Aura des Verwegenen, der sein Leben aufs Spiel setzt
wie andere einen Jeton beim Roulette.
ALLE ZITATE VON ENZO ANSELMO FERRARI
selbst kein schlechtes Geschäft, denn nachdem er sich in
den 70er-Jahren selbstständig machte, wuchs die Kundschaft exponentiell. Es hatte sich in ganz Süddeutschland
herumgesprochen, dass „der Schürer“ einen 250 GT LWB
„Tour de France“, Baujahr 57, ebenso blind zusammenschrauben konnte wie Testarossa-Zwölfzylinder aus den
frühen 90er-Jahren – und, was viel wichtiger ist, dass er sein
Handwerk nicht nur liebt, sondern als einen quasi sakralen
Dienst an automobilen Heiligtümern versteht. Wann immer
in der Fachpresse über alte Ferrari berichtet wird, findet
man am Ende des Textes die Telefonnummer des Mannes,
der liebenswert wie Meister Eder zwischen den zum Teil
Millionen Euro teuren Sport- und Rennwagen steht.
Schnell fahren tut er nicht nur gern, er muss es sogar.
„Manchmoj“, gesteht er ernst dreinblickend, „manchmoj
muss i jeden Dogg mindestens zwohundertachtzgi, zwohundertneinzgi foarn. Weil wenn der Kunde soggt, dass er
ab zwohundertsechzgi nimmer ziagd, no muss mer des
ausfoarn.“ Tempo 300 ist eher Routine, auch wenn ihm
seine Frau immer über den Hof nachschreit, er soll „ned so
schnell foarn“. Sie ahnt wohl, was kommt.
Die Kunden liebten ihn dafür, und er liebte die meisten
seiner Kunden. Auch die absonderlichsten: Diejenigen, die
auf der Autobahn nach Salzburg ihren Maserati zerlegten
und sich mit dem Taxi samt abgeschraubten Nummernschildern zum Schürer karren ließen, um dort zu fragen,
welcher der Wagen zu kaufen sei, und zwanzig Sekunden
später die Nummernschilder an das neue Auto schraubten.
Jene, die einen Formel-1-Wagen in der Standardgarage mit
Kipptor neben einem Erdinger Mehrfamilienhaus parken.
Solche, die ihr Boot mit dem Maserati-Motor aus Jugoslawien zum Schürer schleppen lassen, damit der die Ventile richtig einstellt. Und jene, die ihm wie der junge Mann
mit dem Testarossa einen gelben Matchbox-Daytona
schenken. „Des war immer mein Lieblingsauto. Mit dem
habe ich immer gespielt. Ihr Auto. Ich finde, es sollte ihnen
gehören.“ Fast verlegen holt der Schürer das kleine Spielzeugauto aus der mittleren Schublade seines Schreibtisches und präsentiert es sichtlich gerührt. „Des gibt’s aso
nur beim Ferrari“, erklärt er, und seine Frau nickt von
ihrem Schreibtisch gegenüber zustimmend.
Leute, denen er das Auto am liebsten abgenommen
hätte, gab es nicht. Glücklicherweise. Unangenehme Zeit-
Rubirosa blieb Ferrari treuer als seinen Frauen. Warum passt gerade
diese Automarke so gut zu ihm?
„Treue“ ist ein exotischer Begriff im Leben dieser Männer. Aber es gab natürlich
Symbiosen. Ferrari haben besonders die
Draufgänger-Verführer unter ihnen bevorzugt, weil keine Marke die abenteuerliche
Attacke und den weltmännischen Schick
so lässig vereinen konnte wie sie.
*
Hätte es für ihn einen anderen Tod geben können?
Ja, gewiss, aber eben als menschliches Drama, nicht
als performative Schlusspointe.
Nach was war PR süchtiger: nach Frauen oder
nach Autos?
Weder noch. Mit einer Sucht kämpft man. Die Verluste,
action press
Oder konnten Playboys das damals gar nicht groß
unterscheiden im Sinne einer Pflichtleidenschaft?
Große Playboys waren vollendete Narzissten. Entsprechend bedingungslos waren ihre Leidenschaften:
brennend. Pflichtgefühle hätten diese nur abgekühlt,
ja ruiniert.
Wie waren seine letzten Stunden vor dem Tod?
Hätte er sich auch nüchtern im Ferrari umgebracht?
Man hat sich angewöhnt, bei Playboys wie Rubirosa
nicht von der Tragödie des Todes zu sprechen, sondern
allein den Stil des Abgangs zu beurteilen. So pietätlos
das ist, sie hätten es einem nicht übel genommen. Niemand, und auch Rubirosa nicht, konnte sich den alt und
grau werdenden „Spieljungen“ vorstellen. Der zufällige
Tod durch Unfall erleichtert einem das Verdrängen
dieses Abstiegs, was der Selbstmord nicht zulässt.
Gamma Keystone/ Getty Images
Was war Porfirio Rubirosa wichtiger: Frauen
oder Autos?
In dem Moment, in dem Rubirosa sich diese Frage gestellt hätte, wäre sein Charme dahin gewesen.
Zu wem passt der Tod hinter dem
Lost Moderne: Rubirosa, von Beruf Diplomat und Genießer,
Lenkrad besser: zu dem Metrosexuheiratete fünf schöne und/oder reiche Frauen und liebte
ellen James Dean oder zum Megazahllose mehr. 1965 fuhr er nach einer Polo-Party in den Tod
macho Rubirosa?
James Dean wollte unbedingt auch den Ferrari 500 Mon- die sie verursacht, sind immer schmerzhaft präsent.
Doch Rubirosa erfuhr wegen seines Liebes- und autodial haben, den Rubirosa in den 50er-Jahren besaß. In
diesem Punkt waren sich die beiden so grundverschiede- mobilen Luxuslebens keinerlei Verluste. Es war nicht
Sucht, es war sein verspieltes Leben. Da draußen soll es
nen Typen also sehr nahe, aber auch nur hier. Selbst das
noch was anderes geben? Mag sein, interessiert mich
Lebensende, obwohl beide Mal am Steuer, trennte ihre
nicht, berührt mich nicht, bekümmert mich nicht.
Geschichten ultimativ. James Dean wurde durch den
frühen Tod zum Mythos und lebt als solcher fort, Rubirosa starb als Mythos und nahm diesen mit ins Grab.
Welche Leidenschaft war herausfordernder?
Tatsächlich waren die erotischen Ausschweifungen der
Playboys ohne Drive und Stil der Luxuskarossen nicht
Waren die Autos schöner als er? Oder wurde er
durch sie schöner?
denkbar – unmöglich, mit der Straßenbahn zur Villa
der Umworbenen zu fahren. Doch im Zentrum der
Rubirosa galt nie als „schön“. Das erhöht aber nur sein
Leidenschaft ging es stets nur um das Eine, wie oft und
erotisches Geheimnis. Autos waren Accessoires, Ausflüchtig auch immer. Die Größe solcher Playboys wie
druck und Belohnung seines Machismo. Also war er
Rubirosa zeigte sich dann darin, dass sie im entscheiihnen etwas schuldig. Als Reporter ihn einmal baten,
denden erotischen Moment alles Materielle – und daneben einem „vulgären“ amerikanischen Auto für ein
mit auch das kostbare Auto – vollständig vergessen und
Foto zu posieren, lehnte er dies mit Verachtung ab.
nebensächlich machten. Luxus und Auto boten die
Bühne und Requisiten, aufgeführt aber wurde einzig
In einer Gunter-Sachs-Doku sieht man Rubirosa
und allein das Lustspiel. Nur im Gespräch an der Bar
mit einem Ferrari im Renntrim den Villenvorhof
unter Gleichgesinnten der men’s world konnte es zur
einrollen. War das nicht eigentlich vulgäre Angebeoptischen Täuschung kommen, als drehte sich alles um
rei – und das bei einem fränkischen Millionenerbe?
Tempo und PS: Über fabelhafte Autos ließ sich stunGunter Sachs hatte vielleicht viele Affären, aber ein
denlang palavern, über die Leidenschaft zu einer Frau
Playboy vom Schlage solcher erotischen Heroen wie
aber verbot die Diskretion jedes Wort. Auch darin war
Rubirosa war er nicht. Sachs konnte mit seinem ReichRubirosa ein Meister.
tum Frauen erobern, Rubirosa eroberte reiche Frauen.
Mit Vermögen anzugeben wäre daher bei Rubirosa
völlig verfehlt gewesen, von der Stillosigkeit ganz zu
Dr. Andreas Zielcke: „Der letzte Playboy. Das Leben des Porfirio
schweigen.
Rubirosa“. L.S.D. im Steidl Verlag 2015. 104 Seiten, 14,80 Euro
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Das Beste aus
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Rennflaggenmuster signalisiert, dass mit dem
tiefergelegten Peugeot 308 GTi ein ultimativer
Kompakt-Sportwagen auf die Straßen kommt
SPORTLICHES HECK Ein schöner Rücken kann
auch entzücken. Der Doppelrohrauspuff ist nur eines
der für einen Sportwagen typischen Merkmale, mit
denen der Peugeot 308 GTi zum Hingucker wird
INNOVATIVES I-COCKPIT In die fließenden Formen
der Armaturentafel fügt sich der Touchscreen nahtlos ein, die Instrumente sind hochgesetzt, das kleine
Lenkrad etwas tiefer platziert
CHARAKTERISTISCHE BREMSEN Die rot lackierten
Bremssättel tragen das Logo von Peugeot Sport.
Groß dimensionierte Bremsscheiben sorgen für eine
ausgezeichnete Verzögerung
ompakt, aber oho sollte er werden,
K
charakteristischen Look von Peugeot Sport, ein Küh-
der neue Peugeot 308 GTi by
lergrill mit Rennflaggenmuster, GTi-Logos an den
Peugeot Sport. Sicher und gleich-
vorderen Kotflügeln und der Heckklappe, großzügige
zeitig temperamentvoll, damit der
Lufteinlässe für den Ladeluftkühler oder aerodyna-
Fahrspaß nicht zu kurz kommt. Entsprechend ist
mische Luftleitelemente unten an den Stoßfängern.
schon am Äußeren erkennbar, was für ein Sportsgeist
Auffällig ist aber auch gleich die optionale „Coupe
in ihm steckt. Details wie ein um 11 Millimeter
Franche“ Lackierung. Die messerscharfe Linienfüh-
tiefergelegtes Fahrwerk und 19-Zoll-Alufelgen
rung in Ultimate-Rot und Perla-Nera-Schwarz wird
„Carbone“ geben erste Hinweise darauf, dass hier an
exklusiv für die GTi-Modelle von Peugeot durchge-
einem starken Auftritt gearbeitet wurde. Weitere der
führt. Dieses temperamentvolle Farbschema wirkt
für einen typischen Sportwagen charakteristischen
besonders dynamisch und unterstreicht perfekt den
Merkmale dürfen natürlich nicht fehlen – so wie der
unbändigen Charakter des neuen 308 GTi by Peugeot
Doppelrohrauspuff, Bremsscheiben mit 380 Milli-
Sport. Das Ganze wird noch weiter betont
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eine Empfangsbotschaft von Peugeot. Noch inten-
und Sicherheit erreicht wird. Das Peugeot i-Cockpit
siver wird das Fahrerlebnis mit dem Sport-Paket: Ein-
ist zum Beispiel so gestaltet, dass es einen intuitiven
fach auf die Sport-Taste der Mittelkonsole drücken,
Zugang zu allen Funktionen ermöglicht. Darum ist
um die Fahrparameter zu verändern. Die dadurch
das nur 351 × 329 Millimeter große, griffige Leder-
erhöhte Fahrdynamik ist danach mit jeder Faser
lenkrad sportlich tief platziert. Das macht Spaß und
des Körpers spürbar. Das Gaspedal reagiert noch
bewirkt gleichzeitig, dass das Kombiinstrument auf
sportlicher, die Lenkung direkter, der Motor klingt
Augenhöhe und der Tachometer mit Rennflaggenmu-
noch satter, und die Anzeige des Kombiinstruments
ster stets im Blick bleibt. Es ist mit roter Zentriermar-
verändert sich von Weiß in Rot. Außerdem werden
ke und GTi-Logo nicht nur etwas fürs Auge, sondern
nun Informationen zum Fahrzeugbetrieb wie z. B.
liegt eben auch hervorragend in der Hand. Auch der
Leistung, Ladedruck, geliefertes Drehmoment oder
Entscheidend für einen Sport-
9,7-Zoll-Touchscreen (24,6 cm) ist ergonomisch
Längs- und Querbeschleunigung angezeigt.
wagen sind natürlich auch die
perfekt positioniert und erlaubt so eine instinktive
Vom Peugeot 308 GTi kann man nicht die Hände
inneren Werte, selbst wenn er so kompakt
und sichere Bedienung – bei einem Fahrzeug mit
lassen: Hochwertige Materialien, präzise Verar-
daherkommt wie der Peugeot 308 GTi by
dieser Motorisierung von essenzieller Bedeutung.
beitung, perfekt abgestimmte Komponenten – die
Peugeot Sport. Unter der Motorhaube hat
Der Touchscreen fügt sich nahtlos in die fließenden
Qualität dieses Kompakt-Sportwagens fühlt man
er 200 kW/272 PS2. Damit erreicht er eine
Formen der Armaturentafel ein und rundet das inno-
in jedem kleinen Detail.
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2
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DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG, 22. NOVEMBER 2015
SEITE 22
S
and, endloser roter Sand. Er wird mich
vier Tage lang begleiten, er wird sich in
meinem Auto breit machen, Haare und
Kleidung färben, und am Ende wird er die
weißen Handtücher des Hotels ruinieren,
denn es braucht mehr als eine Dusche,
um ihn wieder abzuspülen. Im Moment aber ist der Sand
kein hygienisches Problem, sondern ein fahrtechnisches.
„Hier, merkst du das?“, ruft Dag Rogge. Der Chef der
Land Rover Experience Tour sitzt am Steuer seines Discovery und fährt absichtlich ein bisschen zu schnell über
die Piste im australischen Outback. Was ich tatsächlich
spüre: Das Auto wird unruhig. „Viele glauben, dass sie
schnell durch weichen Sand fahren müssen, aber das ist
falsch“, sagt Rogge. „Wenn die Räder keinen Grip mehr
aufbauen und durchdrehen, dann graben sie sich ein.“
Damit das nicht passiert, nimmt Rogge den Fuß wieder
vom Gas und rollt geradezu aufreizend langsam den Hügel
hinan, voller Vertrauen auf seine eigenen Fähigkeiten und
die des Autos, das nun tatsächlich brav in der Spur bleibt.
Wir können uns also weiter unterhalten, jedenfalls solange die Funkgeräte nicht krächzen. Dag Rogge ist permanent verbunden mit 18 anderen Geländewagen und
einem Truck, zwei Handsets liegen auf seinem Schoß, vier
Frequenzen sind für ihn nutzbar. Und er ist gefragt,
manchmal mehr, als ihm lieb ist. „Einmal wollte einer
wissen, wo er noch Toilettenpapier findet. Meine Güte.“
A
AUS
Von Gove Airport im Norden des Northern Territory bis
zum Ayers Rock legten die Autos 3615 Kilometer zurück,
fast überall ohne Asphalt. Mobile Navigationsgeräte
zeigten die Strecken an, die wenigen Wegweiser im Outback dienen mehr als Gedächtnisstütze für Eingeweihte
Eine Reifenpanne am
Lkw bedeutet Schwerstarbeit in der Nacht
Am Ziel: Discovery
Sport vorm Ayers Rock
bei Sonnenaufgang
Das ist der Fluch der guten Tat. Denn jedem, der hier
mitfährt, wird schnell klar: Es liegt vor allem an dem 53Jährigen, dass Land Rover überhaupt regelmäßig die Experience Tour veranstaltet, 2015 schon zum elften Mal. Das
Prinzip in Kürze: Aus gut 30.000 Bewerbern werden sechs
Teilnehmer ausgewählt, die sich drei Wochen lang fern der
Heimat durch unwegsames Gelände kämpfen, begleitet
von Land-Rover-Instruktoren, Technikern, Fotografen,
Kamerateams, Journalisten und zwei Köchen. „Auf meinen
Schultern lastet ein unglaublicher Druck“, sagt Rogge –
schon weil alle heil wieder nach Hause kommen sollen.
Doch diesen Druck lässt er sich in der Regel nicht anmerken, im Gegenteil: Rogge verbreitet im Hauptberuf
gute Laune. Sein ansteckender Optimismus ist wichtig,
weil die Touren anstrengend sind. Zwar dient das Ganze
als Werbung für die Marke Land Rover und das jeweils
neueste Produkt (dieses Jahr ist es der Discovery Sport),
doch stehen dahinter tatsächlich herausfordernde Etappen.
1274 Kilometer in vier Tagen sind etwa für den Abschnitt
geplant, den ich begleite – das ist weit, wenn man keinen
Asphalt unter den Rädern hat, sondern Schotter oder Sand.
Unser Durchschnittstempo sinkt vor allem an den ersten
beiden Tagen bis auf 24 km/h, viele Autos kommen erst
nach Einbruch der Dunkelheit ins Zeltlager.
Ja, Zeltlager. Für niemanden gibt es ein Hotelzimmer, es
gibt keine Dusche und keine Toilette. Es hat jeder nur ein
winziges Einmannzelt, den tiefschwarzen Sternenhimmel,
dazu absolute Stille und das Wissen: Im Umkreis von zig
Kilometern wohnen keine anderen Menschen.
„Raus aus der Komfortzone“, sagt eine Teilnehmerin
dazu, und genau darum geht es auch Dag Rogge. 2008 war
er mit seiner Tour in Malaysia, als die Regenzeit überraschend früh einsetzte. „Bis zu 18 Stunden am Tag waren
wir unterwegs, und wenn es pünktlich um 16 Uhr anfing zu
regnen, dann gab es eine Wand aus Wasser, und die Tour
stand still. Keinen Meter konnten wir da weiterfahren.“
Damals hätten etwa zwei Drittel der Teilnehmer dem
Druck nicht standgehalten und seien nur noch antriebslos
dem Tross gefolgt – ein kleiner Rest habe sich den Widrigkeiten gestellt, Bäume gefällt, Wege gesucht, Autos aus
dem Matsch gezogen.
In Australien setzen die Hitze (35 bis 45 Grad im Schatten) und der Sand den Menschen zu. Die Klimaanlagen der
Autos laufen mit voller Leistung, ein eingebauter Kühlschrank hält Getränke auf Temperatur, das ist der Luxus.
Doch wer nach etwa zwei Stunden Fahrt seinen Kopiloten
ans Steuer lässt, nickt auf dem Beifahrersitz sofort ein.
Weil permanentes Offroadfahren mental nicht weniger
anstrengend ist als mit einem Sportwagen eine Rennstrecke zu befahren. Permanent scanne ich die Strecke nach
verborgenen Löchern, ich sitze rechts (englische Autos)
und muss einschätzen, wie nah ich mit dem linken Außenspiegel den Baumstämmen und Zweigen komme. Viele
Komm mit mir ins
Abenteuerland
Die Land Rover Experience Tour ist extreme
Auto-Erfahrung und Marketingaktion in einem.
Und sie ist das Lebenswerk eines Optimisten.
PS WELT-Autor Stefan Anker hat die letzte
Etappe im australischen Outback begleitet
Fotos
STEFAN ANKER
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Spiegel gehen verloren im Outback, und die Strafe folgt auf
dem Fuß: Weil im Spiegel der Temperatursensor für die
Klimaanlage steckt, stellt die ihre Arbeit ein.
Die größte Gefahr für das Vorankommen aber geht von
den Termitenhügeln aus. Wie kleine Kakteen, bis zu gut
einem Meter hoch, stehen sie überall in der Landschaft. Zu
Tausenden habe ich sie gesehen, und manche von ihnen
finden sich auch mitten auf den Sandwegen. Nur aus Termitenspeichel gebaut, härten sie in der australischen Hitze
so aus, dass sie beinahe die Festigkeit von Beton erreichen.
Wer sie mit dem Auto streift, handelt sich fast unweigerlich einen Plattfuß ein, weil die schroffe Struktur der bizarren Bauten die Reifenflanken aufschlitzt.
Einem Journalisten gelingt es sogar, frontal gegen einen
Termitenhügel zu fahren und sein Auto in einen Totalschaden zu verwandeln. Der Wagen muss in der Wüste zurückgelassen werden, drei Personen samt Gepäck finden Asyl in
anderen Autos, und die Verantwortlichen haben Mühe,
Contenance zu bewahren. Am Abend bitten sie sogar darum, den Vorfall in der Berichterstattung zu verschweigen.
Auch Dag Rogge sagt: „Das hilft doch niemandem.“
Nun ja, es illustriert immerhin, dass das hier keine Kaffeefahrt ist. Und auch die Technik der Autos wird auf eine
harte Probe gestellt. Zwar erweist sich das Terrain Response System, mit dem man Getriebesteuerung, Gasannahme und Lenkcharakteristik auf die Bodenverhältnisse
einstellen kann, als Segen, vor allem im Sand. Doch verursachen die extremen Verhältnisse auch Elektronik-Macken. Hier setzt sich wegen der langsamen Fahrt ein Rußfilter zu, worauf der Motor ins Notlaufprogramm schaltet
und nicht mehr genug Power für Sand und Steigung hat.
Da leuchtet die Motorkontrollleuchte einfach nur so –
vermutlich weil die Antriebsschlupfregelung auf manchen
Abschnitten permanent regelt. Der Tour-Tipp: ESP ausschalten. Bei einem Discovery Sport steigt sogar der elektronisch verwaltete Allradantrieb aus, und dieses Auto
bleibt denn auch, zurückgeworfen auf Frontantrieb, an
zwei Steigungen liegen und will geschoben werden.
Belgien etwa, Italien, Spanien, Holland. Die Entscheidung
fiel im Februar 2015, und Dag Rogge wusste sofort: „49
Leute, das schaffen wir nicht ohne Lkw.“
Also begleitet ein wuchtiger Mercedes Arocs die Tour,
22 Tonnen schwer, Sechsradantrieb, Innenausbau nach
Rogges Plänen: Kühltruhen, Tische, Stühle, Ersatzteile,
Werkzeug, der Truck ist ein Raum- und Kraftwunder, aber
er dient auch als emotionaler Leitstern. Mit seinen Suchscheinwerfern beleuchtet der Lkw das Zeltlager, um ihn
herum wird die Küche aufgebaut, der Lkw schafft ein
Zuhause-Gefühl. Und er ist ein Klotz am Bein.
„Viele Passagen sind nicht breit genug für den Truck“,
sagt Dag Rogge, „wir haben die Tour ja nicht mit Lkw
geplant.“ Also heißt es auch hier wieder: Bäume fällen, wo
nötig – oder auch mal ein paar Hundert Kilometer weiter
fahren als die Geländewagen, weil eine Brücke nicht stark
genug ist. Das nimmt dann Dag Rogge selbst auf sich und
vertraut die große Gruppe seinen Instruktoren an.
„Für uns ist die Strecke ja wie Autobahn“, sagt er. Bedeutet: Die Instruktoren haben immer einen Teil ihrer
Aufmerksamkeit für Teilnehmer und Begleiter frei. Außerdem ist die Härte der Tour an das Auto angepasst, das zur
Verfügung steht. Und dass der Discovery Sport, den Teilnehmer und Journalisten fahren, eher SUV als Geländewagen ist, merkt man schon an der Bodenfreiheit. Vielfach sind die Pisten so ausgefahren, dass die Autos heftigen Bodenkontakt haben – was aber nicht so schlimm ist,
weil sie mit speziellen Blechen geschützt sind. „Das sind
aber die einzigen Änderungen gegenüber der Serie.“
Am Ende sind alle gesund nach Hause gekommen, und
das havarierte Auto befindet sich auf dem Seeweg nach
Europa. Von Dag Rogge könnte man erwarten, dass er
nun Urlaub macht, aber er hat Termine auf seiner Offroad-Farm in Namibia. Im Land Rover Experience Center
in Wülfrath, das er leitet, ist Arbeit liegen geblieben.
Und die Tour für 2017 will geplant sein, im Frühjahr
2016 muss die Vorbereitung beginnen, aber noch steht
nicht einmal das Land fest. „Ideen“, sagt Dag Rogge, „Ide-
PRÄSENT PERFECT
Das schenken (sich) Petrolheads:
Geile Gaben mit Benzingeruch
TRACK RECORDS
30 Porschemotoren
beim Starten, Bummeln,
Beschleunigen, Losjagen.
CD plus bildstarke Hommage. „Porsche Sounds“
edel.com
Alle Wetter! Gegen Sturm,
Sonne, Regen und Staubwinde
schützt der Cabrio-Doppelschirm über dem Cockpit
vintagedriver.de
SLOW-MO
Archaische Optik aus Zink-,
Eisen- oder Weißblech mit schön
laaangsam laufendem Federwerk
handmade-by-puttkamer.de
Back to the Routes: Wenn
der 4x4 zickt, will man
Macken selbst beheben.
Wie, lernt man im Schrauberkurs der Hamburger
offroadmanufaktur.com
Das Outback ist AborigineLand. Die Ureinwohner leben
in Dörfern, die sie ab und
zu auch aufgeben und als
Geisterstädte zurücklassen
„Nordamerika ist mir zu zivilisiert“
Dag Rogge, Chef der Land Rover Experience Tour, findet US-Bundesstaaten für seine Veranstaltung ungeeignet
Koppstoff: Die todschicke
Bommelmütze in rot-weißgelber Norweger-Optik stammt
von den Berliner Modedealern
sourkrauts.de
TOOL & COOL
Oben rollen die
Werkzeuge mit, unten
das Bier & der vegane
Chia-Smoothie
gastro-cool.com
In the Army now: Umgewidmete Armeekanister fassen das, was Petrolheads
auf Reisen brauchen
danish-fuel.dk
Bond Street: Seinen
Aston Martin DB10
lenkt 007 in „Spectre“
mit ihnen – das Modell
heißt „Fleming“
Termitenhügel bilden
auf Dag Rogges
Tour die größte Gefahr
dents.co.uk
Umso unverständlicher ist für Dag Rogge das Gemaule
einiger Begleiter am ersten Abend. „Die sagen mir, das ist
hier kein richtiges Offroadfahren.“ Wahrscheinlich verwechseln sie Offroad mit Trial, also dem Kraxeln über
Felsen. Strecken mit solchem Anspruch habe er bei den
Vorbereitungstouren auch gesehen, sagt Dag Rogge. „Aber
die kannst du nicht mit einer Gruppe fahren.“
Zumal die Gruppe auch größer ist als in den vergangenen Jahren, was den Tross langsamer macht. Das wiederum kann schon mal die Planung über den Haufen werfen.
Dag Rogge ist zum ersten Mal etwa eineinhalb Jahre vor
dem Tourstart nach Australien gereist, er hat einen ersten
Streckenverlauf festgelegt und den mit dem Flugzeug abgeflogen. „Auf 300 Fuß. Der Pilot hat gesagt, das wird ungemütlich.“ Während des Fluges wurde die Strecke per
GPS-Tracker erfasst, und am Ende war die Tour für 2015 zu
80 Prozent fertig. Danach kam die Vor-Tour im Oktober
2014, als Rogge mit einem fünfköpfigen Team aus OffroadExperten die gesamten 3600 Kilometer binnen fünf Tagen
abfuhr. Und dann hatte irgendjemand diese neue Idee.
Seit 2000 war die Experience Tour eine Veranstaltung
von Land Rover Deutschland, nun aber wollten auch andere Importeure Teilnehmer und Journalisten mitschicken:
en habe ich noch für zehn Jahre.“ Wobei er weiß, dass
man nicht jedes „Abenteuerland“, wie er es nennt, bereisen kann. Kriegsgebiete sind tabu, aber auch instabile
Länder wie Irak oder Afghanistan sind zu gefährlich. „Die
könnte ich mit dir zusammen befahren, und wir wären
sicher. Aber mit der großen Gruppe geht das nicht.“
Nordamerika ist ihm „zu zivilisiert“, Europa zieht nicht
genug Medieninteresse an, wie sich auf der SchottlandTour 2005 zeigte. Südamerika biete noch Möglichkeiten,
etwa Peru oder Kolumbien. Afrika findet Rogge ebenfalls
großartig, aber er sieht auch die Risiken. „Du brauchst
einfach ein Land, das beim Start der Tour
noch im selben Zustand ist wie zum
Beginn der Vorbereitung.“
L AND ROVER
DISCOVERY
SPORT
Was die anderen sagen: Der Discovery Sport ist das, was früher mal
der Freelander war, nur teurer.
Was wir sagen: Ein SUV, das überraschend viel Gelände kann. Nur die
Bodenfreiheit macht etwas Kummer.
Leistung: 180 PS, Hubraum: 2,0 l, Motor: Turbodiesel-Vierzylinder,
Automatik, 0-100 km/h: 8,9 s., Vmax: 188 km/h, Grundpreis: 44.300 €
BABY, CAN I DRIVE
YOUR CAR?
Muskelmodelle aus
Buche, gemixt aus GTO,
Mustang und Camaro.
Sixties-Look, erdacht in
Brooklyn für Kinder.
Wegnehmen erlaubt
candylabtoys.com
Good Years: Wild war diese
Ära des Motorsports,
authentisch und intim sind
die Aufnahmen davon.
„Gasoline and Magic“
editionpatrickfrey.com
DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG, 22. NOVEMBER 2015
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Fotos
CHRISTIAN WERNER
Stilvolle Ankunft nach der großen Reise –
Ehepaar Deiss/Schwilden in Seillans
Der Jaguar
und die zärtliche
Rebellion
Mit 300 PS durch Südfrankreich. Unser Autor Frédéric Schwilden
ließ sich auf seiner Hochzeitsreise vom turboladenden Zischen des
neuen Jaguar XF genauso begeistern wie von der Unvernunft der Liebe
D
as Örtchen Seillans in
der Region ProvenceAlpes-Côte d’Azur ist
eines der schönsten
Dörfer Frankreichs.
Offiziell von einer Plakette an seinem
Eingang bestätigt. „Les plus beaux villages de France“ steht dort. Und tatsächlich ist Seillans überaus hübsch, nicht
nur für französische Verhältnisse. Der
Ort liegt an einem Hang mit sehr viel
Morgensonne. Vermutlich sind die Bewohner von Seillans deswegen auch
nicht verwundert, als wir, also meine
Frau Amely und ich, in einem von 300
PS angetriebenen Jaguar XF Turbodiesel
JA G U A R
XF 30D
Fahrzeug (Radstand 2,96 Meter) manchmal Angst haben muss, in einem Zug
durchzukommen. Eine Angst, die sich
aber in den meisten Fällen als unbegründet herausstellt, auch wegen der
wunderbaren Von-oben-Ansicht, die, von
mehreren Kameras erzeugt, auf einem
großen Touchscreen in der Mittelkonsole bei der Navigation hilft und ein
wenig an ein Computerspiel erinnert,
das 1997 zu einem Welthit wurde.
Wir passieren den Boule-Platz, an
dem schon gegen 9 Uhr 30 reger Betrieb
herrscht. Ein Neunjähriger bezwingt
gerade seinen Vater mit der BackspinTaktik. Im Flug dreht sich die Boule-
Portrait des Fahrers als
jugendlicher Mann
Impressionen
von der
Côte d’Amour
Was die anderen sagen: Sieh mal an,
Jaguar kann inzwischen auch sehr
ordentliche Dieselmotoren bauen.
Was wir sagen: Oh, Baby, ja, du bist
großartig, gib’s mir, gib’s mir, 700
Newtonmeter. Oh! Mein!! Gott!!!
„Pure Vernunft darf
niemals siegen“
Leistung: 300 PS, Hubraum: 3,0 l, Motor: V6-Turbodiesel,
0-100 km/h: 6,2 s., Vmax: 250 km/h, Grundpreis: 61.510 €
zum Frühstücken in der „Bar Charlot“
erscheinen – Frühaufsteher bringt nichts
aus dem Konzept.
Wir starten an unserem Hotel „Des
Deux Rocs“, was deswegen so heißt, weil
gegenüber davon zwei Steine stehen. Die
Zimmer sind so luftig und so in der Zeit
stehen geblieben, Badewannen auf Löwenfüßen schwebend, sogar ein mit
Samt überzogener Beichtschemel steht
in einer Ecke, Mariendarstellungen, eine
Sänfte im Flur. Mit dem XF gleiten wir
in das Zentrum dieses Dorfs, das der
Künstler Max Ernst und der Schauspieler Sean Connery so sehr schätzten,
dass der eine sich dort ein Haus kaufte,
der andere ein Schloss. Die Straßen sind
kurvig und an einigen Stellen so eng,
dass man mit dem 4,95 Meter langen
Kugel rückwärts so, dass sie sehr nah
neben ihrer Aufschlagstelle liegen bleibt.
Das können wir genau erkennen, weil
die XF-Fenster vorne so schön groß
sind, und ich erinnere mich an ein Boule-Set von Hermès, von dem ein Freund
einmal schwärmte, für 1000 Dollar könne man nicht mehr Spaß haben.
Der Jaguar kostet etwas mehr als
1000 Dollar; den V6-Diesel mit 300 PS
gibt es ab 61.510 Euro. Was zunächst
nach sehr viel klingt, bei der näheren
Betrachtung des Verbrauchs aber eine
vernünftige Investition ist. Fährt man
nicht im Sportmodus, mit dem meine
Amely so gerne, begleitet vom turboladenden Zischen, durch die Landschaft
surrte, verbraucht der Jaguar nur etwas
über sechs Liter auf hundert Kilometer.
Der Dresscode
muss stimmen
Steinalte Kirche mit
blutjunger Limousine
Hatte ich die leichte Aluminiumkarosserie schon erwähnt?
Aber ist Vernunft überhaupt ein Gut?
Wir befinden uns ja auf unserer Hochzeitsreise. Sollte man da über Vernunft
nachdenken? Ist die Heirat ohne Ehevertrag, ohne den Zwang einer Nutzehe,
vernünftig? Wir glauben, es ist unvernünftig, aber unvernünftig wunderbar.
So ist die Unvernunft unserer Hochzeit
auch Ausdruck einer zärtlichen Rebellion in einer Zeit, die so auf Vernunft
ausgelegt ist, eine Entscheidung, die von
mit uns bekannten, aber nicht nahe
verbundenen Menschen häufig mit einem „Warum?“ in Frage gestellt worden
ist. Sich zu lieben ist immer ein Aufbegehren gegen das Grau der Welt. Sich
für die Liebe zu entscheiden ist irrational. Ebenso wie es irrational ist, mehr
als ein Jahresgehalt für ein Auto auszugeben. Aber genau das macht es ja so
richtig. „Pure Vernunft darf niemals
siegen“, hören wir durch das Tonsystem
von Meridian.
Vor den Hauseingängen von Seillans
stehen mit Wasser gefüllte Plastikflaschen, die das Morgenlicht diamantengleich brechen. Der Wirt der „Bar Charlot“, ein gestrandeter Engländer, erklärt
deren Nutzen, als er in Richtung des
Jaguars blickend den Expresso (in Frankreich mit x geschrieben) serviert: „It’s
because of the cats. They like to piss in
front of our doors. And because of the
bottles, they don’t. It drives them crazy.“
Durch das Koffein angeregt, brechen wir
in Richtung des Badeorts Fréjus auf.
Einzig das Navigationssystem ist ein
wenig verschlafen, will man es bedienen.
Die Palmen wiegen sich sanft im Wind.
In Frankreich steht man später auf, fährt
dann zum Meer, das funkelt
und auf uns sehr, sehr anziehend wirkt.